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Italien - Mikado

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Thema des Monats Internationaler Holzbau<br />

<strong>Italien</strong><br />

Applaus für Holzrahmenelemente<br />

Wer einmal Geschmack am Auslandsgeschäft gefunden hat, kommt oft nicht<br />

mehr davon los. Abenteuerlust gehört dazu, aber die haben Unternehmer<br />

ohnehin. Ein bayerischer Zimmermeister fing im Iran an und baut nun in Südtirol.<br />

12 mikado 12.2009<br />

MATTHIAS BORMUTH<br />

▴ Mitten in<br />

Meran liegt das<br />

Wohn- und<br />

Geschäftshaus,<br />

das die<br />

Zimmerei<br />

Kollmeier<br />

aufstockte


Als Zimmermeister Martin Kollmeier<br />

aus der kleinen oberbayerischen<br />

Ortschaft Matzing im<br />

Jahr 2003 in den Fernsehnachrichten<br />

vom schweren Erdbeben im Iran<br />

und der Zerstörung der Stadt Bam<br />

erfuhr, konnte er noch nicht ahnen,<br />

dass sich der iranische Präsident Mohammad<br />

Chatami bald für erdbebensichere<br />

Energiesparhäuser in Holzrahmenbauweise<br />

interessieren würde.<br />

Und erst recht nicht, dass er zusammen<br />

mit anderen Kollegen für ihn ein<br />

Musterhaus errichten würde.<br />

Iran weckt den Traum vom<br />

Auslandsgeschäft<br />

„Tausende von Menschen waren obdachlos.<br />

Wäre es nach dem Iran gegangen,<br />

hätten wir mehrere Tausend<br />

erdbebensichere Holzhäuser in<br />

dem Gebiet um Bam aufgebaut“, erinnert<br />

sich Kollmeier. Der Kontakt<br />

zwischen der iranischen Regierung<br />

und der deutschen Holzbaubranche<br />

kam über die „Qualitätsgemeinschaft<br />

Holzbau und Ausbau“ (QHA) zustande.<br />

16 mittelständische Betriebe<br />

gründeten daraufhin die Zimmerer-<br />

Kooperation „Timber Construction<br />

Services Germany“ (TCS).<br />

Einen ersten Liefervertrag über 50<br />

Gebäude unterzeichneten sie mit einer<br />

iranischen Delegation auf der<br />

„Ligna 2005“. Vier Haustypen mit<br />

Wohnflächen zwischen 150 m 2 und<br />

Thema des Monats Internationaler Holzbau<br />

▴ So sah das<br />

Gebäude<br />

vor den Umbaumaßnahmen<br />

aus<br />

Beim<br />

▸<br />

Entladen bestand<br />

die Polizei<br />

auf strikter Ein-<br />

haltung<br />

des Zeitplans<br />

300 m 2 waren vereinbart – erdbeben-<br />

sicher konstruiert, komplett in<br />

Deutschland vorgefertigt, vor Ort<br />

zu montieren. Ein Musterhaus lieferte<br />

und errichtete die TCS auch.<br />

Die Montage führte Kollmeier mit<br />

weiteren Kollegen im Iran aus. Doch<br />

dann kam doch alles ganz anders<br />

als geplant.<br />

Mit dem Regierungswechsel und<br />

dem neuen Präsidenten Mahmud<br />

Ahmadi-Nejad veränderte sich die<br />

politische Grundstimmung radikal.<br />

Zudem lag die Stadt Bam nahe der<br />

Grenze zu Afghanistan. „Das wurde<br />

uns dann einfach zu gefährlich.<br />

<strong>Italien</strong> als Exportmarkt<br />

Niemand wollte da mehr hinfahren“,<br />

erklärt Kollmeier, warum das Projekt<br />

schließlich „versandete“.<br />

Aufstockungen entwickeln sich<br />

zum Marktrenner<br />

Dennoch sei es eine interessante Erfahrung<br />

gewesen und für seine Zimmerei<br />

der Einstieg in das Auslandsgeschäft,<br />

blickt Kollmeier auf diese Zeit<br />

zurück. Den Traum legte er aber erst<br />

einmal auf Eis und widmete sich dem<br />

Alltagsgeschäft in der Heimat.<br />

Sein Acht-Mann-Betrieb spezialisierte<br />

sich seither immer mehr auf<br />

Der Bausektor gehört in <strong>Italien</strong> mit 11 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP)<br />

zu den wichtigen Wirtschaftszweigen. In den Jahren 1998 bis 2006 wuchs<br />

er um 25 % – bei einem allgemeinen Wirtschaftswachstum von 11 %. Die<br />

überdurchschnittlich hohen Energiekosten versprechen für die Zukunft<br />

einen Boom beim energieeffizienten Bauen. Da aber das fachliche Knowhow<br />

in diesem Bereich noch fehlt, ist <strong>Italien</strong> hier auf das Ausland angewiesen.<br />

Insbesondere deutsche Lösungen sind aufgrund ihrer Fortschrittlichkeit<br />

gefragt. Generell wird in <strong>Italien</strong> deutsche Qualität, Präzision und<br />

Zuverlässigkeit sehr geschätzt.<br />

Das Gewerberecht stellt in <strong>Italien</strong> keine Hürde dar. Für Zimmerer und<br />

andere Handwerker aus dem Baubereich bestehen aber eine Ausweisund<br />

andere Baustellenpflichten. Ratsam ist, einen italienischen Fachmann<br />

– Architekt, Bauingenieur o. Ä. – als Berater und Kontaktperson für<br />

die Behörden zur Seite zu haben, zumal die italienischen Regionen sehr<br />

unterschiedlich sind. Oft gelten „ungeschriebene Gesetze“, die genauso<br />

wichtig sind wie die offiziellen Regelungen.<br />

www.mikado-online.de 13


Hausaufstockungen und Anbauten in<br />

ökologischer Holzrahmenbauweise.<br />

Eine Bauaufgabe mit großer Zukunft,<br />

zumal die Bedeutung des Einfamilienhausbaus<br />

in Deutschland durch<br />

die Abschaffung der Eigenheimzulage<br />

merklich zurückging.<br />

„Die Eltern bleiben wohnen und die<br />

Jungen erhalten eine neue Hightech-<br />

Wohnung mit eigenem Eingang“, erläutert<br />

er sein Erfolgskonzept. „Wenn<br />

schon ein Haus vorhanden ist, kommt<br />

eine Aufstockung oder ein Anbau<br />

wesentlich preisgünstiger als ein<br />

Grundstückskauf und Neubau. Außerdem<br />

bietet das Zusammenleben<br />

der Generationen große Vorteile, die<br />

immer mehr Menschen wieder zu<br />

schätzen lernen.“<br />

Das gilt natürlich auch außerhalb<br />

Deutschlands. Seit dem Iran-Projekt<br />

hatte Kollmeier Geschmack an der<br />

Thema des Monats Internationaler Holzbau<br />

Bayern Handwerk International (BHI)<br />

14 mikado 12.2009<br />

Idee gefunden, im Ausland tätig zu<br />

sein, denn der deutsche Holzbau genießt<br />

dort hohes Ansehen. „Ein Stück<br />

Idealismus und Abenteuerlust ist sicher<br />

auch mit dabei“, gesteht er, denn<br />

der zeitliche Aufwand für das Erschließen<br />

neuer, unbekannter Märkte<br />

ist natürlich anfangs recht groß.<br />

Allerdings war der Zimmermeister<br />

nicht ganz auf sich allein gestellt: Er<br />

knüpfte Kontakte zur „Bayern Handwerk<br />

International“ und erhielt dort<br />

in seinem Ansinnen kompetente Unterstützung.<br />

Anfangs liebäugelte er<br />

mit Irland und England. Mit Irland<br />

wegen des dortigen Wirtschaftsbooms,<br />

einer hohen Nachfrage nach<br />

Passivhäusern und des Euros. Mit<br />

England wegen des geringeren logistischen<br />

Aufwands. Dann kam die Finanzkrise<br />

und das Thema hatte sich<br />

Die „Bayern Handwerk International GmbH“ (BHI) unterstützt bayerische<br />

Handwerksbetriebe bei der Erschließung neuer Märkte im Ausland. Sie<br />

ist ein Unternehmen der bayerischen Handwerkskammern, gefördert<br />

vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr<br />

und Technologie. Zu ihren Aufgaben gehören die Beratung bei Auslandsgeschäften<br />

sowie die Organisation von Messeauftritten, Kontaktbörsen<br />

und Unternehmerreisen.<br />

14 bayerische Betriebe, darunter auch die Zimmerei Kollmeier, präsentieren<br />

sich auf dem Gemeinschaftsstand des bayerischen Handwerks<br />

vom 21. bis 24. Januar 2010 auf der „Klimahouse“ in Bozen, einer internationalen<br />

Fachmesse für energieeffizientes und nachhaltiges Bauen.<br />

www.bh-international.de ı www.klimahouse.it<br />

▴ Der gemeinschaftliche Messestand des bayerischen Handwerks<br />

Energieeffizienz<br />

▸<br />

und Solar-<br />

energienutzung<br />

sind in-<br />

zwischen auch<br />

in <strong>Italien</strong><br />

wichtige Themen<br />

von selbst erledigt. Klimahouse-Messestand öffnet<br />

Tür nach Südtirol<br />

Aufgrund der für Kollmeier günstigen<br />

geografischen Lage weckte dann<br />

immer mehr der italienische Markt<br />

sein Interesse. Insbesondere das<br />

zweisprachige Südtirol drängte sich<br />

förmlich auf, denn hier gibt es keine<br />

Sprachbarriere. Und das ist beim<br />

Hausbau sehr wichtig. „Unsere Leistungen<br />

sind sehr beratungsintensiv.<br />

Wir müssen viele Wünsche berücksichtigen<br />

und unzählige Gespräche<br />

führen. Wenn dann alle Beteiligten<br />

deutsch sprechen, ist das wesentlich<br />

einfacher“, bringt Kollmeier den Vorteil<br />

auf den Punkt.<br />

Im Frühjahr 2007 präsentierte er<br />

sein Unternehmen beim Gemeinschaftsstand<br />

des bayerischen Handwerks<br />

auf der „Klimahouse“ in Bozen,<br />

der internationalen Fachmesse<br />

für energieeffizientes und nachhaltiges<br />

Bauen. Das Besucherinteresse<br />

dort war überraschend groß und es<br />

ergaben sich zahlreiche Kontakte zu<br />

Bauinteressierten. Aber auch italienische<br />

Architekten, Fachplaner und<br />

Handwerksbetriebe lernte er kennen,<br />

denn im Rahmen der Messe gibt es<br />

speziell zu diesem Zweck eine sog.<br />

„Kooperationsbörse“.<br />

Und so resultierte dann der erste<br />

Auftrag auch aus diesem Messeauftritt.<br />

Ein Bauherr, der sein Haus in<br />

Meran aufstocken wollte, kam auf ihn


zu. Er hatte schon den fertigen Plan<br />

in der Tasche und suchte nun nach<br />

einem geeigneten Bauunternehmer.<br />

Den fand er in der Zimmerei Kollmeier.<br />

Und für den deutschen bedeutete<br />

dieses italienische Projekt dann die<br />

größte Aufstockung, die der Betrieb<br />

bisher realisierte.<br />

Bürokratismus macht Arbeit<br />

und sichert Vorteile<br />

Eine präzise Planung, Vorfertigung,<br />

Lieferung und Montage sind für<br />

den bayerischen Zimmermeister<br />

natürlich eine Selbstverständlichkeit.<br />

Doch der penible Bürokratismus<br />

italienischer Behörden überraschte<br />

ihn sehr.<br />

„Wir mussten einen genauen Bauzeitenplan<br />

vorlegen: wann wir was<br />

machen. Und vor allem: wann unser<br />

Lkw anliefert und wie lange wir<br />

mit dem Entladen brauchen“, erzählt<br />

Kollmeier. „Und diesen Zeitplan<br />

mussten wir dann ganz exakt einhalten.<br />

Da legte die Polizei größten Wert<br />

darauf. Bei uns in Deutschland wird<br />

das nicht ganz so streng gehandhabt.“<br />

Überhaupt sei <strong>Italien</strong> viel bürokratischer<br />

als Deutschland, weiß<br />

er zu berichten: „Für alles braucht<br />

man einen Plan. Für die Baustelle<br />

z.B. auch einen detaillierten Sicherheitsplan<br />

mit genauen Gefährdungs-<br />

analysen.“<br />

Die Neigung zum „Bürokratismus“<br />

hat auch die potenziellen<br />

Auftraggeber erfasst. Das hat<br />

aber seine Vorteile, gerade für einen<br />

deutschen Holzbauer. „Alle<br />

Standbesucher auf der Klimahouse<br />

in Bozen – sowohl Bauherren als<br />

auch Architekten – wollten von mir<br />

Zertifikate sehen. Das RAL-Gütezeichen<br />

war da natürlich ein sehr überzeugendes<br />

Argument“, erzählt Martin<br />

Kollmeier von seinen Erfahrungen<br />

auf der Messe.<br />

Überrascht hat ihn, wie gut informiert<br />

die Interessenten alle gewesen<br />

sind: „Die fragten ganz gezielt<br />

nach und wussten genau, was<br />

sie sehen wollten.“ Der Bedarf nach<br />

qualitätvollem Holzbau ist also vorhanden.<br />

Und die deutschen Holzbauer<br />

sind da in Europa ganz vorne<br />

dabei. „Wir haben in Deutschland<br />

Thema des Monats Internationaler Holzbau<br />

Vorgefer-<br />

▸<br />

tigte Holzrahmen-<br />

elemente<br />

sind in <strong>Italien</strong><br />

noch eher<br />

unbekannt. Die<br />

bayerischen<br />

Zimmerer<br />

erhielten Beifall FOTOS: MARTIN KOLLMEIER<br />

mehr Erfahrung, planen und arbeiten<br />

sehr exakt, produzieren oft mit<br />

einem höheren Vorfertigungsgrad<br />

und montieren dadurch auch schneller“,<br />

kennt er die Wettbewerbsvorteile<br />

genau.<br />

Beim Bauprojekt in Meran hat<br />

ihn dann aber ein anderer wichtiger<br />

Punkt überrascht: „Unser Preisniveau<br />

war günstiger als das der Konkurrenz.<br />

Unser Angebot war richtig preisgünstig.<br />

Dabei war dem Bauherrn vor allem<br />

die kompetente und ausdauernde<br />

Beratung wichtig. Und natürlich die<br />

Qualifikation der Zimmerei.“<br />

Jährlich ein Bauprojekt zwischen<br />

Venedig und Mailand<br />

Südtirol als neuer Markt gefällt<br />

Kollmeier sehr gut. Das erste Bau-<br />

projekt hat gut geklappt, ist damit<br />

eine ideale Werbung und eröffnete<br />

ihm ein Netzwerk an Kooperationspartnern.<br />

Zudem hat er sich auch<br />

2009 auf der „Klimahouse“ präsentiert<br />

und neue Kontakte knüpfen<br />

können – unter anderem zu einer<br />

Architektin aus Venedig.<br />

„Wir sind an dem Markt von Südtirol<br />

bis Milano interessiert. Unser<br />

Ziel ist, jedes Jahr einen Auftrag in<br />

diesem Gebiet abzuwickeln“, erläutert<br />

Kollmeier seine Zukunftspläne.<br />

„Jetzt haben wir in <strong>Italien</strong> ein schönes<br />

Referenzobjekt und unsere italienischen<br />

Partner haben gesehen, wie<br />

durchdacht bei uns alles abläuft. Damit<br />

konnten wir punkten. Die Menschen<br />

hier wollen ‚made in Germany’.<br />

Als wir mit unseren vorgefertigten<br />

Teilen anrückten, haben die <strong>Italien</strong>er<br />

begeistert Beifall geklatscht.“<br />

Edith Böhm, Nürnberg / gh ▪<br />

Steckbrief<br />

Bauvorhaben:<br />

Aufstockung eines dreigeschossigen<br />

Wohn- und<br />

Geschäftshauses<br />

I-39012 Meran<br />

Bauweise:<br />

Holzrahmenbau mit vorgefertigten<br />

Großelementen<br />

Bauzeit:<br />

April bis Juni 2009<br />

Nutzfläche:<br />

140 m2 Umbauter Raum:<br />

750 m3 Baukosten:<br />

170 000 Euro<br />

Architekt:<br />

Matthias Bormuth<br />

I-39011 Lana<br />

www.planothek.it<br />

Holzbauunternehmen:<br />

Zimmerei – Holzbau<br />

Martin Kollmeier<br />

D-83301 Traunreut-Matzing<br />

www.zimmerei-kollmeier.de<br />

www.mikado-online.de 15

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