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Reisebericht A. Blauhut Februar 2008 - bei Model-Schools-India

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Kurzbericht über meinen 2.Besuch, 20. bis 31.01.<strong>2008</strong> an der <strong>Model</strong> School in Dhabalgiri<br />

Jajpur Road, Orissa Indien nach15 Jahren.<br />

Aus Anlass der Jahresfeier zum Gedenken an Golap Pradhan, der am 23.01.2007 verstarb,<br />

hatte ich dieses Jahr Gelegenheit, zusammen mit Gerlinde Dombrowski und Regina<br />

Kunstein, dorthin zu reisen. Die ersten 3 Tage unserer Anwesenheit waren erfüllt mit teils<br />

bewegenden Gedenkfeiern an den Orten seines Wirkens, seines Sterbens und seiner<br />

Geburt. Wir sind seinen engsten Vertrauten, seiner Familie und vor allem den Menschen<br />

begegnet, die sein und das Werk von Hedwig Holz fortführen.<br />

Ich empfinde Bewunderung und Achtung vor der Leistung seines Neffen und Nachfolgers<br />

Sarat Pradhan, heute 32 Jahre, noch ledig. Er war nach seinem Politologiestudium in Delhi,<br />

<strong>bei</strong>m Population Council <strong>India</strong> angestellt, das ist eine internationale Organisation mit<br />

Hauptsitz in USA. Er war für Aufgaben im Gesundheitswesen, hier besonders zur<br />

Aufklärung der Bevölkerung zur Vermeidung ansteckender Krankheiten wie Lepra und Aids<br />

tätig. Trotz einer erheblichen Gehaltseinbuße und der Entsagung vom Großstadtleben hat er<br />

sich entschlossen und die Verantwortung auf sich genommen, für den Fortbestand und das<br />

Wohlergehen der Kinder, Lehrer und anderer Bediensteter der <strong>Model</strong> School, und den ich<br />

nenne sie "Dorfschulen" und den man könnte sagen "Vorschulkindergärten" zu sorgen. Es<br />

ist ihm gelungen die Lehrer, von denen ich bereits 4 damals vor 15 Jahren kennen gelernt<br />

hatte und auch wieder erkannt habe, zu einem Team zu formen und ein Wirgefühl zu<br />

erzeugen. In der kurzen Zeit, seit April 2007 bis jetzt hat Sarat Pradhan ein Gerüst und<br />

einen Zusammenhalt aufgebaut, dass schon jetzt Veränderungen sichtbar sind. Als etwas<br />

ganz Besonderes muss man bemerken, dass im gesamten Schulgelände, einschließlich<br />

Sport- und Spielplatz, kein Fetzen Müll auf dem Boden lag und überall Abfallbehälter<br />

aufgestellt waren. Das sticht einem ins Auge, weil außerhalb der Schulmauern auf allen<br />

Wegen, Straßen und Plätzen nur der Müll von vor der eigenen Haustür bis auf die Straße<br />

gekehrt wird, und nur bis dahin und das täglich wieder. Auch gibt es an der <strong>Model</strong> School<br />

einen Gemüsegarten, der nur von dem verantwortlichen Mitar<strong>bei</strong>ter betreten werden darf,<br />

sowie 1 Kuh und 2 Kälbchen. Wenn jemand Gemüse oder Milch haben möchte, bekommt er<br />

es gegen, wenn auch nur geringe, Bezahlung. Über die Verkäufe wird Buch geführt. Das ist<br />

eine sehr begrüßenswerte Maßnahme, um ein Wertegefühl zu entwickeln. Oder als anderes<br />

Beispiel der Blumengarten. Für die Bewässerung und Pflege, Sarat hat es vorgemacht,<br />

fühlen sich inzwischen ausschließlich die Lehrer zuständig. Auf diese Weise können<br />

Aufgaben delegiert und den Kindern Verantwortlichkeit für einen Bereich vorgelebt werden.<br />

Es erscheint mir sehr wichtig, den Kindern Wege zur Eigenverantwortung zu zeigen, um sie<br />

nicht in Abhängigkeit geraten zu lassen. Am Sonntag ist Zimmerputz- und Wäschewaschtag<br />

für die 50 Jungen im Hostel (Internat). Jeder muss für sich selbst waschen und putzen.<br />

Der Grundstein wird in den Nursery <strong>Schools</strong> (Vorschulkindergarten) gelegt. Diese Schulen<br />

liegen strategisch günstig zwischen mehreren Adivasi Dörfern die noch am oder im Urwald<br />

liegen. In diese Schulen gehen ausschließlich Adivasi (Ureinwohner) Kinder ab 2 Jahre.<br />

Diese sprechen von Haus aus nur ihre eigene Sprache, für die es keine Schriftzeichen gibt.<br />

In den Nursery <strong>Schools</strong> lernen die Kinder zuerst Oriya sprechen, schreiben, lesen und<br />

Rechnen. Später dann auch Englisch, alle Zahlen und das lateinische Alphabet auf<br />

Englisch. Nicht alle, aber einige, können dann mit einem angepassten Wissensstand in die


<strong>Model</strong> School nach Jajpur Road wechseln. Den allermeisten Kindern ist das aber aus<br />

Gründen unüberwindbarer Entfernung nicht möglich. Das bedeutet also, dass diese Kinder<br />

mit einer Schulbildung von ungefähr 4 Jahren durchs Leben kommen müssen.<br />

Die Platz greifende Industriealisierung enteignet den Ureinwohnern ihren angestammten<br />

Lebensraum den Urwald. In der direkten Umgebung von Jajpur Road gibt es Erzabbau und<br />

7 Stahlwerke. Die landlos gewordenen Menschen versuchen dann als Tagelöhner in den<br />

Städten irgendwie ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Jedoch ist die Verelendung in den<br />

Randgebieten der Städte unübersehbar. Nur ein einziger Weg führt aus diesem Dilemma<br />

und der heißt Bildung. Kinder aus diesen Familien sind eingeladen, zu uns in die <strong>Model</strong><br />

School zu kommen.<br />

Die Feeder <strong>Schools</strong> (Dorfschulen) in Kachohudi und Duburi haben wir besucht. Wir wurden,<br />

wie auch in den Nursery <strong>Schools</strong> in Dhenkisala, Barabanki und Singapore, mit Gesang und<br />

Tanz empfangen und mit Blumen geehrt. Wir haben Proben des Lehrstoffes gehört. Alle<br />

Kinder waren aufmerksam <strong>bei</strong> der Sache und die Lehrer nahmen augenscheinlich ihre<br />

Aufgaben ernsthaft, verantwortlich und liebevoll wahr. Neugierige Eltern drängten sich an<br />

den offenen Fenstern und Türen. Wenn ein Kind häufiger oder länger fehlt, wird durch eine<br />

Lehrperson nachgeforscht, wo denn dieses Kind bleibt. Meistens wird das Kind durch<br />

Familienpflichten, z.B. auf die kleineren Geschwister aufpassen zu müssen, vom<br />

Schulbesuch abgehalten. Die Eltern werden aufgefordert das Kind zur Schule gehen zu<br />

lassen und u. U. das Geschwisterkind mitzubringen. Hier ist häufig mehrmalige<br />

Überzeugungsar<strong>bei</strong>t nötig. Die wird von den Lehrpersonen freiwillig unentgeltlich samstags<br />

erbracht.<br />

Nach allem, was ich gesehen und erlebt habe, bin ich überzeugt, dass jeder Cent, den wir<br />

hier in Deutschland sammeln, <strong>bei</strong> dem Projekt in Jajpur Road ankommt und sehr<br />

verantwortungsvoll eingesetzt wird.<br />

Auf dem Wege nach Singapore machten wir einen Abstecher in die im Jahre 2003 von Frau<br />

Hedwig Holz außer der Reihe privat finanzierte und als letzte noch von ihr selbst<br />

eingeweihte Nähschule für junge Frauen und Mädchen. Die Schule befindet sich in 2<br />

angemieteten Räumen. Einer ist mit 5 Nähmaschinen ausgestattet, in dem anderen wird das<br />

Zuschneiden erlernt und es gibt ein Telefon dort. Ehemalige und derzeitige Schülerinnen<br />

begrüßten uns im Beisein von Mr. Sahou, der die Nähschule betreut, und mit seinem<br />

Zweirad an den schwer erreichbaren Nursery <strong>Schools</strong> regelmäßig vor<strong>bei</strong>schaut. Bei dieser<br />

Gelegenheit konnte Sarat gleich die zuletzt erworbenen Zertifikate austeilen. Ich habe mir<br />

vorgenommen, mich dafür einzusetzen, dass das Ziel von Frau Holz, den Frauen einen<br />

auskömmlichen Broterwerb ohne Prostitution zu verschaffen, zum erhofften Ergebnis führt.<br />

Als Probe haben wir den Zuschnitt einer Frauenhose beobachtet.<br />

Bei unseren Schulbesuchen haben wir immer am allgemeinen Mittagessen teilgenommen.<br />

Da<strong>bei</strong> konnten wir feststellen, dass es eine Kunst ist, von Blättertellern nur mit der rechten<br />

Hand zu essen ohne zu kleckern. Normaler Weise bekommen die Kinder nur blanken Reis.<br />

Bei unserem Besuch erhielten alle auch etwas Gemüse und Dal (das sind gekochte Linsen<br />

mit Gewürzen als Soße). Es wird angestrebt den Kindern wenigstens 1 Mal im Monat, ich


wäre für wöchentlich, eine Portion Gemüse und Dal zu reichen. Die Kosten dafür werden<br />

noch ermittelt. Darüber hinaus wünsche ich mir <strong>bei</strong> jeder Schule einen Brunnen, um den<br />

Kindern sauberes Wasser zu gewährleisten. In Dhenkisala z.B. wird das in der Nacht<br />

spärlich vom Berg tröpfelnde Wasser - ca. 2-3 Eimer täglich - mühsam aufgefangen und<br />

sparsamst genutzt. Die Errichtung eines Brunnens kostet etwa 750 Euro.<br />

An einem Tag blieb uns noch genügend Zeit, um auf dem Rückweg Pater Joseph, Steyler<br />

Mission, zu besuchen, ca. 3 km entfernt vom "Holz Memorial Hospital for Poor". Bei meinem<br />

letzten Aufenthalt in Orissa hatte ich Pater Joseph schon kennengelernt. Wir wurden sehr<br />

freundlich empfangen. Es wurden die Schwierigkeiten der Unterhaltung eines solchen<br />

Schul- und Sozialprojektes erörtert. Voll Stolz hat er uns durch seine kleine Farm geführt,<br />

die sich prächtig entwickelt hat. Sehr schöne Blumenbeete, Hecken, Fisch- mit Badeteich,<br />

Gemüsegarten, Bananenstauden, Enten, Hühner und Kühe werden gehalten. In dem Hostel<br />

sind etwa 140 Jungen, die aus einer sehr modernen Schulküche versorgt werden. Sie<br />

erhalten Unterricht in einer der Government Schule ähnlichen Struktur. Die Kinder sind in die<br />

Gartenar<strong>bei</strong>t eingebunden. Sie haben sehr schön für uns gesungen und uns in mehreren<br />

europäischen Sprachen begrüßt und verabschiedet. Alle sind Adivasi oder sehr arme Hindu<br />

aus der Umgebung, teils mit unsicherem Elternhaus. Die Mutter Gottes von Fatima steht in<br />

einem wunderschönen Häuschen mit passenden Baumstämmen als Dachstützen. Es gibt<br />

einen Versammlungsraum (sonst Klassenzimmer) in dem gepredigt, gebetet oder auch<br />

meditiert werden kann.<br />

In einem separaten Haus wohnen 3 Ordensschwestern, Inderinnen. In diesem Haus gibt es<br />

einen Andachtsraum, in dem auch Meßfeiern gehalten werden. Als Abschluss wurden wir in<br />

das Haus von Pater Joseph zum Tee geladen. Dort leuchtete uns das Kalenderblatt von<br />

Januar mit Papst Benedikt XVI entgegen.<br />

Für die Zukunft wurde mit unserer nahe gelegenen Schule in Duburi in Eckpunkten oder<br />

besonderen Situationen eine lose Zusammenar<strong>bei</strong>t nicht ausgeschlossen. Wir hoffen sehr<br />

auf ein fruchtbares Miteinander.<br />

16. <strong>Februar</strong> <strong>2008</strong>, Angela <strong>Blauhut</strong>, Chr.-Ruberg-Str. 1, 33039 Nieheim

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