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Portrait von Roman Mezzasalma, SR-DRS ... - jacomet.ch

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Kollegen auf Reportage, ist aber ansonsten weitgehend auf si<strong>ch</strong> alleine gestellt. Trotz der<br />

Themenfülle fliegen die relevanten News nämli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong> <strong>von</strong> selbst aufs Korrespondentenpult<br />

an der Lake Street. Die tägli<strong>ch</strong>e Arbeit besteht au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t - wie man aus der Ferne meinen könnte -<br />

aus dem Vorlesen <strong>von</strong> Zeitungsartikeln, die in der S<strong>ch</strong>weiz eh niemand kennt, und der<br />

ans<strong>ch</strong>liessenden Verlegung des Büros an den Strand. Die Anstösse für Beiträge kommen zwar oft aus<br />

den Lokalmedien, do<strong>ch</strong> <strong>Roman</strong> re<strong>ch</strong>er<strong>ch</strong>iert prinzipiell jede Story no<strong>ch</strong>mals selbst. Das Internet hat<br />

ihm diesen Job in jüngster Vergangenheit sehr erlei<strong>ch</strong>tert.<br />

Nebst den typis<strong>ch</strong>en "Muss"-Themen sei die Betroffenheit das wi<strong>ch</strong>tigste Auswahlkriterium: "Die<br />

Mens<strong>ch</strong>en in der S<strong>ch</strong>weiz sollen etwas mit einem Thema anfangen können. Vielfa<strong>ch</strong> geht das na<strong>ch</strong><br />

folgendem Muster: Die USA und die S<strong>ch</strong>weiz haben ein beliebiges Problem gemeinsam. Meine<br />

Aufgabe ist es, den hiesigen Lösungsansatz vorzustellen - den die S<strong>ch</strong>weiz womögli<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

kennt." <strong>Roman</strong> überlegt si<strong>ch</strong> bei jeder Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te, die er der Redaktion vors<strong>ch</strong>lägt, ob er sie selbst in<br />

der Zeitung lesen würde.<br />

Das gewisse Etwas bringen<br />

Sind aber Auslandkorrespondentinnen und -korrespondenten im Zeitalter der Agenturen und des<br />

Internet ni<strong>ch</strong>t purer Luxus? - <strong>Roman</strong> befür<strong>ch</strong>tet im Falle einer Kürzung sol<strong>ch</strong>er Stellen einen<br />

gewaltigen Qualitätsverlust. "Natürli<strong>ch</strong> plädiere i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t für eine Abs<strong>ch</strong>affung meiner Tätigkeit. Aber<br />

im Ernst: Man muss vor Ort sein, um die Relevanz der Themen im Alltag der Mens<strong>ch</strong>en zu erkennen<br />

oder sie ri<strong>ch</strong>tig einordnen zu wissen. I<strong>ch</strong> habe immer wieder Situationen erlebt, die das unterstrei<strong>ch</strong>en,<br />

so die Wahlen 1996. Clinton hatte kurz zuvor einen Militäreinsatz im Ausland befohlen. Alle<br />

hergereisten Kommentatoren aus Europa behaupteten, der Präsident habe das nur gema<strong>ch</strong>t, um die<br />

Wahlen zu gewinnen. Mir standen die Haare zu Berge! Den meisten Amerikanern ist jegli<strong>ch</strong>es<br />

aussenpolitis<strong>ch</strong>es Engagement ein Greuel, das kostet eher Stimmen als es wel<strong>ch</strong>e einbringt. Da s<strong>ch</strong>aut<br />

die ganze Welt CNN und hat das Gefühl, das sei die Stimme Amerikas - do<strong>ch</strong> hier liegt die<br />

Eins<strong>ch</strong>altquote unter zwei Prozent. US-Medien sind viel trivialer und unpolitis<strong>ch</strong>er als europäis<strong>ch</strong>e.<br />

I<strong>ch</strong> kann den Leuten zu Hause sagen, wie hier ein Thema wahrgenommen wird - ni<strong>ch</strong>t nur offiziell,<br />

sondern au<strong>ch</strong> <strong>von</strong> der Na<strong>ch</strong>barin oder dem Verkäufer im Quartierladen."<br />

Der "Fall Rey" war ein anderes Beispiel für die Bedeutung seines Jobs: <strong>Roman</strong> investierte viel Zeit in<br />

Re<strong>ch</strong>er<strong>ch</strong>en und reiste mehrmals auf die Bahamas, um beim Auslieferungsprozess dabei zu sein.<br />

"Man muss eben das gewisse Etwas bieten. Und das erst no<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>neller als andere. In diesem<br />

konkreten Fall telefonierte i<strong>ch</strong> regelmässig mit Anwälten und Geri<strong>ch</strong>tssekretariaten, blieb stets dran.<br />

Für die Medien muss es si<strong>ch</strong> lohnen, einem eigenen Korrespondenten Flug und Spesen zu bezahlen,<br />

wenn die Agentur gratis die glei<strong>ch</strong>e Story abdeckt." Daneben bleibt aber au<strong>ch</strong> Zeit für "Zücker<strong>ch</strong>en" -<br />

eine mehrteilige Reportage über einen Indianerstamm im Staat Washington zum Beispiel, der<br />

bes<strong>ch</strong>lossen hat, die uralte Tradition des Walfangs wieder aufzunehmen. <strong>Roman</strong> war vor dem<br />

übli<strong>ch</strong>en Medienrummel vor Ort und konnte in Ruhe hintergründig beri<strong>ch</strong>ten.<br />

Erst die Teamarbeit, dann das Vergnügen<br />

Wer s<strong>ch</strong>on lange den Wuns<strong>ch</strong> hegt, sofort na<strong>ch</strong> der Uni seine Beri<strong>ch</strong>te mit einem coolen "Adrian<br />

Allwisser für Radio Weissi<strong>ch</strong>was live aus Sydney" abzusagen, sollte no<strong>ch</strong>mals über die Bü<strong>ch</strong>er gehen.<br />

<strong>Roman</strong> <strong>Mezzasalma</strong> empfiehlt, vorher einige Jahre auf einer Redaktion zu arbeiten: "Der Unters<strong>ch</strong>ied<br />

zur Teamarbeit ist sehr gross. Direktes Feedback und die Einbettung in eine Gruppe fehlen. Hier kann<br />

Dir niemand helfen. Dafür fallen immerhin die vielen Sitzungen weg. Und ein paar Jahre auf einer<br />

Redaktion lassen Di<strong>ch</strong> später als Korrespondent die Wüns<strong>ch</strong>e und Probleme der anderen Seite viel<br />

besser verstehen."<br />

Etli<strong>ch</strong>e Kaffees später: "Aerosmith" singen im Hintergrund "I Don't Want to Miss a Thing". Der Song<br />

ist Programm. <strong>Roman</strong> muss na<strong>ch</strong> Hause, E-Mails aus Bern könnten warten,15'000 Kilometer weiter<br />

östli<strong>ch</strong> hat soeben die Frühs<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>t begonnen. In der S<strong>ch</strong>weiz war er VCS-Mitglied, hier kurvt er - wie<br />

alle anderen - fast nur per Auto herum. <strong>Roman</strong> <strong>Mezzasalma</strong> ist binnen drei Jahren fast s<strong>ch</strong>on ein

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