Die hightech-Perle aus Ljubljana - schilling
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Zur Person: Ales Strancar studierte chemie und biotechnologie<br />
an der Universität ljubljana. Anfang der neunziger<br />
Jahre übernahm er die leitung der slowenischen<br />
Firma biA und entwickelte das Monolith-Verfahren<br />
zur Aufreinigung gentechnisch hergestellter<br />
Proteine bis zum Prototyp. 1998 konnte er den<br />
damaligen horizonte-chef Franz Krejs als Financier<br />
gewinnen. Auf Drängen von Krejs wurde die<br />
Monolith-technologie <strong>aus</strong> der Firma biA her<strong>aus</strong>gelöst<br />
und in die neu gegründete biA Separations<br />
gmbh eingebracht. „Fünf Kollegen begleiteten<br />
uns damals bei diesem Spin-out“, erinnert sich<br />
Strancar. heute hat das österreichisch-slowenische<br />
Unternehmen 60 Mitarbeiter, ein Drittel<br />
PRohASKA<br />
davon sind chemiker und Virologen. René<br />
<strong>Die</strong> <strong>hightech</strong>-<strong>Perle</strong> <strong>aus</strong> <strong>Ljubljana</strong><br />
biotechnologie. Gentechnisch hergestellte Medikamente und impfstoffe müssen in<br />
aufwändigen Verfahren gereinigt werden. Genau darin ist ein kleines<br />
österreichisch-slowenisches Biotech-Unternehmen extrem gut.<br />
Von ingrid Dengg<br />
D ie Geschichte klingt beinahe zu schön, um wahr zu sein.<br />
1984 suchten ein Professor der Düsseldorfer heinrichheine-Universität<br />
und drei seiner assistenten nach finanzierungsmöglichkeiten<br />
für eines ihrer Projekte – die schonende<br />
isolation von Nukleinsäuren, den trägern von Erbinformationen,<br />
in besonders reiner form. Der österreichische Venture-capitalist<br />
franz Krejs arbeitete damals noch für die deutsche tVM capital.<br />
Und er überredete das Düsseldorfer forscherteam, mit seiner hilfe<br />
den Gang in die selbstständigkeit zu wagen und eine eigene firma<br />
zu gründen. 13 Jahre später brillierte das spin-off unter dem Namen<br />
Qiagen als erstes deutsches Unternehmen an der Us-technologiebörse<br />
Nasdaq. heute ist Qiagen – nur <strong>aus</strong> rechtlichen Gründen<br />
ist der sitz in den Niederlanden – mit einem Umsatz von 1,9 Milliarden<br />
Euro Deutschlands größtes Biotech-Unternehmen.<br />
Eine solche <strong>Perle</strong> findet man nicht oft. Doch nun glaubt Krejs<br />
ein zweites Unternehmen entdeckt zu haben, dem er das Potenzial<br />
für eine ähnliche Erfolgsstory zutraut – die österreichisch-slowenische<br />
Bia separations Gmbh. Krejs: „<strong>Die</strong> Qiagen hatte das<br />
Glück, dass beim humangenom-Projekt neue Methoden zur DNaaufreinigung<br />
gefragt waren. aber die DNa ist ja nur die Betriebsanleitung<br />
für die Produktion von Proteinen in der Zelle. heute ist<br />
die Zeit der Proteomics gekommen – und die Bia separations hat<br />
den schlüssel zur aufreinigung der Proteine.“ Das was also Qiagen<br />
für DNa kann, schafft die Bia für Proteine.<br />
Das Erfolgsrezept ist in beiden fällen das gleiche: Krejs ist nicht<br />
Banker, sondern Physiker, fachmann also. Er selektiert seine Kandidaten<br />
penibel, steigt dafür aber zu einem sehr frühen Zeitpunkt<br />
als financier ein. Und er betreut seine schützlinge intensiv. Bei der<br />
Bia separations Gmbh mit headquarter in Villach sitzt Krejs im<br />
aufsichtsrat. Operativer chef ist der slowene ales strancar.<br />
Bia separations hat die so genannte Monolith-chromatografie<br />
entwickelt, das ist ein Verfahren, mit dem gentechnisch hergestellte<br />
DNa-stränge, Lebendviren und Proteine wie immunglobulin G<br />
im Zuge des Produktionsverfahrens „aufgereinigt“ werden (siehe<br />
Kasten seite 86). „Der Markt für solche Biologicals hat zurzeit ein<br />
Volumen von 2,5 Milliarden Us-Dollar, und er wächst rasant“, sagt<br />
Bia-chef ales strancar, „rund die hälfte davon, nämlich wirkstoffe<br />
mit großen Molekülen, sind unser Zielmarkt.“ Entsprechend<br />
optimistisch sind die wachstumsprognosen der <strong>hightech</strong>-schmiede,<br />
die den Umsatz von derzeit vier Millionen Euro innerhalb von<br />
zwei Jahren auf 15 Millionen <strong>aus</strong>weiten will.<br />
Noch befinden sich so gut wie alle Projekte der Bia separations<br />
in vorklinischen und klinischen Versuchsstadien. „Derzeit haben<br />
wir 500 Kunden, und 90 Prozent dieser Projekte werden nicht erfolgreich<br />
sein“, meint strancar, „aber bei fünf bis zehn Prozent sind<br />
wir sehr optimistisch.“ so hat etwa die deutsche Biotech-firma ><br />
biA Separations<br />
<strong>Die</strong> bisherigen Financiers des Unternehmens<br />
und wie es in Zukunft wachsen will.<br />
Falls es der biA Separations gmbh wie erwartet gelingt, sich auf dem<br />
rasant wachsenden biotechnologiemarkt durchzusetzen, steht ihr ein<br />
prognostiziertes Wachstum von derzeit vier auf über 90 Millionen<br />
euro Umsatz im Jahr 2018 bevor (siehe unten). beim Start 1998 wurde<br />
das Unternehmen von der Wiener Venture-capital-gesellschaft<br />
horizonte mit 0,85 Millionen euro finanziert. 2003 und 2007 folgten<br />
zwei weitere Finanzierungsrunden, bei denen sich auch die österreichische<br />
Schilling-gruppe, der deutsche investor Uwe burkheiser<br />
und ein von horizonte gemanagter Fonds der hypo Alpe-Adria beteiligten.<br />
biA Separations hat derzeit rund 500 Kunden mit Projekten in<br />
den verschiedensten klinischen Versuchsstadien. ende 2011 soll biAs<br />
Monolith-Verfahren erstmals bei boehringer ingelheim in Wien auch<br />
in der industriellen Fertigung zum einsatz kommen.<br />
wirtschaft wirtschaft Mai 2011 | trend 5 85
Boehringer ingelheim, die in wien eine Kontraktfertigung für DNa-<br />
Plasmide (Gentherapie) unterhält, gemeinsam mit strancar ein Produktionsverfahren<br />
entwickelt, das in den kommenden Monaten erstmals<br />
industriell zum Einsatz kommen soll. auch eine reihe von internationalen<br />
consultingfirmen, die den Pharmamultis bei der<br />
Entwicklung neuer Bio-Prozesstechnologien unter die arme greifen,<br />
zeigen sich von dem österreichisch-slowenischen Newcomer begeistert.<br />
„wir haben Ende 2007 eine reihe von reinigungstechnologien<br />
evaluiert“, erinnert sich Philip Ball, technischer Direktor der<br />
firma Eden Biodesign in den Usa, „und die Monolith-Methode von<br />
Bia separations war den anderen Verfahren klar überlegen.“ Eden<br />
Biodesign, tochter des Us-riesen watson Pharmaceuticals, hat das<br />
Monolith-Verfahren von Bia separations heute ebenso in ihre Prozesstechnologie<br />
integriert wie das Beratungs- & Entwicklungsunternehmen<br />
Validated Biosystems des renommierten<br />
Biotechnologie-Experten Pete Gagnon in singapur.<br />
„ich arbeite heute praktisch täglich mit Monolithen,<br />
und ich kann mich noch gut an den tag erinnern,<br />
als ich vor fünf Jahren das erste Mal auf die Bia-<br />
Methode aufmerksam wurde“, sagt Gagnon. „ich<br />
dachte mir an diesem abend, wieso tut mein Gesicht<br />
so weh? Bis mir schließlich klar wurde, dass<br />
ich den ganzen tag gelächelt hatte.“<br />
Natürlich ist Bia separations nicht die einzige<br />
firma auf dem heiß umkämpften chromatografie-Markt.<br />
„aber sie ist die einzige, die eine<br />
komplette Linie von industriell anwendbaren<br />
Monolithen für alle stufen der Prozessentwicklung<br />
anbietet“, sagt Gagnon.<br />
Und sie hat eine starke Patentposition. als<br />
Konkurrent GE healthcare kürzlich teile Franz Krejs, Aufsichtsratschef von<br />
des Bia-Verfahrens kopieren und beim Eu- biA Separations: „2012 oder 2013<br />
ropäischen Patentamt anmelden wollte, focht werden wir das Unternehmen in Zürich<br />
Bia separations das GE-Patent an und bekam oder london an die börse bringen.“<br />
recht. Nun arbeitet die firma, die ihre technologie<br />
<strong>aus</strong> einer Lizenz des instituts für mikromolekulare chemie der<br />
Universität st. Petersburg weiterentwickelt hat, am aufbau eines internationalen<br />
Vertriebsnetzes. Neben dem europäischen Markt ist<br />
sie seit 2007 auch in den Usa und seit februar 2011 in shanghai<br />
präsent. in ajvoscina bei Gorica und in Villach werden derzeit zwei<br />
neue Produktionsstätten hochgezogen. Und Krejs bemüht sich, weitere<br />
acht Millionen Euro für seinen schützling aufzutreiben. im Mai<br />
hofft er diese finanzierungsrunde – es ist bereits die vierte – unter<br />
Dach und fach zu haben. Krejs: „2012 oder 2013, sobald das Unternehmen<br />
15 Millionen Euro Umsatz überschritten hat, werden wir<br />
Bia separations in Zürich oder London an die Börse bringen.“ l<br />
86 trend 5 | Mai 2011<br />
wirtschaft<br />
Fünfzehnmal produktiver<br />
Wie die biA-Monolithe funktionieren und warum sie<br />
besser als herkömmliche Reinigungsverfahren sind.<br />
<strong>Die</strong> chromatografie, eine Methode zur Separation eines chemischen<br />
gemischs in seine einzelteile, entstand ende des 19. Jahrhunderts.<br />
Dabei wurde das gemisch mit löschpapier gefiltert, die kleinen teilchen<br />
breiteten sich schneller im löschpapier <strong>aus</strong> als die groben, bildeten<br />
Ringe und konnten so voneinander getrennt werden.<br />
in der biotechnologie spielt diese Methode, die seither weiterentwickelt<br />
und verfeinert wurde, eine entscheidende Rolle bei der Aufreinigung<br />
gentechnisch hergestellter Präparate. Komplexe biomoleküle<br />
können nämlich nicht auf chemischem Weg hergestellt werden.<br />
Deshalb bedient man sich lebendiger organismen, etwa bakterien,<br />
denen man ein Stück DnA einsetzt, das genau die Kodierung für das<br />
gewünschte Zielmolekül hat. <strong>Die</strong> bakterien vermehren sich in einer<br />
nährlösung, produzieren dabei allerdings neben den<br />
gewünschten Molekülen auch jede Menge anderer<br />
Dinge. <strong>Die</strong> entstandene „brühe“ muss deshalb vor der<br />
Weiterverarbeitung des Wirkstoffs penibel gereinigt<br />
werden. Das derzeitige Standardverfahren dafür ist die<br />
u. a. von ge healthcare angewandte Partikel-chromatografie,<br />
bei der die Flüssigkeit durch eine Art Sand<br />
mit speziell präparierten Mikropartikeln rinnt, an<br />
deren oberfläche die gewünschten Moleküle hängen<br />
bleiben. <strong>Die</strong> Partikel-Methode stößt jedoch zunehmend<br />
an ihre grenzen, da sie a) langsam und b) vor<br />
allem für größere, empfindlichere biomoleküle wenig<br />
geeignet ist.<br />
biA Separations hingegen arbeitet mit speziell hergestellten<br />
Polymer-blöcken, die wie ein poröser<br />
Schwamm von zahlreichen, etwa 1,5 Mikrometer großen<br />
Kanälen durchzogen sind. <strong>Die</strong>se Kanäle sind je<br />
nach Anwendungsgebiet mit unterschiedlichen chemikalien<br />
präpariert, die mit den gewünschten Zielmolekülen<br />
chemisch reagierten und sie „festhalten“.<br />
Anschließend werden diese Moleküle <strong>aus</strong> den Monolithen<br />
<strong>aus</strong>gewaschen. Der Vorteil der Monolith-Methode besteht<br />
darin, dass die Flüssigkeit schneller durch das Material geschleust<br />
werden kann als beim Partikel-Verfahren und dass diese Methode<br />
außerdem schonender, die Ausbeute an unversehrten biomolekülen<br />
also deutlich größer ist. So stellte etwa Jochen Urthaler von boehringer<br />
ingelheim bereits ende 2004 in einer Studie fest, dass die biA-<br />
Methode bei der Aufreinigung von DnA-Plasmiden 15-mal produktiver<br />
ist als herkömmliche Methoden. laut Pete gagnon ist die biA-<br />
Methode auch bei der Aufreinigung von gentechnisch hergestellten<br />
impfstoffen, immunglobulin g und bakteriophagen den traditionellen<br />
Verfahren überlegen.<br />
MARKo bAnJAc, René PRohASKA