„Neue“ Vogelarten - Antl
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Mitglied der LNU-Landes-<br />
gemeinschaft Naturschutz<br />
und Umwelt ·<br />
Anerkannter Naturschutz-<br />
verein nach § 12 LG/NRW<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang<br />
Ausgabe Februar<br />
Mach Mach mit! mit!<br />
... beim Natur-, Landschafts- und Umweltschutz<br />
Neue <strong>Vogelarten</strong> im TE Land – S. 5<br />
Prächtige Stimmung im Erlebniscamp – S. 18 Glosse – S. 16<br />
IHR PERSÖNLICHES EXEMPLAR<br />
ZUM MITNEHMEN
„Mein<br />
eigener<br />
Chef sein.“ „Von der<br />
Sonne<br />
geweckt werden.“<br />
Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt.<br />
Wir mögen es individuell – Sie auch?<br />
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„Immer den<br />
Überblick<br />
behalten.“<br />
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Wir machen den Weg frei.
EDITORIAL<br />
Sehr geehrte LeserInnen!<br />
Es geht weiter mit erschreckenden Nachrichten,<br />
aber auch mit froh machenden Botschaften.<br />
So Johannes Remmel, NRW-Landesminister für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und<br />
Verbraucherschutz: Artenvielfalt und Artenschutz rücken stärker in den Fokus seines<br />
Ministeriums. 45 Prozent aller P�anzen und Tiere in NRW sind vom Aussterben bedroht.<br />
Seine Forderungen u. a.:<br />
� Ausweisung eines zweiten Nationalparks (neben dem Nationalpark Nordeifel)<br />
und von Wildnisgebieten<br />
� Umstellung der energie- und �eischlastigen Ernährungsweise.<br />
(Auszug aus der Rede anlässlich des Neujahrsempfangs der Kreisgrünen im „Cafe<br />
Schwan“ , Steinfurt, Quelle: IVZ vom 10.01.2012)<br />
Wir als Verbraucher haben es in der Hand, die Bremse zu ziehen, durch Veränderung<br />
unseres Verhaltens auf der ganzen Linie. Dann wird z. B. auch die oft unverantwortliche<br />
Dosierung von Antibiotika bei der Tiermast über�üssig.<br />
Remmel weiter: Die landwirtschaftliche Fläche auf der Welt reiche aus, um zwölf<br />
Milliarden Menschen zu ernähren. Heute müssen bei sieben Milliarden eine Milliarde<br />
Menschen hungern.<br />
Kritik kommt auch aus einem anderen Lager:<br />
Im „Leezen-Kurier“ nimmt der ADFC Ahaus Stellung zum Landschaftsbild im<br />
Münsterland. Herbert Moritz (Vors. OG Ahaus) stellt fest: Mais-Monokulturen verschandeln<br />
die Landschaft. Den Radtouristen wird anderes suggeriert, die Enttäuschung<br />
hinterher ist groß.<br />
Sie haben recht, es sind nur plakative Forderungen. Sie sollten dennoch zum<br />
Überdenken des eigenen Handelns anregen. Vielleicht bewegen wir uns schließlich<br />
alle ein wenig.<br />
Arbeiten wir daran!<br />
Viel Vergnügen beim Lesen der neuen „Mach mit!“<br />
Bernhard Kalfhues<br />
Redaktionelle Klarstellung::<br />
Im Bericht Begrünung von Hauswänden in „Mach mit!“ Nr. 18 war von Unschädlichkeit der<br />
Haftwurzeln des Efeu (Hedera helix) die Rede. Ein Leser glaubte an seinem Haus dennoch<br />
eine schädliche Wirkung von dieser Begrünungsform festgestellt zu haben. Aus dem<br />
daraus folgenden Briefwechsel ergab sich, dass Haftwurzeln nicht gleich zu setzen mit den<br />
Grundwurzeln. Diese können sehr wohl Grundmauern und damit auch Gebäudefassaden<br />
beschädigen. Wir ho�en, dass damit eine ausreichende Erklärung erfolgt ist. (Die Redaktion)<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
THEMEN<br />
dieser Ausgabe<br />
Editorial und Themenübersicht . . 3<br />
Vereint im KNaST . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
Neue <strong>Vogelarten</strong> im<br />
Tecklenburger Land (Teil 3/3) . . . . 5<br />
Ein Lebensraum der<br />
besonderen Art –<br />
der Lengericher Bahnhof . . . . . . . . 8<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
Mettinger Dohlen schlafen<br />
gern am Aasee . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
Ferien für den Naturschutz<br />
geopfert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
Glosse – Kenntnisreiche<br />
und tierliebende<br />
Behördenmitarbeiter . . . . . . . . . . . 16<br />
Prächtige Stimmung<br />
im Erlebniscamp . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Umweltbildung – An der<br />
Sägemühle ist viel los . . . . . . . . . . . 19<br />
Naturschutzgruppe<br />
Westerkappeln stellt sich<br />
und ihre Arbeit vor . . . . . . . . . . . . . 20<br />
Um den Naturschutz<br />
verdient gemacht . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />
Titelfoto: Jungdohlen, Nabu<br />
Foto (L): weiblicher Halsbandsittich, Wikipedia<br />
Foto (M): Erlebniscamp, Rainer Seidl<br />
Foto (R): Uferschwalben, Walter Witte<br />
Beilagenhinweis:<br />
Für die Mitglieder der ANTL sind das Protokoll der<br />
letzten JV und die Einladung zur JV am 26. Febr. 2012<br />
eingeheftet.<br />
3
4<br />
Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
Vereint im KNaST<br />
(Kreis-Naturschutzverbände Steinfurt)<br />
Für Außenstehende müssen Organisationsstrukturen, Verantwortungsbereiche und Zuständigkeiten der<br />
Naturschutzverbände im Kreis Steinfurt unübersichtlich erscheinen. Zum Durchblick folgende Ausführungen:<br />
Für Außenstehende müssen Organisationsstrukturen, Verantwortungsbereiche und Zuständigkeiten der Naturschutzverbände<br />
im Kreis Steinfurt unübersichtlich erschei-nen. Zum Durchblick folgende Ausführungen:<br />
In NRW sind drei ehrenamtliche Naturschutzverbände und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald nach dem Bundes-Naturschutz-Gesetz<br />
(BNatSchG) §60 in Verbindung mit §12 Landschafts-Gesetz-NRW anerkannt:<br />
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (B.U.N.D.)<br />
Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW (LNU)<br />
Naturschutzbund Deutschland (NaBu)<br />
Diese drei Verbände unterhalten ein gemeinsames Verbändebüro in Oberhausen, dem alle nach BNatschG beteiligungsp�ichtigen<br />
Planungsverfahren eingereicht werden müssen. Diese drei Verbände sind auch im Kreis Steinfurt vertreten.<br />
Die LNU als größter ist ein Dachverband von über 80 verschiedenen Vereinigungen, die schwerpunktmäßig oder auch nur unter<br />
anderem Ziele des Natur- und Umwelt-schutzes vertreten. Im Kreis Steinfurt gehören der LNU an:<br />
ABÖL (Arbeitsgemeinschaft für biologisch-ökologische Landeserforschung),<br />
ANW (Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Waldwirtschaft),<br />
ANTL (Arbeitsgemeinschaft für Naturschutz Tecklenburger Land),<br />
SDW (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald),<br />
Westfälischer Heimatbund, damit alle Heimatvereine,<br />
WNV (Westfälischer Naturwissenschaftlicher Verein).<br />
Dabei sind ABÖL, ANW, SDW und WNV ohne Gruppenstrukturen nur mit Einzelmitgliedern im Kreis vertreten. Diese Verbände<br />
haben auf Kreisebene zurzeit mich als „Kreisanlaufstelle“ gewählt; ich vertrete also die LNU im Kreis Steinfurt und koordiniere<br />
ihre Aktivitäten. Verwaltet wird die Kreisanlaufstelle mit von der ANTL-Geschäftsstelle in Tecklenburg.<br />
Im Kreis Steinfurt arbeiten BUND, NaBu und ANTL (für die LNU) eng zusammen. Sie haben z.B. für o�zielle Stellungnahmen<br />
einen gemeinsamen Briefkopf (für diesen Text als „Muster“ verwendet). Aus Gründen der Ökonomie, aber auch wegen der<br />
Knappheit an quali�zierten Mitarbeitern haben die Verbände das Kreisgebiet nach Gemeinden aufgeteilt, in denen sie jeweils<br />
allein zuständig sind. Dabei bearbeitet die ANTL den gesamten Altkreis Tecklenburg. Ich persönlich bin von BUND und NaBu<br />
bevollmächtigt, im Altkreis Tecklenburg über die ANTL ihre Interessen wahrzunehmen. Umgekehrt haben vom BUND und<br />
NaBu Mitarbeiter meines Vertrauens von mir Vollmachten für die LNU erhalten, um uns in Verfahren im Altkreis Burgsteinfurt zu<br />
vertreten. Für alle Gemeinden im Altkreis Tecklenburg vertritt demnach die ANTL die Interessen aller anerkannter Naturschutzverbände.<br />
Rainer Seidl
<strong>„Neue“</strong> <strong>Vogelarten</strong> (im Tecklenburger Land)<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
Teil 3/3 – Überall wo Leben ist, gibt es Veränderung. Das tri�t nicht nur für uns Menschen zu, sondern ebenso für<br />
die P�anzen- und Tierwelt. Alle P�anzen und Tiere reagieren auf Veränderungen in ihrer Umwelt. Überall wo Leben<br />
ist, gibt es Veränderung. Das tri�t nicht nur für uns Menschen zu, sondern ebenso für die P�anzen- und Tierwelt.<br />
Ein Exot breitet sich nach Norden aus<br />
Manche <strong>Vogelarten</strong> haben merkwürdige deutsche Namen: Raubwürger, Neuntöter, Knutt, Alpenstrandläufer, Basstölpel, Doppelschnepfe,<br />
Gänsesäger, Knäkente, Steinwälzer, Ziegenmelker, Bienenfresser (Merops apiaster).<br />
Die meisten dieser Namen bedürfen einer längeren Erklärung. Nicht aber der Bienenfresser. Er fängt tatsächlich gern Wespen, Hummeln<br />
und Bienen, aber auch andere �iegende Insekten wie Libellen, Schmetterlinge und Käfer. Der zur Familie der Spinte zählende<br />
Bienenfresser gräbt sein Nest in Erdhöhlen an Steilufern und in Sandgruben im südlichen Europa.<br />
Neuerdings, vermutlich begünstigt durch den Klimawandel, gibt es in Deutschland einige kleine Brutkolonien der farbenprächtigen<br />
Vögel. In Westfalen haben Bienenfresser zum ersten Mal 1978 bei Halle-Amshausen im Kreis Gütersloh gebrütet. 1984 gab es einen<br />
Brutversuch bei Beckum im Kreis Warendorf. 1989 und 1990 wurden vier Bruten bei Greven bekannt. Da 1990 ein Bienenfresser-Paar<br />
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Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
bei Bad Laer (Niedersachsen) gebrütet hat, könnten vielleicht bald auch im<br />
Tecklenburger Land Bruten statt�nden. Auf dem Zug in die Winterquartiere im<br />
südlichen Afrika wurden Bienenfresser bereits mehrfach bei uns beobachtet.<br />
Verwechseln kann man diese Vogelart mit keiner anderen bei uns vorkommenden<br />
Art: im Flug kann man die Spieße der beiden mittleren Schwanzfedern<br />
gut erkennen; die im Flug hell erscheinenden Flügel haben einen breiten<br />
schwarzen Hinterrand; erst am sitzenden Vogel erkennt man die hellblaue Unterseite,<br />
das gelbe Kinn, die halb rostroten und halb blauen Flügel, den ebenfalls<br />
rostroten Oberkopf und den gebogenen schwarzen spitzen Schnabel.<br />
Bienenfresser �iegen ähnlich wie Mehlschwalben: einige rasche Flügelschläge<br />
wechseln mit Gleit�ug, bei dem die Flügel waagerecht ausgestreckt sind und<br />
der Schwanz gespreizt wird. Jagd�ug und Landung wirken sehr elegant.<br />
Da sogar schon in Dänemark Bienenfresser-Bruten stattgefunden haben, sollten<br />
Vogelbeobachter im Tecklenburger Land besonders in Sandabgrabungen<br />
die Augen o�en halten!<br />
Horst Michaelis<br />
Bienenfresser, Foto: Rolf Behlert
Laut, aber schön<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
Wiesbaden ist eine schöne Stadt. Die Landeshauptstadt von Hessen hat den Besuchern einiges<br />
zu bieten: das Staatstheater, den Kurpark, die Altstadt, die Marktkirche, die Heidenmauer, die<br />
Russische Kirche auf dem Neroberg und vieles mehr. Und wenn man genug gesehen hat und<br />
gebummelt ist, möchte man natürlich ausruhen. Also auf zum Park des Barockschlosses Biebrich,<br />
das direkt am Rheinufer liegt. Kaum aber hat man auf einer Parkbank Platz genommen, da<br />
gibt es ein ohrenbetäubendes Gekreische. Es kommt von oben aus den Bäumen. Sechs oder<br />
sieben papageienartige Vögel jagen hintereinander her, krallen sich neben einer Baumhöhle<br />
am Stamm fest und schimpfen, was das Zeug hält. Die Ruhe ist hin, aber die Spannung steigt.<br />
Gibt es einen Zoo oder Tiergarten in der Nähe? Hat jemand den Kä�g o�en gelassen? Nein, jetzt<br />
dämmert’s mir: Das müssen Halsbandsittiche (Psittacula krameri) sein.<br />
Ihre Stimmen klingen nicht gerade angenehm, aber sie sind schön anzusehen und viel größer<br />
als Wellensittiche. Zusammen mit dem langen spitzen Schwanz erreichen sie eine Größe von 42<br />
Zentimetern. Ihr Ge�eder ist insgesamt hellgrün. Die Männchen ziert ein schmales schwarzes<br />
Halsband, das im Nacken rosafarben ist. Der Oberschnabel ist rot, der Unterschnabel schwarz.<br />
Halsbandsittich, Foto: Wikipedia<br />
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Halsbandsittiche ist Afrika (Senegal bis Äthiopien,<br />
Nordsomalia) und Asien (von Pakistan bis Südostchina und Sri Lanka). Am Ende des 20.<br />
Jahrhunderts, also vor noch nicht allzu langer Zeit, haben sich in Europa aus Gefangenschafts�üchtlingen stabile Populationen<br />
in Deutschland, Österreich, Belgien, Großbritannien und in den Niederlanden entwickelt. In Deutschland gibt es mittlerweile<br />
große Brutbestände in Großstädten am Rhein, in Köln, Heidelberg, Worms, Mainz, Bonn, Düsseldorf und Wiesbaden. Ob sie demnächst<br />
auch kleine Städte oder gar Dörfer besiedeln werden, ist fraglich. Und auch wohl nicht wünschenswert, denn als Höhlenbrüter<br />
sind sie Konkurrenten von Spechten, Meisen, Kleibern, Fledermäusen und Bilchen. Da die Sittiche sehr anpassungsfähig<br />
sind, haben sie sich viele unterschiedliche Nahrungsquellen erschlossen. Sie fressen sowohl P�anzensamen, Beeren, Obst und<br />
Blüten als auch Abfälle in Parkanlagen und auf Müllplätzen.<br />
Horst Michaelis<br />
Die Türkentaube, Einwanderer aus Indien<br />
Streng genommen müsste die Türkentaube Indien-Taube heißen, denn ihr ursprüngliches<br />
Verbreitungsgebiet ist Indien. Von dort breitete sie sich nach Westen aus und erreichte<br />
im 16. Jahrhundert die Türkei. Bis etwa 1900 besiedelte sie die Balkanländer und etwa ab<br />
1930 Ungarn und Österreich. 1945 brüteten die ersten Türkentauben-Paare in Deutschland,<br />
1947 in den Niederlanden, 1952 in der Schweiz und in Frankreich und 1955 in Großbritannien.<br />
Das Brutgebiet erweiterte sich pro Jahr um durchschnittlich 44 km. Wie kommt<br />
Türkentaube, Foto: H.-W. Grömping<br />
es, dass diese Vogelart, deren Gelege nur aus zwei Eiern besteht und deren Lebenszeit nur<br />
durchschnittlich drei Jahre beträgt, sich derart rasant in Europa ausgebreitet hat?<br />
Eine Erklärung dafür ist sicherlich, dass die Türkentaube als Körnerfresser wie ihre Verwandte, die Ringeltaube, sowohl in der ackerbaulich<br />
genutzten Landschaft als auch in unseren Dörfern und Städten Nahrung in Hülle und Fülle vor�ndet. Ein zweiter Grund ist<br />
die Tatsache, dass sie auf Grund des großen Nahrungsangebotes und des Klimawandels drei- bis sechsmal brütet, wobei sie an den<br />
Nistplatz geringe Ansprüche stellt. Man �ndet Türkentauben-Nester sowohl auf Bäumen und in dichten Büschen (z. B. Lebensbäumen,<br />
Buchsbaum, Eiben) als auch in Nischen an Gebäuden.<br />
Obwohl die Türkentaube mit ihrem rosabräunlichen Ge�eder recht hübsch anzusehen ist, geht sie manchmal emp�ndlichen Siedlungsbewohnern<br />
auf die Nerven durch ihren nasalen dreisilbigen Gesang, den sie vor allem bei Revierkon�ikten vielmals wiederholt<br />
hören lässt. Der lateinische Artname der Türkentaube lautet „Streptopelia decaocto“. Der erste Teil des Namens entstammt der<br />
griechischen Sprache: streptos heißt „Kragen/Halsband“, peleia heißt „Taube“. Der zweite Teil „decaocto“ ist die lateinische Zahl 18.<br />
Diese Zahl beruht auf einer griechischen Sage: Ein Mädchen diente als Magd einer hartherzigen Herrin. Als Lohn bekam sie für ein<br />
ganzes Jahr schwerer Arbeit nur 18 Münzen. Das Mädchen betete zu den Göttern. Daraufhin erschuf Zeus eine Taube, deren Rufe<br />
ständig achtzehnmal hintereinander ertönten, um an die Hartherzigkeit zu erinnern und so die Herrin nervtötend zu ermahnen.<br />
Horst Michaelis<br />
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8<br />
Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
Ein Lebensraum der besonderen Art –<br />
der Lengericher Bahnhof<br />
Die P�anzengesellschaften des Lengericher Bahnhofs<br />
Teil 2 – Fortsetzung aus Heft 18<br />
Die P�anzengesellschaften der Lengericher<br />
Bahnanlage<br />
Erscheint die Flora der Bahnhöfe dem<br />
Betrachter recht unterschiedlich und<br />
zufällig verteilt, so handelt es sich in den<br />
meisten Fällen jedoch um bestimmte<br />
charakteristische P�anzenkombinationen.<br />
Solche in bestimmter und sich wiederholender<br />
Ausprägung vorkommende<br />
P�anzenverbindungen werden als<br />
P�anzengesellschaften bezeichnet. Die<br />
Verteilung und Zusammensetzung der<br />
P�anzenarten sind eine Folge der ähnlichen<br />
standörtlichen Gegebenheiten.<br />
Ausschlaggebende und bezeichnende<br />
Faktoren sind<br />
dabei Klima und<br />
Licht, Bodensubstrat<br />
und -struktur<br />
(Sand, Kies, Grus,<br />
Schotter u. a.) und<br />
die Beein�ussung<br />
(Tritt, Befahren,<br />
Nutzung, P�ege,<br />
Stickstoffeintrag<br />
u. a.). Jeder Standort<br />
hat meist<br />
eine spezi�sche<br />
Artenzusammensetzung.<br />
Arten<br />
Kompasslattich<br />
mit ähnlichen<br />
ö k o l o g i s c h e n<br />
Ansprüchen treten dabei in der Regel<br />
häu�g gemeinsam auf, während solche<br />
mit andersartigen einander o�enbar<br />
ausschließen. Auf Grund durchmischter<br />
Au�agen der Böden gibt es jedoch<br />
häu�g Überlagerungen verschiedener<br />
Vegetationsbestände. Seit geraumer<br />
Zeit haben sich insbesondere an den<br />
Rändern der Bahnanlagen, an den Lade-<br />
und Betriebswegen und zwischen den<br />
stillgelegten oder nur wenig benutzten<br />
Flächen Gehölze spontan angesiedelt<br />
oder zu Gehölzgruppen entwickelt,<br />
von denen einige zumindest auf Anp�anzungen<br />
zurückzuführen sind. So<br />
�ndet man zum Beispiel Einzelp�anzen<br />
oder kleinere Gebüschgruppen in<br />
unterschiedlicher Ausprägung u. a. mit<br />
Hundsrose (Rosa canina), Feldulme<br />
(Ulmius minor), Liguster (Ligustrum<br />
vulgare), Schwarzer Holunder (Sambucus<br />
nigra), Feldahorn (Acer campestre),<br />
Pfa�enhütchen (Euonymus europaeus),<br />
Salweide (Salix caprea), Schlehe<br />
(Prunus spinosa). In vielen Fällen dürften<br />
einige der Gehölze auf P�anzungen<br />
beruhen, so dass es schwer ist, zwischen<br />
angep�anzten und spontanen Beständen<br />
zu unterscheiden. Überall dort, wo<br />
die Vegetationsentwicklung einige Jahre<br />
hindurch ungestört verlaufen kann,<br />
werden die Flächen von Gebüschen<br />
und schließlich von Wäldern besiedelt;<br />
diese Entwicklung zeichnet sich ansatzweise<br />
im Bereich der Lorenstation<br />
ab. Nachfolgend werden einige der gebietstypischen<br />
P�anzengesellschaften<br />
des Lengericher Bahnareals vorgestellt.<br />
Die Beschreibung der einzelnen Gesellschaften<br />
folgt dabei POTT (1995).<br />
Therophytenreiche Pionier�uren<br />
Conyza-Lactucetum serrilae Lohm. in<br />
Oberd. 1957 (Kompasslattich-Gesellschaft):<br />
Die Kompasslattich-Gesellschaft<br />
gedeiht auf sommerwarmen, trockenen,<br />
schotterigen oder sandigen Rohböden<br />
der Schutt�uren „oder auf Bahnhöfen“<br />
(POTT 1995). Die wärmebedürftige Gesellschaft<br />
besitzt deutliche Häufungen<br />
Pastinak<br />
in Süd- und Mitteldeutschland. Auf den<br />
sandigen Plätzen der Lengericher Bahnanlagen<br />
tritt sie in der Artenzusammensetzung<br />
sehr uneinheitlich auf. Mitunter<br />
werden größere Teile des Sandbodens<br />
von dem Kompasslattich (Lactuca serriola)<br />
bedeckt oder es dominiert das<br />
Kanadische Berufsskraut (Conyza<br />
canadensis). Daneben sind Pastinak<br />
(Pastinac sativa), Steinquendel (Acinos<br />
arvensis), Schmalblättriges Weidenröschen<br />
(Epilobium angustifolium), Gemeines<br />
Greiskraut (Senecio vulgaris),<br />
Weg-Rauke (Sisymbrium o�cinale),<br />
Reiherschnabel (Erodium cicutarium) u.<br />
a. am Gesellschaftsaufbau beteiligt.<br />
Bromo-Erigeretum canadensis (Knapp<br />
1961) Gutte 1965 (Dachtrespen-Berufskraut-Gesellschaft):<br />
Auf den trocknen<br />
und herbizidbehandelten Bahnhofs-<br />
und Gleisanlagen entwickelt sich auf<br />
den o�enen Böden eine Pioniergesellschaft<br />
mit folgenden Arten: Dachtrespe<br />
(Bromus tectorum), Quendelblättriges<br />
Sandkraut (Arenaria serpyllifolia), Klebriges<br />
Greiskraut (Senecio viscosus), Gewöhnliches<br />
Leinkraut (Linaria vulgaris).
Schmalblättriges Weidenröschen<br />
Bei ausbleibender P�anzengiftanwendung<br />
kann sich diese Gesellschaft zu<br />
artenreicheren P�anzenbeständen, z.<br />
B. dem Echio-Melilotetum, weiterentwickeln<br />
(POTT 1995).<br />
Hordeetum murini Libbert 1933 (Gesellschaft<br />
der Mäusegerste): Der Verbreitungsschwerpunkt<br />
des Hordeetum<br />
murini ist in Nordwestdeutschland vorwiegend<br />
auf größere Städte beschränkt.<br />
Infolge zunehmender Versiegelung ist<br />
die Mäusegerste-Gesellschaft hier jedoch<br />
rückläu�g. Die wärmeliebende<br />
Gesellschaft ist etwas sticksto�iebend<br />
und ist auf dem Lengericher Bahngebiet<br />
in schmale Streifen, die vor Betreten<br />
oder Befahren geschützt sind, entlang<br />
von Bahngebäuden ausgebildet und<br />
nicht häu�g. Allen Standorten gemeinsam<br />
ist der sandig-kiesige Untergrund<br />
und die Südlage. Neben der Mäusegerste<br />
(Hordeum murinum) gehören vor allem<br />
Bromus sterilis (Taube Trespe) und<br />
Bromus tectorum (Dach-Trespe) zum<br />
Gesellschaftsinventar. An der dominierenden<br />
und bereits im Frühsommer<br />
vergilbenden Mäusegerste gibt sich die<br />
Ruderal-Gesellschaft gut zu erkennen.<br />
Ein Vorkommen für das Messtischblatt<br />
Lengerich „nur in der Nähe des Bahn-<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
hofs (Wegrand Bahnhofsstraße, Mauerrand<br />
Lengerich-Hohne)“ nennt BÜKER<br />
(1939), als Kennarten werden von ihm<br />
neben Hordeum murinum und Bromus<br />
sterilis noch Sisymbrium o�cinale<br />
(Weg-Rauke) angeführt. Bei Trittein�uss<br />
degeneriert die Mäusegerste-Gesell-<br />
Gewöhnliches Leinkraut<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber:<br />
Arbeitsgemeinschaft für Naturschutz<br />
Tecklenburger Land e.V. (ANTL)<br />
Bahnhofstr. 73, 49545 Tecklenburg<br />
Tel.:: 05482-929290, Fax: 05482-929293<br />
Mail: naturschutzzentrum@antl-ev.org<br />
Redaktionsteam:<br />
Klaus Helms<br />
Bernhard Kalfhues (Leitung)<br />
Anne-Katrin Kröger (Layout)<br />
Ernst-H. Schröder<br />
Werner Suer<br />
Walter Witte<br />
Redaktionsadresse:<br />
Bernhard Kalfhues<br />
Alter Bergkamp 13, 49477 Ibbenbüren<br />
Tel.: 05451-971199<br />
Mail: bernhard@kalfhues.de<br />
Erscheinungsweise:<br />
2 x jährlich (Februar/August)<br />
Au�age: 2.000<br />
Druck: Gräuler-Druck, Ibbenbüren<br />
Die Verteilung ist kostenlos.<br />
Alle Texte, Abbildungen und Fotos sind<br />
urheberrechtlich geschützt.<br />
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Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
Loesels Rauke<br />
schaft nach WITTIG (2002) zum Matricario-Polygonetum<br />
avicularis.<br />
Sisymbrietum loeselii Kreh 1935, Gute<br />
1972 (Loesels-Rauken-Gesellschaft):<br />
Sisymbrietum loeselii ist eine für wärmere<br />
und trockene Ruderalstandorte<br />
Mitteleuropa typische P�anzengesellschaft,<br />
die besonders in Mitteldeutschland<br />
deutliche Häufungen besitzt (POTT<br />
1995). Die namengebende Art der Gesellschaft,<br />
der gelbblühende einjährige<br />
Kreuzblütler Sisybrium loeselii (Loesels<br />
Rauke) wurde wohl erstmals 1981 von<br />
U. Raabe auf dem Lengericher Bahnhof<br />
Schmalblättriger Hohlzahn<br />
beobachtet (RUNGE 1986) und hat im<br />
Kreis Steinfurt nur noch auf dem Rheiner<br />
Güterbahnhof einen weiteren Wuchsort<br />
(vgl. GRENZHEUSER 2000). Im Ruhrgebiet<br />
ist die Loesels-Rauken-Gesellschaft<br />
weitgehend an industriegeprägte<br />
Standorte gebunden (siehe REBELE &<br />
DETTMAR 1996). Die insgesamt sehr artenreiche<br />
Gesellschaft bildet nur einen<br />
�ächenmäßig kleinen Ruderalbstand in<br />
einem stillgelegten Streckenabschnitt<br />
des Güterbahnbereichs aus.<br />
Schutt-, Felsspaten und Mauerfugengesellschaften<br />
Galeopsietum angustifoliae (Büker<br />
1942) Bornkamm 1960 (Gesellschaft<br />
des Schmalblättrigen Hohlzahns): Die<br />
lückige Pioniergesellschaft sonniger<br />
Kalkschutthalden wird beherrscht vom<br />
Schmalblättrigen Hohlzahn (Galeopsis<br />
angustifolia). Für das Gebiet stellt<br />
die Gesellschaft des Schmalblättrigen<br />
Hohlzahns eine Besonderheit dar; in der<br />
Roten Liste der gefährdeten P�anzengesellschaften<br />
für Nordrhein-Westfalen<br />
(1999) wird sie in der Kategorie “3“ (gefährdet)<br />
eingestuft. Im Kreis Steinfurt ist<br />
sie nur wenig nachgewiesen und steht<br />
im Teutoburger Wald bei Lengerich<br />
an ihrer nordwestlichen Areal-Grenze<br />
(POTT 1995). Auf dem Güterbahnhof,<br />
unmittelbar südlich des Dyckerho�-<br />
Zementwerkes, ist die Gesellschaft auf<br />
der Gleisschotterung bandartig ausgebildet<br />
und ist Zierde des dunklen Schotterbetts.<br />
In der artenarmen Pionier�ur<br />
treten die Ackerwinde (Convolvulus arvensis)<br />
und der Harte Schöterich (Erysimum<br />
marschellanum) als begleitende<br />
Arten hinzu.<br />
Nitrophytische, rudereale Stauden-<br />
�uren<br />
Berteroetum incanae Sissingh & Tideman<br />
in Sissisngh 1950. (Graukressen-Gesellschaft):<br />
Die wärmeliebende<br />
Graukressen-Gesellschaft wächst auf<br />
trockenen Sand-, Kies- und Schotterböden.<br />
Die im süddeutschen Raum<br />
weit verbreitete Gesellschaft ist nach<br />
POTT (1995) im Norden stellenweise im<br />
Rückgang. Im Kreis Steinfurt hat sie ihre<br />
Standorte fast ausschließlich in Bahn-<br />
und Hafengeländen. Neben Berteroa<br />
incana (Graukresse) sind Melilotus- und<br />
Reseda-Arten am Gesellschaftsaufbau<br />
beteiligt. Besonders au�ällig stellt sich<br />
die artenreiche, kniehohe Gesellschaft,<br />
die im Lengericher Bahnbereich vor-<br />
zugsweise an Bahnböschungen und<br />
Säumen im Bereich des Bahnhofs<br />
wächst, im Hochsommer dar, wenn die<br />
Graukresse ihre schneeweißen Blüten<br />
ausbildet.<br />
Dauco-Pirietum hieracioides (Faber<br />
1933) Görs 1966 (Möhren-Bitterkraut-<br />
Gesellschaft): Die Möhren-Bitterkraut-<br />
Gesellschaft ist eine wärmebedürftige<br />
mehrjährige Ruderalgesellschaft mergeliger<br />
Böden sommerwarmer Gebiete<br />
(POTT 1995). Im Untersuchungsgebiet<br />
ist die in ganz Süd- und Mitteleuropa<br />
verbreitete Gesellschaft nur klein�ächig<br />
entwickelt. In den meisten Aufnahmen<br />
bestimmt der weiße Doldenblütler Daucus<br />
carota (Wilde Möhre) den Aspekt<br />
Harter Schöterich<br />
der lockerwüchsigen, mittelhohen von<br />
Stauden geprägten Ruderalgesellschaft.<br />
Echio-Melilotetum R. Tx. 1947 (Natternkopf-Steinklee-Gesellschaft):<br />
Das<br />
in weiten Gebieten Deutschlands seltener<br />
werdende Echio Melilotetum ist<br />
eine basiphile, schwach nitrophile, wärmebedürftige,<br />
„oftmals bezeichnende<br />
Bahndamm- und Bahnhofsgelände-<br />
Gesellschaft“ (POTT 1995). Ihre natürlichen<br />
Standorte dürfte die Natternkopf-<br />
Steinklee-Gesellschaft wohl auf den<br />
Schotterböden der Flussauen haben.<br />
Die blumenreiche Ruderal�ur zählt zu<br />
den farbenprächtigsten Ruderalgesellschaften<br />
Mitteleuropas. Verschiedene<br />
Farben prägen das Erscheinungsbild,<br />
z. B. blau (Natternkopf), weiß (Weißer
Graukresse<br />
Steinklee), rot (Wiesen�ockenblume),<br />
goldgelb (Echtes Johanniskraut), gelbgrün<br />
(Pastinak), gelb (Echter Steinklee).<br />
Diese meterhohen, überwiegend zweijährigen<br />
Stauden sind besonders wertvoll<br />
für Insekten. In diese Gesellschaft<br />
tritt zunehmend auch das Schmalblättrige<br />
Greiskraut (Senecio inaequidens)<br />
ein, das sich entlang der Gleisanlagen<br />
ausbreitet.<br />
Resedo-Carduetum nutantis Sissisngh<br />
1950 (Reseden-Nickdistel-Gesellschaft):<br />
Die Reseden-Nickdistel-Gesellschaft ist<br />
etwas lückig bandförmig entlang der<br />
Güterbahngleise ausgebildet und wird<br />
beherrscht von der purpurrot blühenden<br />
Nickenden Distel (Carduus nutans).<br />
Mit ihren überhängenden recht großen<br />
farbigen Blütenköpfen ist sie neben<br />
der blassgelbblühenden Reseda lutea<br />
(Färber-Resede) eine au�ällige Erscheinung.<br />
Tritt- und Rasengesellschaften<br />
Carex hirta-Gesellschaft (Gesellschaft<br />
der Behaarten Segge): Die Carex hirta-<br />
Gesellschaft ist aus dem einartigen<br />
Massenbestand der Behaarten Segge<br />
(Carex hirta) aufgebaut. Sie �ndet sich<br />
nur klein�ächig entwickelt im Bereich<br />
der Lorenstation. Ähnlich artenarme<br />
Dominanzbestände von Carex hirta sind<br />
vermehrt auf den Abraumhalden des<br />
Steinkohlebergbaus bei Ibbenbüren zu<br />
�nden.<br />
Digitario-Eragrostietum minoris R. Tx.<br />
1950 (Gesellschaft des Liebesgrases):<br />
Auf den trockenen Sandböden im Bereich<br />
der Tecklenburger-Wald-Eisenbahn<br />
und des Güterbahninstandsetzungswerkes<br />
�ndet sich die nach POTT<br />
(1995) „seltene Gesellschaft des Liebesgrases“.<br />
Das Kleine Liebesgras (Eragrostis<br />
minor), die Fadenhirse (Digitaria<br />
ischaemum) und der Zurückgekrümmte<br />
Fuchsschwanz (Amaranthus retro-<br />
�exus). bilden artenarme Bestände auf<br />
den trockenen und nur leichtbetretenen<br />
Sandböden im Gleiszwischenraum.<br />
Heniarietum glabrae (Hohenester<br />
1960) Hejny et Jehlik 1975 (Gesellschaft<br />
des Kahlen Bruchkrauts): Auf den gep�asterten<br />
Ladestraßen und Zufahrtswegen<br />
zum Güterbahnbereich tre�en<br />
wir auf den verdichteten sandigen<br />
Böden und im Grus der P�asterritzen<br />
grüngelbliche „Teppiche“ des Kahlen<br />
Bruchkrauts (Herniaria glabra). In einer<br />
groß�ächigeren Ausbildung trat auch<br />
der au�ällige Hasenklee (Medicago lupulina)<br />
hinzu. Diese nitrophile trittfeste<br />
und „vor allem subozeanische Gesellschaft“<br />
des Kahlen Bruchkrauts (POTT<br />
1995) ist o�enbar auf Bahnhöfen, Hafenanlagen<br />
und Industriestandorten in<br />
weiter Ausbreitung begri�en.<br />
Sagiono procumbentis-Bryetum argenti<br />
Diemont, Sissisngh<br />
et Westho� 1940 (Mastkrau-Silbermoos-Gesellschaft):<br />
Die Mastkraut-<br />
Silbermoos-Gesellschaft<br />
ist eine artenarme trittfeste<br />
Gesellschaft unbefestigter<br />
Wege, verdichteter<br />
Plätze und<br />
P�asterritzen. Im Bahngebiet<br />
von Lengerich<br />
tritt sie klein�ächiger<br />
zwischen P�astersteinen<br />
mit Verzahnungen zur<br />
Gesellschaft des Kahlen<br />
Bruchkrauts (Herniarietum<br />
glabrae) auf. Neben<br />
den namengebenden<br />
niederwüchsigen Arten<br />
Sagina procumbens (Liegendes Mastkraut)<br />
und Bryum argentum (Silber-<br />
Birnmoos) prägen stellenweise Poa<br />
annua (Einjähriges Rispengras), Polygonum<br />
aviculare agg. (Vogelknöterich<br />
Sa.) und Capsella bursa-pastoris (Echtes<br />
Kahles Bruchkraut<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
Hirtentäschel) und Moose (überwiegend<br />
Ceratodon purpureum) das Bild<br />
der Gesellschaft.<br />
Saxifrago tridactylitis-Poetum compressae<br />
(Kreh 1945) Géhn et Lerig 1957<br />
(Fingersteinbrech-Gesellschaft): Die<br />
Fingersteinbrech-Gesellschaft ist ein Bewohner<br />
o�ener, oft kalkhaltiger felsiger<br />
Böden und wächst auch auf Dächern,<br />
Mauerkronen und schotterigen Böden<br />
von Industrie-, Häfen- und Bahnanlagen.<br />
Neben den namengebenden Arten<br />
Saxifraga tridactylites (Drei�nger-Steinbrech)<br />
und Poa compressa (Platthalm-<br />
Rispengras) prägen niedrig wüchsige<br />
Arten wie Erophila verna (Frühlings-<br />
Hungerblümchen), Arenaria serpyllifolia<br />
(Quendelblättriges Sandkraut) und<br />
Veronica arvensis (Feld-Ehrenpreis) u.<br />
a. das Erscheinungsbild. Diese Assoziation<br />
tritt als größere dichte „Rasen“ auf<br />
den herbizidbehandelten Flächen im<br />
Bereich des Bahnhofs auf und bildet<br />
hier im Frühjahr den ersten (weißroten)<br />
Blühaspekt. Oft schon vor dem Einsatz<br />
von P�anzengiften im späten Frühjahr<br />
oder im Frühsommer haben der Drei�nger-Steinbrech<br />
und das Hungerblümchen<br />
ihren Lebenszyklus beendet und<br />
sind weitgehend abgeblüht.<br />
Text und Fotos: Siggi Birken<br />
11
12<br />
Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
Mettinger Dohlen schlafen gern am Aasee<br />
Vogel des Jahres – Rabenart weist viele menschliche Verhaltensweisen auf<br />
Wenn Kinder Vögel malen, geraten die<br />
Ge�ederten meist sehr bunt. Auch Erwachsenen<br />
geht es nicht anders: Vögel<br />
sollen bunt sein! Kein Wunder also, dass<br />
Eisvogel, Pirol, Dompfa�, Distel�nk, Rotkehlchen,<br />
Goldfasan und Papageien beliebt<br />
sind. Unbeliebt, wenn nicht sogar<br />
verhasst, sind bei uns dagegen die meisten<br />
schwarzen <strong>Vogelarten</strong>. Der Kormoran,<br />
obwohl geschützte Vogelart, wird<br />
verscheucht oder geschossen, weil er<br />
sich hauptsächlich von Fischen ernährt.<br />
Die Rabenkrähe wird oft für den Verlust<br />
von Fasanenküken verantwortlich gemacht.<br />
Den Saatkrähen kann man die<br />
krächzende Unterhaltung in ihren Brutkolonien<br />
nicht verzeihen.<br />
Und der Dohle, der kleinsten Rabenvogel-Art,<br />
ist man auch nicht gut gesonnen,<br />
weil sie ihre Nester nicht nur<br />
in Baumhöhlen und Mauernischen,<br />
sondern auch in Schornsteinen anlegt.<br />
Das allein kann aber wohl kaum die<br />
Ursache für ihre Unbeliebtheit sein. Ist<br />
es vielleicht ihr Verhalten, das dem unseren<br />
sehr ähnelt? Verhaltensforscher<br />
– allen voran Konrad Lorenz – stellten<br />
fest, dass Dohlen über viele verschiedene<br />
Stimmlaute verfügen, mit denen<br />
sie sich verständigen. Ein erfahrener<br />
Forscher kann zum Beispiel verstehen,<br />
dass in einer Gruppe von Dohlen mehrere<br />
Vögel rufen „Wir �iegen gleich ab“<br />
oder „Aufpassen, da kommt ein Hund!“<br />
Besonders intelligente Dohlen sind sogar<br />
zu Täuschungsmanövern fähig. Das<br />
bewies diese Beobachtung: Als mehrere<br />
Dohlen an einer ergiebigen Nahrungsquelle<br />
beschäftigt waren, rief eine hinzukommende<br />
Dohle „Gefahr, Gefahr!“<br />
Da alle in Angst fort�ogen, hatte sie die<br />
Mahlzeit ganz für sich.<br />
Und es gibt noch mehr Menschenähnliches:<br />
Je älter eine Dohle wird, umso<br />
grauer ist das Ge�eder am Hinterkopf;<br />
junge Dohlen haben einfarbig schwarzes<br />
Ge�eder. Dohlenpaare leben monogam,<br />
das heißt, sie bleiben dem Partner<br />
lebenslang treu, was normalerweise ja<br />
ebenfalls typisch für uns Menschen ist.<br />
Sehr menschlich ist auch die Vorliebe,<br />
sich so oft wie möglich mit anderen Dohlen<br />
zu tre�en, ob zur Nahrungssuche,<br />
zu Gesprächen oder zum Übernachten.<br />
Sobald im Winter am Spätnachmittag<br />
die Dämmerung sich ankündigt, sammeln<br />
sich die Dohlen eines Ortes gruppenweise<br />
in hohen Bäumen, was nicht<br />
geräuschlos vor sich geht. Wenig später<br />
steuern sie – manchmal gemeinsam mit<br />
einigen Elstern – den Schlafplatz an,<br />
der für die Mettinger und Ibbenbürener<br />
Dohlen seit einigen Jahren auf der<br />
Insel im Aasee liegt. Nach lauter Begrüßung<br />
tritt fast schlagartig Ruhe ein, vergleichbar<br />
mit Schulkindern, die in der<br />
Jugendherberge nach langem Witze erzählen<br />
plötzlich vom Schlaf übermannt<br />
werden. Besonders nützlich machen<br />
sich Dohlen, wenn sie Marktplätze oder<br />
Schulhöfe nach Essbarem absuchen.<br />
Zum Vogel des Jahres 2012 ist die Dohle<br />
deshalb gewählt worden, weil ihr<br />
Bestand abnimmt. Uns, die wir in den<br />
nördlichen Regionen Deutschlands leben,<br />
mag das merkwürdig erscheinen,<br />
da wir täglich Dohlen auf Wiesen, Feldern<br />
und an Kirchtürmen beobachten.<br />
Aber schon im Sauerland sind Dohlen<br />
selten. In Südwestdeutschland, der<br />
Schweiz, Polen und Tschechien sind besonders<br />
starke Bestandsrückgänge zu<br />
verzeichnen. Hauptursachen dafür sind<br />
unter anderem die Intensivierung der<br />
Landwirtschaft und zu kurze Umtriebzeiten<br />
in der Forstwirtschaft mit dem<br />
Verlust alter, höhlenreicher Bäume.<br />
Foto: NABU<br />
Text: Horst Michaelis<br />
IVZ vom 06.01.2012
Anzeige Löbke<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
13
14<br />
Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
Ferien für den Naturschutz geopfert<br />
AG-Natur organisierte ihr 5.Naturschutzcamp auf der Insel Sylt<br />
List auf Sylt/Mettingen Zum fünften<br />
Mal verbrachten Schülerinnen und Schüler<br />
der AG-Natur des Kardinal-von-Galen-<br />
Gymnasiums Mettingen (NRW) ihre Ferien<br />
auf einer nordfriesischen Insel. Wie im<br />
letzten Jahr fand das selbst organisierte<br />
Naturschutzcamp auch diesmal auf Sylt<br />
statt. Teilgenommen haben neben vier<br />
Betreuern 22 Schüler der AG.<br />
Friedhelm Scheel, Koordinator der AG,<br />
hebt „die hervorragende Zusammenarbeit“<br />
mit dem Sylter Heimatverein<br />
„Söl’ring Foriining“ hervor. Dieser existiert<br />
seit 1906 und setzt sich auf Sylt<br />
gemeinnützig u. a. für den Küsten-<br />
und Landschaftsschutz als Arbeitsschwerpunkte<br />
ein. Bei diesen Arbeiten<br />
durfte die AG auch in diesem Jahr<br />
wieder helfen. Mit drei Großaktionen<br />
unterstützten sie den Heimatverein<br />
und konnten gleichzeitig auch ihre<br />
Ergebnisse vom vergangenen Jahr<br />
bewundern. Für Karen und Yvonne<br />
(beide 14) die das letzte Mal schon<br />
dabei waren, war es bemerkenswert,<br />
was sich „im Vergleich zum Vorjahr al-<br />
les verändert hat und dass man wirkliche<br />
Erfolge sehen konnte“. In diesem<br />
Herbst schnitt die Naturschutzgruppe<br />
Brombeeren und Heckenrosen, die<br />
sich im Naturschutzgebiet ausbreiten<br />
und somit andere Arten gefährden<br />
und starteten eine Müllaktion. Zudem<br />
befestigten sie einen neuen Schleiereulenkasten.<br />
In ihren Naturschutzcamps geht es<br />
der AG nicht nur um das Arbeiten. „Wir<br />
wollen nicht nur<br />
gemeinsam die<br />
Natur erhalten,<br />
sondern auch das<br />
Gemeinschaftsgefühl<br />
stärken.<br />
Das gelingt uns<br />
am besten durch<br />
Freizeitaktivitäten<br />
wie z.B. Kutterfahrten,Inselrundtouren<br />
und<br />
Gruppenspiele“<br />
berichtet Stephan<br />
Jaroschek (19),<br />
1. AG-Sprecher. „Das gemeinsame Miteinander<br />
ist enorm wichtig und vielleicht<br />
auch unser Erfolgsgeheimnis bei solchen<br />
Aktivitäten.“<br />
Erfolg hatte die AG auch in diesem Jahr,<br />
ist sich Sven Lappoehn, Geschäftsführer<br />
der „Söl’ring Foriining“ sicher: „Diese aus<br />
allen Altersklassen gemischte Gruppe<br />
ist etwas Einmaliges und eben deshalb<br />
auch für unsere Insel wertvoll“. Um die<br />
Insulaner ebenfalls für diese Art von Freizeitgestaltung<br />
zu begeistern, berichteten<br />
vier Schüler der AG in einer neunten<br />
Klasse des Gymnasium Sylts von ihren<br />
Aktivitäten. „Vielleicht ist es ja im nächsten<br />
Jahr möglich auch einen gemeinsamen<br />
Arbeitseinsatz mit Sylter und Mettinger<br />
Schülern hinzubekommen“ so<br />
Lappoehn. Dass dies nicht ein einseitiges<br />
Wunschdenken ist unterstreicht auch<br />
Scheel: „Bei solchen Aktionen können<br />
wir jede helfende Hand gebrauchen. Gerade<br />
dann, beim ersten wirklichen Kontakt<br />
mit der Umwelt, kann man Jugendliche<br />
für den Naturschutz gewinnen“.
Zehn Tage lang dauerte der Aufenthalt<br />
und alle Mitwirkenden sind mehr als<br />
begeistert. „Das war wirklich klasse, da<br />
kommt man gerne wieder“ resümiert<br />
etwa Anna (15) die zum ersten Mal mitgefahren<br />
ist. Und auch Michael Herschlein,<br />
der als Elternteil Betreueraufgaben<br />
wahrnahm, berichtet: „Die Jugendlichen<br />
waren alle topp motiviert und engagiert.<br />
Bei so einer Motivation der Schüler<br />
macht die Aufgabe als Betreuer doppelt<br />
soviel Spaß“. Scheel berichtet, dass die<br />
AG „ein unheimliches Vertrauen auf der<br />
Insel genossen“ hat. „ Auch letztes Jahr<br />
haben wir schon gemerkt, dass man hier<br />
gut aufgenommen wird und jetzt hat<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
es sich erneut bestätigt – das ist toll!“.<br />
Wenn die AG im nächsten Jahr wieder<br />
ein Naturschutzcamp veranstalten will,<br />
wird Scheel auch diesmal wieder einen<br />
Teil seines Urlaubes opfern. „Das ist für<br />
mich selbstverständlich. Schauen Sie<br />
sich diese Jugendlichen, diese Gruppe<br />
an. Das macht einen stark, das macht<br />
einem Mut und Ho�nung. Ich bin unheimlich<br />
stolz auf diesen Nachwuchs<br />
und ich tue alles dafür, dass dieser weiterhin<br />
so gut gefördert wird.“<br />
Ob es allerdings im nächsten Jahr wieder<br />
auf Sylt geht steht noch nicht fest,<br />
wobei Scheel und Jaroschek Sylt forcieren.<br />
„Denn hier sieht man: Man wird<br />
gebraucht, man darf mit anpacken und<br />
verändern.“<br />
Pressemeldung Stephan Jaroschek der<br />
AG-Natur<br />
Fotos (3): Sebastian Krüger<br />
15
16<br />
Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
Glosse – Kenntnisreiche und tierliebende<br />
Behördenmitarbeiter<br />
Es war einmal im vorigen Jahrtausend, da gab es einen Kanal unweit des altehrwürdigen Klosters zu<br />
Gravenhorst, der sollte für große Dampfer in der Breite und Tiefe weiter ausgedehnt werden.<br />
Wegen vieler im Boden verborgen lauernder<br />
Mordwa�en aus dem vergangenen<br />
Weltkriege entschloss man sich,<br />
lieber einen neuen Kanal zu bauen,<br />
der diese gefährliche Strecke umgehen<br />
sollte, als den alten zu vergrößern.<br />
Eine nahe gelegene Sandgrube mit einer<br />
in jedem Lenze von zwitschernden<br />
Uferschwalben zahlreich bewohnten<br />
Steilwand wurde zur Lagerstätte für<br />
den ausgegrabenen Boden des neuen<br />
Kanalbettes ausgewählet, wodurch der<br />
wunderschöne Brutplatz leider zugeschüttet<br />
ward. Zum Glücke geschah diese<br />
Untat erst nach der Erntezeit, so dass<br />
keine jungen Vögelein lebendig begraben<br />
wurden.<br />
Angesichts dieses schmerzlichen Verlustes<br />
der früher immer wieder so herrlich<br />
belebten Wand bat nun die Arbeitsgemeinschaft<br />
für den Schutz der Natur des<br />
Tecklenburger Landes die „Wasser- und<br />
Schi�ahrtsverwaltung des Bundes –<br />
Wasser- und Schi�ahrtsdirektion Mitte“<br />
(Es war in einer Zeit, als man Schi�fahrt<br />
noch mit nur zwei „f“ schrieb.), eine<br />
neue Uferschwalbenwand auf dem als<br />
Fläche zum Ausgleiche der Naturzerstörung<br />
(So etwas gab es damals auch<br />
schon!) auserwählten Gebiete zwischen<br />
dem alten und neuen Kanalbette zu errichten.<br />
Pläne zur Herstellung einer solchen<br />
Wand, herausgegeben vom DBV<br />
(Uralte Leser werden sich vielleicht erinnern:<br />
Das war der „Deutsche Bund für<br />
Vogelschutz“ – heute nennet sich diese<br />
Vereinigung naturliebender Menschen<br />
„NABU“.), waren behufs einer sorgfältigen<br />
Beachtung zu der Stellungnahme<br />
aus dem Altweibersommer des glückli-<br />
cherweise letzten Jahres<br />
der Zerrissenheit unseres<br />
geliebten Vaterlandes<br />
beigefüget worden.<br />
Und – oh Wunder – nur<br />
zwei oder drei Jahre später<br />
stand wirklich und<br />
wahrhaftig eine genau<br />
lotrechte Wand aus gelbem<br />
Sande, auf seiner<br />
oberen Fläche von zartem<br />
Grase bewachsen,<br />
neben einem eigens für<br />
die lieben Vögelchen<br />
ausgehobenen �achen und großen Teiche.<br />
Sie war höher, als ein selbst großer<br />
Mann greifen kann und erstreckte sich<br />
wohl ein ganzes Dutzend Schritte in die<br />
Breite. Im beigefügten Bilde ist sie in ihrem<br />
heutigen Zustande zu sehen.<br />
In den ersten drei Lenzen nach ihrer<br />
Erstellung schaute der Urheber dieser<br />
Zeilen mehrfach von der in wenig mehr<br />
als hundert Schritte Entfernung vorbeiführenden<br />
Straße zu dieser Wand. Aber<br />
niemals konnte er die zierlichen braunen<br />
Schwalben zu Gesicht oder zu Gehör<br />
bekommen.<br />
Und so geriet denn<br />
dieses herrliche Gebild<br />
von Menschenhand<br />
in Vergessenheit.<br />
An einem der vielen<br />
sonnigen Oktobertage<br />
des soeben zu<br />
Ende gegangenen<br />
Jahres suchte nun der<br />
Schreiber dieser Zeilen einmal wieder –<br />
mehr von Wehmut als von Neugierde<br />
getrieben – die Wand von der Straße<br />
aus zu erblicken. Aber manche in den<br />
vielen Jahren hoch gewachsenen Büsche<br />
und Bäume verwehrten ihm den<br />
Einblick. Erst nach einem langen, beschwerlichen<br />
Gange durch Gestrüppe<br />
und hohes Gras entdeckte er die Wand<br />
wieder. Zu seiner unbeschreiblichen<br />
Freude stand sie noch immer trutzig da,<br />
genau lotrecht in alter Höhe und Breite<br />
und – seltsamerweise – anscheinend<br />
immer noch unversehret. Als er näher<br />
herantrat, erkannte er rundliche Flecken
von fuchsroter Farbe gleichmäßig in ihr<br />
verteilet, so wie man es auf dem Bilde<br />
anschauen kann.<br />
Als er wenig später die Wand auf nur<br />
Armeslänge vor sich hatte, erkannte er,<br />
welch großartige Baumeister sie hergestellt<br />
hatten. Es muss in der weiter oben<br />
genannten Direktion der Schi�fahrt<br />
einen in der Vogelkunde sehr bewanderten<br />
Menschen gegeben haben, der<br />
einen Blick in den Plan zur Herstellung<br />
der Wand für vollkommen über�üssig<br />
hielt. Er hatte o�enbar Kenntnis von der<br />
Eigenart der Uferschwalben, dass sie<br />
sich nämlich selbständig ihre Bruthöhlen<br />
graben. Fernerhin war diese – oder<br />
eine andere – Behördenperson derart<br />
tierfreundlich, dass sie befahl, beim Bau<br />
der Wand doch gleich<br />
fertige Brutröhren in<br />
dieselbe einzubauen,<br />
damit die armen kleinen<br />
Vögelein nicht<br />
gar so viel Arbeit hätten<br />
und mehr freie<br />
Zeit zum freudigen<br />
Zwitschern und lustigen<br />
Umher�iegen<br />
behielten.<br />
Man kann diese von<br />
Menschenhand in mühsamer Arbeit<br />
hergestellten Höhlen auf den Bildern<br />
deutlich erkennen. Es mag nun sein,<br />
dass die lieblichen Schwalben in jedem<br />
Lenze nach ihrer Rückkehr aus dem<br />
fernen Afrika ihre Brutstätte immer nur<br />
an der alten Stelle gesuchet und die<br />
schöne neue, lediglich zwei oder drei<br />
Meilen entfernte Wand nie gefunden<br />
hatten. Wahrscheinlicher aber ist wohl,<br />
dass die Röhren in ihrer geometrischen<br />
Exaktheit dem Instinkte der Vögelchen<br />
vollständig zuwider waren. Die klugen<br />
Vogeleltern bauen nämlich ihre Brutröhre<br />
so, dass sie am Eingange zunächst<br />
etwas ansteiget, damit kein Regenwasser<br />
hineinlaufe, und dann ein wenig<br />
abfällt, auf dass keines ihrer Kinderchen<br />
vorzeitig das Nest verlasse oder gar he-<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
rausfalle, und schließlich zu einer Höhle<br />
erweitert, so dass Eltern und Kinder genügend<br />
Platz haben. Dass die kleinen<br />
Vögelchen derart klug sind, konnte unser<br />
tierliebend bemühtes Behördenpersonal<br />
wohl nicht wissen, und man sollte<br />
ihm diese Unwissenheit nicht zur Last<br />
legen...<br />
Text und Fotos: Walter Witte<br />
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Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
Prächtige Stimmung im Erlebnis-Camp<br />
Einwöchiges Angebot der ANTL kommt bei den Kindern gut an / Spannende Spiele<br />
Ferienspaß in der Natur<br />
hatten 17 Jungen und Mädchen<br />
eine Woche lang im<br />
Naturerlebnis-Camp der<br />
ANTL. Mit den Betreuern der<br />
Jugendgruppe ANTL-Youth<br />
entdeckten sie ihre Umgebung.<br />
Die Zelte hatten die Abenteuerlustigen<br />
auf dem Gelände<br />
des Heimatvereins<br />
Settrup aufgeschlagen. Von<br />
dort aus unternahm die<br />
Gruppe Fahrradaus�üge ins<br />
Osnabrücker Land. In Bippen<br />
fuhren sie auf einem Regenrückhaltebecken<br />
Kanu.<br />
Mit spannenden Ballspielen<br />
lernten die jungen Kanuten<br />
spielerisch das Navigieren<br />
mit dem Paddel. Auch wenn<br />
dabei nicht alle Kinder trocken blieben,<br />
war die Begeisterung am Ende des Tages<br />
groß.<br />
Regelmäßige Regenschauer konnten<br />
die Stimmung im Ferienlager nicht<br />
dämpfen. Auf dem Lagerplatz boten ein<br />
Spielplatz, die metergroße Weltkugel der<br />
ANTL (Arbeitsgemeinschaft für Natur-<br />
schutz Tecklenburger Land) und ein<br />
Kubb-Spiel jede Menge Gelegenheit,<br />
Spaß zu haben. Lieblingsbeschäftigung<br />
vieler Kinder war ein kniehohes Schachspiel,<br />
das auf dem Gelände des Heimatvereins<br />
Settrup zu �nden ist.<br />
Abends versammelte sich die Gruppe<br />
am Lagefeuer, sang Lieder und hörte<br />
Gruselgeschichten. Im Laufe der Woche<br />
absolvierte die Gruppe den Wasserlehrpfad<br />
in Bippen, wurde vom Nachtwächter<br />
durch das abendliche Fürstenau ge-<br />
Auf einem Regenrückhaltebecken lernten die Mädchen und Jungen das Kanu fahren.<br />
führt, planschte im Freibad Freren und<br />
schlich durch den Wald, um unentdeckt<br />
einen Spielkamerad mit verbundenen<br />
Augen zu erreichen. Als am letzten Tag<br />
die Eltern zum Ka�eetrinken im Lager<br />
ankamen, blickten alle auf eine erlebnisreiche<br />
Zeit zurück.<br />
WN vom 07.09.2011
Umweltbildung –<br />
An der Sägemühle ist viel los<br />
2011 lockte das abwechslungsreicheUmweltbildungsangebot<br />
viele Besucher<br />
zur Sägemühle. Dabei<br />
gab es für Groß und Klein<br />
so manches zu entdecken.<br />
Kleine „Indianer“ erkundeten<br />
bei einer Geburtstagsfeier<br />
das Gelände rund um<br />
die Sägemühle. Auf leisen<br />
Sohlen schleichend und mit<br />
Augen wie ein Adler konnten<br />
die Kinder angenagte<br />
Zapfen, Tierspuren im feuchten<br />
Boden und alte Tierbauten<br />
entdecken. Selbst ein<br />
kleiner Molch im Unterholz<br />
blieb den Kindern nicht verborgen.<br />
Nach einer erfolgreichen<br />
Bü�eljagd und einer<br />
Stärkung im Indianerlager<br />
war es Zeit nach Hause zu<br />
fahren – So macht Geburtstagfeiern<br />
Spaß!<br />
Wildkräuter sammeln und<br />
selbst verarbeiten, es ist<br />
kaum zu glauben welche Leckereien<br />
die Wiese und Wald<br />
nahe der Sägemühle für uns<br />
bereit halten. Selbst das Pausenbrot schmeckt gleich viel<br />
besser, wenn es mit selbst zubereiteter Kräuterbutter verfeinert<br />
wird. So eine kleine Stärkung zwischendurch ist immer<br />
gut. Mit viel Energie erforschten Schulklassen das Leben im<br />
Mühlenbach. Selbst vollgelaufene Gummistiefel konnten<br />
die Bachforscher nicht abhalten mit großer Begeisterung<br />
nach Bach�ohkrebsen und Co. zu Keschern.<br />
Ob Geburtstag feiern oder als Naturforscher Wiese, Wald<br />
und Wasser zu erkunden, es gibt immer viel zu entdecken.<br />
Ebenso auf einer naturkundlichen Wanderung durch die<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
Das ganze Jahr über �nden zahlreichen Veranstaltungen an der Sägemühle statt; Kindergeburtstage,<br />
Schulklassen, Kindergruppen und naturkundliche Führungen.<br />
Wilde Indianer unterwegs –<br />
Geburtstagsfeier im Rahmen einer WTL-Verlosung gewonnen<br />
Foto: Ulla Wolanewitz , Quelle: WN Lengerich<br />
Talaue Haus Marck. Verschiedenste Farben, Gerüche und<br />
Geräusche regen die Sinne an.<br />
Auch in diesem Jahr möchten wir mit unseren abwechslungsreichen<br />
Angeboten alle Besucher einladen schöne und<br />
spannende Stunden an der Sägemühle zu verbringen. Informationen<br />
zu allen Angeboten �nden sie in den Flyern auf<br />
unserer Homepage unter www.antl-ev.de – Umweltbildung.<br />
Kirsten Kottmann<br />
19
20<br />
Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
Naturschutzgruppe Westerkappeln stellt<br />
sich und ihre Arbeit vor<br />
Die 1982 gegründete Naturschutzgruppe ist keine reine ANTL-Ortsgruppe, sondern auch ein fester Bestandteil im<br />
Kultur- und Heimatverein Westerkappeln, der die Gruppe ideell und �nanziell unterstützt.<br />
In dem knapp 86 qkm großen Gemeindegebiet<br />
von Westerkappeln führt die zurzeit<br />
zehnköp�ge Gruppe, bestehend aus 2<br />
Frauen und 8 Männern im Alter von 40 – 64<br />
Jahren, verschiedene Naturschutzarbeiten<br />
durch. Leider können aus beru�ichen und/<br />
oder privaten Gründen an den Arbeitseinsätzen<br />
meistens „nur“ 4 – 6 Mitglieder teilnehmen.<br />
Neben den monatlichen Tre�en, die immer<br />
am letzten Dienstag im Monat statt�nden,<br />
werden auch etliche Arbeitseinsätze<br />
durchgeführt. Im Gegensatz zu den Frühjahrs-<br />
und Sommermonaten, in denen<br />
hauptsächlich beobachtet und kartiert<br />
wird, ist die Zeit von Oktober bis Februar<br />
etwas weniger geruhsam. Hier eine kurze<br />
Zusammenfassung der in 2011 erfolgten<br />
wichtigsten Tätigkeiten in Sachen aktiver<br />
Freizeitgestaltung:<br />
Januar – Februar: In der Bauernschaft Metten<br />
werden 47 Kopfweiden geschneitelt<br />
und 3 Stecklinge als Lückenschluss<br />
gep�anzt. Mit 9 Stecklingen wird in der<br />
Bauernschaft Sennlich eine lückige Kopfweidenreihe<br />
komplettiert.<br />
Februar: Für die EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />
werden die Fließgewässer Hauptgraben,<br />
Düsterdieker Aa, Seester Bruchgraben,<br />
Mettinger Aa, Stollenbach, Hischebach<br />
und Düte kartiert und Verbesserungsvorschläge<br />
erarbeitet.<br />
Mai: Wie in jedem Jahr, wird nach Abschluss<br />
der Winterarbeiten ein „Gemütlicher“ mit<br />
Kind und Kegel gemacht. In familiärer<br />
Atmosphäre und bei idealem Radfahrwetter<br />
erkunden 11 Erwachsene und 3<br />
Kinder die Rieselfelder Münster. Der Tag<br />
klingt mit einer gemütlichen Grillfete irgendwann<br />
in der Nacht aus.<br />
Juni: In der 2003 angelegten 80 m langen<br />
Wallhecke beim Traktorenmuseum wird<br />
unerwünschter Aufwuchs gemäht und<br />
der erste Rückschnitt von Gehölzen getätigt.<br />
Juli: Im Rahmen der Ferienfreizeit wird mit<br />
8 Kindern eine von der ANTL gepachtete<br />
und gemähte Wiese abgeräumt, die Flora<br />
und Fauna in der Wiese und der nahen<br />
Umgebung erkundet, ein fast ganz im<br />
Boden versunkener Steinhaufen wird<br />
für Amphibien und Libellen neu aufgeschichtet.<br />
Ende September - Ende Oktober: Um die<br />
Überwaldung und Verbuschung wertvoller<br />
feuchter O�enlandbereiche langfristig<br />
einzudämmen, werden an 26 Tagen<br />
in 320 Stunden die ehem. Sandgrube<br />
Moorkamp und der ehem. Buntsandstein-Steinbruch<br />
im Schachsel komplett<br />
entkusselt. Tatkräftige Unterstützung bekommen<br />
wir von zwei Personen, die nicht<br />
der Naturschutzgruppe angehören.<br />
Dabei wird eine unliebsame Erfahrung<br />
mit dem „Drüsigen Springkraut (Impatiens<br />
glandulifera)“ gemacht. Beim entfernen<br />
der P�anzen kommt es durch Hautkontakt<br />
zu allergischen Reaktionen, die<br />
sich über zwei Wochen durch Pustelbildung<br />
mit starken Juckreiz und Brennen<br />
bemerkbar machen.<br />
Erstaunen löst ein kleines gelb-schwarzweißes<br />
haariges Wesen mit roter Antenne<br />
aus. Das unbekannte Objekt wird zufällig<br />
2 Tage später durch einen Artikel in den<br />
Westfälischen Nachrichten als Raupe<br />
vom „Streckfuß (Calliteara pudibunda)“,<br />
ein Nachtfalter, identi�ziert.<br />
November: Um die von der ANTL mit den<br />
Wasserunterhaltungsverbänden Mettinger<br />
A und Düte geschlossenen Verträ-<br />
ge zu erfüllen, wird auf einer Länge von<br />
insgesamt 470 Meter in Velpe und in den<br />
Bauernschaften Westerbeck und Sennlich<br />
die Grabenp�ege durchgeführt.<br />
In den Bauernschaften Seeste und Westerbeck<br />
werden insgesamt 21 Kopfweiden<br />
geschneitelt und dabei der Gänse-<br />
und Kranichzug bewundert.<br />
Dezember: Die Wallhecke beim Traktorenmuseum<br />
wird z. T. auf Stock gesetzt und<br />
in der Bauernschaft Sennlich werden 7<br />
Kopfweiden geschneitelt. Tradition hat<br />
zwischen Weihnachten und Neujahr ein<br />
„stiller Einsatz“. Mit Handsäge, Astschere<br />
und Wiedehopfhaue wird ein Großteil<br />
des Jungaufwuchses in der ehemaligen<br />
Sandabgrabung Bramegge entfernt, die<br />
im September 2010 komplett entkusselte<br />
wurde.<br />
Außerdem fanden 3 naturkundliche Rad-<br />
Exkursionen durch das nördliche Westerkappeln<br />
statt. Einige Stunden Arbeitszeit<br />
wurden auch im Recker Moor verbracht.<br />
Interessierte sind jederzeit willkommen.<br />
Es besteht kein Zwang oder sonstige Verp�ichtung,<br />
an den Tre�en oder Arbeitseinsätzen<br />
teilzunehmen. Angst vor den<br />
„Ökofreaks“ wegen mangelnder Tier- und<br />
P�anzenkenntnisse braucht niemand zu<br />
haben. Nicht alle Mitglieder sind von Anfang<br />
an dabei und auch „alte Hasen“ werden<br />
manchmal überrascht (siehe Drüsiges<br />
Springkraut und Streckfuß) und müssen<br />
sich dann erst einmal informieren.<br />
Wolfgang Kuhnt<br />
Auskunft über Termine bzw. Arbeitseinsätze:<br />
Wolfgang Kuhnt, Tel. 05404/5541<br />
Uwe Lutterbey, Tel. 05404/6196<br />
Friedhelm Wilbrand, Tel. 05404/887-125<br />
oder 05404/72297
Um den Naturschutz ...<br />
Besichtigen, beobachten, hinzulernen, helfen.<br />
Wenn man über Alfred Loevenich und<br />
seine Arbeit für den Naturschutz schreibt,<br />
schreibt man automatisch auch über Helga<br />
Loevenich, die Frau an seiner Seite.<br />
Ihre Goldene Hochzeit haben die beiden<br />
schon gefeiert und während ihrer langen<br />
Ehe alles gemeinsam angefasst, auch den<br />
Naturschutz.<br />
Während sich Helga Loevenich in jungen<br />
Jahren hauptsächlich für Ornithologie<br />
interessierte, beschäftigte sich Alfred im<br />
Elternhaus mit Zier�schen, Kaninchen<br />
und Tauben, die er p�egte und versorgte.<br />
Nicht lange, nachdem er im Goethe-<br />
Gymnasium in Ibbenbüren (damals Rektoratschule<br />
an der Roggenkampstraße)<br />
aufgenommen war, gründete er dort mit<br />
anderen Schülern am 23.02.1952 eine<br />
Naturschutz AG. Unter der fachkundigen<br />
Leitung des Biologielehrers Dr. Knoblauch<br />
traf man sich jeden Samstag nach der<br />
Schule und unternahm Exkursionen in die<br />
Natur. Die Schüler gründeten eine Zeitschrift<br />
unter dem Namen „Naturfreunde<br />
unter sich“ und Alfred verfasste seine ersten<br />
Artikel. Text und Skizzen wurden damals<br />
von ihm mühselig auf einer mechanischen<br />
Schreibmaschine und per Hand<br />
auf Matrizen übertragen, wobei jeder<br />
Fehler mit Rasierklinge auf der Rückseite<br />
der Matrize entfernt werden musste. Die<br />
Vervielfältigung erfolgte im Handabzugsverfahren.<br />
Schon mit der sechsten Nummer<br />
der vierteljährlich erscheinenden<br />
Zeitschrift war die Abonnentenzahl Ende<br />
1953 auf 280 gestiegen und man zahlte<br />
15 Pfennige für eine Ausgabe in einer Zeit,<br />
in der die Bildzeitung 10 Pfennige und ein<br />
Brötchen 5 Pfennige kostete. Wegen des<br />
o�ensichtlich großen Interesse an Berich-<br />
Helga und Alfred Loevenich<br />
2012 Heft 19 10. Jahrgang Mach mit!<br />
21
22<br />
Mach mit! 10. Jahrgang Heft 19 2012<br />
ten über Natur und Naturschutz bei den<br />
Schülern und um ein besseres Schriftbild<br />
sowie die Verö�entlichung von Fotos zu<br />
ermöglichen, wurde „Naturfreunde unter<br />
sich“ dann ab 1954 jahrelang als Anhang<br />
zur Schülerzeitschrift des Goethe-Gymnasiums<br />
„Der Wecker“ herausgegeben.<br />
Nach der Mittleren Reife machte Alfred<br />
eine Gärtnerlehre, bildete sich in Dortmund<br />
und Aachen als Staudengärtner<br />
und im GaLaBau fort und machte schließlich<br />
seinen Ing. Grad. im GaLaBau. Als solcher<br />
arbeitete er anschließend noch über<br />
zwei Jahre in einem Ausführungsbetrieb<br />
und einem Planungsbüro in Osnabrück.<br />
1958 heirateten Alfred und Helga Loevenich,<br />
und machten sich 1962 mit einer<br />
GaLaBau-Firma selbständig. Gleichzeitig<br />
war Alfred Loevenich 40 Jahre als Garten-<br />
und Landschaftsarchitekt für private<br />
und behördliche Auftraggeber sowie bei<br />
Wettbewerben tätig. 1968 erö�neten<br />
Loevenichs außerdem ein Gartencenter in<br />
Ibbenbüren, wobei sie erleben mussten,<br />
dass die Menschen sich darunter damals<br />
nichts Rechtes vorstellen konnten. Das<br />
„Center“ war mit der Zeit jedoch so erfolgreich,<br />
dass 1976 ein neues Geschäft an der<br />
Laggenbecker Straße gebaut wurde. Über<br />
vierzig Jahre arbeiteten Alfred und Helga<br />
gemeinsam in den Betrieben, wobei Helga<br />
nicht nur die gute Seele vom Ganzen<br />
war, sondern neben der Büroarbeit auch<br />
tatkräftig Maschinen und Ware mit ausfuhr,<br />
wenn Not am Mann war. In diesen 40<br />
Jahren der Selbständigkeit wurden über<br />
50 „Lehrlinge“ in verschiedensten Berufsfeldern<br />
erfolgreich ausgebildet.<br />
Nach ihrer endgültigen Zurruhesetzung<br />
im Jahre 2002 legte Alfred in der ANTL<br />
richtig los. Schon seit 1976 bis 1994 war<br />
er Mitglied im Beirat der Unteren Landschaftsbehörde<br />
des Kreises Steinfurt und<br />
somit mit Naturschutzproblemen konfrontiert.<br />
In seiner ruhigen, abwägenden<br />
Art hatte er nach seinem Eintritt in die<br />
ANTL (1999) zunächst mehr beobachtet<br />
und geprüft, wo er mit seinen Interessen<br />
und vielfältigen Fähigkeiten nützlich wer-<br />
den könnte. Da er als Unternehmer das<br />
selbständige Arbeiten gewohnt war, ergri�<br />
er Ende 2002 schließlich mit anderen<br />
(Manfred Lindenschmidt, Otto Kimmel<br />
und Wolfgang Berlemann) die Initiative<br />
und entwickelte die Vereinszeitschrift<br />
„Mach mit“, für die er auch Artikel verfasste<br />
wie über 50 Jahre früher für „Naturfreunde<br />
unter sich“. Mit Otto Kimmel rief er 2003<br />
auch die Seniorengruppe ins Leben, die<br />
bis heute getreu seinem Motto: „Besichtigen,<br />
beobachten, dazulernen und helfen“<br />
agiert. Seine intensiven Bemühungen um<br />
mehr Transparenz und Mitsprachemöglichkeit<br />
für die ehrenamtlichen Aktivisten<br />
im Verein mündeten 2005 in einem Antrag<br />
auf eine Satzungsänderung. Durch<br />
Mitgliederbeschluss ist seitdem ein Seniorensprecher<br />
als Vertreter dieser aktiven<br />
Teilgruppe der ANTL im Vorstand tätig.<br />
Bedingt durch seine zunehmende<br />
Schwerhörigkeit zog sich Alfred Loevenich<br />
zwar aus Gruppenaktivitäten (z.B.<br />
Übergabe der Leitung der Seniorengruppe<br />
und Redaktionsarbeit an „Mach mit!“<br />
an Bernhard Kalfhues 2008) mehr und<br />
mehr zurück, keineswegs aber aus der Naturschutzarbeit.<br />
Seit 2003 machte er die Arbeit am Markenweg<br />
am Brookfeld in Ibbenbüren zu<br />
seiner Herzensangelegenheit. Mit viel Liebe<br />
zum Detail wurde der „Natur- Lehr- und<br />
Beobachtungspfad“ mit 14 Lehrtafeln,<br />
drei Bänken, einer Brücke, 20 Vogelnistkästen,<br />
einem großen Insektenhotel und<br />
dem Baumscheibe eines alten Eichenstammes<br />
mit Erklärungen unter ehrenamtlicher<br />
Mitwirkung vieler aktiver Naturschützer<br />
aus der ANTL-Seniorengruppe<br />
ausgestattet. Die Materialbescha�ung<br />
wurde durch �nanzielle Förderung der lokalen<br />
Agenda 21 Ibbenbüren sowie durch<br />
Preisgelder der Stadt Ibbenbüren und der<br />
RWE ermöglicht. Der Weg konnte dann im<br />
Beisein von Bürgermeister Steingröver am<br />
30.04.2009 eingeweiht werden.<br />
Trotz der liebevollen „Übersetzungsarbeit“<br />
von Helga wurde es zunehmend<br />
schwierig für Alfred in Gremien oder<br />
Gruppen mitzuarbeiten, aber er nutzt<br />
weiterhin seine Stärke, selbständig arbeiten<br />
zu können. So gestaltet er regelmäßig<br />
mit Helgas Hilfe die Schaukästen am Markenweg,<br />
über den er auch einen Flyer und<br />
eine Broschüre entwickelt hat.<br />
Auf seinem Schreibtisch im Büro liegen<br />
die Unterlagen für sein neuestes Projekt:<br />
Er hat die Ibbenbürener Aa fachkundig inspiziert<br />
und unzählige Fotos gemacht, um<br />
nun detailliert Renaturierungssvorschläge<br />
machen zu können. Es ist zu ho�en, dass<br />
diese Arbeit gewürdigt und von den verantwortlichen<br />
Stellen als Arbeitsgrundlange<br />
genutzt wird. Auch dem Ergebnis<br />
seiner zweiten Schwerpunktaktivität, der<br />
Naturfotogra�e ist Nutzung und Verbreitung<br />
zu wünschen: Seine Sammlung von<br />
hervorragenden Fotos der heimischen<br />
Flora und Fauna sortiert und bearbeitet er<br />
gerade im Computer und in Alben. (Kontakt:<br />
alfred.loevenich@ t-online.de)