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Download Ausgabe 04/2009 - Deutscher Verband für Fotografie

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Seite 14 DVF-journal 4/<strong>2009</strong><br />

Einige von Ihnen, liebe Leser, werden die<br />

Metapher, die in der Überschrift steckt,<br />

eventuell <strong>für</strong> etwas übertrieben halten. Zugegeben,<br />

dennoch ist ein grundsätzliches<br />

Umdenken im gesamten Jurierungswesen<br />

dringend erforderlich.<br />

Es gibt wohl kaum einen Bereich in der<br />

Amateurfotografie, namentlich natürlich<br />

in der Wettbewerbsfotografie, der so umstritten<br />

ist und gleichzeitig so dilettantisch<br />

gehandhabt wird.<br />

Ich möchte im Folgenden einmal einige<br />

Gesichtspunkte aufzeigen, die im bisherigen<br />

Jurierungswesen zu großen Problemen<br />

führen.<br />

Bewertungskriterien<br />

Eines der größten Probleme ist das Fehlen<br />

einheitlicher Bewertungskriterien.<br />

In der Vergangenheit ist man häufig folgendermaßen<br />

verfahren: Man nehme möglichst<br />

unterschiedliche „Juroren“ und hofft<br />

in der Summe der Unterschiede ein objektives<br />

Ergebnis zu bekommen - dies womöglich<br />

noch kombiniert mit einer anonymen<br />

Punktwertung, bei der kein Juror weiß, was<br />

der andere macht.<br />

Welch ein Unsinn!<br />

Es ist also dringend erforderlich, verbindliche<br />

Bewertungskriterien zu schaffen, nach<br />

denen Bilder beurteilt werden - natürlich<br />

meine ich damit nicht die berühmte Dreiteilung<br />

in Technik - Gestaltung – Inhalt, die ja<br />

schon vor dreißig Jahren aufgebracht wurde.<br />

Das kann allenfalls ein grobes Orientierungsraster<br />

sein.<br />

Natürlich sollten diese Regeln auch nicht<br />

völlig von dem abweichen, was in den Vereinen<br />

und Verbänden vermittelt wird. Man<br />

kann ja auch schlecht in einer Schulklasse<br />

jahrelang Integralrechnung pauken und<br />

dann im Abi Geometrie abfragen.<br />

Nun auch gleich zu dem Argument, das<br />

ich immer wieder höre, <strong>Fotografie</strong> sei Kunst<br />

und höchst subjektiv und damit nicht zu bewerten.<br />

Kunst ist subjektiv, aber nicht beliebig!<br />

Ansonsten gäbe es keine Bewerbungs-<br />

Kritik der reinen Jury<br />

Gedanken zu Juroren, Systemen und Kompetenzen<br />

mappen <strong>für</strong> Fotoschulen, keine Prüfungen<br />

an Kunsthochschulen, keine Diplomarbeiten<br />

in <strong>Fotografie</strong> etc.<br />

Auswahl und Kompetenz<br />

der Juroren<br />

Was in dieser Hinsicht in den letzten Jahren<br />

passiert ist, kann man nur als absolute Katastrophe<br />

bezeichnen! Meiner Meinung nach<br />

gibt es keinen anderen Bereich, in dem die<br />

Kompetenz der Beurteiler oft so weit unter<br />

der der zu Beurteilenden liegt.<br />

Für die Auswahl der Juroren sind die Veranstalter<br />

verantwortlich und die handhaben<br />

dieses Thema oft sehr fahrlässig.<br />

Sie wissen oft schon welche Häppchen sie<br />

bei der Eröffnung servieren, bevor ihnen<br />

einfällt, »ach, wir brauchen ja auch noch<br />

eine Jury«.<br />

Und dann wird natürlich auch an den Spesen<br />

gespart und möglichst jemand genommen<br />

der in der Nähe wohnt. Man hat oft<br />

den Eindruck, dass es dann ausreicht, wenn<br />

derjenige das Wort »Photographie« einigermaßen<br />

schreiben kann...<br />

Ein bekannter deutscher Veranstalter hatte<br />

bei seinem letzten Salon einen Grafiker<br />

als Juror eingeladen, der bei seinem Debüt<br />

absolut versagt hat. Auf meine Frage, warum<br />

denn nicht stattdessen ein erfahrener<br />

DVFler eingeladen wurde, kam die groteske<br />

Antwort: »… nicht im eigenen Saft schwimmen<br />

zu wollen…«.<br />

Also, das ist etwa so, als ob bei einem deutschen<br />

Gericht ein islamischer Rechtsgelehrter<br />

der Kammer hinzugefügt wird, der nach<br />

den Regeln der Scharia urteilt, gewissermaßen<br />

um mehr Abwechslung in die Urteilsfindung<br />

zu bringen.<br />

Es ist schon erstaunlich, wie oft auch bei<br />

hochrangigen Wettbewerben Debütanten<br />

ohne jegliche Jurierungserfahrung eingeladen<br />

werden. Diese Leute mögen in ihren<br />

Tätigkeitsschwerpunkten hervorragende<br />

Leute sein - aber wieso gute Juroren bei einem<br />

DVF-Wettbewerb?<br />

Jurierungsverfahren<br />

Man fragt sich natürlich, warum ein so<br />

fehlerbehaftetes System so lange überleben<br />

konnte. Eine Hauptursache liegt sicherlich<br />

in den anonymen Punktsystemen. Da sitzen<br />

Leute, möglichst noch durch Trennwände separiert,<br />

und geben elektronisch ihre »Wertung«<br />

ein. Ich sehe es direkt bildlich vor mir,<br />

wie im fahlen Schein der Leuchtdiode so genannte<br />

»Juroren« in völliger Abgeschiedenheit<br />

ihren dunklen Gedanken nachhängen.<br />

Könnten Sie sich etwa vorstellen, dass eine<br />

renommierte Galerie auf diese Art und Weise<br />

eine Bildauswahl vornimmt?<br />

Ich halte das Punktsystem <strong>für</strong> absolut überholt.<br />

Moderner und praktikabler ist die Methode<br />

der Konzentrierung durch erste Auswahl,<br />

zweite Auswahl usw...<br />

Das Argument, dass die Teilnehmer ihren<br />

Leistungsstand durch die Punktesumme wissen<br />

wollen ist obsolet. Bei der Qualität der<br />

meisten Jurys erfahren sie ihn sowieso nicht,<br />

auch wird durch dieses numerische System<br />

eine Präzision in der Beurteilung vorgetäuscht,<br />

die nicht vorhanden ist.<br />

Außerdem kann man den Teilnehmern ja<br />

durchaus mitteilen, bis zu welcher Runde sie<br />

es geschafft haben.<br />

Was tun?<br />

1. Es muss ein radikales Umdenken über<br />

den Charakter einer Fotojury erfolgen.<br />

Bisher waren Jurierungen eher geprägt<br />

durch eine Summe von Einzelmeinungen,<br />

die häufig auf völlig unterschiedlichen Ausgangskriterien<br />

beruhten.<br />

Zukünftig sollte eine Jury eher wie ein Gutachterteam<br />

fungieren und gemeinsam zu einer<br />

Wertung kommen, die nach bestimmten<br />

Richtlinien erfolgt.<br />

Diese Richtlinien sollten natürlich laufend<br />

der aktuellen Entwicklung der Technik und<br />

Bildsprache angepasst werden.<br />

2. Die Kompetenz und Auswahl der<br />

Juroren muss verbessert werden<br />

In einer Sofortmaßnahme sollten mögliche<br />

Juroren im DVF erfasst werden. Dies kann in<br />

einem ersten Schritt durchaus nach Selbsteinschätzung<br />

ihrer Jurierungserfahrung erfolgen.<br />

( Erfahrung auf Kreisebene, Landesebene,<br />

Bundesebene, Internationale Salons)<br />

Das nur als Beispiel, natürlich könnte man<br />

auch Jurierungserfahrung bei Fotozeitschriften<br />

zurechnen usw...<br />

Jeder Veranstalter höherrangiger Wettbewerbe<br />

sollte keine Neulinge mehr als Juroren<br />

berufen.

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