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Ja 74,2% Nein 25,9% - Mehr Demokratie eV

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Aktion zum 60-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes<br />

im Mai 2009 vor dem Brandenburger Tor. Mit der<br />

Kampagne „Volksentscheid ins Grundgesetz“ zur<br />

Bundestagswahl 2009 forderten wir die Einführung<br />

von Volksabstimmungen auf Bundesebene.<br />

Foto: Percy Vogel<br />

DEMOKRATIE.<br />

MEHR ODER WENIGER.<br />

Text Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher von <strong>Mehr</strong> <strong>Demokratie</strong><br />

20 <strong>Ja</strong>hre haben sich die Züricher Arbeiter, Bauern und Handwerker<br />

das repräsentative Wahlsystem gefallen lassen, dann sind sie<br />

auf die Straße gegangen. Zwei <strong>Ja</strong>hre lang, von 1867 bis 1869.<br />

Der Philosoph Friedrich Albert Lange schrieb damals: „Eine ungewöhnlich<br />

tiefe Verstimmung über die schroff hervorgetretenen<br />

Mängel des Repräsentativsystems“ sei der wichtigste Grund für<br />

die „Erschütterung der Gemüther“ gewesen und habe das Prinzip<br />

der direkten Gesetzgebung hervorschießen lassen, „wie den<br />

Kristall aus einer gesättigten Lösung“. Wohlgemerkt: Die Züricher<br />

hatten es zwar satt, dass die Volksvertreter nicht das Volk<br />

vertraten, sie haben aber die repräsentative <strong>Demokratie</strong> nicht bekämpft<br />

oder gar verlangt, das Rad der Geschichte wieder zurückzudrehen.<br />

Sie haben sie angereichert um die direkte <strong>Demokratie</strong>.<br />

Volksvertreter haben das Volk zu vertreten. Dies zu tun, versprechen<br />

uns die Kandidatinnen und Kandidaten vor einer Wahl und<br />

suchen damit unsere Nähe – nach einer Wahl allerdings oft das<br />

Weite. So jedenfalls empfinden das viele Bürgerinnen und Bürger.<br />

Aus dem Grundsatz, dass Volksvertreter das ganze Volk zu<br />

vertreten haben, wird dann ein: mehr oder weniger. Mandatsträger<br />

sind zwar vom Volk legitimiert, aber von ihrer Partei Gnaden<br />

abhängig. Das Streben nach der Macht oder danach, an der<br />

Macht zu bleiben, gehört zu den Parteien wie der Wind zum geblähten<br />

Segel. So kann es in den Ebenen der politischen Arbeit<br />

schnell mehr oder weniger um das Gemeinwohl gehen. Mitunter<br />

vertreten Volksvertreter mehr die Interessen ihrer Partei, um die<br />

eigene Laufzeit zu verlängern, weniger die Anliegen der Bürgerinnen<br />

und Bürger. Das ist menschlich und kein Argument gegen<br />

Parteien oder die parlamentarische <strong>Demokratie</strong>. Das heißt aber<br />

auch nicht, auszublenden, dass der Vertrauensvorschuss, den die<br />

Menschen den Regierungen und Parlamenten gewährt haben,<br />

schwindet und die Wahlbeteiligung rückläufig ist. Wir sollten die<br />

Anfälligkeit der parlamentarischen <strong>Demokratie</strong> klar sehen, damit<br />

wir ihr begegnen können. Es ermutigt, was wir derzeit erleben:<br />

Immer mehr Menschen entdecken ihr Bürgersein, nicht nur<br />

auf Bahnhofsvorplätzen. Die Menschen wollen runter vom Sofa<br />

– der Pflegestufe 1 der Bürgergesellschaft –, wollen mitreden,<br />

gefragt und informiert werden, wollen sich auch ungefragt einmischen<br />

und wollen, wenn es um Schicksalsfragen geht, auch<br />

selbst entscheiden.<br />

Genau das bietet ihnen die direkte <strong>Demokratie</strong>. Sie kann die<br />

Volksvertreter in der Nähe des Volkes halten. Stellen wir uns einen<br />

Theatersaal vor. An einem Wahltag wählen wir Menschen<br />

aus unserer Mitte, aus dem Zuschauerraum, nach vorn auf die<br />

Bühne. Menschen, denen wir zutrauen, uns zu vertreten. Wir<br />

statten sie mit der Macht aus, Entscheidungen zu fällen, die unser<br />

Zusammenleben bestimmen. Wir selbst bleiben im Zuschauerraum<br />

sitzen. Von hier aus beobachten wir das Spiel der politischen<br />

Akteure. Wir können applaudieren oder unserem Unmut<br />

mit Buhrufen Luft machen. Wir können protestieren, appellieren,<br />

demonstrieren. Wir werden eingeladen zu Bürgersprechstunden<br />

und öffentlichen Sitzungen, werden informiert und können<br />

uns auch äußern. Immer aber bleibt es ins Belieben der<br />

Entscheider gestellt, derer, die wir auf die politische Bühne gewählt<br />

haben, ob sie unsere Anregungen aufnehmen oder nicht.<br />

Wir haben ein Recht darauf, uns Gehör zu verschaffen, nicht<br />

aber, gehört zu werden. Nur mit der direkten <strong>Demokratie</strong> können<br />

wir – notfalls, wenn unsere Interessen ignoriert werden – die Sache<br />

selbst in die Hand nehmen. Dafür müssen einige Zuschauer<br />

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