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Die gesamte Reise 2008

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<strong>Reise</strong> <strong>2008</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>gesamte</strong> <strong>Reise</strong> <strong>2008</strong><br />

Datum Von - Nach Seemeilen an Bord an Bord an Bord<br />

25. Apr. Kilada - Dokos 22 Volker Angelo<br />

26. Apr. Dokos - Poros 17 Volker Angelo<br />

28. Apr. Poros - Kythnos 48 Volker Angelo<br />

29. Apr. Bucht Pykiada - Loutra auf Kythnos 10 Volker Angelo<br />

30. Apr. Loutra (Kythnos) - Vari (Siros) 24 Volker Angelo<br />

1. Mai. Vari (Siros) - Ermoupolis (Siros) 10 Volker Angelo<br />

2. Mai. Ermoupolis (Siros) - Tinos (Tinos) 12 Volker Angelo<br />

3. Mai. Tinos - Nisos Rineia (Südbucht) 13 Volker Angelo<br />

4. Mai. Nisos Rineia (Südbucht) - Mykonos 9 Volker Angelo<br />

10. Mai. Mykonos – Rineia 8 Volker Brunhild<br />

12. Mai. Rineia – Naxos 19 Volker Brunhild<br />

15. Mai. Naxos – Myrsini (Schoinousa) 15 Volker Brunhild<br />

16. Mai. Myrsini (Schoinousa) – Nea Kammeni (Santorin) 33 Volker Brunhild<br />

17. Mai. Nea Kammeni (Santorin) – Vlychada / Yachthafen (Santorin) 8 Volker Brunhild<br />

22. Mai. Santorin – Bucht Kalotaritissa (Westseite von Amorgos) 33 Volker Klaus Otto<br />

23. Mai. Bucht Kalotaritissa (Westseite von Amorgos) – Hafen von Amorgos 7 Volker Klaus Otto<br />

24. Mai. Amorgos – Myrsini (Schoinoussa) 19 Volker Klaus Otto<br />

25. Mai. Myrsini (Schoinoussa) – Paros 28 Volker Klaus Otto<br />

26. Mai. Paros – Seriphos 28 Volker Klaus Otto<br />

27. Mai. Seriphos – Sifnos (Bucht Vathy) 15 Volker Klaus Otto<br />

28. Mai. Sifnos – Milos 22 Volker Klaus Otto<br />

30. Mai. Milos – Pholegandros 33 Volker Klaus Otto<br />

31. Mai. Pholegandros – Ios 16 Volker Klaus Otto<br />

2. Jun. Ios – Santorin 30 Volker Klaus Otto<br />

5. Jun. Santorin – Vathy (Astipalaia) 52 Volker<br />

6. Jun. Vathy (Astipalaia) – Bodrum (Türkei) 59 Volker<br />

7. Jun. Bodrum – YATLIFT-Werft 2 Volker<br />

11. Jun. Bodrum – Nicolaos (Kreta) 145 Volker<br />

14. Jun. Nicolaos – Bucht Spinalongas 10 Volker<br />

15. Jun. Spinalongas – Spinalongas 14 Volker<br />

16. Jun. Spinolongas – Heraklion 36 Volker<br />

6. Jul. Heraklion – Rethymnon 36 Volker Hans<br />

7. Jul. Rethymnon – Chania 31 Volker Hans


8. Jul. Chania – Gramvousa 31 Volker Hans<br />

10. Jul. Gramvousa – Kapsali auf Kythira 43 Volker Hans<br />

11. Jul. Kapsali – Limeni 53 Volker Hans<br />

12. Jul. Limeni – Pylos 42 Volker Hans<br />

13. Jul. Pilos – Catania 318 Volker Hans<br />

20. Jul. Catania – Aci Trezza 6 Volker Hans Brunhild<br />

23. Jul. Aci Trezza – Riposto 12 Volker Brunhild<br />

25. Jul. Riposto – Ace Trezzo 11 Volker Brunhild<br />

28. Jul. Ace Trezzo – Catania 6 Volker Brunhild Johanna<br />

31. Jul. Catania – Syrakus 30 Volker Brunhild Johanna<br />

3. Aug. Syrakus – Porto Palo 29 Volker Brunhild Johanna<br />

4. Aug. Porto Palo – Mgarr (Gonzo / Malta) 56 Volker Brunhild Johanna<br />

7. Aug. Mgarr – Fungus-Bucht 7 Volker Brunhild Johanna<br />

8. Aug. Fungus-Bucht – St. Pauls-Bay (Valetta) 17 Volker Brunhild Johanna<br />

9. Aug. St. Pauls-Bay – Valetta 8 Volker Brunhild Johanna<br />

13. Aug. Valetta – Valetta 4 Volker Brunhild Johanna<br />

18. Aug. Valetta – Comino (San Niklaw Bay) 14 Volker Ingi Sigi<br />

19. Aug. Comino (San Niklaw Bay) – (Gozo) Mgarr 2 Volker Ingi Sigi<br />

20. Aug. Mgarr – Fungus-Bucht 7 Volker Ingi Sigi<br />

21. Aug. Fungus-Bucht – Valetta 24 Volker Ingi Sigi<br />

23. Aug. Valetta – Licata 77 Volker<br />

25. Aug. Licata – Empedocle 24 Volker<br />

28. Aug. Empedocle – Sciacca 29 Volker<br />

30. Aug. Sciacca – Pantelleria 68 Volker<br />

1. Sep. Pantelleria – Kelibia (Tunesien) 40 Volker<br />

2. Sep. Kelibia – Hammamet 40 Volker<br />

17. Sep. Yasmine-Marina Hammamet – Hammamet Stadt 3 Volker Friedhelm<br />

18. Sep. Hammamet – Hergla 22 Volker Friedhelm<br />

19. Sep. Hergla – Monastir Marina 22 Volker Friedhelm<br />

21. Sep. Monastir – La Chebba 41 Volker Friedhelm<br />

22. Sep. La Chebba – Ankerplatz vor Iles Kerkennah 25 Volker Friedhelm<br />

23. Sep. Ankerplatz vor Iles Kerkennah – La Chebba 25 Volker Friedhelm<br />

24. Sep. La Chebba – Mahdia 17 Volker Friedhelm<br />

25. Sep. Mahdia – Monastir 26 Volker Friedhelm<br />

1. Okt. Monastir – Mahdia 25 Volker Angelo<br />

2. Okt. Mahdia – La Chebba 16 Volker Angelo<br />

3. Okt. La Chebba – Sidi Youssef 43 Volker Angelo<br />

6. Okt. Sidi Youssef – La Chebba 43 Volker Angelo<br />

7. Okt. La Chebba – Mahdia 16 Volker Angelo<br />

8. Okt. Mahdia –Monastir 25 Volker Angelo<br />

19. Okt. Monastir – Hammamet 39 Volker Brunhild<br />

20. Okt. Hammamet – Yasmine-Marina Hammamet 3 Volker Brunhild<br />

Total 2253


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

1. T EIL DER R EISE VOM 15. A PRIL BIS ZUM 5. M AI<br />

V ORWORT<br />

Wieder in Griechenland<br />

An Bord: Volker und Angelo<br />

VON D IENSTAG, DEN 15. A PRIL BIS D ONNERSTAG, DEN 24. A PRIL<br />

Am 15. April brachte mich Brunhild morgens nach Hamburg zum Flughafen. Mit der Swiss-Air<br />

ging es dann über Zürich, wo Angelo zustieg, nach Athen. Dort hatte ich mir für eine Woche<br />

ein Auto gemietet, mit dem wir dann auch in 2 ½ Stunden – gerade vor dem Dunkelwerden<br />

(gegen 20.00 Uhr) in Kilada auf dem östlichen Peloponnes ankamen.<br />

Dort hatte die VELA 6 Monate lang den Winter verschlafen. Es ist eine tolle, sehr professionelle<br />

Werft. Alle Boote stehen auf soliden Stahlböcken und alles ist sehr ordentlich und sauber.<br />

Griechenland im Frühling: Alles ist<br />

grün und an den Wegrändern und auf<br />

den Wiesen unter Olivenbäumen findet<br />

man alle Farben des Frühlings.<br />

Neben blau, gelb und violett fallen die<br />

dunkelroten Mohnblüten am stärksten<br />

auf. Hinter unserem Schiff grasten<br />

Schafe unter Olivenbäumen, deren<br />

Glocken uns diese Woche über begleiteten.<br />

Wir hatten uns eine ganze Menge<br />

Arbeit vorgenommen und da wir endlich<br />

wieder segeln wollten, arbeiteten<br />

wir von morgens bis abends. Das<br />

Wetter tat dazu sein Bestes. <strong>Die</strong><br />

meisten Tage waren sonnig und mit-


tags konnten die Temperaturen schon mal auf 30 Grad klettern. Nachts beschien ein voller<br />

Mond unser Dasein und eine feuchte Kälte ließ uns dann die zweite Bettdecke herausholen.<br />

Angelo schliff und malte mal wieder den roten Streifen und das Unterwasserschiff. Wir beide<br />

bauten die Ankerwinsch wieder aus und verstärkten ihre Befestigung unter Deck mit einem<br />

starken Stück Holz. Der Kobra-Anker, der im letzten Jahr ein paar mal nicht gehalten hatte,<br />

wurde zum Zweitanker degradiert. Zum Vorschein holten wir wieder den alten CQR-Anker. In<br />

der Werft wurde an seiner Spitze ein Meißel angeschweißt, so dass er sich leichter in harten<br />

oder bewachsenen Meeresboden eingraben kann (aus dem Buch: „Besser Ankern“). Anschließend<br />

malten wir ihn weiß, damit er unter Wasser besser zu sehen ist.<br />

Eine weitere Aufgabe, die viel aufwändiger war, als ich dachte, war der Einbau einer neuen<br />

Motorselbststeueranlage von Raymarine mit lernfähigem Computer. <strong>Die</strong> alte Anlage mit dem<br />

Riemenantrieb, die immer wieder an- und abgebaut werden musste, schenkte ich dann meinen<br />

österreichischen Freunden Bims und Schani, die die gleiche Anlage haben – jedoch defekt.<br />

Bei der neuen Anlage ist alles fest eingebaut. Sie besteht aus 6 Teilen: dem Steuerelement<br />

am Ruderrad, einem Kommandogeber, dem Computer, einem Fluxgatekompass, einem<br />

Ruderlageanzeiger und einer Fernbedienung, mit der ich das Boot zur Not von überall an Bord<br />

aus steuern kann. Am schwierigsten war der Ruderlageanzeiger anzubauen. Da er eine Verbindung<br />

zur Ruderwelle haben muss, musste ich wieder ganz ins Heck in den Kleiderschrank<br />

kriechen.<br />

Neben vielen anderen kleinen Arbeiten veränderte ich noch die Aufhängung des Spinnakerbaumes<br />

und baute Maststufen an den Besanmast. Walter und Frauken von der TIENE, die<br />

auch an ihrem Boot arbeiteten, halfen mir mit so manchem Werkzeug aus.<br />

Nachdem wir dann bei Lidl unsere Vorräte aufgefüllt hatten und ich das Auto zurück nach Athen<br />

gebracht hatte, waren wir am Donnerstag, dem 24. April so weit, ins Wasser zu gehen.<br />

Dass wir alles so schnell geschafft hatten, stellte sich jetzt als sehr wichtig heraus. Am 25. April<br />

ist hier nämlich Karfreitag und dann am 27. und 28. das griechische Osterfest. Da Ostern in<br />

der griechisch-orthodoxen Kirche das wichtigste Fest ist, wird an diesen Tagen auch nicht gearbeitet.<br />

So kam der Travelwagen am Gründonnerstag gegen 09.30 Uhr und brachte uns zu dem großen<br />

Portalkran, der uns behutsam ins Wasser setzte. <strong>Die</strong> Maschine sprang auch sofort an, so<br />

dass wir einen Ankerplatz in der Bucht aufsuchen konnten.<br />

Dort schlugen wir dann alle Segel an. Da es doch ganz schön wehte, und sehr heiß war (ich<br />

musste dreimal in den Mast klettern), waren wir dann um 16.00 Uhr so geschafft, dass wir uns<br />

einen Imbiss an Land gönnten. Wir aßen ganz frischen Calamaris, dessen Brüder und<br />

Schwestern noch neben uns an der Wäscheleine zum Trocknen aufgehängt waren.<br />

Abends machten uns Kirchengesänge und ein ewiges Glockenläuten neugierig. Wir fuhren<br />

noch einmal mit unserem Schlauchboot an Land und gingen zu der großen Kirche oberhalb<br />

der Stadt. Hier war der Passionsgottesdienst im vollen Gange. <strong>Die</strong> Kirche war bis zum letzten<br />

Platz gefüllt, alle im feinsten Sonntagsstaat und alle Frauen mit Kleidern oder Röcken. Der<br />

Pope sang, die Menschen gingen zum Kreuz und küssten dem Heiland die Füße und zwischendurch<br />

gab es einen Wechselgesang zwischen zwei Männern, die Mikrophone hatten.<br />

Aber anders, als in katholischen oder evangelischen Kirchen, standen die drei Türen der Kirche<br />

die ganze Zeit über offen und es war ein ständiges Kommen und Gehen.<br />

<strong>Die</strong> Wandgemälde in der Kirche erzählten vom Leben Christi und von Heiligen. Auffällig war<br />

jedoch, dass nirgendwo Christi Geburt dargestellt war. Es würde mich schon interessieren,<br />

was die griechisch-orthodoxe von der römisch-katholischen Kirche unterscheidet.


V ON K ILADA NACH M YKONOS<br />

Es geht los<br />

An Bord: Volker und Angelo<br />

F REITAG, DEN 25. A PRIL <strong>2008</strong><br />

Von Kilada nach Dokos (22 sm)<br />

Gegen 09.30 Uhr lichteten wir unseren<br />

Anker, der sich ganz tief in den<br />

Schlickgrund eingegraben hatte. Bei<br />

leichten Winden verließen wir die große<br />

Bucht. Draußen fuhren wir zwei<br />

Vollkreise, um die Deviation unseres<br />

Fluxgatekompasses (der Kompass für<br />

die neue Selbststeueranlage) zu ermitteln.<br />

Sie beträgt nur 2 Grad. In den<br />

nächsten Tagen müssen wir bei ruhiger<br />

See noch weitere Einstellungen<br />

vornehmen. Aber auch schon jetzt<br />

funktionierte die neue Selbststeueranlage<br />

hervorragend.<br />

Anschließend hatten wir Gelegenheit alle möglichen Segelstellungen auszupro-bieren. Hier<br />

zwischen den Inseln kommt der Wind häufig aus unterschiedlichen Richtungen. Aber wir hatten<br />

fast die ganze Zeit guten Segelwind. Auch der Umbau des Spinnakerbaumes bewährte<br />

sich. 5 sm vor unserem Ziel brieste es<br />

dann auf 6 Bft auf und da der Wind genau<br />

von vorne kam, nutzten wir die Maschine,<br />

um unser Ziel zu erreichen.<br />

Unser Ziel war eine kleine Bucht im<br />

Norden der fast unbewohnten Insel Dokos.<br />

Hier war ich im vorletzten Jahr schon<br />

einmal mit Uwe, Sonja und Astrid. Ein<br />

norwegisches Boot hatte hier schon mit<br />

Anker und Heckleine fest gemacht. Wir<br />

taten es ihm gleich. Da das Wasser für<br />

Angelo doch noch etwas zu kalt zum<br />

Schwimmen war, mussten wir die Leine<br />

mit dem Schlauchboot an Land bringen.<br />

Ein kleiner Ausflug führte uns ins Innere<br />

der Insel. Am Hafen steht ein halb zerfallenes Haus. Kein Mensch, aber 4 schöne Pferde. Wir<br />

stiegen wieder zwischen uralten Olivenbäumen hinauf zu den beiden kleinen Kapellen, von wo<br />

man einen schönen Ausblick auf die Berge des Peloponnes hat.<br />

S AMSTAG, 26. A PRIL <strong>2008</strong><br />

Von Dokos nach Poros (17 sm)<br />

Brr, es ist so richtig kalt, die Wolken hängen auf den Bergen und es regnet ab und zu. Ich habe<br />

die Heizung angemacht.


Wir liegen in Poros, der malerischen kleinen Stadt auf der gleichnamigen Insel am östliche Peloponnes.<br />

Nach einer sternklaren Nacht kündigten sich schon beim Aufstehen Regenwolken<br />

im Westen an.<br />

Kurz vor 10.00 lösten wir die Heckleine und gingen Anker auf. Da wir kaum noch <strong>Die</strong>sel haben,<br />

suchten wir uns als Ziel den 17 sm entfernten Hafen Poros aus. Hier war ich in den letzten<br />

Jahren schon mehrere Male. Auf einem kleinen Hügel, gekrönt von einer kleinen Kirche,<br />

ziehen sich die Häuser den Berg hinauf. Eine schmale Passage trennt Poros vom Festland.<br />

Sie ist gesäumt von einer langen Uferpromenade, die im Sommer voller Touristen ist. Auch<br />

jetzt ist es hier sehr belebt. Viele Griechen sind vermutlich über Ostern hierher gekommen.<br />

Nach einer Stunde mit Motor gegen einen Wind von 4 Bft, konnten wir jedoch Segel setzen<br />

und erreichten dann gegen 14.00 Uhr Poros. Wir segelten an der Uferpromenade entlang und<br />

gingen dann an einem neu gebauten Ponton an der Nordseite des Ortes mit Heckleinen zum<br />

Steg vor Anker.<br />

Ich kaufte in der Stadt dann einen neuen Verklicker (Windanzeiger oben am Mast) für unverschämte<br />

45,- €. Er war uns gestern bei dem starken Wind davon geflogen. Wir brauchen ihn<br />

aber dringend, um die Segel richtig trimmen zu können. Auch fand ich eine griechische Gastlandflagge.<br />

<strong>Die</strong> alte war so ausgefranst, dass ich sie nach der letzten <strong>Reise</strong> fortgeworfen hatte.<br />

Obwohl ich auf dieser <strong>Reise</strong> nicht so viel vom Essen schreiben will, muss ich doch erwähnen,<br />

dass Angelo ein hervorragendes Abendessen gekocht hat (Schweinefilet, Pilze, Kartoffeln und<br />

einen Chikorresalat).<br />

Ich baute dann den neuen Verklicker im Masttopp an und erreichte noch den <strong>Die</strong>selwagen,<br />

der uns morgen am Ostersonntag den nötig gebrauchten Treibstoff bringen wird. Da in den<br />

nächsten Tagen wenig Wind angesagt ist, befürchte ich, dass wir wohl die 50 sm zu den ersten<br />

Kykladeninseln motoren müssen.<br />

Morgen bleiben wir aber erst einmal hier.<br />

Dann zogen ganz dunkle Wolken heran, fielen über die Berghänge und ließen ihren Regen<br />

auf das salzige Deck herniederprasseln. Wir lagen jedoch gut geschützt, machten die Heizung<br />

an und verkrochen uns in unseren Salon.<br />

Als ich dann gegen 23.30 Uhr in die Koje gehen wollte, hörte ich geistliche Musik und das ohrenbetäubende<br />

Knallen von Feuerwerkskörpern. Da kann man ja nicht schlafen. Da es aufgehört<br />

hatte zu regnen, machte ich mich auf zum Uhrenturm, der auf den höchsten Gipfel der<br />

kleinen Stadt steht. Hier war ich schon einmal vor 1 ½ Jahren mit Astrid, Uwe und Sonja. Jetzt<br />

hörte ich auch über den Sund, der das Festland von der Insel Poros trennt, geistliche Musik.<br />

Der Oster-Mitternachtsgottesdienst war in vollem Gange. Als dann die Zeiger der Uhr Mitternacht<br />

anzeigten, dröhnten überall Feuerwerkskörper und über der Kirche von Poros wurde ein<br />

grandioses Feuerwerk abgebrannt. Als ich dann wieder an Bord ging, kamen mir all die Menschen<br />

entgegen, die am Gottesdienst teilgenommen hatten. Alle hatten eine brennende Kerze<br />

in der Hand.<br />

S ONNTAG, 27. A PRIL <strong>2008</strong><br />

Ostersonntag in Griechenland.<br />

Es ist immer noch grau und windig. Wir verholen unser Boot an einen Platz, wo der Tankwagen<br />

heranfahren kann. Ich rufe ihn an und wir tanken 69 Liter <strong>Die</strong>sel für 1,30 € / Liter. Anschließend<br />

bummeln wir bei den ersten Sonnenstrahlen, die sich durch die Wolken stehlen, in<br />

den Ort und trinken an der Uferpromenade einen Kaffee.<br />

Da wir hier an der Pier einen Stromanschluss haben, legen Angelo und ich noch einen Arbeitstag<br />

ein. Wir installieren in allen 4 Kojen starke LED-Leselampen. So können wir den<br />

Stromverbrauch noch weiter reduzieren.<br />

Gegen 17.00 Uhr sind wir fertig. Mittlerweile gibt es wieder mehr Sonne als Wolken und es ist<br />

auch viel wärmer geworden.


Abends machten wir dann einen Bummel an der Uferpromenade entlang. Alle Cafés waren<br />

voll besetzt und als sich dann gegen 20.00 Uhr auch die Restaurants füllten, lud Angelo mich<br />

zum Essen ein. Nach einen süßen griechischen Schokoladenkuchen und einem Espresso<br />

gingen wir wieder an Bord zurück.<br />

M ONTAG, 28. A PRIL <strong>2008</strong><br />

Poros – Kythnos 48 sm<br />

Heute wollen wir den Sprung zu den Kykladen wagen. Der Wetterbericht spricht morgens von<br />

nördlichen Winden um 4 Bft, die dann während des Tages auf SW drehen und leider abnehmen<br />

sollen.<br />

So stehen wir schon um 06.00 Uhr bei der ersten Morgendämmerung auf und machen uns um<br />

07.40 Uhr auf den Weg. Draußen empfängt uns ein schöner Nordwind, der von halb einkommt<br />

und uns über 5 kn laufen lässt. Wir stellen die ARIES (Windselbststeueranlage) ein, so dass<br />

wir nicht zu steuern brauchen. Aber bei bedecktem Himmel ist es bitter kalt. Wir fühlen uns auf<br />

die Ostsee versetzt.<br />

Aber gegen 09.00 Uhr wird der Wind immer flauer und setzt dann fast ganz aus. So müssen<br />

wir die restlichen Meilen unter Maschine zurück legen. Das gute daran: <strong>Die</strong> Wolken verziehen<br />

sich und endlich ist auch der blaue Griechenlandhimmel wieder da. Angelo, der sich den<br />

Wassersack aufs Vorschiff in die Sonne gelegt hat, nimmt ein warmes Duschbad.<br />

Gegen 15.00 Uhr erreichen wir Kythnos. Wir haben uns entschieden, die geschützte Bucht<br />

Pykiada an der Ostseite der Insel, eben nördlich des kleinen Fährhafens Merichas anzulaufen.<br />

Ein breiter weißer Sandstrand trennt sie von einer anderen Bucht (Ormos Kolono). Hier stehen<br />

nur einige zur Zeit unbewohnte Häuser und wir sind alleine. Der Anker fällt auf 3 m Tiefe. Aber<br />

erst nach vier Versuchen, nachdem wir ihn in ein Seegrasfeld geworfen haben, fasst er.<br />

Während Angelo liest, mache ich noch einige kleine Reparaturen und beginne das Bonito-<br />

Programm einzurichten, das uns über Radio neben Wetterberichten auch Wetterkarten liefert.<br />

Der Wind hat mittlerweile auf WSW gedreht und weht mit gerade mal 3 Bft. Dann kommen<br />

doch noch vier andere Segelyachten in unser kleines „Paradies“.<br />

D IENSTAG, 29. A PRIL <strong>2008</strong><br />

Bucht Pykiada – Loutra auf Kythnos (10 sm)<br />

<strong>Die</strong> Nacht war ganz ruhig und richtig dunkel. Nur die vier Ankerlichter der Boote machten dem<br />

Sternenhimmel Konkurrenz.<br />

Der Morgen kündigte sich griechisch<br />

an: Blauer Himmel und blaue See –<br />

aber kein Wind.<br />

Nach dem Frühstück gingen wir Anker<br />

auf und motorten bei völliger<br />

Flaute um das Nordende von<br />

Kythnos. <strong>Die</strong> Insel ist baumlos, wie<br />

viele der Kykladeninseln. Jetzt im<br />

Frühjahr ist jedoch alles mit einer<br />

grünen Vegetationsschicht bedeckt.<br />

Gegen 12.00 Uhr kamen wir im kleinen<br />

Hafen von Loutra an. Wir fanden<br />

einen ganz geschützten Liegeplatz<br />

längseits der Außenpier. Loutra hat<br />

warme Heilquellen. Schon König Otto<br />

von Bayern und König von Grie-


chenland ließ hier ein Sanatorium bauen, das noch heute in Betrieb ist. Aus dem Inland fließt<br />

ein kleiner Bach mit 40 Grad warmem Wasser in die See. Hier hat man ein kleines Bassin aus<br />

Steinen erbaut, in dem man eine kostenlose Heilkur machen kann. Mal sehen, wenn wir morgen<br />

noch hier bleiben, werden wir uns wohl auch heilen lassen. Danach sieht es aus. Wenn<br />

der Wind, der während des Tages aus WSW geweht hatte, auch übermorgen noch durchstehen<br />

soll, lassen wir es uns in dieser kleinen Idylle auch morgen noch gut gehen.<br />

Als wir angelegt hatten, wollten wir erst einmal in einem der kleinen Cafés etwas trinken. Dann<br />

überkam uns doch der Hunger. Ich aß Calamari und Angelo eine Fischsuppe und einen Fisch.<br />

Anschließend lackierten wir die kleinen Brettchen, die wir unter den neuen LED-Kojenlampen<br />

anbringen wollen.<br />

Als ich nach einer gemütlichen Siesta wieder erwachte, hatte Angelo schon eingekauft. Wir<br />

tranken einen Kaffee an Bord und beobachteten, wie sich der kleine Hafen so nach und nach<br />

mit Segelbooten füllte. Neben uns liegt eine riesige Motoryacht mit 3 Philippinos als Mannschaft<br />

und vor uns legte dann noch ein holländisches Boot an. Es wird von einer Lehrerin gesegelt,<br />

die immer ihre Ferien darauf verbringt. Zur Zeit hat sie zwei Gäste an Bord.<br />

Mit einem Spaziergang auf die andere Seite der Bucht, ein paar kleinen Reparaturen, frischem<br />

Fetakäse mit Tomaten auf knackigen Weißbrot und einigen Gin-Tonic ließen wir den Tag dann<br />

ausklingen.<br />

M ITTWOCH, 30. A PRIL <strong>2008</strong><br />

Loutra (Kythnos) – Vari (Siros) (24 sm)<br />

Poseidon (griechischer Wetterbericht) sagt für morgen keinen Wind an. So entscheiden wir<br />

uns, schon heute nach dem Frühstück auszulaufen und Kurs auf die 24 sm entfernte Insel Siros<br />

zu nehmen. Wir hatten in den letzten Tagen schon genug motort und wollten nun endlich<br />

mal wieder segeln.<br />

Anfangs wehte der Wind genau achterlich aus West. So setzten wir die Passatsegel, um die<br />

neuen hängenden Spinnakerbäume zu testen. Aber nach einer Stunde drehte dann der Wind<br />

auf Süd; d.h. er kam jetzt von der Seite. Beim Bergen der Segel brach leider ein Spinnakerbaumbeschlag<br />

ab. Ich telefonierte mit Herrn Suhr von Niemeyer in Kiel. Er wird einen besorgen,<br />

den Brunhild dann nächste Woche mitbringen kann.<br />

Wir segelten dann mit<br />

Normalbesegelung bei 3 bis 4<br />

Windstärken weiter. <strong>Die</strong> neue Motorselbststeueranlage<br />

machte das<br />

ganz vorzüglich. Wir saßen im<br />

Cockpit, lasen und diskutierten dann<br />

ganz heiß über naturwissenschaftliches<br />

Denken und Religiosität.<br />

So verging die Zeit wie im<br />

Fluge. Gegen 16.30 erreichten wir<br />

dann die kleine Bucht Vari im Süden<br />

der Insel. Sie hat eine kleine<br />

Ausbuchtung nach Westen, in der<br />

man auch bei Südwind ganz<br />

geschützt liegen kann.<br />

Als wir dann die Ecke rundeten,<br />

hatten sie dort jedoch eine<br />

Hafenmole errichtet und mitten in dem kleinen Hafen lag ein großen Katamaran an einer Boje.<br />

Da uns der andere Teil der Bucht jedoch zu „wellig“ war, gingen wir dennoch in dem kleinen<br />

Hafen vor Anker. Da war es jedoch zu flach zum Schwojen.<br />

Wir entschieden uns dann, eine Heckleine zu der kleinen Pier auszubringen und da der<br />

Hauptanker nicht ganz so hielt, wie ich es mir wünschte, brachten wir mit dem Schlauchboot


noch einen zweiten mit Kette und Leine aus (so wie Ruud es immer tut, wenn er nicht ganz sicher<br />

ist).<br />

Nach getaner Arbeit fuhren wir an Land, wanderten in den kleinen Ort und tranken dort Frappé<br />

und aßen eine Waffel.<br />

Vergessen darf ich natürlich nicht, dass Angelo heute die Badesaison eröffnet hat. Er meint,<br />

das Wasser habe gefühlte 18 Grad.<br />

D ONNERSTAG, 1. M AI <strong>2008</strong><br />

Vari (Siros) – Ermoupolis (Siros) (10 sm)<br />

Heute hatten wir dann unseren Frühsport.<br />

Beide Anker hatten sich an schweren<br />

Fischerankern verhakt. Aber schließlich<br />

waren wir wieder frei und nahmen<br />

bei der angekündigten Windstille, blauem<br />

Himmel und Sonnenschein Kurs auf die<br />

Hauptstadt der Insel und der Kykladen.<br />

Ermoupolis ist eine auf zwei Hügeln errichtete<br />

Stadt; einer römisch-katholisch,<br />

der andere griechisch orthodox.<br />

Da der Yachthafen sehr weit außerhalb<br />

liegt und dort auch kaum Masten zu erkennen<br />

waren, nahmen wir Kurs auf die<br />

Innenstadt. Hier liegen wir mal wieder mit<br />

dem Heck richtig im griechischen Leben. Nach Verlassen des Schiffes kann man sich gleich in<br />

einen gepolsterten Sessel eines Cafés fallen lassen, was wir dann auch taten und einen Frappé<br />

tranken. Andererseits kann man vom Cockpit aus auch die Schönen und Moppeligen genüsslich<br />

betrachten, die vorbeidefilieren oder sich an Kaffee und süßem griechischen Kuchen<br />

gut tun. Es ist zwar etwas laut – aber so ab und zu mal nach den ruhigen Buchten ...<br />

Ich baute dann noch die neuen Leselampen über den Kojen an und legte mich dann zur Mittagssiesta<br />

in die Koje.<br />

Nach einem Kaffee im Cockpit<br />

probierte ich die neue WLAN-<br />

Antenne aus. Hier gab es viele<br />

Sender und auch einige<br />

unverschlüsselte. Ich konnte eine<br />

ganz schnelle kostenlose Verbindung<br />

ins Internet herstellen. Na,<br />

endlich hat es geklappt.<br />

Gegen Abend machen sich Angelo<br />

und ich auf die „Besteigung“ des<br />

Berges, auf dem die griechischorthodoxe<br />

Kathedrale steht. Durch<br />

kleine, enge Gassen, die mit<br />

Marmorplatten gepflastert sind, geht<br />

es immer höher hinauf. Oben<br />

angekommen, haben wir einen<br />

herrlichen Blick über Hafen und<br />

Stadt. In der Ferne erscheinen Tinos, Mykonos und Naxos als Schattenrisse am Horizont. In<br />

der Kathedrale ist gerade der Priester dabei eine Fahne an einer der Kanzeln zu befestigen.<br />

Ich helfe ihm dabei und so kommen wir ins Gespräch. Er ist seit 30 Jahren der Priester dieser<br />

Kirche. Zuvor war er mehrere Jahre in Australien, wo er auch Englisch gelernt hat. <strong>Die</strong> Flagge<br />

gehört der Athener Gemeinde, die aus Siros stammt. Am kommenden Wochenende kommen


sie alle und feiern in ihrer Heimatkirche einen Nachostergottesdienst. Zum Abschied schenkt<br />

er uns rot bemalte Ostereier in einer roten Folie verpackt. Sie werden beim Gottesdienst an<br />

die Gläubigen verteilt.<br />

Anschließend lade ich Angelo zum Essen ein. Wir finden in einem kleinen Hinterhof ein schönes<br />

Restaurant, in dem es traditionelles griechisches Essen gibt. Ich esse z.B. Kalbfleisch mit<br />

Pflaumen und Reis. Es schmeckt köstlich.<br />

F REITAG, 2. M AI <strong>2008</strong><br />

Ermoupolis (Siros) – Tinos (Tinos) (12 sm)<br />

Der erste wirklich warme Tag, seit dem<br />

wir unterwegs sind. Über der Ägäis hat<br />

sich ein Hochdruckgebiet gebildet. Das<br />

heißt natürlich auch Windstille.<br />

Wir kaufen in den kleinen Gassen, die<br />

heute erfüllt sind mit Leben, Gemüse und<br />

Fleisch ein.<br />

Gegen 11.00 Uhr lichten wir den Anker<br />

und motoren über ein spiegelglattes<br />

Meer hinüber nach Tinos. In der Warmwasserdusche<br />

hatten wir uns Wasser<br />

warm gemacht und wuschen uns so auf<br />

den Vorschiff Haare und alles andere.<br />

In Tinos war der <strong>gesamte</strong> Anleger von<br />

einer Flottille von über 30 großen Segelyachten unter russischer Flagge belegt. Der Anleger<br />

gegenüber, wo wir vor zwei Jahren mit James und Jürgen an Bord festgemacht hatten, wird<br />

von mehreren Schuten und einem Kran belegt, die vermutlich dabei sind, die neue Mole zu<br />

bauen. Da gestern erster Mai war, wird heute und am Wochenende vermutlich nicht gearbeitet.<br />

So legen wir uns längseits eines dieser rostigen Kähne und sind, obwohl nahe an der<br />

Stadt, doch von deren Lärm weitestgehend verschont.<br />

Am späten Nachmittag machen wir einen Ausflug zu der oberhalb der Stadt liegenden Wallfahrtskirche<br />

Panagia Evangilistria.<br />

<strong>Die</strong>ses griechisch-orthodoxe<br />

„Lourdes“ besitzt eine wohltätige<br />

Ikone der Mutter Maria, die 1822<br />

entdeckt wurde. In der Kirche, die<br />

vollgehängt ist mit Votivgaben,<br />

wurde gerade ein Gottesdienst<br />

abgehalten. Am nächsten Morgen<br />

sah ich dann mehrere Pilger, die<br />

auf Knien, auf einem extra<br />

bezeichneten Weg neben der<br />

Hauptstraße, die ca. 2 km zur<br />

Kirche hinauf krochen.<br />

Anschließend setzten wir unseren<br />

Weg in entgegen gesetzter<br />

Richtung fort zu einem Denkmal,<br />

von dem man die ganze Stadt<br />

überblicken konnte.<br />

Ich brachte dann noch meine Webseite auf Vordermann und Angelo kochte gefüllte Paprika.<br />

Eine heiße Diskussion über Werte und Moralvorstellungen beendete dann den Tag.


S AMSTAG, 3. M AI <strong>2008</strong><br />

Tinos – Nisos Rineia (Südbucht) (13 sm)<br />

Beim Hellwerden kam, wie vom Wetterbericht vorhergesagt, der Meltemi. Wir lagen jedoch sicher<br />

an diesem alten, verrosteten Leichter vertäut.<br />

Angelo schlief heute mal aus. Ich machte mich dann kurz nach 09.00 Uhr auf in die Stadt. Da<br />

das Telefonieren über das deutsche Handy doch recht teuer ist, entschließe ich mich, einen<br />

neuen Akku, der über Winter seinen Geist aufgegeben hatte, und eine neue Prepaidkarte zu<br />

kaufen. So kann ich recht günstig angerufen werden und auch selbst telefonieren (Telefon in<br />

Griechenland: 0030 – 69 45 44 14 93). Nach ein paar weiteren Einkäufen für unser leibliches<br />

Wohl, liefen wir dann gegen 11.00 Uhr aus. Da wir noch etwas Zeit haben, bevor Brunhild<br />

nächste Woche kommt, haben wir uns die fast unbewohnte kleine Insel Nisos Rineia als Ziel<br />

gewählt. Ihre Küsten sind sehr zerklüftet und im Süden befindet sich laut Handbuch eine vor<br />

dem Meltemi (Nordwind) gut geschützte Bucht. <strong>Die</strong> Insel liegt etwas westlich von Mykonos, direkt<br />

neben Dilos, wo es antike Ausgrabungen gibt. Dort darf man jedoch mit einer Yacht nicht<br />

anlegen, sondern muss die Ausflugsboote von Mykonos benutzen.<br />

Draußen empfing uns ein schöner Segelwind von achtern, der uns nur unter Genoa (Vorsegel)<br />

mit bis zu 6 kn unserem Ziel entgegen schob. Eine kleine zwischenzeitliche Flaute tat dem<br />

keinen Abbruch.<br />

In der Bucht lag schon eine sehr große Motoryacht. Da sie jedoch weiter draußen ankerte,<br />

konnten wir unseren Anker auf 3m Tiefe in das azurblaue Wasser vor dem weißen Sandstrand<br />

fallen lassen.<br />

Dann merkten wir aber, dass der Anker nicht hielt. Ich hatte ja dem CQR-Anker eine scharfe<br />

Spitze anschweißen, aber keinen, wie im Buch „Besser Ankern“ beschrieben, bleigefüllten<br />

Kasten unter den Flunken anbringen lassen. So scheint dessen Geometrie gestört zu sein und<br />

er gräbt sich auf Sandboden nicht so gut ein. Das muss ich noch einmal nachholen. So<br />

tauschten wir diesen Anker wieder gegen den Kobra-Anker, der dann auch gleich fasste und<br />

sich mit „Voll zurück“ gut eingrub.<br />

Es scheint die Sonne vom blauen Griechenlandhimmel und der Meltemi lässt die VELA bei 4<br />

bis 5 Bft vor dem Anker schwojen. Im Windschatten ist es sehr warm; der Wind ist jedoch relativ<br />

kühl.<br />

S ONNTAG, 4. M AI <strong>2008</strong><br />

Nisos Rineia (Südbucht) – Mykonos (9 sm)<br />

In der Nacht flaute der Wind dann<br />

völlig ab. Es war absolut dunkel – nur<br />

die Ankerlichter von uns und einer<br />

anderen Yacht, die etwas entfernt vor<br />

Anker gegangen war.<br />

Mit der Sonne kam dann auch der<br />

Meltemi wieder. Angelo war schon<br />

um 07.00 Uhr aufgewacht und als ich<br />

dann so kurz nach 08.00 Uhr aufstand,<br />

war der Kaffee schon zubereitet.<br />

Gegen 10.00 Uhr liefen wir dann aus.<br />

Zuvor hatten wir noch ein Reff ins<br />

Großsegel gebunden. Da wir keine<br />

guten Karten für die enge Durchfahrt<br />

zwischen Nisos Rineia und Dilos hatten,<br />

segelten wir durch die Meerenge zwischen Dilos und Mykonos hindurch. Hier pfiff der


Meltemi uns dann genau von vorne mit 5 bis 6 Bft um die Ohren. Wir refften auch noch die<br />

Genoa und konnten dann nach 4 Kreuzschlägen den Yachthafen von Mykonos anliegen. Gegen<br />

13.00 Uhr fanden wir dann hinter der Hafenmole Schutz.<br />

Im eigentlichen Hafen von Mykonos<br />

darf man nicht anlegen. Der<br />

Yachthafen liegt hinter einer sehr<br />

langen Mole, an der auch ein großes<br />

Kreuzfahrtschiff fest gemacht hatte.<br />

Im Hafenhandbuch von Rod Heikell<br />

wird er noch als im Ausbau<br />

beschrieben. Nun könnte man<br />

meinen, er wäre wohl nach 6 Jahren<br />

endlich fertig. Aber weit gefehlt. Es<br />

ist immer noch eine riesige Baustelle<br />

mit nur wenigen Plätzen für Yachten.<br />

Wir hatten Glück, und konnten an<br />

dem einzigen noch freien Platz<br />

längseits gehen.<br />

<strong>Die</strong> Stadt Mykonos ist ca. 2,5 km<br />

entfernt. Angelo machte sich auf den Weg, während ich erst einmal meine Mittagsruhe hielt.<br />

Kurz nach 16.00 Uhr machte auch ich mich dann auf den Weg – entlang der Küste auf einer<br />

engen, staubigen und viel befahrenen Straße. In Mykonos traf ich dann Angelo. Er führte mich<br />

dann gleich in das enge Gassengewirr zu einem wunderschön gelegenem Café mit Blick auf<br />

die Mühlen und die über dem Wasser hängenden Häuser. Da es schon nach 17.00 Uhr war,<br />

wollte man uns keinen Frappé mehr verkaufen – andere Getränke sind lukrativer. So machten<br />

wir uns wieder auf und durchstreiften die wirklich malerischen engen Gassen, in denen sich<br />

ein Touristenshop an den anderen reihte. Überall taten sich jedoch neue schöne Motive auf –<br />

so richtig Werbeprospekt Griechenland.<br />

Am Hafen fanden wir dann eine Bar, die uns unseren Frappé servierte. Normalerweise kostet<br />

er 2,- bis 2,50 €. Hier: 3,80 €. <strong>Die</strong> Bedienung gab uns dann eine kleine Karte des Ortes und<br />

der Insel und zeigte uns darauf die Wäscherei und einen Supermarkt.<br />

Ich entschloss mich dann, uns für drei Tage ein Quad zu mieten. Das kostet 45,- €, also 15,- €<br />

pro Tag. So sind wir flexibel und können auch all die Dinge erledigen, die in der Stadt zu tun<br />

sind. Wenn es sich bewährt, kann ich damit mit Angelo und Brunhild auch noch eine Inselrundfahrt<br />

machen.<br />

So fuhren wir – noch etwas unsicher des neuen Gefährts wegen – zurück an Bord.<br />

Mal wieder ein schönes Essen von Angelo kredenzt: Schweinefilet in einer hervorragenden<br />

Zwiebel-Sahnesauce.<br />

M ONTAG, 5. M AI <strong>2008</strong><br />

Mykonos<br />

Nachdem ich heute morgen die Wäsche zur Wäscherei gebracht hatte, war Saubermachen<br />

angesagt.<br />

Mittags fuhren wir mit unserem Quad in die Stadt, kauften Brot, einen „Spiegel“ und Angelo<br />

erwarb ein Fährticket für Mittwoch um 14.30 Uhr nach Naxos. Er will noch ein paar Tage auf<br />

den Kykladen herumreisen.<br />

Nach einem kleinen Imbiss ging es zurück an Bord und nach einer Siesta beendeten wir dann<br />

unsere Saubermachaktion. Mittlerweile liegen hier vier Kreuzfahrtschiffe, eins aus Japan, eins<br />

aus Portugal und zwei aus Griechenland. Mykonos ist anscheinend ein Muss für Touristen.<br />

So richtig warm will es nicht werden. Immer noch bläst ein recht kühler Meltemi und heute waren<br />

auch ein paar Wolken dabei.


Abends holte ich dann die Wäsche wieder ab. Alles schön sauber und noch warm; zwei Maschinen<br />

für 24,- €. Kann man eigentlich nichts zu sagen bei den sonstigen Preisen hier.<br />

Abends fuhren wir dann mit dem Quad noch einmal in die Stadt. Es war sehr kalt. Wir bummelten<br />

durch die kleinen Gassen. Aber auch hier war wenig los. Nach einem Espresso in einem<br />

windgeschützten Eckchen ging es wieder an Bord zurück.


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

2. T EIL DER R EISE VOM 5. M AI BIS ZUM 19. M AI <strong>2008</strong><br />

Durch die Kykladen<br />

D IENSTAG, DEN 06. M AI <strong>2008</strong><br />

Mykonos<br />

An Bord: Volker und Brunhild<br />

Heute, am letzten Tag mit Angelo<br />

hatten wir uns vorgenommen, die<br />

Insel mit dem Quad zu erkunden.<br />

Zuerst fuhren wir nach Norden, an<br />

einem Stausee vorbei zu einem<br />

schönen Strand, der aber stark<br />

dem Meltemi ausgesetzt ist. Dann<br />

ging es über eine viel befahrene<br />

Hauptstraße in den Zentralort der<br />

Insel Ano Mera mit einem schönen<br />

Kloster aus dem 17. Jahrhundert.<br />

Bei herrlichem Sonnenschein fuhren<br />

wir dann zur im Süden gelegenen,<br />

eindrucksvollen Paradise<br />

Beach. Hierhin würde sich eine<br />

Abstecher mit dem Boot lohnen.<br />

Wir fuhren auf ganz kleinen Straßen<br />

durch eine graubraune Felslandschaft<br />

mit birarren Formationen.<br />

Ansonsten ist die ganze Insel<br />

zu dieser Jahreszeit begrünt,<br />

durchsetzt mit einer Farbenpracht<br />

von hellroten Geranien, dunkelrotem<br />

Mohn, der gerade dort wächst,<br />

wo andere Pflanzen keine Nährstoffe<br />

mehr im Boden finden, lila,<br />

gelben und blauen Blumen, die ich<br />

leider nicht kenne – und natürlich<br />

überall Boucaivillen in rot und violett.<br />

Fast alle Häuser – auch die<br />

neuen – sind kubisch mit abgerundeten<br />

Ecken ohne Dach gebaut.<br />

Immer wieder sieht man ganz kleine<br />

Kapellen, in deren Weiß ihres Glockenturmes sich das rostrote Tonnendach widerspiegelt,<br />

so dass man meint er wäre leicht rosa gestrichen.<br />

Als wir von der Paradise Beach wieder die steile Straße hinauf fuhren, musste Angelo zu Fuß<br />

gehen – das Quad schaffte mit uns beiden die Steigung nicht. Nachdem wir noch einen Blick<br />

in die südlich der Stadt liegende und meltemigeschützte Ornos Bay geworfen hatten, ging es<br />

wieder zurück an Bord. Angelo war völlig geschafft; wie nach einem „horseride“.<br />

Ich fuhr dann mit den beiden leeren Gasflaschen los und fand auch eine Tankstelle, wo sie mir<br />

diese bis morgen wieder füllen wollen. Anschließend bereitete ich meine Webseite zum Veröffentlichen<br />

vor und fand dann auch ein Internetcafé mit W-LAN-Anschluss, wo ich das dann


auch machen konnte. Der Wetterbericht sagt für morgen Wolken an. <strong>Die</strong> sollen aber übermorgen<br />

schon wieder weg sein. Der Wind soll dann zum Wochenende auch abnehmen und es<br />

soll auch etwas wärmer werden. Eigentlich finde ich es für diese Jahreszeit hier zu kalt. Da<br />

hatten wir im April und auch im letzten Jahr zu dieser Jahreszeit schon wärmere Tage.<br />

Nach einem Abendessen in einem etwas abseits gelegenen und somit nicht so teuren Lokal<br />

und einem Kaffee bzw. einer heißen Schokolade (man sieht, wie kalt es ist!) ging es wieder<br />

zurück an Bord.<br />

M ITTWOCH, 7. M AI <strong>2008</strong><br />

Mykonos<br />

Graue Wolken und weiterhin<br />

ungemütlich.<br />

Gegen 10.30 Uhr fahre ich in die<br />

Stadt und hole die frisch gefüllten<br />

Gasflaschen ab. Anschließend<br />

geht es zum Flughafen. Brunhild<br />

kommt!<br />

Mit einer halben Stunde<br />

Verspätung kommt dann eine<br />

junge durchtrainierte und<br />

schlanke Frau an. Von Weitem<br />

erkenne ich in ihr gar nicht meine<br />

Brunhild.<br />

Während sie mit dem Taxi an<br />

Bord fährt, fahre ich mit dem<br />

Quad nach. Dann kommt auch noch die Sonne heraus. Beim Schiff, verabschieden wir uns<br />

von Angelo, der mit dem gleichen Taxi zu seiner Fähre weiter fährt.<br />

Wir beide legen uns erst einmal zu<br />

einer Siesta hin, die nach der kurzen<br />

Nacht für Brunhild dann bis 16.30 Uhr<br />

dauert. Leider hat es sich mittlerweile<br />

wieder völlig bezogen. Aber dennoch<br />

fahren wir ins kleine Städtchen, das<br />

aber bei weitem nicht den Charme<br />

hat, wie bei Sonne und Wärme. Da<br />

auch keine Kreuzfahrtschiff da sind,<br />

sind die kleinen Gassen bei diesem<br />

Wetter fast ausgestorben. Beim kleinen<br />

„Venedig“ mit Blick auf die<br />

Windmühlen trinken wir einen sauteuren<br />

Wein und ein kleines Bier. Ein<br />

Fischteller mit Lobster kostet hier<br />

105,- €. Zu Abend essen wir dann in<br />

einem kleinen recht günstigen und<br />

leckeren Selbstbedienungsrestaurant.<br />

Wieder an Bord, stellen wir die Heizung an. Bei einer halben Flasche Ouzo wird uns der Abend<br />

nicht lang.


D ONNERSTAG, 8. M AI <strong>2008</strong><br />

Mykonos<br />

Gegen Morgen fing es dann an zu gewittern und in Strömen zu regnen. Eingekuschelt in unseren<br />

Kojen ließen wir das Unwetter über uns hinwegziehen.<br />

Ich fand dann im nördlichen Teil des Yachthafens, der schon fertig, aber auch mehr dem Meltemi<br />

ausgesetzt ist, kostenlose saubere und warme Duschen (wo gibt es sonst noch so was?)<br />

Dort gibt es auch Wasser. Dafür muss man sich beim Kiosk im Hafen eine Chipkarte kaufen<br />

(5,- € für 250 Liter). Nachdem man dann alle Instruktionen an der Wasserzapfsäule erfüllt hat,<br />

soll man die Karte über eine Stelle der Säule halten und das Wasser soll fließen. Mal sehen,<br />

ob das übermorgen klappt, wenn wir auslaufen wollen.<br />

Im Laufe des Vormittags verzogen sich dann die Wolken und es begann ganz heftig aus Nord<br />

zu wehen. Brunhild und ich zogen uns ganz warm an und fuhren mit unserem kleinen TöffTöff<br />

zum Bummeln und Einkaufen in die Stadt. Alles sah jetzt bei Sonnenschein natürlich sehr viel<br />

freundlicher aus, aber Brunhild meinte zu Recht, dass es wohl in Norddeutschland wärmer sei.<br />

Der Wind war eisig. So suchten wir uns ein windgeschütztes kleines Café und tranken dort<br />

unsern Kaffee. Da wir keine Fiesta gehalten hatten, waren wir nach einem opulenten Mahl und<br />

einer Flasche Rotwein doch recht müde.<br />

F REITAG, 9. M AI <strong>2008</strong><br />

Mykonos / Delos<br />

Delos ist für Kykladenbesucher ein Muss. <strong>Die</strong>se Stadt auf der kleinen Nachbarinsel von Mykonos<br />

war in der Antike religiöses und Finanzzentrum der Kykladen. Ihre Einwohnerzahl zu<br />

damaliger Zeit schätzt man auf 25- 30 000 Menschen. Da kein Sportboot die Insel anlaufen<br />

und auch in einem Umkreis von 500 m nicht ankern darf, muss man mit einem Touristenboot<br />

hinüber fahren.<br />

Das wollten wir heute machen. So standen wir schon um 07.30 Uhr auf und erreichten dann<br />

auch pünktlich das kleine Fährboot, das uns in einer guten halben Stunde nach Delos brachte.<br />

Was für ein Tag! Schon am Morgen herrschte Windstille und die Sonne strahlte gerade so die<br />

richtige Wärme zum Wohlfühlen aus, ohne dass man schwitzte.<br />

Auf der Fähre tummelte sich<br />

dann die ganze Welt. Besonders<br />

auffallend waren die mit Klunkern<br />

behangenen, gelifteten und „gespritzten“<br />

Damen eines großen<br />

Kreuzfahrtschiffes, das neben<br />

uns an der Pier festgemacht hatte.<br />

Auch eine völlig in rosa gekleidete<br />

und weiß geschminkte<br />

Chinesin machte so einiges her.<br />

Der Höhepunkt war jedoch eine<br />

sehr große langbeinige Asiatin,<br />

die im Minirock und Pumps die<br />

Steinwüste durchquerte.<br />

So wanderten wir 4 Stunden lang<br />

durch die alten Ruinen der Stadt<br />

und bestiegen den 112 m hohen<br />

Berg, von wo aus man einen<br />

wunderschönen Ausblick über<br />

die Ausgrabungsstätten hatte. Auch konnte ich Brunhild von hier aus unsere ganze <strong>Reise</strong>route<br />

von Siros über Tinos nach Mykonos zeigen. Im Süden waren dann auch unsere nächsten Ziele<br />

Naxos und Paros zu erkennen.


Wenn man Epidauros, Ephesus, Knidos, Delphi und Mykene kennt, macht diese Ausgrabungsstätte<br />

nicht so viel her. Im Museum, wo viele Exponate geschützt aufbewahrt werden,<br />

waren viele Räume wegen Personalmangels auch noch abgesperrt. Auch scheint man für den<br />

Erhalt der antiken Stätte zu wenig Personal zu haben. So sprießt zwischen wunderschönen<br />

Mosaiken das Unkraut und viele Teile hat man einfach gesperrt.<br />

Dennoch war es ein schöner Tag, mal gemeinsam mit Brunhild etwas griechische Geschichte<br />

zu erkunden.<br />

Delos<br />

Delos ist eine Insel der Kykladen im Ägäischen Meer, gelegen zwischen Mykonos im Nordosten und<br />

Rinia (das ehem. Rheneía) im Westen, ein schmaler, etwa 5 km langer, 1/4 km breiter, 3 km² großer<br />

Granitrücken mit dem Berg Kynthos in der Mitte (106 m). Heute ist Delos fast unbewohnt. Auf der Insel<br />

leben nur die Museumsaufseher mit ihren Familien.<br />

Delos war in der Antike eine blühende und durch das dortige Apollonheiligtum für die Griechen eine<br />

heilige Stätte.<br />

<strong>Die</strong> Insel wurde 1990 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.<br />

Mythos<br />

Einst, wie der Mythos erzählt, war Delos eine schwimmende Insel auf dem Meer. Nur hier konnte die<br />

von Hera verfolgte und an der Niederkunft auf jederlei festem Boden gehinderte Leto niederkommen.<br />

Danach befestigte Poseidon (einer anderen Version nach Zeus) die Insel an vier diamantenen Säulen.<br />

Leto gebar hier die Artemis und den Apollon (daher deren Beinamen Delia und Delios).<br />

„Als dich, Herrscher Apoll, dort unter dem wipfelnden Palmbaum,<br />

Den sie mit Armen umschlang, Leto, die Hehre, gebar,<br />

Dort am Auge des Sees, dich aller Unsterblichen Schönsten,<br />

ward von ambrosischem Duft Delos geheiligtes Rund<br />

Bis an die Ufer erfüllt, und es lachten umher die Gefilde<br />

Und es erglänzte vor Lust blauer die Tiefe des Meers.“<br />

<strong>Die</strong> Insel war deshalb ein geheiligter Ort und wurde ein Hauptsitz der Verehrung beider Gottheiten,<br />

nachdem schon vorher ein vorgriechisches Götterpaar dort verehrt worden war.<br />

Geschichte<br />

Zahlreiche Tempel und Kunstwerke<br />

schmückten Delos; namentlich galt der<br />

prachtvolle Apollontempel mit der<br />

Kolossalstatue des Gottes, einem<br />

Weihgeschenk der Naxier, allen<br />

Griechen als größtes Heiligtum. Es<br />

war ein dorischer Bau aus dem Beginn<br />

des 4. Jahrhunderts v. Chr. von 29,49<br />

m Länge und 13,55 m Breite, wie die<br />

seit 1877 von Homolle für das<br />

französische archäologische Institut<br />

ausgeführten Ausgrabungen gezeigt<br />

haben.<br />

Nördlich von ihm stand ein<br />

merkwürdiger Altar, der ganz aus<br />

Stierhörnern, den Symbolen des Lichts,<br />

zusammengesetzt war und zur<br />

Entstehung des so genannten Delischen Problems Veranlassung gab.


Sämtliche ionische Staaten schickten hierher feierliche Gesandtschaften (Theorien) mit reichen Opfergaben,<br />

und unermessliche Schätze häuften sich in den Tempeln der Insel an. Auch befand sich in Delos<br />

ein Orakel, das zur Zeit seiner Blüte als eins der zuverlässigsten<br />

galt, und alle fünf Jahre wurde daselbst<br />

das berühmte Delische Fest mit Wettgesängen, Wettkämpfen<br />

und Spielen aller Art gefeiert, woran alle<br />

Stämme Griechenlands teilnahmen. Da Delos kraft<br />

seiner Heiligkeit ein sicher umfriedeter Bezirk war,<br />

konnte hier auch einer der größten griechischen<br />

Sklavenmärkte entstehen.<br />

<strong>Die</strong> frühesten Bewohner der Insel waren im 3. Jahrtausend<br />

v. Chr. vom Volk der Leleger – aus dem Anfang<br />

der Bronzezeit wurde eine kleine Siedlung am<br />

Berg Kynthos gefunden, die der Kastri-Kultur zuzuordnen<br />

ist. Sie wurde um 2200 v. Chr. wie alle bekannten<br />

Siedlungen der Zeit aufgegeben. Während andere<br />

Orte schon um 2000 wieder besiedelt wurden,<br />

wird Delos erst etwa 1400 v. Chr. wieder bewohnt.<br />

Ein Gebäudekomplex und Reste mehrere weiterer Gebäude<br />

aus der mykenischen Zeit lassen sich nachweisen.<br />

Bemerkenswert sind Funde von Schmuck- und<br />

Kultgegenständen in den Fundamenten unter dem späteren,<br />

antiken Artemision. Dabei handelt es sich um<br />

kunstvoll gravierte Elfenbeinplatten vermutlich zypriotischen Ursprungs mit Darstellungen von Kriegern<br />

und wilden Tieren, die als Beschläge eines Holzkästchens gedient haben, kleine Bronzestatuetten,<br />

zwei goldene Diademe, weitere goldene Kleinfiguren, sowie eine größere Zahl an Speer- und Pfeilspitzen.<br />

<strong>Die</strong>se kleine Siedlung war bis etwa 1150 v. Chr. bewohnt, bevor die Siedlungskontinuität wieder<br />

abbrach und die Dunklen Jahrhunderte begannen.<br />

Etwa 900 v. Chr. wurde die Insel von den Ioniern besetzt. Sie stand lange Zeit hindurch unter eigenen<br />

Priesterkönigen. Im 6. Jahrhundert v. Chr. wurde von Peisistratos die sog. 1. Katharsis durchgeführt:<br />

Aus der Umgebung der Tempel wurden sämtliche Gräber entfernt. <strong>Die</strong>se religiöse Reinheitsvorschrift<br />

wurde 425 v. Chr. in der sog. 2. Katharsis noch verschärft: Nun waren auf Delos alle Geburten, Todesfälle<br />

und Bestattungen verboten, die Gräber wurden auf die Nachbarinsel Rineía verlegt. <strong>Die</strong> so gefundenen<br />

Bestattungen wurden nach Thukydides (I, VIII) wegen der Waffen und der Bestattungssitte als<br />

karisch identifiziert, vermutlich zu Unrecht. Delos war besonders als Mittelpunkt für die große<br />

athenische Bundesgenossenschaft wichtig. Abermals infolge der Heiligkeit des Apollontempels wurde<br />

seit 477 v. Chr. die Bundeskasse hier aufbewahrt.<br />

454 v. Chr. kam die Insel in Abhängigkeit von Athen, erfreute sich aber nach dem Sturz dieser Macht<br />

durch die Makedonen 336 v. Chr. von neuem der Freiheit. Nun blühte die Stadt Delos, deren Ruinen<br />

nördlich von denen des Tempels liegen, als Handelsplatz auf, namentlich blieb sie ein vielbesuchter<br />

Sklavenmarkt und wegen ihrer Zollfreiheit Mittelpunkt des Verkehrs zwischen dem Schwarzen Meer und<br />

Alexandria. Ab 166 v. Chr. war Delos römisches Protektorat, wurde aber an Athen als zollfreier Hafen<br />

zurückgegeben und erlebte die Zeit seiner größten wirtschaftlichen Blüte, insbesondere nachdem 146 v.<br />

Chr. Korinth zerstört wurde und damit als Konkurrent ausfiel. <strong>Die</strong> Bewohner wurden zur Machtsicherung<br />

von Athen auf den Peloponnes deportiert und durch Athener und Italiker ersetzt.<br />

Ein schwerer Schlag, von dem sie sich nie wieder erholte, traf die Insel, welche selbst die Perser geschont<br />

hatten, im Mithridatischen Krieg. Menophanes, der Feldherr des Mithridates, landete 87 v. Chr.<br />

mit einer Truppenabteilung bei der offenen, ungeschützten Stadt, ermordete und verkaufte die Einwohner,<br />

plünderte und zerstörte die Stadt und das Heiligtum mit seinen zahlreichen Kunstschätzen.<br />

Nach dem Friedensschluss 84 v. Chr. kam Delos durch Sulla in die Hände der Römer, die es später den<br />

Athenern zurückgaben. Doch 69 v. Chr. wurde die Insel im Seeräuberkrieg erneut verwüstet und war<br />

seitdem kaum noch bewohnt. Im 2. Jahrhundert n. Chr. lebten auf Delos nur noch die Wächter der Heiligtümer.


Von den Prachtbauten des Altertums sind nur noch einige Trümmer des Apollontempels, des Theaters<br />

und Gymnasiums vorhanden; Homolles Ausgrabungen legten diejenigen des Letoon, des Artemision,<br />

des Schatzhauses etc. frei.<br />

In der frühchristlichen Zeit kam es im 2./3. Jahrhunderts zu einer Wiederbesiedlung, doch verlor die Insel<br />

mit der neuen Religion vollkommen an Bedeutung und verödete.<br />

Auf dem Kynthos, wo das älteste Apollonheiligtum und in römischer Zeit ägyptische Kultstätten lagen,<br />

finden sich auch Reste einer aus antiken Trümmern erbauten fränkischen Burg.<br />

<strong>Die</strong> Stadt<br />

Der Haupttempel der Stadt war der<br />

des Apollon, auf den sich fast alle anderen<br />

Tempel und Gebäude orientieren.<br />

Der Tempelbezirk im Zentrum der<br />

Stadt beherrscht diese und ist immer<br />

wieder mit weiteren Tempeln erweitert<br />

worden. Der Hauptzugang zum Tempelbezirk<br />

befand sich im Süden und<br />

wurde seit dem 2. Jahrhundert v. Chr.<br />

von einem Marmor-Propylon geschmückt.<br />

Zur Rechten steht das Haus<br />

der Naxier, der in 7. Jahrhundert v.<br />

Chr. datiert. Hier stand auch ein<br />

Kouros aus Marmor in vierfacher Lebensgröße.<br />

Im Zentrum des Bezirkes<br />

befanden sich drei Tempel. Der nördlichste<br />

wurde im 6. Jahrhundert von den Athenern errichtet. Es handelt sich um einen Porostempel, von<br />

dem heute aber nur noch die Fundamente erhalten sind. <strong>Die</strong> Fassade war von sechs ionischen Säulen<br />

geschmückt. Der daneben liegenden Tempel ist auch von den Athenern geweiht worden. Er stammt aus<br />

dem Jahr 417 v. Chr. und ist aus pentelischen Marmor gebaut. Es handelt sich um einen Bau in dorischer<br />

Ordnung. Der größte Tempel war der Tempel der Delier, der auch in dorischer Ordnung errichtet<br />

wurde mit 6×13 Säulen. Es handelt sich um einen Peripteraltempel.<br />

<strong>Die</strong> Umgebung von Delos<br />

Noch heute lässt sich beobachten, wie das klare griechische Licht um die Insel nicht merken lässt, wann<br />

feuchtere Luftströme in der oder jener Richtung fließen und glauben lassen, dass etliche sichtbare Kykladeninseln<br />

einmal näher, ein andermal ferner rücken, so dass also der alte Mythos, Delos sei einst auf<br />

den Wassern geschwommen, ganz plausibel wird.<br />

Neben Delos liegt jenseits einer nur 0,6 km breiten Meerenge die Insel Rinia („Groß-Delos“), die den<br />

Begräbnisplatz von Delos bildete, da auf dem heiligen Delos niemand geboren werden, auch niemand<br />

sterben und ein Grab finden durfte. Sie besteht aus zwei mehrfach ausgezackten Bergmassen, die bis<br />

150 m ansteigen und durch einen schmalen Isthmus miteinander verbunden sind; sie ist 17 km² groß,<br />

noch öder und kahler als Delos und wird wie dieses nur zeitweise von Hirten und Schiffern besucht.<br />

(Wikipedia)<br />

Gegen 15.30 Waren wir dann wieder in der Stadt. Wir tranken – diesmal im Schatten – einen<br />

Kaffee und aßen griechischen Joghurt mit Honig. Da uns dann doch die Füße weh taten, fuhren<br />

wir wieder an Bord zurück.<br />

S AMSTAG, 10. M AI <strong>2008</strong><br />

Mykonos – Rineia (8 sm)<br />

Sonnig und windstill fing der Tag an. Heute sind mal keine Kreuzfahrtschiffe da. <strong>Die</strong> Piers liegen<br />

alle einsam und verlassen. Dafür kommen jedoch viele Fähren, die heute am Samstag<br />

insbesondere Griechen nach Mykonos bringen.


Wir kaufen in der Stadt noch Lebensmittel ein und finden in einem Eisenwarengeschäft auch<br />

einen Wasserschlauchanschluss, den wir irgendwo an einem Wasserhahn zurück gelassen<br />

hatten.<br />

Nachdem wir das Quad zurück gebracht und die 2,5 km lange Wanderung wieder zum Boot<br />

gemacht hatten (Brunhild schritt ganz schön forsch aus; ihr Tempo im Fitnesscenter), verholten<br />

wir das Boot in den nördlichen Teil des Hafens, um Wasser zu nehmen. Als der erste<br />

Wasserautomat nichts ausspucken wollte, mussten wir noch einmal verholen. Das war gar<br />

nicht so einfach, denn mittlerweile war Wind aufgekommen und andere Boote hatten Ankerleinen,<br />

die wir nicht in die Schraube bekommen durften. Aber Brunhild war mal wieder Klasse.<br />

Auf dem Boot sieht und kann sie so vieles, was vermutlich daran liegt, dass sie in jungen Jahren<br />

viel Zeit auf der JONATHAN verbracht hat. Nur scheint ihr Selbstbild nicht mit meiner<br />

Wahrnehmung überein zu stimmen.<br />

Gegen 13.00 Uhr laufen wir aus. Anfangs hatten wir uns vorgenommen in die kleine Bucht im<br />

Süden Mykonos zu segeln, die Angelo und ich mit dem Quad entdeckt hatten. Da fiel uns jedoch<br />

ein, dass heute Samstag ist und ich erinnerte mich an die Tanzfläche und die riesigen<br />

Lautsprecher in der Bar am Strand. Als ich Brunhild dann fragte, ob sie Lust auf Disco habe<br />

und sie dieses vehement verneinte, entschieden wir uns, in der Bucht auf Rineia vor Anker zu<br />

gehen, in der Angelo und ich schon vor genau einer Woche gewesen waren.<br />

Draußen empfing uns ein schöner Nordwind mit 4 Bft, der uns in zwei Stunden zu dieser 8 sm<br />

entfernten Bucht brachte. Da die Karten die Enge zwischen Rineia und Delos nicht genau genug<br />

wiedergaben, entschied ich mich, im Westen von Delos entlang zu segeln.<br />

Leider wurde unsere Bucht schon von einem dicken Katamaran eingenommen. So gingen wir<br />

in der Nachbarbucht vor einem weißen Strand und in azurblauem Wasser vor Anker. Wir warfen<br />

unseren Anker auf 2,5 m Wassertiefe und fuhren ihn mit 25 m Kette mit voll zurück gut ein.<br />

So sollte er halten.<br />

Als wir dann gegen 17.00 Uhr wieder aus unserer Siesta ans Tageslicht zurück kehrten, hatte<br />

der Wind etwas abgenommen. Von Süden her bedeckte sich der Himmel jedoch mit einer<br />

gräulichen Wolkendecke.<br />

S ONNTAG, 11. M AI <strong>2008</strong> (PFINGSTSONNTAG IN D EUTSCHLAND)<br />

Rineia<br />

Kristallklares Wasser, weißer Sandstrand und azurblaues<br />

Wasser durch das der weiße Sand<br />

durchschimmert. Graue Wolken durch die nur ab<br />

und zu die Sonne durchblinzelt und ein kühler Meltemi,<br />

der am Nachmittag auf 5 Bft zunimmt.<br />

Bei Sonnenschein hätten wir bestimmt gebadet,<br />

das Schlauchboot ins Wasser gelassen und die Insel<br />

erkundet.<br />

Als wir heute morgen aufwachten, hatte sich eine<br />

ganze Flotte von großen Fischerbooten in der<br />

Bucht versammelt, die hier vermutlich ihren Sonntag<br />

verbringen wollten. Brunhild meinte dann, dass<br />

ihr noch ein weiterer Ruhetag gut tun würde. So<br />

blieben wir hier, nahmen unsere Bücher zur Hand,<br />

schliefen ein bisschen, aßen ein tolles Essen und<br />

tranken unseren Wein.<br />

Von Johanna und James empfing ich Mails. Johanna schrieb, dass sie sich die Haare hat abschneiden<br />

lassen und dass sie uns ein Bild schicken will. Da sind wir ja mal gespannt. Sie hatte<br />

bisher immer lange Haare gehabt.


So, das war’s. Ein Tag zum Ausruhen und Faulenzen – nur das Wetter spielte sein eigenes<br />

Spiel.<br />

M ONTAG, 12. M AI <strong>2008</strong> (PFINGSTMONTAG IN D EUTSCHLAND)<br />

Rineia – Naxos (19 sm)<br />

<strong>Die</strong> Sonne schien und der Meltemi hatte wieder auf 5 bis<br />

6 Bft aufgebriest, als wir gegen 10.00 Uhr den Anker<br />

lichteten, die Genoa setzen und Kurs auf das südlich<br />

gelegene Naxos absetzen. <strong>Die</strong>se größte Insel der Kykladen<br />

war mit ihrer über 1000 m höchsten Erhebung<br />

schon deutlich am Horizont zu erkennen. Der Wind trieb<br />

uns darauf zu und schon bald versuchte ich, ob die neue<br />

Selbststeueranlage den Kurs wohl halten kann. Sie tat<br />

es; nicht besser und nicht schlechter als ich. Je weiter<br />

wir aus dem Schutz von Mykonos heraus kamen, desto<br />

höher türmte der Wind die Wellen auf. Nur mit dem<br />

Vorsegel surften wir die Wellenberge hinunter, um unten<br />

zwischenzeitlich abgebremst, wieder neuen Schwung zu<br />

holen. Brunhild saß achtern auf dem Kajütaufbau und<br />

verfolge das sich immer wieder verändernde Bild des<br />

schäumenden Wassers.<br />

Erst kurz hinter dem großen Wellenbrecher, der den<br />

Hafen von Naxos schützt, nahmen wir das Segel wieder<br />

weg. In diesem ruhigen Wasser brachten wir die Fender aus und machten die Leinen klar. Im<br />

Yachthafen war noch viel Platz. Der Hafenmeister wies uns einen schönen geschützten Platz<br />

zu. Wir fuhren noch einmal hinaus, um den Heckanker klar zu machen. Wir wollten nämlich<br />

mit dem Bug im Wind liegen, um den Schutz des Cockpits genießen zu können.<br />

Als wir dann mit dem Bug zum Kai anlegten, half uns Hannes von der . Er liegt hier mit seinem<br />

14 m Boot schon einige Tage und wartet auf ein neues Teil seiner Selbststeueranlage.<br />

Nach unserer Siesta machten wir uns dann auf den Weg in die Stadt, besser gesagt auf den<br />

Aufstieg zur Burg, die über der Stadt thront. Innerhalb der noch z.T. erhaltenen Burgmauern<br />

schlichen wir durch enge romantische Gassen. Wir fanden eine alte römisch-katholische Kirche<br />

mit einer sehr schönen Ikone aus dem 11. oder 12. Jahrhundert. Sie war drehbar gelagert.<br />

Auf der einen Seite zeigt sie eine stehende Madonna mit Kind und auf der anderen Johannes<br />

den Täufer. Zwei Säulen der Kirche stammen noch aus vorchristlicher Zeit.<br />

Wieder zurück, trafen wir Hannes dann in einem Café an der Uferpromenade. Da wir noch ein<br />

Quad mieten und an Bord unser Nasi Goreng essen wollten, verabredeten wir uns für den<br />

nächsten Abend.<br />

D IENSTAG, 13. M AI <strong>2008</strong><br />

Naxos<br />

Nach dem Frühstück machten wir uns bei<br />

schönstem Wetter, aber einem kalten<br />

Nordwind auf zu unserer Inselrundfahrt.<br />

Im Gegensatz zu Mykonos ist die Insel<br />

viel grüner. Eingeschlossen und geschützt<br />

von Bergen tun sich fruchtbare Täler mit<br />

kleinen Ortschaften auf. Olivenhaine, Felder<br />

und Wiesen prägen das Bild. Wir fuhren<br />

mit einem schönen Tempo zwischen<br />

20 und 40 km/Std. auf engen Straßen, auf


denen uns kaum ein Fahrzeug begegnete, durch diese abwechslungsreiche Landschaft. Überall<br />

wehten uns neue Düfte um die Nase; die frisch gepflügte Erde eines rötlichbrauen Feldes,<br />

gemähtes Heu, Kamille und andere am Straßenrand wachsende Kräuter.<br />

Überall waren Hinweisschilder auf interessante Orte. So fanden wir zwei kleine frühchristliche<br />

Kirchen, die aber leider verschlossen waren, aber in einer wunderschönen, zum Träumen anregenden<br />

Umgebung lagen. Kein<br />

Weg führte dort hin.<br />

Dann besichtigten wir den wieder<br />

teilweise restaurierten Tempel der<br />

Demeter. Über ihn hatte man eine<br />

christliche Kirche errichtet gehabt,<br />

die dann abgerissen wurde, um dieses<br />

altgriechische Heiligtum wieder<br />

zu errichten. Viele der Steine und<br />

Säulen fand man an anderen Stellen.<br />

Wir fuhren an alten venezianischen<br />

Weh- und Wohntürmen vorbei nach<br />

Apiranthos, einer am Berg<br />

gelegenen Stadt, deren Pflaster und<br />

Treppen aus Marmor hergestellt<br />

sind. Auch hier erklommen wir über<br />

viele Treppen und kleine Gassen die höchste Erhebung des Ortes. Er machte durch seine vielen,<br />

scheinbar unbewohnten Häuser einen morbiden Eindruck.<br />

Zurück ging es dann an gewaltigen Marmorsteinbrüchen vorbei zurück in die Hauptstadt. Eigentlich<br />

wollten wir uns noch einen Kouros anschauen. Das sind 6 bis 10 m hohe Marmorplastiken<br />

aus dem 6. Jahrhundert vor Chr. (siehe auch Delos). Drei davon, die nicht fertig geworden<br />

sind, gibt es noch auf Naxos. Leider fanden wir den Weg dahin nicht.<br />

Als wir im Hafen ankamen, hatte es sich bewölkt und es war wieder ganz schön kalt geworden.<br />

Ich holte noch 12 Flaschen Wasser mit dem Quad, das wir dann anschließend wieder zurück<br />

gaben.<br />

Den Abend verbrachten wir mit Hannes beim Essen. Er hat den Winter in Marmaris verbracht<br />

und ist jetzt auf dem Weg nach Westen; vielleicht Brasilien. Seine Selbststeueranlage funktioniert<br />

wieder, so dass er morgen auslaufen will um am 27. seine Freundin auf Kaparthos an<br />

Bord zu nehmen. Hannes erschien uns als ein sehr sympathischer und offener Mensch. So<br />

war es ein sehr schöner Abend mit ganz anregenden Gesprächen.<br />

Nachdem Brunhild noch einige Naxos-Zitronenliköre an Bord vernascht hatte, gingen wir in die<br />

Kojen. Dann begann es zu regnen.<br />

M ITTWOCH, 14. M AI <strong>2008</strong><br />

Naxos<br />

Da wir den Ort ganz schön finden und ich noch so einiges am Schiff machen muss, bleiben<br />

wir heute hier.<br />

In der Nacht regnete und gewitterte es immer wieder. Erst im Laufe des Vormittags machten<br />

die Wolken einem blauen Himmel den Weg frei.<br />

Der Regen hatte Saharastaub mitgebracht und das ganze Boot damit überzogen. Während<br />

Brunhild unten sauber machte, wusch ich das Deck und das Cockpit. An Hafengebühren<br />

zahlen wir hier 15,- € /Tag, einschließlich Wasser und Strom. Dazu ist nichts zu sagen.


Zu Mittag aßen wir eine Kleinigkeit in<br />

unserem Restaurant. Dort konnte man<br />

auf dem Balkon sitzen und das Treiben<br />

im Hafen überblicken. Nach einer ausgedehnten<br />

Mittagsruhe machte Brunhild<br />

einen Bummel in die Stadt, während ich<br />

versuchte, das abgebrochene Ende des<br />

Spinnakerbaumes zu entfernen, um das<br />

neue anzubringen, das Brunhild mir mitgebracht<br />

hatte. Nach 30 Jahren war aber<br />

alles so festgegammelt, dass es sich<br />

nicht mehr bewegen ließ. So wird Brunhild<br />

das Ende wohl wieder mitnehmen<br />

und zurückgeben müssen. Da der abgebrochene<br />

Beschlag jedoch ein Loch<br />

hat, kann ich den Baum mit einem<br />

Schäkel befestigen.<br />

Abends bezog es sich dann wieder. Wir zogen uns warm an und machten einen Bummel zu<br />

dem „Tor“, dem Wahrzeichen von Naxos. Es sind die Reste eines riesigen, nie vollendeten<br />

Tempels, mit dessen Bau 530 v.Chr. begonnen wurde. Er liegt auf einer kleinen Insel vor dem<br />

Hafen, die mit einem Damm verbunden ist. In den Wolken öffnete sich ein Loch, durch das die<br />

Sonne ein fast unwirkliches Licht auf das Tor und das umgebende Meer warf.<br />

Als wir in einer Bar noch einen Caipiringha tranken, fing es mal wieder an zu regnen. An Bord<br />

machten wir die Heizung an und Brunhild erzählte mir etwas über Tai chi, Chigong etc.<br />

D ONNERSTAG, 15. M AI <strong>2008</strong><br />

Naxos – Myrsini (Schoinousa)<br />

Heute hat Brunhild Geburtstag – und so war dann auch<br />

das Wetter. <strong>Die</strong> Sonne schien von einem strahlendblauen<br />

Himmel und auch der Wind hatte auf 3 bis 4 Bft. abgenommen.<br />

Nachdem wir noch in der Stadt etwas eingekauft und einen<br />

Kaffee getrunken hatten, machten wir uns auf den<br />

Weg nach Schoinousa, eine Insel der kleinen Kykladen.<br />

Da es nur 18 sm sind, setzen wir nur die Genoa und lassen<br />

uns bei ruhiger See mit 3 bis 4 kn auf unser Ziel zutreiben.<br />

Wir genießen die warme Sonne und lesen, während die<br />

Selbststeueranlage recht präzise<br />

den Kurs hält.<br />

Kurz nach 16.00 Uhr erreichen wir<br />

dann die gut geschützte Bucht von<br />

Myrsini mit dem kleinen Anleger.<br />

Hier weht gar kein Wind. Das einzige<br />

Boot, das dort vor Anker liegt,<br />

sagt uns, dass wir auch an der Pier<br />

längseits gehen können. Das tun wir


dann auch. Ein etwas offiziell aussehender Mann sagt uns dann auch, dass das so in Ordnung<br />

sei. Wir sollten nur noch eine zweite Vorleine ausbringen, da die Fähre das Wasser sehr<br />

aufwühlen würde. Nach uns kommen noch mehrer Yachten, von denen sich einige an die Pier<br />

legen und andere vor Anker gehen.<br />

Wir machen uns dann bald auf zur Chora<br />

(Hauptort), die oben auf dem Berg liegt. Hier ist<br />

alles sehr verschlafen. Ein Esel schleppt<br />

Wasserkanister den Berg hinauf. In einer ganz<br />

kleinen Taverne trinken wir einen griechischen<br />

Kaffee für 1,- €. Ein altes gebücktes Mütterchen<br />

mit blonden Haaren und blauen Augen bedient<br />

uns. Sie spricht nur griechisch.<br />

Als wir gegen 18.30 Uhr wieder am Hafen sind,<br />

stehen dort mehrere große Kipplaster. Sie warten<br />

auf einen kleinen Frachter, der dann auch gegen<br />

19.00 Uhr kommt. Wir müssen alle die Pier<br />

räumen und gehen in der Bucht vor Anker. Dann<br />

wird mit Entladen begonnen. Ein Kran hebt unter<br />

erheblicher Geräuschentwicklung eine Fuhre Kies<br />

nach der anderen aus dem Bauch des Schiffes<br />

und lässt sie auf die Laster fallen. <strong>Die</strong> schleichen dann die Serpentinen hinauf.<br />

Brunhild und ich machen das Schlauchboot klar und fahren an Land. In der Taverne gibt es<br />

dann ein hervorragendes Geburtstagsessen: Griechischer Salat und frischer Fisch.<br />

Als es dunkel geworden ist, hören die Arbeiten auf. Es ist völlig windstill und der Mond beleuchtet<br />

fahl die kleine Bucht mit den dort ankernden Booten. Wir sitzen im Cockpit, trinken<br />

unseren Wein und freuen uns über diesen gelungenen Tag.<br />

F REITAG, 16. M AI <strong>2008</strong><br />

Myrsini (Schoinousa) – Nea Kammeni (Santorin) (33 sm)<br />

In der Nacht gegen 01.00 Uhr kam dann die Fähre. Ein riesengroßes, hell erleuchtetes Ungeheuer,<br />

das gar nicht in diese friedvolle Umgebung passt. Aber so schnell wie sie gekommen<br />

war, ist sie auch wieder weg.<br />

Nach dem Frühstück beschließen wir bei dem schönen Sonnenschein und dem leichten Wind<br />

Kurs auf das 36 sm entfernte Santorin zu nehmen. Hier wären wir sicher gerne noch einen<br />

Tag länger geblieben; aber das Entladen des Frachters macht doch zu viel Lärm.<br />

Gegen 09.30 Uhr laufen wir<br />

aus. Draußen empfängt uns<br />

ein Westwind mit 3 bis 4 Bft. Er<br />

kommt also genau von der Seite<br />

und lässt die Vela ihre 5 kn<br />

laufen. <strong>Die</strong> Wellen sind nur<br />

sehr klein, die Sonne scheint,<br />

es ist warm, es ist ein schönes<br />

Segeln.<br />

So geht es die ganze Überfahrt.<br />

Wir passieren Ios und<br />

laufen dann gegen 14.30 Uhr<br />

in den malerischen Vulkankrater<br />

von Santorin ein. Ich hatte<br />

mich entschieden, heute noch<br />

nicht in den Yachthafen zu gehen,<br />

der im Süden der Haupt-


insel liegt. Ausgesucht hatte ich mir eine kleine Bucht auf der vor einigen Jahrhunderten mitten<br />

im Krater neu entstandenen Vulkaninsel Nea Kammeni. Von hier, inmitten einer pflanzenlosen,<br />

schwarzbraunen Lavawüste hat man den schönste Blick auf die Steilwände der Hauptinsel<br />

Thira, die – wie mit Puderzucker bestreut – von weißen Häusern gesäumt ist. Das ist<br />

schon ein phantastisches Gefühl von Kleinheit und Demut, wenn man, von Urgestein umschlossen<br />

auf diese mächtige Felswand schaut, auf der die Häuser wie Spielzeug aussehen.<br />

Was muss das um 1500 v. Chr. für eine mächtige Explosion gewesen sein, die diese Insel in<br />

Stücke riss.<br />

In der kleinen windgeschützten Bucht war fast alles leer. Wir machten dann an einem Ausflugsboot<br />

fest, das an einer Pier vertäut war. Dann kam ein weiteres Ausflugsboot. Der Kapitän<br />

nannte mir einen Platz an einem anderen Boot, der auch über Nacht freibleiben wird. So<br />

verholten wir die VELA etwas weiter nach hinten. So nach und nach füllte sich die Bucht mit<br />

sehr schönen und gepflegten Ausflugsbooten. <strong>Die</strong> Besatzungen führen dann mit kleinen Booten<br />

zur Hauptinsel hinüber, so dass wir hier ganz alleine sind. Auch gibt es von hier keinen<br />

Weg ins Innere der Insel. Ein paar Schritte zu einer kleinen Kapelle, dann versperren große<br />

Lavabrocken und Asche den weiteren Weg.<br />

S AMSTAG, 17. M AI <strong>2008</strong><br />

Nea Kammeni (Santorin) – Vlychada / Yachthafen (Santorin) (8 sm)<br />

Absolute Stille. In der Nacht wachte ich auf. Der Mond beschien eine unwirkliche Landschaft<br />

schwarzer Lavabrocken, eine Bucht deren Wasser so still war wie ein Bergsee und mittendrin<br />

ein paar Schiffe, die zu schlafen schienen. Alle paar Sekunden wurde alles durch den Blitz eines<br />

kleinen Leuchtfeuers erhellt, das die Hafeneinfahrt markiert ...<br />

Wir liefen dann morgens aus, als der Hafen erwachte. Männer kamen von der Hauptinsel,<br />

putzten ihre schönen Ausflugsschiffe bei orientalischer Musik und liefen dann aus. Wer weiß<br />

wohin?<br />

Wir fuhren an dieser Lavainsel entlang<br />

nach Süden. Von Lanzarote<br />

war mir der Blick auf dieses Lavagestein<br />

schon vertraut. Aber hier gab<br />

es keine Landschaft, in der es eingebettet<br />

ist. Einfach ein großer Haufen<br />

von schwarzen Brocken, wie ein<br />

überdimensionaler Kohleberg mitten<br />

im Meer. <strong>Die</strong>se Insel entstand aus<br />

dem Schlund des Vulkans zwischen<br />

100 und 1950 n.Chr.<br />

Wir fuhren dann bei ganz leichtem<br />

Westwind aus dem Krater hinaus an<br />

die Südküste, wo sich der einzige<br />

Yachthafen befindet. Gefährliche Riffe<br />

und eine versunkene Mole umrahmen<br />

die Einfahrt, die außerdem<br />

versandet. Mit unseren 1,40 m Tiefgang setzten wir nur einmal auf weichem Sand auf. Der<br />

Hafenmeister wies uns einen schönen Platz im Innenhafen bei den Fischerbooten zu.<br />

Nach dem Essen und einem kleinen Mittagsschläfchen, das ich dann beendete, weil es einfach<br />

zu heiß war (zum ersten Mal!), erkundeten wir den Ort – der eigentlich gar nicht da war.<br />

Ein paar leere Hotels, eine verlassene Fabrik und einige Restaurants. In einem Restaurant<br />

konnten wir uns ein Auto mieten. Da ein Quad genau so teuer sein sollte wie ein Auto (20,- €),<br />

entschieden wir uns für das Auto. Brunhild muss ja noch zum Flugplatz und außerdem kommen<br />

ja auch noch Otto und Klaus in den nächsten Tagen.


Wir fuhren dann gleich los, erkundeten mehrere Supermärkte, eine Wäscherei, Bäcker und<br />

Lidl. Dann ging es zur Chora, dem Hauptort dieser Insel. Als wir durch den Krater fuhren erschien<br />

sie mir viel größer als ich angenommen hatte. Von hier oben wirkt sie doch recht<br />

schmal und übersichtlich.<br />

Wir ließen das Auto an einer Umgehungsstraße<br />

stehen und machten uns zu<br />

Fuß durch enge, verschlungene Gassen<br />

auf den Weg zum Zentrum, dort wo das<br />

Land 600 m steil in den Krater fällt, wo ein<br />

gewundener Weg nach unten führt und<br />

wo eine Seilbahn die faulen Touristen<br />

nach oben bringt. Aber es ist glücklicherweise<br />

noch keine Hochsaison. <strong>Die</strong> Cafés<br />

und Restaurants sind wenig besucht und<br />

die Eseltreiber, die Touristen nach oben<br />

befördern, haben nichts zu tun. Wir setzen<br />

uns in ein Café, trinken unheimlich<br />

teuren Kaffee und Orangensaft und sind<br />

wirklich überwältigt von diesem grandiosen<br />

Blick, so von oben über all die Inseln,<br />

unseren kleinen Unterschlupf der letzten<br />

Nacht auf der Vulkaninsel, die Spielzeug-<br />

Kreuzfahrtschiffe, die an den Bojen vertäut<br />

sind und die kleinen verschachtelten<br />

pastellfarbenen und weißen Häuser am<br />

Kraterrand.<br />

S ONNTAG, 18. M AI <strong>2008</strong><br />

Santorin<br />

Dass man so viel schlafen kann. Wir halten jeden Mittag unseren Mittagsschlaf und sind dann<br />

um 23.00 Uhr wieder müde.<br />

Heute morgen machten wir uns auf<br />

den Weg nach Akrotiri. In Akrotiri<br />

gibt es eine der interessantesten<br />

Ausgrabungsstätten der griechischen<br />

Geschichte. Unter einer<br />

meterdicken Ascheschichten fand<br />

man eine nahezu perfekt erhaltene<br />

bronzezeitliche Stadt mit Überresten<br />

von Gebäuden, Straßen<br />

und Plätzen. <strong>Die</strong> ersten Spuren<br />

von Besiedlung stammen noch aus<br />

der Jungsteinzeit, aus dem 5.<br />

Jahrtausend v. Chr.. Im frühen 2.<br />

Jahrtausend v. Chr. wurde Thera<br />

zu einem der bedeutendsten Häfen<br />

der Ägäis. Objekte aus Zypern,<br />

Syrien und Ägypten lassen auf ein<br />

weites Handelsnetz schließen. Den<br />

hohen Grad der Zivilisation bezeugen die an eine Kanalisation angeschlossenen Baderäume,<br />

die vielfältigen Handwerke und nicht zuletzt die faszinierenden 3500 Jahre alten Fresken. Das<br />

war die Zeit, in der auch Mykene seine Blütezeit hatte. Dort fand man jedoch nur noch Steinhaufen<br />

und Grabbeilagen.


<strong>Die</strong> Ausgrabungen in Akrotiri, die durch eine meterdicke Vulkanascheschicht konserviert wurden,<br />

zeigen das Leben der damaligen Zeit, ähnlich wie in Pompeji, nur 1500 Jahre früher.<br />

Leider ist diese Ausgrabungsstätte für zwei Jahre nicht zugänglich. Man errichtet ein großes<br />

Dach über diesen sensationellen Funden.<br />

Also machten wir uns auf, die zweite historische Stätte von Santorin zu besuchen, das historische<br />

Thera, die Hauptstadt der Insel nach dem verheerenden Vulkanausbruch. <strong>Die</strong> Siedler<br />

aus Sparta bauten die Stadt Alt-Thera auf einem Grat des Berges Messavouno. Auf einer abenteuerlichen<br />

Serpentinenstraße gelangten wir mit unserem Leihwagen in die Nähe der Ausgrabungsstätten.<br />

Auch hier wieder viele Steine, aber mit guten Beschriftungen. Leider waren<br />

wieder weite Bereiche abgesperrt und nicht zugänglich – zu wenig Personal oder zu wenige<br />

Urlauber im Mai.<br />

Letzteres kommt uns gut zupass.<br />

Man findet überall Parkplätze, die<br />

Lokale sind leer und die Autos stehen<br />

zu einem großen Teil noch in ihren<br />

Verleihstationen, von denen es mehr<br />

gibt, als Sand am Meer. Im Sommer<br />

möchte ich nicht auf diesem Touristeneiland<br />

sein.<br />

Nach einem Essen bei einem Inder<br />

(immer nur dasselbe griechische Essen<br />

ist auch nicht das Wahre) und<br />

dem oben beschriebenen Mittagsschläfchen,<br />

machten wir uns um<br />

16.00 Uhr wieder auf den Weg. Unser<br />

Ziel heißt Oia, der nördlichste Ort<br />

der Insel. Er liegt, wie Thira, an der<br />

steil abfallenden Kraterwand, ist aber<br />

noch viel natürlicher als die Hauptstadt.<br />

Natürlich gibt es auch hier die<br />

vielen Souveniergeschäfte, doch gibt<br />

es auch viele Künstler, die hier ihre<br />

Ateliers und Ausstellungen haben.<br />

Der Blick ist genauso grandios.<br />

Wir bummelten durch die engen<br />

Gassen, schauten mal hier und dort<br />

in ein Geschäft und genossen das schöne windstille Wetter und die sich immer wieder auftuenden<br />

neuen Ausblicke auf die verschachtelten Häuser und Kirchen mit ihren blauen Kuppeln.<br />

Als wir gegen 20.30 Uhr wieder im Hafen ankamen, mussten wir das Boot an eine andere<br />

Stelle verholen. Der Fischer, an dessen Platz wir lagen, war wieder gekommen. So liegen wir<br />

jetzt – leider nicht besonders gut – in der Hafeneinfahrt.<br />

Santorin<br />

Der Vulkanausbruch, der die Insel Thira nach neueren Berechnungen zwischen 1627 und<br />

1600 v. Chr. heimsuchte, ist zu vergleichen mit dem Krakatau, der am 27. August 1883 die<br />

ganze indonesische Insel in Stücke riss, nur muss man sich den Ausbruch des Vulkans der<br />

Insel Thira 4 mal so stark vorstellen.<br />

Wikipedia schreibt darüber:<br />

Bereits in den vorangehenden Monaten war es nach jahrhundertelangem Stillstand (der zum<br />

Aufbau des Explosionsdruckes im Vulkaninneren führte) zu kleineren und mittleren Ausbrüchen<br />

gekommen, die allerdings nicht völlig ernst genommen wurden. <strong>Die</strong> niederländische Kolonialverwaltung<br />

schickte hintereinander zwei Expeditionen, von denen die erste beim Anblick<br />

der Schäden auf der Insel zurückkehrte, die zweite hingegen - in teilweiser Unkenntnis der


Gefahren - den Vulkan noch einmal bestieg und sozusagen als letzte das Innere des bereits<br />

aktiven, aber kurzzeitig stillstehenden Vulkankraters sah, bevor dieser kurze Zeit später in einer<br />

gewaltigen Calderaexplosion verschwand. Am Mittwoch, dem 22. August 1883, erfolgte<br />

die erste Eruption. Am Sonntag, dem 26. August, um 13:06 Uhr (jeweils Ortszeit) erfolgte<br />

dann eine weitere. Am 27. August 1883 um 5:30 Uhr erfolgte der nächste Ausbruch und um<br />

6:44 Uhr ein weiterer. Um 10:02 Uhr fand der gewaltigste Ausbruch statt. Der Krakatau<br />

schleuderte 18 km 3 Asche und Gestein bis in eine Höhe von 80 km in die Erdatmosphäre. Das<br />

Äquivalent des Ausbruchs an Sprengkraft dürfte zwischen 200 und 2.000 Megatonnen TNT<br />

gelegen haben, was etwa 10.000 bis 100.000 Hiroshima-Bomben entsprechen würde. <strong>Die</strong> unterirdische<br />

Magmakammer entleerte sich rasch und stürzte dann unter dem Gewicht der Deckenformation<br />

ein, woraufhin die Wassermassen des umgebenden Meeres schlagartig nachströmten.<br />

Wie bei einer Implosion verursachte dieser Einsturz an den umliegenden Küsten eine<br />

stellenweise bis zu 40 Meter hohe Flutwelle. Auf die Flutwelle folgten Ascheregen und<br />

pyroklastische Ströme − glühend heiße Gemische aus Gestein, Gas und Asche, welche Geschwindigkeiten<br />

bis zu 800 km/h erreichen können. <strong>Die</strong>se elementaren Gewalten zerstörten<br />

auf den umliegenden Inseln 165 Städte und Dörfer und töteten insgesamt 36.417 Menschen.<br />

Selbst ein Dampfschiff wurde vier Kilometer weit landeinwärts geschoben. Von der Vulkaninsel<br />

blieb nahezu nichts mehr übrig. Zwei Drittel der Insel versanken im Meer.<br />

<strong>Die</strong> Explosionsgeräusche, die diesen Ausbruch begleiteten, werden unter den lautesten in der<br />

Menschheitsgeschichte überlieferten eingeordnet. Sie waren sowohl im 3100 Kilometer entfernten<br />

Perth als auch auf der ca. 4800 Kilometer entfernt liegenden Insel Rodrigues nahe<br />

Mauritius zu hören. <strong>Die</strong> Folge waren atmosphärische Schockwellen, die rund um die Erde registriert<br />

wurden. <strong>Die</strong> Luftdruckwelle der Explosion war so gewaltig, dass sie auch noch nach<br />

fünf Tagen und sechs Erdumläufen messbar war.<br />

<strong>Die</strong> Flutwelle wurde auch noch in Europa registriert. An Pegeln im Golf von Biskaya,<br />

17.000 Kilometer von ihrem Ursprung entfernt, und entlang des Ärmelkanals wurde sie als<br />

Ausschlag von 2 cm aufgezeichnet.<br />

Größere Partikel, wie z. B. Bimsstein, der nach zeitgenössischen Berichten europäischer Seefahrer<br />

große Meeresflächen im Umkreis bedeckte, gingen in einem Gebiet von beinahe<br />

4 Millionen km² nieder – einem Areal von der doppelten Größe des <strong>gesamte</strong>n indonesischen<br />

Archipels. <strong>Die</strong> feine Vulkanasche (Aerosol) stieg in die obere Atmosphäre auf und verteilte<br />

sich dort in wenigen Tagen weltweit in über 70 % dieser Luftschicht.<br />

Überall rund um die Erde wurden aufgrund der Partikel in der Atmosphäre, an denen es zu<br />

Lichtbrechungen kam, spektakuläre Sonnenuntergänge beobachtet. Ein Astronom berichtete<br />

über die totale Mondfinsternis am 4. Oktober 1884 an „Nature“, dass … die Verdunkelung des<br />

Mondes weit über den Grad hinausgeht, den man bei Finsternissen der letzten Zeit gesehen<br />

hat.<br />

Es dauerte einige Jahre, bis diese Partikel wieder aus der Atmosphäre abgesunken waren.<br />

Unter anderem durch die Reflexion der Sonnenstrahlen zurück ins All sank vor allem auf der<br />

Nordhalbkugel die Durchschnittstemperatur um 0,5 bis 0,8 °C und hatte einen ungewöhnlich<br />

kühlen, verregneten Sommer mit katastrophalen Missernten zur Folge.<br />

Der Ausbruch des Krakatau im Jahre 1883 wird in der Medienwissenschaft als eines der frühesten<br />

Beispiele für das globale Dorf angeführt. Ohne die telegraphischen Berichte nach Europa<br />

wäre beispielsweise die Flutwelle nicht erkannt worden.


M ONTAG, 19. M AI <strong>2008</strong><br />

Santorin<br />

Morgens machten wir erst einmal das Boot sauber, denn hoher Besuch ist angesagt: Klaus,<br />

Oberregierungsrat a.D. Wir holten ihn mittags vom Flugplatz ab.<br />

Nach einer kleinen Mittagsruhe, zeigten wir Klaus erst einmal die wunderschöne Insel. Wir<br />

bummelten im Hauptort an den Klippen entlang und schauten in das eine oder andere Geschäft<br />

hinein.<br />

Als wir abends zurück an Bord kamen, hatte es sich bezogen und es hatte auch aufgebriest.<br />

Eine Dünung stand in den Hafen hinein. So verholten wir die VELA neben ein anderes deutsches<br />

Boot im Innenhafen. Abends kamen dann noch zwei Boote dazu, denen es an ihren<br />

Liegeplätzen in der Hafeneinfahrt zu ungemütlich wurde.<br />

Ein bisschen Griechenland. Aber so melancholisch wie auf dem Bild war es nicht. Brunhild<br />

und ich hatten eine schöne Zeit. Anfangs war es etwas kühl. Aber wir sind fast die ganze Zeit<br />

bei günstigen Winden gesegelt, haben uns die Inseln sehr ausführlich angeschaut und uns<br />

viel Zeit und Ruhe gegönnt.


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

3. T EIL DER R EISE VOM 20. M AI BIS 2. J UNI <strong>2008</strong><br />

Durch die Kykladen (2. Teil)<br />

An Bord: Klaus und Otto<br />

D IENSTAG, DEN 20. M AI <strong>2008</strong><br />

Santorin<br />

Wir machen uns noch einen schönen<br />

Tag auf Mykonos. Morgens fahren wir<br />

mit dem Auto in den wunderschönen alten<br />

Ort Pyrgos, der oben auf einem Berg<br />

liegt und früher eine Festung war. Viele<br />

Häuser sind noch von den Erdbeben von<br />

1956 zerstört und geben den Ort einen<br />

verlassenen Charakter.<br />

Anschließend fahren wir auf die höchste<br />

Erhebung der Insel, den 566 m hohen M.<br />

Profiti Ilia, auf dem ein Kloster steht, das


ein schönes Museum haben soll. Leider ist es wieder geschlossen, so dass wir nur die nach<br />

1956 wieder aufgebaute kleine Kirche besichtigen können. Aber ein schöner Rundblick entschädigt<br />

uns.<br />

Nach unserer Mittagsruhe zeigen wir Klaus noch einmal Oia, den am nördlichen Kraterrand<br />

gelegenen Ort. Dort finden wir ein schönes Restaurant. Leider streiten Brunhild und ich uns,<br />

da Brunhild meint, ich gehe nicht sorgsam genug mit Klaus um.<br />

M ITTWOCH, DEN 21. M AI <strong>2008</strong><br />

Santorin<br />

Heute muss Brunhild leider wieder nach Hause fahren.<br />

Ihr Flieger sollte um 11.40 Uhr über Zürich nach Hamburg gehen. Aber es gab keinen. Vermutlich<br />

wurde der Flug gestrichen und das <strong>Reise</strong>büro, bei dem wir ihn gebucht hatten, hatte<br />

uns nicht informiert. So musste sie einen neuen Flug für 255,- € buchen. Sie fliegt jetzt über<br />

Nürnberg nach Hamburg.<br />

Otto stand dann auch schon da und wartete auf mich seit einer Stunde. Sein Flug von Berlin<br />

aus war ein Direktflug gewesen und wurde gar nicht angezeigt.<br />

So verabschiedeten wir Brunhild, mit der ich eine sehr schöne Zeit an Bord hatte.<br />

Otto und ich führen dann an Bord.<br />

Nach ein bisschen Ausruhen und Mittagsessen, holten wir unsere Wäsche ab, die ich morgens<br />

in die Wäscherei gebracht hatte. Anschließend machten wir einen Grosseinkauf bei Lidl.<br />

Den Tag schloss dann wieder ein schönes Essen in dem gleichen Restaurant in Oia ab, das<br />

wir gestern schätzen gelernt hatten.<br />

Am Tag war wenig Wind und es war auch sehr diesig.<br />

D ONNERSTAG, 22. M AI <strong>2008</strong><br />

Santorin – Bucht Kalotaritissa (Westseite von Amorgos) (33 sm)<br />

In der Nacht fing es dann wieder an zu wehen. Da der Wind weiterhin aus West wehte, entschlossen<br />

wir uns ihn zu nutzen und nach Amorgos zu segeln. Dort gibt es eine wunderschöne<br />

kleine Bucht, die gegen den Meltemi und Westwinde geschützt ist.<br />

Otto, der Koch ist suchte sich dann in der Schlachterei noch einige Lämmereien und Hühnereien<br />

und ganz besondere Kochzutaten aus, die schon vom Klang auf Delikatessen schließen<br />

lassen.<br />

Nachdem ich das Auto zurück gebracht hatte, legten wir ab. Draußen wehte es mit 5 bis 6 Bft<br />

aus West, so dass auch richtig hohe Wellen vor der Hafeneinfahrt standen, die auch über die<br />

Mole gischten. Als wir dann aber die Tonne am Ende des überschwemmten Wellenbrechers<br />

erreicht hatten, konnten wir vor den Wind abdrehen.


So segelten wir mit achterlichen bis halben Winden, mit Genoa alleine und später noch mit gerefftem<br />

Groß mit 5 bis 7 kn auf unser Ziel zu. <strong>Die</strong> Sonne meinte es gut mit uns. Es war warm<br />

und etwas schaukelig.<br />

Gegen 16.30 Uhr warfen wir unseren Anker auf weißem Sandgrund vor einem schönen<br />

Strand auf 2 m Wasser.<br />

Klaus wagte dann den Sprung in die Fluten. Er meinte, das Wasser wäre wärmer als im<br />

Sommer die Nordsee. Otto zauberte dann ruckizucki als Vorspeise einen griechischen Salat.<br />

... und was dann kam, ist wohl kaum noch zu überbieten: „Coque au vin“ ... hervorragend!<br />

Schade, dass Brunhild nicht hier ist – es wäre für sie sicher einen Freude, all die Kleinigkeiten<br />

abzugucken, die ein Profikoch drauf hat. Schließlich führte Otto in Irland eines der besten Lokale<br />

mit eigenem Gemüseanbau und ganz speziellen Kontakten zu Fischern und Bauern.<br />

<strong>Die</strong> Bucht ist einfach traumhaft. Ein leichter Wind wehte aus SW. Wir ließen dann im Cockpit<br />

bei Weißwein so langsam die Nacht auf uns hinabsinken und beobachteten, wie die Sterne<br />

aufgingen.<br />

F REITAG, 23. M AI <strong>2008</strong><br />

Bucht Kalotaritissa (Westseite von Amorgos) – Hafen von Amorgos (7 sm)<br />

<strong>Die</strong> Nacht war fast windstill und morgens alles voller Tau.<br />

Otto, der Frühaufsteher weckte mich dann, als er um 07.15 Uhr zum Schwimmen über meine<br />

Achterkajüte turnte. Da hatte er<br />

schon seine zweiten Kanne Kaffee<br />

getrunken.<br />

Ich sprang dann auch in die glasklaren<br />

Fluten. Anfangs war es doch ein<br />

bisschen kalt – aber man gewöhnt<br />

sich dann ganz schnell daran; ich<br />

denke so etwa 20 Grad.<br />

Da heute wenig Wind angesagt ist,<br />

beschließen wir noch etwas in dieser<br />

Bucht zu bleiben und dann in<br />

den kleinen Hauptort der Insel zu<br />

segeln.<br />

Zu Mittag aßen wir dann ganz hervorragenden<br />

geräucherten Lachs,<br />

den Otto aus Irland mitgebracht hatte.<br />

Da wir dazu natürlich ein Bier<br />

trinken mussten und Bier müde


macht, liefen wir erst nach unserem Mittagsschlaf aus.<br />

Nach einer Stunde erreichten wir den kleinen, immer noch recht verschlafenen Hafen von<br />

Amorgos. Einige Yachten lagen vor Buganker und mit Heckleinen an der Pier. So gesellten wir<br />

uns dazu.<br />

Amorgos. Vor 14 Jahren war ich schon einmal hier. Damals im Herbst. Brunhild, Johanna und<br />

Annika kamen hier mit der Fähre von Athen an. Von Ursel hatten wir diesen Tipp bekommen<br />

und auch die Kontakte zu einem Künstler, der auch Zimmer vermietet. Ich bummelte dann den<br />

Weg am Wasser entlang und fand auch das Haus wieder. Es war keiner zu Hause, alle Türen<br />

standen offen – und kaum etwas hatte sich verändert. Alles erschien mir aber dem Verfall<br />

preisgegeben. Auf der anderen Seite der Bucht entdeckte ich dann auch die kleine Kapelle, zu<br />

der wir damals hinüberruderten.<br />

Gegen Abend bevölkerte sich die Pier ein wenig. Eine kleine Fähre kam und spuckte ein paar<br />

Touristen und etwas Ladung aus. Ein Ort, der zum Verweilen einlädt, noch immer nicht so<br />

richtig mit Anschluss an die Mainstreamroute der Urlauber.<br />

In einem bis unter die Decke mit allem Möglichen vollgestopften Laden fand ich dann auch eine<br />

Ankerboje und ein passendes dünnes Seil – alles zusammen für 3,50 €.<br />

All dieses Positive wird mal wieder von Bordproblemen getrübt: <strong>Die</strong> Batterien sind nur noch<br />

halb voll. Leider blieben sie das auch, nachdem wir sie über Nacht mit Landstrom geladen hatten.<br />

Das ist nicht gut und weist darauf hin, dass sie vielleicht ihren Geist aufgeben.<br />

Zum Abschluss dieses Tages noch etwas sehr Positives: Lammkeule !!! Da muss ich doch<br />

die Aussage revidieren, dass mein bisher wohlschmeckendstes Gericht Evis Kaninchen war.<br />

S AMSTAG, 24. M AI <strong>2008</strong><br />

Amorgos – Myrsini (Schoinoussa) (19 sm)<br />

Eine sehr ruhige Nacht und ein strahlender Tag ohne einen Hauch von Wind. Das Meer spiegelblank.<br />

So mussten wir die 19 sm unter Maschine zurücklegen.<br />

Auslaufen konnten wir erst, als das Brot gebacken war – so gegen 10.30 Uhr. Zuvor füllten wir<br />

unsere beiden <strong>Die</strong>selkanister und die Wassertanks auf.<br />

Im kleinen Hafen von Myrsini waren wir die ersten, die ankamen. So legten wir uns an die<br />

Pier. Dann mussten wir noch ans Ende der Pier verholen, da eine Schnellfähre den Platz<br />

kurzzeitig benötigte. So nach und nach kamen noch einige andere Yachten.<br />

Es war wieder ein schöner warmer Sommertag, den wir zum Faulenzen und Baden nutzten.<br />

S ONNTAG, 25. M AI <strong>2008</strong><br />

Myrsini (Schoinoussa) – Paros (28 sm)<br />

Wieder so ein schöner Tag. Heute<br />

haben wir leichten Westwind. Leider<br />

ist das die Richtung, in die wir<br />

wollen, um dann in den nächsten<br />

Tagen bei dem angekündigten<br />

Nord, die anderen Kykladeninseln<br />

abzuklappern.<br />

So laufen wir nach einem ausgiebigen<br />

Frühstück und einem erfrischenden<br />

Bad in der sauberen<br />

Bucht gegen 10.00 Uhr aus.<br />

Wir versuchten zu segeln, aber<br />

der Kurs war bei weitem nicht zu


halten. Dann merkte ich, dass die Kühlwasseranzeige zu hoch geklettert war. Das konnte eigentlich<br />

nur der Impeller sein, den ich vermutlich im letzten Herbst noch nicht gewechselt hatte.<br />

Also die Segel wieder hoch und ab in die Maschine. Ja, es war der Impeller. Drei von den<br />

sechs Flügeln waren abgebrochen. Aber nach einer guten halben Stunde war alles wieder in<br />

Ordnung.<br />

In der Meerenge zwischen Naxos und Paros bekamen wir dann schöne 4 Bft aus Nord, so<br />

dass wir noch zwei Stunden segeln konnten.<br />

In Naxos, wo wir gegen 16.00 Uhr ankamen, hatten wir ebenfalls Glück. Im Innenhafen fanden<br />

wir den letzten freien Platz an der Pier. An Land tranken wir einen Frappé und erforschten anschließend<br />

die schönen engen, verwinkelten Gassen der Altstadt. Sie sind fast genau so malerisch<br />

wie die in Mykonos, aber lange nicht so touristisch und heute, am Sonntagnachmittag,<br />

wie ausgestorben.<br />

Abends ließen wir dann die zweite Hälfte der Lammkeule im Kühlschrank und suchten ein<br />

kleines Familienrestaurant auf, das ganz versteckt in der Altstadt liegt. Ein phantastisches<br />

Ambiente – so völlig gegensätzlich zu dem, was sich unserem Blick normalerweise bietet: Ein<br />

kleiner von Mauern umgebener Garten mit einer riesigen Palme, üppigen Boucainvillea, Rosen,<br />

Geranien, Kakteen und anderen Sträuchern. Das Essen kam zwar nicht an Ottos Kochkünste<br />

heran, war jedoch gut und recht günstig.<br />

Der leichte Wind war eingeschlafen und an unserem Liegeplatz war das erwachende Leben in<br />

der Stadt kaum zu vernehmen.<br />

Leider musste ich nun doch feststellen, dass die anderen zwei Batterien, die mit der defekten<br />

zusammen hingen, auch Schaden genommen hatten. So muss ich wohl in den sauren Apfel<br />

beißen und neue kaufen. Ich sandte eine Mail nach AWN (Schiffshändler) in Deutschland und<br />

telefonierte mit Hellen, der Leiterin des TO-Stützpunktes in Naxos. Sie will mir morgen mitteilen,<br />

wo ich in Griechenland welche bekommen kann. Hier in Paros entdeckte ich dann auch<br />

einen Schiffshändler. Ich will morgen mal hin und fragen, ob er mir welche besorgen kann.<br />

M ONTAG, 26. M AI <strong>2008</strong><br />

Paros – Seriphos (28 sm)<br />

Über Nacht hatten wir die beiden restlichen Batterien mit Landstrom geladen. Sie waren immer<br />

nur noch halb voll, was bei offenen Bleibatterien fast leer bedeutet.<br />

Ich wollte dieses Mal die beste Batteriesorte nehmen. Das sind sogenannte AGM-Batterien,<br />

die geschlossen sind, bei denen die Säure in Fiberglas eingebettet ist und die man tiefer und<br />

häufiger entladen kann. <strong>Die</strong> sind natürlich auch fast doppelt so teuer. Von Naxos erhielt ich die<br />

Nachricht, dass man nicht wüsste, was AGM-Betterien seinen. Hier in Paros sandte man mich<br />

zu einem Batteriehändler. Glücklicherweise war gerade ein technisch sehr versierter Deutscher<br />

da, der gut griechisch sprach. Der Batteriehändler kannte natürlich auch keine AGM-<br />

Batterien. Da er Vertreter von VARTA war, rief er dort an. Auch dort kannte man diesen neuen<br />

Batterietyp nicht. Er erhielt dann einen Rückruf, dass es diese Batterien bei VARTA nur bis 90<br />

Ah gäbe. So entschied ich mich dafür, bei ihm zwei geschlossene VARTA-Bleibatterien (je<br />

140 Ah) zu kaufen; zusammen für 570,- €. Das ist eine nicht erwartete Ausgabe, denn die anderen<br />

Batterien waren gerade zwei Jahre alt. Aber der Preis selbst ist nicht überhöht. So habe<br />

ich zwar 80 Ah weniger als zuvor. Wenn ich die zweite Lichtmaschine eingebaut habe, mit<br />

dem sehr starken Windgenerator und der auf LEDs umgestellten Beleuchtung, sollte ich in<br />

Zukunft keine Probleme mit zu wenig Elektrizität haben.<br />

Bevor wir ausliefen rief Schani von der „Bloody Mary“ an. Sie sind in Epidauros. Als ich sagte,<br />

dass wir heute nach Seriphos gehen würden, entschieden sich Bims und Schani auch dahin<br />

zu segeln. So laufen wir aufeinander zu; wir 28 sm, sie 50 sm. Schön, dass wir uns dort treffen.<br />

Als wir um 12.00 Uhr auslaufen, empfängt uns dort ein ganz leichter NW-Wind. Hoch am Wind<br />

laufen wir bis 15.15 Uhr zwischen 2 und 3 kn. Das ist natürlich zu wenig, um noch im Hellen in


Seriphos anzukommen. So werfen wir die Maschine an. Dann war auch das Meer spiegelblank.<br />

Gegen 18.00 Uhr erreichen wir den Hafen von Seriphos. Unheimlich malerisch liegt der alte<br />

Hauptort, die Chora, oben auf dem Berg. Wir finden noch einen engen Eckplatz am Ende der<br />

Pier.<br />

Dann kommt auch die „Bloody Mary“ und geht in der Bucht vor Anker. Wir verabreden uns per<br />

Handy in einer Kneipe. Da Otto uns wieder ein schönes Essen gekocht hat, trinken wir nur unser<br />

Bier, während Schani und Bims dort essen. Es wird ein schöner Abend voller Erinnerungen.<br />

D IENSTAG, 27. M AI <strong>2008</strong><br />

Seriphos – Sifnos (Bucht Vathy) (15 sm)<br />

Morgens geht die neben uns liegende Yacht, über die wir immer an Land gestiegen sind, ankerauf.<br />

So verholen wir mehr an die Pier. Da unser Anker nicht hält, verlegen wir die VELA an<br />

eine andere frei gewordene Stelle an der Pier.<br />

Klaus muss heute Wäsche waschen.<br />

Das macht er mit solch einer Vehemenz<br />

und Akribie, dass anschließend<br />

der halbe Wassertank leer ist.<br />

Otto und ich nehmen währenddessen<br />

den Bus hinauf auf die Chora.<br />

Man hat von dort einen herrlichen<br />

Blick. Aber so richtig schöne malerische<br />

Ecken gibt es nicht.<br />

Da es uns nicht so sehr behagt, zwischen<br />

so vielen Booten an der Pier<br />

zu liegen, entschließen wir uns gegen<br />

14.00 Uhr in einer Bucht auf der<br />

südlich gelegenen Insel Sifnos vor<br />

Anker zu gehen. Vor dem Verlassen<br />

der Bucht fahren wir noch einmal bei<br />

Schani und Bims vorbei, um uns zu verabschieden. Das sind ganz tolle Menschen und es<br />

macht mich etwas traurig, dass sich hier wohl unsere Wege trennen werden. Sie bleiben diesen<br />

Sommer noch in Griechenland und wollen dann im nächsten Jahr an einer Rallye teilnehmen,<br />

die sie durch das Rote Meer<br />

nach Indien bringen wird.<br />

Bei leichten bis mittleren Windstärken<br />

laufen wir bei halben Wind hinüber<br />

nach Sifnos und dann an der Westküste<br />

der Insel entlang. <strong>Die</strong>se Küste ist<br />

bis auf einige vereinzelte weiße<br />

Häuschen nicht bewohnt. <strong>Die</strong> Berge<br />

ziehen sich, bewachsen mit grünen<br />

Büschen, steil vom Meer hinauf in den<br />

blauen Himmel. Viele Bergspitzen<br />

werden von kleinen Kapellen gekrönt.<br />

Ich sitze auf dem Achterdeck, lasse<br />

diese wilde Landschaft an mir vorbeiziehen,<br />

und träume so vor mich hin.<br />

In der gut geschützten Bucht Vathy<br />

finden wir neben einigen anderen Yachten<br />

einen gut geschützten Anker-


platz. <strong>Die</strong> Bucht ist umsäumt von einigen Häusern und Restaurants und natürlich einer kleinen<br />

Kirche im Zentrum. Auch dieser Ort würde sich dafür anbieten, einen geruhsamen Urlaub zu<br />

machen.<br />

Wir springen in die erfrischenden Fluten und trinken dann unser Ankunftsbier. Brunhild ruft<br />

mich an – es ist schön, ihre Stimme zu hören. Otto bereitet mal wieder fachmännisch das Abendmahl<br />

vor; es duftet schon ganz lecker.<br />

M ITTWOCH, 28. M AI <strong>2008</strong><br />

Sifnos – Milos (22 sm)<br />

<strong>Die</strong> Nacht war völlig windstill.<br />

Nach einem Grossaubermachen holten wir den Anker auf und setzten den Kurs auf das 22 sm<br />

entfernte Milos ab. Milos ist, ähnlich wie Santorin, ein explodierter Vulkan. Das geschah jedoch<br />

schon in vorgeschichtlicher Zeit. So sind die Innenkraterwände nicht so steil abfallend,<br />

so dass es auch einen schönen Hafen im ehemaligen Krater gibt. Obwohl leichte Nordwinde<br />

angesagt waren, wehte es mit 3 Bft. aus West. Hoch am Wind konnten wir anfangs bis zu 4,5<br />

kn laufen. Dann schlief der Wind jedoch wieder ein, so dass für die letzten 3 Stunden die Maschine<br />

wieder herhalten musste.<br />

In Milos machten wir, wie auch andere Boote, an der Außenmole fest. Als wir dann unseren<br />

Anker geworfen und die Heckleinen fest gemacht hatten, stellten wir fest, dass hier auch Mooringleinen<br />

ausgelegt sind.<br />

Es ist sehr heiß. Im Salon steht das Thermometer auf 30 Grad. Wir gehen in ein Café und<br />

trinken Frappé. Anschließend repariere ich das Kabel des Kettenzählwerks der Ankerwinsch,<br />

das abgerissen war.<br />

In einem kleinen Gartenrestaurant<br />

essen und trinken wir zu dritt für 38,-<br />

€. Anschließend warten wir bei<br />

schönem kaltem gezapftem Bier auf<br />

das Dunkelwerden an der Uferpromenade.<br />

D ONNERSTAG, 29. M AI <strong>2008</strong><br />

Milos<br />

Wir entscheiden uns, heute hier zu<br />

bleiben. Der angekündigte Meltemi<br />

scheint nicht zu kommen, aber ein<br />

laues Lüftchen aus Nord bringt et-


was angenehmen Kühle in unser Cockpit. Im Salon ist das Thermometer auf 34 Grad gestiegen.<br />

Da wir jedoch an der Außenmole des Hafens liegen, können wir immer mal wieder zur<br />

Abkühlung ins Wasser springen.<br />

Während Klaus etwas spazieren gehen und Otto an Bord faulenzen will, entscheide ich mich,<br />

mir einen Roller zu mieten und die Insel zu erkunden. Für 10,- € erhalte ich auch solch ein<br />

Ding und auf geht’s. Vom Hafen Adamas geht es hinauf zum Hauptort Plaka, der mit seinen<br />

weißen Häusern oben auf dem Berg leuchtet. Hier sind ein römisches Amphitheater und frühchristliche<br />

Katakomben zu besichtigen. Leider sind letztere mal wieder geschlossen.<br />

So fahre ich weiter die Nordküste entlang nach<br />

Westen. Nur mit Hemd und Shorts bekleidet, ist es<br />

sehr angenehm zu fahren. Immer wieder neue<br />

Blumen und Landdüfte werden zu mir hinübergetragen.<br />

Da die Insel vulkanischen Ursprungs ist, ist auch<br />

das nach oben getragene Gestein ganz unterschiedlich.<br />

<strong>Die</strong> Nordküste weist an vielen<br />

Stellen bizarre Steinformationen und tief eingeschnittene<br />

Buchten und Höhlen auf. In Appolonia<br />

mache ich Rast, esse ein paar Fleischbällchen in<br />

Tomatensauce und vertiefe mich in den<br />

<strong>Reise</strong>führer der Insel. Ganz in der Nähe des<br />

römischen Theaters fand im 19. Jahrhundert ein<br />

Bauer beim Pflügen die berühmte Venus von Milo,<br />

die jetzt im Louvre in Paris ausgestellt ist.<br />

An vielen Stellen wird auf Milos Gestein im<br />

Tagebau abgebaut. Ich fahre an einer riesigen<br />

Grube vorbei. <strong>Die</strong> ganze Landschaft ist hier<br />

entsprechend terassiert – aber auch schon wieder<br />

bewachsen.<br />

Zum Abschluss unternehme ich noch einen Abstecher in den westlichen Teil der Insel. Hier<br />

gibt es kaum Dörfer. Wilde Gesteinformationen und weite Ödlandflächen ziehen sich die hier<br />

etwas höheren Berge hinauf.<br />

Als mir um 14.30 Uhr der Po weh<br />

tut und ich merke, dass meine<br />

Oberschenkel genug Sonne abbekommen<br />

haben, fahre ich wieder<br />

zurück an Bord. Otto hat es<br />

sich im Cockpit gemütlich gemacht,<br />

Klaus ist auf Achse und<br />

ich lege mich erst einmal zur Ruhe.<br />

Abends gibt es wieder ein exzellentes<br />

Mahl: <strong>Die</strong>ses Mal indonesisch,<br />

dass wir dann mit zwei gezapften<br />

Bieren an Land hinunterspülten.


F REITAG, 30. M AI <strong>2008</strong><br />

Milos – Pholegandros (33 sm)<br />

Es ist Wind aufgekommen. Wir merkten es schon nachts, als das Boot durch die in die Bucht<br />

laufende Dünung zu schaukeln begann.<br />

Dann also los. <strong>Die</strong>smal nicht so viel motoren. Erst mussten wir aber mal mit Maschine gegenan,<br />

um aus der Bucht von Milos hinauszukommen. Draußen hatte sich dann bei 4 Bft eine<br />

ganz schöne Welle aufgebaut (es muss woanders mehr geweht haben). Dann ging es bei halben<br />

Wind die Nordküste von Milos entlang, die mit ihren unterschiedlichen Gesteinsformationen<br />

ganz interessant ist. In der Meerenge zwischen Milos und Kimolos schlief der Wind erwartungsgemäß<br />

ein. Auch im Windschatten von Polyaigos mussten wir noch einmal motoren.<br />

Dann ging es bei nordöstlichen Winden, die letztlich auf 4 Bft zu nahmen, in Richtung Pholegandros.<br />

<strong>Die</strong> See war für die Windstärke ganz schön hoch und als wir an Pholegandos Nordküste<br />

entlang segelten, wurde sie sehr konfus von den steil ins Meer stürzenden Felsen reflektiert.<br />

Gegen 18 Uhr liefen wir in den kleinen Hafen ein. <strong>Die</strong> Pier war leider von einem Tankschiff belegt,<br />

so dass wir vor Anker gehen mussten.<br />

S AMSTAG, 31. M AI <strong>2008</strong><br />

Pholegandros – Ios (16 sm)<br />

Wir gingen nicht an Land. Alles wirkte sehr<br />

ausgestorben. In der Nacht hörte dann der<br />

Schwell auf, der uns abends noch von einer<br />

Seite zur anderen hat rollen lassen.<br />

Nach einem morgendlichen Sprung in die erfrischenden<br />

und unheimlich klaren Fluten, lichteten<br />

wir den Anker und liefen unter Maschine<br />

nach Ios. Kein Wind, ein klarer Horizont, an<br />

dem schon Santorin zu sehen war und eine<br />

schön wärmende Sonne. Otto, der sich gestern<br />

die Unterarme verbrannt hatte, trägt heute<br />

langärmlich.<br />

Gegen 14 Uhr laufen wir ein. Im Hafen sind<br />

noch viele Liegeplätze frei. Es gibt schöne neue<br />

Moorings, so dass wir nicht unseren Anker benutzen<br />

mussten. Fast alle bisher besuchten Häfen<br />

haben kein Hafengeld gekostet.<br />

Wir trinken erst einmal ein Draught-Bier, um<br />

uns die nötige Bettschwere zu verschaffen und<br />

machen dann unsere Siesta.<br />

Abends bummeln wir noch durch den kleinen Hafen und essen dann in einem Restaurant.<br />

Hier ist noch der Hund begraben. <strong>Die</strong> Restaurants und Cafés sind leer, in den Hotels brennt<br />

nachts kein Licht und der Campingplatz ist noch geschlossen.<br />

Abends füllt sich der Hafen – wie mag es hier wohl in der Hochsaison aussehen. Ios schein<br />

auch ein Drehpunkt für Fähren zu sein. Jeden Tag kann man von hier in die Türkei, nach Kreta,<br />

Athen und fast allen anderen Kykladeninseln fahren.


S ONNTAG, 1. J UNI <strong>2008</strong><br />

Ios<br />

Keine laute Musik, wie im Hafenhandbuch<br />

angekündigt. Otto und<br />

Klaus wurden nur von einer Alarmanlage<br />

geweckt, die von 04.00 bis<br />

07.00 Uhr getutet haben soll. Ich<br />

hatte nichts gehört.<br />

Während ich für Klaus mein Klappfahrrad<br />

aus der der Backskiste<br />

kramte, mieteten Otto und ich uns<br />

ein Quad (18,- €). Erst einmal ging<br />

es hoch hinauf in den Hauptort, die<br />

Chora. Hier liegen die Häuser wieder<br />

eng an eng an den Berg geschmiegt, durchsetzt mit Kirchen und Kapellen und aufgelockert<br />

durch einige Windmühlen. Nach einem Kaffee machten wir uns dann ganz neugierig auf<br />

den Weg über die Insel. In den Büchern hatten wir bis auf schöne Strände voller Nackter und<br />

viel Müll, den diese immer überall<br />

liegen lassen, nichts Aufregendes<br />

gefunden. Es gab auch wirklich<br />

nichts. Wir fuhren bis in den Süden<br />

durch eine Steinlandschaft, ohne<br />

Häuser – ab und zu ein paar<br />

Kapellen. <strong>Die</strong> Straße schlängelt<br />

sich an den Bergen entlang und<br />

oben konnte man schon erkennen,<br />

wo man in einer halben Stunde sein<br />

wird. Natürlich war auch der Blick<br />

über die ganze umliegende Inselwelt<br />

wieder phantastisch – und es<br />

duftete nach Kräutern.<br />

Dann gab es auch keine Nackten.<br />

<strong>Die</strong> wunderschönen Strände waren<br />

fast menschenleer. Wir fanden<br />

dann noch ein offenes Restaurant<br />

und stärkten uns mit Spaghetti.<br />

<strong>Die</strong> Aufregung dieser kleinen <strong>Reise</strong> hatten wir uns dann selbst gebastelt. Wir hatten sehr wenig<br />

getankt – und auf der ganzen Insel gab es nur Tankstellen in der Hauptstadt. Schon bald<br />

zeigte die Tankanzeige auf Reserve. Damit würden wir nie wieder zurück kommen. Dann entdeckten<br />

wir aber auf der Karte eine Abkürzung. Steil ging es in Serpentinen auf holprigem<br />

Sandweg hinunter ans Meer. Wir stellten den Motor aus und ließen uns hinunter rollen. Noch<br />

gerade mit dem letzten Tropfen erreichten wir dann die Tankstelle.<br />

M ONTAG, 2. J UNI <strong>2008</strong><br />

Ios – Santorin (30 sm)<br />

Ein herrlicher Segeltag. Schon nach dem Frühstück gegen 09.30 Uhr liefen wir aus. Wir setzen<br />

nur die Genoa und nahmen sie gegen 15.30 Uhr, kurz vor dem Yachthafen von Santorin<br />

wieder runter. Wir rauschten mit achterlichen Winden von 4 bis 6 Bft nach Santorin, durchsegelten<br />

dann den Krater und auch auf der Südseite der Insel blieb uns der raume Wind treu.<br />

Nur hin und wieder mussten wir die Genoa auf die andere Seite nehmen.<br />

Ich glaube, es war ein schöner Segelabschluss für Otto und Klaus.


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

4. T EIL DER R EISE VOM 3. BIS 19. J UNI <strong>2008</strong><br />

Ein Abstecher in die Türkei und dann nach Kreta<br />

An Bord: Volker<br />

D IENSTAG, DEN 3. J UNI <strong>2008</strong><br />

Heute haben Otto, Klaus und ich das Schiff sauber gemacht. Ich konnte meine Wäsche zur<br />

Wäscherei geben und abends waren wir dann alle noch einmal zu einem Abschiedsessen in<br />

Thira. Anschließend saßen wir in einem Restaurant über dem Hafen und ließen es bei einem<br />

schönen kalten Bier langsam dunkel werden.<br />

M ITTWOCH, 4. J UNI <strong>2008</strong><br />

Otto’s Flieger ging um 11.00 Uhr über Mykonos nach Athen und Klaus flog dann um 13.00 Uhr<br />

über Nürnberg nach Düsseldorf.<br />

Ich hatte beide zum Flugplatz gefahren und fand dann doch anschließend tatsächlich einen<br />

Friseur (ich hatte schon immer mal geguckt, aber nie einen gefunden), der mich auf menschliche<br />

Dimensionen zurückschnippelte.


An Bord reparierte ich die Toilette, bei der sich eine Schraube gelöst hatte und machte das<br />

Schiff für die 100 sm-Überfahrt nach Bodrum klar. Der Wetterbericht sieht hervorragend aus:<br />

Angesagt sind 3 bis 5 Bft. aus West, also genau von hinten. Ich denke, dass ich mit der Doppelfock<br />

segeln kann.<br />

Ich werde die <strong>Reise</strong> in zwei Tagen machen. Fast genau in der Mitte liegt eine Inselgruppe des<br />

Dodekanes, wo es eine schöne geschützte Bucht gibt. Dann bin ich am Freitag in Bodrum und<br />

kann dort einklarieren. Am Samstag fahre ich dann zur Werft. Der Besitzer mailte mir, dass er<br />

am Montag und <strong>Die</strong>nstag nicht da sei, da er seinen Sohn zum Arzt nach Ankara fahren muss.<br />

Gegen 21.00 Uhr fragen mich einige Griechen ganz freundlich, ob sie ihr Boot neben meins<br />

legen dürften. Da ich jedoch morgen sehr früh raus will, entscheide ich mich, ihnen den Platz<br />

zu geben und an der Vorderkante der Innenmole festzumachen.<br />

D ONNERSTAG, 5. J UNI <strong>2008</strong><br />

Santorin – Vathy (Astipalaia) (52 sm)<br />

Als ich morgens gegen 05.30 Uhr durch einen hinausfahrenden Fischer geweckt werde, entschließe<br />

ich mich auszulaufen. Es ist ein sehr ruhiger Morgen. Den Himmel zieren ein paar<br />

kleine Wolkenbänke. Draußen mache ich mir Frühstück. Dann geht gegen 06.00 Uhr die Sonne<br />

genau vor meinem Bug auf 60 Grad auf.<br />

Ich passiere die Südostecke von Santorin. Oben auf dem Berg liegt das alte Thira, das Brunhild<br />

und ich vor 14 Tagen besichtigt hatten. Hier vom Meer aus ist erst ersichtlich, wie uneinnehmbar<br />

diese Stadt gewesen sein müss. Während sich rechts und links weite Strände ausbreiten,<br />

erhebt sich der Felsen, auf dem Thira in schwindelnder Höhe liegt, steil aus dem<br />

Meer.<br />

Der neue Wetterbericht sagt für dieses Seegebiet für heute und morgen schöne 4 bis 5 Bft.<br />

aus West, also für mich genau von achtern, an. Leider scheint der Wind das noch nicht gehört<br />

zu haben. Es ist fast windstill. <strong>Die</strong> Maschine tuckert vor sich hin und die neue Selbststeueranlage<br />

hält genau Kurs.<br />

Es ist schon etwas gewöhnungsbedürftig, nach einer so langen Zeit mit anderen Menschen<br />

auf engem Raum, sich jetzt nur alleine zu haben. Wenn ich etwas mache, mache ich es leise<br />

und vorsichtig, um die anderen nicht zu stören oder zu wecken und stelle dann plötzlich fest,<br />

dass ich ja alleine bin. Eigentlich hat das auch was, nur Rücksicht auf sich selbst nehmen zu<br />

müssen.<br />

Aber nur so alleine durch die Welt zu bummeln, das ist es auch nicht. Ich reibe mich auch<br />

gerne an der Andersartigkeit von anderen Menschen und bin immer wieder erstaunt darüber,<br />

dass deren Sicht von Welt häufig ganz anders ist. Früher ist mir das nie so sehr aufgefallen.<br />

Hier an Bord ergeben sich jedoch viele Momente des Innehaltens. <strong>Die</strong> Wahrnehmung: komisch,<br />

wie der andere darauf reagiert hat, wird nicht so einfach Vergangenheit. Es ist Zeit,<br />

nachzufragen, sich in den anderen hineinzufühlen. Dann wird mir häufig deutlich, dass das für<br />

mich fremde, ja z.T. unverständliche Verhalten, einen Sinn ergibt. Ich lerne langsam verstehen,<br />

mein Gegenüber und mich selbst – was ich auslöse, wenn ich es so oder so sage. Dabei<br />

habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass dieses neue gegenseitige Kennenlernen<br />

für mich etwas sehr Wertvolles ist. Den anderen Menschen verstehen lernen, ist auch immer<br />

ein Prozess, mich selbst besser kennen zu lernen. Aber vor allem bringt er Vertrauen und Nähe.<br />

<strong>Die</strong> Angst, etwas falsch zu machen oder zu verletzen wird reduziert, denn die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass der andere seine Gefühle nicht hinunter schluckt, sondern sie äußert, wird von<br />

Mal zu mal größer. Das ist manchmal nicht leicht. Aber wenn dann die unterschiedlichen Welten<br />

dieser beiden Menschen aufeinanderknallen, erlebe ich es als befreiend. Ich kann dann<br />

wieder richtig durchatmen und ein neues Kapitel kann beginnen. Vor einigen Jahren hat das<br />

bei einem Freund dazu geführt, dass ich den Kontakt abbrach. Das hat mir viel Kopfzerbrechen<br />

bereitet und mich sehr traurig gemacht. Er kam jedoch wieder – und ich glaube, dass ich<br />

jetzt vieles besser verstehe.


08.30 Uhr. Wir passieren das Nordkap der Insel Anafi – wild zerklüftet, mit einem grünen<br />

Schleier überzogen – es könnte auch Schottland sein. <strong>Die</strong> Wolken haben sich verzogen. In<br />

der Ferne ist Amorgos zu erkennen und hinter uns versinkt Santorin im Dunst. Ein ganz leichter<br />

Wind von achtern zeigt an, dass da vielleicht noch mehr kommen kann. Wenigstens stimmt<br />

die vorhergesagte Richtung.<br />

Das Meer beginnt zu atmen;<br />

eine leichte Dünung läuft von<br />

Süden heran. Um 10.30 Uhr<br />

bilden sich die ersten glasigen<br />

Wellenkämme; Starke 2 bis 3.<br />

Ich mache die Doppelfock klar.<br />

Mit dem neuen hängenden<br />

Baum ist das sehr viel einfacher.<br />

Wenn die Bäume noch<br />

verkürz- oder verlängerbar wären,<br />

wäre es noch einfacher.<br />

Wir laufen jetzt unter Segeln 3<br />

Knoten. Es ist ein sehr schönes,<br />

gemütliches Segeln. Das<br />

Schiff liegt gerade auf dem Kiel<br />

und da nicht ein einziges Schiff<br />

in Sicht kommt, kann ich auch<br />

für eine kurze Zeit die Augen<br />

zu machen.<br />

Astipalaia – damit habe ich die Kykladen verlassen. <strong>Die</strong> Insel gehört zur Inselgruppe des Dodekanes.<br />

Fast kahl und abweisend steigen die grau-braunen Berge aus dem Meer, kaum ein<br />

Haus und kein einziger Baum. <strong>Die</strong> Insel ist sehr zerklüftet und bietet viele gute Ankerbuchten.<br />

Im Handbuch steht: „Von der Geschichte vergessen. Im Dornröschenschlaf vor sich hindämmernd“.<br />

Da ich hier nur über Nacht bleiben will und mein Kurs nach Bodrum im Norden vorbeiführt,<br />

habe ich mir die völlig geschützte Bucht Vathy im Nordosten ausgesucht.<br />

Gegen 15.00 Uhr wird es mit dem Wind immer weniger. Da wir unter zwei Knoten laufen, stelle<br />

ich für die letzten 8 sm die Maschine wieder an.<br />

Um 16.45 fiel der Anker in der Bucht von Vaty. An Land gibt es einige Häuser und einen Kai<br />

mit Fischerbooten. Neben mir ankert eine englische Yacht. Ich mache mir mein Kotelett mit<br />

Bratkartoffeln, trinke meinen Wein und gehe um 22.00 Uhr schlafen.<br />

F REITAG, 6. J UNI <strong>2008</strong><br />

Vathy (Astipalaia) – Bodrum (Türkei) (59 sm)<br />

<strong>Die</strong> Hähne krähen und das läuten der Glocken der Ziegen, die zum Melken geführt werden,<br />

weckt mich um 05.15 Uhr. Das erste Morgenlicht verscheucht das Dunkel der Nacht. Ruhig<br />

und still liegt diese große von Bergen umgebene Bucht – wie ein Bergsee.<br />

Ich stehe auf, hole den Anker ein und verlasse diese heimelige Umgebung.<br />

09.00 Uhr: die Sonne, die blutrot aus dem Meer gestiegen ist, ist verschwunden. <strong>Die</strong> Wolkenbank,<br />

die sie verschluckt hat, hat sich über den ganzen Himmel ausgebreitet. So grau wie der<br />

Himmel, so bleiern ist auch die See. <strong>Die</strong> VELA zieht mit knapp 6 Knoten ihr Schraubenwasser<br />

durch das Blei.<br />

Ich habe Kaffee getrunken und einen Brief an Brunhild geschrieben. Es war mir danach. <strong>Die</strong>se<br />

unendliche Weite, dieses sich so einsam und klein fühlen auf dem großen Meer macht<br />

Schreiben. Ein paar Frachter kreuzen in der Ferne meinen Kurs – vermutlich eine Schifffahrtsroute.


11.00 Uhr: Es kommt kein Wind auf. Wie graue Schatten liegen die Inseln im Licht, das keinen<br />

Horizont hat. Im Süden Kos, im Norden die hohen, schroffen und abweisenden Berge von Kalimnos.<br />

Vor einem Jahr war ich schon einmal hier. Andrea und Brunhild kamen hier an.<br />

Noch 20 sm bis zum nächsten<br />

Wegpunkt und dann noch einmal 8<br />

sm bis Bodrum. <strong>Die</strong> Hälfte der Stecke<br />

ist geschafft – unter den<br />

Brummen der Maschine, wo doch<br />

so guter Segelwind angesagt war.<br />

Ich habe das Großsegel gesetzt.<br />

Das Schaukeln durch die aus West<br />

laufende Dünung ist somit weniger<br />

geworden.<br />

13.00 Uhr: Hinter uns steht eine<br />

Regenwolke. Sie bringt etwas Wind<br />

und einige Tropfen Regen. Ich berge<br />

das Groß und setze die Genoa.<br />

Vor dem Wind laufen wir knapp 3<br />

kn. Leider war der Spuk dann<br />

schon nach einer halben Stunde<br />

vorbei.<br />

16.00 Uhr Ich melde mich bei der Marina in Bodrum auf VHF 73. Ein Boot erwartet mich, dass<br />

mich an meinen Platz dirigiert. Für all diesen Service, Leute, die ständig hinter dir herwischen,<br />

Wasser und Strom bezahle ich dann stolze 28,- € pro Nacht. Dazu kommt dann noch das<br />

Transitlog für 40,- €, das ich haben muss, um in der Türkei zu segeln. Leider kann ich nicht<br />

mehr einklarieren, da um 17.00 Uhr alle Behörden schließen. So rufe ich Öznan in der Werft<br />

an. Es stellt sich raus, dass Öznan eine Frau ist, die die Werft leitet. Sie sagt mir, dass ich<br />

auch für das Liegen an Land eine besondere Erlaubnis haben müsste. Ich solle morgen um<br />

11.00 Uhr mit dem Boot vorbeikommen. Dann würde man die VELA an Land nehmen und ich<br />

könnte dann anschließend den ganzen Papierkram machen. Nach einer halben Stunde<br />

kommt ein Mechaniker der Werft und schaut sich alles an. Nach seinen Angaben ist er VOL-<br />

VO-Spezialist.<br />

Anschließend gehe ich in die Stadt. Es ist nur 31 Grad warm, nicht so heiß wie im letzten<br />

Sommer, als ich mit Brunhild und Andrea hier war. Auch die vielen Touristen sind noch nicht<br />

gekommen. Zu unseren Gunsten hat sich der Wechselkurs zwischen Euro und Lira verbessert.<br />

Wahrend wir vor einem Jahr nur 1,65 Lira für 1 Euro bekamen, sind es jetzt 1,90 Lira.<br />

Ich suche mir ein schönes Restaurant mit einem Tisch am Stand und gönne mir für 16,- € zwei<br />

schöne Draught-Bier und ein hervorragendes Essen.<br />

S AMSTAG, 7. J UNI <strong>2008</strong><br />

Bodrum – YATLIFT-Werft (2 sm)<br />

Der Morgen war wieder so schön, wie es das Mittelmeer zu bieten hat: blau mit einigen weißen<br />

Wolken über den Bergen.<br />

Gegen 11.00 Uhr komme ich bei der Werft Yatlift an, die ca. 4 km südlich von Bodrum liegt.<br />

Ich gehe noch am Kai längsseits, da erst eine Motoryacht aus dem Wasser geholt wird. Dann<br />

bin ich dran. Der Travellift hebt mich an Land. Jetzt muss ich erst meine Einklarierungspapiere<br />

fertig machen, denn die Türkei gehört nicht zur EU. Dass ich jetzt an Land liege, bedarf eines<br />

weiteren Papiers für den Zoll.<br />

Dann fahre ich mit einem kleinen Bus für 2 Lira nach Bodrum, gehe zur Gesundheitsbehörde,<br />

zur Passkontrolle und dann zum Zoll. Dort werden meine Papiere einbehalten, bis ich wieder<br />

im Wasser bin.


Zurück in der Werft treffen wir uns alle auf meinem Boot: <strong>Die</strong> Leiterin der Werft, der Elektriker<br />

und der Mechaniker. Wir handeln für den Aus- und Einbau der Propellerwelle, das Richten der<br />

Welle, das Beschaffen und den Einbau des neuen Wellenlagers, das Einrichten und Warten<br />

der Maschine einen Preis von 500,- € aus. Für den Einbau der zweiten Lichtmaschine, die ich<br />

schon an Bord habe, sollen es 200,- € sein. Das sind ganz angemessene und im Vergleich zu<br />

Deutschland, günstige Preise.<br />

Dann geht es auch gleich los. Der Mechaniker baut die Welle aus und wir stellen fest, dass<br />

das Wellenlager gebrochen ist. Aber was für ein Glück: <strong>Die</strong> Welle kommt so raus, ohne dass<br />

das Ruder ausgebaut werden muss. Das wäre eine unsägliche Arbeit im Schrank der Achterkajüte<br />

gewesen. Wir hätten das Boot von dem Asphaltstandplatz auf einen Sandstellplatz verholen<br />

müssen, um dann ein Loch zu graben, so dass das Ruder nach unten herausgezogen<br />

werden kann. Das alles ist jetzt nicht mehr nötig.<br />

Am Montag kommen dann der Mechaniker und der Elektriker wieder.<br />

Öznur, die Leiterin der Werft, ist in Berlin zur Schule gegangen. Sie hat ihr Kapitänspatent und<br />

hat Tragflächenboote gefahren. Dann hat sie die Werft als Managerin übernommen. Vor einem<br />

Jahr adoptierte sie einen misshandelten und vernachlässigten Jungen, der mit 3 1/2<br />

kaum sprechen konnte. Er ist jetzt 4 1/2 und spricht schon einzelne Wörter. Montag und<br />

<strong>Die</strong>nstag will sie mit ihm nach Ankara in die Psychiatrie, um sich dort noch weitere Hilfe zu holen.<br />

Hier in der Werft gibt es schöne Duschen, Wasser und Strom und ein Restaurant, wo man mittags<br />

für 3,50 € gut essen kann.<br />

Ich hoffe vor Ende der nächsten Woche wieder im Wasser zu sein.<br />

S ONNTAG, 8. J UNI BIS D IENSTAG, 10. J UNI <strong>2008</strong><br />

Werft YATLIFT bei Bodrum<br />

<strong>Die</strong> waren verflixt schnell. Schon am Montag war die Welle, ausgemessen und für gut befunden<br />

- mit neuem Lager wieder drin und am Montag Abend war auch schon die zweite Lichtmaschine<br />

eingebaut.<br />

Wo ich das jetzt alles mit angesehen habe, kann ich es in Zukunft auch selber ein- und Ausbauen.<br />

Das Wellenlager selbst ist bei der VELA angeflanscht und kann, wenn die Welle ausgebaut<br />

ist, abmontiert werden. Das Ausmessen der Welle (ob sie auch gerade ist) und das<br />

Ausrichten der Maschine müsste ich jedoch einem Fachmann überlassen.<br />

Ich kümmerte mich während dieser Tage und die Elektrik, die, seitdem ich einen Verbraucherund<br />

einen Starterstromkreis installiert hatte, immer wieder zu Ärger Anlass bot. Ich glaube,<br />

den Fehler gefunden zu haben. Das war natürlich ein Riesenaufwand, da die Kabel, die ich<br />

verfolgen und durchmessen musste, natürlich ganz versteckt liegen. Also erst mal alles ausräumen<br />

bei dieser Hitze und dann natürlich alles wieder rein. Ich machte dann noch ein paar<br />

andere Reparaturen und wusch das Schiff, das in der Werft völlig eingestaubt war, recht<br />

gründlich.<br />

Abends gab es dann Fußball. <strong>Die</strong> Europameisterschaft hatte begonnen. Hier ist alles doch erheblich<br />

billiger als in Griechenland – vermutlich auch wegen des guten Eurokurses. Ein halber<br />

Liter Bier kostet fast nur die Hälfte, wie in Griechenland. Nach Bodrum rein fuhr ich entweder<br />

mit einem Kleinbus für 1,- € oder nutzte den Roller, den mir Öznur kostenlos (1 Flasche Wein)<br />

zur Verfügung gestellt hatte.<br />

<strong>Die</strong> Abende verbrachte ich in ganz netter Gesellschaft. Rainer und Iris leben auf ihrer SUAN<br />

und hatten das Schiff zum Überholen in der Werft an Land gestellt.


M ITTWOCH, 11. J UNI <strong>2008</strong><br />

Bodrum – Nicolaos (Kreta) (145 sm)<br />

Heute geht’s wieder ins Wasser – und dann gleich rüber nach Kreta. Übermorgen soll der<br />

Wind nämlich auf Süd drehen und so will ich den Meltemi (Nordwind) noch ausnutzen.<br />

Nachdem ich die Rechnung bezahlt habe, fahre ich mit Öznurs Roller nach Bodrum zum Ausklarieren.<br />

Zoll, Hafenamt, Passkontrolle und dann wieder zum Zoll. Geht alles problemlos.<br />

Um 13.30 Uhr kommt der Kran und um 14.00 Uhr bin ich schon unterwegs. Es liegen 145 sm,<br />

also mindestens 24 Stunden vor mir. Der Wind weht mit 6 Bft aus NNW, kommt also schräg<br />

von hinten. Nur mit gereffter Genoa läuft die VELA zwischen 6 und 7 kn. Bei Kos muss ich das<br />

Segel noch verkleinern, starke Böen fegen von den hohen Bergen. Um 20.30 Uhr geht die<br />

Sonne unter und um Punkt 06.00 Uhr geht sie wieder auf.<br />

Der Wind hält in dieser Stärke durch und so komme ich schnell voran. Es sind wenig Schiffe<br />

unterwegs. Einem weiche ich etwas aus. Bis um 04.00 Uhr leuchtet mir der Mond. Zeitweise<br />

lege ich mich für ein Viertelstündchen im Salon auf die Bank und schlafe dann auch für ein<br />

paar Minuten. Leider dreht der Wind gegen 05.30 Uhr mehr westlich. Um die Höhe halten zu<br />

können, setze ich noch das gereffte Großsegel. Jetzt liegt das Schiff zwar stabiler, die Geschwindigkeit<br />

fällt jedoch auf 4 bis 6 kn. Immer wieder bremsen uns die hohen Wellen.<br />

Bei der Schaukelei ist es schon eine Kunst, Kaffee zu kochen und auf die Toilette zu gehen.<br />

Eigentlich wollte ich ja während der Überfahrt noch einige Mails beantworten. Daran ist jedoch<br />

gar nicht zu denken.<br />

Der Wind, der eigentlich laut<br />

Wetterbericht morgens abnehmen<br />

sollte, hält durch bis Kreta. So war<br />

es eine sehr schnelle <strong>Reise</strong>: 145<br />

sm in 25 Stunden = 5,8 sm pro<br />

Stunde.<br />

Wenn ich so alleine über das weite<br />

Meer segele, ob es ruhig ist oder<br />

wild, das ist egal - wichtig ist nur,<br />

dass ich das Gefühl habe, völlig mit<br />

mir allein zu sein - dann bekomme<br />

ich jedes Mal das Gefühl von<br />

Demut und von Dankbarkeit. So<br />

klein auf einer so großen Unendlichkeit,<br />

wie die schäumenden<br />

Wellenberge kommen, sich


echen, unter dem Schiff hindurch laufen, es auf die Seite werfen, um dann in der Ferne zu<br />

verschwinden. Ich sitze dann da und kann diesem Spiel stundenlang zuschauen, Gedanken<br />

kommen und gehen und eine große innere Ruhe macht sich in mir. Ich empfinde keine Einsamkeit<br />

oder Leere, eher das tiefe Gefühl, dankbar sein zu müssen, zu leben, so gut leben zu<br />

dürfen, Freunde zu haben, die loyal sind, einigermaßen gesund zu sein etc.<br />

Viele werden die Frage auf den Lippen haben, ob das denn nicht gefährlich sei, so allein, insbesondere<br />

des nachts, auf dem weiten Meer. Ja, es birgt schon einige Gefahren, die man aber<br />

ganz gut minimieren kann. <strong>Die</strong> größte Gefahr – finde ich – ist das Überbordgehen. So versuche<br />

ich möglichst alles vom Cockpit aus zu machen und wenn ich mal nach vorne muss,<br />

dann sichere ich mich mit einer Leine. <strong>Die</strong> zweitgrößte Gefahr ist ein im Wasser treibendes<br />

größeres Hindernis (z.B. ein über Bord gefallener Container, der eben unter Wasser<br />

schwimmt), das man natürlich nicht sieht – vor allem nachts auch gar nicht sehen kann. Wenn<br />

das Schiff in einem unglücklichen Winkel darauf fährt, bekommt es ein Loch und geht vermutlich<br />

unter. Für diesen Fall habe ich vorne auf dem Vordeck mein aufgeblasenes Schlauchboot<br />

liegen. In einem wasserdichten Sack habe ich Seenotraketen und Wasser verstaut. <strong>Die</strong> eigentliche<br />

Hilfe ist dann aber die EPIRB, ein kleiner, schwimmfähiger Sender, der, sobald er<br />

mit Wasser in Berührung kommt, anfängt zu senden. Über Satellit wird in kürzester Zeit ein<br />

Signal gesendet, das die Daten der VELA an die Seenotrettungszentrale in Cuxhaven übermittelt.<br />

<strong>Die</strong> sind dann weltweit mit allen Seenotrettungszentralen verbunden. Parallel dazu<br />

sendet die Boje Hilfesignale auf der Flugfunkfrequenz, die ständig von allen Flugzeugen abgehört<br />

wird. Wenn dann die Retter kommen, können sie die Boje, die ihren Standort über GPS<br />

kennt und sendet, auch in der Weite des Meeres recht genau finden.<br />

Weitere größere Gefahren an Leib und Leben sehe ich nicht.<br />

D ONNERSTAG, 12. J UNI <strong>2008</strong><br />

Nicolaos<br />

Um 15.00 Uhr laufe ich bei leichtem Nordwestwind in den Yachthafen von Nicolaos auf Kreta<br />

ein. Hier gibt es viele freie Plätze und einen tollen Service (für 21,- € / Tag). Ich werde von einem<br />

Mann eingewiesen. Dann gibt es ein Waschhaus mit Einzelkabinen (Toilette, Waschbecken<br />

und warme Duschen), Wasser und Strom am Steg (was auch funktioniert) und eine<br />

WLAN-Internetabdeckung über die ganze Marina.<br />

Aber das Boot hier zu lassen, um 14 Tage den schönen Sommer, von dem Brunhild so<br />

schwärmt, in unserem Garten in Deutschland zu genießen – dafür ist das hier zu teuer. 14<br />

Tage sind genau so teuer wie ein Monat, nämlich 240,- €. Da bietet sich doch das 90 sm weiter<br />

westlich gelegene Rethymnon an. Dort ist es auch geschützt und da der Hafen staatlich ist,<br />

kostet es nur 5,- € pro Tag (letztes Jahr). Da müsste man dann jemanden finden, der ein Auge<br />

auf das Boot wirft, wenn ich nicht da bin.<br />

Nachdem ich mir mein Salz vom Körper geduscht hatte (morgen ist die VELA dran; wo man<br />

hin fasst, ist alles bedeckt mit einer Salzschicht) und mir meine schon in Bodrum gekochten<br />

Kartoffeln als Bauernfrühstück zubereitet hatte, fiel ich erst einmal in die Koje. Ich wachte<br />

dann gerade noch rechtzeitig auf, um das Fußballspiel Kroatien gegen Deutschland zu sehen,<br />

das Deutschland leider verlor.<br />

Nicolaos ist ein reiner Touristenort – mit einem kleinen Innenhafen, in dem einige Ruderboote<br />

liegen, aber doch recht hübsch. James und ich hatten ihn uns schon letztes Jahr mit einem<br />

Leihwagen angesehen. In der Marina, die etwas außerhalb liegt, ist von dem Rummel aber<br />

nichts zu spüren.<br />

F REITAG, 13. J UNI <strong>2008</strong><br />

Nicolaos<br />

So richtig schön geschlafen – 8 Stunden, ohne aufzuwachen. Bin ansonsten wohl nicht richtig<br />

ausgelastet – sollte mehr solche Nachtfahrten machen.


Ja, heute war erst mal das Schiff dran. Drinnen und draußen. <strong>Die</strong> hohen Seen auf der Überfahrt<br />

hatten es richtig mit Salz verkrustet.<br />

Ansonsten machte ich mir einen ruhigen Tag. Ich buchte auch den Flug am 20. von Heraklion<br />

nach Hamburg. Am 4. Juli, wenn Hans kommt, komme auch ich zurück. Wo ich das Schiff lassen<br />

werde, weiß ich noch nicht – vielleicht in Rethymnon.<br />

Jetzt habe ich noch eine Woche, mir diesen Platz auszusuchen. Morgen und übermorgen soll<br />

es aus Westen, der Richtung, in die ich muss wehen. Mal sehen, was der Wetterbericht morgen<br />

sagt.<br />

Abends schaute ich mir nach das Fußballspiel Frankreich gegen die Niederlande an, das Holland<br />

mit 4 : 1 gewann.<br />

S AMSTAG, 14. J UNI <strong>2008</strong><br />

Nicolaos – Bucht Spinalongas (10 sm)<br />

10 m lang und 3 m breit – eine kleine überschaubare Welt in einer ruhigen einsamen Bucht,<br />

wo man das Leben so richtig auf sich niederregnen lassen kann.<br />

Nachdem ich heute morgen noch<br />

etwas eingekauft hatte, verließ ich<br />

Nicolaos bei völliger Windstille.<br />

Mein Ziel ist die völlig von Land<br />

umgebene Bucht, die auf der<br />

Seeseite von der Halbinsel Spinolongas<br />

begrenzt wird. Während<br />

die Kretaseite mit Urlaubsorten<br />

verbaut ist, steht auf der ca. 1 sm<br />

entfernten Halbinsel kein Haus.<br />

<strong>Die</strong> enge Einfahrt im Norden wird<br />

von einer venezianischen Festung<br />

bewacht, die auf dem etwas<br />

abgesetzten Inselchen Kalidon<br />

liegt.<br />

Kalidon wurde von den Venezianern<br />

1579 zur Kontrolle des Golfs<br />

von Mirambellou genutzt. Sie erbauten dort ein Kastell und wurden von dort erst 1715 von den<br />

Türken in die Flucht geschlagen. <strong>Die</strong> Türken besiedelten diese kleine Felseninsel, errichteten<br />

ganz normale Wohnhäuser und lebten dort bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. König Georg<br />

von Griechenland beschloss dann 1903 Kalidon zu einer Lepra-Quarantäne-Insel zu machen.<br />

Aus ganz Griechenland wurden hierhin die Leprakranken umgesiedelt. Sie bezogen die<br />

Wohnhäuser der Türken, bauten weitere Häuser dazu und gingen ihrem Handwerk und ihren<br />

Fähigkeiten nach. Sie lebten bis auf wenige Jahre vollkommen isoliert und auf engem Raum<br />

und ihre Familienbande mussten sie somit aufgeben. Kurz nach dem 2. Weltkrieg gab es neben<br />

Strom auch eine Desinfektionskammer, wodurch Besuche der Angehörigen möglich wurden.<br />

Ein 1950 entwickeltes Heilmittel gegen Lepra sorgte für den Rückgang der Erkrankungen<br />

und so wurde 1957 die Insel als Isolierstation aufgelöst.<br />

<strong>Die</strong> oben beschriebene Bucht liegt im Süden dieses „Binnenmeeres“. Da ich noch etwas Zeit<br />

habe, bevor ich am Freitag nach Deutschland fliege und da der Wetterbericht keine für mich<br />

günstigen Winde angesagt hat, mache ich hier noch ein bisschen Urlaub.<br />

Ich glaub, ich muss mir mal den Po eincremen, wenn ich hier so nackend rumlaufe.<br />

Abends war es dann total still. Kein Wind, keine Grillen, keine sonstigen Geräusche. Der<br />

Mond beschien ein friedliche Landschaft. Dort drüben irgendwo, wo die Lichter waren, verlor<br />

Griechenland gerade gegen Schweden und schied somit in der Vorrunde aus – der Europameister<br />

von 2004.


S ONNTAG, 15. J UNI <strong>2008</strong><br />

Spinalongas – Spinalongas (14 sm)<br />

Das war ja wohl nix ...<br />

Der Wetterbericht stimmte. Er hatte für Nordkreta 5 Bft angesagt. In dieser ruhigen Bucht, geschützt<br />

durch hohe Berge, sah es jedoch ganz manierlich aus. So lichtete ich gegen 09.30 Uhr<br />

den Anker und nahm Kurs auf das ca. 5 sm entfernte Kap. Schon auf dem Weg dahin, fielen<br />

die Böen von den Bergen. Mit gerefftem Groß und gereffter Genoa versuchte ich dann gegen<br />

den WNW-Wind mit Stärke 6 Bft anzukreuzen. Wir liefen dann auch über 4 kn – so richtig auf<br />

der Backe mit viel Spritzwasser über das ganze Schiff.<br />

Da Heraklion aber 30 sm weit in der Richtung lag, aus der der Wind wehte, entschloss ich<br />

mich umzukehren und es bei besseren Wetterbedingungen noch einmal zu versuchen. Der<br />

kleine Hafen Milos, ca. 11 sm vom Kap entfernt lässt sich nicht gut anlaufen. James und ich<br />

hatten es letztes Jahr schon bei besseren Wetterbedingungen versucht – sind dann aber doch<br />

wieder ausgelaufen, weil zu viel Schwell in den Hafen hineinstand.<br />

So liege ich wieder geschützt in der Bucht von Spinalongas (etwas nördlicher) und harre dem<br />

Wetter, das das kommen wird. Es ist etwas windiger als gestern, aber schön warm und das<br />

hier doch mindestens 25 Grad warme Wasser lädt zum Baden ein.<br />

Neben mir geht noch eine Yacht aus Malta vor Anker. Ich mache mir was zu essen, setze den<br />

Windsack, der mir etwas kühle Luft in die Kabine fächeln soll und will mich dann für ein Stündchen<br />

hinlegen.<br />

Dann kommt der Wind. Ich muss den Windsack bergen, denn er fliegt bei 6 Bft fast weg. Ich<br />

hab den Ankeralarm eingeschaltet. Der Anker hält auf 6 m Wassertiefe mit 40 m Kette zwar,<br />

aber schlafen kann ich doch nicht. Als ich dann um 15.30 Uhr wieder aufstehe, geht es erst<br />

richtig los. Der Zeiger des Windmessgerätes, das immer etwas weniger anzeigt, steht auf volle<br />

8 Bft. Der Anker des anderen Bootes hält nicht. Sie fahren los – wohin weiß ich nicht. Ich entschließe<br />

mich, hier zu bleiben und einen zweiten Anker auszubringen. Dafür nehme ich den<br />

CQR-Anker, an den ich in Griechenland noch eine Spitze hatte anschweißen lassen. Da er<br />

dann erst recht nicht hielt, befolgte ich auch den zweiten Vorschlag aus dem Buch „Besser<br />

ankern“ und ließ die Schaufel noch mit 6,5 kg Blei füllen. Eigentlich wollte ich ihn ja noch anmalen<br />

– aber jetzt brauchte ich ihn. In einem Winkel von ca. 60 Grad fuhr ich voraus und warf


dann den Anker mit 10 m Kettenvorlauf und Leine. Für den Hauptanker brachte ich dann die<br />

<strong>gesamte</strong> Kettenlänge von 60 m aus.<br />

Jetzt liege ich vor diesen zwei Ankern und das Schiff liegt viel ruhiger (es schwojt nicht mehr<br />

so stark hin und her).<br />

18.00 Uhr: Was ist das ruhig, wenn es nur noch mit 6 Bft bläst, wo man doch das Kreischen<br />

und Heulen von 8 Bft gewöhnt war.<br />

Gegen 22 Uhr ließen die Böen dann ganz nach – es wehte nur noch mit 5 Bft. So entschließe<br />

ich mich, doch achtern in meiner Kajüte und nicht im Salon zu schlafen, wo ich den Ankeralarm<br />

besser hören kann.<br />

M ONTAG, 16. J UNI <strong>2008</strong><br />

Spinolongas – Heraklion (36 sm)<br />

Als ich morgens erwachte, war der See wieder wie ein Ententeich – kein Windhauch.<br />

Ich frühstücke und schwimme noch eine Runde, bevor ich mich auf den Weg mache. Da es<br />

gestern auch so war, habe ich doch meine Zweifel, ob es nicht draußen hinter dem Kap Ak Ioannis,<br />

wo mich mein Weg nach Westen führt, nicht wieder ganz anders aussieht.<br />

Aber – oh Wunder –<br />

hier draußen wehte<br />

der Wind nur mit 4<br />

Bft. Er kam zwar<br />

genau von vorne, so<br />

dass ich motoren<br />

musste, aber diese<br />

Gelegenheit konnte<br />

ich mir nicht entgehen<br />

lassen. Für die<br />

ganze kommende<br />

Woche ist für Ostkreta<br />

weiterhin starker<br />

Westwind angesagt,<br />

während es in Westkreta viel ruhiger ist. Das liegt am Meltemi, der sich etwas nach Osten<br />

verlagert hat und von Norden kommend, um das Ostkap herumfegt und noch einmal tüchtig<br />

an Stärke zunimmt.<br />

So brummte die Maschine bis 17.00 Uhr. Da die VELA immer wieder von dem Wellen gebremst<br />

wurde, liefen wir im Schnitt nur kapp 5 kn. Anfangs begleiteten uns wenig bewachsene<br />

Hügel, dann war die Küste übersäht mit Touristenhotels und schließlich kam der Flugplatz von<br />

Heraklion, der direkt am Meer liegt, in Sicht.<br />

Der Hafen von Heraklion ist riesig. Ganz am Ende befindet sich, geschützt durch ein venezianisches<br />

Kastell, der alte Hafen. Wie ich es schon aus dem letzten Jahr kannte, gibt es keine<br />

Liegeplätze für Gastlieger. Alle Plätze sind vermietet. So nehme ich mir einfach eine freie<br />

„Box“. Der Hafenmeister meinte, da würde heute wohl keiner kommen und ließ mich dort für<br />

eine Nacht liegen. Morgen soll ich weiter sehen.<br />

Abends schaute ich mir dann in der Stadt das Fußballspiel Deutschland gegen Österreich an.<br />

<strong>Die</strong> Deutschen gewannen zwar mit einem tollen Freistoß durch Ballak; das Spiel der deutschen<br />

Mannschaft war aber alles andere als gut. Ich glaube nicht, dass sie Donnerstag gegen<br />

Portugal gewinnen können.


D IENSTAG, 17. J UNI <strong>2008</strong><br />

Heraklion<br />

Wie man so Menschen kennen lernt.<br />

Ich arbeitete gerade für den KJHV, als es zaghaft am Boot klopfte. Ich befürchtete schon,<br />

dass ich den Liegeplatz verlassen müsste. Nein, es war Stephan, wie sich später herausstellen<br />

sollte. Ein junger Mann fragte, ob er mir einige Fragen, das Boot und seine Ausrüstung<br />

betreffend, stellen dürfte. Er wäre hier in der Nähe auf einem Kongress und wäre in den Hafen<br />

gefahren, da ihn Segeln interessieren würde und er in weiterer Zukunft planen würde, sich ein<br />

Boot zu kaufen um längere <strong>Reise</strong>n damit zu machen.<br />

Ich lud ihn ein, an Bord zu kommen. Daraus entwickelte sich im Laufe des Nachmittags und<br />

Abends ein sehr interessantes und letztlich auch persönliches Gespräch. Stephans Art, einfach<br />

zu fragen, was ihn interessiert und auch auf Fragen offen zu antworten, hat ihn mir gleich<br />

sehr sympathisch gemacht. Er besitzt auch die Fähigkeit, die ich bei vielen Menschen vermisse,<br />

zuhören zu können.<br />

Stephan, der eigentlich einen technischen Beruf gelernt hat, vertreibt weltweit ein medizinisches<br />

Produkt, dass Menschen hilft, die einen Luftröhrenschnitt haben. Da er zuvor mit<br />

Schlaflaboren zu tun gehabt hat, hat er zudem einen „Schnarchladen“<br />

(www.schnarchladen.de) aufgemacht, worüber er im Internet Produkte verkauft, die Schnarchern<br />

helfen. Außerdem vertreibt er in Süddeutschland einen aufblasbaren Katamaran<br />

(www.smartkat.info) – also ein ganz anderes, für mich interessantes, Metier aus dem er<br />

kommt.<br />

Abends lud er mich dann zum Essen ein. Wir gingen dann mit der Idee auseinander in Kontakt<br />

zu bleiben und eventuell auch gemeinsam zu segeln.<br />

Ansonsten hatte der Tag noch etwas anderes Gutes zu bieten. Ich bekam für 85,- € für 20 Tage<br />

einen sicheren Liegeplatz an einem Schwimmsteg in der Marina. Das ist natürlich ganz toll.<br />

Da habe ich dann keine Probleme noch in einen anderen Hafen zu müssen, wenn ich am 4.<br />

Juli um 22.30 Uhr von Deutschland zurück komme. Außerdem kann Hans, der schon gegen<br />

Mittag ankommt, einfach mit einem Taxi an Bord fahren.<br />

M ITTWOCH, 18. J UNI <strong>2008</strong><br />

Heraklion<br />

Es ist fast windstill und schön warm. Manchmal hört man zwar, wenn Autos mit lauter Musik<br />

vorbei fahren und auch die Flugzeuge starten genau über dem Hafen – aber ansonsten kann<br />

man nicht meckern. Das Stadtzentrum ist ganz in der Nähe, wo ich mich noch von der letzten<br />

<strong>Reise</strong> sehr gut auskenne. <strong>Die</strong> Stadt, die venezianisch geprägt und dann nach jahrzehntelanger<br />

Belagerung von den Türken eingenommen wurde, hat noch eine riesige mittelalterliche<br />

Befestigungsanlage. Ich hatte in meinem <strong>Reise</strong>bericht vor einem Jahr ausführlich darüber berichtet.<br />

Nachdem ich am Vormittag etwas gearbeitet hatte, machte ich mir gefüllte Paprika – so habe<br />

ich zwei Tage zu essen und brauche nicht die teuren Restaurantpreise zu zahlen – und außerdem<br />

hab ich das griechische Essen sowieso etwas über.<br />

Dann zeigte sich Tim. Tim liegt mit seinem Boot, einem englischen Motorsegler vom Typ Fisher<br />

30, neben mir. Er ist Engländer und lebt seit 3 Jahren hier, als er in einem Yachtmagazin<br />

dieses Boot gefunden hatte. Ich lud ihn auf ein Bier ein. Im Herbst kommt seine junge kubanische<br />

Freundin, die bisher noch nie aus Kuba rausgekommen war. Mit ihr will er dann etwas<br />

segeln. Wenn sie daran keinen Gefallen findet, hat er die Nase voll, immer nur allein rumzufahren.<br />

Dann will er sein Boot wieder verkaufen. Es ist wirklich toll im Schuss und bestimmt<br />

etwas für Klaus, der so etwas sucht.<br />

Wie Tim mir erzählte, ist das hier im Hafen eine verschworene Gemeinschaft. Jeder kennt jeden<br />

und alle passen aufeinander auf. So stellte sich auch Tim, der zwar eine Wohnung in der


Stadt hat, aber jeden Tag an Bord ist, sofort zur Verfügung, auf die VELA aufzupassen, wenn<br />

ich nicht an Bord bin.<br />

D ONNERSTAG, 19. J UNI <strong>2008</strong><br />

Heraklion<br />

Heute meint es die Sonne ganz gut mit uns. Da es fast windstill ist, klettert das Thermometer<br />

auf 35 Grad. Mit dem Ventilator lässt es sich aber gut im Schiff aushalten.<br />

Morgens mache ich das Schiff sauber und lasse meine Wäsche waschen.<br />

Es fällt auf, dass hier gar keine fremden Schiffe oder Charteryachten einlaufen. Während des<br />

Tages bummeln Herden älterer ausländischer Touristen durch die Stadt. Abends ist sie dann<br />

ganz in der Hand der jungen Leute von Heraklion. <strong>Die</strong> hübschen Frauen, alle so etwas „dressed<br />

for a warm night“ und so im Alter von Johanna, lenken immer wieder meine Blicke vom<br />

Fußballspiel ab.<br />

Ansonsten lese ich oder arbeite im Windhauch des Ventilators für den Verein.


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

5. T EIL DER R EISE VOM 20. J UNI BIS 17. J ULI <strong>2008</strong><br />

Von Kreta nach Sizilien<br />

An Bord: Volker und Hans<br />

20. J UNI BIS 4. J ULI <strong>2008</strong><br />

<strong>Die</strong>se Zeit verbrachte ich bin Deutschland, während die VELA, von Tim, meinem Stegnachbarn,<br />

in Heraklion gut bewacht wurde.<br />

In Deutschland wurde mir, nach einigen Jahren Sommerabwesenheit, so richtig vor Augen geführt,<br />

wie schön Deutschland zu dieser Jahreszeit doch ist. <strong>Die</strong>ses wuchernde grüne Leben,<br />

das dort aus dem Erdreich sprießt, die Blütenpracht in unseren Garten, die kleine Bank vor<br />

der Haustür, auf der Brunhild und ich morgens unseren Kaffee schlürften, behütet von dem<br />

überstehenden Reet und umrahmt von alles andere abschirmenden Pflanzen und Blüten.<br />

Ich baute dann noch ein schon bestelltes Fenster ein, Johanna erfreute uns mit ihrer fröhlichen<br />

Art, es war Kieler Woche, viele Freunde kamen vorbei und dann fuhren wir alle drei (Johanna,<br />

Brunhild und ich) zum 90. Geburtstag meiner Tante nach Osnabrück.<br />

S AMSTAG, 5. J ULI <strong>2008</strong><br />

Heraklion<br />

Es war eine Fahrt mit Hindernissen von Kiel zurück nach Heraklion. Es fing schon im Flughafenbus<br />

an, der im Stau stehend, einige lederbehoste Bayern dazu veranlasste, den Busfahrer<br />

auf ganz üble Art anzupöbeln.<br />

Einsteigen ins Flugzeug war nicht das Problem. Pünktlich wurde die Maschine bis auf den<br />

letzten Platz gefüllt. Dann fiel jedoch der Bordrechner aus und von Brüssel wurde den Piloten<br />

mitgeteilt, dass sie erst viel später starten könnten, das der Luftraum über Kreta zu voll sei. So


saßen wir erst einmal 3 Stunden in der stickigen Maschine, bis diese endlich ihre Starterlaubnis<br />

bekam. Um 0.30 Uhr landeten wir dann schließlich in Heraklion.<br />

Hans, der schon gegen Mittag angekommen war, wachte dann auf, als ich gegen 01.30 Uhr<br />

an Bord stieg. Wir tranken dann noch einen Absacker. Leider war ich über den toten Punkt<br />

hinaus und lag somit noch lange wach in der Koje.<br />

<strong>Die</strong> VELA war in einem guten Zustand. Nachdem der Staub der zwei Wochen weggewaschen<br />

war, glänzte sie wieder wie gehabt. Tim, der am Nachmittag vorbei kam sagte, dass fast die<br />

ganzen zwei Wochen über starker Wind gewesen wäre. Heute sei der erste Tag, an dem man<br />

wieder rausfahren könne.<br />

Hans und ich kauften dann noch ordentlich ein, machten eine kleine Siesta und genossen<br />

dann abends ein schöne kretisches Essen.<br />

S ONNTAG, 6. J ULI <strong>2008</strong><br />

Heraklion – Rethymnon (36 sm)<br />

<strong>Die</strong> Nacht war lau, aber nicht zu warm zum Schlafen. Morgens um 06.00 Uhr weckten mich<br />

dann wieder die großen Passagierflugzeuge, die genau über dem Hafen starten.<br />

Gegen 08.00 Uhr mache ich<br />

dann Frühstück und wecke mit<br />

dem Duft gebratenen Specks<br />

Hans. Wir frühstücken und<br />

laufen dann gegen 09.30 Uhr<br />

aus.<br />

Es ist nur ein laues Lüftchen<br />

aus Nordost, dass kein Segeln<br />

zulässt. So motoren wir die 6<br />

sm zum Kap, in der Hoffnung,<br />

dort mehr Wind zu finden. Der<br />

kommt dann auch – aber mit 3<br />

bis 4 Bft genau aus West, also<br />

dort her, wohin wir wollen. Also<br />

geht es weiter mit Maschine<br />

gegenan. An die Nordküste<br />

von Kreta wird insbesondere an den vielen kleinen Kaps die alte See reflektiert, so dass eine<br />

ganz unangenehme Kreuzsee die VELA schaukeln lässt.<br />

Zwischenzeitlich versuchen wir zu segeln. Der Wind ist jedoch so schwach, dass wir keine 2<br />

kn laufen. So bergen wir auch das Großsegel und erfrischen uns mit einem Bad im Meer. Als<br />

wir dann gegen 17.00 Uhr in den großen geschützten Hafen von Rethymnon einlaufen, ist der<br />

Wind ganz eingeschlafen und es wird unerträglich warm. An einem der vielen, z.T. leeren<br />

Schwimmstege des Yachthafens machen wir mit der ausgelegten Mooring und Heckleinen<br />

fest. Bevor wir dann die Laufplanke ausbringen und den Strom anschließen, gönnen wir uns<br />

erst einmal ein kühles Bier. Wir bringen den Sonnenschutz an und finden dann, dass es sich<br />

so aushalten lässt.<br />

Während Hans einen sehr schmackhaften griechischen Salat zubereitet, koche ich Kartoffeln<br />

und brate die Koteletts.<br />

Als dann die Sonne hinter der alten venezianischen Festung verschwunden ist, machen wir<br />

uns auf den Weg in die Stadt. Rethymnon hat einen alten befestigten venezianischen Hafen,<br />

der unterhalb der Burg liegt. Der Yachthafen liegt ca. 1,5 km entfernt am anderen Ende der<br />

weiträumigen Bucht, die von einer Hafenmole gut geschützt ist.<br />

An Land tobt das sonntagabendliche Touristenleben. Verkaufsstände, Jongleure, eine Indianergruppe,<br />

die singt und tanzt und eine kretische Volkstanzgruppe in traditionellen Trachten<br />

ziehen die Schaulustigen an. Wir lassen uns dann von einer jungen Tschechin, die als Anima-


teurin versucht die Vorbeidefinierenden in ein Lokal zu lotsen, verführen. Wir bekommen einen<br />

schönen Platz direkt an der Flaniermeile. So betrachten wir bei einigen schönen kalten Bier<br />

das Leben um uns herum und kommen auch ins Gespräch mit der jungen Tschechin. Sie studiert<br />

Ökonomie und Englisch in der Tschechei und verdient sich hier für zwei Monate auf diese<br />

Weise ein kleines Zubrot. Im nächsten Semester will sie ihr Studium in Helsinki fortsetzen.<br />

Ein grandioses Feuerwerk beendet dann den Abend.<br />

Der Absacker an Bord wird dann doch länger als geplant. Um 03.00 Uhr liegen wir endlich in<br />

unseren Kojen.<br />

M ONTAG, 7. J ULI <strong>2008</strong><br />

Rethymnon – Chania (31 sm)<br />

Um 09.00 Uhr wird es mir zu heiß in meiner Koje. Hans, der über seiner Kabine das<br />

Schlauchboot liegen hat, bekommt davon nicht so viel mit.<br />

Da kein Wind ist, beschließen wir, unser Frühstück auf See einzunehmen. Während Hans es<br />

zubereitet, laufe ich aus.<br />

Kein Windhauch, spiegelglatte See. <strong>Die</strong> VELA bewegt sich mit dem Atem der See mit 5 ,5 kn<br />

auf Chania zu.<br />

Es kam dann auch kein Wind. Gegen 16.00 Uhr liefen wir, vorbei am alten venezianischen<br />

Leuchtturm, in den Hafen ein. Wir fanden dann auch eine Mooring an der Pier vor den Häusern<br />

der Altstadt. Nach dem Ausfüllen von viel Papier zahlten wir schließlich 12,- € für den<br />

Liegeplatz. Ein netter „Engel mit Flügeln“, sprich: eine junge Griechin in der weißen Uniform<br />

der Coastguard mit gestreiften Schulterstücken, arrangierte uns dann einen Termin mit einem<br />

<strong>Die</strong>sellieferanten. <strong>Die</strong>ser bringt dann 80 Liter <strong>Die</strong>sel in Kanistern von der nächsten Tankstelle.<br />

Mit Lieferhonorar müssen wir 140,- € dafür zahlen.<br />

Nachdem wir unseren Einkauf getätigt und an Bord gegessen haben, finden wir einen schönen<br />

Platz an der Promenade mit Blick auf das Meer. <strong>Die</strong> Touristen sind mittlerweile aus ihren<br />

Löchern gekrochen. Alle Restaurants sind bis auf den letzten Platz besetzt. Der Rest defiliert<br />

an uns vorbei oder lässt sich mit der Kutsche fahren.<br />

Nach einem Absacker an Bord, wird es dieses Mal nur 2.00 Uhr.<br />

D IENSTAG 08. J ULI <strong>2008</strong><br />

Chania – Gramvousa (31 sm)<br />

Wir haben ausführlich den Wetterbericht der nächsten Tage studiert: Heute Nachmittag soll<br />

endlich wieder Wind kommen – aus West, der Richtung, in die wir wollen. Der soll bis Donnerstag<br />

anhalten. Dann soll sich Meltemi aus Nordost durchsetzen, der uns zum Peloponnes<br />

wehen würde. Im Thyrenischen Meer, dem Teil des Mittelmeeres, der zwischen Griechenlands<br />

Westküste und Sizilien liegt, herrschen für die nächste Zeit geringe Druckunterschiede.<br />

Es sind Winde zwischen 0 und 4 Bft aus N bis NW angesagt. Da unser Kurs von Kreta aus<br />

nordwestlich wäre, ist es sinnvoller nicht direkt von hier, sondern vom Peloponnes nach Sizilien<br />

zu segeln. Dann wäre unser Kurs fast West. Da wir auch noch Zeit haben, scheint das die<br />

beste Lösung zu sein.<br />

Wir motoren dann gleich nach dem Aufstehen um 09.00 Uhr in Richtung Gramvousa. Das<br />

Meer ist wieder wie ein Ententeich, so dass wir gemütlich frühstücken können.<br />

Wie anders war es doch hier im letzten Jahr, als Johanna, Jürgen und ich am 2. Oktober die<br />

gleiche Stecke befuhren. Im Logbuch des letzten Jahres heißt es: „Der Wind nahm dann kontinuierlich<br />

auf 5 bis 6 Bft zu. Wir refften erst das Groß und dann die Genoa. Auch die See wurde<br />

immer höher. Am Kap Spathi rollten enorme, weißgekrönte Brecher von 4 m Höhe auf uns<br />

zu. <strong>Die</strong> meisten nahm die VELA ganz bravourös, einige deckten uns jedoch so mit Spritzwasser<br />

ein, dass wir froh waren, unter unserem Aufbau geschützt zu sitzen. Es ist schon faszinie-


end, das Schiff mit 5 kn die<br />

Wellenberge hinaufstiemen zu<br />

sehen – und dann hin und wieder<br />

dieser Abfall ins Bodenlose – es<br />

knallt, spritzt und scheppert alles,<br />

wenn sich dort ein Wellenloch<br />

aufgetan hat. Aber, oh Wunder, es<br />

steht anschließend noch alles (was<br />

solch ein Schiff aushalten muss).<br />

Und dann geht alles wieder von<br />

vorne los. Zehn, zwanzig<br />

Wellenberge hinauf und auch ganz<br />

leidlich wieder hinunter, bis dann<br />

eine Welle zu hoch ist, so dass die<br />

VELA darüber hinausschießt - für<br />

einen Augenblick in der Luft zu<br />

hängen scheint – um anschließend<br />

der Erdanziehung folgend, ins „Loch“ zu „knallen“. Dann konnten wir abfallen. Wir bargen das<br />

Groß und surften auf den riesigen Wellen auf die Durchfahrt zwischen der Halbinsel Khersonisos<br />

und der kleinen Insel Agria Gremvousa zu. Johanna, die zwischenzeitlich etwas Seekrankheit<br />

gespürt und sich hingelegt hatte, war wieder auf den Beinen und steuerte ganz hervorragend<br />

diesen schwierigen Kurs. Jürgen machte dann Brote, obwohl das Boot schaukelte<br />

wie eine Schiffschaukel.“<br />

Kurz hinter Kap Spathi kommt<br />

leichter NNE-Wind auf. Wir setzen<br />

Segel und versuchen einen<br />

Kurs in Richtung Peloponnes zu<br />

segeln. Wir laufen jedoch nur<br />

2,5 Knoten und können den<br />

Kurs hoch am Wind auch nicht<br />

halten. So fallen wir wieder ab<br />

und laufen dann schließlich gegen<br />

14.00 Uhr in die malerische<br />

Bucht von Gramvousa ein.<br />

Hoch oben, fast unerreichbar<br />

thront die riesige Festungsanlage<br />

der Venezianer. Zu unserer<br />

malerischen Bucht mit türkisblauem<br />

und glasklarem Wasser<br />

fallen die Berge steil ab. Im unteren<br />

Bereich blühen die Agaven<br />

mit ihren langen Stengeln und hellgrünen Blüten. Ein rostiges Wrack schließt das Panorama<br />

im Osten ab.<br />

Es liegen hier mehrere Fischer und es kommen<br />

immer mehr, die entweder an der kleinen Pier fest<br />

machen oder vor Anker gehen. Wir müssen dann<br />

unseren Ankerplatz noch einmal verlegen. Zwei<br />

größere Schiffe kommen und wollen ihre<br />

Touristenlast an Land entleeren. Das eine braucht<br />

unseren Liegeplatz für sein Ankermanöver.<br />

Nach einem kleinen Mittagsschläfchen hat der<br />

Wind – wie vorhergesagt – auf westliche Richtungen<br />

gedreht. Er nimmt während der Nacht<br />

dann auch auf 4 bis 5 Bft zu.<br />

<strong>Die</strong> Touristenschlange kommt dann nach zwei


Stunden wieder den Berg hinuntergekrochen und die beiden Passagierschiffe fahren wieder<br />

ab. Dafür ankern jetzt immer mehr Fischer um uns herum.<br />

Wir machen uns dann Fleischpfanzerl mit Karotten und gehen zum gemütlichen Teil des Abends<br />

unter Sternen und im Mondschein über, der dann nur bis 01.00 Uhr dauert.<br />

M ITTWOCH, 9. J ULI <strong>2008</strong><br />

Gramvousa<br />

Es steht jetzt etwas Schwell in<br />

die Bucht, der die VELA leicht<br />

rollen lässt. Der Wind hat wieder<br />

abgenommen und ich befürchte,<br />

dass es ein sehr warmer Tag<br />

werden wird. Aber wir können ja<br />

jederzeit in die erfrischenden und<br />

klaren Fluten springen.<br />

Wir schlafen, reden, lesen und<br />

baden. <strong>Die</strong> Fähren kommen und<br />

gehen und als dann gegen 18.00<br />

Uhr alle Schaulustigen wieder<br />

fort sind und die Sonne die eine<br />

Flanke des Berges in Schatten<br />

hüllt, setzen wir mit dem<br />

Schlauchboot hinüber zum<br />

Strand. Wir erklimmen den Berg<br />

über einen gewundenen Pfad<br />

und treten dann durch das Tor in die Festungsanlage ein. Ein riesiges Arsenal ist von dicken<br />

Mauern umgeben. Dahinter fallen die Felsen ins Bodenlose.<br />

Der Ausblick über das Meer und die anderen Inseln, die alle eine flache Oberfläche haben ist<br />

beeindruckend. Hier oben habe ich auch schwachen Handyempfang, so dass ich Brunhild einen<br />

Gruß auf den Anrufbeantworter sprechen kann.<br />

Wir sitzen heute Abend nur bis 00.00 Uhr unter dem Sternenzelt. Hans meint, ich solle nicht<br />

nur von „Absackern“ schreiben. Wir würden zwar trinken, aber auch miteinander sprechen.<br />

D ONNERSTAG, 10. J ULI <strong>2008</strong><br />

Gramvousa – Kapsali auf Kythira (43 sm)<br />

Um 08.00 Uhr laufen wir aus. Wie<br />

im Wetterbericht vorhergesagt, hatte<br />

der Wind in der Nacht von West auf<br />

Nordost gedreht. Mit diesem Wind,<br />

einem Ausläufer des Meltemi, der<br />

hier mit guten 5 Bft bläst laufen wir<br />

in Richtung Kythira. Bis Andikithira,<br />

eine Insel, die wir an Backbord lassen,<br />

müssen wir hoch am Wind segeln.<br />

Dann könne wir etwas abfallen<br />

und da der Wind dann auch noch<br />

etwas nach Ost dreht, surfen wir<br />

z.T. mit über 7 Knoten die Wellenberge<br />

hinab.<br />

Gegen 16.00 Uhr kommen wir in<br />

Kapsali an und machen längseits an


der Pier fest. Nur ein Schweizer und ein Italiener mit einen kleinen 6-m-Boot liegen hier.<br />

Kapsali liegt an einer Sandbucht, in der man schön baden und sich mit nur wenigen Schritten<br />

in einem der Restaurants oder Cafés erfrischen kann. <strong>Die</strong> Restaurants haben geöffnet, obwohl<br />

nur wenige Touristen da sind. Nachdem wir in Minimarket eingekauft hatten, gehen wir in<br />

einem der Restaurants essen. Im Oktober letzten Jahres hatte nur noch ein Restaurant geöffnet,<br />

in das Jürgen Johanna und mich zu einem verspäteten Geburtstagsessen einlud. Wie auf<br />

Gramvousa thront auch hier eine imposante venezianische Festung über der Stadt. <strong>Die</strong>smal<br />

mit Beleuchtung.<br />

F REITAG, 11. J ULI <strong>2008</strong><br />

Kapsali – Limeni (53 sm)<br />

<strong>Die</strong> Nacht war angenehm ruhig. Morgens kam dann jedoch wieder Wind auf, der in kräftigen<br />

Böen über den Hafen fegte.<br />

Gegen 10.00 Uhr sind wir mit dem Frühstück fertig und laufen aus. Ziel ist der kleine Ort Mezapo<br />

an der Westseite des mittleren Fingers des Peloponnes. Der Wind meint es heute noch<br />

einmal gut mit uns. Obwohl im Wetterbericht für dieses Gebiet Windstille vorhergesagt war,<br />

können wir bis 14.00 Uhr segeln. Der Wind weht mit guten 5 Bft anfangs aus Nordost, dreht<br />

dann aber östlich, sodass wir mit halbem Wind wieder über 6 kn laufen.<br />

Gegen 15.30 Uhr passieren wir das Kap Tainaron bei völliger Flaute unter Maschine.<br />

Das dahinter liegende Kap Kipula erweist sich als mächtiger in die Erde gehauener Fels. Kurz<br />

dahinter entdeckt Hans dann den Eingang zum Hades, eine riesige Höhle, in der sicher eine<br />

Kirche Platz hätte.<br />

Gegen 18.30 erreichen wir Minova, einen kleinen pittoresken Ort, ein Schmugglernest, der<br />

Ort, an dem Odysseus von den Riesen mit Steinen beworfen wurde – so steht es im Handbuch.<br />

Leider steht solch eine Dünung an der Stelle, an der man mit Heckleinen außerhalb des<br />

winzigen Hafens festmachen soll, dass an ein Über-Nacht-Bleiben nicht zu denken ist.<br />

So entschließen wir uns weitere 9 sm nach Norden zu motoren.<br />

Kurz nach 20.00 Uhr laufen wir in die Bucht von Limeni ein. Es ist ein ganz kleiner Ort. <strong>Die</strong><br />

Kirche sieht (laut Handbuch) soll wie eine schottische Presbyterianer Kirche aussehen. Viele<br />

Häuser sind aus grauem Granit errichtet.<br />

Wir ankern auf 5m Wassertiefe dicht am südwestlichen Ufer der kleinen Einbuchtung vor dem<br />

Ort. Hier ist der Schwell nicht so stark. <strong>Die</strong> Sonne geht dann glutrot in einer Wolkenbank unter.<br />

Wir fahren mit dem Schlauchboot hinüber an Land und essen in der einzig offenen Taverne<br />

einen griechischen Salat. Vor der Taverne wird eine Schildkröte gefüttert, deren Panzer<br />

mindestens einen Durchmesser von 1 m hat.<br />

Ich habe dann noch ein schönes langes Telefonat mit Brunhild.<br />

S AMSTAG, 12. J ULI <strong>2008</strong><br />

Limeni – Pylos (42 sm)<br />

Da wir morgen von Pylos aus unseren 300 sm – Trip nach Sizilien antreten wollen und heute<br />

Samstag ist, müssen wir heute Abend noch einkaufen. Somit stehen wir schon um 7.15 Uhr<br />

auf, lichten den Anker und motoren hinaus in den Messiniakos-Golf, die westliche Einbuchtung<br />

der drei Landzungen des südlichen Peloponnes.<br />

Es ist so gut wie kein Wind und auch die Dünung des gestrigen Tages ist verschwunden. So<br />

können wir gemütlich auf See frühstücken.<br />

Ich repariere den abgebrochenen Klodeckel und bereite mich schon mental auf die Überfahrt<br />

morgen vor. Sie wird so ca. drei Tage dauern. <strong>Die</strong> verschiedenen Wetterberichte sprechen<br />

jetzt von 0 bis 4 Bft. Anfangs aus Nordwest, dann Flaute, dann einen halben Tag Wind von


vorne und schließlich schönen Nordwind. In der Zwischenzeit, wenn wir aber schon gut weg<br />

sind, soll es vor der griechischen Westküste so richtig mit bis zu 8 Bft aus Nordwest zu stürmen<br />

beginnen. Unser Ziel wird Catania sein. Ich hoffe dort im Laufe des Mittwoch anzukommen,<br />

so dass wir noch einen Tag Zeit haben, das Boot aufzuklaren und sauber zu machen,<br />

bevor Brunhild dann am Freitag ankommt.<br />

Um 11.30 Uhr runden wir weiterhin bei Flaute Kap Akritas und nehmen Kurs auf Methoni.<br />

Eigentlich ist es schade, an diesen schönen und geschichtsträchtigen Orten einfach so vorbei<br />

zu fahren. Da habe ich falsch geplant. Ich hätte Kreta einfach auslassen und die Zeit hier<br />

verbringen sollen. Dann wäre es jedoch sehr schwierig geworden mal eben nach Deutschland<br />

zu fliegen und auch Hans hätte einen weiten Landweg in Kauf nehmen müssen. Auf dem Peloponnes<br />

gibt es eben keine internationalen Flugplätze.<br />

Um 12.30 Uhr passieren wir den mächtigen Leuchtturm und die Ruinen der riesigen venezianischen<br />

Festung von Methoni. Wir gehen nicht in den Hafen, sondern laufen weitere 8 sm<br />

nördlich nach Pilos, da es dort einen Yachthafen gibt, während wir im Hafen von Methoni hätten<br />

ankern müssen. Das wäre dann für die Verproviantierung nicht so einfach gewesen.<br />

Pilos liegt am Ausgang einer weiträumigen Bucht, die für die Entstehung des heutigen Griechenlands<br />

von geschichtsträchtiger Bedeutung ist.<br />

<strong>Die</strong> Schlacht von Navarino fand am 20. Oktober 1827 statt und war das entscheidende Ereignis, mit<br />

dem Griechenland nach einem jahrelangen Aufstand seine Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich erlangte.<br />

Vorgeschichte<br />

Durch einen am 6. Juli 1827 unterzeichneten Vertrag einigten sich England, Frankreich und Russland,<br />

als Vorbereitung für eine endgültige Beilegung der orientalischen Frage einen Waffenstillstand zu verlangen.<br />

Sir Edward Codrington, der Oberbefehlshaber der britischen Marine im Mittelmeer, erhielt den<br />

Vertrag und seine Instruktionen in der Nacht<br />

vom 10./11. August in Smyrna (heute Izmir) und<br />

begab sich sogleich nach Nauplia, um sie den<br />

Griechen mitzuteilen. Seine Anweisungen lauteten,<br />

einen Waffenstillstand zu verlangen, alle<br />

Nachschublieferungen aus Afrika oder allgemein<br />

aus dem Osmanischen Reich an die Truppen in<br />

Morea (heute Peloponnes) abzufangen und auf<br />

Anweisungen für Stratford Canning, den englischen<br />

Botschafter in Konstantinopel, zu achten.<br />

<strong>Die</strong> Instruktionen des Botschafters erreichten<br />

Codrington am 7. September. Er wurde von sei-


nem französischen Kollegen, dem Konteradmiral de Rigny, nach Nauplia begleitet. <strong>Die</strong> griechische Regierung<br />

stimmte dem Waffenstillstand zu. Admiral de Rigny reiste zu einer Kreuzfahrt in der Levante<br />

ab.<br />

Codrington, der gehört hatte, dass eine<br />

ägyptische Kriegsflotte - Ägypten war<br />

damals osmanisch - nach Alexandria<br />

unterwegs sei, und der glaubte, dass sie<br />

auf Hydra zusteuerte, machte sich auf<br />

den Weg zu dieser Insel, die er am 3.<br />

September erreichte. Am 12.<br />

September fand er die Ägypter mit<br />

einem türkischen Geschwader vor<br />

Anker bei Navarino (Pylos). <strong>Die</strong><br />

osmanische Regierung lehnte den<br />

Waffenstillstand ab. Am 19.<br />

September sah Codrington<br />

Bewegungen unter den ägyptischen<br />

und türkischen Schiffen in der Bucht<br />

und informierte den osmanischen<br />

Admiral Tahir Pascha, dass er Order<br />

habe, jegliches feindseliges Vorgehen<br />

gegen die Griechen zu unterbinden.<br />

Admiral de Rigny schloss sich ihm<br />

unmittelbar darauf an, und gemeinsam<br />

schickten sie am 22. September eine<br />

Notiz an Ibrahim Pascha, der das<br />

Oberkommando für den Sultan innehielt. Am 25. fand eine Unterredung statt, in der Ibrahim eine<br />

mündliche Zusicherung gab, nicht gegen die Griechen tätig zu werden, während er auf Anordnungen<br />

des Sultans wartete. <strong>Die</strong> Alliierten trennten sich nun, da ihre Vorräte zur Neige gingen; Codrington fuhr<br />

nach Zante und de Rigny nach Cervi, wo seine Versorgungschiffe lagen. Fregatten wurden zur Beobachtung<br />

Navarinos zurückgelassen. Der britische Admiral hatte kaum bei Zante geankert, als er informiert<br />

wurde, dass die Streitkräfte des Sultans ausliefen. Am 29. September hatte eine griechische Flotte,<br />

kommandiert vom englischen Philhellenen Frank Abney Hastings, einige türkische Schiffe in der Bucht<br />

von Salona zerstört, auf der Nordseite des Golfs von Korinth.<br />

Codrington, dem lediglich sein<br />

Flaggschiff, die Asia, und einige<br />

kleinere Schiffe zur Verfügung standen,<br />

benötigte die Tage vom 3. bis 5.<br />

Oktober, um zu den ägyptischen und<br />

türkischen Schiffen zurückzukehren,<br />

wobei ihm jedoch ein heftiger Sturm<br />

hilfreich zur Seite stand. Er nahm<br />

seine Wache bei Navarino wieder<br />

auf, und am 13. Oktober trafen de<br />

Rigny und der russische<br />

Konteradmiral Heiden mit seinem<br />

Geschwader bei ihm ein. Durch eine<br />

allgemeine Übereinkunft zwischen<br />

den Alliierten wurde das Kommando<br />

Codrington anvertraut.<br />

<strong>Die</strong> alliierte Flottenstärke belief sich<br />

auf elf Linienschiffe, neun Fregatten und vier kleinere Schiffe (drei britische, vier französische und vier<br />

russischen Linienschiffe, wenn man das Flaggschiff des französischen Admirals, die Sirène mitzählt –


ferner vier britische, eine französische und vier russische Fregatten). <strong>Die</strong> Ägypter und Türken hatten<br />

drei Linienschiffe, neunzehn große Fregatten und 35 kleinere Schiffe.<br />

Wenn Ibrahim Pascha auch außerstande war, auf See zu operieren, so führte er doch den Krieg an Land<br />

fort. <strong>Die</strong> Flammen und der Rauch von zerstörten Dörfern waren von der alliierten Flotte zu sehen. Am<br />

17. Oktober wurde eine gemeinsame Protestnote an Ibrahim Pascha geschickt, kam aber mit der offenbar<br />

falschen Antwort zurück, dass er Navarino verlassen habe und dass seine Offiziere nicht wüssten,<br />

wo er sich aufhalte. <strong>Die</strong> Admirale entschieden daher, in die Bucht zu steuern und zwischen den osmanischen<br />

Schiffen zu ankern. Ein französischer Offizier namens Letellier in ägyptischem <strong>Die</strong>nst hatte Ibrahims<br />

Schiffe und die des türkischen Admirals in einer Hufeisen-Formation geankert, deren Endpunkte<br />

die Einfahrt in die Bucht berührten. An Land auf beiden Seiten der Einfahrt waren Festungen. <strong>Die</strong> Alliierten<br />

fuhren in zwei Reihen hinein – eine gebildet von den Franzosen und Briten unter Codrington auf<br />

der Asia, die andere von den Russen –, und begannen, im freien Wasser inmitten Ibrahims Flotte zu ankern.<br />

In der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober<br />

1827 traf die österreichische Schoner „Enrichetta“<br />

in Navarino ein und passierte ungesehen<br />

die Blockadeflotte der Alliierten<br />

und drang in die Bucht ein. Kapitän Logotheti<br />

ging in einer kleinen Bucht vor<br />

Anker, um die Situation zu beobachten.<br />

Verlauf<br />

Captain Fellowes, der die britische Fregatte<br />

Dartmouth kommandierte, sah einen<br />

türkischen Brander windwärts und schickte<br />

ein Boot mit der Aufforderung, dass das<br />

Schiff entfernt werden solle. <strong>Die</strong> Türken<br />

eröffneten das Feuer, töteten einen Leutnant,<br />

der die Mitteilung überbrachte, und einige aus der Bootsbesatzung. <strong>Die</strong> Darmouth eröffnete daraufhin<br />

„defensiven Beschuss”, worauf sofort die Schlacht ausbrach.<br />

<strong>Die</strong> Alliierten, die alle eng in den Kampf gingen, hatten zwischen den Feinden geankert und profitierten<br />

von ihren schwereren Breitseiten und ihren besseren Kanonen. Dreiviertel der türkischen und ägyptischen<br />

Schiffe wurden von den Angreifern versenkt oder von ihrer eigenen Besatzung in Brand gesteckt.<br />

Auf alliierter Seite wurden 75 Engländer getötet und 197 verwundet; 43 Franzosen getötet und 183<br />

verwundet sowie 59 Russen getötet und 139 verwundet. Im britischen Geschwader wurde Captain Walter<br />

Bathurst von der Genoa erschlagen. <strong>Die</strong> Verluste auf osmanischer Seite sind nicht genau überliefert,<br />

waren aber sicherlich hoch. <strong>Die</strong> Schlacht von Navarino war die letzte große Seeschlacht ausschließlich<br />

mit Segelschiffen.<br />

Auswirkungen<br />

<strong>Die</strong> Seeschlacht von Navarino war für die weitere Geschichte des osmanischen Reiches und damit sowohl<br />

Europas wie auch des Nahen Ostens von entscheidender Bedeutung. Sie machte nicht nur die Bemühungen<br />

der Türken zunichte, die griechischen Revolten zu unterdrücken, sondern verursachte auch<br />

einen schwer zu reparierenden Bruch in den traditionell guten Beziehungen zwischen England und dem<br />

Osmanischen Reich. Seine Auswirkungen zeigten sich in der kritischen Phase des Konflikts zwischen<br />

Muhammad Ali Pascha und der Pforte (1831-1841). Navarino beschleunigte den russisch-türkischen<br />

Krieg von 1828/29, und die Vernichtung der osmanischen Marine schwächte die Verteidigungskraft der<br />

Osmanen gegenüber Russland und später gegenüber Muhammad Ali.<br />

Mit der ägyptisch-türkischen Flotte war eine große Anzahl bronzener Kanonen untergegangen. Ein<br />

Großteil davon wurde unter dem griechischen König Otto gehoben und als Recyclingmaterial in Europa<br />

verkauft, wobei etliche davon nach Bayern gelangten und für den Guss der Bavaria verwendet wurden.<br />

(Wikipedia)


Der Yachthafen ist wieder ein typisches EU-Produkt. Wasseranschlüsse, aber kein Wasser.<br />

Stromkabel ohne Anschlüsse. Kein Mensch weit und breit, den man als Verantwortlichen ansprechen<br />

könnte. An der Hafeneinfahrt steht ein Schild, dass man die „Harbour-Authority“ auf<br />

UKW-Kanal 12 anrufen solle – keine Antwort.<br />

Es ist sehr heiß – heißer als sonst. Der Beton der Pier strahlt noch nachts seine aufgenommene<br />

Sonnenwärme aus.<br />

Wir müssen uns jedoch auf die morgige Überfahrt nach Sizilien vorbereiten.<br />

Wir füllen den <strong>Die</strong>seltank wieder auf und gehen einkaufen. Erst mit Hilfe eines Taxis finden wir<br />

dann noch eine Fleischerei und frisches Brot in einer Bäckerei. Der Taxifahrer fährt uns dann<br />

auch noch zu einer Tankstelle, wo wir unsere <strong>Die</strong>selkanister auffüllen können. Ein Tauchlehrer,<br />

der mit seinen Schülern gerade von einer Tauchtour zurück kehrt, zeigt mir dann noch einen<br />

„illegalen“ Wasserhahn außerhalb des Yachthafens.<br />

Wir braten dann noch Frikadellen und kochen Pellkartoffeln für die Überfahrt. Ich checke noch<br />

einmal die Maschine und das Rigg der VELA.<br />

Dann hat uns die Hitze geschafft. Wir essen noch eine Kleinigkeit an Land und gehen dann in<br />

die Koje.<br />

S ONNTAG, 13. J ULI <strong>2008</strong><br />

Pilos – Catania (318 sm)<br />

Windstill und heiß.<br />

Gegen 10.00 Uhr laufen wir aus. Wir gehen noch an eine andere Pier und tanken illegales<br />

Wasser. Hans gratuliert Ursel noch telefonisch zu ihrem Geburtstag und ich nehme, solange<br />

wir noch Handyempfang haben die Windvorhersagen für das südliche Ionische Meer für die<br />

kommenden Tage.<br />

Dann laufen wir durch eine Bresche zwischen ein paar exotisch geformten Inseln (mit einem<br />

riesigen Loch) hindurch aufs offene Meer hinaus. Eine lange Dünung lässt die VELA atmen.<br />

Gegen 14.00 Uhr kommt etwas Wind aus nordwestlichen Richtungen auf. Er kommt jedoch so<br />

vorlich ein und ist mit 2 bis 3 Bft zu schwach zum Segeln. Wir haben das Großsegel gesetzt,<br />

dass jetzt etwas mitzieht. So laufen wir etwas mehr als 5 kn.<br />

Gegen 14.30 Uhr versuchen wir die Genoa dazuzusetzen. Der Wind dreht dann jedoch wieder<br />

auf vorlich, so dass wir sie wieder bergen. Der Wind nimmt jedoch kontinuierlich zu und hat<br />

dann um 17.00 Uhr 5 Bft erreicht. Da die VELA sich jetzt feststampft, ändern wir bei einem<br />

Wind aus 285 Grad unseren Kurs auf 250 Grad. Jetzt zieht das Groß und wir laufen wieder<br />

zwischen 4,5 und 5 kn – zwar in Richtung Afrika, wie Hans feststellt – aber es ist ja noch Malta<br />

dazwischen.<br />

So bockt die VELA bis 21.30 Uhr. Hans hatte sich gerade schlafen gelegt, als der Wind sich<br />

endlich bequemte so ganz langsam nördlicher zu drehen. Als er dann auf 4 bis 5 Bft abgenommen<br />

und sich die Seen etwas abgeflacht hatten, setzte ich die Genoa und konnte endlich<br />

die Maschine abstellen.<br />

M ONTAG, 14. J ULI <strong>2008</strong><br />

So ganz langsam liegt nicht mehr Afrika sondern Catania voraus. Ca. 8 sm wurden wir von<br />

uunserem Kurs nach Süden abgedrängt. Auf die lange Distanz sind das jedoch nur zwei Grad<br />

(jetzt 278 anstatt 276).<br />

Gegen 23.30 Uhr hatte er schließlich auf 3 Bft abgenommen. <strong>Die</strong> immer noch stehende kurze<br />

See stoppte das Schiff immer wieder, so dass auch die Selbststeueranlage nicht mehr mitspielte.<br />

So ließ ich die Maschine ganz langsam mitlaufen und erreichte damit 6 kn.


Als Hans dann um 00.30 Uhr erschien, kamen von achtern zwei große Frachter auf – und wie<br />

das Unglück selten allein kommt, fällt die Achterlaterne aus. Ich schalte dann die Dreifarbenlaterne<br />

im Topp an.<br />

Da ich die Nachtwache für Hans etwas erleichtern und meinen Schlaf etwas schonen will, rollen<br />

wir die Genoa wieder ein und lassen die Maschine in etwas höherer Drehzahlen laufen.<br />

Aber auch hier gibt es ein Problem. Was ich noch nie hatte, die Genoa ließ sich nicht ganz<br />

einrollen. So musste ich aufs Vorschiff und stellte dann im Scheine der Taschenlampe fest,<br />

dass das Aufrolltau einen Überläufer hatte. Bei dem Gestampfe das vorne bei Nacht war es<br />

gar nicht so leicht, das Malheur zu beheben.<br />

Danach ging ich dann – wieder recht wach – in die Koje.<br />

Als ich dann gegen 04.00 Uhr – nach ein paar kurzen Schlafphasen – doch ganz ausgeruht<br />

wieder an Deck komme, zieht die VELA auf einem Ententeich ihre Bahn. Völlige Windstille.<br />

Ein herrlicher Sternenhimmel über uns und als Spiegelung der größeren Sterne auf der Wasseroberfläche.<br />

Leuchtplankton glitzert in unserem Kielwasser.<br />

Um 05.15 Uhr lässt sich am östlichen Horizont der neue Tag erahnen. Um 06.30 Uhr geht die<br />

Sonne auf.<br />

Hans wacht dann gegen 07.00 Uhr auf und macht ein hervorragendes Rührei mit Tomaten.<br />

Zuvor nutzen wir jedoch noch das ruhige Wetter, füllen den <strong>Die</strong>seltank nach und ich setze das<br />

Vorstag durch, das sich gelockert hatte.<br />

Während Hans abwäscht, säubere ich das Cockpit und spritze das Salz weg.<br />

10.00 Uhr: Wir haben ein Etmal von genau 120 sm gemacht; 200 sm sind es noch bis Catania.<br />

Das entspricht einer Durchschnittgeschwindigkeit von 5 Knoten. Ein ganz leichter WSW-<br />

Wind ist aufgekommen. Er fällt jedoch zu vorlich ein und ist auch zu schwach zum Segeln. Also<br />

motoren wir weiter. <strong>Die</strong> Atmosphäre ist heute seltsam hell, wie von einem Schleier überzogen<br />

und es ist sehr heiß.<br />

12.00: Der Wind hat etwas mehr südlich gedreht und auf 3 Bft zugenommen. Wir setzen die<br />

Genoa und laufen 3 kn. Er dreht langsam weiter südlich, so dass wir mit leicht geschrickten<br />

Schoten unseren Kurs halten können. Der Wind dreht weiter für uns günstig. So laufen wir mit<br />

4 bis 5 Knoten unsere Kurslinie entlang.<br />

Wie im Wetterbericht vorhergesagt, beginnt der Wind gegen 17.30 Uhr weiter westlich zu drehen.<br />

Obwohl er nur mit 4 Bft weht, ist die Welle so kurz, dass die VELA hoch am Wind immer<br />

wieder abgestoppt wird. Wir lassen die Maschine wieder leicht mitlaufen.<br />

Um 18.00 Uhr bereitet Hans die Koteletts vor. Dazu gibt es Bratkartoffel.<br />

Den ganzen Tag haben wir nicht ein einziges Schiff gesehen. Jetzt passiert uns ein Katamaran<br />

auf Gegenkurs.<br />

Da der Wind immer weiter westlich dreht, müssen wir unseren Kurs aufgeben und nördlicher<br />

steuern. Wir segeln unter gereffter Genoa und Gross letztendlich in nordwestlicher Richtung.<br />

Kurz vor 00.00 Uhr lässt der Wind etwas nach. Unter Maschine gehen wir gegen den leichten<br />

Wind, aber eine noch hohe, kurze See an; Kurs 174 – Catania.<br />

D IENSTAG, 15. J ULI <strong>2008</strong><br />

Hans kommt dann um 01.00 Uhr. Ich lege mich schlafen und bin – trotz der Schaukelei für 3<br />

Stunden weg. Hans passiert währenddessen eine Ölplattform.<br />

Der Wind ist völlig eingeschlafen – die See ist jedoch weiterhin konfus. So warten wir auf den<br />

angekündigten Nordwind – das wäre auf dieser <strong>Reise</strong> zum ersten Mal kein Wind von vorne.<br />

...und der kommt dann um 07.00 Uhr. Maschine aus und wird gleiten mit bis zu 7 kn über die<br />

sich recht schnell aufbauenden Wellenberge. Hans steht dann gegen 08.00 Uhr auf. Das<br />

Frühstück (überbackener Toast) gestaltet sich zu einer Jonglierleistung. Immer wieder will die<br />

Pfanne vom kardanisch aufgehängten Herd hüpfen.


10.00 Uhr: Etmal 117 sm. Das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 4,875 Knoten.<br />

Bis Catania sind es noch 85 sm.<br />

Ich lege mich etwas hin. In der Zwischenzeit haben sich riesige Wellenberge aufgetürmt und<br />

da der Wind stark abgenommen hat, schaukelt die VELA mit schlagenden Segeln. Wir laufen<br />

nur noch 3,5 kn. Dann kommt wieder Wind und schiebt uns mit bis zu 7 kn, dann geht er wieder<br />

und wir beginnen erbärmlich zu rollrn. Zu guter Letzt dreht er dann auch noch auf Ost,<br />

kommt also genau von achtern: Da das Groß der Genoa den Wind weg nimmt, berge ich das<br />

Segel.<br />

Gegen 15.30 Uhr flaut der<br />

Wind so sehr ab, dass die<br />

Genoa von einer zur<br />

anderen Seite knallt. So<br />

rolle ich sie auf und setze<br />

wieder das Großsegel.<br />

Geschoben von<br />

mächtigen Wellenbergen<br />

fast ohne Wind torkeln wir<br />

unter Maschine unserem<br />

Ziel zu.<br />

Um 18.00: Land in Sicht!<br />

Es sind die 25 sm<br />

entfernten Berge der<br />

Stiefelspitze.<br />

Drei Stunden später geht die Sonne hinter dem Ätna unter. Als es dann dunkel ist, sieht man<br />

einen roten Lavastrom vom Gipfel hinunterfließen. So ganz langsam kommen die Lichter der<br />

Küste in Sicht. Mehrere große Schiffe passieren unsren Kurs in Nord-Süd-Richtung.<br />

Dann kommt doch noch Wind auf. Aus Nord. Halber Wind. Nur unter Genoa, die wir nachher<br />

noch einreffen müssen, rauschen wir, durch die sich immer mehr aufbauenden Wellen torkelnd,<br />

unserem Ziel entgegen.<br />

M ITTWOCH, 16. J ULI <strong>2008</strong><br />

Catania<br />

Um 02.20 Uhr stehen wir vor dem Hafen. Wo laut Karte eine Einfahrt sein sollte, erhebt sich in<br />

fahlen Mondlicht drohend eine schwarze Mauer. Kein Licht. Vorsichtig umschiffen wir sie in<br />

etwas größerem Abstand und entdecken dann noch eine unbeleuchtete Tonne. Als wir dann<br />

die Spitze passiert haben, kommen die Lichter des Hafens in Sicht, wie sie auch in der Karte<br />

verzeichnet sind. <strong>Die</strong> dunkle Mauer war die Verlängerung der Hafenmole, die in meiner etwas<br />

älteren Karte noch nicht eingezeichnet war.<br />

Nachdem wir im großen Handelshafen die Fender ausgebracht und die Leinen bereit gelegt<br />

hatten, motoren wir zum Yachtclub NIC, der auch im Dunkeln gut auszumachen ist. Ein<br />

Nachtwächter sieht uns kommen und weist uns einen Platz an einem Schwimmsteg zu. Gegen<br />

03.00 Uhr sitzen wir im Cockpit und freuen uns bei einem Drink, dass wir gut angekommen<br />

sind. Wir stellen die Zeit wieder um und gewinnen eine Stunde. Es ist also erst 02.00<br />

Uhr.<br />

323 sm in 65 Stunden = 4,9 Knoten. Es war keine berauschende Überfahrt. Zwischen Italien<br />

und Albanien hatte sich ein kleines Tief gebildet, dass uns viel Gegenwind bescherte. So sind<br />

wir mehr als normal unter Maschine gefahren. Bis auf den letzten Rest segelten wir fast immer<br />

gegenan. Da wir jedoch keinen Sturm hatten, können wir ganz zufrieden sein. <strong>Die</strong> Windvorhersage<br />

von Ugrib (GRIB.US) war fast stundengenau und das über 3 Tage, in denen wir kein<br />

Internet empfangen konnten.


Gegen 12 Uhr sind wir wieder richtig schön ausgeschlafen. Aber noch steht uns eine nicht so<br />

schöne Arbeit bevor. Nach dem Frühstück heißt es: Sauber machen; außen und innen. Ich<br />

sammele meine Wäsche zusammen und bereite alles für Brunhilds Kommen vor. Das völlig<br />

versalzene Schiff wir von oben bis unten gewaschen – einschließlich der Segel.<br />

Dann melde ich mich im Yachtclub an. 32,- € pro Tag, all inclusive (Duschen, Wasser, Strom)<br />

Als wir alles fertig haben, machen wir einen Bummel in die Stadt. Ich bringe die Wäsche zur<br />

Wäscherei, wir kaufen noch warmes Brot und bummeln dann durch den schrecklich lauten<br />

und hektischen italienischen Nachmittagsverkehr in die Innenstadt. Dort gibt es dann eine<br />

Fußgängerzone, wo man sich so ein wenig<br />

sicherer fühlt.<br />

<strong>Die</strong> Stadt ist sehr italienisch. Häuser mit<br />

kleinen Balkonen, etwas abgebröckelter<br />

Putz und hier etwas Besonderes: Es ist die<br />

schwarze Stadt, erbaut aus schwarzem<br />

Lavagestein. Nachdem sie mehrere Male<br />

von Lava verschüttet, von Erdbeben zerstört<br />

und die Menschen von der Pest hingerafft<br />

wurden, hat man sie dann im 18.<br />

Jahrhundert ganz neu aufgebaut.<br />

Wir finden den Platz, wo morgens immer<br />

Markt ist, ich kaufe mir eine neue SIM-<br />

Karte für mein Handy, wir finden den Busbahnhof,<br />

wo auch die Busse zum Flughafen<br />

abfahren und essen dann in einem<br />

kleinen Restaurant.<br />

Als wir abends wieder an Bord kommen,<br />

lernen wir Kirsten kennen. Sie ist Gymnasiallehrerin<br />

und fährt in den Ferien des Öfteren<br />

unentgeltlich für ein paar Wochen als<br />

Skipperin mit Gästen eine ca. 13 m-Yacht.<br />

Wir laden sie zu einem Gin-Tonic an Bord<br />

ein. Dann kommen aber auch ihre Gäste<br />

und sie muss sie empfangen.<br />

D ONNERSTAG, 17. J ULI <strong>2008</strong><br />

Catania<br />

Lidl-Tag. Da fast alle Vorräte an Getränke aufgebraucht sind, nehme ich mir ein Taxi und kaufe<br />

bei Lidl ein. Solch eine Autofahrt ist doch „das“ Erlebnis – eine kostenlose Achterbahnfahrt,<br />

auf Gegenspur und ohne zu bremsen um Motorradfahrer und Fußgänger herum ... Ich war<br />

froh, wieder heil aussteigen zu können. Aber so fahren alle hier und ich habe noch nicht die<br />

kleinste Karambolage erlebt.<br />

Anschließend bin ich so fertig, dass ich es nicht mehr schaffe – wie geplant – auf den Markt zu<br />

gehen, der wochentags nur bis zum Mittag geöffnet hat.<br />

Am Nachmittag holen wir die Wäsche von der Wäscherei, kaufen noch Motoröl, Angelzeug,<br />

um mal so richtig dicke Dinger zu fangen und ein Schloss für den Außenborder.<br />

Dann machen wir einen Bummel zu einem Kastell aus dem 12. Jahrhundert, das jetzt mitten in<br />

der Stadt liegt. Vor dem 17. Jahrhundert lag es noch direkt am Meer. Nach einem Ausbruch<br />

des Ätna wurde es von Lavamassen umschlossen. Jetzt ist man dabei, die Lava rings herum<br />

wieder abzutragen und es zu restaurieren. Leider war es schon geschlossen.


Da es heute wieder ganz schön warm ist und nach solch einem Spaziergang die Fußsohlen<br />

auf den heißen schwarzen Lavasteinen, mit denen die Straßen hier gepflastert sind, ganz gehörig<br />

brennen, entscheiden wir uns, wieder essen zu gehen.<br />

An Bord mache ich dann noch Brunhilds Koje fertig, die morgen ankommt.


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

6. T EIL DER R EISE VOM 18. J ULI BIS 02. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Sizilien<br />

An Bord: Brunhild und Volker, anfangs noch Hans und dann Johanna<br />

F REITAG, 18. J ULI <strong>2008</strong><br />

Catania<br />

Ich holte Brunhild morgens um<br />

10.30 Uhr vom Flughafen ab. Es<br />

war schön, sie wieder zu sehen. An<br />

Bord holte sie dann erst einmal den<br />

versäumten Schlaf der vergangenen<br />

Nacht nach. Da sie schon um<br />

02.00 Uhr nachts unser zu Hause<br />

verlassen musste, hatte sie gar<br />

nicht geschlafen.<br />

Dann machten wir drei, Hans,<br />

Brunhild und ich uns auf den Weg<br />

in die Stadt. <strong>Die</strong> erste Station war<br />

ein kleines Bistro am Hafen, das<br />

uns schon gestern mit seinen Leckereien<br />

und günstigen Preisen angezogen<br />

hatte. So gab es erst einmal<br />

geeisten Fruchtsalat mit Grannita<br />

(klein gestampftes Eis wie bei<br />

einer Margarita (auch Marguerita)),<br />

ein echtes mexikanisches Corona-<br />

Bier mit Zitrone und Salz und echten<br />

italienischen Capuccino.<br />

Dann pilgerten wir in das ca. 2 km<br />

entfernte Zentrum der Stadt. Catania<br />

ist nach Palermo die zweitgrößte<br />

Stadt der italienischen Region<br />

Sizilien und die Hauptstadt der<br />

Provinz Catania. Catania ist eine der spätbarocken Städte des Val di Noto, die von der<br />

Unesco zum UNESCO-Welterbe erklärt worden sind.<br />

Im Jahr 1669 wurden Teile der Stadt nach einem Vulkanausbruch des Ätna unter Lavaströmen<br />

begraben. Ein schweres Erdbeben im Jahr 1693 zerstörte Catania fast vollständig. In den<br />

folgenden Jahrzehnten wurde es im barocken Baustil, der noch heute das Stadtbild prägt,<br />

wieder aufgebaut. Da viele Gebäude aus Lavagestein bestehen, bezeichnet man die Stadt<br />

auch als die Schwarze Tochter des Ätna. Große wirtschaftliche Bedeutung erreichte Catania<br />

erst wieder im 19. Jahrhundert, als es Provinzhauptstadt wurde.<br />

Wir verließen die schnurgerade durch die Stadt führenden und vom abendlichen Verkehr überfüllten<br />

Hauptstraßen und erforschten die kleinen engen Nebengassen mit ihren etwas heruntergekommenen<br />

Häuserfronten und verzierten Balkonen. So entdeckten wir auf einem Hügel<br />

eine riesige Palastanlage mit einer seltsam unfertigen Kathedrale. Wir stellten fest, dass<br />

es jetzt Teile der Universität beherbergte.


Es war früher das Benediktinerkloster San Nicola<br />

mit der sich anschließenden unvollendet<br />

gebliebenen Kirche San Nicola l'Arena. Ursprünglich<br />

bewohnten die Benediktiner im 12.<br />

Jahrhundert einen Hang am Ätna und errichteten<br />

dort eine Kapelle und ein Kloster San Nicolò<br />

la Rena. Der Ort Nicolosi in der Nähe des<br />

Klosters am Ätna hat seinen Namen daher.<br />

Im 16. Jahrhundert vertrieb eine Eruption des<br />

Ätna die Benediktiner von ihrem angestammten<br />

Platz am Hang des Vulkans, woraufhin<br />

das Kloster in Catania gebaut wurde. Es ist<br />

nach dem in Mafra in Portugal das zweitgrößte<br />

in Europa. Der Klosterbau wurde 1558 angefangen<br />

und im gleichen Jahr, noch unvollendet,<br />

in Anwesenheit des Vizekönigs von Sizilien<br />

Giovanni Della Cerda eingeweiht.<br />

Im Jahre 1669 erreichten die Lavaströme des<br />

Ätna erneut das Kloster und zerstörten die Kirche.<br />

Der monumentale Wiederaufbau der Kirche<br />

San Nicola begann um 1687 nach einem<br />

Entwurf des römischen Architekten Giovan<br />

Battista Contini, blieb jedoch wiederum unvollendet.<br />

1780 unternahmen verschiedene Architekten<br />

wie Francesco Battaglia und Giovanni Battista<br />

Vaccarini nochmals den Versuch, die Kirche zu vollenden. <strong>Die</strong> Bauarbeiten wurden jedoch<br />

wiederum unterbrochen. Das vierfache Paar an Säulenstümpfen vor der Kirche sind Zeugen<br />

dieser abgebrochenen Umbaumaßnahmen aus dem 18. Jahrhundert.<br />

In der Nähe fanden wir dann im Studentenviertel ein kleines Restaurant mit typisch italienischem<br />

Essen.<br />

S AMSTAG, 19. J ULI <strong>2008</strong><br />

Catania<br />

Heute schaffen wir es endlich, den berühmten Markt von Catania aufzusuchen. Er erstreckt<br />

sich über mehrere Straßenzüge und bietet alles, von Früchten, Gemüse, über Fleischwaren<br />

bis hin zu einem riesigen Fischmarkt.<br />

Wir kaufen für einen Salat ein, den wir<br />

dann nach unserer Rückkehr an Bord<br />

zubereiten (grüner Salat mit<br />

Weintrauben, Walnüssen, Tomaten,<br />

Käse und einem Zitronendressing).<br />

Nach einem ausgiebigen Mittagsschlaf<br />

machen Hans und Brunhild eine weitere<br />

Wanderung durch die barocke Stadt. Ich<br />

bleibe an Bord und wechsele das Öl in<br />

der Maschine. Wir treffen uns<br />

anschließend in einem kleinen Lokal.<br />

Während es morgens schön ist, durch<br />

die engen schattige Gassen zu gehen,<br />

ist es abends fast unerträglich warm.<br />

Das schwarze Lavapflaster und die aus


dunklem Gestein gemauerten Häuser geben dann die am Tage gesammelte Sonnenglut wieder<br />

ab.<br />

Auf der Plaza vor dem alten Gymnasium ist Modenschau. Scheinwerfer, Lichteffekte, Fernsehen,<br />

Musik, geladene Gäste, roter Teppich – und hinter der Absperrung das staunende normale<br />

Volk.<br />

S ONNTAG, 20. J ULI <strong>2008</strong><br />

Catania – Aci Trezza (6 sm)<br />

Aci Trezza bildet mit den Orten Aci Reale<br />

und Aci Castello eine sich längs der felsigen<br />

Küste entlang ziehende Ortschaft, die insbesondere<br />

vom heimischen Tourismus lebt. Vor<br />

dem kleinen Hafen von Aci Trezza erheben<br />

sich skurrile Lavaformationen aus dem Meer,<br />

die als Naturschutzgebiet weder befahren<br />

noch betreten werden dürfen.<br />

Nach einem ausgiebigen Frühstück verlassen<br />

wir den Hafen von Catania. Draußen<br />

weht ein ganz leichter Wind aus Nord. Wir<br />

setzen Segel und kreuzen hinaus aufs Meer.<br />

Nach 1,5 Stunden hat der Wind jedoch so<br />

weit abgenommen, dass wir die letzten drei<br />

Seemeilen die Maschine nutzen. Eben südlich<br />

des Hafens von Aci Trezza gehen wir auf<br />

13 m Wassertiefe vor Anker. Hier liegen noch<br />

weitere Boot, insbesondere Motorboote mit<br />

jungen Menschen, die sich anscheinend<br />

köstlich amüsieren. Wir lesen, schlafen und<br />

schwimmen im 25 Grad warmen Wasser.<br />

Gegen 17.30 Uhr lichten wir wieder den Anker und laufen in den Hafen ein. Am Außenkai finden<br />

wir einen Liegeplatz vor Buganker und mit Leinen an Land. Während Brunhild den Anker<br />

ganz fachfraulich bedient, hechtet Hans auf die doch recht hohe Mauer und befestigt dort die<br />

Leinen. Wir liegen neben einem schicken Motorboot, von dem Hans aufgrund der sich an Bord<br />

befindlichen Menschen vermutet, es gehöre zur Maffia.<br />

Anschließend geht es an Land. Es ist Sonntag und ein Fischerfest. Somit ist hier die Hölle los.<br />

Tausende von insbesondere jungen Menschen, die am Nachmittag die an den Felsen befestigten<br />

Sonn- und Badeplattformen bevölkert hatten, amüsieren sich jetzt in den kleinen Ort.<br />

Eine nicht enden wollende Auto- und Motorradschlange schiebt sich durch die engen Gassen.<br />

In einer mehr als drei Meter im Durchmesser messenden Bratpfanne voll brutzelnden Öls wird<br />

Meeresgetier gegart und verkauft.<br />

Wir finden eine schöne kleine Trattoria im ersten Stock eines an der Uferpromenade liegenden<br />

Hauses. Das Essen ist hervorragend. Da die Autoschlange jedoch genau unter uns vorbei<br />

kriecht, entscheiden wir uns, den Nachtisch etwas abseits in einer kleinen Bar einzunehmen.<br />

Als wir dann gegen 23.00 Uhr wieder an Bord gehen, gibt es kaum ein Durchkommen durch<br />

die Menschen-, Motorrad- und Autowelt.


M ONTAG, 21. J ULI <strong>2008</strong><br />

Aci Trezza<br />

<strong>Die</strong> Nacht an unserem etwas vom Trubel entfernten Liegeplatz war angenehm ruhig. Einmal<br />

wachte ich auf, als ein etwas größerer Fischer in unserer Nähe anlegte. Hans wurde leider<br />

von Mücken geplagt, so dass dies die unangenehmste Nacht für ihn war.<br />

Brunhild erwachte dann um 10.00 Uhr. Wir aßen frische Brötchen und einen wunderbaren Käse,<br />

den wir gestern auf dem Markt gekauft hatten.<br />

Hans und Brunhild machten dann einen weiten Spaziergang nach Aci Castello, wo sich auf einem,<br />

steil aus dem Meer ragenden schwarzen Lavablock eine Burg befindet. Ich arbeite währenddessen<br />

etwas an Bord.<br />

Da es wieder sehr warm ist (insbesondere, weil der Wind fehlt), machen wir erst einmal eine<br />

lange Mittagsruhe. Abends gehen wir dann in eine Pizzeria, wo Hans uns zum Essen einlädt.<br />

D IENSTAG, 22. J ULI <strong>2008</strong><br />

Aci Trezza<br />

Hans muss heute nach Hause fliegen. Er hat herausgefunden, dass er für 1,- € mit dem Bus<br />

nach Catania fahren kann. Wir bringen ihn zur Busstation. Es war für mich eine interessante –<br />

nicht immer ganz lockere – Zeit mit Hans. Er hat mich auf vieles aufmerksam gemacht, was<br />

für mich nachdenkenswert ist.<br />

Neben uns hat eine andere Yacht fest<br />

gemacht. Es sind Schweizer. Ein Ehepaar<br />

(Thomas und Eva) mit ihren beiden<br />

13- und 16-jährigen Töchtern (Merrit<br />

und Anouk). Wir kommen ins Gespräch<br />

und sind uns gleich sympathisch.<br />

Thomas und Eva arbeiten in der<br />

Nähe von Bern in der Jugendhilfe. Sie<br />

haben ihr Boot jahrelang am Arno<br />

(Fluss nach Pisa) liegen gehabt, wo<br />

auch wir vor zwei Jahren einmal fest<br />

gemacht hatten. Jetzt liegt es in Süditalien,<br />

von wo sie eine dreiwöchige <strong>Reise</strong><br />

nach Sizilien unternehmen.<br />

Wir lassen den heutigen Tag ganz ruhig<br />

angehen. Da es draußen etwas mehr weht, sind einige größere Fischer in den Hafen gekommen.<br />

Es steht auch etwas Schwell in den Hafen. Der Wind ist jedoch angenehm kühlend.<br />

Wie auch gestern, machen wir heute wieder unser kleines Schlauchboot klar und tuckern damit<br />

aus dem Hafen zu den davor liegenden Vulkaninseln. Wir befestigen das Boot an einer<br />

Boje und gehen in den glasklaren, angenehm kühlen Wasser schnorcheln.<br />

Abends verabreden wir uns mit den Schweizern und gehen in einem Fischrestaurant hervorragend<br />

– aber auch etwas teuer – essen. Brunhild isst Gambas und ich Schwertfisch. Den Abschluss<br />

bilden dann ein italienisches Eis in einer Eisdiele und ein Schnaps an Bord der<br />

Schweizer Yacht.<br />

M ITTWOCH, 23. J ULI <strong>2008</strong><br />

Aci Trezza – Riposto (12 sm)<br />

Ohropax ist doch eine tolle Sache. Irgendwann in der Nacht wachte ich auf. Auf den Fischerbooten<br />

neben uns wurde gearbeitet. Wie Waschweiber palaverten die Fischer in italienischer


Lautstärke miteinander. Aber wieder Ohropax rein – und weiter geschlafen. Auch die Mücken,<br />

die Brunhild in den vorangegangenen Nächten zu einem Steuselkuchen gemacht haben, werden<br />

mit Hilfe eines Moskitonetzes ausgesperrt.<br />

Da der Wind wieder abgenommen hat, geht es heute weiter nach Riposto. Dort soll sich eine –<br />

nicht gerade billige – Marina befinden, die aber sicher und gut sein soll, so dass man sein<br />

Boot auch unbeaufsichtigt liegen lassen kann.<br />

Fünf Meilen vor dem Hafen kommt schöner Südostwind auf. Wir rollen die Genoa aus und<br />

gleiten über das glatte Wasser. Gegen 13.00 Uhr laufen wir ein und gehen an der Tankstelle<br />

längseits. Als wir für 100,- € unsere Tanks voll gemacht haben (1,56 €/Liter), wird uns mitgeteilt,<br />

dass die Marina voll sei. Bella Italia! So liebe ich es. Überall freie Plätze – aber privado<br />

oder kein Interesse ... Ich gebe mich nicht geschlagen. So weist man mir an der Tankstelle einen<br />

anderen Platz zu, an dem ich bis 15.00 Uhr warten soll. Jetzt ist nämlich erst einmal<br />

Siesta.<br />

Wir ruhen uns aus. So gegen 14.30 Uhr kommt ein tüchtiger Nordostwind, der sich nach und<br />

nach auf 6 Bft steigert auf. Er wehr genau in die Hafeneinfahrt hinein und lässt die VELA, die<br />

hier ganz ungeschützt liegt, an ihren Leinen zerren.<br />

So gegen 15.30<br />

Uhr kommt ein<br />

netter Angestellter<br />

der Marina und<br />

bittet uns, mit unseren<br />

Papieren in<br />

das Marinabüro zu<br />

kommen. Natürlich<br />

gibt es einen Platz<br />

für uns – laut Liste<br />

für 45,- € pro<br />

Nacht. Wir verholen<br />

dann und gehen,<br />

wegen des<br />

starken Windes,<br />

der Enge des Platzes und des schmalen Fahrwassers zwischen den Stegen, mit dem Bug an<br />

den Steg. Hier liegen wir gut geschützt. Thomas und Eva haben auch einen Platz an einem<br />

anderen Steg erhalten. Ich treffe sie in dem Yachtservice am Hafen, der Autos vermietet und<br />

Exkursionen zum Ätna anbietet. Sie haben bei einer Autovermietung an Land den letzten Wagen<br />

erhalten. Einen Fiat Panda mit Beulen und ohne Klimaanlage für 40,- € / Tag. Hier soll ein<br />

Wagen 96,- € kosten. Brunhild und machen uns dann in der Stadt auf die Suche. Wir finden<br />

dann einen nagelneuen Peugeot, der mit Vollkaskoversicherung (die macht hier ca. 30 % des<br />

Preises aus) 70,- € kostet. Da wir ihn heute noch nicht brauchen, reservieren wir ihn für morgen<br />

um 09.00 Uhr.<br />

Dann pilgern wir durch die kleine Stadt mit ihren schnurgeraden Straßen und kleinen Gässchen.<br />

In einer Apotheke kaufen wir Salbe für mein Gerstenkorn, das sich an meinem rechten<br />

Auge gebildet hat.<br />

Wir finden letztlich in dieser Stadt, in der es so gut wie keinen Fremdenverkehr gibt, eine kleine<br />

Trattoria, wo wir einen gemischten Vorspeisenteller und schönes gezapftes Bier bestellen.<br />

Es gesellt sich dann für eine halbe Stunde ein nettes junges Pärchen aus Berlin zu uns, die<br />

mit einem Leihwagen für drei Wochen in Sizilien unterwegs sind. Sie haben ihn bei<br />

www.holydayauto.de in Deutschland recht günstig bestellt.<br />

Abends ist der Lavastrom, der sich glühendrot vom Gipfel hinunterzieht sehr eindrucksvoll zu<br />

sehen. Er fließt nach einem heftigen Ausbruch seit dem 11. Mai diesen Jahres.


D ONNERSTAG, 24. J ULI <strong>2008</strong><br />

Riposto<br />

Heute wollen wir die Umgebung des Ätna erkunden. Mit der Besteigung wollen wir warten, bis<br />

Johanna da ist.<br />

Wir entscheiden uns, für die ganz kleinen Straßen, die möglichst dicht am Krater entlang führen<br />

und werden mit einer tollen Vegetation und grandiosen erkalteten Lavamassen belohnt.<br />

Der Ätna ist mit etwa 3.323 (die Höhe ändert sich ständig) der höchste und aktivste Vulkan<br />

Europas. Unter den aktiven Vulkanen der Welt steht er hinsichtlich der Zahl seiner Ausbrüche<br />

in historischer Zeit an erster Stelle. Er hat vier Gipfelkrater, den Hauptkrater, den direkt<br />

daneben liegenden Krater „Bocca Nuova“ (neuer Schlund) von 1968 sowie den Nordostkrater<br />

von 1911 und den Südostkrater von 1979, die etwas abseits vom Hauptkrater liegen. Der<br />

Ausstoß von Lava bei einem Ausbruch erfolgt aber meistens nicht über die Gipfelkrater, sondern<br />

an den Flanken des Bergkegels. Im Laufe der Jahrtausende haben sich dadurch mittlerweile<br />

etwa 400 Nebenkrater gebildet.<br />

Typisch für den Ätna sind Eruptionen längs aufreißender Spalten. Mit Ausnahme der auf den<br />

Gipfelbereich beschränkten Dauertätigkeit des Vulkans waren nahezu alle historischen Ausbrüche<br />

an solche Eruptionsspalten gebunden. <strong>Die</strong> Länge dieser Spalten variiert von einigen<br />

hundert Metern bis zu mehreren Kilometern. Im Laufe einer Eruption reißen die Spalten zumeist<br />

nach unten zu immer weiter auf, wobei in höher gelegenen Bereichen meist reine<br />

Schlackenkegel entstehen, in tiefer gelegenen Bereichen dagegen meist Lava ausfließt.<br />

<strong>Die</strong> basische Lava des Ätna ist durch einen geringen Kieselsäureanteil relativ dünnflüssig.<br />

Dadurch können die in ihr enthaltenen Gase entweichen und bauen keinen Überdruck auf, der<br />

sich in einer Explosion entladen könnte. Daher zählt der Ätna nicht zu den explosiven Vulkanen<br />

(wie z. B. der Vesuv).<br />

<strong>Die</strong> dicht besiedelte Landschaft um den Ätna ist durch die verwitternde Lava äußerst fruchtbar.<br />

Auf Grund der großen Höhe des Ätna folgen verschiedenste Vegetationsgürtel aufeinander.<br />

So fahren wir durch eine üppige Vegetation mit Orangen-, Zitronen-, Oliven-, Feigen- und<br />

Pistazienbäume. Auch Getreidefelder und Weinberge gibt es dort. Dann kommen wir durch<br />

dichte Wälder von Buchen, Eichen, Birken, Kiefern und Kastanienbäumen, die an eine deutsche<br />

Landschaft erinnern. Der Ätnaginster, der eine der ersten Pflanzen, die sich auf der ver-


witternden Lava ansiedeln, blühte gerade noch. Dann folgt eine Zone mit Wacholder- und<br />

Sanddornsträuchern, Gräsern, Moosen und Flechten. <strong>Die</strong> höheren Zonen sind vegetationslos,<br />

im Gipfelbereich soll fast das ganze Jahr hindurch Schnee liegen.<br />

Immer wieder führt die Straße über noch relativ frische Lavafelder, die davon zeugen, dass<br />

hier vor nicht allzu langer Zeit 1000 Grad heiße Lava alles verschüttet hat.<br />

<strong>Die</strong> Atna-Ausbrüche<br />

Sicher überliefert ist der Ausbruch von 252 bis 253. <strong>Die</strong> Lava aus dem Monpeloso (nordöstlich Nicolosi)<br />

zerstörte Catania ein weiteres Mal und floss als 3 km breiter Strom ins Meer. Größere Aktivitäten<br />

gab es 812 und 1169. In diesem Jahr gab es am Ätna gewaltige Eruptionen und verheerende Erdbeben<br />

im <strong>gesamte</strong>n Osten Siziliens, bei denen etwa 15.000 Menschen ums Leben kamen.<br />

Größere Ausbrüche sind aus den Jahren 1194, 1197, 1222, 1250 und 1284 bekannt. Bereits gut überlieferte<br />

und beschriebene größere Ausbrüche gab es in den Jahren 1329, 1381, 1408, 1444, 1536, 1537,<br />

1566, 1607, 1610, 1614–1624, 1634–1638, 1646–1647 und 1651–1653.<br />

Ab dem 8. März bis zum 11. Juli 1669 wurden durch Ausbrüche große Teile Catanias zerstört. Das<br />

Castello Ursino am Meer wird von der Lava umströmt und liegt seitdem mehrere hundert Meter landeinwärts.<br />

<strong>Die</strong>ser Ausbruch wird als die größte historische Eruption des Ätna angesehen.<br />

Weitere gut dokumentierte Aktivitäten wurden aus den Jahren 1763 (Bildung der Montagnola), 1766<br />

(Monti Calcarazzi), 1780 (Radialspalte in 2.460–1.850 m Höhe), 1787 (Gipfelausbruch, in Nicolosi soll<br />

man nachts die Zeitung gelesen haben können), 1792–1793 (11. Mai 1792 bis 30. Mai 1793, mehrere<br />

exzentrische Ausbruchstellen und Gipfeleruption), 1809, 1811–12, 1819, 1832, 1843, 1852–1853 (Überflutung<br />

des Valle del Bove), 1865, 1874, 1879 (Lavafluss bis zum Alcantara), 1883, 1886 und 1892<br />

(Bildung der Monti Silvestri).<br />

1908 gab es einen Lavaausfluss im Valle del Bove. Im Jahre 1910 wäre beinahe die Siedlung Borello<br />

bei Belpasso von der Lava begraben worden. Weitere größere Ausbrüche fanden in den Jahren 1911<br />

(Bildung des Nordost-Kraters), 1917 (Lava-Fontänen bis 800 m Höhe aus dem Nordost-Krater) und<br />

1923 (Zerstörung vieler Häuser in Linguaglossa durch einen Lavastrom aus der Nähe des Monte Nero<br />

Settentrionale) statt.<br />

Am 2. November 1928 wurden 770 Hektar Wald- und Südfrucht-Bestände und 550 Gebäude der Gemeinde<br />

Mascali durch Lavaströme verwüstet. Weitere nennenswerte Ausbrüche ereigneten sich in den<br />

Jahren 1942 und 1947.<br />

<strong>Die</strong> bis dato stärkste Flankeneruption in den Jahren 1950–1951 im Valle del Bove förderte etwa 170<br />

Millionen Kubikmeter Lava und hätte fast die Ortschaften Milo und Fornazzo vernichtet. 1955 ereignete<br />

sich ein explosiver Ausbruch des Nordost-Kraters, dem langsame und ruhige Lavaausflüsse am Kraterfuß<br />

bis 1964 folgten. 1964 wurden mehrere besonders heftige Ausbrüche des Zentralkraters beobachtet,<br />

bei denen der Zentralkrater seine Form stark veränderte und der neue Krater „La Voragine“ innerhalb<br />

des Zentralkraters entstand. Im März 1968 entstand eine weitere neue Ausbruchstelle innerhalb des<br />

Zentralkraters, die „Bocca Nuova“, die eineinhalb Jahre lang unter ohrenbetäubendem Lärm heiße Gase<br />

ausblies.<br />

Vom 4. April 1971 bis zum 2. Mai 1971 zerstörte ein Lavaausstoß des Ätnas den zweiten Abschnitt der<br />

Seilbahn sowie die Vulkanwarte.<br />

Ab dem 17. März 1981 schossen ca. 100 m hohe Lavafontänen aus einer Spalte in 2.250 m Höhe auf<br />

der Nordseite des Ätnas. Aus weiteren tiefergelegenen Spalten strömte Lava und kam erst kurz vor dem<br />

Fluss Alcantara zum Stillstand. Am 19. März 1981 floss ein Lavastrom aus einer Spalte in 1.300 m Höhe<br />

und bedrohte den Ort Randazzo.<br />

Nach einer Serie kleinerer Erdbeben riss am 28. März 1983 um 8:45 Uhr auf der Südseite des Ätna in<br />

2.450 bis 2.250 m Höhe eine 750 m lange Eruptionsspalte auf, an der explosive Tätigkeit einsetzte und<br />

Lavaströme ausflossen. Bereits am Abend des selben Tags überflutete die Lava die von Nicolosi von<br />

Süden herauf führende Straße auf breiter Front. Etwa 20 Gebäude wurden zerstört, darunter das Ristorante<br />

Corsaro, das Hotel Cantoniera, eine Reihe von Häusern am Südhang und das frühere Albergo und


Ristorante „La Quercia“ in etwa 1.300 m Höhe. Nach dem Wiederaufbau heißt es nun „La Nuova Quercia“.<br />

Am 6. August 1983 endete die vulkanische Aktivität. Insgesamt wurden etwa 80–100 Millionen m³ Lava<br />

gefördert, die eine Fläche von 6 km² bedeckte. Der mit 7,5 km längste Lavastrom floss bis in<br />

1.080 m Meereshöhe und kam 7 km vor Nicolosi zum Stillstand.<br />

Der 1983er Ausbruch fand durch den erstmals an einem europäischen Vulkan unternommenen Versuch,<br />

durch eine Sprengung den Lauf der Lava abzulenken, weltweites Interesse.<br />

Begleitet von hunderten kleinerer Erdbeben öffneten sich am 14. Dezember 1991 in einer Höhe zwischen<br />

3.000 und 2.700 m an der Südostflanke des Berges ein System von Eruptionsspalten. Gleichzeitig<br />

riss eine kleinere Spalte am Nordhang des Südost-Kraters auf. Heftige Lavafontänen und Lavaströme<br />

traten aus. In der folgenden Nacht bildeten sich neue Eruptionsspalten an der Nordwest- Wand des<br />

Valle del Bove, aus denen riesige Mengen von Lava das Tal überfluteten. Der Lavafluss breitete sich in<br />

den nächsten Wochen nach Osten aus und erreichte zum Jahresende das Val Calanna, ganz in der Nähe<br />

der Stadt Zafferana Etnea.<br />

Zum Schutz der Stadt wurde am flachen Ende des Val Calanna ein Schutzwall errichtet, um die Lava<br />

daran zu hindern, die Talböschung auf Zafferana zu hinab zu fließen. Zwei Monate lang füllte sich der<br />

Lava-Staudamm, bis am 7. April der Damm überflossen wurde und die Lava sich rasch den steilen<br />

Hang auf die Stadt zu bewegte. Auf ihrem Weg nach unten durchbrach die Lava auch drei hastig errichtete<br />

kleinere Dammbauwerke. Glücklicherweise kam der Fluss noch vor der Stadt zum Stillstand. Jedoch<br />

zerstörte ein neuer, 120 m längerer Lavafluss Mitte Mai 1992 die ersten Häuser der Stadt.<br />

Nach den missglückten Versuchen, die Lava durch Dammbauwerke aufzuhalten, versuchte man es mit<br />

Sprengungen, um die Lava in einen künstlich angelegten Kanal zu leiten. <strong>Die</strong>se Vorgehensweise führte<br />

teilweise zum Erfolg. Trotzdem wurde die Notwendigkeit dieser Maßnahmen von vielen Naturschützern<br />

und Wissenschaftlern in oft polemischer Weise angezweifelt.<br />

<strong>Die</strong> effusive Aktivität endete am 30. März 1993, nach 473 Tagen. Damit war sie die am längsten dauernde<br />

Flankeneruption seit dem Ausbruch von 1669. Das ausgeflossene Lavavolumen wird mit 205 bis<br />

250 Millionen m³, die von Lava überflossene Fläche mit 7,6 km² angegeben.<br />

Am 17. Juli 2001 um 7:00 Uhr öffnete sich am Fuß des Südost-Kraters in 2.950 m Höhe eine<br />

Eruptionsspalte, in deren Verlauf sich eine Reihe von Bocchen bildete, die lebhaft Lavafontänen ausstießen.<br />

Um 22:00 Uhr riss die Spalte weiter nach unten bis in 2.700 m Höhe auf, und Lava floss in südliche<br />

Richtung zur Bergstation der Seilbahn und der Skilifte hin aus. Als am 18. Juli sich die Spalte weiter<br />

bis in eine Höhe von 2.100 m auftat, wurde die Straßenverbindung Nicolosi–Zafferana über Ätna-<br />

Süd durch die ausfließende Lava auf einer Länge von 100 m unterbrochen. Durch verzweifelte Versuche,<br />

den Lavastrom von der Seite mit Wasser zu besprühen und so zu stoppen und durch den Bau eines<br />

Erdwalles gelang es, ein von der Lava bedrohtes Restaurant und einen Souvenirladen an der Station Ätna-Süd<br />

zu retten.<br />

Am Abend des 19. Juli öffnete sich ein neuer Krater in 2.570 m Höhe. In heftigen Explosionen schossen<br />

schwarze Aschesäulen hoch und rissen große Blöcke älterer vulkanischer Gesteine mit sich. Am 24. Juli<br />

änderte sich die Aktivität des neuen Kraters. Lavafontänen schossen mit lautem Donnern hunderte Meter<br />

in die Höhe.<br />

In der Zeit zwischen dem 26. und 30. Juli wurden enorme Anstrengungen unternommen, die Station<br />

Ätna-Süd mit dem Rifugio Sapienza, der Talstation der Seilbahn und den Souvenirläden vor der Lava<br />

zu retten. Trotzdem wurden einige Masten der Seilbahn zerstört und die Straße an der Station Ätna-Süd<br />

auf einer weiteren Strecke überflutet. Am Abend des 30. Juli ging die Bergstation der Seilbahn in<br />

Flammen auf, als eine Lavazunge ihre Mauern durchbrach.<br />

Erst am 9. August, als der Lavastrom, der Nicolosi bedrohte, bereits ein Niveau von etwa 1.050 m erreicht<br />

hatte, endete die Aktivität des Vulkans. Insgesamt acht Lavaströme und mächtige Aschenfälle<br />

hatten ein Gebiet von 5,5 km² völlig verändert. Etwa 21 Millionen m³ Lava und 20 Millionen m³ pyroklastisches<br />

Material wurden in den knapp 24 Tagen des Ausbruchs ausgeworfen.<br />

Um Mitternacht des 26. Oktobers 2002 öffneten sich an der Südflanke des Berges in 2.750 m Höhe und<br />

an der Nordostflanke in einer Höhe zwischen 2.500 und 1.850 m Eruptionsspalten, aus denen mit großer<br />

Heftigkeit Lava austrat. Als der Ausbruch am 28. Januar 2003 endete, hatte der Vulkan 60–70 Millio-


nen m³ Lava und Pyroklastika ausgespuckt und riesigen Schaden angerichtet, u. a. wurde an der Südflanke<br />

die Seilbahn zerstört und an der Nordostflanke das Piana Provenzana mit der Touristenstation<br />

Etna Nord vollständig von Lava überflutet.<br />

Das Piano Provenzana, eine weite und flache Hochebene in etwa 1900 m Höhe war vor dem Ausbruch<br />

von 2002 eine liebliche, mit Bäumen bestandene und mit Gras und Blumen bewachsene Landschaft. Es<br />

gab ein Albergo mit Restaurant (Albergo Piano Provenzana), ein Cafe und Albergo (Albergo le Betulle)<br />

mit Ticketverkauf für die hier abgehenden Geländebusse und eine Reihe von Holzhütten mit Souvenirverkauf<br />

und Skiverleih. Als die Lava kam, wurde alles in kurzer Zeit zerstört. Das Albergo Piano Provenzana,<br />

von dem heute noch die Grundmauern zu erkennen sind, wurde kein Opfer der fließenden Lava,<br />

aber ein Opfer der den Ausbruch begleitenden starken Erdbeben, der niedergehenden Blöcke und<br />

Bomben und der Hitze des vorbei ziehenden Lavastroms.<br />

Ab 13. September 2004 trat an der Südostseite des Vulkans in 2.700 m Höhe ein breiter Lavastrom aus,<br />

der Richtung Valle del Bove floss und von der Autobahn aus gesehen im Dunkeln ein imposantes<br />

Schauspiel ergab.<br />

Ab Sommer 2006 wurden fünf kleinere harmlose Ausbrüche verzeichnet, seit Mitte November wurden<br />

diese Ausbrüche heftiger. Ende November fielen deswegen mehrmals Flüge von und nach Catania,<br />

bzw. Kalabrien aus.<br />

Am 11. Mai <strong>2008</strong> wurde ein heftiger Ausbruch gemeldet, bei dem Menschen nicht zu Schaden kamen.<br />

Seit dem 14. Mai ist der Vulkan wieder aktiv.<br />

aus: Wikipedia<br />

Auf dem Rückweg erlebten wir dann ein phantastisches Schauspiel. Sie Sonne ging genau<br />

hinter dem Ätna unter. Sie zauberte ein Doppelbild der Bergkontur, das immer größer wurde,<br />

je weiter sie hinter dem Berg versank. <strong>Die</strong> vom Vulkan in regelmäßigen Abständen ausgestoßenen<br />

Schwefelwolken bildeten im Gegenlicht immer neue Formationen, die sich nach und<br />

nach immer weiter auflösten. Es sah aus, wie ein Vulkanausbruch.<br />

Ein Pizzaessen in Riposto beendete den schönen Tag.


Ich ging dann noch einmal an Bord des Schweizer Schiffes. Auch Thomas, Eva, Merrit und<br />

Anouk hatten einen tollen Ausflug genossen. Am Abend zuvor hatten sie, nach einem Abstecher<br />

nach Taormina versucht, möglichst dicht an den glühenden Lavastrom heranzufahren.<br />

Heute waren sie dann in der Villa Romana del Casale, wo in einer Villa aus den 3. und 4.<br />

Jahrhundert n.Ch. auf 3500 qm hervorragend erhaltene Fußbodenmosaike erhalten sind.<br />

Kurz vor unserem Abschied stellten Thomas und ich dann fest, dass wir uns schon einmal getroffen<br />

haben. Ich hatte auch schon solch eine Erinnerung gehabt und sie dann Brunhild mitgeteilt.<br />

Sie meinte dann aber, dass ich mich wohl täuschen würde, da Thomas Ähnlichkeit mit<br />

einem Bekannten von uns aus Österreich habe. Am 29. und 30. September 2005 lagen wir<br />

gemeinsam auf der kleinen Insel Capraia, nordöstlich von Elba. Wir kamen vom Arno und fuhren<br />

dann weiter nach Rom, wo wir die VELA über den Winter zur Osmosebehandlung in Fiumichino<br />

liegen ließen. Mit an Bord waren zu dieser Zeit Brunhild, Christin und Peter.<br />

F REITAG, 25. J ULI <strong>2008</strong><br />

Riposto – Ace Trezzo (11 sm)<br />

Gestern Abend erhielt ich wieder solch eine tolle Mail von Ulla. Ulla und Ruud, die seit Wochen<br />

mit ihrem Boot in Porto Heli (Griechenland) lagen, sind nun aufgebrochen zu neuen Ufern<br />

– eine Seemeile weiter. Da Brunhild auch keine Eile hat, weiter zu kommen, sondern einfach<br />

das Leben auf sich nieder regnen lassen möchte (wo man hier sicher eher von Sonne reden<br />

müsste, die auf das Gehirn schlägt), haben wir uns entschieden, bis Montag, wenn Johanna<br />

kommt, in Ace Trezzo zu bleiben. Hier liegen wir kostenlos neben Fischerbooten. Der<br />

Ort ist klein und überschaubar, wir können mit dem Schlauchboot zum Schwimmen und<br />

Schnorcheln fahren – und wenn uns die Fischer nicht verjagen, sind wir hier ungestört.<br />

So brachten wir das Auto wieder zurück, bezahlten stolze 90,- € Liegegeld für zwei Nächte,<br />

wuschen noch einmal das Boot recht ausgiebig mit Frischwasser und, nachdem Brunhild eingekauft<br />

hatte, tuckerten wir bei Windstille die 11 Seemeilen zurück nach Ace Trezzo. Das Ablegen<br />

in der engen Hafengasse bei Seitenwind und linksdrehender Schraube, war nicht einfach.<br />

Aber Brunhild und ich schafften es in guter Partnerarbeit.<br />

In Ace Trezzo fanden wir noch einen engen Platz zwischen einem Katamaran, der hier einen<br />

festen Liegeplatz hat, und einer schönen 20 m langen französischen Ketsch. Brunhild bediente<br />

den Anker wieder so perfekt, dass wir genau in die Lücke rutschten und ich achtern mit der<br />

Leine an Land springen konnte.<br />

Der Urlaub begann dann erst einmal mit einem Mittagsschläfchen.<br />

S AMSTAG, 26. J ULI UND S ONNTAG 27. J ULI <strong>2008</strong><br />

Ace Trezzo<br />

Der Urlaub begann dann am Samstag Morgen um 07.00 Uhr mit einem unsanften Wecken.<br />

Weg, weg, weg. Alle vier Yachten mussten unverzüglich ihren Ankerplatz verlassen, das ein<br />

Fischer längsseits gehen und entladen wollte.<br />

Wir kreisten dann im Hafen und fanden an einer anderen Pier, wieder neben Fischern und einem<br />

Charterboot, das gerade restauriert wurde, einen Platz. Dort blieben wir bis Sonntag Abend.<br />

Irgendwo weit draußen hatte der Wind aufgebriest und schickte nun eine lange Dünung<br />

in den Hafen. Das die Schiffe an dem alten Liegeplatz nicht so stark rollten, verholten wir wieder<br />

dort hin.<br />

Mein Fazit: In Fischerhäfen kann man gut und kostenlos zwischen den Fischer fest machen.<br />

Man kann sich erkundigen, wie lange der Platz frei sein wird. Man kann sein Boot jedoch nicht<br />

für längere Zeit verlassen, sondern muss immer bereit sein, ankommenden Fischern Platz zu<br />

machen.<br />

Wochenend-Jagdsaison in Ace Trezzo: Während am Tage sich alles am Wasser und am<br />

Meer tummelt, ist abends Jagdsaison. <strong>Die</strong> Stadt wir bevölkert von jungen Leuten, die fast alle


unsere Kinder sein könnten (wie gesagt: irgendwie fühlt man sich alt). Um 22.00 Uhr beginnt<br />

das Halodri. Superschicke italienische Männerärsche auf Feuerstühlen mit tollem Sound oder<br />

in Bassboxen sitzend, die wie Autos aussehen und den Asphalt in Schwingung bringen, als<br />

würde der Ätna ausbrechen. <strong>Die</strong>se Jäger jagen geölte schlanke Gazellen, verkleidet in tollstem<br />

Chick und immer das Handy in der Hand, wie einen Schminkspiegel. Sie tragen Pumps<br />

mit mindestens 10 cm hohen Absätzen, vermutlich,<br />

damit sie nicht zu schnell weglaufen können.<br />

Um 04.00 Uhr ist dann der Spuk vorbei. Morgens<br />

kommt dann das große Aufräumkommando.<br />

Wir lagen glücklicher Weise etwas abseits<br />

des Getümmels, so dass es sich mit Ohropax<br />

ganz gut schlafen ließ.<br />

Am Sonntag machte Brunhild dann einen ausgiebigen<br />

Einkaufsbummel in Catania. Sie fuhr<br />

gegen 11.00 Uhr mit dem Bus (für 1,- €) in die<br />

Stadt und kam dann mit einer kleinen gefüllten<br />

Einkaufstüte gegen 19.00 Uhr wieder zurück. Es<br />

hat ihr sehr gefallen.<br />

M ONTAG, 28. J ULI <strong>2008</strong><br />

Ace Trezzo – Catania (6 sm)<br />

Heute kommt Johanna!<br />

Ohne von nächtlich einlaufenden Fischern gestört zu werden, schliefen wir bis 08.30 Uhr.<br />

Nach dem Frühstück liefen wir dann aus nach Catania.<br />

Kurz vor Catania liegt der kleine Yachthafen Caito, der im Handbuch recht gut beschrieben ist.<br />

Von See her ist nicht zu erkennen. Nach einer sehr engen Hafeneinfahrt kommt man in ein<br />

kleines Hafenparadies: Völlig abgeschieden, Blumen, schwarze bizarre Felswände, sehr sauber<br />

und voller Motorboote.<br />

Wir bekommen einen Platz. Als wir dann erfahren, dass wir pro Nacht 60,- € zahlen sollen,<br />

lehnen wir höflich dankend ab und fahren noch zwei Seemeilen weiter in den Yachtclub NIC in<br />

Catania, wo wir schon waren und wo es „nur“ 32,- € kostet. Auch hier gibt es alle Angenehmlichkeiten:<br />

Warme Duschen, Wasser und Stromanschluss inclusive.<br />

Nach einem schönen Mittagsschläfchen und einer Portion geeister Früchte mit Granita, fahren<br />

wir mit dem Bus zum Flughafen und holen Johanna ab – leider ohne Gepäck. Al Italia hat es<br />

mal wieder verloren.<br />

Wir trinken und essen noch etwas in der Stadt und freuen uns, dass wenigstens Johanna nicht<br />

verloren gegangen ist.<br />

D IENSTAG, 29. J ULI <strong>2008</strong><br />

Catania<br />

Während Johanna und Brunhild heute den Verlockungen der heruntergesetzten Waren in den<br />

vielen schicken Läden in der Innenstadt nicht widerstehen können, bringe ich die Wäsche zur<br />

Wäscherei und versende Mails mit langen Anhängen an den KJHV. Das ist gar nicht so einfach,<br />

denn meine Provider akzeptieren nur Anhänge bis zu 10 bzw. 20 MB. Außerdem ist die<br />

Internetverbindung so langsam, dass ich schließlich dafür 3 Stunden benötige.<br />

Am Nachmittag bewölkt es sich und regnet etwas – es ist angenehm kühl.<br />

Abends hole ich die Wäsche wieder ab. Al Italia schafft es nicht, wie versprochen, abends Johannas<br />

Tasche zu bringen. So werden wir sie morgen vom Flughafen abholen.


M ITTWOCH, 30. J ULI <strong>2008</strong><br />

Catania (Ätna)<br />

Heute fahren wir auf den Ätna.<br />

Für 10.00 Uhr haben wir am Flughafen ein Auto bestellt. Johanna erhält dann dort auch ihre<br />

Tasche wieder, in der sich wichtige Prüfungsunterlagen und ihre externe Festplatte befindet.<br />

Mit Johannas guter Navigation erreichen wir dann die Seilbahnstation zum Ätna. 2002 wurde<br />

sie von Lavamassen zerstört und ist, wie auch die vielen Souvenirgeschäfte wieder aufgebaut<br />

worden.<br />

<strong>Die</strong> Seilbahn bringt uns dann dem<br />

Gipfel näher, von wo es mit<br />

geländegängigen Bussen weiter<br />

auf 3000 m Höhe geht. Das kostet<br />

dann pro Person 49,50 €. Hier<br />

oben ist es doch relativ kühl, so<br />

dass wir froh sind, uns<br />

entsprechend angezogen zu<br />

haben. Dann sehen wir einige<br />

Mountainbikefahrer, die den Ätna<br />

mit dem Fahrrad erklimmen. Ganz<br />

schön anstrengend bei dieser<br />

Schotterpiste.<br />

Wir sind jetzt etwas 300 m unter<br />

dem Gipfel, der aber aus vielen<br />

kleinen Untergipfeln besteht, aus<br />

denen weißer Dampf und etwas<br />

rotes Feuer hervorquillt. Der große Lavastrom, den man nachts meilenweit sehen kann, quillt<br />

jedoch aus einer anderen Spalte des Vulkans heraus, die von hier nicht einsehbar ist.<br />

Von hier aus gibt es Führungen. <strong>Die</strong> Meute der Touristen versammelt sich und wird dann im<br />

Gänsemarsch auf einen Nebenkrater geführt. Uns lockt dann doch ein andere Nebenkrater,<br />

aus dem schwefeliger Dampf quillt. Wir fragen einen Führer, ob wir auch dort hingehen können.<br />

Er sagt uns, dass das ohne Führung verboten sei. Als ich ihm dann jedoch Menschen<br />

zeige, die dort herumkraxeln, sagt er, dass wir das auch tun könnten, dass das aber gefährlich<br />

sei, da diese Krater noch aktiv seien.<br />

Wir folgten dann einem markierten<br />

Weg, stellten dann aber fest, dass<br />

dieser in die falsche Richtung führt.<br />

So schlagen wir uns querfeldein über<br />

weichen, schwarzen Lavasand unserem<br />

Ziel entgegen. Dann versperrt<br />

uns jedoch ein ca. 200 m breites Lavafeld<br />

mit als grobe Brocken erkalteter<br />

Lava den Weg. Vorsichtig überqueren<br />

wir dieses scharfkantige, leichte Gestein.<br />

Brunhild sieht dann auf einer<br />

Anhöhe, aus der Dampf quillt, auch<br />

Feuer. Da der Aufstieg jedoch zu<br />

schwierig ist, wenden wir uns anderen<br />

dampfenden Stellen zu. Wir erreichen<br />

schwarze Löcher, aus denen heißer<br />

Dampf entweicht. Dann zieht sich plötzlich alles zu. Dicke schwarze Wolken ziehen über den<br />

Gipfel und verhüllen alles, so dass man auch den ca. 500 m entfernten Parkplatz mit den Geländebussen<br />

nicht mehr sehen kann. Es fängt in großen Tropfen an zu regnen. Wir verkriechen<br />

uns hinter einem Lavavorsprung und sind so etwas geschützt. Als der Regen dann et-


w<br />

i<br />

e<br />

der unsere VELA.<br />

Abends gehen wir dann noch recht günstig Essen<br />

und ich bringe dann anschließend das Auto wieder<br />

zum Flughafen.<br />

D ONNERSTAG, 31. J ULI <strong>2008</strong><br />

was nach lässt, machen wir uns auf<br />

den Weg zum Parkplatz. Der Nebel<br />

ist mittlerweile so dicht, dass wir<br />

kaum 50 m weit sehen können. Wir<br />

hatten uns jedoch die Richtung<br />

gemerkt; sind dann aber doch froh,<br />

vor uns Motorengeräu-sche zu<br />

hören und schließlich auch die<br />

Scheinwerfer der Busse zu sehen.<br />

Es war ein toller Ausflug in eine<br />

unwirkliche, urtümliche Welt.<br />

Bei Lidl kaufen wir dann noch ein<br />

und erreichen so gegen 18.00 Uhr<br />

Catania – Syrakus (30 sm)<br />

Heute wollen wir uns endlich vom Ätna und seiner<br />

schönen Umgebung lösen. Unser Ziel ist Syrakus.<br />

Gegen 11.00 Uhr kommen wir endlich los. Johanna<br />

macht die Navigation und steuert die VELA aus<br />

der engen Boxengasse hinaus. Leider ist, wie vorhergesagt,<br />

kein Wind. Das soll auch in den nächsten Tagen so bleiben. Da versteht man, dass<br />

in den Yachthäfen viele Motorboote liegen. So motoren auch wir durch die glatte See. Eine alte<br />

Dünung lässt uns von einer zur anderen Seite schaukeln.<br />

Gegen 16.00 Uhr kommen wir in Syrakus an. Wir umrunden die alte Festung im Süden der<br />

Altstadt und legen dann zwischen anderen Yachten mit dem Heck und Buganker an der Altstadtpier<br />

an. Vor unserem Cockpit liegt eine breite Promenade, die von einer dichten Reihe<br />

schattenspendender Bäume begrenzt wird. Dahinter erhebt sich die ca. 15 m hohe alte Befestigungsmauer.<br />

Oben auf der Befestigung läuft eine Straße entlang. Dahinter erheben sich alte<br />

vierstöckige Häuser.<br />

Im Schatten der Bäume<br />

genießen wir erst einmal eine<br />

Granita-Limon. Anschließend<br />

bummeln wir durch die engen<br />

Gassen der Altstadt und finden<br />

dann in einem kleinen Gässchen<br />

ein sizilianisches Restaurant,<br />

wo wir hervorragende<br />

Antipasti und Salat- und<br />

Nudelgerichte serviert bekommen.<br />

Abends ist die Promenade belebt. Für Kinder gibt es kleine Karussells und Tretautos. <strong>Die</strong> Erwachsenen<br />

promenieren oder sitzen in den Cafés. Da hier keine Autos oder Motorräder fahren,<br />

ist es auch nicht laut.


F REITAG, 1. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Syrakus<br />

Zu Dionys dem Tyrannen schlich<br />

Damon, den Dolch im Gewande,<br />

Ihn schlugen die Häscher in Bande.<br />

„Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!“<br />

Entgegnet ihm finster der Wüterich.<br />

„<strong>Die</strong> Stadt vom Tyrannen befreien!“<br />

Das sollst du am Kreuze bereuen.<br />

...<br />

Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn,<br />

So nehmet auch mich zum Genossen an,<br />

Ich sei, gewährt mir die Bitte,<br />

In eurem Bunde der Dritte.<br />

Hier sind wir in der Stadt, in der Schillers Ballade spielt – das einzige längere Gedicht, das Johanna<br />

in der Schule auswendig gelernt hat – und immer noch recht gut kann.<br />

Syrakus wurde 734 v. Chr. von griechische Siedler aus Korinth auf der Insel Ortygia gegründet.<br />

Sie dehnte sich rasch auf das Festland aus und wurde zur größten und mächtigsten Stadt<br />

des antiken Siziliens. In seiner Blütezeit soll Syrakus mehr als ½ Million Einwohner gehabt<br />

haben (heute: 125 000). Zu erkennen ist das auch am Castello Eurialo das sich damals auf<br />

dem höchsten Punkt der antiken Stadt befand. Heute liegt es etwa sieben Kilometer außerhalb<br />

von Syrakus. <strong>Die</strong> Festungsanlage wurde von Dionysios I. in der Zeit von 402 bis 397 v.<br />

Chr. als Eckpunkt der nördlichen und südlichen Stadtmauer errichtet. Bis zu 3.000 Soldaten<br />

und 400 Reiter fanden innerhalb der Festung Platz, die durch Geheimgänge mit den verschiedenen<br />

Stadtteilen verbunden war. Hier sollen auch die Brennspiegel gestanden haben, mit<br />

denen Archimedes die Segel feindlicher Schiffe in Brand setzte. Erst durch einen Verrat konnte<br />

die Festung 212 v. Chr. von den Römern eingenommen werden.<br />

Unter der Herrschaft von<br />

Tyrannen gelang es<br />

mehrere Jahrhunderte,<br />

sich den Angriffen fremder<br />

Eroberer zu<br />

widersetzen und die<br />

eigene Vormachtstellung<br />

auszubauen. Auch<br />

wissenschaftlich und<br />

kulturell spielte Syrakus<br />

eine bedeutende Rolle.<br />

Dichter wie Aischylos,<br />

Pindar, Bakchylides und<br />

Simonides versammelten<br />

sich am Hof der<br />

Stadt. Platon lehrte hier<br />

Philosophie und Archimedes<br />

entwickelte Kriegsmaschinen zur Verteidigung der Stadt.<br />

Erst 212 v. Chr. gelang es den Römern, Syrakus einzunehmen, das nun Provinzhauptstadt<br />

der ersten römischen Provinz wurde.<br />

Am Nachmittag raffen wir uns auf, um einige der vielen Baudenkmäler der Stadt zu besichtigen.<br />

Mit dem Bus fahren wir zum Parco Archeologico della Neapoli. Hier befinden sich Bauwerke<br />

der antiken Stadt.<br />

Hier steht das Teatro Greco, welches im 6. Jahrhundert v. Chr. erbaut und 300 Jahre später<br />

erweitert wurde. Mit einem Durchmesser von 138 m und Platz für 15.000 Zuschauer ist es ei-


nes der größten griechischen Theater. Von den 60 in den Fels geschlagenen Sitzreihen sind<br />

noch 42 erhalten. Heute finden hier im Sommer regelmäßig Theateraufführungen und Konzerte<br />

statt. Da Johanna und ich jedoch auch das Theater von Ephidauros kennen, das bei weitem<br />

größer und besser erhalten ist, sind wir hier etwas enttäuscht.<br />

Westlich des Theaters liegt der Opferaltar Hierons II. Der Altar war 198 m lang, 22 m breit und<br />

über 10 m hoch. Über zwei Rampen wurden an den Festtagen bis zu 450 Opfertiere auf den<br />

Altar getrieben und getötet.<br />

Schön schattig war es dann in den Latomien, den<br />

Steinbrüchen, die ganz in der Nähe des Amphitheaters<br />

liegen. Hier wurden Kalksteine zum Aufbau<br />

der antiken Stadt gewonnen. Beeindruckend<br />

war das „Ohr des Dionysios“, eine künstliche, in<br />

den Fels gehauene Höhle. Sie ist etwa 64 m lang,<br />

über 20 m hoch und bis zu 11 m breit. Beachtlich<br />

ist die Akustik dieser Höhle. Leider waren weite<br />

Teile der alten Steinbrüche gesperrt und ich ärgerte<br />

mich mal wieder, hierfür 8,- € Eintritt bezahlt zu<br />

haben.<br />

Abends luden wir dann unsere Nachbarn zum<br />

Drink ein. Jon und Sara sind Basken. <strong>Die</strong> haben 4<br />

Jahre in Australien gearbeitet und sind jetzt mit ihrem<br />

10 m – Boot auf dem Heimweg. Sie starteten<br />

im Mai 2007 von Sydney und wollen spätestens im<br />

Oktober zu Hause sein. <strong>Die</strong> Überquerung des Indischen<br />

Ozeans soll im Gegensatz zum Roten<br />

Meer, sehr komfortabel gewesen sein. Es war ein<br />

interessanter englischsprachiger Abend, an dem<br />

wir auch viel über das Baskenland erfuhren. Latinomäßig<br />

machten sie sich dann zu unserer Zu-<br />

Bett-geh-Zeit um 23.30 Uhr auf, etwas zu essen.<br />

Sie luden Johanna ein, mitzukommen.<br />

Und noch etwas: Ich sehe jetzt aus wie ein echter Sizilianer. Brunhild meinte, ich müsse mal<br />

wieder zum Friseur. In einem altertümlichen Jugendstilladen versuchte ich dem Friseur klar zu<br />

machen, dass er etwa 1,5 cm abschneiden möge. Bevor ich noch etwas sagen konnte, hatte<br />

er schon angefangen meine Haare auf 1,5 cm zu kürzen. Ich finde, dass ich so etwas gerupft<br />

aussehe – Brunhild meint: „Oh, wie süß“.<br />

S AMSTAG, 2. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Syrakus<br />

Es ist heute mal wieder so richtig warm. Wir faulenzen<br />

den ganzen Tag unter dem Sonnenschutz des<br />

Cockpits.<br />

Morgens finde ich endlich den Dom. Der Dom Santa<br />

Maria delle Colonne (Heilige Maria der Säulen) wurde<br />

im 7. Jahrhundert n. Chr. durch einen Umbau des<br />

Tempels der Athene errichtet. <strong>Die</strong>ser Tempel stammt<br />

aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., seine Säulen sind<br />

heute an der Hauptfassade und im Innenraum zwischen<br />

den Schiffen zu sehen. Mitte des 18. Jahrhunderts<br />

wurde der Dom von Andrea Palma vergrößert<br />

und erhielt seine heutige Fassade im Stil des<br />

sizilianischen Barocks.


Abends war dann Ausgehen angesagt. Nicht für uns. Wir beobachteten die vielen Menschen<br />

von Bord aus, die auf der Promenade entlangspazierten.


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

7. T EIL DER R EISE VOM 3. BIS 14. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Sizilien – Malta<br />

An Bord: Brunhild, Volker und Johanna<br />

S ONNTAG, 3. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Syrakus – Porto Palo (29 sm)<br />

Wind aus Nord! Gegen 11.00 Uhr laufen wir aus. Wir<br />

setzen Groß und Genoa und laufen mit halbem Wind<br />

gen Süden. Dann Kursänderung auf SSW. Der Spinnaker<br />

wird auf dieser <strong>Reise</strong> zum ersten Mal rausgeholt.<br />

<strong>Die</strong> anfänglich recht bewegte See wird spielglatt<br />

– und leicht gekräuselt von 2 bis 4 Bft. <strong>Die</strong> VELA<br />

scheint zu schweben. 4 bis 5 Knoten und kaum<br />

Schiffsbewegungen – wie auf einem Binnensee. Kurz<br />

vor der I. Passero dreht der Wind weiter nach Ost. Mit<br />

halben Wind laufen wir unter Spinnaker weiter.<br />

Dann ist plötzlich Flaute. <strong>Die</strong> letzten 4 Seemeilen<br />

werden unter Maschine zurück gelegt. Gegen 17.00<br />

Uhr fällt dann der Anker im weiten Hafenbecken von<br />

Porto Palo. Im Hafen liegen unzählige Fischdampfer


vor Anker. Wir liegen vor einem Strand, wo sonntägliches Badeleben herrscht. So springen<br />

auch wir in die Fluten und genießen in dem – nicht ganz so sauberen – Wasser eine willkommenen<br />

Abkühlung.<br />

Nach einem Nudelauflauf sitzen wir noch bis 22.00 Uhr im Cockpit und warten auf die nächtliche<br />

Abkühlung. <strong>Die</strong> kommt aber erst nach 24.00 Uhr. Es ist windstill und heiß - glücklicherweise<br />

gibt es keine Mücken. Während Brunhild das gar nicht stört, haben Johanna und ich<br />

doch recht große Schwierigkeiten einzuschlafen.<br />

M ONTAG, 4. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Porto Palo – Mgarr (Gonzo / Malta) (56 sm)<br />

Ich wache schon um 03.30 Uhr mit Sodbrennen auf. Da wir sowieso um 04.00 Uhr auslaufen<br />

wollen, mache ich Kaffee und wecke Johanna und Brunhild.<br />

Kurz nach 04.00 Uhr laufen wir gemeinsam mit anderen Fischerbooten in die dunkle Nacht<br />

hinein. Es weht ein ganz leichter Westwind. Ich ärgere mich dann noch über einen von achtern<br />

aufkommenden Frachter, der sich nicht an die Vorfahrtsregeln hält. So verlangsame ich<br />

unsere Fahrt. Er geht eben vor uns durch.<br />

Um 06.10 Uhr geht die Sonne blutrot auf.<br />

Mit diesem herrlichen Bild im Kopf verabschieden sich Brunhild und Johanna in ihre Kojen.<br />

Der Wind schläft dann völlig ein. Absolute Flaute und eine leichte Dünung aus West.<br />

Gegen 08.00 weht es dann mit 1 Bft genau von vorne (SW).<br />

Als wir dann gegen 13.30 Uhr schon 5 sm vor Mgarr stehen, hatte der Wind Einsehen mit uns.<br />

<strong>Die</strong> letzten Meilen trieb er uns dann in Richtung Hafen – ohne dieses ewige Motorengeräusch.<br />

Wir erhalten einen Platz am Steg mit Wasser, Strom und Duschen für gerade mal 14,- €.<br />

Hier auf Malta muss man einklarieren.<br />

Malta gehört zwar zur<br />

EU und hat auch Anfang des<br />

Jahres den Euro eingeführt,<br />

aber es ist ein zollfreies Gebiet.<br />

So musste ich hier die gelbe<br />

Quarantäneflagge setzen und<br />

erst einmal zur Gesundheitsbehörde,<br />

zum Zoll und zur Passkontrolle.<br />

Aber ganz anders, als<br />

in der Türkei: alles ist an einer<br />

Stelle und in einer Person vereint.<br />

Es ist mal wieder scheußlich<br />

heiß. Gut, dass wir die Ventilatoren<br />

haben, die zumindest die<br />

heiße Luft etwas durcheinanderwirbeln.<br />

Abends waren wir dann in einem Restaurant essen. Es hat hervorragend geschmeckt.<br />

D IENSTAG, 5. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Mgarr<br />

Wir bleiben heute hier. Nachdem wir mal wieder Groß-reine-gemacht haben, machen sich<br />

Brunhild und ich auf den Weg ins Dorf. Bei der Tourist-Information erfahren wir, dass es Minibus-Tripps<br />

für 20,- € pro Person und Jeep-Tripps für 35,- € pro Person gibt. Wir finden denn


jedoch Mietwagen mit Telefonnummern. Wir rufen dort an und bekommen – trotz Hochsaison<br />

– für 40,- € einen Jeep angeboten.<br />

Anschließend machen wir uns auf den Weg zur Kirche, die auf einem Felsen oberhalb des<br />

Hafens thront. Es ist in der Sonne unbeschreiblich heiß. Anschließend kaufen wir im Supermarkt<br />

ein.<br />

Am Mittag schläft dann auch noch der Wind ein. Es ist nur unter den Ventilatoren auszuhalten<br />

oder wenn man sich gar nicht bewegt. Brunhild schläft unter einem Ventilator, Johanna lernt<br />

für eine Prüfung unter dem anderen und ich versuche mich im Cockpit nicht zu bewegen.<br />

Gegen 16.00 Uhr machen wir dann das Dinghi klar und fahren mit dem Außenborder aus dem<br />

Hafen. Wir finden einen schönen Anlegeplatz an einer ins Wasser hineinragenden Felszunge.<br />

Wir schnorcheln und schwimmen im warmen, klaren Wasser.<br />

Abends erhalten wir dann den Jeep. Mit<br />

diesem fahren wir in die ca. 8 km entfernte<br />

Hauptstadt Victoria, die im Inselinnern<br />

liegt. Während Johanna mit ihrem<br />

Liebsten chattet (mit Camera), gehen<br />

Brunhild und ich auf den Festungshügel.<br />

Dort werden wir von jungen melodischen<br />

Stimmen empfangen. Vor der festlich<br />

beleuchteten Kirche findet zu Ehren der<br />

Jungfrau Maria ein Song-Festival statt. Es<br />

wird in Altersgruppen gestartet. Es sind<br />

alles Mädchen. <strong>Die</strong> Jüngsten sind nicht<br />

einmal 10 Jahre alt, die Ältesten etwas 18.<br />

<strong>Die</strong> Songs werden auf Maltesisch<br />

gesungen (eine Sprachmixtur aus<br />

arabisch und italienisch). Sie sind z.T.<br />

sehr peppig und so manche der<br />

Sängerinnen hätte bei <strong>Die</strong>ter Bohlen eine<br />

gute Figur gemacht. Anschließend sangen<br />

noch ein paar Gruppen Volkslieder.<br />

Auffällig war, dass die jungen Mädchen kaum Lampenfieber zeigten. Sie wurden aber auch<br />

von ihren Eltern nicht übermäßig gelobt.<br />

M ITTWOCH, 6. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Mgarr<br />

Heute machen wir eine Inselrundfahrt. Gozos<br />

Größe beträgt 67 km², die längste Ausdehnung<br />

misst 14 Kilometer, und die Küstenlinie ist 43 Kilometer<br />

lang. Im Westteil erreicht Gozo mit 176<br />

Metern seine höchste Erhebung.<br />

In vierzehn Orten leben etwa 31.000 Menschen,<br />

die meisten in der Inselhauptstadt Victoria .<br />

Nahezu alle Straßen auf Gozo sind in Richtung<br />

der Inselhauptstadt Victoria ausgerichtet. Es gibt<br />

kaum Querverbindungen zwischen einzelnen<br />

Dörfern. Insbesondere gibt es keine Ringstraße,<br />

auf der man entlang der Küste die Insel umrunden<br />

könnte.<br />

Mit unserem Jeep haben wir natürlich auch die<br />

Möglichkeit, die Pisten zu nutzen, die entlang der


grandiosen Küsten führen.<br />

Aber zuerst geht es im Linksverkehr und mit einer hakeligen Schaltung zur Ġgantija-<br />

Tempelanlage. Der ca. 5800 Jahre alte Komplex besteht aus zwei zusammengebauten<br />

Tempeln, von denen der kleinere etwa 150 Jahre später gebaut wurde. Sie wurde bis ca.<br />

2.500 v. Chr. genutzt. Damit gehören sie zu den ältesten von Menschenhand erschaffenen<br />

Steinobjekten.<br />

Jeder der beiden, durch eine Rundmauer verbundenen Tempel, besteht aus fünf ahornblattartig<br />

angeordneten Apsiden, wobei die Kopfnische des kleineren Nordtempels nur rudimentär<br />

ausgebildet ist. <strong>Die</strong> Lage der Altäre ist in einigen Apsiden des Südtempels und in einer des<br />

Nordtempels noch zu erkennen. Der Mittelgang und der Vorhof waren vermutlich mit Platten<br />

gepflastert.<br />

<strong>Die</strong> Außenmauern der Anlage sind an einer Stelle noch über 6 Meter hoch. Aufgrund des Volumens<br />

der teilweise über 50 Tonnen schweren Steinquader aus Korallenkalkstein ist anzunehmen,<br />

dass die Kultstätte ursprünglich höher war. <strong>Die</strong> Tempel waren mittels Kraggewölben<br />

überdacht. Jedoch wurde der obere Bereich im Laufe der Zeit völlig abgetragen. <strong>Die</strong> Reste<br />

vermitteln aber noch einen sehr<br />

guten Eindruck von der einstigen<br />

Höhe des Bauwerkes.<br />

Von dort aus ging es dann erst<br />

einmal nach Norden. In Marsalfon<br />

nahmen wir eine Erfrischung<br />

zu uns, bevor wir über die unbefestigten<br />

Pisten an der Nordküste<br />

entlang fuhren. Ein tiefer Meereseinschnitt<br />

versperrte uns<br />

schließlich den Weg. Das Ghasri-Tal<br />

mündet in einem langen<br />

schmalen Fjord im Meer. Wir<br />

klettern hinunter und schwimmen<br />

in dem klaren Wasser dieser<br />

engen Bucht. Anschließend<br />

geht es weiter die atemberaubende<br />

Steilküste mit ihren vom<br />

Sand geschliffenen Steinformationen<br />

entlang.<br />

An der Westküste sind diese<br />

Felsformationen am Beeindrukkendsten.<br />

Hier gibt es ein großes<br />

Tor und eine Art Binnensee, der<br />

durch einen befahrbaren Tunnel<br />

mit der See verbunden ist.<br />

Ganz in der Nähe gibt es eine<br />

kreisrunde Ankerbucht, die von der<br />

schroffen Insel Fungus geschützt<br />

ist. Für den Malteserorden war<br />

Gozo ein nicht unbedeutender<br />

Wirtschaftsfaktor, denn auf dem<br />

Fungus Rock ernteten sie den nur<br />

dort vorkommenden Malteserschwamm,<br />

eine Pflanze, der sie<br />

blutstillende Wirkung zuschrieben,<br />

und die sie neben der eigenen<br />

Anwendung für viel Geld an die die europäischen Fürstenhäuser verkauften. Später stellte<br />

sich heraus, dass die Pflanze keinerlei medizinische Wirkung entfaltet. Wir haben vor, dort<br />

morgen zu ankern.


Natürlich war es am Nachmittag wieder unerträglich heiß. So vertrieb uns die Sonne in unseren<br />

windgekühlten Jeep, mit dem wir dann zurück nach Mgarr fuhren.<br />

D ONNERSTAG, 7. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Mgarr – Fungus-Bucht (7 sm)<br />

Heute fahren wir in eine Ankerbucht im Westen von Gozo. Wir haben diese kreisrunde, von<br />

steilen Felsen umrahmte und vom Fungus-Rock zur See abgeschirmte Bucht schon gestern<br />

mit dem Jeep erkundet.<br />

Zuvor üben Brunhild und Johanna noch VELA-Rückwärtsfahren (was sie eigentlich gar nicht<br />

so gerne hat), im Hafen.<br />

<strong>Die</strong> ganze West- und Nordküste<br />

von Gozo ist eine einzige<br />

steile Felswand, die von Höhlen<br />

und einschnitten gezeichnet<br />

ist. In der Fungus-Bucht<br />

gehen wir auf 10 m Tiefe vor<br />

Anker. Nach uns kommt noch<br />

ein französische Boot.<br />

Wir schwimmen und schnorcheln.<br />

Während Johanna wieder<br />

arbeitet und Brunhild<br />

schläft, fahre ich mit dem<br />

Schlauchboot hinaus zu dem<br />

großen Steintor. In die durch<br />

einen Tunnel mit der See verbundene<br />

Binnenbucht komme<br />

ich leider nicht, da ich befürchtete,<br />

dass die Batteriekapazität<br />

des Elektroaußenborders für die Rückfahrt nicht mehr reichen würde.<br />

Wir machen uns einen geruhsamen Tag und abends gibt es Brunhilds Special-Bamigoreng.<br />

Es fing vereinzelt beim Dunkelwerden an. Dann aber, so gegen Mitternacht kamen die Druden.<br />

Zu sehen waren sie zwar nicht aber ihre Schreie hallten die ganze Nacht von den Felsen<br />

wider. Wir nehmen an, dass es Fledermäuse oder Fliegende Hunde waren.<br />

F REITAG, 8. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Fungus-Bucht – St. Pauls-Bay (Valetta) (17 sm)<br />

Wir motoren weiter. Es ist völlig windstill, als wir Gozo<br />

weiter im Uhrzeigersinn umrunden.<br />

Brunhild fungiert zeitweise als Galionsfigur und<br />

mach Thai Chi auf dem Vorschiff.<br />

Ich mache dann noch einen kleinen Abstecher in die<br />

schmale, ca. 200 m lange und an ihrer breitesten<br />

Stelle gerade mal 12 m breite Schlucht, in die das<br />

Ghasri-Tal mündet. Hier waren wir vorgestern schon<br />

und ich hatte gesehen, dass diese Schlucht tief genug<br />

für uns ist. Brunhilds Adrenalinspiegel erhöhte<br />

sich etwas. Wir können aber gerade so eben drehen<br />

und kommen wieder heil hinaus.<br />

In Höhe des Gozo-Channels, der Gozo von Valetta


trennt, kommt schöner SW-Wind auf.<br />

So können wir die letzten Meilen noch<br />

mit halbem Wind segeln.<br />

Der Ankerlpatz in der St. Pauls-Bay<br />

ist schon voller Tageslieger. Wir<br />

finden dann noch einen Platz unter<br />

den hohen Felsen. <strong>Die</strong> alle so rissig<br />

aussehen, als würden gleich die<br />

großen Steinbrocken hinunterpurzeln.<br />

Johanna arbeitet wieder für ihr<br />

Vordiplom, Brunhild schläft, was ich<br />

dann auch versuche, aber immer<br />

wieder von lästigen Fliegen gestört<br />

werde. Brunhild merkt das alles nicht.<br />

Ihr ist nie zu heiß und auch krabbelnde<br />

Fliegenbeine lassen sie kalt.<br />

Claudia, die unser Haus einhütet und auf unseren Kater aufpasst, schreibt uns eine schöne<br />

Mail.<br />

Abends, als all die Boote, die einen Tagesausflug gemacht hatten, wieder fort sind, verholen<br />

wir auf einen anderen Platz. Wir ankern und bringen dann eine Leine an Land. Das macht<br />

Brunhild, die dieses letztes Jahr in der Türkei geübt hatte, ganz professionell. Sie schwimmt<br />

mit der Leine an Land und befestigt sie dort an einem großen Felsen mit einem Palstek (Seemannsknoten).<br />

S AMSTAG, 9. A UGUST <strong>2008</strong><br />

St. Pauls-Bay – Valetta (8 sm)<br />

Wenn wir aufs offene Meer schauen, sehen wir, dass der Wind erheblich zugenommen hat.<br />

Wir liegen hier jedoch gut geschützt wie in Abrahams Schoß. Wir lesen und faulenzen (bis auf<br />

Johanna, die eifrig Statistik lernt) und schnorcheln in klaren, warmen Wasser.


Nach dem Mittag legen wir ab und laufen nur mit Genoa bei 5 Bft vor dem Wind nach Valetta,<br />

der Hauptstadt von Malta. Valletta liegt an der Nordostküste der Insel. Es befindet sich auf der<br />

Landzunge Monte Sciberras, die von den beiden größten Naturhäfen des Mittelmeeres Grand<br />

Harbour und Marsamxett Harbour umschlossen ist.<br />

Wir lassen die imposante Altstadt mit ihren mächtigen Befestigungsanlagen an Backbord liegen<br />

und gehen im Marsamxett Harbour ganz nach hinten in die Msida-Marina. Da das Marinabüro<br />

geschlossen ist, machen wir davor an der Pier längseits fest. Ein kühler Wind vertreibt<br />

die Hitze.<br />

Abends gehen wir dann an Land. Wir finden einen<br />

Bus, der uns zum Busterminal, genau vor<br />

der Altstadt bringt. Dort gehen wir essen und<br />

bummeln noch etwas durch die nächtliche Stadt.<br />

S ONNTAG, 10. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta<br />

Der Hafenmeister weist uns einen anderen Liegeplatz<br />

zu. Es ist hier mit 14,- € genau so billig<br />

wie auf Gozo.<br />

Dann machen wir uns auf den Weg in die Stadt.<br />

Vor den Festungsmauern der Altstadt ist Sonntagsmarkt.<br />

Wir kaufen einen neuen Wasserkessel,<br />

für Johanna eine Sonnenbrille und für mich<br />

ein paar Bordschuhe.<br />

Bei der Touristeninformation erfahren wir, dass<br />

es Inselrundfahrten gibt. Für heute ist das leider<br />

zu spät – aber vielleicht morgen.<br />

Valetta<br />

Nachdem die Belagerung durch die Osmanen im Jahre 1565 mit einem militärischen Erfolg für die Verteidiger<br />

der Insel zu Ende gegangen war, entschlossen sich die Ritter des Malteserordens auf der Landzunge<br />

des Monte Sciberras, hinter dem zuvor hart umkämpften und bei der türkischen Belagerung komplett<br />

zerstörten Fort St. Elmo, eine Festungsstadt nach den neuesten Erkenntnissen der Militärarchitektur<br />

und den zeitgenössischen Idealstadt-Theorien zu errichten. <strong>Die</strong> Halbinsel bot eine strategisch hervorragende<br />

Position, um die beiden großen natürlichen Häfen auf jeder Seite zu kontrollieren.<br />

Valletta im 17. Jahrhundert<br />

Der Grundstein für diese Stadt wurde am 28. März 1566 durch den Großmeister des Ordens, Jean de la<br />

Vallette gelegt. <strong>Die</strong> Planungen für die geometrische Anlage der Befestigungsmauern und des rechtwinkligen<br />

Straßennetzes stammten von dem italienischen Architekten und Festungsbaumeister Francesco<br />

Laparelli. Der Entwurf und die Fertigstellung der einzelnen Festungselemente wurden weitgehend dem<br />

maltesischen Assistenten Laparellies Gerolamo Cassar überlassen.


Als Laparelli die Insel 1568 noch vor Abschluss der Bauarbeiten wieder verließ, übernahm sein Assistent<br />

Cassar die Gesamtleitung des Vorhabens. Am 18. März 1571 wurde der Ordenssitz mit einer feierlichen<br />

Zeremonie offiziell von Birgu in die neue Stadt verlegt.<br />

La Valette, der am 21. August 1568 in Birgu verstarb, konnte das Ende seines Projektes nicht mehr miterleben.<br />

Ihm zu Ehren erhielt die Stadt seinen Namen. Sein Nachfolger als Großmeister wurde Pietro<br />

del Monte, der den Ausbau von Valletta weiter vorantrieb.<br />

Bis zur Kapitulation der Malteserritter unter ihrem Großmeister von Hompesch vor Napoleons Flotte im<br />

Jahr 1798, bei der kein Schuss abgegeben wurde, blieb Valletta uneingenommen und unzerstört. Erst im<br />

Zweiten Weltkrieg wurde es durch deutsche und italienische Luftangriffe weitläufig verwüstet, während<br />

die mächtigen Befestigungsmauern dem Bombenhagel trotzten. Der Archipel wurde dabei zeitweise mit<br />

nur drei Flugzeugen verteidigt. Der britische König verlieh dem maltesischen Volk im Jahre 1942 daraufhin<br />

das George Cross für besonderes Heldentum.<br />

In der Mittagshitze – die Sonne steht fast über uns und es gibt kaum Schatten – kehren wir<br />

wieder an Bord zurück. Hier weht jedoch ein angenehmes Lüftchen und es lässt sich ganz gut<br />

aushalten. Von 13 bis 17 Uhr sind fast alle Geschäfte geschlossen – und ich glaube, die Menschen<br />

tun sich auch etwas Gutes damit.<br />

An Bord trennte ich ca. 15 m von meiner<br />

Ankerkette ab. Dort, wo sie in Ace Trezzo (in der<br />

Nähe des Ätna) die Wasseroberfläche<br />

durchbrach, hatte sich die Verzinkung völlig<br />

aufgelöst. Der Rost hatte einige Glieder bis auf<br />

die Hälfte dezimiert. Da eine Kette jedoch nur so<br />

stark ist, wie ihr schwächstes Glied, blieb mir für<br />

die Sicherheit nichts anders übrig, als diesen Teil<br />

zu entfernen. Morgen werde ich mir eine Leine<br />

besorgen und sie an die Kette spleißen, damit sie<br />

wieder eine ausreichende Länge besitzt.<br />

Ganz in der Nähe unseres Liegeplatzes finden wir<br />

ein schönes Restaurant, von wo aus wir einen<br />

schönen Überblick über Valetta haben, das sich nach und nach von einer in der Abendsonne<br />

gehüllte Festung in ein Lichtermeer verwandelte.<br />

M ONTAG, 11. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta<br />

Heute haben alle Geschäfte wieder<br />

offen. Ich kaufe zwei neue<br />

Gasflaschen und bestelle für die<br />

jetzt verkürzte Ankerkette 50 m 14<br />

mm Polyesterleine, die ich an die<br />

Ankerkette anspleißen werde.<br />

Gemeinsam mit Johanna kaufte<br />

ich dann noch im Supermarkt frisches<br />

Gemüse, Brot und Obst,<br />

sowie Gin für unseren Gin-Tonic<br />

ein.<br />

Dann mache ich mir Gedanken,<br />

wie das mit der Rückkehr von Johanna und Brunhild nach Catania zu bewerkstelligen ist. Wir<br />

könnten morgen nach Possallo im Süden von Sizilien gehen. Von dort müssten wir dann mit<br />

öffentlichen Verkehrsmitteln nach Catania fahren, um uns einen Leihwagen zu mieten (in den<br />

meisten Orten in Sizilien gibt es keine Autovermietungen). Das wäre notwendig, da Brunhilds<br />

und Johannas Rückflüge am Freitag schon vormittags starten.


Brunhild enthob mich dann dieser Überlegungen und machte einer neuen Idee Platz. Vermutlich<br />

aufgrund der Hitze und des doch recht schweren Essens, hatte Brunhild in der Nacht ganz<br />

erhebliche Magenprobleme, die sie kaum schlafen ließen. Sie fühlte sich recht schwach und<br />

konnte sich gar nicht vorstellen morgen die 50 sm nach Sizilien zurückzusegeln.<br />

So erkundigten wir uns nach Schnellfährverbindungen nach Catania. <strong>Die</strong> gibt es auch und die<br />

Fähren sind in drei Stunden drüben – aber leider nicht passend für die Flugzeiten. <strong>Die</strong> beiden<br />

hätten noch eine Nacht in Catania verbringen müssen. Der nette Herr im <strong>Reise</strong>büro hatte<br />

dann jedoch die rettende Idee: Brunhild und Johanna fliegen am Freitag um 06.00 Uhr nach<br />

Catania und haben dann direkt Anschluss an ihre Flüge nach Deutschland.<br />

Ich teilte Ingrid und Sigi, die zur Zeit schon in Sizilien sind und die im Anschluss für eine Woche<br />

an Bord kommen wollen mit, dass sie nach Malta kommen müssten. Das erschien Ingrid<br />

zwar wie ein fast nicht durchzuführendes Projekt. Aber schließlich stimmte sie zu. Sigi und<br />

Ingrid werden am Samstag um 23 Uhr hier mit der Schnellfähre ankommen und dann eine<br />

Woche bleiben. Sie werden dann schon sehen, dass das bei den schlechten Verkehrsbedingungen<br />

auf Sizilien auch für sie die beste Möglichkeit ist, wieder nach Catania zurück zu<br />

kommen. Außerdem bietet Malta kulturell auf engem Raum unendlich viel mehr als Sizilien<br />

und die Ankerbuchten und landschaftlichen Schönheiten sind gut und ohne große Strecken<br />

zurücklegen zu müssen, zu erreichen – für Segelanfänger gerade das Richtige.<br />

Wir machten es uns dann ganz gemütlich und Brunhild fühlte sich abends dann wieder so fit,<br />

dass wir noch einen Stadtbummel machen konnten. Wir machten einen Abstecher in den Osten<br />

Valettas und hatten von dort einen schönen Blick über den Grand Harbour und die Städte<br />

am gegenüberliegenden Ufer.<br />

D IENSTAG, 12. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta<br />

Heute gehen wir alle schon vormittags in die Stadt. Während Johanna und Brunhild die Geschäfte<br />

durchstöbern, mache ich sightseeing.<br />

Zuerst ist der Großmeisterpalast dran. Er lockt mit schön bemalten Räumen und einer Ausstellung<br />

alter Waffen.<br />

<strong>Die</strong> Sammlung enthält über 5.700 Ausstellungsstücke aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, darunter<br />

neben Arkebusen, Hellebarden, Stichgabeln, Helmen, Kanonen, Kutschen und Schilden<br />

auch sehr viele Rüstungen von Ordensrittern. <strong>Die</strong>se sind deshalb so zahlreich vorhanden, weil<br />

sie nach dem Tod eines Ritters in den Besitz des Ordens zurückfielen. <strong>Die</strong> berühmtesten Exemplare<br />

sind die Rüstungen der Großmeister Jean de la Vallette und Alof de Wignacourt. Auf<br />

Grund der Multinationalität des Johanniterordens und seiner landsmannschaftlichen Gliederungen<br />

in so genannte Zungen sind in den Gewölben Waffen aus vielen unterschiedlichen<br />

Ländern zu sehen. Zudem beherbergt die Palace Armoury auch osmanische Waffen, die die<br />

Ritter nach Kämpfen an sich nahmen. Im Besitz der Palace Armoury befinden sich ferner das<br />

Schwert von Turgut Reis, eine der<br />

ältesten Abschussvorrichtungen<br />

für ein Steinschlossgewehr, ein<br />

Schwert mit eingebautem<br />

Trommelrevolver sowie ein Gonne<br />

Shield – ein runder Schild mit einer<br />

kleinen kaminförmigen Ausbuchtung,<br />

groß genug, um daraus<br />

zu schießen.<br />

Anschließend, nach einem kleinen<br />

Imbiss mit Brunhild und Johanna,<br />

bei dem Johanna mir ihre neue<br />

schicke Armbanduhr vorführte,<br />

besuchte ich die St. John's Co-<br />

Grabplatten


Cathedrale. Von außen recht<br />

unscheinbar, wird sie gemeinhin<br />

als einer der innen<br />

am schönsten ausgestalteten<br />

Kirchenbauten des Mittelmeerraumes<br />

angesehen.<br />

Der Kalksteinbau wurde unter<br />

der Federführung des Architekten<br />

Gerolamo Cassar<br />

in den Jahren 1573 bis 1577<br />

errichtet. Es sollte allerdings<br />

noch mehr als einhundert<br />

Jahre dauern, bis auch die<br />

Innenausstattung und die<br />

Schmuckelemente vollendet<br />

waren. 1816 wurde sie vom<br />

damaligen Papst Pius VII.<br />

„<strong>Die</strong> Enthauptung Johannes des Täufers“<br />

neben der Kathedrale von<br />

Mdina zum Zweitsitz (Co-<br />

Kathedrale) des Bischofs ernannt, um ihre Bedeutung für Land und Stadt auch nach dem<br />

Wegzug der Johanniter zu unterstreichen.<br />

<strong>Die</strong> Kirche, als Hauptkirche des Ordens erbaut, verfügt über insgesamt zwölf Apsiden, von<br />

denen sieben von den einzelnen Auberges des Malteserordens gestaltet worden sind. In den<br />

Boden des Gotteshauses sind auf einer Länge von 58 Metern 375 Grabplatten aus Einlegearbeiten<br />

in verschiedenfarbigem Marmor eingelassen, unter denen Ordensritter bestattet wurden.<br />

Auch fast alle Großmeister (bis auf zwei) fanden hier ihre letzte Ruhe. Ihre Sarkophage<br />

zählen zu den „vollkommensten Kunstwerken des Hochbarock“. <strong>Die</strong> Mehrzahl befindet sich<br />

jedoch in der Krypta. In einer angeschlossenen Galerie ist neben anderen Gemälden „<strong>Die</strong><br />

Enthauptung Johannes des Täufers“ von Michelangelo da Caravaggio zu besichtigen. Auch in<br />

der Kathedrale hängen wie im Grand Master's Palace unzählige Wandteppiche.<br />

Der Malteserorden<br />

Der Orden hat weltweit etwa 12.500 Mitglieder (Ritter und Damen). <strong>Die</strong> oberste Leitungsgewalt hat der<br />

auf Lebenszeit gewählte Großmeister inne, zurzeit Frà Matthew Festing (Fürst und Großmeister). Der<br />

Orden unterhält diplomatische Beziehungen mit 100 Staaten (darunter Österreich) und ständige Vertretungen<br />

in fünf weiteren Staaten (darunter Deutschland); eine eigene Währung (1 Scudo = 12 Tari = 240<br />

Grani, der Umrechnungskurs zur europäischen Währung ist 1 Scudo = 0,24 Euro; und 1 Tari = 0,02 Euro)<br />

mit Münzprägung (als Souverän von Malta bis 1798, dann wieder ab 1961) und seit 1966 auch eigene<br />

Briefmarken (bilaterale Postverträge mit derzeit 53 Staaten). Der Malteserorden genießt bei der UNO<br />

Beobachterstatus.<br />

Der Orden ist seit 1798 nicht mehr in Malta beheimatet, unterhält aber seit 1966 volle diplomatische<br />

Beziehungen mit der Republik Malta. Gemäß einem Staatsvertrag vom Dezember 1998 zwischen dem<br />

Souveränen Malteser-Ritterorden und der Republik Malta wurde dem Orden die Festung St. Angelo, die<br />

bereits ab 1530 bis zum Umzug der Ordensregierung in die neuerbaute Stadt Valletta Sitz des Ordens<br />

auf der Insel war, für die Dauer von 99 Jahren zur alleinigen Nutzung überlassen. Seit 1976 ist der Orden<br />

auch wieder auf Rhodos vertreten.<br />

Der Malteserorden ist in über 90 Ländern der Welt karitativ tätig. In vielen Ländern gibt es eigene<br />

Hilfsorganisationen, Tochterinstitutionen des Ordens, die bestimmte soziale Aufgaben übernehmen. In<br />

Deutschland wurde 1953 in Zusammenarbeit mit der Caritas die Hilfsorganisation Malteser Hilfsdienst<br />

(heute einfach Malteser) gegründet. In Südafrika wurde 1992 unter Leitung des Benediktiners Gerhard<br />

Lagleder die nach dem Gründer des Hospitalordens, Bruder Gerhard Tonque, benannte Brotherhood of<br />

Blessed Gérard gegründet, die nach dem Vorbild der deutschen Malteser organisiert ist.


Der Malteserorden schloss sich 1961 mit dem evangelischen Johanniterorden in Deutschland und den<br />

Niederlanden (Johanniter Orde in Nederland), in Schweden (Johanniterorden i Sverige) und in Großbritannien<br />

(Order of St John) unter wechselseitiger Anerkennung zu einer Allianz zusammen.<br />

M ITTWOCH, 13. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta – Valetta (4 sm)<br />

Da wir leider keinen Mietwagen bekommen<br />

haben (alle vermietet),<br />

machen wir eine Sightseeing-Tour<br />

mit dem Bus. Hierfür gibt es alte<br />

englische Doppeldeckerbusse, den<br />

oberes Stockwerk offen ist. So sitzt<br />

man über allem und hat einen<br />

schönen luftigen Überblick. <strong>Die</strong><br />

Busse fahren alle Stunde. Wenn<br />

man irgendwo aussteigen will, kann<br />

man dies tun und dann mit dem<br />

nächsten Bus weiter fahren.<br />

<strong>Die</strong> Fahrt führte uns einmal um die<br />

Altstadt von Valetta, dann ans Ostufer<br />

zu den befestigten Städten<br />

Senglea und Vittoriosa, die vor dem<br />

Bau von Valetta die Zentren waren und dann an die Ostküste zum Fischerhafen Marsaxlokk.<br />

Hier gibt es alte Kultstätten aus der Bronze- und Eisenzeit. Wegen der großen Hitze stiegen<br />

wir jedoch erst im Süden bei der „Blauen Grotte“ aus. Der nächste Bus brachte uns dann zurück<br />

nach Valetta.<br />

Aber damit noch nicht genug.<br />

Johanna wollte gerne noch<br />

einmal etwas Erfahrung im<br />

Bootfahren sammeln. So legten<br />

wir ab und gingen zum<br />

Schwimmen in einer nahegelegenen<br />

Bucht vor Anker. Auf<br />

dem Rückweg legte Johanna<br />

noch an einem Tankschiff an<br />

und steuerte dann die VELA<br />

ganz souverän zurück an ihren<br />

Anlegeplatz.<br />

Während Johanna noch mit<br />

Gregor chattete, machten Brunhild<br />

und ich noch einen Uferpromenadenbummel<br />

nach Gzira.<br />

Auf der Promenade gab es ein<br />

Gesangsfestival. Junge Leute<br />

sangen und tanzten ganz professionell. Einfach toll!<br />

D ONNERSTAG, 14. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta<br />

Der letzte Tag vor der Abreise von Brunhild und Johanna.<br />

Wir machten morgens das Boot sauber. Anschließend suchte sich jeder ein möglichst kühles<br />

Plätzchen. Heute war es ganz besonders heiß.


Abends gingen wir dann in der „Black Pearl“ essen. <strong>Die</strong> „Black Pearl“ ist ein alter Dreimastschoner,<br />

der ganz in der Nähe unseres Liegeplatzes an Land gesetzt und zu einem Restaurant<br />

umfunktioniert wurde.<br />

Es war eine sehr schöne Zeit mit uns Dreien. Trotz der Enge an Bord verstanden wir uns überwiegend<br />

gut und führten viele sehr offene Gespräche – und das ist gar nicht so üblich zwischen<br />

Kindern und Eltern. Brunhild hat sich gut erholt und Johanna war trotz der Urlaubsumgebung<br />

und Hitze unheimlich fleißig im Lernen für ihre nächste Vordiplomsprüfung. Ich weiß<br />

nicht, ob ich das so gebracht hätte.


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

8. T EIL DER R EISE VOM 15. A UGUST BIS 2. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Von Malta nach Hammamet in Tunesien<br />

An Bord: Volker, Ingrid und Sigi und dann nur Volker<br />

F REITAG, 15. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta<br />

Um 03.45 klingelte der Wecker. Brunhild und Johanna fliegen um 06.00 Uhr von Malta nach<br />

Catania und dann in zwei verschiedenen Maschinen im Laufe des Vormittags nach Hamburg<br />

bzw. Stuttgart.<br />

Ich lege mich dann noch einmal schlafen.<br />

Da hier ein Feiertag ist, pussele ich ein bisschen am Boot herum. Ich schreibe das Tagebuch<br />

und stelle es auf meine Internetseite. Anschließend Siesta, die ganz angenehm ist, da ein<br />

kühler Nordwest in meine Kajüte bläst. Anschließend spleiße ich die 50 m Ankerleine an die<br />

restlichen 50 m Kette.<br />

Abends suche ich die Stelle, wo morgen Ingi und Sigi mit der Schnellfähre von Catania ankommen<br />

werden. <strong>Die</strong> Anlegestelle ist an der Seaside, eine schöne Uferpromenade mit alten<br />

Häusern an der Ostseite von Valetta. Ich finde ein chinesisches Restaurant und lass es mir<br />

schmecken.


Abends hat man hier immer das Gefühl, dass entweder ein Gewitter aufzieht oder der Krieg<br />

wieder begonnen hat. Fast jeden Abend werden auf der ganzen Insel Feuerwerke abgebrannt<br />

oder es wird Salut geschossen.<br />

Johanna ist gut in Freiburg angekommen. Sie schrieb eine liebe Mail. Gregor hat sie abgeholt<br />

und Christin hat eine kleine Willkommensparty vorbereitet. Brunhild hatte noch 2 ½ Stunden<br />

Aufenthalt in Nürnberg und kam dann erst gegen 21.00 Uhr zu Hause an.<br />

S AMSTAG, 16. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta<br />

In der Nacht hatte der Wind weiter aufgefrischt. Hier im Yachthafen liege ich jedoch ganz sicher.<br />

Morgens kaufte ich noch einen weiteren Ventilator, den ich in der vorderen Kabine anbrachte.<br />

Dann fuhr ich noch mit dem Fahrrad zum Supermarkt einkaufen.<br />

Abends ging ich dann in die Stadt, um Ingi und Sigi von der Fähre abzuholen. Zum ersten Mal<br />

seit ganz langer Zeit, war mir im T-Shirt und kurzen Hosen etwas zu kalt. Ein kühler Nordwest<br />

hatte die ganze Hitze weggeblasnen.<br />

Wegen des starken Seegangs kam der Katamaran aus Catania dann auch erst um 23.45 Uhr,<br />

¾ Stunde später als angekündigt.<br />

Da keine Busse mehr fuhren, nahmen wir ein Taxi zur Marina. Bis wir uns alles erzählt und ich<br />

den beiden alles Wichtige erklärt hatte, wurde es schließlich 02.00 Uhr.<br />

S ONNTAG, 17. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta<br />

Den ganzen Tag verbrachten wir<br />

faulenzend an Bord. Nach einer<br />

kleinen Siesta fuhren wir dann in<br />

die Altstadt. Alles war ausgestorben<br />

und auch der Großmeisterpalast<br />

sowie die schöne Kathedrale<br />

waren geschlossen. So<br />

bummelten wir durch die Stadt<br />

und anschließend am Ostufer<br />

entlang. Wir fanden auch die Siegesgrotte<br />

sowie die Lower – and<br />

Upper Gardens.<br />

Den Abend beschloss dann ein<br />

schönes Essen im gleichen Restaurant,<br />

wo ich auch schon eine<br />

Woche zuvor mit Brunhild und<br />

Johanna gewesen war.<br />

M ONTAG, 18. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta – Comino (San Niklaw Bay) 14 sm<br />

Nachdem ich morgens noch vor dem Frühstück mit dem Fahrrad einkaufen war, wir Wasser<br />

genommen und das Hafengeld für 9 Tage bezahlt hatten, liefen wir so gegen 11.00 Uhr aus.<br />

Draußen empfing uns ein ganz leichter Ostwind. Wir setzten Segel und ließen uns mit 2 bis 4<br />

kn die Küste entlang treiben. Wir passierten dann die Enge zwischen Malta und der kleinen


Insel Comino. Unser Ziel war die<br />

blaue Lagune im Westen von<br />

Comino. Dort war jedoch – wie<br />

erwartet, die Hölle los. So<br />

segelten wir etwas weiter in die<br />

San Niklaw-Bay im Norden der<br />

Insel. Hier ließen wir unseren<br />

Anker auf 10 m Wassertiefe<br />

fallen und sprangen dann in die<br />

klaren Fluten. Ingi schnorchelte<br />

zum ersten mal und kam damit<br />

ganz gut zurecht.<br />

Abends machte ich dann gefüllte<br />

Paprika. Wir aßen draußen im<br />

Cockpit am Tisch und genossen,<br />

wie die Dämmerung so langsam<br />

hereinbrach. Dann ging der<br />

Mond riesengroß auf und die<br />

vielen Sterne wurden so nach und nach sichtbar. Wir nahmen die Sonnenpersenning weg und<br />

Ingi erklärte uns die Sternbilder.<br />

D IENSTAG, 19. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Comino (San Niklaw Bay) – (Gozo) Mgarr (2 sm)<br />

Nach dem Frühstück liefen wir dann ins 2 sm entfernte Mgarr, dem Hafen von Gozo.<br />

Wir hatten unheimliches<br />

Glück, dass gerade ein Boot<br />

ablegte. So bekamen den<br />

gleichen Platz, wie vor 14<br />

Tagen. Mittlerweile scheint in<br />

Italien der Urlaub voll ausgebrochen<br />

zu sein. Überall<br />

wimmelt es von italienischen<br />

Booten, die Buchten sind voll<br />

belegt und in den Häfen ist<br />

kaum ein Liegeplatz zu ergattern.<br />

Wie am 6. August, machten<br />

wir auch heute eine Inselrundfahrt.<br />

Wir bekamen den<br />

gleichen Jeep und fuhren<br />

auch fast die gleiche Route.<br />

Nur dieses Mal wollte Ingi<br />

noch gerne eine Glasbläserei<br />

sehen, die auf unserem Weg lag.<br />

Abends gingen wir dann in einem Restaurant in Mygarr essen. Es schmeckte vorzüglich.<br />

M ITTWOCH, 20. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Mgarr – Fungus-Bucht (7 sm)<br />

Leider war heute kein Wind, so dass wir in die Fungus-Bucht, wo ich auch schon am 7. August<br />

mit Brunhild und Johanna war, unter Maschine fahren mussten. Hier lagen schon viele Boote<br />

und nach und nach kamen immer mehr.


Wir badeten und Ingi gewann immer mehr Freude am Schnorcheln. Sigi darf leider nicht, da er<br />

kein Wasser in die Ohren bekommen darf. Am späten Nachmittag schnorchelte Ingi dann in<br />

einer Höhle und sah dort auch viele Fische. Wir waren mit dem Schlauchboot dort hin gefahren.<br />

In der Höhle war ein Felsen, auf den wir das Boot hinauf heben konnten.<br />

Zu Mittag machten Ingi und<br />

Sigi einen leckeren Salat<br />

und anschließend hatten wir<br />

dann unser Mittagsschläfchen.<br />

Ingi ist gar nicht so unpatent<br />

und umständlich, wie sie<br />

immer dargestellt wird. Sie<br />

zeigt sich hier neugierig und<br />

kostet ihre Sportlichkeit so<br />

richtig aus. Da fällte es eher<br />

Sigi schwerer sich aus<br />

seiner Gemütlichkeit zu<br />

erheben. Wir verstehen uns<br />

aber alle sehr gut und es ist<br />

häufig recht humorvoll.<br />

Abends verließen dann<br />

viele Boote wieder die<br />

Bucht. Als es dann ganz<br />

dunkel war, kamen auch die Druden. Sie waren jedoch nicht so laut, wie vor 14 Tagen. Leider<br />

stand während der Nacht auch etwas Schwell hinein, so dass Ingrid nicht so gut schlafen<br />

konnte.<br />

D ONNERSTAG, 21. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Fungus-Bucht – Valetta (24 sm)<br />

Genau wie vor 14 Tagen liefen wir um die felsige Nordspitze von Gozo herum und betrachteten<br />

unsere Jeepfahrt jetzt von See her. In Höhe von Mgarr kam dann auch Wind auf. Er blies<br />

von achtern und schob uns bis vor die Hafeneinfahrt von Valetta, wo wir dann gegen 15.30<br />

Uhr ankamen. Alle Plätze in der Msina-Marina waren natürlich besetzt. Aber ganz außen<br />

konnten wir mit dem Bug noch an die Pier gehen. Da es keine Mooringleine mehr gab, machten<br />

wir an der „Silence“, einem französischen 18 m – Schiff eine Heckleine fest.<br />

Nach einer ausgiebigen Spät-Mittagsruhe luden mich Ingi und Sigi zum Essen in einem der<br />

Hafenrestaurants ein. Ein langer Spaziergang führte uns dann an der Uferpromenade entlang,<br />

wo wir mit einem großartigen Feuerwerk belohnt wurden.<br />

Abends saßen wir dann noch bis 01.00 Uhr im Cockpit und hatten heiße Diskussionen über<br />

Videoüberwachung und, die Aufgaben von Mann und Frau in einer Beziehung und über richtig<br />

und falsch bzw. ob es eine absolute Wahrheit gibt.<br />

F REITAG, 22. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta<br />

Heute ist Sightseeing-Tag.<br />

Nachdem ich mich morgens beim Zoll abgemeldet hatte, kaufte ich mir im Schiffszubehörladen<br />

noch einen starken Handscheinwerfer. Mein alter war vom Voreigner selbst gebastelt<br />

worden und hatte seinen Geist aufgegeben. Da ich morgen vermutlich erst bei Dunkelheit in<br />

Sizilien ankommen werde, ist er notwendig.


Anschließend fuhren wir mit dem Bus in die Stadt. Ingi und Sigi schauten sich die Waffenkammer<br />

im Großmeisterpalast und die Kathedrale an. Da ich beides schon kannte, las ich<br />

währenddessen den neuen Spiegel in einem Café.<br />

Anschließend gingen wir zur „Malta-Experience“. Dort wird ein sehr guter Film über die wechselhafte<br />

Geschichte der Insel gezeigt.<br />

Da Ingi und Sigi morgen das Schiff verlassen, machten wir alles sauber und gingen anschließend<br />

wieder in dem Hafenlokal essen.<br />

Bevor wir dann gegen 23.00 Uhr schlafen gingen hatten wir eine sehr anregende Diskussion<br />

über Ethik, Kirche und Glaube. Mehrere Feuerwerke erleuchteten dann wieder die Insel.<br />

S AMSTAG, 23. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Valetta – Licata (77 sm)<br />

Um 03.00 Uhr klingelte der Wecker. Es war völlig windstill, feucht und warm.<br />

Ingi und Sigi fuhren dann um 03.45 Uhr mit dem Taxi zur Fähre, die sie um 05.00 Uhr in drei<br />

Stunden nach Catania bringen wird.<br />

Ich machte dann seeklar und lief gegen 04.00 Uhr aus.<br />

Um 06.20 Uhr ging die Sonne blutrot auf und eine halbe Stunde später hatte sich ein leichter<br />

WSW-Wind aufgetan. Ich setze zum Groß noch die Genoa und konnte mit leicht gefierten<br />

Schoten hoch am Wind über 5 kn laufen.<br />

Der Wind drehte dann gegen 09.00 immer vorlicher und nahm auf 2 Bft ab. So musste ich um<br />

09.30 Uhr wieder die Maschine anwerfen.<br />

Mein Ziel ist Licata, ein Hafen an der Südküste von Sizilien. Wenn der Wind dieses Ziel nicht<br />

zulassen sollte, kann ich immer noch Häfen weiter östlich anlaufen.<br />

Ich habe noch 14 Tage Zeit, bevor ich am 06. September von Tunis aus meinen Rückflug<br />

nach Deutschland antreten werde. <strong>Die</strong>se Zeit möchte ich noch nutzen und etwas mehr von Sizilien<br />

sehen. Anschließend habe ich vor, über die Insel Pantelleria nach Hammamet in Tunesien<br />

zu segeln.<br />

Um 12.15 Uhr setzte dann, wie vorher gesagt, ein leichter WSW-Wind ein. Ich setzte wieder<br />

die Genoa zum Groß und konnte dann am Wind bis nach Licata segeln. Der Wind nahm dann<br />

auf 4 bis 5 Bft zu, so dass ich gut 5 kn lief. Um 18.30 Uhr passierte ich die Einfahrt des großen<br />

Hafens. Beim Yachtclub fand ich dann noch den letzten freien Platz. Ich warf den Anker und<br />

ging rückwärts an die Pier. Da die Pier sehr hoch war, war ich froh, dass jemand vom Nachbarboot<br />

meine Leinen annahm.


Ich machte mir etwas zu essen und genoss nach dieser langen Fahrt ein kühles Bier. Der Hafenmeister<br />

zeigte mir, wo ich Strom bekommen konnte und verlangte dann pro Nacht 20,- €;<br />

ein angemessener Preis. Ich entschließe mich noch einen Tag hier zu bleiben.<br />

S ONNTAG, 24. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Licata<br />

Licata hat ca. 40.000 Einwohner, die hauptsächlich in der Landwirtschaft und in der Industrie<br />

arbeiten. Vom Hafen Licatas aus, einem wichtigen Exporthafen Siziliens, gibt es eine Schiffsverbindung<br />

nach Valletta auf Malta. Schon zu römischen Zeiten war die Stadt ein wichtiges<br />

Handelszentrum und Umschlagsplatz für Weizen. <strong>Die</strong> Stadt wurde 1553 von Türken geplündert.<br />

Sie erholte sich wieder und wurde in Richtung Nordwesten ausgebaut.<br />

Morgens machte ich mich dann auf den<br />

Weg in die Stadt. Oberhalb der Häuser am<br />

Berghang befindet sich der Friedhof, der<br />

wie eine eigene Stadt für die Toten<br />

aussieht. Ich bummele durch die Altstadt,<br />

genehmige mir in einem Café, das an<br />

diesem Sonntagmorgen voller Einheimischer<br />

ist, einen Espresso und ein<br />

Glas Granita und kehre anschließend<br />

durch die engen Gässchen, in denen die<br />

Eingangstüren offen stehen und man direkt<br />

ins Wohnzimmer blicken kann, an Bord<br />

zurück.<br />

Sizilien ist total vermüllt. Überall liegen<br />

gefüllte Mülltüten und leere Plastikflaschen<br />

herum.<br />

Heute ist es nicht so warm. Morgens um<br />

09.00 Uhr waren es nur 25 Grad und auch<br />

mittags stieg das Thermometer nicht über 30 Grad – 5 Grad kühler als bisher. Eine Seebrise<br />

macht alles ganz angenehm. Der Wind nimmt dann im Laufe des Tages auf 5 bis 6 Bft zu und<br />

es heult so richtig in den Wanten – ein seit Langem ungewohntes Geräusch. Auch ziehen<br />

Wolken auf, die abends dann den ganzen Himmel bedecken.<br />

Ich bleibe an Bord. Einige Stunden verbringe ich damit, mich durch das englischsprachige Hafenhandbuch<br />

von Tunesien durchzuarbeiten. Es scheint eine interessante, geschichtsträchtige<br />

Küste mit vielen Häfen zu sein – teils Marinas, teils Fischerhäfen. Auch navigatorisch ist sie<br />

eine etwas größere Herausforderung als die felsigen Küsten von Griechenland und Italien. Es<br />

gibt viele Flachwassergebiete und Riffs.<br />

Da in Tunesien der Alkohol viel teurer sein soll, schaue ich mir die Liste der Lidl-Filialien in<br />

Südsizilien an. Ich werde versuchen, noch genügend Wein, Bier und andere Alkoholika zu<br />

bunkern.<br />

Dann liegen auch noch ein paar kleine Reparaturen an.<br />

Abends nehme ich mir dann das kleine Taschenbuch „Islam – <strong>Die</strong> 101 wichtigsten Fragen“ der<br />

Islamwissenschaftlerin Ursula Spuler-Stegemann (Verlag C.H. Beck, München 2007, ISBN<br />

978 3 406 51111 0) vor. In klarer Sprache versucht die Autorin den „Neueinsteiger“ in diese<br />

Religionsphilosophie einzuführen und die Fragen zu beantworten, die insbesondere seit den<br />

Terroranschlägen und den Versuchen einer Integrationspolitik in Deutschland viele Menschen<br />

bewegen.<br />

Überrascht hat mich dabei die geschichtliche Verknüpfung des Islam mit dem Juden- und<br />

Christentum. Mohammed ist der letzte der drei Propheten Mose und Jesus. Maria und deren<br />

unbefleckte Empfängnis nimmt dabei die stärkste Rolle ein. <strong>Die</strong> christliche Lehre von der Trini-


tät jedoch – Gott als Vater, Sohn und heiliger Geist – wird im Koran so verstanden, als sei von<br />

drei Göttern die Rede. In über 100 Koranstellen wird jedoch betont, dass es nur einen Gott<br />

gibt.<br />

Auch viele biblische Gestalten finden sich im Koran wieder. Am wichtigsten erscheint mir dabei<br />

die Vertreibung aus dem Paradies zu sein. Im Islam verführt nicht Eva Adam, sondern es<br />

ist der Teufel. Gott vertreibt dann auch die ersten beiden Menschen aus dem Paradies. Aber<br />

im Gegensatz zum Christentum, versöhnt er sich wieder mit ihnen und vergibt ihnen in seiner<br />

großen Barmherzigkeit. Es gibt folglich auch keine Erbsünde – somit sind auch keine weitere<br />

Sühne und Erlösung der Menschheit nötig. Im Gegensatz zur katholischen Kirche, die seit<br />

dem 4. Jahrhundert mit dieser Philosophie und der damit verbundenen Angst der Menschen<br />

ihre Macht ausgebaut und ihre Geschäfte gemacht hat, gelten im Islam die Menschen prinzipiell<br />

als gut.<br />

Aber auch hier entwickelte die Religion ein gewaltiges Machtpotential. Nach islamischem<br />

Glauben sind die Menschen schwach und erliegen nur allzu leicht den Einflüsterungen des<br />

Satans. Sie sind jedoch für ihre Taten selbst verantwortlich und werden deshalb im Endgericht<br />

auch individuell zur Rechenschaft gezogen. Im Verhältnis zu Gott ist der Mensch Knecht. In<br />

dieser Ergebenheit soll die Freiheit des Menschen liegen. Er soll mit seinem Lebenswandel<br />

die Schöpfung bewahren. <strong>Die</strong>se nicht hinterfragbare Unterwerfung des Menschen unter Gottes<br />

Willen hat allerdings auch erhebliche Konsequenzen. Sie lähmt weitgehend das eigenständige<br />

Denken und fördert den absoluten Gehorsam, eine Kombination, die fatale Folgen<br />

haben kann, weil der Vernunft niemals Raum für gegebenenfalls koranwidrige Entscheidungen<br />

eingeräumt werden darf.<br />

Weiterhin treten die Unterschiede zwischen Christentum und Islam insbesondere in den christlichen<br />

Begriffen der Nächsten- und Feindesliebe zutage. Wahrend die Feindesliebe im Islam<br />

völlig undenkbar ist, bezieht sich die Nächstenliebe ausschließlich auf andere Muslime. Menschen<br />

andere Religionszugehörigkeit sind vom rechten Weg abgekommen. Sie müssen bekehrt<br />

und können getötet werden. So gilt für einen Moslem zwar auch das Gebot der Wahrheit<br />

und Ehrlichkeit – aber nur innerhalb der Religionsgemeinschaft und nicht gegenüber Andersgläubigen.<br />

Wenn der Islam von Andersgläubigen bedroht wird, ist es für den Moslem sogar<br />

Gottes Gebot zu lügen.<br />

Ein weiterer gravierender Unterschied liegt auch in der Persönlichkeit der Religionsstifter<br />

selbst. Jesus wollte keine politische Macht sondern erklärte: „Mein Reich ist nicht von dieser<br />

Welt“. Mohammed dagegen war ein geschickter Staatsmann und Realpolitiker. Anders als das<br />

Christentum hat der Islam eine politische Zielsetzung, mit der Folge, dass der Islam nicht wie<br />

das Christentum sich in einem bestehenden Staat einrichtet, sondern immer versuchen wird<br />

einen eigenen zu gründet.<br />

<strong>Die</strong> unterschiedliche Wertigkeit von Bibel und Koran hat auch zur Folge, dass die Theologen<br />

in ganz unterschiedlicher Weise an die Quellentexte herangehen. <strong>Die</strong> Muslime gehen bis heute<br />

interpretierend, die Christen in der Moderne überwiegend kritisch und analytisch vor. Während<br />

die Bibel aus christlich-theologischer Sicht ein Bericht ist, ist der Koran für Muslime authentisches<br />

Wort Gottes. Im Christentum ist Gott in Jesus Mensch geworden; im Islam offenbart<br />

sich Gott im Koran. Der Gott der orthodoxen Muslime ist nicht prinzipiell „der Gott der Liebe“,<br />

schon gar nicht der Vater, der aus Liebe zu den Menschen seinen Sohn für sie dahingegeben<br />

hat. Thema des Korans ist eher die Liebe der Menschen zu Gott. Allah dagegen ist eher<br />

barmherzig und nicht ausrechenbar. So lässt er z.B. Gnade walten, wann immer er will,<br />

aber er kann auch richtig trickreich sein, Ränke schmieden oder jemanden in die Irre führen.<br />

Weiterhin gravierend ist, dass der islamische Wertekanon in einigen wesentlichen Punkten<br />

nicht mit den Grundsätzen der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten<br />

Nationen von 1948 überein stimmt. Sie argumentieren, dass sie schon vor 1400 Jahren die<br />

Menschenrechte von Gott in Gestalt koranischer Aussagen erhalten hätten und seitdem selbst<br />

angemessen umsetzen.<br />

Zu den Unterschieden gegenüber den Menschrechten gehören insbesondere, dass<br />

- der Islam allein wahr und allen anderen Religionen überlegen ist,


- die Meinungsfreiheit unterdrückt wird,<br />

- religiöse Minderheiten als zweitrangig betrachtet werden,<br />

- die Rechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht gewährleistet werden (Der<br />

Koran gibt z.B. das Strafmaß für Unzucht genau vor: „Wenn eine Frau oder ein Mann<br />

Unzucht begehen, dann verabreicht jedem von ihnen 100 Peitschenhiebe! Und lasst<br />

euch nicht angesichts der Religion Gottes von Mitleid mit ihnen erfassen, wenn ihr an<br />

Gott und den jüngsten Tag glaubt. Und eine Gruppe von Gläubigen soll die Vollstreckung<br />

bezeugen (Sure 24:2)),<br />

- die Gleichberechtigung der Frau nicht gewährleistet wird,<br />

- die radikale Geschlechtertrennung zu Lasten der Frau geht (wenn man aber hier in<br />

Südsizilien während des ganzen Tages nur Männer in den Kneipen sitzen sieht, ist es<br />

hier damit auch nicht weit her),<br />

- Männer (mit kleinen Einschränkungen) nur muslimische Frauen heiraten dürfen und<br />

- Musliminnen immer nur Muslime heiraten dürfen.<br />

Was ich mir gar nicht so richtig vorstellen kann, ist die geringe Wertigkeit der Frau im Islam.<br />

<strong>Die</strong> Begründung lautet, dass der Mann die schwierigeren und wertvolleren Aufgaben in der<br />

Ehe wahrnehmen muss, wie z.B. die Sicherstellung der Ernährung, das Wachen über die Ehre<br />

der Familie und die Verteidigung des Islam. Frauen haben nur hauswirtschaftliche und Kinder<br />

behütende Aufgaben. Eigenschaften, die den Frauen im Koran zugeschrieben werden sind in<br />

seltenen Fällen: rechtschaffend, gläubig, demütig oder tugendhaft; häufiger jedoch ungläubig<br />

und aufmüpfig. Deshalb ist eine Zeugenaussage einer Frau auch nur die Hälfte wert und sie<br />

bekommt vom Erbe nur die Hälfte dessen, was einem Mann zusteht.<br />

Eine Frau kann von den Eltern verheiratet werden, aber nicht, wie allgemein vermutet, ohne<br />

ihre Einwilligung. Vergewaltigung in der Ehe ist im Islam kein Thema, denn dem Mann wird<br />

das Recht zugestanden, mit seiner Frau zu schlafen, wann immer er will.<br />

In der Sure 4:34 steht: „<strong>Die</strong> Frauen aber, deren Widerspenstigkeit ihr befürchtet, verwarnt sie,<br />

meidet sie im Ehebett und schlagt sie. Und wenn sie euch dann wieder gehorchen, setzt ihnen<br />

nicht mehr zu. Siehe, Gott ist erhaben und groß.<br />

Ich bin mal gespannt, wie sich dieses Menschbild in der Realität abbildet. Tunesien ist zwar<br />

nicht Iran oder Saudi-Arabien. <strong>Die</strong> Gesetzessprechung soll von den Franzosen übernommen<br />

worden sein. Dennoch ist es mehr ein islamisches Land als die Türkei, wo bisher zumindest<br />

die Reformen von Attatürk bewirkt hatten, dass Kirche und Staat zu trennen sind. Dennoch<br />

bekennen sich 98 % der Bevölkerung zur orthodoxen sunnitischen Richtung des Islam.<br />

M ONTAG, 25. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Licata – Empedocle (24 sm)<br />

Abends ließ dann der Wind nach – zum ersten Mal seit längerem waren auch die Mücken<br />

wieder da.<br />

Ich wachte schon um 7.30 Uhr auf und lief dann um 09.00 Uhr aus. Mein Ziel ist die kleine Marina<br />

San Leone. Sie liegt ca. 2,5 sm östlich des Porto Empedocle, dem Hafen von Agrigento.<br />

Von hier aus soll es Busse zu den großartigen griechischen Überresten der antiken Stadt<br />

Agrigento geben.<br />

Es ist kaum Wind, so dass ich an der hügeligen und grün bewachsenen Küste entlang motoren<br />

muss. Nach einer Stunde ändert sich jedoch das Bild. Das Grün macht dem nackten Fels<br />

Platz und auch die Häuser verschwinden.<br />

Dann kommt gegen 11.00 Uhr etwas Wind auf. Ich versuche zu segeln. <strong>Die</strong> Dünung von gestern<br />

stoppt das Boot jedoch immer wieder und als dann der Wind wieder ganz abflaute, mußte<br />

ich um 11.45 Uhr wieder motoren.


San Leone war voll mit Motorbooten belegt. Alle schienen ihre Siesta zu halten. Da ich keinen<br />

Platz fand und am Hafen ein riesiger Jahrmarkt mit Karussellen und Achterbahn aufgebaut<br />

war, entschloss ich mich, die 2,5 sm weiter nach Empedocle zu fahren.<br />

Empedocle ist nun wirklich keine schöne Stadt. Industrieanlagen über denen sich Hochhäuser<br />

erheben. Aber ich denke, dass sich auch von hier aus das antike Agrigent besuchen kann.<br />

Im Innenhafen entdeckte ich dann auch einen freien Platz an einem Schwimmsteg. Nachdem<br />

der Hafenmeister noch mit jemandem telefoniert hatte, konnte ich dort anlegen. Obwohl Wasser<br />

und Stromversorgung vorhanden ist, kostet es hier pro Nacht stolze 30,- €. Ich habe die<br />

Vermutung, dass der Kassierer die Hälfte davon behält – aber machen kann ich nichts. Es gibt<br />

ansonsten keine anderen Liegeplätze. Vielleicht ist es auch ein Mafiosi – aussehen tut er zumindest<br />

so. Da ich im Handbuch gelesen hatte, dass hier viel gestohlen wird, wird er das viele<br />

Geld hoffentlich als Schutzgeld ansehen.<br />

Nach einem kleinen Mittagsschläfchen wusch ich erst einmal das Boot und ging dann in die<br />

Stadt um mich zu erkundigen, wie ich von hier zu den antiken Stätten von Agrigent komme.<br />

Erst einmal spricht hier wirklich keiner englisch oder deutsch. Schließlich lande ich an der<br />

Bushaltestelle. Hier erfahre ich mit Händen und Füßen, dass ich erst mit dem Bus nach Agrigent<br />

muss und dass von dort aus Busse ins alte Agrigent gehen würden. Das war ja schon<br />

mal ein Fortschritt.<br />

Als ich dann mit meinen beiden Kanistern zum <strong>Die</strong>sel holen ging, erspähe ich eine Touristeninformation.<br />

Natürlich spricht auch diese Dame nur italienisch. Ich erfahre jedoch, dass von<br />

hier aus auch Busse direkt ins antike Agrigent fahren. Schon besser.<br />

Abends gehe ich dann in die Stadt und esse eine Pizza. Empedocle hat zwar eine kleine Fußgängerzone,<br />

aber ansonsten ist es wirklich südsizilianische Provinz. Hierhin verirrt sich kein<br />

Urlauber – nicht einmal Italiener. An den Cafétischen sitzen fast ausschließlich Männer und<br />

als dann so gegen 21.00 Uhr auch ein paar Frauen auf die Straße kommen, sind es keine<br />

Highheeld-women, sondern schön gerundete italienische Mamis in Badelatschen. <strong>Die</strong> Pizza<br />

war jedoch super und kostete mit zwei großen Bier nur 10,- €.<br />

D IENSTAG, 26. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Empedocle<br />

Der Bus ins alte Agrigent fuhr dann kurz nach 09.00 Uhr. Es ging in Serpentinen hinauf und<br />

von oben konnte man schön die kilometerlangen Strände erkennen.<br />

<strong>Die</strong> archäologischen Stätten von Agrigent liegen südlich des heutigen Stadtkerns von<br />

Agrigent. Sie zeigen vor allem die Überreste von Akragas, einer der bedeutendsten antiken<br />

griechischen Städte auf Sizilien.<br />

Akragas war zwar erst 582 v. Chr. in einer zweiten Welle der griechischen Kolonisation gegründet<br />

worden, hatte sich aber bald zu der zweitwichtigsten griechischen Kolonie auf Sizilien<br />

nach Syrakus entwickelt. <strong>Die</strong>se Bedeutung fand ihren Ausdruck unter anderem in einer Reihe<br />

monumentaler Tempel, die im Verlauf des 5. Jahrhunderts v. Chr. entlang der südlichen Stadtmauer<br />

auf einem Höhenzug errichtet wurden.<br />

Auch Johann Wolfgang von Goethe schildert in seinem Werk „Italienische <strong>Reise</strong>“ seinen Besuch<br />

dieser Stätten. 1997 erklärte die UNESCO die archäologischen Stätten von Agrigent zum<br />

Weltkulturerbe.<br />

<strong>Die</strong> Stadt wurde auf einem Hochplateau aus Kalkstein errichtet. <strong>Die</strong>ses Hochplateau fällt nach<br />

drei Seiten steil ab und bot daher eine gute Verteidigungsmöglichkeit für die Stadt. Das Plateau<br />

hat einen etwa rechteckigen Grundriss mit einer Größe von 2,2 × 1,6 km. Seine Oberfläche<br />

ist nicht eben, sondern bildet eine Art Trog, der in Ost-West-Richtung verläuft. Im Süden<br />

gibt es einen Hügelrücken, an dessen Rand eine Reihe von Tempeln aufgereiht sind. Im<br />

Nordwesten schließt sich an das Plateau noch ein langgestreckter Höhenzug an, auf dem in<br />

archaischer Zeit die Akropolis lag und auf der heute der Stadtkern des neuzeitlichen Agrigents<br />

mit seinen Hochhäusern liegt.


Geschichte<br />

Archaische Zeit<br />

––– Gewässer<br />

––– Straßen (vermuteter Verlauf)<br />

––– Stadtmauer (vermuteter Verlauf)<br />

I–IX Stadttore<br />

1 Hephaistostempel<br />

2 Kolymbéthra<br />

3 Heiligtum der chthonischen Gottheiten mit<br />

Dioskurentempel und Tempel L<br />

4 Tempel des Olympischen Zeus<br />

5 Grab des Theron und<br />

Hellenistisch-Römische Nekropole<br />

6 Asklepiostempel<br />

7 Heraklestempel<br />

8 Concordiatempel und Frühchristliche<br />

Nekropole<br />

9 Heratempel<br />

10 Basilicula<br />

11 Felsheiligtum der Demeter<br />

12 Demetertempel<br />

Akragas ist die jüngste der bedeutenderen griechi- 13 Hellenistisch-Römisches Stadtviertel<br />

schen Städte auf Sizilien. <strong>Die</strong> Stadt wurde ungefähr<br />

14 San Nicola und Archäologisches Museum<br />

582 v. Chr. gemeinsam von Siedlern aus Gela und<br />

Rhodos unter den Oikisten Aristonos und Pystillos 15 Ekklesiasterion und Oratorium des Phalaris<br />

gegründet. Es wird angenommen, dass das Gebiet<br />

schon vorher zum Einflussbereich Gelas gehörte und 16 Buleuterion<br />

dass es hier an der Küste eine Handelsniederlassung 17 Athenetempel<br />

(Emporion) gab, da sonst die Siedler aus Megara<br />

Hyblaea für ihre wesentlich ältere Neugründung<br />

18 Zeustempel<br />

Selinunt nicht so weit nach Westen hätten ziehen<br />

müssen.<br />

Schon bald nach der Gründung der Stadt konnte Phalaris die Macht an sich reißen. Durch Unterschlagung<br />

von Geld, das für einen Tempelbau bestimmt war, warb er Söldner an und machte sich in einem<br />

Staatsstreich zum Alleinherrscher (Tyrannen) der Stadt. Er regierte etwa 570–555 v. Chr. und war für<br />

seine Grausamkeit berüchtigt. Er dehnte seinen Machtbereich bis weit in das Landesinnere aus.<br />

Zu seiner Zeit wurde wohl bereits die massive Stadtmauer von Akragas errichtet. Sie folgt im Wesentlichen<br />

den Außenkanten des Plateaus, umschließt aber auch den Girgenti-Hügel. Sie hat eine Länge von<br />

12 km und schließt eine Fläche von 4,5 km² ein. Neun Tore, die eine natürliche Bodensenke oder ein<br />

kleines Tal nutzten, führten in die Stadt. Teilweise waren diese Tore von Türmen flankiert. Durch das<br />

Haupttor (Tor IV), das sich in der Südmauer befand und in der Römerzeit Porta Aurea genannt wurde,<br />

führte die Straße zum Hafen. Durch das Tor I im Osten führte die Straße zur Mutterstadt Gela.<br />

Auf der Akropolis, die sich über den Girgenti-Hügel und den Athenafelsen erstreckte, wurden im 6.<br />

Jahrhundert v. Chr. ein Tempel des Zeus und zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. ein Tempel der Athena<br />

erbaut. Gegen Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. entstand der Heraklestempel nahe der Südmauer<br />

östlich der Porta Aurea.<br />

In der Senke zwischen der Akropolis und der Südmauer entwickelte sich die Stadt. Sie wurde von sechs<br />

Hauptstraßen (Plateiai) etwa in Ost-West-Richtung durchzogen, die von zahlreichen Nebenstraßen (Ste-


nopoi) rechtwinklig gekreuzt wurden. So entstanden längliche Wohnblöcke, die etwa in Nord-Süd-<br />

Richtung verliefen.<br />

Außerhalb der Stadtmauern wurde Ackerland gewonnen und durch Forts gegen Übergriffe geschützt.<br />

<strong>Die</strong> Stadt verdankte ihren Wohlstand dem Anbau von Weizen, Öl und Mandelbäumen sowie der Schafzucht.<br />

Theron, der 488 v. Chr. Tyrann von Akragas wurde, dehnte seinen Machtbereich weiter aus und machte<br />

Akragas zur zweitwichtigsten Stadt Siziliens nach Syrakus. Im Jahre 483 vertrieb er den Herrscher<br />

Terillos aus Himera und übernahm dort die Macht. Terillos bat die Karthager um Hilfe, die jedoch in<br />

der Schlacht bei Himera von Theron und seinem Schwiegersohn Gelon, dem Tyrannen von Syrakus,<br />

vernichtend geschlagen wurden.<br />

Klassische Zeit<br />

Durch die in der Schlacht bei Himera gewonnene Kriegsbeute, die als Sklaven arbeitenden Kriegsgefangenen<br />

und die Reparationen, die Karthago zu zahlen hatte, stieg der Reichtum von Akragas beträchtlich<br />

an. <strong>Die</strong>ser zeigt sich auch an den in Angriff genommenen Bauprojekten. Theron begann an der<br />

Südmauer westlich der Porta Aurea den riesenhaften Tempel des olympischen Zeus zu errichten.<br />

Pindar, der eine Zeit lang am Hof Therons weilte, beschrieb Akragas als „schönste der sterblichen Städte“.<br />

Nach dem Tod Therons und der Vertreibung seines Sohnes Thrasydaios wurde Akragas zu einer Demokratie.<br />

<strong>Die</strong> kulturelle Hochblüte dauerte das ganze 5. Jahrhundert hindurch an. Der Reichtum der Stadt<br />

in dieser Zeit beruhte besonders auf dem Handel. In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts wurde die<br />

Mehrzahl der Tempel an der Südmauer errichtet, die einem vom Meer aus ankommenden Besucher einen<br />

imposanten ersten Eindruck von dem Reichtum der Stadt vermittelten. Der Philosoph Empedokles<br />

aus Akragas schrieb zu dieser Zeit, dass die Menschen von Akragas den Luxus genossen, als ob sie<br />

morgen sterben müssten, aber Bauten errichteten, als ob sie ewig leben würden [3] .<br />

Als die Karthager, von Segesta zu Hilfe gerufen, 409 v. Chr. eine Großoffensive gegen die griechischen<br />

Städte Siziliens begannen, wurde auch Akragas 406 v. Chr. erobert und zerstört. Nachdem die Karthager<br />

406 v. Chr. mit Dionysios I. von Syrakus Frieden geschlossen hatten, durften die Bewohner von<br />

Akragas wieder in ihre Stadt zurückkehren. Sie durften die Stadt aber nicht wieder befestigen und waren<br />

zu Tributzahlungen an Karthago verpflichtet. In der Folgezeit sank Akragas zu einem unbedeutenden<br />

Dorf herab. Obwohl die Stadt später wieder aufgebaut wurde, konnte sie trotz aller Anstrengungen<br />

nie wieder ihre einstige Größe erreichen.<br />

Hellenistische Zeit<br />

Nachdem Timoleon die Karthager 340 v. Chr. in der Schlacht am Krimisos besiegt und nach Westsizilien<br />

zurückgedrängt hatte, brachte er neue Siedler nach Akragas, um es wieder zu einer funktionierenden<br />

Polis zu machen. <strong>Die</strong> neuen Häuser wurden auf den Grundmauern der zerstörten alten Bauten errichtet.<br />

Dabei wurde das bereits bestehende Hippodamische Schema der rechtwinklig zueinander verlaufenden<br />

Haupt- und Nebenstraßen übernommen.<br />

Im 3. Jahrhundert v. Chr. brachte der Tyrann Phintias (289–279 v. Chr.) auch Gela, die Mutterstadt von<br />

Akragas, unter seine Herrschaft. Er ließ Gela zerstören und siedelte seine Bewohner an der Stelle des<br />

heutigen Licata neu an.<br />

Im ersten punischen Krieg wurde Akragas 261 v. Chr. von den Römern erobert und zerstört, und seine<br />

Einwohner wurden in die Sklaverei verkauft. 255 v. Chr. wurde Akragas von den Karthagern zurückerobert,<br />

was weitere Zerstörungen mit sich brachte. Endgültig kam Akragas 210 v. Chr. unter römische<br />

Herrschaft und wurde zu einer tributpflichtigen civitas.<br />

Römische Zeit<br />

<strong>Die</strong> Römer benannten die Stadt in Agrigentum um und bevölkerten sie mit neuen Siedlern. <strong>Die</strong> Wohngebäude<br />

und die öffentlichen Bauten breiteten sich in der Senke über den Resten der griechischen Stadt<br />

aus. <strong>Die</strong> Römer errichteten keine eigenen großen Tempel, sondern bauten einige der zerstörten Tempel<br />

wieder auf und widmeten sie römischen Göttern.


Im Zuge der Verwaltungsreform des Augustus erhielt Agrigent den Status eines Municipiums. In der<br />

Kaiserzeit entwickelte sich Agrigentum wieder zu einer wohlhabenden und bedeutenden Stadt. Beim<br />

Einfall der Vandalen ab 439 kam es wieder zu Zerstörungen.<br />

In byzantinischer Zeit entvölkerte sich die Stadt immer mehr und wurde erneut zu einem unbedeutenden<br />

Dorf. Vor der Bedrohung durch die Araber, die zu Beginn des 8. Jahrhunderts Raubzüge nach Sizilien<br />

unternahmen, zogen sich die Bewohner aus dem antiken Stadtgebiet auf den Girgenti-Hügel zurück.<br />

Neuzeit<br />

Im Mittelalter und in der Neuzeit wurden die antiken Bauwerke wenig beachtet. Sie verfielen und wurden<br />

oft auch einfach als Steinbruch benutzt. Nur der Concordiatempel wurde durch seinen Umbau in eine<br />

Kirche bis ins 17. Jahrhundert weiter verwendet und blieb so nahezu unversehrt erhalten. Erst als im<br />

18. Jahrhundert durch den Klassizismus wieder ein allgemeines Interesse an der griechischen Antike<br />

erwachte, fanden auch die antiken Stätten des alten Akragas wieder mehr Beachtung. Zu dieser Zeit<br />

wurde der Concordiatempel wieder in seinen ursprünglichen Zustand als Tempel zurückversetzt, und<br />

Säulen und Architrav an der Nordseite des Heratempels wurden wieder aufgerichtet. Da Griechenland<br />

damals Teil des Osmanischen Reiches und daher sehr viel schwieriger zu bereisen war, fuhren viele an<br />

der antiken griechischen Kultur Interessierte nach Unteritalien und Sizilien, um dort die ehemaligen<br />

griechischen Kolonien zu besichtigen. <strong>Die</strong> archäologischen Stätten von Agrigent waren dabei fester Bestandteil<br />

dieser <strong>Reise</strong>n.<br />

In Deutschland wurden die antiken Stätten im 18. Jahrhundert vor allem durch die Italienische <strong>Reise</strong><br />

Johann Wolfgang von Goethes und den Spaziergang nach Syrakus Johann Gottfried Seumes bekannt.<br />

Der Zeichner Christoph Heinrich Kniep, der Goethe auf seiner italienischen <strong>Reise</strong> begleitete, und die<br />

Maler Jacob Philipp Hackert und Ferdinand Georg Waldmüller schufen Bilder der antiken Bauwerke,<br />

und Johann Joachim Winckelmann verfasste die Anmerkungen über die Baukunst der Tempel zu Grigenti<br />

in Sizilien. Architekten und Bauforscher wie Leo von Klenze, Friedrich von Gärtner und Karl<br />

Friedrich Schinkel besuchten auf ihren Studienreisen durch Süditalien und Sizilien auch Agrigent.<br />

Im 19. Jahrhundert erfolgten dann systematische Untersuchungen der antiken Stätten. Erste ausführliche<br />

Ausgrabungen wurden in den 30er Jahren unter Serradifalco durchgeführt. Zu dieser Zeit wurde auch<br />

die Ecke des Dioskurentempels wiederaufgerichtet. <strong>Die</strong>se Rekonstruktion gilt jedoch heutzutage in der<br />

Fachwelt als verfehlt, da dabei anscheinend auch Elemente benachbarter Bauten (evtl. des Tempels L)<br />

aus verschiedenen Stilepochen verwendet wurden.<br />

<strong>Die</strong> wichtigsten vier Tempel liegen in einer Reihe am steilen Südabhang, also dem Meer zugewandt.<br />

Dabei interessierte mich insbesondere der Concordiatempel.<br />

<strong>Die</strong>ser zählt zu den besterhaltenen Tempeln der griechischen Antike. Der Concordiatempel<br />

wurde etwa 440 bis 430 v. Chr.<br />

errichtet. Da er auf einem sehr<br />

unebenen Terrain steht, ist er<br />

auf einem Sockel errichtet, der<br />

die Unebenheiten des Fels<br />

ausgleicht. Sein Grundriss entspricht<br />

der für Agrigent<br />

typischen Form der klassischen<br />

Zeit mit einer Säulenhalle von 6<br />

× 13 Säulen (16,92 × 39,44 m).<br />

Der Concordiatempel ist der am<br />

genauesten ausgeführte Tempel<br />

von Akragas, die Schwankung<br />

der Jochbreiten beträgt<br />

lediglich 5 mm. Anders als<br />

beispielsweise für die Tempel<br />

auf der Akropolis von Athen, die<br />

aus Marmor erbaut sind, wurde<br />

für die Tempel Agrigents als


Baumaterial Kalkstein verwendet, der im nahen Flusstal des Akragas gebrochen wurde. Der<br />

Kalkstein wurde zum Abschluss der Bauarbeiten mit einer Stuckschicht überzogen, um ihm<br />

ein marmorartiges Aussehen zu geben. Einige Strukturelemente der Tempel waren farbig gestaltet.<br />

<strong>Die</strong> Dachziegel waren aus Marmor.<br />

Bischof Gregorius von Agrigentum ließ den Tempel im Jahre 597 in eine christliche Basilika<br />

umwandeln und den Aposteln Petrus und Paulus weihen. Dabei wurden die Cellawände durch<br />

je 12 Bogen durchbrochen und die Zwischenräume zwischen den Säulen zugemauert, wie es<br />

heute noch an der Kathedrale von Syrakus zu beobachten ist. Der Eingang wurde an die<br />

Westseite verlegt. <strong>Die</strong> Sakristei wurde im ehemaligen Pronaos untergebracht. Im Tempelinneren<br />

fand man Standbilder von zwei punischen Götterbildern, die entfernt wurden. Es wird daher<br />

vermutet, dass bereits in griechischer Zeit zwei Götter hier verehrt worden waren und dass<br />

dies der Tempel ist, der ursprünglich den Dioskuren geweiht war.<br />

<strong>Die</strong> Kirche wurde auch nach der Aufgabe der Stadt bis ins 17. Jahrhundert weiter benutzt.<br />

1748 wurde sie weitgehend wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückverwandelt.<br />

Nachdem ich noch beim Heraklestempel und dem Heratempel, von dem noch 25 der 34 Säulen<br />

der Ringhalle stehen, gewesen war, machte ich mich auf zu einem riesigen Steinhaufen,<br />

der nach dem <strong>Reise</strong>führer 6000 qm bedecken soll.<br />

Hier stand früher ein für damalige Verhältnisse gigantischer Bau, der sogenannte Tempel des<br />

Olympischen Zeus (Olympieion). Der Tyrann Theron ließ diesen Tempel um 480 v. Chr. nach<br />

dem Sieg über die Karthager in der Schlacht bei Himera erbauen. Er sollte den Sieg des griechischen<br />

Geistes über die Barbaren verherrlichen. <strong>Die</strong> Widmung des Tempels an Zeus ist<br />

durch den Historiker Diodor bezeugt, der eine Beschreibung des Tempels hinterließ. Mit einer<br />

Abmessung von 52,74 × 110,10 m war das Olympieion von Akragas der größte Tempel im<br />

dorischen Stil und der drittgrößte griechische Tempel der Antike überhaupt. Östlich des Tempels<br />

ist noch der mächtige Opferaltar zu erkennen, auf dem die Hekatombe, das gleichzeitige<br />

Opfer von 100 Stieren, dargebracht wurde.<br />

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etwa 21 m hohen Pfeilern, die durch Mauern verbunden<br />

waren, die ungefähr bis zur halben Höhe der Pfeiler<br />

reichten. <strong>Die</strong> Pfeiler waren durch eine durchgehende<br />

Mauer verbunden. <strong>Die</strong> Ringhalle des Tempels war überdacht,<br />

während man bei der Cella davon ausgeht, dass<br />

sie nach oben hin offen war.<br />

Im Aufriss sprang der obere Teil der Außenwand zurück<br />

und bildete so Nischen, in denen fast 8 m hohe Figuren<br />

von Giganten, die sogenannten Telamone, aufgestellt<br />

waren und die Last des Gebälks trugen. <strong>Die</strong> Telamone<br />

hatten karthagische Züge und symbolisierten die unterlegenen<br />

Barbaren, die für die überlegenen Griechen Skla-<br />

<strong>Die</strong> Cella bestand aus zwei


venarbeit verrichten mussten. Darauf spielte auch die Darstellung des Kampfs der olympischen<br />

Götter gegen die Giganten im Giebelfeld des Ostgiebels an.<br />

Bei der Eroberung von Akragas durch die Kartager 406 v. Chr. wurde der Tempel, der noch<br />

nicht fertig gestellt war, zerstört. Deswegen und weil der Tempel aus relativ kleinen Quadern<br />

erbaut war, die gut weiter zu verwerten waren, sind von dem einst monumentalen Olympieion<br />

nur noch die Grundmauern und einige Säulen- und Kapitellreste übrig geblieben.<br />

Trotz der Hitze machte ich mich dann noch zum ca. 2 km entfernten Museum auf. Hier ist vieles<br />

aus allen Zeitepochen zusammen getragen, was in Sizilien gefunden wurde; u.a. sehr<br />

schöne Tongefäße, Särge aus der römischen Zeit, Waffen und viele Gebrauchsgegenstände<br />

und Skulpturen. In der mittleren Halle hat man einen Telamon senkrecht an einer Wand aufgestellt.<br />

Er lässt eindrücklich die Größe erkennen, in der dieser Tempel errichtet worden war.<br />

Ein Modell machte dann auch den ganzen Bau anschaulich.<br />

Nach all diesen alten Steinen machte ich mich dann doch recht müde und etwas von der Sonne<br />

gebeutelt auf den Heimweg. Ich fand auch gleich einen Bus, der mich zum Hafen zurück<br />

brachte. Nach einem kleinen Einkauf ruhte ich mich erst einmal aus.<br />

M ITTWOCH, 27. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Empedocle<br />

Es begann schon gestern Nachmittag. Ich fühlte mich schlapp und müde und konnte mich gerade<br />

noch einmal aufraffen Frikadellen zu machen. Dann hatte ich aber schon keinen Hunger<br />

mehr.<br />

In der Nacht hatte ich dann wieder meine Rückenschmerzen, die bisher nicht wieder aufgetaucht<br />

waren, und mein Kopf schien mir zu platzen. Meine Augen tränten und ich fror. So entschied<br />

ich mich hier zu bleiben. Da es an der Pier einfach zu teuer war, fuhr ich, nachdem ich<br />

mir noch Aspirin geholt hatte, in den Vorhafen und warf dort meinen Anker.<br />

Dann habe ich fast den ganzen Tag geschlafen. Abends ging es mir dann wieder etwas besser.<br />

Mich hetzt ja keiner und ich habe noch ausreichend Zeit bis zum 6. September nach Tunesien<br />

zu kommen. Das Wetter wird laut Wetterbericht vermutlich auch mitspielen – eher zu<br />

wenig als zu viel Wind, wie ich es in der Ägäis gewohnt war.<br />

Nachdem ich fast den ganzen Tag über geschlafen hatte, ging es mir abends wieder besser.<br />

D ONNERSTAG, 28. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Empedocle – Sciacca (29 sm)<br />

Da ich ja gestern viel geschlafen hatte, wachte ich schon um 06.30 Uhr auf, so dass ich schon<br />

um 07.00 Uhr auf dem Weg nach Sciacca war. Das war auch gut so, denn nachmittags blies<br />

der Wind mit 5 – 6 Bft genau daher, wo ich hin wollte.<br />

So kam ich so gegen 12.00 Uhr im Hafen an. Ich fand dann auch gleich einen Liegeplatz am<br />

Steg. Elegant manövrierte ich das eigentlich bei Rückwärtsfahrt recht störrische Boot zwischen<br />

zwei andere. Der Club ist so freundlich, dass man es kaum glauben kann. Mir wurde<br />

Café angeboten und anschließend schenkte man mir noch eine Flasche hiesigen Rotwein.<br />

Auch das Mieten eines Autos machte keine Probleme. Ein Anruf und ich hatte für morgen einen<br />

Fiat Punto, mit dem ich mir die archäologischen Ausgrabungsstätten in Selnunte angucken<br />

und anschließend noch bei Lidl einkaufen will.<br />

Nachmittags kam ich dann ins Gespräch mit einem Franzosen auf dem 13-m-Katamaran neben<br />

mir. Da er übermorgen auch über Pantelleria nach Hammamet will und auch dort überwintert,<br />

lud er mich zum Café ein. Er segelt mit seiner Frau und zeitweise sind auch seine Kinder<br />

und Enkelkinder mit an Bord. Paul und Dominique haben schon viel vom Mittelmeer gesehen.<br />

Vorletztes Jahr sind sie die ganze algerische Küste entlang gesegelt und dieses Jahr kommen<br />

sie aus dem Ionischen Meer. Solch ein Katamaran hat ja was. Ein riesiger Wohnraum mit


Stehhöhe und einen vollen Rundumblick. Als ich dann wieder bei mir an Bord war, fühlte ich<br />

mich wie in einer kleinen Höhle. Früher hatte mich diese Enge ja nicht gestört. Aber je älter ich<br />

werde, desto weniger liebe ich Zeltatmosphären. Andererseits ist solch ein Katamaran auch<br />

ganz schön breit. Ich glaube, ich hätte Schwierigkeiten, ihn alleine zu segeln und in den Häfen<br />

kostet er fast das Doppelte. Aber die beiden scheinen, zumindest was Geld angeht, keine<br />

Probleme zu haben.<br />

Dann sprach ich noch mit meinem Nachbarn zu Linken. Es ist ein ganz stämmiges Boot von<br />

ca. 12 m Länge, mit dem sie von Ostkanada hierher gesegelt sind. Auch sie wollen über Pantellaria<br />

nach Tunesien – überwintern jedoch in Monastir.<br />

Dann telefonierte ich noch schon lange und günstig über meine italienische Telefonkarte mit<br />

Brunhild, die so richtig in den Vorbereitungen zur Silberhochzeit steckt. Aber sie macht einen<br />

ganz ausgeglichenen und munteren Eindruck. Ich hab mich aber auch gefreut, als sie sagte,<br />

dass ich ihr fehle – und sie fehlt mir auch.<br />

F REITAG, 29. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Sciacca<br />

Heute nehme ich Abschied von Griechenland. Ich habe mir ein Auto gemietet und besuche die<br />

ca. 20 km im Westen liegenden Überreste der westlichsten Kolonie Griechenlands aus dem 6.<br />

bis 4. Jahrhundert vor Chr.<br />

Es ist ein schöner klarer Morgen. <strong>Die</strong> Fahrt führt mich an der Küste entlang durch ein fruchtbares<br />

Agrarland mit Olivenhainen bis zum Horizont und großen Weinfeldern, die gerade abgelesen<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong> ausgedehnte Fundstätte besteht aus den Überresten der alten griechischen Stadt Selinus,<br />

die in der Antike zu den wichtigsten Städten Siziliens zählte. Davon zeugen u. a. die zahlreichen<br />

Tempel, die zu den bedeutendsten griechischen Tempeln Siziliens zählen. In den vergangenen<br />

Jahrzehnten wurden große Teile der antiken Stadt ergraben.<br />

Selinunt wurde 628 v. Chr. von<br />

Dorern aus dem sizilischen Megara<br />

Hyblaea gegründet und hat danach<br />

nur rund 400 Jahre existiert. <strong>Die</strong><br />

Stadt war die westlichste griechische<br />

Kolonie an der Südküste der<br />

Insel; sie war berühmt für ihre<br />

fruchtbaren Böden, auf denen ein<br />

besonders guter Weizen wuchs,<br />

und erlangte rasch großen Reichtum,<br />

der sich insbesondere in den<br />

zahlreichen großen Tempelbauten<br />

manifestierte.<br />

Selinunt war die einzige griechische<br />

Stadt, die 480 v. Chr. auf<br />

Seiten Karthagos kämpfte. Danach<br />

scheint das Bündnis aber gelöst<br />

worden zu sein. <strong>Die</strong> Konflikte zwischen dem griechischen Selinunt und der einheimischen<br />

Siedlung Segesta eskalierten in der Folgezeit und führten schließlich zu einem Eingreifen der<br />

Großmächte Athen und Sparta. Da Selinunt sich die Verwüstung Segestas "leistete", wurde<br />

die Stadt von Karthago 409 v. Chr. nach einem Krieg mit 16.000 Toten und 5000 Gefangenen<br />

zerstört. Von Griechen und Puniern wurde der Ort wieder aufgebaut; er geriet im späten vierten<br />

Jahrhundert endgültig unter karthagische Kontrolle und wurde wohl fast ausschließlich von<br />

Puniern bewohnt, bis Selinunt im Ersten Punischen Krieg 250 v. Chr. geräumt und anschließend<br />

endgültig zerstört wurde.


<strong>Die</strong> Stadt wurde von den Griechen ungewöhnlich regelmäßig angelegt: Genormte Breiten der<br />

Straßen von 9, 6,5 und 3,5 m. Jeder Hausblock war genau 100 Fuß breit. <strong>Die</strong> Rinnsteine waren<br />

im rechten Winkel verlegt und die bislang erste Wendeltreppe der Geschichte wurde in einem<br />

der Häuser gefunden.<br />

Sämtliche Gebäude und Tempel Selinunts sind bereits vor Jahrhunderten aufgrund von Erdbeben<br />

eingestürzt. Einer von ihnen wurde 1956 wieder aufgebaut.<br />

<strong>Die</strong> <strong>gesamte</strong> Anlage ist riesengroß. Es sollen dort einmal 40 000 Griechen und 100 000 Sklaven<br />

gelebt haben. Da man die Tempel nicht bestimmten Gottheiten zuordnen konnte, haben<br />

die Archäologen sie nummeriert. Es gibt zwei Tempelkomplexe. Der eine mit 4 Tempeln liegt<br />

auf einem mit einer gewaltigen Mauer umgebenen Felsen direkt am Meer. Links und rechts<br />

münden Flüsse. Dort hat es früher auch einen Hafen gegeben, der aber jetzt verlandet ist. Der<br />

Tempel „C“ aus der Mitte des 6. Jahrhunderts wird gerade restauriert.<br />

Etwas zwei Kilometer östlich dieser Akropolis liegt eine weiteres Tempelfeld,auf einem Hügel,<br />

der seinerzeit der am dichtesten besiedelte Teil der Stadt war. Hier befinden sich Reste von<br />

12 Tempeln aus dem 6. und 5. Jahrhundert v. Chr., darunter der vermutlich der Göttin Hera<br />

geweihte Tempel „E“ (um 460-450 v. Chr.), der auf zwei Vorläuferbauten steht und als dorischer<br />

Peripteros (6 mal 15 Säulen) restauriert wurde, sowie der um 520 v. Chr. begonnene<br />

und unvollendete Tempel „G“, der mit einer Grundfläche von 50 mal 110 Meter einer der größten<br />

griechischen Tempel ist. Im riesigen Schutthaufen dieser Tempel fand man einen 70 t<br />

schweren Giebel. Es ist erstaunlich, wie man im 6. oder 5. Jahrhundert schon in der Lage war<br />

derart schwere Objekte millimetergenau in 20 m Höhe anzubringen.<br />

Ca. 10 km weiter westlich befinden<br />

sich Rocche di Cusa, der antike<br />

Steinbruch, aus dem das <strong>gesamte</strong><br />

für den Bau der Tempel<br />

verwendete Material stammt. Sehr<br />

anschaulich ist dort zu sehen, wie<br />

Säulentrommeln, die für den unvollendeten<br />

Tempel G vorgesehen<br />

waren, aus den Felsen herausgearbeitet<br />

wurden. Es ist mir unvorstellbar,<br />

wie man diese tonnenschweren<br />

Steinbrocken über 10<br />

km zu den Tempeln geschafft hat.<br />

Auf dem Weg nach Rocche di Cusa,<br />

sehe ich plötzlich an der<br />

Durchgangsstraße einen Lidl. Ich<br />

kaufe ordentlich Alkoholika ein, die<br />

im moslemischen Tunesien viel<br />

teurer sein sollen. Das sind u.a. 30<br />

Flaschen Wein, 72 Dosen Bier und<br />

7 Flaschen Gin. Es ist wirklich sehr<br />

viel günstiger als in den anderen<br />

Supermärkten. In Sciaccia, wo ich<br />

in einer auch sehr günstigen<br />

italieni-schen Supermarktkette<br />

noch Butter kaufte, verglich ich die<br />

Preise. Bier: mindestens doppelt<br />

so teuer, Gin: 11,- € anstelle von<br />

4,45 € und Wein zwei bis drei Euro<br />

teurer. So hab ich den Preis für<br />

den Leihwagen wieder gut drin und<br />

habe auch noch viel vom Land<br />

gesehen.


Das An-Bord-Bringen hatte es dann natürlich in sich: Einen langen Steg bis zum Schiff und<br />

dann bei nicht ganz so kühlen Temperaturen alles alleine übers Heck einladen. Ich war nachher<br />

ganz schön geschafft, aber wir werden in Tunesien davon viel gut haben.<br />

Nachdem ich alles besichtigt und gut<br />

eingekauft hatte, fuhr ich auf dem<br />

Rückweg noch etwas ins Landesinnere.<br />

<strong>Die</strong> Olivenhaine treten gegenüber<br />

großen, schon abgemähten<br />

Weizenfeldern, die sich bis auf<br />

die Höhen der vielen kleinen Hügel<br />

hinaufziehen, zurück. Überall stehen<br />

Rauchwolken über dem Land, die<br />

von kleinen Feuern herrühren, mit<br />

denen die Stoppeln der Felder<br />

abgebrannt werden. Zwischendurch<br />

sieht man immer wieder Weinanpflanzungen,<br />

die mit ihrem satten<br />

Grün das Gelb der Felder<br />

auflockern.<br />

Über Santa Ninfa komme ich<br />

auf kleinen Straßen zu den<br />

Ruinen von Gibellina. In der<br />

Nacht des 14. Januar 1968<br />

wurde diese Stadt durch ein<br />

verheerendes Erdbeben völlig<br />

zerstört. <strong>Die</strong> Ruinen begrub<br />

der umbrische Maler Alberto<br />

Burri z.T. unter weißem Zement<br />

und schuf damit das<br />

Kunstwerk „Il Cretto“ (der<br />

Riss). <strong>Die</strong> neue Stadt Gibellina<br />

liegt jetzt 18 km weiter westlich.<br />

<strong>Die</strong> Fahrt durch diese<br />

Trümmerwüste hat mich ganz<br />

schön betroffen gemacht – wie<br />

nach einem Bombenangriff.<br />

Nachdem ich abends noch<br />

<strong>Die</strong>sel geholt hatte, gönnte ich<br />

mir ein Schwertfischfilet in einem kleinen Straßenrestaurant.<br />

S AMSTAG, 30. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Sciacca – Pantelleria (68 sm)<br />

Um 04.15 Uhr laufe ich aus. Es weht ein ganz leichter Wind aus NNW.<br />

Kurz nach Sonnenaufgang hat der Wind auf 3 Bft zugenommen. Ich setze zum Großsegel die<br />

Genoa und laufe etwas mehr als 4 kn.<br />

Um 08.00 Uhr holte ich auch noch das Besamsegel hoch. Es bringt noch einmal fast ½ kn.<br />

Gegen 11.30 Uhr ließ der Wind dann so nach, dass ich nur noch 3 kn lief. Da der Wind leicht<br />

raum (schräg von hinten) einfiel, ließ ich die Maschine wieder langsam mitlaufen, und so hatten<br />

wir wieder unsere <strong>Reise</strong>geschwindigkeit von 5 kn.<br />

Kurz vor Pantelleria holte mich der französische Katamaran ein, der 1,5 Stunden nach mir<br />

ausgelaufen war. Wir machten Fotos voneinander.


Im Hafen von Pantelleria,<br />

den wir kurz nach 17.00<br />

Uhr erreichten, machten<br />

wir im neuen Hafen an einem<br />

Steg längsseits fest.<br />

Der alte Hafen in der Stadt<br />

schien mir für einen Samstagabend<br />

zu laut. Paul erkundigte<br />

sich dann bei der<br />

Guardia Costiera, deren<br />

Boote hier in der Nähe liegen,<br />

ob wir hier liegenbleiben<br />

könnten. <strong>Die</strong> sagten<br />

dann, dass das so in Ordnung<br />

sei.<br />

Abends gingen Paul, Dominique<br />

und ich dann noch ein einem kleinen Fischrestaurant essen. Dann fiel ich todmüde in<br />

die Koje.<br />

S ONNTAG, 31. A UGUST <strong>2008</strong><br />

Pantelleria<br />

Da der Platz nichts kostet, ich noch etwas Zeit habe und die Insel recht schön aussieht, beschließe<br />

ich hier zu bleiben.<br />

Als ich dann schon gegen 9.30 Uhr in der kleinen Stadt war, sehe ich ein paar Motorroller zu<br />

mieten. Ich entschließe mich für 20,- € eine Inselrundfahrt zu machen.<br />

Pantelleria entstand vor etwa 350.000 Jahren durch die erste von insgesamt acht Eruptionen.<br />

Vor 45.000 Jahren implodierte die Insel dann bei einem heftigen Vulkanausbruch, und die Hügel,<br />

Berge und Täler entstanden. <strong>Die</strong> Insel hat eine Fläche von ca. 83 km², bei maximal 14 km<br />

Länge und 9 km Breite.<br />

Hier im Süden ist der Motorroller das beste Fortbewegungsmittel. Man hat spürt den frischen<br />

Fahrtwind und hat einen wunderbaren Rundumblick. Schade nur, dass ich das alles nur alleine<br />

sehen kann und Brunhild nicht dabei ist.<br />

Bis auf einige Lavaströme ist die<br />

Insel auch noch im Spätsommer<br />

grün. Das wird hervorgerufen<br />

durch die intensive Landwirtschaft,<br />

viele Kakteen und einen<br />

riesigen Baumbestand um die<br />

Berge herum. Fast alle Häuser<br />

sind aus porösem Lavagestein<br />

errichtet, das vermutlich gut<br />

dämmende Eigenschaften hat. Da<br />

die Insel sehr wasserarm ist<br />

haben diese Häuser geschwungene<br />

weiße Dächer, mit denen<br />

das Regenwasser aufgefangen<br />

wird.<br />

Ich umrunde die Insel auf der Ringstraße. Im Westen biege ich zwischenzeitlich ins Innere ab<br />

und suche die Straße, die auf den 836 m hohen Montagna Grande führt. Da alles schlecht beschildert<br />

ist, brauche ich eine Weile dafür. Aber das hat sich gelohnt. <strong>Die</strong> Straße schlängelt<br />

sich durch schattenspendende, toll riechende Kiefernwälder in Serpentinen immer weiter hinauf.<br />

Hier bekomme ich dann auch etwas mehr Sicherheit im Roller fahren. Von oben hat man


einen atemberaubenden Blick über die Insel und das weite Meer. Es sieht so viel weiter aus<br />

von hier oben, als von Bord des Bootes. Wenn man dann ein Segel sieht, ist es nur ein einsamer<br />

Punkt und man kann sich gar nicht vorstellen, dass man von dort irgendwo hinter dem<br />

Horizont mit solch einer kleinen Nussschale hergesegelt ist. Leider ist die Sicht nicht so gut,<br />

so dass das 85 km entfernte Tunesien nicht zu sehen ist.<br />

Auf dem Rückweg mache ich noch eine Rast an der türkisen Ankerbucht von Porto Levante.<br />

Da Sonntag ist, sind viele kleine Motorboote unterwegs. <strong>Die</strong> Insel soll das schönste Tauchrevier<br />

des Mittelmeers haben.<br />

Auf der Rundreise treffe ich Paul und Dominique, die sich auch einen Roller gemietet haben.<br />

Sie sagten mir, dass sie ihren Liegeplatz plötzlich räumen mussten. Carbanieri kamen und<br />

verscheuchten sie. Sie fragten auch nach meinem Boot, aber die beiden antworteten, dass sie<br />

mich nicht kennen würden.<br />

Als ich dann zurück kam, hatten am ehemaligen Platz des Katamarans schon andere Segler<br />

angelegt. Der französische Katamaran liegt jetzt zwischen den Fischern. Ich bleibe erst einmal<br />

hier, da ich ja von nichts weiß und morgen sowieso weiter will.<br />

Dann kam doch tatsächlich noch ein Cabanieri. Er sagte uns aber ganz nett, dass wir bis morgen<br />

hier liegenbleiben könnten.<br />

M ONTAG, 1. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Pantelleria – Kelibia (Tunesien) (40 sm)<br />

Afrika ruft. Um 07.00 Uhr stehe ich auf. Da es fast windstill ist, verlege ich das Frühstück auf<br />

See, so dass ich schon um 07.15 Uhr unterwegs bin.<br />

Draußen empfängt mich ein leichter Südwind, so dass ich gleich die Segel setze. <strong>Die</strong>ser<br />

nimmt dann im Laufe des Tages auf 5 Bft zu, so dass ich am Wind gut meine 5 bis 6 kn schaffe.<br />

Tunesien empfängt mich jedoch mit einer geschlossenen Wolkendecke. So kommt die<br />

Küstenline erst gegen 13.00 Uhr in 10 sm Entfernung in Sicht. Eine halbe Stunde später lässt<br />

der Wind dann so weit nach und kommt so sehr von vorne, dass ich die Maschine anwerfen<br />

muss.<br />

Ich dusche mich noch einmal – schließlich komme ich in ein muslimisches Land. Ich setze die<br />

tunesische Flagge und zum Einklarieren darunter die gelbe Flagge Q.<br />

Je weiter ich in Richtung<br />

Land komme, desto weiter<br />

geht auch der Wind zurück.<br />

Als ich gegen 15.30 Uhr einlaufe,<br />

weht nur noch ein<br />

leichtes Lüftchen aus Ost.<br />

Ein Mann empfängt mich<br />

und lässt mich als viertes<br />

Schiff im Päckchen an die<br />

Einklarierungspier gehen. Ich<br />

zahle dafür 1 Päckchen Zigaretten<br />

als Bakschisch. Er<br />

informiert dann auch die<br />

Einwanderungsbehörde und<br />

den Zoll, die dann auch<br />

gleich kommen. Der Papierkram<br />

geht schnell über die<br />

Bühne. Der Zoll wirft einen<br />

Blick in alle Räume und will<br />

den Alkohol sehen. Bier und<br />

Wein fällt nicht darunter aber die 8 Flachen Schnaps werden genau gezählt. Während der


Mann vom Zoll Bakschisch vehement ablehnt, verlangt der Polizist ein „cardeaux“. Da Ramadan<br />

ist, will er weder Zigaretten noch Alkohol. Er möchte Euro. Ich zahle 10,- €. Dann ist die<br />

Prozedur vorbei und ich kann die Quarantäneflagge runter holen.<br />

Es ist glücklicherweise immer noch bewölkt und somit trotz Schwüle ganz gut aushaltbar. Aber<br />

es stinkt in diesem Fischerhafen – nach Abwasser und Fisch. Glücklicherweise besitzt die Nase<br />

ein recht gutes Adaptionsvermögen.<br />

Über dem Hafen thront eine Festung, die zum Aufstieg reizt. Da ich hier jedoch heute kein<br />

Geld mehr eintauschen kann und auch alle Kneipen wegen des Ramadan geschlossen sind,<br />

bleibe ich an Bord. Ich werde schon noch mal hierher kommen, wenn wir die Nordküste erkunden.<br />

Von einem Boot in unsere Reihe konnte ich mir einen Wasserschlauch ausleihen und die VE-<br />

LA abspritzen. So kam ich ins Gespräch mit diesem Tunesier. Er hat Probleme mit seiner Maschine<br />

und bleibt noch ein paar Tage hier. Wir sprachen über den Ramadan, den er gewissenhaft<br />

einhält. Er machte mich dann auch darauf aufmerksam, dass alle Mohammedaner,<br />

gerade im Ramadan, anderen helfen und abgeben. Ich sagte, dass ich gelesen hätte, dass<br />

das nur unter Mohammedaner gelte. Er sagte, dass das nicht stimmen würde und als er hörte,<br />

dass ich kein Geld eintauschen könne, bot er sich gleich an, mir etwas zu leihen, damit ich<br />

Kaffee trinken gehen könnte. Er könnte mir aber auch mit Essen und Kaffee aushelfen.<br />

Abends nach 20.00 Uhr – vermutlich mit endlich wieder gefülltem Magen – brach im Hafen die<br />

Hölle aus. Alle Fischer liefen unter lautem Palaver aus.<br />

D IENSTAG, 2. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Kelibia – Hammamet (40 sm)<br />

<strong>Die</strong> Nacht war dann ganz ruhig.<br />

Morgens zog ich mir dann eine lange Hose an (keiner hat hier kurze Hosen an) und wollte zur<br />

Bank und Brot holen. <strong>Die</strong> Bank ist jedoch in der 3 km entfernten Stadt. Der Tunesier auf dem<br />

Nachbarboot schenkte mir etwas Geld, so dass ich mir ein Taxi nehmen konnte. Taxis sind<br />

hier ganz billig. Da es keine Bankautomaten gibt, tauschte ich 100,- € um. Ich erhielt dafür<br />

178,- Dinar. Das ist ein recht guter Wechselkurs. Im Baedeker ist der Wechselkurs noch mit<br />

1,65 angegeben.<br />

In der Stadt waren fast alle Geschäfte und alle Restaurants wegen des Ramadan geschlossen.<br />

Brot gibt es auch erst wieder abends zu kaufen. Hier sah ich dann auch die ersten Frauen.<br />

Fast alle hatten Kopftücher auf und waren in lange Kleider gehüllt. Im Hafen, wo morgens<br />

mit großem Getöse und Palaver der Fisch verkauft wurde, wimmelte es von Menschen – aber<br />

ausschließlich Männer.<br />

Mein Nachbar schenkte mir dann noch ein Brot, was ich mit einer Packung Zigaretten beantwortete.<br />

Dann lief ich um 10.15 Uhr aus.<br />

Ein ganz leichter Ostwind kräuselt das Meer – an Segeln ist leider nicht zu denken.<br />

Um 12.00 Uhr ist es dann so weit. Das Land hat sich so weit aufgewärmt, dass der Ostwind<br />

stärker wird. Ich setze das Groß und den Besan und entrolle die Genoa. So langsam steigert<br />

sich bei halbem Wind die Geschwindigkeit auf über 6 kn. <strong>Die</strong> flache Küste mit ihren weißen<br />

Sandstränden zieht vorbei – man könnte, wenn es nicht so warm wäre, an Dänemark denken.<br />

Gegen 15.00 Uhr passiere ich Ras Mamour und muss um weitere 30 Grad abfallen. Der Himmel<br />

hat sich plötzlich dunkel bezogen und es sieht etwas nach Gewitter aus. Da der Wind<br />

dann auch noch dreht und achterlich so einfällt, dass das Groß der Genoa den Wind weg<br />

nimmt, berge ich es und fahre mit Genoa und Besan weiter.<br />

Nach dem Kap beginnt eine Ferienregion. Hier stehen Hotels, es wird gesegelt und Wasserski<br />

gelaufen.


Um kurz nach 16.00 Uhr donnerte es in der Ferne. Der Wind schlief ein und ich barg dann alle<br />

Segel, um mit Maschine weiter zu fahren. Dann fing es leicht zu regnen an und über den Bergen<br />

blitzte es.<br />

Als ich dann um 18.00 Uhr in die Yasmine Marina Hammamet einlief, war das Gewitter fortgezogen.<br />

Yasmine Marina Hammamet: ist ein Ferienort und hat mit Tunesien so viel zu tun wie Zucker<br />

mit Salz. Hotels, Restaurants, breite Boulevards und noch breitere Bürgersteige. Eine sehr<br />

saubere, gepflegte und sicher Marina mit über 700 Liegeplätzen. Der tunesische Ort Hammamet<br />

ist ca. 12 km entfernt. Man kommt dort entweder mit dem Bus hin (40 Cent) oder mit dem<br />

Taxi (3,50 €).<br />

Abends gönnte ich mir dann ein schönes Essen: Zwiebelsuppe, Filetsteak und zwei Bier (16,-<br />

€).<br />

Obwohl in der Stadt Musik spielte, war es im Hafen total ruhig.


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

9. T EIL DER R EISE VOM 3. BIS 30. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Von Hammamet nach Monastir (1. Rundreise an Tunesiens Ostküste)<br />

An Bord: Volker, Friedhelm und dann Angelo)


M ITTWOCH, 3. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Hammamet<br />

Heute morgen kam Wolfgang. Er und Eva leiten hier den Trans-Ocean-Stützpunkt. Er konnte<br />

mir viele Fragen beantworten.<br />

So wird er mich am Samstagmorgen zum Flughafen nach Tunis bringen. Er sagte mir, wo ich<br />

meine Wäsche waschen lassen kann und gab mir auch sonst noch viele Tipps.<br />

Ich pacht dann mein Fahrrad aus und erkundete die Umgebung. Mammamet-Yasmine ist eine<br />

riesige Ferien-Retortenstadt und es wird immer noch gebaut. <strong>Die</strong> tollen weißen Strände und<br />

die doch recht günstigen Preise laden ja geradezu dafür ein. So kostet alles in TDN ca. so viel<br />

wie in Euro. Aber für einen Euro bekommt man z.Zt. 1,78 TDN.<br />

Viele Häuser sind zwar fertig, aber noch nicht belegt. Da ist noch viel Platz für Restaurants,<br />

Bars und Geschäfte.<br />

Abends war ich dann in einem schönen Restaurant essen. Das Essen war sehr gut – ich habe<br />

aber lange warten müssen.<br />

D ONNERSTAG, 4. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Hammamet<br />

Um 9.30 Uhr nahm mich Wolfgang mit seinem Auto mit ins ca. 15 km entfernte Hammamet. Er<br />

zeigte mir alles und setzte mich dann schließlich bei der Wäscherei ab.<br />

Anschließend machte ich einen Bummel durch Hammamet. Ramadan macht sich hier ganz<br />

gut bemerkbar. Alle Restaurants und Bars sind geschlossen. Aber es gibt gute Fleischereien,<br />

Obstgeschäfte und Supermärkte.<br />

<strong>Die</strong> Medina sieht von außen ganz malerisch aus. Es ist ein völlig ummauertes altes Stadtviertel,<br />

das ich schon beim Vorbeisegeln gesehen hatte. Ich machte ein paar Schritte hinein und<br />

hatte mich schon in kürzester Zeit total verlaufen. Alles ist jedoch auf Tourismus ausgerichtet<br />

und überall versuchte man mich hineinzuziehen.<br />

Schließlich fand ich doch wieder einen Ausgang. In der Bucht ankerten ein paar Yachten - total<br />

weißer Strand und türkisfarbenes Meer – wie aus dem Prospekt „Wollten sie nicht immer<br />

schon mit einer Yacht in Tunesien segeln?“<br />

<strong>Die</strong> Frauen laufen hier ganz unterschiedlich gekleidet herum. Einige Tunesierinnen sind ganz<br />

aufreizend gekleidet – andere jedoch sehr verhüllt. Aber was die Männer betrifft: Nur Touristen<br />

laufen in Shorts herum.<br />

Ich kaufte dann noch eine Telefonkarte für mein Handy. So brauche ich keine Roaminggebühren<br />

zu bezahlen, wenn ich angerufen werde. Nach Brunhilds Recherchen kostet 1 Minute von<br />

Deutschland auf mein Handy jedoch auch 22 Cent.<br />

Meine Handynummer: 00216 24064967<br />

Nach einem kleinen Mittagsschlaf (bei der Hitze kann man nicht so viel arbeiten) im Vorschiff,<br />

über dem des Schlauchboot Schatten spendet und Ventilator Luft zufächelt, machte ich dann<br />

noch so einige Arbeiten am Boot.<br />

F REITAG, 5. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Hammamet<br />

Es war den ganzen Tag über windstill, schwül und heiß. Abends gab es dann für mich den<br />

ersten richtigen Regen seit Ende Mai. Ein Gewitter entlud sich über Hammamet, ohne jedoch<br />

Abkühlung zu bringen.


Ich schwitzte den ganzen Tag beim Saubermachen, Vorbereiten des Bootes auf 10 Tage Abwesenheit<br />

und beim Holen der gewaschenen Kleidung so sehr, dass ich eine regelrechte<br />

Schweißtropfenbahn hinter mir her zog.<br />

Während des Tages kamen auch Dominique und Paul mit ihrem Katamaran aus Pantelleria<br />

hier an. Wir verabredeten uns abends zum Essen, wo ich unter fachlicher französischer Anleitung<br />

meine erste Boujabaisse aß. Sie schmeckte hervorragend und war auch nach Dominiques<br />

Meinung sehr gut. Ansonsten war es wieder ganz nett in einem Mix aus Französisch und<br />

Englisch. Dominique spricht besser Englisch als Paul. Paul spricht so wenig gut Englisch wie<br />

ich Französisch – aber es kommt so langsam bei mir wieder. Ich habe einfach zu viele Vokabeln<br />

vergessen.<br />

Ich versuchte dann noch eine Stunde zu schlafen – was natürlich nicht klappte – bevor mich<br />

Wolfgang um 23.30 Uhr abholte und mich zum Flughafen nach Tunis brachte (45 Minuten über<br />

die Autobahn).<br />

S AMSTAG, 6. S EPTEMBER BIS M ONTAG, 15. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Deutschland<br />

Der Flug nach Deutschland startete pünktlich um 03.00 Uhr. <strong>Die</strong> Maschine war voll belegt –<br />

meist mit Tunesiern, die nach Köln flogen.<br />

Gegen 5.30 Uhr landeten wir dann in Köln. Mit der Bahn ging es dann weiter nach Kiel, wo<br />

mich Brunhild um 13.30 Uhr in Empfang nahm.<br />

Silberhochzeit<br />

Am Samstag, den 13. September<br />

feierten wir unsere<br />

Silberhochzeit. In der Woche<br />

davor bereiteten wir sie<br />

ausgiebig vor, so dass es ein<br />

ganz schönes Fest wurde. Über<br />

60 Freunde und Freundinnen<br />

waren gekommen, kaum einer<br />

hatte abgesagt, und unsere<br />

Trauzeuginnen bereiteten uns<br />

ein schönes Luftballonhappening.<br />

Ich bin sehr froh, es mit Brunhild<br />

so lange geschafft zu haben.<br />

Wir haben uns häufig gestritten<br />

und mit meiner doch sehr<br />

forschen und schnellen Art<br />

Dinge anzugehen, habe ich sie<br />

häufig überrumpelt und klein gemacht. Dennoch haben wir es geschafft und ich habe das Gefühl,<br />

dass wir uns jetzt näher sind denn je.<br />

D IENSTAG, 16. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Hammamet<br />

Brunhild brachte mich um 07.00 Uhr zu Friedhelm, mit dem ich die nächsten 14 Tage an Bord<br />

verbringen werde. Wir fuhren zum Busbahnhof, von wo uns der Bus zum Flughafen in Hamburg<br />

brachte. Pünktlich um 10.15 Uhr starteten wir und landeten dann um 13.10 in Monastir.<br />

Wir fanden einen alltours-Bus, der uns für 20 Dinar pro Person nach Hammamet brachte-


Hier lag die VELA, so wie ich sie verlassen hatte an der Pier. Wir räumten unsere Sachen ein<br />

und während ich mich nach eine Stunde schlafen legte, genoss Friedhelm das warme Wetter.<br />

Abends aßen wir dann im Restaurant. <strong>Die</strong> Temperaturen waren ganz angenehm und in der<br />

Nacht musste ich mir sogar eine Decke nehmen. <strong>Die</strong> Tage zuvor soll es hier sehr stark gewittert<br />

haben und es soll sehr schwül gewesen sein.<br />

M ITTWOCH, 17. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Yasmine-Marina Hammamet – Hammamet Stadt (3 sm)<br />

Morgens zahlte ich die Hafengebühren.<br />

Mit dem Winterliegeplatz,<br />

der vom 1. Oktober bis<br />

zum 30. April geht und dem Monat<br />

September kostete es 1600<br />

Dinar oder 915,- €. Ich kann jetzt<br />

bis Ende September jederzeit in<br />

der Yasmine-Marina in Hammamet<br />

liegen.<br />

Mittags waren wir dann bei Paul<br />

und Dominique auf ihrem Katamaran<br />

zum Abschiedsmittagessen<br />

eingeladen. Sie fahren am<br />

28. September zurück nach<br />

Frankreich und werden dann im<br />

März wiederkommen.<br />

Anschließend liefen wir dann<br />

aus zu einem schönen Ankerplatz in der Nähe der Medina in Hammamet. Hoch am Wind bei 4<br />

Bft und einem Kreuzschlag erreichten wir diesen wunderschönen Ankerplatz mit seinem<br />

Sandgrund und türkisfarbenem Wasser. In 200 m Entfernung ein weißer Stand – dahinter die<br />

Häuser und die festungsmäßig ummauerte Medina.<br />

Plötzlich fängt der Überhitzungsalarm der Motors an zu piepen. Ich hatte vergessen, das Ventil<br />

für die Seewasserkühlung zu öffnen, das ich auch Sicherheitsgründen vor der Abreise geschlossen<br />

hatte. Leider hat sich dabei auch der Impeller verabschiedet. Ich wechselte ihn gegen<br />

einen neuen aus und alles ist wieder in Ordnung.<br />

Wir springen in die Fluten und genießen das warme Wasser.<br />

Wir rudern an Land und lassen uns mit einem Taxi zu mehreren Mobilfunkläden bringen, um<br />

eine Internet-Sim-Karte zu kaufen. Da Ramadan ist, sind alle Läden geschlossen. Wir kaufen<br />

noch etwas ein – bekommen jedoch kein Fleisch, da die Fleischer ihre Läden schon um 15.00<br />

Uhr schließen. Auch alle Restaurants und Cafés sind geschlossen. Dann aber, mit einem Kanonenschlag<br />

gegen 19.30 Uhr ist die Sonne untergegangen. <strong>Die</strong> Straßen werden menschenleer<br />

und alle Tunesier sitzen beim Essen. In dem kleinen Lokal, wo auch wir etwas essen wollen,<br />

müssen wir erst einmal warten, bis die Bedienung sich selbst bedient hat.<br />

Es wird sehr kühl, so dass wir, wenig bekleidet, wieder an Bord zurück rudern. Dann sitzen wir<br />

im Cockpit, während von Land her der Muezzin aus dem Koran singt und eine Gemeinde ihre<br />

gottesfürchtigen Sprüche singt.<br />

Es hat sich bewölkt. Der Wind wehr aber nur schwach ablandig, so dass wir hier sehr ruhig<br />

liegen. Ich versuche mir noch eine Flasche Wein mit Friedhelm zu teilen. <strong>Die</strong>ser streikt dann<br />

jedoch und verschwindet schließlich in seiner Koje.


D ONNERSTAG, 18. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Hammamet – Hergla (22 sm)<br />

Nach einem morgendlichen Bad und einem ausgiebigen<br />

Frühstück schauen wir uns den Wetterbericht<br />

für die nächsten Tage an. Er spricht von Regen<br />

und stärkeren nordwestlichen Winden im Norden.<br />

So entscheiden wir uns, nach Süden zu gehen.<br />

Zuvor fahren wir jedoch noch einmal mit dem<br />

Schlauchboot an Land. Jetzt hat der Handyladen<br />

offen und ich kann für 42 Dinar eine Simkarte erwerben,<br />

mit der ich ins Internet gehen kann. 1 Monat<br />

zeitlich unbegrenzt und 39 MB frei. Das ist bei<br />

weitem billiger als über Vodafone, das mit Tunesien<br />

keine Verträge unterhält und mich ein MB dann 15,-<br />

€ kosten würde.<br />

Nachdem wir noch Fleisch eingekauft haben, fahren<br />

wir an Bord zurück, lichten den Anker und laufen<br />

bei 3 bis 4 Bft gen Süden. Unser Ziel ist der<br />

kleine, 22 sm entfernte Fischerhafen Hergla.<br />

Es wird eine tolle schnelle <strong>Reise</strong> mit beständigem<br />

Wind aus Ost. Mit halbem Wind und bei sehr ruhiger See ist das ein schöner Tag für Friedhelm<br />

zum Eingewöhnen.<br />

Gegen 16.00 Uhr erreichen wir den kleinen Fischereihafen von Hergla. Mit unserem Tiefgang<br />

von 1,4 m haben wir keine Probleme einzulaufen. Am Ende einer Pier finden wir noch einen<br />

Platz, an dem wir längsseits gehen können. Auf der anderen Seite dieser Pier liegt ein riesiger<br />

futuristischer Katamaran, der gerade ausgebaut wird. Da der Rumpf eines zweiten noch an<br />

Land liegt, werden diese vermutlich hier hergestellt.<br />

Gegen 19.30 Uhr gibt es einen Donnerschlag. Wir haben gerade das Steilufer erklommen und<br />

stehen vor der Moschee. Von allen Seiten strömen die Männer herbei und verrichten dann in<br />

der Moschee und auf dem Vorhof ihre Gebete. Als ich mich zu dicht am Eingang aufhalte, wird<br />

mir freundlich in deutsch gesagt, dass ich hier nicht stehen dürfe. Anschließend bummeln wir<br />

noch durch die kleinen orientalischen Gassen des 6000-Seelenortes.<br />

F REITAG, 19. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Hergla – Monastir Marina (22 sm)<br />

Für das Wochenende ist Starkwind aus Nord angesagt.<br />

Uns empfangen jedoch südliche Winde um 4, so dass wir kreuzen müssen. Glücklicherweise<br />

dreht der Wind im Laufe des Tages etwas nördlicher, so dass wir fast den Kurs halten können.<br />

<strong>Die</strong> See wird jedoch immer höher, so dass die Wellen uns immer wieder stoppen. Als der<br />

Wind dann 5 Bft erreicht, binde ich ein Reff ins Groß.<br />

Gegen 18.00 erreichen wir die Marina von Monastir. Helfende Hände weisen uns einen Liegeplatz<br />

zwischen anderen Booten zu. Kaum haben wir fest gemacht, dreht der Wind auf Nord<br />

und es fängst richtig zu pfeifen an. Dann regnet es auch noch.<br />

Wir suchen uns ein Restaurant im Hafen und gönnen uns ein Chateaubriand. Der Regen hört<br />

zwar auf, aber es heult die ganze Nacht in den Wanten.


S AMSTAG, 20. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Monastir<br />

Wir bleiben heute hier. Es weht den ganzen Tag mit 6 bis 7 Bft.<br />

Nach ein einem ausgiebigen Frühstück mit frischem Brot, machen wir uns auf den Weg in die<br />

nahegelegene Stadt. Am Hafen selbst befindet sich ein großes Kastell aus dem 12. Jahrhundert.<br />

In der Stadt selbst, die vom Hafen aus in 15 Minuten zu erreichen ist, fällt die völlig ummauerte<br />

Altstadt (Medina) auf.<br />

Aber zuerst geht es mit Laptop und Handy zur Tunisiana, dem Mobilfunkanbieter in Tunesien.<br />

<strong>Die</strong> SIM-Karte, die ich in Hammamet gekauft hatte, funktioniert zwar auf dem Handy (ich kann<br />

also mit dem Handy ins Internet), aber mit der Verbindung zum Labtop hapert es. Ein netter<br />

Angestellter richtet mir dann die Verbindung ein. Toll, jetzt kann ich in Tunesien billiger über<br />

Handy ins Internet als bisher über Vodafone.<br />

Anschließend bummeln wir durch die Medina, wo das Leben nur so brummt. Überall wird verkauft.<br />

Wir kaufen auch ein und genießen dieses orientalische Wirrwar. Friedhelm geht dann<br />

noch auf den Fischmarkt und kauft Obst ein, während ich mich wieder an Bord begebe und<br />

meinen Mittagsschlaf halte.<br />

Anschließend ist es dann aber mit meiner Ruhe vorbei. Den ganzen restlichen Nachmittag<br />

versuche ich das Internet so zu aktivieren, wie es schon im Handyladen so gut geklappt hatte.<br />

Ich bekomme auf dem Handy eine Verbindung, aber sobald ich das Kabel zwischen Handy<br />

und Laptop anschließe, ist nichts mehr. Ich ärgere mich so richtig und finde den Fehler nicht.<br />

Da morgen Sonntag ist, kann ich auch nicht noch einmal den Handyladen aufsuchen.<br />

Über ein Hotel bekomme ich dann einen Internetanschluss, hole meine Mails ab und schaue<br />

mir die Wettervorhersagen an. Für Sonntag ist noch Nordwind angesagt, der dann am Montag<br />

und für die nächsten Tage auf Süd drehen soll. So beschließen wir Internet, Internet sein zu<br />

lassen und morgen nach La Charuosse zu segeln. Das sind 40 sm – so dass wir früh aufstehen<br />

müssen.<br />

Nach einem abendlichen Spaziergang, der uns auch zu einer Moschee führt, in der auch<br />

Frauen beten und wo ein Muezzin die Suren mit einer wunderschönen Stimme singt, gehen<br />

wir an Bord zurück und beschließen den Abend mit einem kleinen Whisky.<br />

Monastir gefällt mir sehr viel besser als die Yasmine-Marina in Hammamet. Alles ist übersichtlicher,<br />

vielleicht nicht ganz so sicher wie in Hammamet, die Stadt ist wenig touristisch und<br />

ganz in der Nähe. Leider bekam ich hier keinen Winterliegeplatz mehr. Andere waren vermutlich<br />

der gleichen Meinung und schneller als ich. Auch die Liegeplatzgebühren sind human. Für<br />

zwei Nächte zahlten wir nur 24,- Dinar (14,40 €)<br />

Abends gibt Friedhelm dann, wie ich später feststellen soll, seinen ersten Lustschrei von sich:<br />

Werder Bremen hat gegen Bayern München 5:2 gewonnen.<br />

S ONNTAG, 21. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Monastir – La Chebba (41 sm)<br />

Nachdem mich nachts schon ein Regenschauer geweckt hatte, kitzelt mich dann gegen 7.00<br />

Uhr eine Fliege. Da wir heute einen weiten Weg vor uns haben, stehe ich auf.<br />

Nach dem Frühstück hole ich meine Papiere von der Polizei ab und muss auch noch einmal<br />

beim Zoll vorsprechen. Das ist in jedem Hafen so. <strong>Die</strong> Polizei kommt immer sofort und kassiert<br />

die Einreisepapiere ein. Man kann sie sich vor der Weiterfahrt wieder abholen.<br />

Draußen empfängt uns dann eine hohe Dünung und ein leichtes Lüftchen aus Nord. So dümpeln<br />

wir mit 3 bis 4 Knoten dahin.


Vor dem Hafen hat ein großes italienisches Kreuzfahrtschiff geankert, das seine Passagiere<br />

ausbootet. Wir werden dann noch von der Polizei verfolgt, die wissen will, woher und wohin.<br />

Schließlich lassen sie uns ziehen.<br />

Dann setzen wir den Spi und laufen stetig unsere 4 Knoten. Gegen 14.00 Uhr dreht der Wind<br />

weiter östlich, so dass wir den Spi schiften müssen. Um 15.00 Uhr ist es dann vorbei mit dem<br />

Segeln. Flaute. Wir bergen den Spi. Kurz darauf fängt es mit 4 bis 5 Bft aus Süd an zu blasen.<br />

Da der Wind genau gegenan steht, motoren wir die letzten drei Stunden.<br />

Dann kommt, Friedhelms<br />

zweiter Lustschrei, der jetzt<br />

schon in ein<br />

ununterbrochenes Geschrei<br />

ausartet: Delfine begleiten<br />

unseren Weg.<br />

Gegen 17.30 Uhr passieren<br />

wir die Hafeneinfahrt von La<br />

Chebba. Wir kreisen etwas im<br />

Hafen und machen dann in<br />

einer Ecke längsseits fest.<br />

La Chebba ist ein reiner<br />

Fischereihafen und wir sind<br />

die einzige Segelyacht. Viele<br />

Pätze sind jedoch frei und bis<br />

auf ein ganz paar Schiffe ist<br />

alles ruhig. Ich glaube. <strong>Die</strong><br />

machen Ramadan.<br />

Kaum sind wir fest kommt ein Uniformierter der Guarde Nationale. Er holt unsere Papiere ab<br />

und sagt, dass wir hier liegen bleiben könnten. Außerdem bietet er uns an, uns ein Taxi zu rufen,<br />

wenn wir in der ca. 4 m entfernten Stadt essen gehen wollen.<br />

Ich probiere dann noch etwas an meinem Internetanschluss herum – ohne Erfolg. Um 20.00<br />

Uhr machen wir uns auf zur Guarde Nationale. Mit einem Taxi fahren wir – ganz langsam – in<br />

die Stadt. Es ist ein Taxi, das mit Gas fährt und irgendetwas scheint kaputt zu sein. In einem<br />

Geschäft tauscht der Taxifahrer dann seine Gasflasche. Aber auch dann tuckert das Taxi nur.<br />

Schließlich erreichen wir das kleine Städtchen. Ein anderes Privatauto wird gerufen und ein<br />

Mann bittet uns in deutsch, einzusteigen. Es ist Karim. Karim ist hier geboren, hat seinen<br />

Wohnsitz in Deutschland und arbeitet zur Zeit als Animateur in Griechenland. Zur Zeit macht<br />

er Urlaub zu Hause.<br />

Wir fahren durch das Städtchen: Wilder Westen oder Orient? Männer sitzen vor Cafés und<br />

schlürfen ihren Tee. Aber die beiden Restaurants haben während des Ramadan geschlossen.<br />

Karim erklärt uns, dass man während des Ramadan zu Hause isst – und lädt uns zu sich nach<br />

Hause ein. Wir beschließen aber an Bord zurück zu kehren und dort Essen zu machen. Nachdem<br />

Friedhelm sich noch etwas honigsüßes gekauft hat, bringt uns Karim an Bord zurück.<br />

Während wir unser Essen zubereiten, wird unter ziemlichen Getöse ein riesiges Netz an Bord<br />

gehievt. Plötzlich erscheint Karim. Er bringt uns völlig überraschend Obst, eine Suppe und<br />

Brot. Wir sind völlig gerührt, da wir so etwas von zu Hause gar nicht kennen.<br />

Nachdem wir unsere Spaghetti mit Hühnerfleisch vertilgt haben, sitzen wir noch etwas im<br />

Cockpit. Im Hafen ist nichts mehr los, kaum ein Licht und über uns ein grandioser Sternenhimmel.


M ONTAG, 22. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

La Chebba – Ankerplatz vor Iles Kerkennah (ca. 25 sm)<br />

<strong>Die</strong> Nacht war angenehm ruhig.<br />

Friedhelm fuhr noch in die Stadt und kaufte Kartoffeln und Wasser. Brot gab es leider noch<br />

nicht.<br />

Nachdem wir uns zweimal bei der Guardia Nationale abgemeldet hatten und ihnen versprochen<br />

hatten, dass wir uns am Ankerplatz über UKW Kanal 16 melden würden, verließen wir<br />

gegen 10.30 Uhr den Hafen. Wir fuhren in ein ca. 30 x 40 sm großes Flachwassergebiet, das<br />

von den beiden Inseln Iles Kerkennah im Südosten begrenzt wird. Durch dieses z.T. nur wenige<br />

Meter tiefe Flachwasser führen mehrere bezeichnete Fahrrinnen. Unser Ziel war eine Ankerbucht<br />

nordwestlich der östlichen Insel. Ich hatte mir auf der sehr detaillierten Karte eine<br />

Route ausgesucht, die bis dicht unter Land führte.<br />

Der Wind wehte den ganzen Tag leicht aus nördlichen Richtungen, so dass wir fast ausschließlich<br />

unter Spinnaker unsere 3 bis 5 kn liefen. Ca. 8 sm vor dem Ankerplatz briste der<br />

Wind dann auf 5 Bft auf, so dass wir den Spinnaker bargen und die Genoa setzten. Mit halbem<br />

Wind ging es dann mit 5 bis 6 Knoten weiter.<br />

Der heutige Lustschrei bezieht sich auf das Segelboot eines Fischers, das mit Lateinersegeln<br />

unseren Kurs kreuzt.<br />

Dabei passierten wir immer flacheres Wasser; z.T. unter 2,5 m. Da bisher jedoch alle Tiefen<br />

denen in der Karte entprachen, machten wir uns keine großen Sorgen, sondern beobachteten<br />

aufmerksam das Echolot. Doch dann, ca. 6 sm vor unserer Ankerbucht passierte es: Der Tiefenalarm,<br />

der auf 2,5 m eingestellt war, fing an zu piepen – und dann ging es ganz schnell: 2<br />

m, 1,8 m, 1,5 m – Feierabend. Ich hatte zwar noch das Ruder rumgerissen und die Maschine<br />

angeworfen – aber wir saßen fest. Nicht auf Steinen, sondern auf weichem mit Meerespflanzen<br />

bewachsenem Sand und wurden durch den Wind immer mehr hinaufversetzt. In diesem<br />

ganzen Flachwassergebiet ist die Welle zwar bei jedem Wetter niedrig, wie auf einem See,<br />

aber wir hatten immerhin 5 Bft.<br />

Friedhelm barg ganz schnell die Segel, aber mit Maschine kamen wir nicht wieder frei. Also<br />

los an die Arbeit: Schlauchboot zu Wasser, Motor angehängt und dann am Bug den Anker mit<br />

60 m Kette übernommen. <strong>Die</strong> Kette so weit in die Richtung ausgebracht, aus der wir gekommen<br />

waren und dann mit der schön starken Ankerwinsch bis auf 20 m wieder eingeholt. Und<br />

die VELA bewegte sich. Dann den zweiten schweren Sturmanker aus der Backskiste gewuchtet<br />

und mit der 100 m Leine versehen. Wieder mit dem Schlauchboot hinausgefahren. Auch<br />

der Anker fasste und wurde mit der Ankerwinsch eingeholt. Endlich, nach ca. einer Stunde<br />

schwamm die VELA wieder und lag jetzt an diesem zweiten Anker. Den Hauptanker hatten wir<br />

in der Zwischenzeit eingeholt.<br />

Jetzt ging es ans Aufklaren und nachdem alles geschafft war und ich mein Bier getrunken hatte,<br />

beschlossen wir einen anderen Anlauf zu nehmen, um in diese Bucht zu kommen. Jetzt<br />

unter Maschine fuhren wir vorsichtig über Wassertiefen, die in der Karte mit mindestens 2,8 m<br />

angegeben waren. Aber schon nach kurzer Zeit wurde es ganz schnell wieder zu flach. Wir<br />

drehten ab, fuhren die alte Strecke zurück und ankerten dann ca. 6 sm von Land entfernt auf<br />

34 Grad 49,62 Minuten Nord und 11 Grad 11 Minuten Ost auf 3,8 m Wassertiefe. Wir steckten<br />

40 m Kette. Der Anker fasste zwar sofort. Wir fuhren ihn dann jedoch noch mit voll rückwärts<br />

ein. So ankern wir mitten im Meer. Meist ist es ruhig – nur ab und zu bringen ein paar größere<br />

Wellen die Vela zum Stampfen.<br />

Ja, das war wieder solch ein Erlebnis, dass etwas zu spannend war, das man dann aber nicht<br />

vergisst und vielleicht noch seinen Enkelkindern erzählt.


D IENSTAG, 23. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Ankerplatz vor Iles Kerkennah – La Chebba (25 sm)<br />

Spät abends zog sich der ganze Himmel am Horizont mit Gewittern zu. Auch fing es etwas zu<br />

regnen an. Dann aber flaute der Wind völlig ab und es wurde eine ganz ruhige Nacht mitten<br />

auf dem Meer.<br />

Nach dem Aufstehen sprangen wir (Friedhelm ging vorsichtig über die Badeleiter) ins seichte,<br />

warme Meer. Dabei entdeckten wir, dass sich eine lange Fischerleine um die Schraube gewickelt<br />

hatte. Todesmutig, mit dem Messer zwischen den Zähnen tauchte Friedhelm in die dunklen<br />

Tiefen und befreite die VELA von diesem Unrat.<br />

Wir entschlossen uns, dann Port<br />

Najet, einen kleinen Fischerhafen<br />

im Norden der Ile de Cergui,<br />

der nördlichen Insel der Iles<br />

Kerkennah anzulaufen. Auf der<br />

Karte suchten wir uns einen<br />

Weg, der immer im Bereich über<br />

3 m Wassertiefe lag. Wir liefen<br />

unter Maschine und beobachteten<br />

ständig das Echolot.<br />

Aber dann war es wieder so<br />

weit: Ich gab noch ganz schnell<br />

hart Ruder, aber es war zu spät.<br />

Sanft landeten wir auf einer<br />

flachen sandigen mit Wasserpflanzen<br />

bewachsenen Stelle.<br />

Anfangs schien es nicht so<br />

schlimm zu sein, denn der Wind<br />

stand zum tieferen Wasser hin. Wir setzten die Genoa back. <strong>Die</strong> Vela drehte sich auch – aber<br />

das war schon alles. Also die ganze, schon gestern geübte Prozedur noch einmal: Anker mit<br />

dem Dinghi ausfahren und das Schiff damit freischleppen. Aber wir saßen so fest, dass der<br />

Anker bei diesem krautigen Boden zweimal wieder ausriss und die VELA sich kein Stückchen<br />

bewegte.<br />

Dann eben – wie gelernt – die zweite Methode: Schiff krängen, damit sich der Tiefgang verringert.<br />

Mit dem schweren Sturmanker, der natürlich wieder ganz zu unterst in der Backskiste<br />

lag, und der langen 100 m Leine mit dem Schlauchboot querab zum Schiff fahren. Dann die<br />

Leine ans Großfall anknoten und diese Leine ordentlich durchholen. Das Schiff legte sich auf<br />

die Seite. Anker dicht holen. Nichts. Auch das machten wir zwei Mal mit verschiedenen Angiffswinkeln.<br />

Aber auch der schwere Sturmanker gab immer wieder nach. Als nächstes hätten<br />

wir dann noch den 30 m Kettenvorlauf zur Verfügung gehabt. Aber die Rettung kam von einer<br />

anderen Seite: Ein Fischerboot hielt sich schon die ganze Zeit in unserer Nähe auf. Es<br />

schleppte zwei Ruderboote, die dann los gemacht wurden und in der Nähe des Mutterschiffs<br />

den Boden nach Hummern absuchten. Wenn sie dann einen gesehen hatten, sprang einer ins<br />

Wasser und holte ihn herauf.<br />

Wir winkten das Motorboot heran, dass es dann beim dritten Versuch schaffte, uns frei zu ziehen.<br />

Im tieferen Wasser warfen wir dann Anker und belohnten die Fischer mit 50 Dinar.<br />

Als wir dann alles wieder aufgeklart und verstaut hatten, war uns nicht mehr nach weiteren<br />

Abenteuern. Mit Hilfe des GPS fuhren wir genau auf den Kursen in Richtung La Chebba zurück,<br />

auf denen wir auch gekommen waren. Als das Echolot dann größere Tiefen als 2,5 m<br />

anzeigte, setzten wir Groß und Genoa und bei einem raumen Südost mit 5 bis 6 Bft rauschten<br />

wir wieder mit über 6 Knoten durchs Wasser.<br />

Dann mussten wir um 40 Grad abfallen und bekamen den Wind genau von hinten. Wir segelten<br />

Schmetterling (Genoa auf der einen und Groß auf der anderen Seite), baumten die Genoa<br />

aus und sicherten den Großbaum mit der Bullentalje. Auch so liefen wir noch unsere 6 Kno-


ten. Nach anstrengendem Steuern – ohne eine Landmarke voraus – probierte ich dann die<br />

Selbststeueranlage. Sie schaffte es die ganzen 1,5 Stunden hindurch bis zum Hafen.<br />

Ach ja, was ich noch vergessen habe: Friedhelms uriger <strong>Die</strong>nstags-Lustschrei. <strong>Die</strong>smal bezog<br />

er sich auf Delphine, die in großen Bögen völlig aus dem Meer sprangen.<br />

In La Chebba machten wir wieder in der Nähe unseres alten Liegeplatzes fest. Sofort war ein<br />

Uniformierter der Garde Nationale da, der unsere Papiere wünschte. Es war sehr freundlich<br />

und Friedhelm fragte ihn mit seinem perfekten Französisch, ob hier Fisch zu bekommen sei.<br />

Er meinte, dass die vielen Fischer im Hafen keinen Fisch hätten, das das Wetter nicht danach<br />

gewesen sei. Nachdem er von uns eine Packung Zigaretten und ein Glas Orangensaft bekommen<br />

hatte, brachte er uns dann schließlich zwei herrliche Fische für 15,- Dinar.<br />

Der Fisch kam leider für unseren Hunger zu spät. So aßen wir zu den schon aufgesetzten<br />

Pellkartoffeln Corned Beef mit Eiern.<br />

Friedhelm bekam dann noch eine ganz liebe SMS von Irene und auch ich hatte ein schönes<br />

Telefongespräch mit Brunhild.<br />

Als es dann ganz dunkel war, wetterleuchtete es am nördlichen Himmel so stark, wie ich es<br />

noch nie gesehen hatte. Ein Blitz folgte dem anderen – wie ein Feuerwerk. Das hielt auch fast<br />

die ganze Nacht an und es regnete dann auch etwas.<br />

M ITTWOCH, 24. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

La Chebba – Mahdia (17 sm)<br />

Am sonnigen, wolkenlosen Morgen stellten wir mit Bedauern fest, dass sich der schöne<br />

Schiebewind von gestern in einen Gegenwind verwandelt hatte.<br />

Ich versuchte mal wieder das Internet in Gang zu bringen. Aber auch meine Computerfachleute<br />

in Deutschland konnten mir fürs Erste nicht helfen. Friedhelm fuhr währenddessen in die<br />

Stadt und kaufte ein – u.a. leckeres, knackiges und warmes Baguette.<br />

Um 11.30 Uhr liefen wir dann aus. Da auch noch der Gegenwind zu schwach war, mussten<br />

wir motoren.<br />

Dann kam doch noch Wind auf. So segelten wir einen langen und einen kurzen Schlag bei 4<br />

bis 5 Bft. Um 16.00 Uhr erreichten wir bei herrlichem Sonnenschein den Hafen von Mahdia.<br />

Am Ende der Fischhallenpier machten wir vor der Polizeistation längsseits an einem anderen<br />

Segelboot fest, das wiederum längsseits einer Motoryacht lag. Nach vorn und achtern brachten<br />

wir zusätzliche Landleinen aus.<br />

Ich probierte mich mal wieder am Internet und gab dann frustriert auf. Über mein Handy bekomme<br />

ich jetzt aber über www.windfinder.com eintägige Windvorhersagen für diverse tunesische<br />

Orte.<br />

Friedhelm machte sich dann an unsere Fische. Es waren vier und ca. 2 kg für 9,- €. Das ist<br />

etwa die Hälfte des Preises, wie sie in den Fischhallen verkauft werden. Im Backofen garte<br />

der Fisch, den wir dann mit Zwiebeln und Kartoffeln und mit gutem Appetit verzehrten. Da<br />

während des Ramadan abends in den Städten nichts los ist, verschoben wir den Landgang<br />

auf morgen früh.<br />

D ONNERSTAG, 25. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Mahdia – Monastir (26 sm)<br />

Um Mitternacht wurde ich wieder durch dicke Regentropfen geweckt. Ich schloss alle Luken<br />

und sah noch eine Weile den Blitzen zu.<br />

Um 09.30 Uhr ließen wir unsere Nachbarn aus der Lücke zwischen uns und dem Motorboot<br />

auslaufen. Anschließend machten wir uns für einen Stadtrundgang landfein.


In Mahdia liegt die Altsstadt ganz in der Nähe des Hafens.<br />

Zuerst kommt man zu einer großen Halle, in der Fisch,<br />

Fleisch, Obst, Gemüse, Gewürze etc. verkauft werden.<br />

Dahinter liegen die kleinen Gassen mit weiteren<br />

Geschäften. Dann kommt man zur Moschee, die damals<br />

nach den Plänen der großen Moschee von Katuan gebaut,<br />

aber dann wieder teilweise zerstört wurde. 1960 wurde sie<br />

wieder aufgebaut. Wir konnten den Vorhof betreten und<br />

von dort in die Moschee hineinschauen. <strong>Die</strong> Moschee lag<br />

zu damaliger Zeit am mit 11 m dicken Mauern befestigtem<br />

Eingang zu einer Insel. <strong>Die</strong>ser Eingang ist noch vorhanden.<br />

Alle anderen Mauerreste sind abgetragen und die Insel mit<br />

dem Festland verbunden worden. Hinter der Moschee befindet<br />

sich ein großes Fort aus dem 16. Jahrhundert. Von<br />

oben hatten wir einen herrlichen Blick über die Stadt und<br />

die ganze Küste. Hinter dem Fort, an der Spitze der<br />

Halbinsel liegt eine riesiger mohammedanischer Friedhof<br />

mit seinen weißen Steingräbern und der alte antike Hafen.<br />

Wir bummelten noch durch die<br />

engen Gassen und wurden<br />

von einem Fleischer verscheucht,<br />

als ich einen abgeschlagenen<br />

Kuhkopf fotografieren<br />

wollte, der vor seinem<br />

Laden ausgestellt war.<br />

Mahdia ist eine schöne, lebendige<br />

Stadt, in der man so<br />

richtig die Andersartigkeit des<br />

Orients spürt. Ich denke, sie ist<br />

bestimmt einen weiteren Besuch<br />

und viel mehr Zeit wert.<br />

Gegen 13.00 Uhr liefen wir<br />

schließlich aus Mahdia aus.<br />

Draußen empfängt uns ein<br />

mäßiger Nordwind. Da er genau<br />

aus der Richtung kommt,<br />

in die wir müssen, motoren wir gegenan. Eine noch alte Dünung lässt uns ordentlich stampfen.<br />

Dann können wir etwas abfallen, da wir ein weit in die offene See hineinragendes Flachwassergebiet<br />

nur in einem betonnten Fahrwasser durchqueren können. Wir setzen Segel und<br />

da der Wind dann Einsehen mit uns hat und etwas zu unseren Gunsten dreht und auffrischt,<br />

können wir den Rest der Strecke<br />

segeln.<br />

Monastir erreichen wir gegen 19.00<br />

Uhr. Man weist uns vorerst einen<br />

Liegeplatz längsseits der Pier in der<br />

Nähe der Capitainerie zu.<br />

Nach einem vorzüglichen Spaghetti-<br />

Bolognese sitzen wir noch mit<br />

Ludolph, einem anderen deutschen<br />

Segler im Cockpit zusammen und<br />

leeren zwei Flaschen sardinischen<br />

Rotwein.<br />

Es ist richtig kühl geworden, so dass<br />

man nachts nicht mehr mit freiem<br />

Oberkörper im Cockpit sitzen kann.


Ein kräftiger Nordwind schaufelt viele Wolken heran.<br />

F REITAG, 26. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Monastir<br />

Morgens schien dann wieder die Sonne und der Wind hatte auf Süd gedreht.<br />

Ich trabte dann gleich zur „tunisiana“, dem tunesischen Handyanbieter. Leider war der Mann,<br />

der mein Handy mit dem Computer verbinden soll, damit ich damit günstig ins Internet komme,<br />

noch nicht da. So fahre ich zurück an Bord, bestelle uns für morgen einen Leihwagen und<br />

mache das Schiff sauber. Friedhelm ist währenddessen in der Medina bummeln gegangen.<br />

<strong>Die</strong>ser Scheiß-Computer ärgert mich schon die ganze Zeit – viel lieber wäre ich mit Friedhelm<br />

mitgegangen.<br />

Um 12.00 Uhr ist dann der Spezialist da. Trotz vieler wartender Kunden versucht er über ½<br />

Stunde sein Glück – ohne Erfolg. Da er große Hoffnungen hat, das Problem zu lösen, lasse<br />

ich ihm Handy und Computer da. Ich bummele dann noch durch die Altstadt. Hier könnte ich<br />

stundenlang in einem Café sitzen und das bunte Leben beobachten. Es ist ein munteres Treiben<br />

zwischen Abend- und Morgenland.<br />

Nachmittags mieten wir uns ein Auto für drei Tage, groß und robust, auch für Wüstenpisten<br />

geeignet. Wir zahlen dafür 90,- Dinar / Tag (54,- €).<br />

Gegen 19.00 Uhr kommt dann Angelo.<br />

Das Wetter hat sich total geändert. Es ist zwar nicht kalt, aber eine graue geschlossene Wolkendecke<br />

bedeckt den ganzen Himmel und abends beginnt es dann auch richtig zu regnen.


S AMSTAG, 27. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Monastir<br />

Es regnet Bindfäden, als wir um 09.00 Uhr Monastir in Richtung Kairouan verlassen – und das<br />

bleibt auch bis zum Nachmittag so.<br />

Kairouan<br />

Bis zum 11. Jahrhundert war die Stadt ein wichtiges islamisches Zentrum in Nordafrika.<br />

Mit der Altstadt und ihren gemäß orientalischer Tradition nach Zünften geordneten Märkten,<br />

mit ihren Moscheen und anderen Sakralbauten steht Kairouan seit 1988 auf der UNESCO-<br />

Liste des Weltkulturerbe.


Als wir in der Stadt die sehenswerte Sidi Oqba Moschee<br />

suchen, werden wir von einem Tunesier auf einem Moped<br />

in die Medina geleitet. Sie gilt als die besterhaltene in ganz<br />

Tunesien. Sie wurde zwischen 1706 und 1712 errichtet. Sie<br />

ist von einer 3,5 km langen und 10 m hohen<br />

Backsteinmauer umgeben. Obwohl es regnet, sieht man,<br />

wohin man auch guckt, geheimnisvolle Gänge und Ecken.<br />

Unser selbsternannter Führer bringt uns zu einer Weberei,<br />

wo ich mir einen schönen seidenen Bettüberwurf kaufe.<br />

Anschließend führt er uns in ein Teppichgeschäft. Dort<br />

haben sie wirklich schöne Teppiche. Aber vermutlich<br />

komme ich ja noch einmal mit Brunhild hier her.<br />

Anschließend fahren wir zur Sidi Oqpa Moschee. Es ist das<br />

bedeutendste und zugleich älteste islamische Bauwerk in<br />

Nordafrika. Da wir als Nicht-Moslems nur den Vorhof<br />

betreten dürfen, können wir nur einen Blick ins Innere<br />

werfen.<br />

Da es immer noch in Strömen regnet und wir noch einen<br />

weiten Weg vor uns haben, verlassen wir Kairouan in der<br />

Hoffnung, noch ein andermal in diese<br />

nur 60 km von Monastir entfernte Stadt<br />

zurück zu kommen.<br />

Weiter geht es über lange gerade Straßen<br />

durch endlose Olivenhaine 200 km<br />

südwestlich nach Gafsa und dann weiter<br />

nach Metlaoui. <strong>Die</strong> Gegend wird hügeliger.<br />

Es hört auf zu regnen – der Himmel<br />

ist jedoch weiterhin grau.<br />

In Metlaoui biegen wir auf eine gut ausgebaute<br />

Nebenstraße in Richtung Moulares<br />

ab. <strong>Die</strong> ersten Vorboten der Wüste<br />

zeigen sich. Flache, nur mit Hartlaubund<br />

Dorngewächsen bewachsene Ebenen;<br />

in der Ferne eine Hügelkette – Ausläufer<br />

des Atlas-Gebirges.<br />

Dann kommen wir nach Redeyet, eine<br />

kleine Wildwest-Stadt, die vom Phosphatabbau<br />

lebt. Kilometerlange Förderbänder<br />

transportieren den Rohstoff aus<br />

dem Gebirge hier her. Anschließend<br />

wird er auf Eisenbahnwaggons verladen und nach Sfax gebracht, wo er verschifft wird.<br />

Unser Ziel ist die Bergoase Tamerza.<br />

Tamerza liegt im Gebirge. <strong>Die</strong> Stadt wurde 1985 neu errichtet, nachdem ein 22-tägiger Dauerregen<br />

die alte Stadt, die aus ungebrannten Lehmziegeln errichtet war, völlig aufgeweicht hatte.<br />

Wir entscheiden uns nicht für das Super-Luxushotel, in dem die einfachste Kategorie 200,- Dinar<br />

kosten soll, sondern finden in dem kleinen Ort ein Hotel, wo wir für ein sauberes Einzelzimmer<br />

mit Bad und Frühstück nur 30,- Dinar bezahlen.<br />

Bevor wir in den Ort zum Essen gehen, wollen wir noch einen Blick auf die Oase werfen. Tausende<br />

hoher Dattelpalmen wachsen hier, die von einem kleinen Flüsschen mit Wasser versorgt<br />

werden. Faruk, ein netter Einheimischer weist uns einen Weg, der in keinem Führer verzeichnet<br />

ist und den wir ansonsten auch nie gefunden hätten.


Zuerst geht es zwischen den vielen Palmen<br />

hindurch, immer tiefer in Tal hinein. Über ein<br />

paar Steine überqueren wir das Wasser und<br />

kommen auf der anderen Seite zum Beginn<br />

einer engen, gewundenen Schlucht, in der in<br />

Regenzeiten weiters Wasser in die Oase<br />

strömt. <strong>Die</strong> Schlucht, die wir durchqueren ist<br />

phantastisch. Hier wurden einige Szenen des<br />

Films „Der englische Patient“ gedreht. Faruk<br />

hatte vor 10 Jahren dabei mitgeholfen, hier die<br />

Höhle zu bauen, in der der Hauptdarsteller<br />

seine, nach einem Flugzeugabsturz schwer<br />

verletzte Frau, zurück ließ, um Hilfe zu holen.<br />

Schli<br />

eßlicherklim<br />

men<br />

wir<br />

einen<br />

Hügel<br />

und<br />

haben dann einen tollen Blick über das volle Grün<br />

der vielen Dattelpalmen, deren Früchte gerade reif<br />

werden.<br />

An einem kleinen Wasserfall mit einigen Touristenläden<br />

vorbei, kommen wir wieder zurück ins Dorf.<br />

Faruk erzählt uns von einer gewaltigen Schlucht in<br />

der Nähe. Er will uns morgen für 90,- Dinar dort hin<br />

bringen. So verabreden wir uns um 09.00 Uhr mit ihm.<br />

Nach einem einfachen Abendbrot in einem kleinen Restaurant fallen wir voller neuer Eindrücke<br />

schließlich in den Schlaf.<br />

S ONNTAG, 28. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Als wir um 07.00 Uhr aufwachen,<br />

ist die Sonne gerade am Aufgehen.<br />

Sie wird uns bis fast zum<br />

Abend begleiten und die gestern<br />

unter einer grauen Wolkendecke<br />

liegende Landschaft sehr viel<br />

plastischer erscheinen lassen.<br />

Um 08.00 Uhr fahren wir mit Faruk<br />

zurück nach Redeyef. Dort<br />

biegen wir in eine unscheinbare<br />

Straße ein, die uns zu grandiosen<br />

Ausblicken führen wird. <strong>Die</strong> Straße<br />

endet bald und wird zu einer<br />

Piste, die wir gerade so eben mit<br />

einem PKW bewältigen können.<br />

Sie führt uns durch ein Wüstengebirge<br />

mit tiefen Schluchten und


gewesen sein, hier bei dieser Hitze<br />

diese Straße in die Felsen zu<br />

sprengen.<br />

Wir fahren durch Schluchten und<br />

letztlich wieder hinauf auf den Gebirgskamm,<br />

von wo aus man einen<br />

„unendlichen Blick“ über die völlig<br />

ebenen Salzwüsten des Chott el-<br />

Gharsa und des Chott el-Jerid hat.<br />

Das Gestein ist übersäht mit versteinerten<br />

Muscheln und Schnecken<br />

– den Hinterbliebenschaften<br />

eines gewaltigen Urmeeres.<br />

Nach dieser eindrucksvollen Rundtour<br />

setzen wir Faruk wieder in<br />

Tamerza ab. Unser weiterer Weg<br />

führt uns auf einer schnurgeraden<br />

Straße am Chott el-Gharsa entlang<br />

nach Tozeur.<br />

steil, fast 900 m hoch aufragenden<br />

Steilwänden. Schließlich<br />

wird sie – zwar mit<br />

Schlaglöchern übersäht – zu<br />

einer Betonfahrbahn. Es ist die<br />

„Rommel-Piste“. Rechts und<br />

Links durch Engländer und<br />

Franzosen besetztes und<br />

gehaltenes Gebiet, hatte sich<br />

Rommel im 2. Weltkrieg hier für<br />

seine Panzer und Fahrzeuge<br />

einen Durchgang durchs<br />

Gebirge geschaffen und konnte<br />

so die Stellungen der Alliierten<br />

umgehen und nach Libyen<br />

vorstoßen. Es muss eine, von<br />

Einheimischen und Gefangenen<br />

durchgeführte Sysiphos-Arbeit<br />

Tozeur hat ebenfalls eine sehenswerte, völlig<br />

ummauerte Medina mit engen Gassen. Ihr<br />

Wahrzeichen sind schmuck- und reliefhaft gesetzte<br />

Steine in den Fassaden, die nicht nur schön aussehen,<br />

sondern auch die Hitze abhalten sollen.<br />

Hier will Friedhelm unbedingt einen Golfplatz sehen,<br />

von dem er in einem Golfmagazin gelesen hatte.<br />

<strong>Die</strong>sen Golfplatz gibt es auch – mitten in der Wüste,<br />

mit tollen Hotels rund herum und einem Flugplatz, auf<br />

dem zur Hauptsaison auch Interkoninentalflüge landen.<br />

Uns zieht es, nachdem wir die Berg- und Salzwüsten<br />

gesehen haben, zu den Dünen der Sandwüsten.<br />

So geht es dann wieder schnurgerade auf einem<br />

Damm durch das Chott el-Jerid. Luftspiegelungen, eine<br />

völlig pflanzenlose, bis zum Horizont reichende Ebene,<br />

erst bräunlich und dann salzig schneeweiß.


So kommen wir nach über 100 km über Kebili nach Douz.<br />

Douz liegt am Rande der Wüste, wie wir sie uns so als Kind vorgestellt haben: Haushohe<br />

Sanddünen bis zum Horizont. Hier liegen jetzt auch wieder große Hotels aller Kategorien. <strong>Die</strong><br />

Touristen können für einen bis zu 14 Tage mit Kamelen oder Jeeps Ausflüge in dieses Sandmeer<br />

buchen. So werden auch viele hier mit Bussen von den Küstenstädten her gebracht (wir<br />

treffen insbesondere auf Polen, Russen und Rumänen).<br />

Im Dreisterne-Bungalowhotel „Saharien“ mit drei Swimmingpools und Schwimmhalle, das im<br />

Führer als gut beschrieben wird, zahlen wir für einen Bungalow 60,- Dinar (90,- bei Doppelbelegung).<br />

Alles ist nicht mehr ganz neu. Auch das Abendessen, das wir mit einigen Busladungen<br />

anderer Touristen als Buffet einnehmen ist nicht so lecker, wie es im Führer beschrieben<br />

wurde. Da hätten wir lieber wieder in den Ort gehen sollen, wo wir am Nachmittag für 12,- Dinar<br />

für 3 Personen ein schönes Essen bekamen.<br />

Wir machen noch einen Spaziergang durch die riesige Dattelpalmen-Oase und schlafen dann<br />

auch bald ein. Am Abend gibt es noch ein paar Regentropfen.<br />

M ONTAG, 29. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Um 8.00 Uhr stehen wir wieder<br />

zur Weiterfahrt bereit. <strong>Die</strong> vielen<br />

Touristen sind schon alle<br />

fort. Vermutlich hatten sie einen<br />

Kamelritt in die aufgehende<br />

Sonne gebucht. <strong>Die</strong> kommt<br />

dann aber doch nicht so richtig<br />

raus. Es ist wieder sehr wolkig,<br />

mit nur einigen blauen Flecken<br />

am Himmel. Das ist einerseits<br />

jedoch ganz gut. So ist es wenigsten<br />

temperaturmäßig gut<br />

aushaltbar. Im Sommer werden<br />

hier Temperaturen von über 50<br />

Grad gemessen.<br />

Wir machen noch einen kleinen<br />

Abstecher zu den großen Sanddünen,<br />

die wir dann auch<br />

besteigen. Der Sand ist so feinkörnig, dass er wie Wasser schwimmt. Angelo nimmt eine Flasche<br />

davon für Marlies mit.


Leider sind drei Tage für diese <strong>Reise</strong> viel zu kurz. Heute müssen wir noch 400 km hinter uns<br />

bringen. Dafür sind die Straßen jedoch gut, so dass wir häufig mit 120 km/Std. fahren können.<br />

hinausragen. Es ist nach<br />

Rom, Pozzuoli und Karthago<br />

mit 148 x 122 m und 36 m<br />

Höhe das viertgrößte und am<br />

besten erhaltene Kolosseum.<br />

Noch heute werden hier Veranstaltungen<br />

abgehalten.<br />

Anmerkung in Wikipedia: Das<br />

Theater wurde nicht von den<br />

Römern errichtet, sondern<br />

von den reichen Einwohnern<br />

von El Jem. <strong>Die</strong> Römer hatten<br />

ein Amphitheater für 2000<br />

Personen errichtet (die Reste<br />

sind in El Jem noch zu sehen).<br />

<strong>Die</strong> reichen Einwohner<br />

(Olivenölproduzenten) El<br />

Jems wollten aber für alle<br />

Bis Tamazret geht es über 120 km fast<br />

schnurgerade durch eine Ebene, die wieder mit<br />

Büscheln von Hartlaubgewächsen übersäht ist. Hier<br />

grasen große Herden von Dromedaren.<br />

Tamazret ist ein altes Lehmziegeldorf. Leider hat die<br />

einzige Kneipe zum Ramadan geschlossen, so dass<br />

wir keinen Kaffee bekommen. Hier hat man hohe<br />

Erdwälle zwischen den Hügeln aufgeschüttet, um<br />

das wenige Wasser zu halten.<br />

Der nächste Ort ist Matmata, der durch seine<br />

Höhlenwohnungen bekannt ist. Da diese alle total<br />

touristisch vermarktet sind, halten wir gar nicht erst<br />

an.<br />

Über Gabès und Sfax geht es an der Küste wieder<br />

gen Norden.<br />

Unser nächster Stopp ist El-Jem. Schon von weitem<br />

sieht man das riesige, im 2. Jahrhundert gebaute<br />

römische Kolosseum über die Häuser der Stadt


Einwohner ein Theater bauen und taten dies. Es entstand das Amphitheater für ca. 35.000<br />

Zuschauer.<br />

Das Amphitheater von El Djem wurde 1979 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.<br />

Auf dem Weg zurück nach Monasir fahren wir durch kleine Ortschaften, in denen überall an<br />

der Straße Schafe angebunden sind. Sie werden dort geschlachtet, gehäutet und aufgehängt<br />

– denn morgen oder übermorgen wird der Ramadan mit einem großen Freudenfest beendet.<br />

Es ist ein trauriger Anblick die Tiere zu sehen, die auf ihren Tod warten.<br />

Wieder in Monastir warten wir – wie alle Mohammedaner – auf die Verkündung des Endes<br />

des Ramadan. <strong>Die</strong> islamischen Gelehrten verkünden dann jedoch um 20.00 Uhr – nach einem<br />

Blick auf Mond und Sterne - dass der Ramadan erst übermorgen zu Ende sein wird.<br />

In einer Pizzeria im Hafen essen wir noch etwas und gehen dann etwas früher zu Bett, da<br />

Friedhelm morgen sehr früh zurückfliegen muss.<br />

D IENSTAG, 30. S EPTEMBER <strong>2008</strong><br />

Um 04.45 Uhr klingelt der Wecker. Wir frühstücken und ich bringe Friedhelm noch mit dem<br />

Leihwagen zum nahe gelegenen Flugplatz. Es war eine schöne Zeit mit ihm, die mich ihm<br />

sehr nahe gebracht hat und die ich nicht missen möchte.<br />

Ich lege mich dann noch einmal bis 09.00 Uhr in die Koje. Als ich wieder aufwache, erwartet<br />

mich wieder mal ein total bedeckter Himmel.<br />

Angelo und ich kaufen auf dem großen, geschäftigen Markt und im Supermarkt ein, geben<br />

den Leihwagen zurück und bezahlen die Liegegebühren für 5 Tage (103,- Dinar), denn morgen<br />

hat alles geschlossen.<br />

Am frühen Nachmittag fängt es dann wieder an zu regnen. Ich schreibe mein Tagebuch. Um<br />

15.00 Uhr gehen wir zum Handyladen. Es war den Fachleuten nicht gelungen, eine Verbindung<br />

zwischen meinem internetfähigen Vodafone-Handy und dem Computer herzustellen. Sie<br />

vermuten, dass Vodafone hier eine Sperre für Nicht-Vodafone-SIM-Karten eingebaut hat.<br />

So entschließe ich mich, ein neues internetfähiges Handy zu kaufen. <strong>Die</strong> vielen dienstlichen<br />

Mailkontakte für die von mir zu erstellenden Webseiten, machen eine Verbindung über die<br />

deutsche Vodafone-SIM-Karte nicht mehr erschwinglich. Da Vodafone in Tunesien nicht vertreten<br />

ist, zahle ich bis zu 20,- € für ein einiges Megabite. Mit einer tunesischen SIM-Karte<br />

kann ich für das gleiche Geld die 30-fache Menge an Daten versenden. Da ich mich hier über<br />

drei Monate aufhalten werde und das Handy auch in anderen<br />

Ländern mit dortigen SIM-Karten zu nutzen ist, ist<br />

die einmalige Investition von 200,- € sinnvoll und schnell<br />

wieder drin.<br />

Auch Angelo kauft sich hier, wo die Handys bei weitem<br />

billiger sind als in Deutschland, ein einfaches Handy für<br />

umgerechnet 36,- € und eine Prepaid-Karte. Leider funktionieren<br />

zwei Tasten nicht, so dass er es wieder reklamieren<br />

muss. Da morgen wegen des Ramadanendes alle<br />

Geschäfte geschlossen sind, muss er damit leider noch<br />

ein paar Tage warten.<br />

Abends entlädt sich dann nach einem sehr schwülen Tag<br />

ein tüchtiges Gewitter mit sturzartigem Regen über dem<br />

Hafen.<br />

Der Wetterbericht spricht jedoch von Wetterbesserung<br />

und Sonnenschein für die nächsten Tage. So beschließen<br />

wir morgen mit dem angekündigten Nordwind nach<br />

Süden zu laufen.


<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> der SY „VELA“ <strong>2008</strong><br />

10. T EIL DER R EISE VOM 1. BIS 28.OKTOBER <strong>2008</strong><br />

Von Monastir über Kerkennah zurück nach Hammamet<br />

An Bord: Volker, Angelo und dann Brunhild)<br />

M ITTWOCH, 1. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Monastir – Mahdia (25 sm)<br />

Heute wollen Angelo und ich eine<br />

einwöchige Segelreise in den Süden<br />

von Tunesien antreten. Nachdem<br />

es gestern Abend tüchtig gewittert<br />

und geregnet hat, erhoffen<br />

wir uns jetzt wieder etwas Sonne.<br />

Aber wieder bedeckt eine fast vollständig<br />

geschlossene Wolkendecke<br />

den Himmel. Es ist aber nicht mehr<br />

so schwül wie gestern, obwohl der<br />

Thermometer immer noch 25 Grad<br />

anzeigt und wir mit T-Shirts rumlaufen.<br />

Heute ist auch das Ende des Ramadan.<br />

Es soll für die Mohammedaner<br />

ein großes Fest sein. Ich bin<br />

mal gespannt, wie sich das Leben<br />

jetzt verändern wird. Als ich vor einem<br />

Monat in Tunesien ankam, hatte<br />

gerade der Ramadan begonnen.<br />

Es war manchmal, gerade in den<br />

Fischerhäfen und außerhalb der<br />

Touristengebiete, nicht einfach, am<br />

Tag etwas zu essen und zu trinken<br />

zu bekommen und es wurde nicht<br />

gerne gesehen, wenn wir dann auf<br />

der Straße die im Geschäft gekauften<br />

Kekse oder Datteln verspeisten<br />

und eine Cola tranken.<br />

Gegen 10.30 Uhr klarieren wir aus.<br />

Es ist immer wieder eine Prozedur. <strong>Die</strong> Polizei oder die Garde Nationale hat unsere Einklarierungspapiere<br />

einbehalten. <strong>Die</strong>se müssen wir dann abholen. Dabei wird alles genau in ein<br />

Buch eingetragen und wir müssen unseren nächsten Hafen nennen. Anschließend geschieht<br />

das Gleiche wieder beim Zoll. Dann können wir auslaufen – und kaum sind wir in dem Bestimmungshafen<br />

eingelaufen, kommt schon die Polizei und nimmt uns unsere Papiere wieder<br />

ab.<br />

Draußen empfängt uns ein schöner NW-Schiebewind mit 4 bis 5 Bft. Bis zu den Tonnen des<br />

Flachwassergebietes bei den Inseln nordöstlich von Monastir laufen wir bis zu 6 Knoten bei<br />

raumem Wind. Dann gehen wir mit Schmetterling vor den Wind und laufen weiterhin gut unsere<br />

5 Knoten.


Um 16.30 Uhr laufen wir in Mahdia ein und machen an der alten Stelle am Ende der Fischpier<br />

vor der Polizei fest.<br />

Ich mache meine Internetseite fertig und stelle sie ins Netz.<br />

Anschließend machen wir einen<br />

Bummel durch die kleine Stadt.<br />

Ramadan ist zu Ende und alles<br />

Volk ist auf den Straßen und feiert.<br />

Entweder Familien – ansonsten<br />

immer Gruppen von jungen Männern<br />

und Frauen getrennt – wobei<br />

die jungen Männer immer etwas<br />

schüchtern und albern hinter den<br />

jungen Frauen her laufen. <strong>Die</strong><br />

Frauen sind innerhalb einer Gruppe<br />

entweder westlich gekleidet oder<br />

haben lange Gewänder an und tragen<br />

Kopftücher. In den vielen Cafés<br />

sitzen fast ausschließlich Männer.<br />

Auf den Straßen sind viele<br />

Verkaufsstände aufgebaut – meist<br />

mit billigem Spielzeug für die Kleinen.<br />

Alle sind festlich herausgeputzt.<br />

Wir gehen zum alten Fort und blicken über den großen Friedhof mit seinen weißen Gräbern<br />

hinüber zum Leuchtturm.<br />

Abends ist der ganze Himmel rings herum von Wetterleuchten überzogen.<br />

D ONNERSTAG, 2. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Mahdia – La Chebba (16 sm)<br />

Da es nur wenige Seemeilen sind, die wir heute zurücklegen wollen, stehen wir in aller Ruhe<br />

auf und lassen uns Zeit beim Frühstück.<br />

Während Angelo versucht das kleine Löchlein zu finden, aus dem beim Schlauchboot immer<br />

etwas Luft entweicht, gehe ich in die Stadt. Jetzt gegen 10.00 Uhr scheint sie gerade aufzuwachen.<br />

Das Ramadanende-Fest geht weiter. <strong>Die</strong> Verkaufsstände werden wieder von ihren<br />

Planen befreit und die ersten Menschen bummeln schon mit ihren Kindern durch die Gassen.<br />

Ich finde in der großen Markthalle einen offenen Schlachter und am anderen Ende der Stadt<br />

ein ganz kleines Geschäft, das auch Brot von gestern oder vorgestern verkauft.<br />

Gegen 11.00 Uhr laufen wir aus. Der zuvor noch mit einer geschlossenen Wolkendecke verhangene<br />

Himmel klart von Norden her auf und die Sonne kommt heraus.<br />

Wir laufen Schmetterling vor achterlichen Winden. So erreichen wir gegen 15.30 Uhr La<br />

Chebba, den zweitgrößten Fischereihafen Tunesiens. Hier ist absoluter Ruhetag. Der Hafen


ist voller Fischdampfer und Kutter aber fast menschenleer. Da kein Platz an der Pier frei ist,<br />

machen wir an einem Fischerboot fest.<br />

Nachdem wir gegessen haben, mache ich erst einmal eine späte Siesta. Anschließend bummeln<br />

Angelo und ich durch den leeren Hafen, in dem es wirklich nichts gibt. Der eigentliche<br />

Ort ist 4 km entfernt.<br />

Außerhalb des Hafens erklimmen wir einen alten restaurierten Wachtturm und haben bei Sonnenuntergang<br />

noch einen schönen Blick über das weite Land und die jetzt völlig ruhige See.<br />

F REITAG, 3. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

La Chebba – Sidi Youssef (43 sm)<br />

Nachdem vor einer guten Woche unser Versuch misslungen war, über das flache Wasser die<br />

Insel Kerkennah zu erreichen, nehmen wir heute den zweiten Anlauf.<br />

<strong>Die</strong> aus zwei mit einer Brücke verbundenen Inseln bestehende Inselgruppe Isles Kekennah,<br />

liegt in einem 30 sm langen und 20 sm breiten Flachwassergebiet, das mit wenigen Tiefwasserrinnen<br />

durchzogen ist. Gäbe es hier eine ausgeprägte Ebbe und Flut, wie an der Nordsee,<br />

würden weite Gebiete als Watt trocken fallen. Es gibt hier zwar auch Tidenströme, die bis zu<br />

1,5 kn stark sind, aber der Tidenhub beträgt nicht einmal einen Meter.<br />

Wir liefen bei leichten westlichen Winden aus und konnten die ersten zwei Stunden schön mit<br />

halbem Wind segeln. Dann mussten wir den Kurs ändern und hatten seitdem einen sich ständig<br />

verstärkenden Südwind genau auf der Nase. Zum Teil war die See – trotz des flachen<br />

Wassers so steil, kurz und brechend, dass wir mit Maschine kaum gegenan kommen konnten.<br />

In Sidi Youssef stellten wir dann auch fest, dass sich wieder Tauwerk um die Schraube gewickelt<br />

hatte. So mussten wir wieder das Großsegel setzen und dann unter Maschine gegen den<br />

Wind und die kurzen Wellen ankreuzen. Schließlich fanden wir auf der 7-m-Linie flacheren<br />

Seegang vor. Vermutlich lief auch Wind gegen Strom.<br />

Das war das eine Handicap. Das andere war die Betonnung dieses Flachwassergebietes.<br />

Entweder lagen die Tonnen nicht genau da, wo sie in der Karte verzeichnet waren, waren<br />

ganz verschwunden oder lagen an der eingezeichneten Stelle mitten in einem Flachwassergebiet.<br />

Nachdem wir durch das Echolot festgestellt hatten, dass unsere Karte bzgl. der Tiefenangaben<br />

doch recht zuverlässig war, richteten wir uns danach. Das klappte dann ganz gut.<br />

Immer wieder trafen wir Fischer mit ihren kleinen<br />

Booten, die mit ihren Lateinersegeln und ohne<br />

tiefen Kiel gute Fahrt auch über die Flachwassergebiete<br />

machten. Zur Stärkung gab es dann<br />

die schönen süßen tunesischen Kekse, die zum<br />

Ramadanende verschenkt werden und die wir in<br />

Gabes gekauft hatten.<br />

<strong>Die</strong> Kekennah-Inseln haben drei Häfen. Im Norden<br />

gibt es einen Fischerhafen, der jedoch nur<br />

mit Ortskenntnis angelaufen werden kann. Ein<br />

weiterer Hafen liegt an der Ostseite. Da muss<br />

man jedoch um das ganze Flachwassergebiet<br />

herum laufen. Im Süden liegt dann Sidi Youssef,<br />

ein kleiner Fährhafen, den auch die Autofähre<br />

von Sfax ansteuert.<br />

Natürlich war er auf der Karte nicht eingezeichnet.<br />

Wir wussten jedoch aus dem Hafenhandbuch,<br />

wo er in etwa liegt und dass ein betonntes<br />

Fahrwasser vorhanden sein soll. Das war dann<br />

auch so. Gegen 18.00 erreichten wir – kurz hinter<br />

einer Fähre – die ersten Fahrwassertonnen.<br />

Im Hafen warfen wir – wie die Fischer – unseren


S AMSTAG, 4. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Heckanker. Da vorne eine schräge Steinschüttung<br />

war, musste Angelo mit dem Dinghi die<br />

Vorleinen ausbringen. Schließlich lagen wir um<br />

18.30 Uhr gut vertäut fest.<br />

Nach dem Wetterbericht soll heute Nacht der<br />

Wind um 180 Grad auf Nord drehen und stürmisch<br />

zunehmen. Das soll ein bis zwei Tage<br />

anhalten. Da wir hier sehr sicher liegen und wir<br />

uns auch noch die Insel ansehen möchten,<br />

werden wir wohl bis Montag hier bleiben.<br />

Gegen 22 Uhr dreht dann der Wind auf West,<br />

es wetterleuchtet und einige Tropfen Regen<br />

fallen. Ich lege mich in die Koje und lese. Dann<br />

höre ich jedoch einige „anorganische“ Geräusche.<br />

Wir liegen auf Grund. Hier gibt es einen<br />

Tidenhub von bis zu 2 Metern und wir hatten<br />

die VELA zu dicht an der Steinschüttung fest<br />

gemacht. So bringen wir eine Leine zu einem<br />

Fischer aus, verlängern die Vorleinen und<br />

ziehen uns per Genoa-Winsch wieder frei.<br />

Nachdem wir auch noch den Heckanker dicht<br />

geholt hatten, liegen wir jetzt wieder sicher.<br />

Sidi Youssef<br />

Über Nacht regnete es noch etwas. Morgens hatte der Wind dann, wie angekündigt auf Nord<br />

gedreht und auf 6 Bft zugenommen. <strong>Die</strong> Wolken verschwinden jedoch bald und ein strahlend<br />

blauer Himmel begleitet uns über den ganzen Tag.<br />

Wir nehmen uns ein Taxi und fahren in die 15 km entfernte Hauptstadt der Insel. <strong>Die</strong> beiden<br />

durch eine Brücke verbundenen Inseln sind sehr flach und ähneln einer Wüstenlandschaft.<br />

Überall stehen vereinzelt Dattelpalmen, die jedoch sehr ungepflegt und z.T. abgestorben wirken.<br />

Es hat den Anschein, als ob die Bevölkerung sich nicht mehr darum kümmert, sondern<br />

eher ihr Geld im Fremdenverkehr verdient. Überall entstehen neue Häuser und wir erfahren,<br />

dass sich viele Engländer hier ihren Altersruhesitz gebaut haben.<br />

<strong>Die</strong> Hauptstadt hat eine große Durchgangsstraße und einige Querstraßen mit Geschäften.<br />

Touristen sieht man kaum, aber jetzt nach dem Ramadan sind die Cafés wieder geöffnet und<br />

voller Männer. Wir trinken Pfefferminztee und Kaffee. Da Angelo mich zum Essen einladen<br />

will, suchen wir ein Restaurant. <strong>Die</strong> einzige Pizzeria im Ort und die beiden restaurants am nahegelegenen<br />

Strand haben jedoch geschlossen. So fahren wir in die „region touristique“. In<br />

einem großen Hotel, in dem<br />

jedoch zu dieser Jahreszeit<br />

nur eine Handvoll Engländer<br />

untergebracht sind, finden<br />

wir ein Strandrestaurant. Wir<br />

sitzen im Schatten. Da der<br />

Wind jedoch recht kühl ist,<br />

suchen wir uns einen Sonnenplatz.<br />

Anschließend an Bord halten<br />

wir unsere Mittagsruhe, lesen<br />

und unterhalten uns. Da<br />

erst übermorgen Südwind<br />

angesagt ist, beschließen


wir, uns auch morgen hier einen gemütlichen Tag zu machen.<br />

S ONNTAG, 5. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Sidi Youssef<br />

Es weht bei blauem Himmel ein kalter Nordwind, der mich zum ersten Mal veranlasst, einen<br />

dünnen Pullover anzuziehen.<br />

Wir entschließen uns heute mit der Fähre nach Sfax zu fahren. Dauert 75 Minuten und kostet<br />

nur 42 Cent. Sfax ist die zweitgrößte Stadt Tunesiens und hat seine schöne ummauerte Medina.<br />

Aber zuvor kaufe ich mir erst einmal zwei Paar Schuhe. Da konnte ich nicht vorbeigehen.<br />

Für umgerechnet 24,- € pro Paar bekam ich sehr schöne Slipper und elegante Schnürschuhe<br />

aus bestem Leder – gut verarbeitet.<br />

Dann bummelten wir durch die Medina. Da es hier so gut wie keine Touristen gibt, wurden wir<br />

kein einziges Mal von der Seite angesprochen. Angenehm, durch diesen Markt der vielen<br />

Dinge zu gehen und anschließend dirch die doch sehr armseligen und leider recht vermüllten<br />

Wohnbezirke zu wandeln.<br />

Wir gingen ins Museum, das in einem Haus aus dem 17. Jahrhundert untergebracht ist und<br />

das tägliche Leben zeigt. <strong>Die</strong> Moschee war leider geschlossen, so dass wir anschließend<br />

noch die Kasba (Burg) besichtigten. Sie liegt an dem Platz, wo wir damals mit Friedhelm den<br />

Kuchen gekauft hatten. Es ist doch viel angenehmer ohne Ramadan. Alle Menschen sind sehr<br />

freundlich und hilfsbereit und in allen Cafés kann man während des Tages Tee und Kaffee<br />

trinken.<br />

Wir nahmen dann die 16.30 Uhr Fähre zurück. <strong>Die</strong> VELA lag noch gut vertäut an ihrem Platz.<br />

Der Wind, der gestern noch recht kräftig aus Nord geweht hatte, hat angenommen und weht<br />

jetzt – für unsere morgige Rückfahrt<br />

passend – leicht aus Südost.<br />

Wir haben frische Fische gekauft<br />

und Angelo macht daraus<br />

ein schmackhaftes Essen.<br />

Sidi Youssef liegt für Yachten<br />

vermutlich am Ende der Welt.<br />

Für Yachten mit größerem Tiefgang<br />

und bei den schlechten<br />

Seekarten in diesem Flachwassergebiet<br />

ist das für diese wohl<br />

ein Problem. Wir liegen hier als<br />

einzige Yacht und haben auch<br />

auf der ganzen <strong>Reise</strong> hierher<br />

keine Yacht gesehen. Dabei ist<br />

es hier so schön ruhig.<br />

M ONTAG, 6. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Sidi Youssef – La Chebba (43 sm)<br />

Heute geht es wieder zurück.<br />

Den ganzen Tag über schien die Sonne und es war angenehm warm. Anfangs wehte ein<br />

leichter West, so dass wir hoch am Wind laufen mussten. Dann war Flaute und ich hatte<br />

schon Bedenken, dass wir mit dem wenigen <strong>Die</strong>sel, der noch an Bord ist, unser Ziel nicht verreichen<br />

würden. Dass setzte jedoch – wie vorhergesagt – der südliche Wind ein, erst leicht<br />

und dann gegen Abend wehte es mit 4 bis 5 Bft.


Also den Spinnaker hoch und entlang unseres alten Kurses über das ruhige Flachwasser. Angelo<br />

bemerkte, dass das auch Marlies Spaß machen würde. Einmal für ½ Meile mussten wir<br />

mit dem Spinnaker noch einmal hoch an den Wind, um zwischen zwei Tonnen hindurchzufahren.<br />

Dann ging es die letzten 15 Seemeilen mit achterlichem Wind weiter. <strong>Die</strong> Selbststeueranlage<br />

steuerte auch diesen Kurs unter Spi problemlos.<br />

Um 18.30 Uhr machten wir im Fischerhafen von La Chebba fest. <strong>Die</strong>ses Mal gab es wieder<br />

viel Platz, da die meisten Fischer draußen waren. Hier sahen wir nach 4 Tagen wieder die ersten<br />

Sportboote, zwei französische Yachten.<br />

D IENSTAG, 7. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

La Chebba – Mahdia (16 sm)<br />

Nachdem anfangs Flaute geherrscht hatte, kam gegen<br />

Mittag ein schöner Südwind auf. Es ist ein traumhaftes<br />

Segeln: ruhige See, Spinnaker, Delfine und fliegende<br />

Fische, Sonne, 27 Grad, Badehose, Gin Tonic ... Was will<br />

man mehr.<br />

Der Wind frischte dann leicht auf, so dass wir letztlich 6<br />

kn liefen.<br />

Mahdia ist jetzt voller Touristen – die Herbstferien<br />

scheinen begonnen zu haben. Meine Schuhe, die ich in<br />

Sfax für 3500 Dinar gekauft hatte, kosten hier 4700 Dinar.<br />

Wir bummeln noch einmal durch die kleine Stadt. Kein<br />

Restaurant. Schließlich landen wir in einem Hotelrestaurant.<br />

<strong>Die</strong> Urlauber essen vermutlich immer in ihren<br />

Hotels, so dass es in der Stadt nur Imbisse und Cafés<br />

gibt.<br />

Ich trinke noch einen ganz süßen Pfefferminztee und<br />

Angelo einen Kaffee. Es ist viel los in den Cafés – alles<br />

nur Männer. Dennoch: <strong>Die</strong> Tunesier sind ein sehr<br />

freundliches Volk. Ich fühle mich hier wohl und sicher.<br />

M ITTWOCH, 8. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Mahdia –Monastir (25 sm)<br />

25 Seemeilen unter Spinnaker. Der Wind drehte mit unserem Kurs. Anfangs wehte er noch<br />

etwas mau, dann nahm er jedoch auf 5 Bft zu und wir sausten mit über 6 kn auf unser Ziel zu.<br />

Wieder schien die Sonne und es war schön warm – Delfine und fliegende Fische inbegriffen.<br />

<strong>Die</strong> Delfine begleiteten uns fast ½ Stunde.<br />

In Monastir mussten wir an der Pier der Capitanerie fest machen. Morgen sollen wir erst einen<br />

festen Platz bekommen. Da hier der Wind und die Wellen so richtig drauf standen und unsere<br />

Fender platt drückten, brachte ich noch einen Queranker aus.<br />

Abends aßen wir Rinderfilet (1 kg für umgerechnet 11,- €) mit Mohrrüben, Zwiebeln und Kartoffeln,<br />

Das Filet schnitt der Schlachter aus einer ganzen Kuhhälfte heraus.<br />

D ONNERSTAG, 9. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Monastir<br />

Morgens hatte der Wind abgenommen und der Hafenmeister wies uns für eine Woche einen<br />

schönen geschützten Platz längsseits der Pier zu.


Schon morgens entwickelten sich überall am Horizont Gewitter, von denen wir jedoch verschont<br />

blieben. Der Wind nahm aber zu und gegen Abend bezog sich der Himmel. Es ist aber<br />

immer noch so warm, dass man auch abends im T-shirt draußen sitzen kann.<br />

Ich brachte dann zwei Gasflaschen zum Füllen (6,- €).<br />

Anschließend gingen Angelo und ich in die Stadt, um sein defektes Handy zu reklamieren und<br />

etwas einzukaufen. Wir tranken einen Espresso (90 Cent).<br />

Nachdem wir das Boot für Brunhilds Kommen morgen ordentlich geputzt und ich meinen Mittagsschlaf<br />

gemacht hatte, gingen wir wieder in die Stadt. Angelo ist jetzt stolzer Besitzer eines<br />

neuen Nokia-Handys. Ich holte meine Wäsche ab und bestellte dann für Samstagabend einen<br />

Leihwagen für 5 Tage (36,- € / Tag mit Vollkasko und als Limousine).<br />

Abends bekam ich dann eine lange Mail von Ulla. Hat mich riesig gefreut, wieder von ihr und<br />

Ruud zu hören. Werde morgen gleich antworten.<br />

F REITAG, 10. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Monastir<br />

Heute um 16.15 Uhr kommt Brunhild für 14 Tage.<br />

Angelo verlässt vormittags die VELA. Er möchte sich noch Kairouan anschauen. Ich fahre<br />

dann zum Flughafen – und verpasse Brunhild. <strong>Die</strong> Maschine hatte 1,5 Stunden Verspätung,<br />

es kamen hunderte von Menschen aus dem Ausgang; aber dass ich Brunhild übersehen habe,<br />

ist schon komisch.<br />

So fahre ich an Bord zurück. Sie hatte zwischenzeitlich die VELA gefunden und sich schon<br />

Gedanken gemacht, wo ich denn wohl bin.<br />

Abends machen wir noch einen kleinen Stadtbummel und gehen Essen. Das Wetter ist leider<br />

wie angekündigt: grau – aber wenigstens nicht kalt.<br />

S AMSTAG, 11. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Monastir<br />

Am Morgen schien noch etwas die Sonne. Dann bezog sich jedoch der Himmel und es begann<br />

zeitweise leicht zu nieseln.<br />

Nach dem Aufstehen machten wir einen Stadtbummel. Brunhild ließ sich gleich von einem<br />

Verkäufer einfangen, der ihr eine „selbstgewebte“ Tischdecke verkaufen wollte. 80,- Dinar. Als<br />

Brunhild nicht kaufen wollte und dann rigoros den Laden verließ, waren es nur noch 30,- (18,-<br />

€). Wir kauften dann noch eine schöne Schale und einen Seidenschal.<br />

Auf dem Markt wanderte ein schöner Fisch in unsere Tasche, etwas Petersilie, eine Zitrone<br />

und Brot für Pfennigbeträge.<br />

Der Fisch, im Backofen zubereitet, schmeckte köstlich.<br />

Abends holten wir dann den Leihwagen ab. Er kostete zwar 1/3 weniger als der, den wir zuvor<br />

bei AVIS gemietet hatten, bereitete uns während der <strong>Reise</strong> jedoch erheblichen Ärger. Das<br />

Unangenehmste war, dass er nach Benzin roch, nachdem wir ihn abends vollgetankt hatten.


S ONNTAG, 12. BIS D ONNERSTAG, 16.OKTOBER <strong>2008</strong><br />

Eine zweite Rundreise durch Tunesien<br />

1. Tag<br />

Wie schon zuvor die Segelreise zu den Kerkennah-Inseln mit Friedhelm und dann mit Angelo,<br />

wiederholte ich auch die Rundreise mit dem Auto mit Brunhild, die ich zuvor schon mit Angelo<br />

und Friedhelm gemacht hatte.


2. Tag<br />

<strong>Die</strong>se Redundanz hatte etwas sehr Schönes. Einerseits hatten wir dieses Mal zwei Tage mehr<br />

Zeit, das Wetter war durchgehend sonnig und nicht zu warm, ich musste mich nicht so auf das<br />

Finden des Weges konzentrieren und konnte alles mit viel mehr Ruhe und Gelassenheit erleben.<br />

Außerdem ist es sehr schön, mit Brunhild zu reisen. Wir kennen uns sehr gut, vertrauen<br />

einander und es ist sehr schön, sich mit ihr über all das Neue auszutauschen und unsere Eindrücke<br />

zusammenzuführen.<br />

Aber erst einmal kamen wir noch nicht weg. Der Vermieter versuchte den Benzingeruch weg<br />

zu bekommen und riet uns, den Tank nur halb zu füllen. Das half dann später – aber wenn die<br />

Straßen sehr uneben waren, schwappte immer wieder Benzin über, das wir dann mit einem<br />

Taschentuch aufsaugen mussten.<br />

Unser erstes Ziel war wieder die alte Teppichstadt Kairouan. Hier hatte ich auf der letzten <strong>Reise</strong><br />

einen schönen Teppich für unser Wohnzimmer gesehen, das wir in diesem Winter renovieren<br />

wollen. Dabei soll der Teppichboden entfernt und das alte Parkett erneuert werden. Wir<br />

fanden auch zwei schöne Teppiche (geknüpft für 900,- € und gewebt für 500,- €). Fast hätten<br />

wir einen gekauft. Schließlich war es Brunhilds Zögerlichkeit zu verdanken, dass wir die Teppichhändler<br />

mit langen Gesichtern zurück ließen. Wir kommen ja noch einmal hierher - nachdem<br />

wir das Wohnzimmer renoviert haben.<br />

Nach ca. 90 weiteren Kilometern erreichten wir Sbeitla, eine antike römische Siedlung, die wir<br />

auf der letzten <strong>Reise</strong> aus Zeitgründen hatten rechts liegen lassen mussten.<br />

Das <strong>gesamte</strong> Gelände ist sehr weitläufig<br />

und beherbergte zu Römerzeiten<br />

eine riesige Stadt. Im Eingangsbereich<br />

der Stadt ist der große<br />

Triumphbogen wahrscheinlich<br />

der Kaiser - Tetrarchie (Diocletian,<br />

Maximian, Constantius, Galerius)<br />

gewidmet. Ziemlich eindrucksvoll<br />

erinnert er an den Titusbogen in<br />

Rom.<br />

Am Ende des Forums steht das<br />

Kapitol mit den drei Tempeln, die<br />

den Göttern Jupiter, Juno und Minerva<br />

gewidmet waren. Sie sind untereinander<br />

durch Bögen verbunden,<br />

die zwischen die Durchgängen<br />

gebaut worden sind.<br />

Es gibt mehrere frühchristliche und byzantinische Kirchen auf dem Standort: die bemerkenswertesten<br />

bilden eine Gruppe im Norden des Forums. <strong>Die</strong> Kathedralkirche von Bellator (IV.),<br />

die Kirche von Vitalis (V.) - eigentlich die Nachfolgerin der ersten Kirche- die gebaut wurde,<br />

um die vorige zu vergrößern. Sie war 50 m lang und zählte 5 Schiffe, außerdem eine Taufkapelle<br />

und einem großen Taufbecken mit wunderschönen Mosaiken.<br />

Ein Aufseher wollte uns dann alte römische und byzantinische Münzen verkaufen – zu horrenden<br />

Preisen. Wir konnten ihn erheblich runterhandeln, sahen dann jedoch davon ab, sie zu<br />

kaufen, da wir nicht wussten, ob sie echt waren (sahen aber wirklich echt aus).<br />

<strong>Die</strong> Nacht verbrachten wir in einem schönen modernen Hotel, von dem man einen Blick über<br />

die ganze antike Stadt hatte (Mit Halbpension knapp 80,- € für uns beide). Leider erwischte<br />

mich dann nachts einen Durchfallattake. Am nächsten Morgen war aber das Schlimmste überstanden.<br />

Heute ging es dann weiter zu den Bergoasen, die mich auf der letzten <strong>Reise</strong> am meisten fasziniert<br />

hatten. Wir fuhren einen anderen Weg über ganz kleine Straßen und landeten schließlich<br />

– nicht weit von der algerischen Grenze im Nirgendwo. Auf einer leichten Anhöhe im ganz


3. Tag<br />

gestanden hätte. Zur Zeit wurde ein<br />

drittes und ein viertes Schuljahr unterrichtet<br />

– so 8 bis 10 Schüler in einer<br />

Klasse. <strong>Die</strong> Lehrer und die Lehrerin<br />

hatten starkes Interesse an einem<br />

weiterführenden Kontakt. Wir werden<br />

ihnen schreiben und versuchen, in<br />

Deutschland eine Klasse zu finden,<br />

die diesen Kontakt hält (Ingrid, mach<br />

dich schon mal klar ...).<br />

Anschließend ging es über Schleichwege<br />

weiter nach Tamerza, der<br />

großartigen Oase. Da es noch nicht<br />

spät war, machten wir beide uns auf<br />

den Weg durch die Oase. Ich fand<br />

dann auch ohne Führer das enge tro-<br />

die ungebrannten Lehmziegel zu einem<br />

großen Teil zerstört hatte. Außer uns<br />

war hier niemand.<br />

In dieser Nacht erwischte dann Brunhild<br />

das, was mich in die letzte Nacht hatte<br />

auf der Toilette verbringen lassen.<br />

Ausgerüstet mit einer Extrarolle Toilettenpapier<br />

– die dann jedoch nicht mehr<br />

gebraucht wurde, wiederholte ich am<br />

nächsten Morgen die Tour, die mich auf<br />

kleinen Dörfchen Oum el-Ksab lag<br />

dann eine kleine zweiklassige<br />

Grundschule, wo wir nach dem Weg<br />

fragen wollten. Wir wurden von den<br />

beiden Lehrern und einer Lehrerin<br />

ganz herzlich empfangen. Sie luden<br />

uns in ihre Klassen ein, wo die Kinder<br />

ganz brav auf ihren Plätzen saßen und<br />

dann aufsprangen und uns ein lautes<br />

„bonjour missieu“ und „bonjour<br />

madame“ entgegenschmetterten.<br />

<strong>Die</strong> Klassenräume waren schön<br />

geschmückt und mit Anschauungsmaterial<br />

ausgestattet, das einer<br />

deutschen Schule auch gut zu Gesicht<br />

ckene Flusstal wieder. In der Abendsonne<br />

sah es ganz toll aus und auch Brunhild war<br />

ganz begeistert davon – von dem satten<br />

fruchtbaren Grün der Oase in ein<br />

rötlichbraunes Tal ohne jegliches Leben.<br />

Vor dem Abendessen fuhren wir dann noch<br />

in die alte zerstörte (aber für die Touristen<br />

etwas restaurierte und gut gefegte) Stadt,<br />

die in den 60er Jahren des letzten<br />

Jahrhunderts nach 11 Tagen Dauerregen<br />

verlassen werden musste, da dieser Regen


wieder ein besonderes Highlight. Sie<br />

führt quer durch die total ebenen<br />

Salzwüsten, die sich zu beiden Seiten<br />

ins Unendliche erstrecken.<br />

Von Kebili aus nehmen wir eine<br />

ganz kleine Nebenstraße durch die<br />

Wüste nach Douz. Hier erheben sich<br />

bis zu 30 m hohe Dünen, die man<br />

versucht mit Palmwedeln am Wandern<br />

zu behindern. Auf solch eine<br />

Düne mussten wir natürlich hinauf.<br />

Wenn man dann z.B. in Griechenland<br />

bei Südwind das Boot am<br />

nächsten Morgen völlig eingestaubt<br />

vorfindet, ist es dieser Sand, der in<br />

der letzten <strong>Reise</strong> am meisten beeindruckt hatte. Es<br />

ging 20 km zurück nach Redeyef und dann über die<br />

sogenannte „Rommel-Piste“ übers Gebirge mit einem<br />

grandiosen Blick über die Salzseen. Ich fand – bis auf<br />

eine schöne Aussicht – alles auch ohne Führer<br />

wieder. Auf der ganzen Strecke begegneten wir nur<br />

einem Allrad-Wohnwagen mit Österreichern. Sie<br />

hatten in dieser Einöde übernachtet. Das muss in<br />

dieser Stille bei dem jetzt gerade erstrahlenden Vollmond<br />

ganz toll gewesen sein.<br />

Nachdem wir uns noch einen „Touristenwasserfall“<br />

angesehen hatten, fuhren wir zu den Salzseen, den<br />

Schotts. In Tozeur bummelten wir noch ein bisschen<br />

durch die Stadt und aßen dann etwas in einem Restaurant.<br />

<strong>Die</strong> fast 100 km lange, erst 1978 vom Militär gebaute<br />

fast schnurgerade Straße von Tozeur nach Kebili, war<br />

unserem Sinne eigentlich gar keiner ist. Sand<br />

hatte für mich immer eine körnige Konsistenz<br />

gehabt – dieser Sand war jedoch wie Staub.<br />

Da kann ich mir auch vorstellen, dass ein starker<br />

Wind ihn bis in große Höhen hinauf tragen<br />

und meilenweit hinweg tragen kann.<br />

In Douz übernachteten wir wieder im Hotel<br />

Saharien, wo man sich noch genau an mich<br />

erinnerte, da man mir beim Abschied noch<br />

meine Jacke nachgetragen hatte.<br />

4. Tag<br />

Wir entscheiden uns, an diesem zusätzlichen<br />

Tag noch weiter nach Süden zu fahren.<br />

Nachdem wir die beeindruckende lange, fast<br />

schnurgerade Straße durch die Wüste hinter uns gebracht hatten, kehrten wir in den kleinen<br />

Dorf Tamezret, 12 km vor Matmata in dem Café ein, das oben zwischen den fast verfallenen<br />

Lehnhäusern liegt. Da auf der letzten reise noch Ramadan war, war es damals geschlossen.<br />

Wir waren aber auch jetzt die einzigen Gäste und bekamen Berbertee (Pfefferminztee mit<br />

Mandeln) serviert. Anschließend zeigte uns der Wirt noch seine Ziegen und Schafe.


erwartet als eine atemberaubende Landschaft. Als<br />

wir jedoch eine kleine Nebenstraße hinauffuhren<br />

landeten wir schließlich in einem Ksar.<br />

Es handelt sich hierbei um Burgen der Wüste, die<br />

als Ksar (Plural = Ksour) bezeichnet werden. Ein<br />

Ksar ist eine Art rechteckiger Bau, der sich aus mehreren<br />

übereinander angeordneten Nischen, den<br />

Ghorfas, zusammensetzt - ähnlich den Waben eines<br />

Bienenstocks, über drei oder vier Etagen. <strong>Die</strong> Bewohner<br />

dieser Gegend, die Berber, versteckten hier<br />

in unsicheren Zeiten ihre Ernte zum Schutz vor Beutezügen.<br />

Der Ksar dient aber auch als Zufluchtsort,<br />

um sich vor Hitze, Kälte und Sandstürmen zu schützen<br />

und eventuelle Angriffe besser abwehren zu<br />

können.<br />

In Friedenszeiten ist er Speicher, Handelsort und<br />

Gemeinschaftsraum in einem. Hier findet der Handel<br />

in Form von Wochenmärkten statt und auch Männerversammlungen<br />

werden im Ksar abgehalten. Der<br />

Ksar erfüllt aber auch noch andere Funktionen, er ist<br />

wie die ehemaligen römischen Städte ein Ort, an<br />

Über eine beeindruckende Passstraße<br />

mit unendlichem Blick über eine<br />

sporadisch besiedelte Landschaft bis<br />

fast nach Djerba kamen wir<br />

schließlich, 16 km vor Medinine, an<br />

einen Abzweiger, der auf der Karte als<br />

Straße 114 bezeichnet war. Es war<br />

jedoch nur ein staubiger Feldweg, der<br />

uns durch eine mit Olivenbäumen<br />

bewachsene Ebene immer näher an<br />

ein wild aufragendes Gebirge brachte.<br />

Irgendwie fanden wir dann den<br />

eigentlichen Weg wieder und kamen<br />

im Gebirge an den Ort Ksar el-Hallouf.<br />

Eigentlich hatten wir hier nicht mehr<br />

dem Festivals und Unterrichtsstunden<br />

abgehalten werden. Er<br />

ist weiterhin ein Ort des gesellschaftlichen<br />

und religiösen Lebens.<br />

<strong>Die</strong> Wahl des Ortes und<br />

die technischen Überlegungen<br />

beim Bau eines Ksars wurde<br />

niemals dem Zufall überlassen.<br />

Gebaut wurde an strategischen<br />

Punkten mit schwierigem<br />

Zugang: Steile Abhänge und<br />

steinige Wege oder flache<br />

Bergkämme und geschützte<br />

Täler. <strong>Die</strong> Ksars waren dadurch<br />

für Eindringlinge nur schwer<br />

zugänglich und gleichzeitig ein<br />

idealer Ort zur Aufbewahrung<br />

von Vorräten unter klimatisch<br />

günstigen Bedingungen.<br />

Beobachtungsposten,


sogenannte Marabous, ermöglichten<br />

die Kontrolle der Umgebung.<br />

Anfangs dachten wir, wir wären hier völlig<br />

alleine. Dann kam jedoch ein „Aufpasser“<br />

aus einer Tür. Er zeigte uns eine<br />

alte Ölmühle, führte uns in eine verfallene<br />

Moschee mit Berberverzierungen<br />

an der Decke, servierte uns einen<br />

Tee und führte uns schließlich auf den<br />

„Marabou“, von wo man einen guten<br />

Blick über die ganze Anlage hatte. Wir<br />

gaben ihm dafür stolze 10,- Dinar. Seine<br />

20,-, die er haben wollte, fanden wir<br />

unverschämt und fuhren dann weiter.<br />

<strong>Die</strong>se „Touristenausnehme“, die uns<br />

hier in dieser Gegend noch<br />

häufiger begegnete, ist bei der<br />

Armut der Bevölkerung verständlich.<br />

Dennoch hatten wir<br />

anschließend keine Lust mehr uns<br />

von Führern in den beeindruckenden<br />

Ksar von Chenini<br />

führen zu lassen, der wie ein<br />

Wespennest oben auf einem Berg<br />

thront, auf dessen Spitze eine<br />

verfallenen Berberburg steht. Zu<br />

diesem Ksar ist eine ganz neue<br />

Touristenstraße gebaut worden.<br />

Hier werden im Sommer<br />

vermutlich Busladungen von Touristen<br />

entladen, die dann das<br />

Einkommen der Bevölkerung<br />

sichern. Schon auf dem Weg<br />

dahin wurden wir auf der Straßen immer wieder von „Führern“ so anzuhalten versucht, dass<br />

sie sich einfach vor das fahrende Auto stellten. In einer Kurve sprang eine Meute Kinder vor<br />

unser Auto und versuchte sich mit den Schreien „Money, Geld„ daran festzuklammern.<br />

So fuhren wir etwas beklemmt<br />

weiter in Richtung<br />

Tataouine. Unser Nachtziel<br />

war eigentlich ein Hotel<br />

in Medenine. Das gab<br />

es jedoch nicht, so dass<br />

wir noch weitere 75 km bis<br />

Gabes fahren mussten.<br />

Mit nur einem Auge (das<br />

Licht eines Scheinwerfers<br />

funktionierte nicht) fuhren<br />

wir in die Dunkelheit hinein.<br />

Dabei waren wir jedoch<br />

noch gut beleuchtet.<br />

Viele Autos hatten nur ihr<br />

Standlicht eingeschaltet<br />

oder fuhren sogar ohne Beleuchtung.<br />

Zum Autofahren in Tunesien braucht man schon während des Tages ein großes Improvisationstalent<br />

– nachts ist es einfach abenteuerlich! Dennoch arrangiert sich alles – und was ich


5. Tag<br />

ganz toll finde – keiner pocht so richtig auf sein Recht. Es wird viel gehupt, aber nicht gemeckert,<br />

keine Faust und kein Stinkefinger gezeigt – lächeln.<br />

Das Hotel Oasis am Strand war sehr komfortabel und das Teuerste während der <strong>Reise</strong> (90,- €<br />

mit Halbpension für zwei Personen in einem luxuriösen Doppelzimmer).<br />

ansehen, das auch Brunhild faszinierte.<br />

Über ein paar enge Nebenstraßen und geschäftige<br />

Dörfer erreichten wir gegen 18.30 Uhr wieder<br />

Monastir. <strong>Die</strong> VELA lag wie gehabt sicher an ihrem<br />

Platz, so dass wir den Abend mit einem Restaurantbesuch,<br />

Bier und Wein ausklingen lassen<br />

konnten.<br />

F REITAG, 17. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Monastir<br />

Eigentlich wollten wir uns heute mit der VELA auf<br />

den Weg in Richtung Hammamet machen. Daraus<br />

wurde jedoch nichts.<br />

Brunhild hatte es wieder magen- und darmmäßig<br />

erwischt – aber dieses Mal so richtig – mit Übelkeit.<br />

Das erste Mal wählte sie die 2 und dieses<br />

Mal die 6 auf einer Skala von 1 bis 10.<br />

Während sie fast den ganzen Tag über das Bett<br />

hütet, schreibe ich meine Mails und arbeite etwas<br />

für den KJHV.<br />

S AMSTAG, 18. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Monstir<br />

Der Tag fing erst einmal mit einem<br />

Reifenwechsel an. Das rechte<br />

Vorderrad hatte seine Luft ausgehaucht.<br />

Wir fuhren dann weiter nach Sfax.<br />

Hier ist die Medina noch fast ohne<br />

Touristen, so dass man überall<br />

ungestört gucken und stöbern<br />

kann. Wir kauften für Brunhild ein<br />

paar schöne hohe Lederstiefel für<br />

umgerechnet 15,- € und noch ein<br />

paar Geschenke für unsere<br />

Freunde.<br />

Dann mussten wir uns natürlich<br />

noch einmal das imposante<br />

römische Kolosseum in El-Jem<br />

Es ist ein sonniger, windstiller Tag – wie im Bilderbuch – Strandwetter würde man in Kiel sagen<br />

– so 26 Grad ...


Aber Brunhild ist immer noch krank und hat sich ins Vorschiff gelegt, damit sie näher an der<br />

Toilette ist. Ich besorge ihr Kohletabletten. So langsam geht es ihr besser. Sie knabbert etwas<br />

am Weißbrot und isst abends schon ein paar Möhren und Kartoffeln.<br />

S ONNTAG, 19. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Monastir – Hammamet (39 sm)<br />

<strong>Die</strong> Nacht und der Morgen waren total windstill.<br />

Brunhild geht es wieder besser. Wir klarieren aus und nehmen um 09.40 Uhr Kurs auf Hammamet.<br />

Leider kein Wind – dafür jedoch viele fliegende Fische und Delfine ganz dicht am Boot.<br />

Nach fast 40 sm erreichten wir schließlich die Ankerbucht vor der Medina von Hammamet. Wir<br />

werfen unseren Anker auf weißen Sandboden und genießen das warme Wasser.<br />

M ONTAG, 20. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Hammamet – Yasmine-Marina Hammamet (3 sm)<br />

<strong>Die</strong> Nacht war etwas schaukelig, obwohl so gut wie kein Wind wehte. Aber irgendwo muss es<br />

geweht haben und eine lange Dünung stand in die nach drei Seiten offene Bucht hinein.<br />

So liefen wir schon nach dem Frühstück und einem weitern Bad wieder aus – 3 sm in die Yasmine-Marina<br />

Hammamet, wo ich einen Winterliegeplatz habe. Wir verkriechen uns ganz in<br />

die hintere Ecke des Hafens, wobei wir eine Klappbrücke passieren müssen.<br />

Neben uns liegt die ORIZABA, mit den Engländern Mick und Jo. Sie leben auf diesem kleinen<br />

10,5 m-Schiff und bleiben auch den ganzen Winter an Bord.<br />

Mick zeichnete mir gleich eine Karte, aus der zu entnehmen war, wo man was gut und günstig<br />

im 6 km entfernten Hammamet bekommen kann. Dann lernen wir auch Peter kennen. Er liegt<br />

ein paar Boote weiter und ist Deutscher. Zur Zeit ist er allein an Bord.<br />

Wir machen uns einen schönen ruhigen Tag und abends kostet Brunhild die herrliche Boujabaisse.<br />

D IENSTAG, 21. BIS M ITTWOCH, 22. O KTO-<br />

BER<br />

2 Tage mit dem Leihwagen in den Norden von Tunesien<br />

1. Tag<br />

Um 09.00 Uhr bekommen wir unseren Leihwagen,<br />

diesmal für nur 30,- € pro Tag.<br />

Wir wollen den fruchtbaren Norden von Tunesien erkunden<br />

und sind schon ganz gespannt. Da wir nur<br />

zwei Tage Zeit haben, entscheiden wir uns in Tunis<br />

bzw. Karthago mit seinen hunderten von Sehenswürdigkeiten<br />

nur das Nationalmuseum zu besuchen. Das<br />

hat sich wirklich gelohnt. Nach zwei Stunden Hunderter<br />

von Mosaiken, die das Leben der Römer und Nubier<br />

detailliert darstellen, sind wir auch ausreichend


geschafft. Ich meinte dann, dass Andrea MB sicher noch weitere 4 Stunden ausgehalten hätte.<br />

Es gab einen Audio-Guide, der uns viele Informationen vermittelte.<br />

Zuvor hatten wir uns etwas verfahren. Wir landeten im Universitätsviertel und aßen dort eine<br />

Kleinigkeit. Da mich das Leben von Menschen ganz besonders interessiert, war ich doch sehr<br />

erstaunt, dass hier genau so offen geflirtet wird wie in Deutschland (aber davon später).<br />

Hügel hinaufziehen. Bäume gibt<br />

es wenig. Im Sommer werden<br />

sich hier – in der ehemaligen<br />

Kornkammer Roms - auch heute<br />

noch die Weizenfelder im<br />

Winde wiegen.<br />

Dann werden die Berge etwas<br />

schroffer. <strong>Die</strong> Felder weichen<br />

einer Marcia, in der sich nach<br />

und nach mehr Bäume gesellen<br />

und die schließlich zu einem<br />

Weiter ging es dann an einem großen See (Lac de Bizerte),<br />

der mit einem schiffbaren Kanal mit dem Meer verbunden<br />

ist (schon zu Römerzeiten), vorbei nach Bizerte. Bizerte hat<br />

einen schönen alten Fischerhafen, der direkt an der alten<br />

ummauerten Medina liegt (schade, dass man ständig angequatscht<br />

wird).<br />

Wir trinken einen Kaffee und fahren weiter in Richtung Tabarka.<br />

Da wir die Hauptstraße verfehlt hatten, bekommen<br />

wir auf der wirklich engen Nebenstraße einen guten Einblick<br />

in das dörfliche Leben. Anfangs ist das Land übersäht von<br />

braun-okerfarbenen Feldern, die sich bis auf die Spitzen der


2. Tag<br />

fast undurchdringlichen grünen Wald<br />

wird. Wir überqueren das Delta eines<br />

großen Flusses, der auch viel Wasser<br />

führt und der sich eine tiefe Schlucht in<br />

den Fels gegraben hat. Wir sehen einige<br />

Storchennester. <strong>Die</strong> Störche sind<br />

zwar noch nicht da, jedoch die Drosseln,<br />

die mit ihrem Gesang deutlich auf<br />

sich aufmerksam machen.<br />

In Tarbaka finden wir ein sauberes, ruhiges<br />

und recht günstiges Hotel (30,- €<br />

für das Doppelzimmer). Abends bummeln<br />

wir noch an den nahegelegenen<br />

Strand und essen etwas. In Tabarka<br />

wir viel gebaut und für Touristen investiert.<br />

Morgens geht es dann weiter durch eine von einem tiefen Tal durchschnittene Landschaft mit<br />

alten Korkeichen, Wiesen und Feldern.<br />

So kommen wir nach Bulla Regia.<br />

<strong>Die</strong> ehemalige römische Stadt Bulla Regia<br />

liegt südlich von Tabarka. Es gibt hier viele<br />

interessante Sehenswürdigkeiten aus<br />

römischer, frühchristlicher und byzantinischer<br />

Zeit zu besichtigen. Viele der besten<br />

Mosaiken sind allerdings ins Bardo - Museum<br />

nach Tunis gebracht worden, aber der<br />

"Jagdpalast" besitzt Mosaiken mit wilden<br />

Tieren und Jagdszenen sowie erkennbare<br />

Spuren des Speisezimmers, der Küche und<br />

des Schlafzimmers. <strong>Die</strong> bedeutende Ausgrabungsstätte<br />

geht auf eine punische<br />

Gründung im 3. Jahrhundert v. Chr. zurück.<br />

Sie war Teil des numidischen Reiches und<br />

erlebte unter Rom eine Blütezeit. Im<br />

Unterschied zu anderen Ausgrabungsstätten<br />

in Tunesien fehlen hier zwar gut erhaltene<br />

Prachtbauten, doch birgt Bulla Regia eine<br />

andere, einzigartige Besonderheit. Als Schutz<br />

vor der sommerlichen Hitze bauten die<br />

Römer die Untergeschosse ihrer Villen in die<br />

Erde.<br />

Es sind große unterirdische Häuser zu<br />

bewundern wie das Maison du Tresor, der Jagdpalast oder der Palast des Pfaus. Der Fischerpalast<br />

besitzt einen Patio, in den ein mit Mosaiken verziertes Wasserbecken eingelassen<br />

ist. In der weitläufigen Anlage des Amphitritepalastes liegt das wohl schönste Mosaik von Bulla<br />

Regia, das Neptun mit seiner Gattin Amphitrite zeigt. <strong>Die</strong> Räumlichkeiten waren mit bedeutenden<br />

Mosaiken geschmückt und sind gut erhalten.<br />

Bulla Regia bietet auch größere Bauten, wie z. B. ein vorzüglich erhaltenes Theater, das in<br />

der Zeit von Kaiser Mark Aurel (161 - 180) errichtet wurde und die Thermen der Julia Memmia<br />

– eine von zwei heute bekannten Thermenanlagen der Stadt – aus dem 1. Jh. n. Chr.


Wir nehmen uns für 12,- € eine Führerin,<br />

die uns eine Stunde lang durch die Reste<br />

dieser alten Stadt führt. Sie spricht gut<br />

englisch und erzählt uns auch etwas<br />

über ihr Leben und das heutige<br />

Tunesien.<br />

Sie selbst ist Berberin und hier<br />

aufgewachsen. Ihr Großvater hatte noch<br />

auf dem damals noch verschütteten<br />

Ausgrabungsgelände in Zelten gelebt.<br />

Ihnen wurde dann anderes Land<br />

zugeteilt und eine kleine Entschädigung<br />

gegeben. Ihr Vater hatte noch an den<br />

Ausgrabungen teilgenommen. Dass sie<br />

jetzt als Führerin arbeitet, war ihren<br />

Eltern gar nicht recht. Sie hatten Angst, dass sie lüstern angeblickt und begrapscht werden<br />

könnte. Ihren Ehemann hat sie nur unter der Prämisse geheiratet, hier weiterarbeiten zu können.<br />

Sie erzählte uns weiter, dass in Tunesien alle Menschen – ob Männer oder Frauen – vor<br />

dem Gesetz gleich seien, dass das jedoch in der Praxis häufig ganz anders aussehe. Häufig<br />

bestimmen die Eltern oder der Ehemann noch, was eine junge Frau machen darf und was<br />

nicht. Ihr bleibt dann natürlich die Möglichkeit weg zu gehen – aber wo hin? Einige Mädchen<br />

gehen dann zu ihren Großeltern. Wir erzählten ihr dann von unseren Beobachtungen an der<br />

Uni in Tunis. Darauf antwortete sie, dass dort die Eltern und Verwandten weit weg seien – fahren<br />

sie doch wieder nach Hause, ist häufig alles beim Alten. Seit fünf Jahren können auch<br />

Frauen in der Armee dienen.<br />

Sie bestätigte auch, dass der Durchschnittsverdienst in Tunesien umgerechnet 180,- bis 250,-<br />

€ betragen würde. Damit kann man so gerade leben – aber ohne Kleidung etc.<br />

Nachdem wir in einer kleinen Stadt in einem Restaurant, in dem viele liebende Pärchen in einer<br />

Art Hinterzimmer Händchen hielten, gegessen hatten, machten wir uns auf den Weg nach<br />

Chemtou.<br />

Chemtou war in römischer Zeit eine Stadt in der Provinz Africa proconsularis. Der Ort war vor<br />

allem für seine Steinbrüche bekannt, in denen geäderter, gelblich-rötlicher numidischer<br />

Marmor abgebaut wurde.<br />

<strong>Die</strong> Siedlung lag an der Kreuzung<br />

zweier wichtiger Straßen (von<br />

Karthago nach Hippo Regius und<br />

von Thabarca nach Sicca Veneria).<br />

Unter römischer Herrschaft begann<br />

im 1. Jahrhundert v. Chr. der Gesteinsabbau<br />

in großem Stil. Marmor<br />

numidicum war in der römischen<br />

Oberschicht als Luxusartikel gefragt.<br />

Er war für kaiserliche Prunkbauten<br />

begehrt und wurde nach Rom verfrachtet.<br />

Von der Stadt waren die<br />

Steinbrüche durch eine Mauer getrennt.<br />

Sie bildeten ein regelrechtes<br />

Ghetto – mit einem im Westen befindlichen<br />

Verwaltungsgebäude, im<br />

Osten liegenden Werkstätten und einem<br />

hermetisch abgeriegelten Unterbringungsgebäude für Strafgefangene in der Mitte. <strong>Die</strong><br />

Arbeit in den Steinbrüchen war beschwerlich, unfallträchtig und endete nicht selten tödlich. Es<br />

wurden daher Zwangsarbeiter eingesetzt. Häufig waren dies nach der Zeitenwende verfolgte<br />

Christen, die ihrem Glauben nicht abschwören wollten und deshalb vom Richter „zu den<br />

Steinbrüchen“ verurteilt wurden.


Aus dem Arbeitslager, dem größten im römischen Imperium, zog indes auch Chimtou Nutzen.<br />

<strong>Die</strong> Stadt partizipierte von der über den Fluss Medjerda errichteten Brücke und zweigte Wasser<br />

aus der ins Lager führenden Leitung für sich ab. Vorsteher der Steinbrüche spendeten<br />

dem Ort öffentliche Gebäude, jedoch nicht aus Marmorblöcken, denn die waren zu teuer und<br />

für den Export bestimmt. Das Theater, das Amphitheater und die Thermen sind heutzutage als<br />

Überreste noch zu besichtigen. Auch Aquäduktreste und Zisternen sind noch zu sehen.<br />

Wir besuchten insbesondere das Museum, das schon im Baedeker als sehr informativ erwähnt<br />

wurde. Es zeigt sehr anschaulich die erdgeschichtliche Entstehung von Marmor, das<br />

Leben der Numider und Römer, die Bearbeitung sowie Gestände aus diesem Marmor.<br />

1993 kam es bei Bauarbeiten für das neue Museum zu einem spektakulärer Goldfund von<br />

1.447 Münzen aus römischer Zeit. 1998 war noch einmal das Arbeitslager Ziel von Ausgrabungen,<br />

die unter der Leitung von Michael Mackensen, Universität München, standen.<br />

Dann mussten wir uns auf den Heimweg machen. Wir folgtem dem breiten, fruchtbaren Tal<br />

eines Flusses und erreichten dann auf der anderen Seite ein kleines Gebirge. <strong>Die</strong> Fahrt über<br />

die kleinen Nebenstraßen bot immer wieder neue Ausblicke. Leider wurde es schnell dunkel,<br />

so dass wir den Rest der Strecke auf der Autobahn zurücklegen mussten.<br />

D ONNERSTAG, 23. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Yasmin-Marina Hammamet<br />

Brunhilds letzter Tag verlief dann – im Gegensatz zu den <strong>Reise</strong>tagen – so wenig aufregend,<br />

dass sie abends sagte: Heute ist ja eigentlich gar nichts passiert.<br />

Nachmittags mieteten wir uns ein Auto, mit dem ich Brunhild morgen früh nach Monastir zum<br />

Flughafen bringen will. Wir fuhren damit nach Hammamet und bummelten durch die „Touristen-Medina“,<br />

bis uns das Angegrapsche zu viel wurde.<br />

Abends hatten wir noch ein schönes Abschiedsessen.<br />

F REITAG, 24. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Yasmin-Marina Hammamet<br />

Morgens bringe ich Brunhild zum Flughafen. Da wir uns etwas verfuhren, brauchten wir fast 2<br />

Stunden für die 120 km.<br />

Anschließend bringe ich meine Wäsche zur Wäscherei nach Hammamet und nehme Mick und<br />

Peter mit. Das sie hier schon längere Zeit liegen, kennen sie vieles und zeigen mir all die<br />

wichtigen Geschäfte.<br />

Abends war dann „Happy Hour“. Von 19.00 bis 20.00 Uhr gibt es in einer Kneipe zwei Bier<br />

zum Preis von einem. Da kamen sie alle, Engländer, Franzosen, Deutsche, Holländer und<br />

Belgier mit ihren Frauen. Es wurde ein reger Austausch. Einige bleiben den ganzen Winter<br />

über hier, andere fahren für ein bis zwei Monate nach Hause und wieder andere – wie ich –<br />

kommen erst im Frühjahr wieder. Auch der Hafenkapitän mit seiner Frau war gekommen.<br />

Wer nicht gekommen war – und wie mir gesagt wurde auch selten kommt – ist Wolfgang unser<br />

Vertreter des TO (Trans-Ocean) in Hammamet. Das finde ich schade. <strong>Die</strong> Leute wollen in<br />

diesem Winter eine Zeitung herausgeben und treffen sich einmal im Monat zum BBQ.


S AMSTAG, 25. BIS D IENSTAG, 28. O KTOBER <strong>2008</strong><br />

Yasmin-Marina Hammamet<br />

Ich mache das Boot für den Winter fertig und kuriere einen kleinen Virus aus, der mir insbesondere<br />

Kopfschmerzen bereitet.<br />

Am 28. Oktober um 09.55 Uhr geht mein Flieger von Monastir nach Deutschland.

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