Schacht IV - Paroli - Verein für politische Kultur eV
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<strong>Paroli</strong> Das linke Magazin <strong>für</strong> Oberhausen Nr.11<br />
No-Nazi-Area Oberhausen – <strong>Paroli</strong>-Serie 3. Folge<br />
Mai / Juni 2008 Seite 3<br />
Faschisten haben Namen und Adressen<br />
Outing Aktion in Oberhausen<br />
Am Samstag, den 15. März<br />
haben ca. 25 Antifaschistinnen<br />
und Antifaschisten den NPD-<br />
Funktionär Wolfgang Duda in<br />
Oberhausen Sterkrade aus seiner<br />
nachbarschaftlichen Anonymität<br />
gerissen.<br />
Zum wiederholten Male fand am<br />
15. März in Oberhausen ein<br />
Propagandastand der NPD unter<br />
Polizeischutz statt. Dies nahmen<br />
zahlreiche Antifaschistinnen und<br />
Antifaschisten zum Anlass, sich<br />
kurzfristig von der Blockadeaktion<br />
zu entfernen und selbst in die<br />
Offensive zu gehen. Vor der<br />
Haustür des Oberhausener NPD-<br />
Kreisvorsitzenden Wolfgang<br />
Duda und in seiner direkten<br />
Nachbarschaft wurden die<br />
Anwohnerinnen und Anwohner<br />
über ihren Nachbarn aufgeklärt.<br />
Wolfgang Duda initiiert in regelmäßigen<br />
Abständen in der Stadt<br />
Oberhausen NPD-Propagandastände,<br />
auf denen er zusammen<br />
mit anderen Neonazis <strong>für</strong> seine<br />
Kein Vergeben<br />
Kein Vergessen<br />
Zum 75ten mal jährte sich das<br />
Schicksal der <strong>politische</strong>n<br />
Gefangenen in der heutigen<br />
Turnhalle des Elsa-Brandström-<br />
Gymnasiums.Zahlreiche<br />
Gewerkschafter, Kommunisten und<br />
Sozialdemokraten wurden dort von<br />
Nationalsozialisten inhaftiert. Die<br />
Kommunisten Leo de Longueville<br />
und Konrad Klaas wurden ermordet.<br />
(<strong>Paroli</strong> berichtete).<br />
Die Linke.Liste Ratsfraktion hat zum<br />
Gedenkenaufgerufen. Vor der<br />
Gedenktafel am Elsa-Brandström-<br />
Gymnasiums versammelten sich<br />
Schülerinnen und Schüler, sowie<br />
Vertreter der Lehrerschaft. In seiner<br />
Ansprache erklärte Historiker Frank<br />
Dittmeyer, dass an diesem Ort die<br />
ersten Opfer des Nationalsozialismus<br />
in Oberhausen ihr Leben lassen<br />
mussten und rief dazu auf sich gegen<br />
Neonazis zu engagieren.<br />
rassistische Partei wirbt. Da<strong>für</strong><br />
schmiedet er Bündnisse mit<br />
Aktivisten aus der extrem gewaltbereiten,<br />
rechtsextremen Szene.<br />
Erst im vergangenen Dezember<br />
stellte er mit seinen Schlägern<br />
den Ordnerdienst <strong>für</strong> eine landesweite<br />
NPD Demonstration in<br />
Essen. Neonazis versuchen sich<br />
einen seriösen Touch zu geben<br />
und durch Auftreten in <strong>Verein</strong>en,<br />
Parlamenten und in der<br />
Nachbarschaft Fuß zu fassen.<br />
Die Antifaschistinnen und<br />
Antifaschisten verteilten daher<br />
aufklärende Postwurfsendungen<br />
in Dudas Wohnumfeld und brachten<br />
Steckbriefe an Laternen an.<br />
Das Ziel der Aktion war, klarzumachen,<br />
dass Faschisten nicht<br />
erwünscht sind. Weder bei einem<br />
Propagandastand, noch in der<br />
Nachbarschaft. Die Aktivisten<br />
verstehen ihre Aktion als einen<br />
Anfang. Es gibt noch viele<br />
Neofaschisten in Oberhausen,<br />
die es zu outen gilt.<br />
Wer sich <strong>für</strong> menschenverachtende Forderungen einsetzt, muss mit Widerstand rechnen<br />
und kann nicht davon ausgehen anonym zu bleiben.<br />
Der Kick<br />
Theater und Rauchbar waren:<br />
No-Nazi-Area<br />
Im Malersaal des Theaters steht<br />
„Der Kick“ auf dem Programm.<br />
Thema: Mord mit rechtsradikalem<br />
Hintergrund. Das Theater<br />
Oberhausen und das kommunale<br />
Bündnis <strong>für</strong> Demokratie, Toleranz<br />
und Fremdenfreundlichkeit hatten<br />
zum Besuch des Stücks und zur<br />
Debatte darüber eingeladen.<br />
Eine Stunde vor Beginn der<br />
Aufführung versammeln sich vor<br />
dem Eingang zum Malersaal etwa 30<br />
überwiegend junge Menschen. Es<br />
hatte sich herumgesprochen:<br />
Neonazis wollen kommen! Sie sind<br />
fest entschlossen, keinen Neonazi in<br />
den Musentempel zu lassen.<br />
Demokratinnen und Demokraten<br />
sind willkommen – nur eben keine<br />
Feinde der Demokratie. No paseran –<br />
sie kommen nicht durch.<br />
Vier Schauspielerinnen und<br />
Schauspieler – Franziska Werner,<br />
Franziska Weber, Neven Nöthig und<br />
Josef Simon – leihen auf sparsam<br />
dekorierter Bühne 19 Menschen aus<br />
Potzlow ihre Stimmen. Diese<br />
Männer und Frauen aus dem Dorf in<br />
der Uckermark berichten in<br />
Interviews, Aussagen, und<br />
Geständnissen, über den 13. Juli<br />
2002. Drei junge Männer – Marcus<br />
und Marcel Schönfeld, sowie<br />
Sebastian Fink – schlagen ihren<br />
Cliquenfreund Marinus Schöberl<br />
zusammen. Er soll sagen, er sei Jude.<br />
Sie foltern ihn stundenlang, lassen<br />
ihn dann in eine Betonkante beißen<br />
und töten ihn mit einem Sprung auf<br />
den Hinterkopf. Die Potzlower<br />
erzählen auch, dass erwachsene<br />
Zeugen den Mord beobachten – ohne<br />
einzugreifen – und wie der ermordete<br />
Marinus erst vier Monate später in<br />
einer Jauchegrube gefunden wird.<br />
Sie versuchen mit Ausflüchten,<br />
fadenscheinigen Ausreden Schuld zu<br />
relativieren und zu verdrängen. „Alle<br />
müssen raus“, sagt eine Frau, „ja,<br />
auch die Juden.“<br />
Das Bedrückende dieses dokumentarischen<br />
Stücks ist: Jedes auf der<br />
Bühne gesprochene Wort ist wirklich<br />
so gesagt worden. Andreas Veiel und<br />
Gesine Schmidt, die Autoren des<br />
Stücks, haben ohne dichterische<br />
Zutat einfach wiedergegeben, was<br />
Angehörige der Täter und des<br />
Opfers, Freunde und Bekannte<br />
gesagt haben und was in<br />
Verhörprotokollen und Akten stand.<br />
Andreas Veiel und Gesine Schmidt<br />
geben keine Antwort auf die Frage<br />
warum geschieht eine solche brutale<br />
Bluttat. Das Publikum soll selber<br />
Antworten finden. In der Rauchbar<br />
des Theaters begab es sich an diesem<br />
Abend auf die Suche nach Ursachen<br />
<strong>für</strong> solche Verbrechen. Bildungsarmut<br />
wird genannt; auch ein sozialer<br />
Hintergrund: Wo nur zählt, was<br />
sich rechnet, ist das Leben eines<br />
Menschen, der sich nicht rechnet<br />
nichts wert. Brecht wird zitiert: Der<br />
Schoß (des Faschismus) ist fruchtbar<br />
noch, aus dem das kroch. Und<br />
Mitstreiter des Kommunalen<br />
Bündnisses <strong>für</strong> Demokratie, Toleranz<br />
und Fremdenfreundlichkeit haben<br />
sich verabredet, erneut gegen einen<br />
Stand der NPD in unserer Stadt zu<br />
demonstrieren, damit sich solche<br />
Gewalttat nicht wiederholt; denn:<br />
Faschismus ist keine Meinung, sondern<br />
ein Verbrechen.<br />
Nicht nur mit der Vermittlung von<br />
klassischer und moderner Kunst,<br />
sondern auch mit gehaltvollen<br />
Veranstaltungen dieser Art bestätigt<br />
das Theater Oberhausen seinen Wert<br />
als <strong>Kultur</strong>- und Bildungsinstanz in<br />
unserer Stadt. Dieser Tatbestand<br />
steht allen Kürzungs- und<br />
Schließungsabsichten entgegen.