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Büring, Kapitel 11: Ausnahmeanaphern - Sprachwissenschaftliches ...

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Ruhr-Universität Bochum Verfasser: Neil Hickey, Oliver Smitkowski<br />

<strong>Sprachwissenschaftliches</strong> Institut WS 2006/2007<br />

Proseminar Bindungstheorie<br />

Dozentin: Katarina Klein 25.01.2007<br />

<strong>Büring</strong>, <strong>Kapitel</strong> <strong>11</strong>: <strong>Ausnahmeanaphern</strong><br />

1. Einleitung<br />

In <strong>Kapitel</strong> <strong>11</strong> wird ein spezieller Typ von Reflexivkonstruktionen eingeführt. Diese exempt anaphora<br />

('<strong>Ausnahmeanaphern</strong>'; wörtl. 'befreite Anaphern') stellen eine Ausnahme zu Bindungsprinzip A dar. Ihr<br />

Kennzeichen: Sie können ohne lokalen Antezedens auftreten. Ausnahmeanapher zu sein oder nicht ist<br />

allerdings keine dem Pronomen inhärente Eigenschaft; entscheidend ist vielmehr die Umgebung.<br />

2. Komplementäre vs. nicht-komplementäre Verteilung: Standard Binding Theory<br />

(<strong>11</strong>.1) Max critized himself/ *him.<br />

(<strong>11</strong>.3) Max keeps a gun near himself/ him.<br />

(<strong>11</strong>.1) ist ein Beispiel für komplementäre Verteilung: Das Reflexivpronomen ist obligatorisch. In (<strong>11</strong>.3)<br />

dagegen können beide Typen von Pronomen verwendet werden. Früher wurde für solche Fälle<br />

angenommen, dass die Domäne für Nicht-Reflexiva kleiner als die Domäne für Reflexiva ist. <strong>Büring</strong><br />

bezeichnet eine solche Analyse als standard binding theory (Chomsky 1981, 1986). Er stellt in <strong>Kapitel</strong><br />

<strong>11</strong> eine alternative Analyse vor; die bisher angenommenen Bindungsprinzipien und -domänen werden<br />

aber nicht revidiert.<br />

3. Komplementäre vs. nicht-komplementäre Verteilung: Alternative Bindungsbedingung A<br />

Pollard und Sag (1992) nehmen dagegen an, dass zwischen zwei Typen von Reflexivkonstruktionen<br />

unterschieden werden muss. In Anlehnung an ihre Arbeit formuliert <strong>Büring</strong> ein mögliches<br />

Bindungsprinzip A:<br />

(<strong>11</strong>.5) Bindungsprinzip A nach P&S:<br />

Ein Reflexivum/ Reziprokum muss von einem weniger obliquen Koargument gebunden<br />

werden, falls ein solches vorhanden ist.<br />

(Das bedeutet: <strong>Ausnahmeanaphern</strong> sind nicht einfach Reflexiva, für die gelockerte Bindungsbedingungen<br />

gelten. Entscheidend ist vielmehr: Wo reflexive und nicht-reflexive Pronomen in nichtkomplementärer<br />

Verteilung, stehen müssen Reflexiva/ Reziproka nicht strukturell gebunden sein.)<br />

(<strong>11</strong>.6) Exempt Anaphor Condition:<br />

Ein Reflexivum/ Reziprokum, das kein weniger abhängiges Koargument hat, muss einen<br />

designated participant denotieren.<br />

4. <strong>Ausnahmeanaphern</strong><br />

Bestimmte Positionen für Pronomen werden als exempt positions bezeichnet, andere als regular<br />

positions. Entsprechend wird zwischen <strong>Ausnahmeanaphern</strong> und regulären Anaphern unterschieden.<br />

Ausnahmepositionen können in drei Fällen auftreten:<br />

– Das höhere Koargument des Prädikats wird nicht realisiert (a picture of herself/ her) realisiert != overt<br />

– Adjunkt-PPs: Das Prädikat hat nur ein Argument (near, apart from)<br />

– Das Pronomen ist nur Teil eines Arguments (... the queen invited Lucie and himself/ him)<br />

In (<strong>11</strong>.1) steht das Pronomen in einer regulären Position, denn es ist das niedrigere Argument des<br />

transitiven Prädikats criticize. Das Prädikat in (<strong>11</strong>.3) ist near. Es hat nur ein Argument, nämlich das<br />

Pronomen selber. Das Pronomen steht daher in einer Ausnahmeposition.


5. <strong>Ausnahmeanaphern</strong> sind nicht struktuerell definiert<br />

Es gibt kein strukturelles Bindungsprinzip für <strong>Ausnahmeanaphern</strong>.<br />

(<strong>11</strong>.7) John was furios. The picture of himself in the museum had been mutilated.<br />

(<strong>11</strong>.8) Mary tried to attract a man like *?himself/ him.<br />

An die Stelle struktureller Bindung treten bei <strong>Ausnahmeanaphern</strong> eine Reihe von Bedingungen, durch<br />

welche die notwendigen Eigenschaften des in (<strong>11</strong>.6) verwendeten designated participants festgelegt<br />

werden:<br />

(<strong>11</strong>.9.) a. <strong>Ausnahmeanaphern</strong> in der ersten und zweiten Person brauchen keinen sprachlichen<br />

Antezedens (Sprecher und Hörer sind also stets designated participants).<br />

b. <strong>Ausnahmeanaphern</strong> in der dritten Person brauchen einen Antezedens (niemand sonst<br />

ist also automatisch designated participant).<br />

Dadurch werden Sätze wie (<strong>11</strong>.10) und (<strong>11</strong>.<strong>11</strong>) lizensiert:<br />

(<strong>11</strong>.10) Physicists like yourself are godsend.<br />

(<strong>11</strong>.<strong>11</strong>) It angered him that she tried to attract a man like himself.<br />

(<strong>11</strong>.<strong>11</strong>) ähnelt dem ungrammatischen Satz (<strong>11</strong>.8)., entspricht jedoch der Forderung nach einem<br />

Antezedens für Ausnahmeanphern in der dritten Person.<br />

6. Weitere Beschränkungen für <strong>Ausnahmeanaphern</strong><br />

Intervention: <strong>Ausnahmeanaphern</strong> nehmen immer den nächsten plausiblen Antezedens<br />

(<strong>11</strong>.14) Bill remembered that Tom saw a picture of himselfT/*?B in the post office.<br />

(<strong>11</strong>.15) Bill finally realized that if The Times was going to print that picture of himselfB/*TT, there ...<br />

Da The Times in (<strong>11</strong>.15) unbelebt ist, kann diese NP nicht als plausibler Antezedens gelten.<br />

Perspective: <strong>Ausnahmeanaphern</strong> können als Antezedens nur das Individuum nehmen, aus dessen<br />

Perspektive der Text verfasst ist.<br />

7. Diagnose des Charakters einer Position<br />

Es könnte neben den unter (3) genannten noch weitere Eigenschaften geben, die eine Position zur<br />

Ausnahmeposition machen. Daher beschreibt <strong>Büring</strong> noch ein Diagnoseverfahren:<br />

(<strong>11</strong>.13) Diagnoseverfahren für Ausnahme-/ Komplementärpositionen<br />

a. Ein lokal freies Reflexivum/ Reziprokum kann in α stehen<br />

→ α ist eine Ausnahmeposition [Bsp.: (<strong>11</strong>.<strong>11</strong>)]<br />

b. Ein lokal freies Reflexivum/ Reziprokum darf nicht in α stehen, und die Bedingungen<br />

für <strong>Ausnahmeanaphern</strong> sind erfüllt → α ist eine Komplementärposition [Bsp.: (<strong>11</strong>.12)]<br />

c. Ein lokal freies Reflexivum/ Reziprokum darf nicht in α stehen, und die Bedingungen<br />

für <strong>Ausnahmeanaphern</strong> sind nicht erfüllt → α kann weder als Ausnahme- noch als<br />

Komplementärposition identifiziert werden [Bsp.: 'Peter liebt sie']<br />

Literatur: <strong>Büring</strong>, Daniel (2005): Binding Theory. Cambridge: Cambridge University Press. <strong>Kapitel</strong> <strong>11</strong>.

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