portato - Stadt Düsseldorf
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Das vergessene Lied<br />
Rainer Templin<br />
„Innsbruck, ich muss Dich lassen“ ist<br />
ein Lied aus dem 15. Jahrhundert, von<br />
dem nicht eindeutig überliefert ist, wer die<br />
Melodie komponiert und wer den Text geschrieben<br />
hat. Eindeutig ist jedoch, dass<br />
Heinrich Isaac (ca. 1450–1517) zwei vierstimmige<br />
Sätze darüber komponiert hat:<br />
einen mit der Melodie im Diskant, also der<br />
Oberstimme, und einen mit der Melodie im<br />
Tenor.<br />
Heinrich Isaac wurde im April 1497 vom<br />
römisch-deutschen König und späteren<br />
Kaiser Maximilian I. (der oft auch als vermutlicher<br />
Textdichter des Liedes genannt<br />
wird) in Innsbruck zum Hofkomponisten<br />
ernannt. Mit einigen Zwischenspielen blieb<br />
er in dieser Position bis zur Zuerkennung<br />
seiner Altersrente im Jahr 1515.<br />
Die Melodie des Liedes wurde in späteren<br />
Jahren von verschiedenen Komponisten<br />
und Textdichtern aufgegriffen. So ist z. B.<br />
ab etwa 1576 die Textfassung „O Welt, ich<br />
muss dich lassen“ überliefert und auch Paul<br />
Gerhardts Text „Nun ruhen alle Wälder“<br />
(1647) ist auf diese Melodie gedichtet.<br />
Kaum bekannt ist, dass das berühmte Lied<br />
„Der Mond ist aufgegangen“, dessen Text<br />
(1778) von Matthias Claudius stammt und<br />
das heute meist auf die Melodie von Johann<br />
Abraham Peter Schulz gesungen wird, von<br />
Claudius ursprünglich zur Melodie von<br />
„Innsbruck, ich muss Dich lassen“ gedichtet<br />
wurde. Eine der bekanntesten Adaptionen<br />
der Melodie, mit einer sozusagen rhythmisch<br />
glattgebügelten Version (nämlich<br />
durchgehend gleichmäßige Viertel-, anstatt<br />
abwechselnd halbe, punktierte und Achtel-<br />
Noten wie im Original; siehe Notenbeispiel)<br />
stammt von Johann Sebastian Bach, der sie<br />
auf den Text „Ich bin’s, ich sollte büßen“<br />
Ein Lied, das es wert ist, nicht in Vergessenheit zu geraten:<br />
Innsbruck, ich muss Dich lassen<br />
Ruhig<br />
2. Groß´ Leid muss ich jetzt tragen,<br />
Dass ich allein tu klagen<br />
Dem liebsten Buhlen** mein.<br />
Ach Lieb, nun lass mich Armen<br />
Im Herzen dein erbarmen,<br />
Dass ich muss von dannen sein.<br />
sowohl in seiner Matthäus-Passion als auch<br />
später in seiner Kantate „In allen meinen<br />
Taten“ verwendet hat.<br />
3. Mein Trost ob allen Weiben!<br />
Dein tu ich ewig bleiben;<br />
Stet, treu der Ehren fromm.<br />
Nun muss dich Gott bewahren,<br />
In aller Tugend sparen,<br />
Bis dass ich wiederkomm.<br />
* Elend = Ausland<br />
** Buhlen = Liebsten<br />
Auf unserer Internetseite können Sie<br />
mit freundlicher Genehmigung des Carus Verlages<br />
und SWR2 eine wunderschöne Interpretation<br />
des Liedes von Franz Vitzthum anhören.<br />
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