Die Spreu vom Weizen trennen
Die Spreu vom Weizen trennen
Die Spreu vom Weizen trennen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Pharma Marketing Direktverträge<br />
<strong>Die</strong> <strong>Spreu</strong> <strong>vom</strong><br />
<strong>Weizen</strong> <strong>trennen</strong><br />
> Von<br />
Thomas Ecker und Klaus-Jürgen Preuß <<br />
<strong>Die</strong> Entwicklung eines Vertragsmodells ist ein vielstufiger Prozess.<br />
Entscheidend für den späteren Erfolg ist dabei schon der erste Schritt, nämlich<br />
die Auswahl geeigneter Produkte sowie der richtigen Vertragsstrategie.<br />
Viel zu oft wird ein spezifisches<br />
Produkt/Indikationsfeld für die<br />
Entwicklung eines innovativen<br />
Direktvertragsmodells ausgewählt,<br />
ohne dass man sich bezüglich der<br />
Pros und Kontras Klarheit verschafft.<br />
Bevor man ein spezielles Produkt für<br />
einen innovativen Direktvertrag auswählt,<br />
ist es unbedingt notwendig, das<br />
Produktportfolio auf die unterschiedlichen<br />
Optionen hin zu prüfen. Neben<br />
den ganz heißen Kandidaten gibt es<br />
jene Produkte und auch Indikationsfelder,<br />
die wenig oder kaum für innovative<br />
Vertragsmodelle geeignet sind.<br />
Bei der Mehrzahl der Produkte und<br />
Indikations felder handelt es sich um<br />
sogenannte Kann-Optionen.<br />
Unabhängig von der Eignung des Produkts,<br />
der Indikation und des Versorgungssettings<br />
gibt es für jedes Produkt<br />
und für jedes Indikationsfeld mindestens<br />
ein präferiertes Vertragsmodell,<br />
oft aber mehrere Alternativen zugleich.<br />
Unabdingbar für den Erfolg eines Vertrags<br />
ist jedoch, dass der Vertragstypus<br />
genau auf das Produkt oder das Indikationsfeld<br />
abgestimmt wird.<br />
Eine Voraussetzung für ein erfolgreiches<br />
Vertragsmanagement durch ein<br />
Unternehmen besteht daher in einer<br />
präzisen Portfolioanalyse. <strong>Die</strong> Portfolio -<br />
analyse führt, ähnlich wie die bekannte<br />
Boston Matrix, zur Definition einzelner<br />
Produkte als Stars (absolut am besten<br />
für Vertragsmodelle geeignet und von<br />
hohen Zukunftserwartungen begleitet),<br />
Fragezeichen (fallweise geeignet und<br />
in anderen Fällen besser nicht), arme<br />
Hunde (wenig bis ungeeignet für Vertragsmodelle)<br />
oder als Cashcows (als<br />
zuverlässiger Umsatzträger, wenn auch<br />
wenig zukunftsträchtig für Vertragsmodelle<br />
geeignet). <strong>Die</strong> Einordnung<br />
folgt allerdings in diesem Kontext nicht<br />
den Parametern Marktwachstum und<br />
Marktanteil, sondern dem Abschneiden<br />
der unterschiedlichen Produkte bei<br />
einer Reihe von strategischen Fragen<br />
über ein Scoring-Modell. Beispielhaft<br />
sind einige Aspekte dieser Bewertung<br />
im Kasten aufgeführt, von denen viele<br />
für die Kostenträger relevant sind:<br />
Verhütung nuztloser<br />
InVestItIonen<br />
Neben dem Bewertungs-Score sind<br />
eine Reihe weiterer Überlegungen bei<br />
der Portfolioanalyse ausschlaggebend.<br />
Will man nur kurzfristige Testverträge<br />
abschließen, oder strebt man nachhaltige<br />
strategische Vertragspartnerschaften<br />
mit den Kostenträgern an?<br />
Bevorzugt man eher regionale oder<br />
nationale Verträge? Welches Versorgungssetting<br />
ist relevant? Wie sind die<br />
Reaktionen der relevanten Wettbewerber<br />
einzuschätzen?<br />
Erst die systematische Portfolioanalyse<br />
führt zu einer realistischen Einschätzung<br />
der eigenen Produkte sowie der<br />
mit ihnen verbundenen strategischen<br />
Möglichkeiten. Damit bewahrt sie vor<br />
Fehlbewertungen und vor nutzlosen<br />
Investitionen – wie auch vor dem Ansehensverlust,<br />
den es bedeuten würde,<br />
wenn der Verhandlungspartner feststellt,<br />
dass das angebotene Zirkuspferd<br />
eigentlich eher ein Ackergaul ist.<br />
Darüber hinaus wird im Ergebnis<br />
erkennbar, wie gut das Portfolio für den<br />
strategischen Rahmen aus DMP-Indikationen,<br />
Morbi-RSA-Erkrankungen<br />
und Vertragsvarianten positioniert ist.<br />
Schließlich wird man Lücken entdecken,<br />
die es durch Forschung und Entwicklung,<br />
Licensing oder Partnerschaften<br />
zu überbrücken gilt.<br />
Ähnlich wie das Produktportfolio,<br />
haben die Kostenträger ein Portfolio<br />
an Krankheiten zu managen. Auch<br />
lassen sich hier die Krankheiten nach<br />
bestimmten Kriterien clustern, wie<br />
DMP-Indikationen, im Morbi-RSA<br />
berücksichtigte Erkrankungen entwe- Fotolia<br />
der mit einer hohen Prävalenz oder ©<br />
18<br />
pharma marketing journal 5-2009
Seminar<br />
Direktverträge zwischen Herstellern, Leistungserbringern<br />
und Krankenkassen werden das Gesundheitswesen stärker<br />
verändern als alle Gesundheitsreformschritte vorher.<br />
<strong>Die</strong> neuen Spielführer sind die Kostenträger – nunmehr<br />
auf Augenhöhe mit Leistungserbringern und Pharmaherstellern.<br />
Doch derzeit herrscht noch große Unklarheit in Systematik und<br />
Terminologie dieser Vertragsart. Das Seminar „Direkt verträge<br />
– zielorientierte Strategien für die Gesundheitsbranche“<br />
von Management Forum und pharma-marketing journal am<br />
26. und 27. Oktober in Düsseldorf bietet Determinanten<br />
und Erfolgsfaktoren von Rabattverträgen für Generika, von<br />
Capitation-, Bundling-, Mehrwert-, Cost-Sharing-, Risk-<br />
-Sharing-Initiativen sowie Pay-for-Performance(P4P)-,<br />
Pay-for-Cure(P4C)-Verträgen und so weiter.<br />
mit hohen Behandlungskosten und so<br />
fort. Wie die Produktportfolioanalyse<br />
bei den Herstellern ist die Krankheitsportfolioanalyse<br />
bei den Kostenträgern<br />
die Basis für die Entwicklung einer<br />
in sich schlüssigen und nachhaltigen<br />
Vertragsstrategie, die in die Versorgungsstrategie<br />
der Kasse integriert<br />
werden sollte.<br />
DIe Wahl Der rIchtIgen<br />
VertragsstrategIe<br />
<strong>Die</strong> Vertragsstrategie für einen Hersteller<br />
sollte festlegen, in welchen Indikationen<br />
man Verträge mit welchen Produkten<br />
schließen will und auf welchen<br />
Feldern man keine Vertragslösungen<br />
anstrebt. Darüber hinaus muss eine<br />
Vertragsstrategie etwas darüber aussagen,<br />
ob man eher Rabattverträge über<br />
Generika oder Altoriginale oder vorrangig<br />
innovative Verträge über patent-<br />
Scoring-Modell<br />
Gebrauchsanweisungen für Direktverträge<br />
Produktleistung: überlegen, gleich<br />
oder weniger wirksam als der gültige<br />
Therapiestandard<br />
Cost of Goods: hoch, durchschnittlich<br />
oder günstig?<br />
Prävalenz: hoch, durchschnittlich<br />
oder gering?<br />
Medical Need in der Zielindikation:<br />
groß, durchschnittlich oder gering?<br />
DDD-Kosten: hoch, durchschnittlich<br />
oder gering?<br />
Anzahl der Wettbewerber: viele,<br />
durchschnittlich oder wenige?<br />
Produktklasse: Generikum, Alt -<br />
pharma marketing journal 5-2009<br />
geschützte Substanzen abschließen will.<br />
Genauso wichtig ist die Überlegung, ob<br />
man die unternehmensspezifische Vertragsstrategie<br />
mit Fokus auf die eigenen<br />
Produkte oder auf Produkt-Service-<br />
Kombinationen ausrichten will. Man<br />
kann sich als Hersteller auch über seine<br />
Vertragsstrategie am Markt positionieren.<br />
<strong>Die</strong> Vertragsstrategie sollte ebenso<br />
zum Ausdruck bringen, mit welchen<br />
Kostenträgern man bevorzugt Verträge<br />
abschließen will und mit welchen<br />
eher nicht. Parallel zur Qualität des<br />
Produktportfolios wird man eine entsprechende<br />
Vertragsstrategie wählen.<br />
Es kann daher eine Präferenz- ebenso<br />
wie eine Massenmarktstrategie für den<br />
Hersteller richtig sein.<br />
Zur Vertragsstrategie gehören ferner<br />
Aussagen über die bevorzugten Versorgungssettings<br />
für die Vertragsumsetzung<br />
sowie zur Kooperationsstrategie<br />
Relevante Bewertungsaspekte<br />
ori gi nal, patentgeschützt, OTC?<br />
Krankheitsverlauf in der Zielindikation:<br />
chronisch, intermittierend,<br />
akut?<br />
Komplikationen und Aggravation<br />
im Krankheitsverlauf: häufig, gelegentlich<br />
oder selten?<br />
Kombinations- oder Stufentherapie:<br />
immer, oft, eher selten?<br />
DMP-Indikation: ja oder nein?<br />
Morbi-RSA-Indikation: ja oder<br />
nein?<br />
Ausgleichsbetrag im Morbi-RSA:<br />
hoch, mittel, eher gering?<br />
Experten aus der Pharmabranche, von Krankenkassen und<br />
Ärzteschaft sowie der Gesundheitspolitik beleuchten am<br />
ersten Tag die Thematik aus den verschiedensten Blickwinkeln.<br />
Analysiert werden die Chancen und Risiken der<br />
unterschiedlichen Vertragsmodelle, die Vermarktung von<br />
innovativen Verträgen aus Kassensicht, die Strategien der<br />
privaten Kassen, die Vorteile und Nachteile von Selektivverträgen<br />
für die Ärzteschaft und innovative Konzepte<br />
für ein optimales Versorgungsmanagement. Im Intensiv-<br />
Workshop des zweiten Tages werden strategische Aspekte<br />
und die operative Umsetzung von Vertragsmodellen<br />
durchgespielt.<br />
Weitere Informationen und das ausführliche Programm<br />
finden Sie unter www.managementforum.com/direktverträge<br />
mit den Wettbewerbern. Grundsätzlich<br />
ist eine Vertragsstrategie ein konzeptionelles<br />
Konstrukt, eine strategische<br />
Leitlinie für das Management. Sie sollte<br />
jährlich einem kritischen Review unterzogen<br />
werden. Zur Umsetzung der<br />
Vertragsstrategie empfiehlt es sich, ein<br />
unternehmensspezifisches Handbuch<br />
„Vertragsmanagement“ zu erstellen,<br />
in dem darüber hinaus die operativen<br />
Schritte und Prozesse niedergelegt<br />
werden.<br />
Ebenso werden die Kostenträger sich<br />
für eine spezifische Vertragsstrategie<br />
entscheiden müssen, denn auf Angebote<br />
der Industrie (push) oder auf eigene<br />
Ausschreibungen (pull) zu vertrauen<br />
ist eigentlich zu wenig. Man wird sich<br />
in Abhängigkeit von dem kassenspezifischen<br />
Morbiditätsspektrum für eine<br />
bestimmte Vertragsstrategie entscheiden.<br />
Neben dem Morbiditätsspektrum<br />
werden auch marktstrategische<br />
Entscheidungen die Vertragsstrategie<br />
maßgeblich beeinflussen.<br />
Wenn die Vertragsstrategien des Her -<br />
stellers und des Kostenträgers gut<br />
zusammenpassen, dann werden sich<br />
langfristige strategische Partnerschaften<br />
herauskristallisieren. Wenn der<br />
Fit allerdings eher nicht gegeben ist,<br />
kann das zu erheblichen Nachteilen im<br />
Markt führen. n<br />
Dr. Thomas Ecker und Dr. Klaus-Jürgen<br />
Preuß sind Geschäftsführer der Unternehmensberatung<br />
EPC Healthcare in Hamburg.<br />
Kontakt: t.ecker@epc-healthcare.de, kj.preuss@<br />
epc-healthcare.de<br />
19