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17 Februar 10 - Paroli - Verein für politische Kultur eV

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Sozialticket<br />

jetzt!<br />

Dortmund hat(te) es,<br />

Oberhausen braucht<br />

es. Warum, lest ihr<br />

auf:<br />

Seite 3<br />

Das linke Magazin <strong>für</strong> Oberhausen<br />

Nummer: 16 <strong>Februar</strong> / März 20<strong>10</strong><br />

Frau Jahnke<br />

im Interview<br />

Gerburg Jahnke über<br />

Handypornos, liberale<br />

Haltung zum Alkohol<br />

und wechselnde<br />

Frisuren auf:<br />

Seite 7<br />

Achtung Jubiläum: Fünf Jahre HARTZ IV<br />

Demonstration vor der Arbeitsagentur<br />

Trotz eisiger Kälte fanden sich am 4.<br />

Januar dieses Jahres zur frühen Stunde<br />

mehr als 30 DemonstrantInnen vor der<br />

Agentur <strong>für</strong> Arbeit an der Mülheimer<br />

Straße ein, um auf ein „Jubiläum“ der<br />

besonderen Art aufmerksam zu<br />

machen: 5 Jahre Hartz-IV. Aufgerufen<br />

zu dieser Demonstration hatte die<br />

Arbeitsgemeinschaft Hartz-IV der<br />

LINKEN.LISTE Oberhausen.<br />

Natürlich sollte hier nichts gefeiert werden,<br />

waren sich doch die TeilnehmerInnen<br />

einig, dass die Einführung der Hartz-IV-<br />

Gesetze am 1.Januar 2005 einen beispiellosen<br />

Einschnitt in die Sozialgesetzgebung<br />

darstellte. Mit Hartz-IV hat sich die<br />

Situation der Erwerbslosen dramatisch<br />

verschlechtert. Dies war die einhellige<br />

Meinung nicht nur der Demonstrierenden,<br />

sondern auch der vielen Besucherinnen<br />

und Besucher der Arbeitsagentur, die in<br />

persönlichen Gesprächen ihren Unmut<br />

kund taten.<br />

„Hartz-IV war und ist Armut, Ausgrenzung<br />

und Diskriminierung per Gesetz“, brachte<br />

es Ingrid Diepenbrock, Sprecherin der AG<br />

Hartz-IV, auf den Punkt. „Arbeitslose stehen<br />

heute unter dem Generalverdacht nicht<br />

arbeiten zu wollen. Unter dem Slogan<br />

‚Fördern und Fordern’ wird eine beispiellose<br />

Sanktionspolitik betrieben, die<br />

Erwerbslose einschüchtern soll und ihnen<br />

elementare Rechte abspricht.“<br />

Doch sind nicht nur Erwerbslose von<br />

Hartz-IV betroffen, sondern alle<br />

Beschäftigten. Hartz-IV hat, dies war die<br />

Meinung der Demonstrierenden und vieler<br />

BesucherInnen, ein Klima der Angst und<br />

sozialen Kälte geschaffen, das die ganze<br />

Gesellschaft erfasst hat.<br />

„Aus Angst arbeitslos zu werden, arbeiten<br />

immer mehr Menschen <strong>für</strong> Löhne, von<br />

denen sie nicht leben können.“, erklärte<br />

Claudia Leischen, die sozial<strong>politische</strong><br />

Sprecherin der LINKEN.LISTE. „Wer<br />

eben kann nimmt jeden Job an, um nicht<br />

von Hartz-IV und der ARGE/SODA<br />

abhängig zu sein. Wer etwas anderes<br />

behauptet lügt oder ist über die Situation<br />

der Betroffenen nicht informiert. Dass in<br />

Deutschland mittlerweile der größte<br />

Niedriglohnsektor aller Staaten der europäischen<br />

Union vorhanden ist, ist eine<br />

unmittelbare Folge von Hartz-IV und den<br />

Gesetzen zur Arbeitsmarktreform.“<br />

Peter Hartz - Der Namensgeber<br />

Benannt sind die Gesetze zur Arbeitsmarktsreform (so die offizielle Bezeichnung) nach der vom damaligen<br />

VW-Personalvorstand geleiteten „Hartz-Kommision“. Diese war 2002 von der damaligen rot-grünen<br />

Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) ins Leben gerufen worden, um den Arbeitsmarkt<br />

zu reformieren. 2007 wurde Peter Hartz wegen Untreue in 44 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei<br />

Jahren auf Bewährung verurteilt. Er hatte unter anderen den Betriebsratsvorsitzenden von VW mit ca.<br />

zwei Millionen Euro aus Firmengeldern bestochen.<br />

Das offizielle Ziel des Hartz-Konzeptes, der Abbau der Erwerbslosigkeit um zwei Millionen, wurde nicht<br />

erreicht. Stattdessen kämpfen Erwerbslose mit zunehmender Repression und Kürzungen von<br />

Sozialleistungen. Und dies ungeachtet der Tatsache, dass Millionen Menschen in dieser Gesellschaft<br />

erwerbslos sind, weil millionenfach Arbeitsplätze fehlen.<br />

Wohin man so steuert<br />

Statt O.Vision, der schnelle Weg zum Glück. Wo vorher ein<br />

Gesundheitspark geplant war, soll nun eine Zockerbude eröffnen.<br />

Als Neubau eines Entertainment-Center bezeichnet sich vollmundig<br />

die Baumaßnahme, welche man von der Osterfelder Straße<br />

aus sehen kann. Das 70 ha große, als Filetstück gepriesene<br />

Gelände ist seit dem übereilten Verkauf an einen irischen<br />

Bagerhändler zum kleinteiligen Ramschverkauf freigegeben worden.<br />

Bisheriges Ergebnis: Megadaddelhalle und Billigdiscounter.<br />

Aus dem Koalitionsvertrag Oberhausener SPD und Grüne:<br />

“SPD und GRÜNE werden bei der weiteren Entwicklung der<br />

Stahlwerksfläche die bestehenden Möglichkeiten des Baurechts<br />

nutzen, um die qualitative Entwicklung zukünftiger<br />

Ansiedlungen zu steuern.”


<strong>Paroli</strong> Das linke Magazin <strong>für</strong> Oberhausen Nr. 16 <strong>Februar</strong> / März 20<strong>10</strong> Seite 2<br />

<strong>Paroli</strong> frei Haus!<br />

Kostenloses Abo oder Förder-Abo?! Während das kostenlose Abo<br />

tatsächlich völlig kostenlos ist, können Sie mit dem Förder-Abo die<br />

<strong>Paroli</strong> nach eigenem Ermessen finanziell unterstützen:<br />

<strong>Paroli</strong>-<strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>politische</strong> Bildung e.V.<br />

Friedensplatz 8<br />

46045 Oberhausen<br />

redaktion@paroli-verein.de<br />

Wir sind wieder da!<br />

Ja, endlich zum Jahresbeginn 20<strong>10</strong> erscheint wieder das <strong>Paroli</strong>-Magazin. Viele hatten<br />

sich schon gefragt, ob wir unsere Arbeit eingestellt hätten.<br />

Nein, aber das letzte Jahr war von Wahlkämpfen geprägt, und viele von uns waren<br />

darin eingebunden. (Übrigens mit beachtlichem Erfolg.) Das positive ist, auch die neue<br />

LINKE.LISTE Ratsfraktion hat beschlossen, den <strong>Paroli</strong>-<strong>Verein</strong> weiterhin durch Spenden<br />

der MandatsträgerInnen zu unterstützen.<br />

Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, die Zeitungslandschaft in unserer Stadt mit<br />

unserem Magazin zu erhellen. Links, alternativ, anders.<br />

Mit etwas anderem Format, da<strong>für</strong> farbig, und mit dem Willen, weiterhin Sand im<br />

Getriebe zu sein, machen wir uns mit Freude an die Arbeit.<br />

Herzlichst<br />

Eure <strong>Paroli</strong> Radaktion<br />

Nicht der Müll -<br />

Das System stinkt!<br />

Alle Jahre wieder, in der Dezember<br />

Sitzung des Rates, geht’s um die<br />

Gebührensatzung bei Müll und<br />

Abwasser. Und in aller<br />

Regelmäßigkeit werden die<br />

Bürgerinnen und Bürger zur<br />

Kasse gebeten: Die Gebühren werden<br />

erhöht.<br />

Was in diesem Jahr aber die ganze<br />

Gebührenberechnung wirklich zum<br />

Himmel stinken lässt, ist die<br />

Erhöhung der Hausmüllgebühren. So<br />

haben die Bürgerinnen und Bürger<br />

Die freie Marktwirtschaft<br />

Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen.<br />

Ihr sollt auf euern Direktor vertrauen.<br />

Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen.<br />

Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen.<br />

Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein,<br />

wir wollen freie Wirtschaftler sein!<br />

Fort, die Gruppen - sei unser Panier!<br />

Na, ihr nicht. Aber wir.<br />

unserer Stadt vorbildlich weniger<br />

Müll produziert, so dass das<br />

Gesamtmüllaufkommen sinkt. Aber<br />

sie werden da<strong>für</strong> nicht belohnt. Im<br />

Gegenteil, die Gebühren steigen.<br />

Und das mit der Begründung: weniger<br />

Müll = höhere Kosten.<br />

Böswillig könnte das die<br />

Aufforderung sein, mehr Müll zu<br />

produzieren, um damit vielleicht in<br />

den Genuss von sinkenden Gebühren<br />

zu kommen. Das mag verstehen wer<br />

will.<br />

Lyrik in der Orientbar<br />

In der „orient b.a.r“ in Oberhausen brachten der deutsch-türkische Lyriker Raci Helvali<br />

und der Künstler Aydin Karahasan mit Jugendlichen der alevitischen Gemeinde persische<br />

Lyrik von der Blüte bis zur Jetztzeit einem interessierten Publikum nahe.<br />

Rezitiert wurden – auch islamkritische - Texte von Omar Khayyam, der vor 1.000<br />

Jahren lebte.<br />

Ihr braucht keine Heime <strong>für</strong> eure Lungen,<br />

keine Renten und keine Versicherungen,<br />

Ihr solltet euch allesamt was schämen,<br />

von dem armen Staat noch Geld zu nehmen!<br />

Ihr sollt nicht mehr zusammenstehn<br />

- wollt ihr wohl auseinandergehn!<br />

Keine Kartelle in unserm Revier!<br />

Ihr nicht. Aber wir.<br />

Wir bilden bis in die weiteste Ferne<br />

Trusts, Kartelle, Verbände, Konzerne.<br />

Wir stehen neben den Hochofenflammen<br />

in Interessengemeinschaften fest zusammen.<br />

Wir diktieren die Preise und die Verträge<br />

- kein Schutzgesetz sei uns im Wege.<br />

Gut organisiert sitzen wir hier...<br />

Ihr nicht. Aber wir.<br />

Kurt Tucholsky<br />

Im Jahr 2009 marschierten fast<br />

7000 Nazis durch Dresden. Ihr Ziel<br />

ist es, die Verbrechen des Nazi-<br />

Regimes zu leugnen und Nazi-<br />

Deutschland zum eigentlichen<br />

Opfer des 2. Weltkrieges umzudeuten.<br />

Wir aber wissen: der verbrecherische<br />

Krieg ging von Nazi-<br />

Deutschland aus und kehrte 1945<br />

nach Dresden zurück.<br />

Im Jahr 20<strong>10</strong> werden Dresdnerinnen<br />

und Dresdner gemeinsam mit allen<br />

antifaschistischen Kräften, aus den<br />

Gewerkschaften, Parteien, Jugendund<br />

Studierendenverbänden, der<br />

Friedens- und Umweltbewegung, der<br />

radikalen Linken, globalisierungskritischen<br />

Gruppen und gewaltfreien<br />

Aktionsgruppen aus dem gesamten<br />

Bundesgebiet den Aufmarsch der<br />

Nazis verhindern. Nie wieder werden<br />

wir den AnhängerInnen des verbrecherischen<br />

Nazi-Regimes unsere<br />

Städte überlassen!<br />

Dresdnerinnen und Dresdner<br />

rufen daher auf:<br />

Im letzten Jahr haben über <strong>10</strong>.000<br />

Menschen gegen den Naziaufmarsch<br />

demonstriert. In diesem Jahr wollen<br />

wir einen Schritt weitergehen. Wie in<br />

Jena, Köln und Berlin bereits erfolgreich<br />

durchgesetzt, werden wir uns<br />

auch in Dresden durch Aktionen des<br />

zivilen Ungehorsam mit<br />

Massenblockaden den Nazis entgegen<br />

stellen und sie blockieren.<br />

Dieses Ziel eint uns über alle sozialen,<br />

<strong>politische</strong>n oder kulturellen<br />

Unterschiede hinweg. Wir sind bunt<br />

und wir stellen uns dem braunen<br />

Mob in den Weg. Von uns wird dabei<br />

keine Eskalation ausgehen. Dabei<br />

sind wir solidarisch mit allen, die mit<br />

uns dieses Ziel teilen und dem<br />

Naziaufmarsch in Sicht und<br />

Hörweite entgegen treten wollen.<br />

Eure Meinung ist gefragt<br />

Anregungen, Kritik oder Reaktionen?<br />

Eure Ideen an folgende Email:<br />

redaktion@paroli-verein.de<br />

oder per Post an:<br />

<strong>Paroli</strong>—<strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>politische</strong> <strong>Kultur</strong> e.V.<br />

Friedensplatz 8<br />

46045 Oberhausen<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>Paroli</strong>—<strong>Verein</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>politische</strong> <strong>Kultur</strong> e.V.<br />

Friedensplatz 8<br />

46045 Oberhausen<br />

[t] +49-(0)208 88422016<br />

[f] +49-(0)208 884220<strong>17</strong><br />

[e-Mail] info@paroli-verein.de<br />

Redaktionsteam:<br />

Astrid Adamczak, David Driever, Werner<br />

Finkemeier,Claudia Leischen, Dirk Paasch,<br />

Gerd Schäfer, Christian Salewski, Jörn Vanselow<br />

Bankverbindung:<br />

Stadtsparkasse Oberhausen<br />

[BLZ: 365 500 00<br />

Kontonr.: 50002906<br />

[V.iS.d.P.] Dirk Paasch (Adresse: siehe<br />

oben)<br />

Auflage: <strong>10</strong>.000 Stk.<br />

Namentlich gekennzeichnete Artikel<br />

geben nicht unbedingt die Meinung der<br />

Redaktion wieder.<br />

Unterstützt uns Dresdnerinnen und<br />

Dresdner und kommt am 13.<br />

<strong>Februar</strong> 20<strong>10</strong> in unsere Stadt –<br />

gemeinsam werden wir die Nazis<br />

stoppen!<br />

http://www.dresden-nazifrei.de


<strong>Paroli</strong> Das linke Magazin <strong>für</strong> Oberhausen Nr. 16 <strong>Februar</strong> / März 20<strong>10</strong> Seite 3<br />

Mobilität <strong>für</strong> alle<br />

Sozialticket <strong>für</strong> Oberhausen<br />

Um sage und schreibe 43,7 % sind seit dem Jahr 2000 die Fahrpreise im Gebiet des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr gestiegen.<br />

Eine Preissteigerung, die weit über dem Anstieg der sonstigen Lebenshaltungskosten von 15% liegt. Gleichzeitig ist Deutschland<br />

das einzige Land in der EU mit einer rückläufigen Reallohnentwicklung. Sprich: die abhängig Beschäftigten bekommen preisbereinigt<br />

heute weniger als noch im Jahr 2000.<br />

Und in keinem Land der EU wurde der Niedriglohnsektor<br />

von Politik und Kapital derartig massiv (und<br />

aggressiv) ausgeweitet wie in Deutschland.<br />

Immer mehr Menschen arbeiten <strong>für</strong><br />

Löhne, die den tatsächlichen Bedarf<br />

<strong>für</strong> eine gesicherte Lebensführung<br />

kaum oder gar nicht mehr decken.<br />

NRW nimmt hier eine erschreckende<br />

Spitzenposition innerhalb der<br />

Bundesländer ein. Nirgendwo arbeiten<br />

derartig viele Menschen im<br />

Niedriglohnsektor, nirgendwo sind<br />

die Löhne dort niedriger.<br />

Gleichzeitig hat sich mit der<br />

Einführung des Hartz-IV gerade <strong>für</strong><br />

Arbeitslose die persönliche ökonomische<br />

Situation drastisch verschlechtert.<br />

Betroffen von den Preissteigerungen<br />

im öffentlichen Personennahverkehr<br />

sind daher vor allem Menschen, die<br />

aufgrund Ihrer finanziellen Situation<br />

schon jetzt am Rande der<br />

Gesellschaft stehen: Arbeitslose,<br />

Hartz-IV-BezieherInnen, RentnerInnen,<br />

Geringverdienende, Niedriglöhner,<br />

„Aufstocker“ und andere. In einer<br />

Gesellschaft, die auf Mobilität<br />

gegründet ist, die Mobilität von allen<br />

Menschen verlangt, bedeutet dies <strong>für</strong><br />

die Betroffenen eine weitere<br />

Verschärfung der schon bestehenden<br />

gesellschaftlichen Ausgrenzung.<br />

Ohne ein Mindestmaß an Mobilität<br />

ist eine gesellschaftliche Teilhabe in<br />

unserer Gesellschaft nicht möglich.<br />

Für einkommensschwache Familien<br />

mit Kindern - in Oberhausen sind<br />

nach dem Familienbericht von 2006<br />

über 30% aller Familien arm oder<br />

unmittelbar von Armut bedroht – ist<br />

die Nutzung des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs zum beinahe<br />

unerschwinglichen Luxus zu geworden.<br />

Schon jetzt stehen die Kosten<br />

<strong>für</strong> die individuelle Mobilität in keinem<br />

Verhältnis zu dem in Hartz-IV-<br />

Regelsatz vorgesehenen 14,26<br />

EURO monatlich <strong>für</strong> - wie es im<br />

Amtsdeutsch heißt - „fremde<br />

Verkehrsdienstleistungen”. Dieser<br />

Betrag langt noch nicht einmal <strong>für</strong><br />

zwei 4er-Tickets der Preisstufe A<br />

(Preis seit dem 1. August 2009: 8,00<br />

EURO), also 4 Fahrten (hin du<br />

zurück) innerhalb des Oberhausener<br />

Stadtgebiets.<br />

Um der seit langem von den verschiedenen<br />

gesellschaftlichen<br />

Gruppen erhobenen Forderung nach<br />

der Einführung eines Sozialtickets<br />

Nachdruck zu verleihen, hat sich nun<br />

auch in Oberhausen eine Initiative<br />

gegründet, die in einer breit angelegten<br />

Kampagne <strong>für</strong> dieses Ziel kämpfen<br />

will. Mit der Forderung der<br />

Initiative „Sozialticket Jetzt!“ kurzfristig<br />

und unbürokratisch ein<br />

Monats-Ticket zum Preis von 14,26<br />

EURO <strong>für</strong> alle Betroffenen einzuführen,<br />

soll versucht werden die<br />

Lebenssituation von Menschen mit<br />

geringen Einkünften direkt und<br />

unmittelbar zu verbessern und ihrer<br />

weiteren gesellschaftlichen Ausgrenzung<br />

entgegen zu wirken. Ein<br />

Sozialticket <strong>für</strong> Oberhausen ist ein<br />

erster Schritt gegen die weitere<br />

Ausgrenzung jener, die von den<br />

Herrschenden in grenzenlosen<br />

Zynismus mal als „Minderleister“,<br />

mal als „Enterbte und Blutleere“<br />

(Wolfgang Große Brömer –<br />

Fraktionsvorsitzender der SPD im<br />

Rat der Stadt) bezeichnet werden.<br />

Weitere Schritte werden folgen<br />

müssen!<br />

Schon morgen bist Du vielleicht gemeint<br />

Roland Koch fordert Arbeitpflicht <strong>für</strong> Hartz IV-Empfänger<br />

Sie haben noch ihren Arbeitsplatz?<br />

In Ihrer Firma gibt es noch keine<br />

Gerüchte über Stellenabbau und<br />

schlechter Auftragslage? Ja, dann<br />

lassen Sie uns doch gemeinsam mit<br />

Roland Koch auf die arbeitsscheuen<br />

Hartz IV-Empfänger einprügeln.<br />

Noch gehören wir ja nicht dazu.<br />

Seit 5 Jahren ist das SGB II-Gesetz<br />

(Hartz IV) in Kraft. Seitdem müssen<br />

alle Bezieherinnen und Bezieher<br />

von Leistungen jede Arbeit annehmen,<br />

egal was sie vorher gearbeitet<br />

oder verdient haben. Weiterhin sind<br />

sie bereits jetzt zu gemeinnütziger<br />

Arbeit verpflichtet (1-Euro-Jobs).<br />

Weigern sie sich tritt der sogenannte<br />

Sanktionsparagraph in Kraft. Das<br />

heißt, von den 351,00 Euro /Monat<br />

kann schrittweise bis auf Null (dann<br />

gibt es auch keine<br />

Krankenversicherung mehr) gestrichen<br />

werden.<br />

Fakt ist: In Oberhausen stehen den<br />

ca. 13.000 Erwerbslosen 1.<strong>17</strong>3 offene<br />

Stellen gegenüber (Stand. Juni<br />

2009). Fakt ist weiterhin: Der sogenannte<br />

Leistungsmissbrauch ist eine<br />

seltene Ausnahme (ca. 2%).<br />

Doch, lassen sie uns weiterhin<br />

gemeinsam auf die Hartz IV-<br />

Empfänger einprügeln. Dann sind<br />

wir genügend abgelenkt von den<br />

wirklichen Ausbeutern in unserer<br />

Gesellschaft, wie wäre es da z. B.<br />

mit Anton Schlecker?<br />

Arbeitslose, die nicht arbeiten<br />

stören ihn: Roland Koch, CDU<br />

(Bild: Armin Kübelbeck - Lizenz:<br />

Creative Commons)


<strong>Paroli</strong> Das linke Magazin <strong>für</strong> Oberhausen Nr. 16 <strong>Februar</strong> / März 20<strong>10</strong> Seite 4<br />

<strong>Paroli</strong> fühlt Niema Movassat auf den Zahn<br />

Gespräch mit dem Oberhausener Bundestagsabgeordneten<br />

Der Startschuss der neuen Legislaturperiode im Bundestag ist gefallen. Die<br />

Bundeskanzlerin hat in der Regierungserklärung die künftige schwarz-gelbe<br />

Gefahr, die auf uns alle zukommt, erkennen lassen. DIE LINKE hat ihr das erste<br />

<strong>Paroli</strong> geboten. Einer von ihnen ist der 24jährige Oberhausener Diplom-Jurist und<br />

frisch gewählte Bundestagsabgeordnete Niema Movassat. <strong>Paroli</strong> sprach mit dem<br />

jungen Mann, der schon als Gymnasiast und Jahrgangssprecher mit<br />

Klassengefährtinnen gegen den Irakkrieg auf die Straße gegangen ist.<br />

<strong>Paroli</strong>: Die Parlamentsarbeit hat<br />

begonnen. Für Dich wird’s ernst. Hat<br />

Müntefering recht, ist Opposition<br />

Mist?<br />

Niema: Nein. Ich bin angetreten, um<br />

eine gute Oppositionsarbeit im<br />

Bundestag zu machen, die schwarzgelb<br />

vor sich hertreibt. SPD und<br />

Grüne haben in den vergangenen<br />

Koalitionen dem Sozialabbau als<br />

auch den Kriegen auf dem Balkan<br />

und in Afghanistan zugestimmt, so<br />

dass wir, DIE LINKE, die einzige friedliche<br />

und soziale Alternative sind.<br />

<strong>Paroli</strong>: Hast Du Visionen?<br />

Niema: Ich stelle mir eine andere,<br />

eine bessere Welt vor – ohne<br />

Hunger, ohne Krieg, ohne<br />

Faschismus, ohne Ausgrenzung,<br />

ohne Profitherrschaft. Wir sind im<br />

Moment weit weg von einer solchen<br />

Gesellschaft und wir werden viele<br />

Schritte gehen müssen, viele<br />

Aktionen im Parlaments und außerhalb<br />

machen müssen, um eine solche<br />

Welt zu schaffen.<br />

<strong>Paroli</strong>: Hat in dieser Vision ein<br />

sozialistisches Fernziel Platz?<br />

Niema: Ja. Ich bin Sozialist. Der<br />

Sozialismus, den ich anstrebe, muss<br />

demokratisch sein und er muss von<br />

den Menschen gewollt und gesellschaftlich<br />

breit getragen werden.<br />

<strong>Paroli</strong>: Der erste große Schlagabtausch<br />

in Berlin hat kürzlich stattgefunden.<br />

Neben den Themen in der<br />

sogenannten Generaldebatte interessieren<br />

unsere Leserinnen und Leser<br />

auch die Themen, die nicht angesprochen<br />

wurde. Welche kommunal<strong>politische</strong>n<br />

Vorstellungen werden beispielsweise<br />

in Deine Bundestagsarbeit<br />

einfließen?<br />

Niema: Die Kommunen müssen<br />

finanziell besser ausgestattet werden.<br />

Dazu brauchen wir eine<br />

Umverteilung von oben nach unten –<br />

also vom Bund und vom Land an die<br />

Gemeinden - um eine gerechtere<br />

Steuerverteilung zu bewirken. Wir<br />

müssen da<strong>für</strong> wirken, dass die<br />

Kommunen die finanziellen Mittel<br />

bekommen, die sie <strong>für</strong> die<br />

Daseinsvorsorge der Bevölkerung<br />

brauchen. Wenn die Kommunen<br />

Aufgaben von Bund und Land lösen,<br />

dann müssen Bund und Land <strong>für</strong><br />

einen gerechten Lastenausgleich sorgen.<br />

Ich will mich da<strong>für</strong> einsetzen,<br />

dass die kommunale Selbstverwaltung<br />

gestärkt wird.<br />

<strong>Paroli</strong>: Du bist in der<br />

Jugendorganisation „Linksjugend<br />

(‘solid)“ engagiert. Was haben junge<br />

Wählerinnen und Wähler von Dir zu<br />

erwarten?<br />

Niema: Da ist die<br />

Ausbildungsplatzabgabe, die ich helfen<br />

will durchzusetzen. Es kann nicht<br />

sein, dass junge Menschen Jahr <strong>für</strong><br />

Jahr die Schule verlassen und keinen<br />

Ausbildungsplatz finden. Ein weiteres<br />

Problem, das gelöst werden muss,<br />

sind die Praktika. Immer mehr junge<br />

Menschen werden von den<br />

Unternehmen in schlecht bezahlter<br />

Praktika ausgenutzt, obwohl sie studiert<br />

oder eine Ausbildung absolviert<br />

haben. Das muss gesetzlich geregelt<br />

werden. Dann muss der Bund wieder<br />

mehr bildungs<strong>politische</strong> Kompetenz<br />

bekommen; auch um nicht nur in<br />

Beton, sondern auch in<br />

Bildungsinhalte investieren zu können.<br />

<strong>Paroli</strong>: Man sieht Dir an, dass Du<br />

gerne lachst. Worüber besonders?<br />

Niema: Über <strong>politische</strong>s Kabarett.<br />

Über die spitzen Zungen von Hagen<br />

Rether und Volker Pispers beispielsweise.<br />

<strong>Paroli</strong>: Politische Kabarettisten<br />

scheinen derzeit die einzigen zu sein,<br />

die intellektuell unsere gesellschaftliche<br />

Wirklichkeit widerspiegeln. Wo<br />

bleibt das Engagement anderer<br />

<strong>Kultur</strong>schaffender?<br />

Niema: <strong>Kultur</strong> ist ganz wichtig; auch<br />

um soziale Probleme ins<br />

Bewusstsein zu bringen. Das <strong>politische</strong><br />

Kabarett leistet da sehr viel. Ich<br />

sehe aber auch <strong>politische</strong>s<br />

Engagement in anderen Bereichen;<br />

beispielsweise im Theater. Es gibt da<br />

das Theaterstück, „Hartzreise – zieht<br />

euch warm an“, in dem Hartz-IVempfänger<br />

ihre Probleme auf die<br />

Bühne bringen und öffentlich<br />

machen. In der sozialkritische<br />

Gegenwartsliteratur könnte sich<br />

deutlich mehr tun.<br />

<strong>Paroli</strong>: Viele bürgerliche<br />

Abgeordnete haben Nebenjobs,<br />

Beraterverträge etc. Hast Du auch so<br />

was?<br />

Niema Movssat<br />

Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB), Jugend<strong>politische</strong>r<br />

Sprecher im Parteivorstand DIE LINKE.<br />

Kontakt: Friedensplatz 8, 46045 Oberhausen<br />

mobil: 0<strong>17</strong>7 6503521<br />

www.movassat.de<br />

Niema: Nein. Ich werde mich ganz<br />

auf die <strong>politische</strong> Arbeit konzentrieren.<br />

<strong>Paroli</strong>: Hast Du in Berlin schon ein<br />

gutes persisches Restaurant gefunden?<br />

Niema: Nein. Auch da<strong>für</strong> hatte ich<br />

noch keine Zeit. Ich suche auch noch<br />

eine Wohnung.<br />

<strong>Paroli</strong>: Hast Du denn wenigstens ein<br />

Rezept <strong>für</strong> Dein Leibgericht Kebab-<br />

Soltani?<br />

Niema: Nein, das kann nur meine<br />

persische Mama richtig machen.<br />

<strong>Paroli</strong>: Wie ist die Atmosphäre in<br />

der Fraktion in Berlin?<br />

Niema: Insgesamt bis jetzt sehr kollegial.<br />

In den Sitzungen ist deutlich<br />

geworden, dass alle eine gute<br />

Oppositionsarbeit machen wollen.<br />

Nach den Plätzen <strong>für</strong> den<br />

Fraktionsvorstand gibt es keine feste<br />

Sitzordnung mehr und man kann sich<br />

Frei-Schnauze setzen.<br />

Das Interview führte Werner Finkemeier.<br />

Was ist die Ausbildungsplatzabgabe?<br />

Die Ausbildungsplatzabgabe ist eine Möglichkeit zur<br />

<strong>politische</strong>n Steuerung des Ausbildungsplatzangebotes.<br />

Unter der Forderung nach einer Ausbildungsplatzabe<br />

versteht man, dass Betriebe, die nicht genügend<br />

Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, Sonderabgaben<br />

abführen müssen. Die eingenommenen Gelder<br />

werden anderen Betrieben zur Verfügung gestellt, die<br />

ausbilden.<br />

Bundeswehr in Afghanistan. Wie lange noch? - Niema Movassat (Mitte)<br />

am 9. Dezember auf der Oberhausener Friedenskonferenz.<br />

Ziel ist es, durch einen finanziellen Anreiz mehr<br />

Unternehmen zur Ausbildung zu motivieren. Durch die<br />

Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe könnten sich<br />

Unternehmen auch nicht mehr ohne eigene Nachteile<br />

aus der Ausbildung zurückziehen - sie würden dann<br />

zumindest die Ausbildung in anderen Unternehmen mitfinanzieren,<br />

von der sie schließlich ebenfalls profitieren.


<strong>Paroli</strong> Das linke Magazin <strong>für</strong> Oberhausen Nr. 16 <strong>Februar</strong> / März 20<strong>10</strong> Seite 5<br />

Badespaß<br />

aber nur wenn die Kohle langt!<br />

Verschneit: Der Bahnhof Osterfeld Nord beherbergt neben einem Kindergarten zahlreiche<br />

Gruppen und Initiativen.<br />

Ist der Zug schon abgefahren?<br />

Stadtteilarbeit am Rand des Stadtteils?<br />

Seit den 1980er Jahren wird der<br />

ehemalige Bahnhof Osterfeld Nord<br />

von zahlreichen Jugend-,<br />

Frauemgruppen und <strong>Verein</strong>en<br />

genutzt. Im November letzten<br />

Jahres erreichte uns die Nachricht,<br />

dass alle im Bahnhof Osterfeld<br />

Nord aktiven Initiativen bis zum<br />

Sommer 20<strong>10</strong> das Gebäude räumen<br />

müssen und die<br />

Stadtteilarbeit eingestellt wird.<br />

Den Initiativen wurden alternative<br />

Räume an der Gute Straße auf<br />

Stemmersberg angeboten.<br />

Der Grund ist die Erweiterung des im<br />

gleichen Gebäude ansässigen<br />

Kindergartens. So sehr der Ausbau<br />

von Kindergartenplätzen, vor allem<br />

im Bereich der „unter dreijährigen“<br />

zu begrüßen ist, ist die Art und<br />

Weise, wie mit den Initiativen umgegangen<br />

wurde, zumindest fragwürdig.<br />

Beschlossen wurde die<br />

Erweiterung des Kindergartens<br />

bereits im April 2009 von der OGM<br />

und der Stadt OB, aber erst im<br />

Oktober 2009 wurden die<br />

Betroffenen darüber informiert und<br />

vor vollendete Tatsachen gestellt.<br />

Laut Jugendamt ist alles „beschlossene<br />

Sache“, welche „nicht mehr<br />

abwendbar ist“. Bis dahin gab es keinerlei<br />

Informationen, geschweige<br />

denn Angebote seitens der Stadt<br />

gemeinsam mit den Betroffenen eine<br />

Lösung zu finden.<br />

Das Bürgerzentrum Bahnhof Nord<br />

ein vorbildliches Beispiel <strong>für</strong> gelebte<br />

Integration, <strong>für</strong> ein friedliches, innovatives,<br />

multikulturelles Miteinander.<br />

Ein wirklicher Schatz, ein<br />

Vorzeigeprojekt <strong>für</strong> diese Stadt und<br />

gerade <strong>für</strong> Osterfeld, dem Stadtteil<br />

mit sehr hoher Migrationsdichte.<br />

Es gibt 19 verschiedene Gruppenangebote<br />

im Bahnhof Osterfeld<br />

Nord. Die meisten Gruppen treffen<br />

sich unter der Betreuung der<br />

Sozialarbeiter 1-2 mal wöchentlich.<br />

Für über 200 Menschen aller<br />

Altersgruppen aus unterschiedlichen<br />

<strong>Kultur</strong>en bietet dieses Zentrum einen<br />

Ort des Vertrauens, der Begegnung,<br />

des miteinander Lernens und Lebens.<br />

Hier finden Kinder Hilfe und<br />

Unterstützung im Schulwechselprojekten,<br />

Nachhilfe in Kleingruppen,<br />

familienbegleitende Hilfen,<br />

Freizeitangebote usw. Daneben runden<br />

Gruppen wie der Motorradclub,<br />

seit 1981 hier beheimatet, der<br />

Schachclub, Frauen-, Folklore-, Malund<br />

Bastelgruppen das Miteinander<br />

ab. Kooperationen mit Schulen, wie<br />

der GSO, Erich Kästner,<br />

Heideschule, Elsa- und Berta-<br />

Gymnasien, der Albert-Schweizer<br />

Schule bestehen seit langer Zeit.<br />

Eine bunte Vielfältigkeit, die ihresgleichen<br />

sucht. Würden diese<br />

Gruppen nun auf verschiedene<br />

Einrichtungen einschließlich dem<br />

Objekt Gute Strasse verteilt, würden<br />

die Synergieeffekte dieses lebendigen<br />

Ganzen auseinander gerissen,<br />

gewachsene Strukturen zerstört. Ein<br />

entscheidender Vorteil ist die<br />

Ortsnähe, die fußläufige<br />

Erreichbarkeit. Bei einer Verlagerung<br />

wäre dies nicht mehr gegeben<br />

und die Leute würden nicht mehr<br />

kommen. Für viele Kinder fatal, sie<br />

sind auf die Wohnortnähe am<br />

Stärksten angewiesen.<br />

Folgende Fragen musste sich die<br />

Stadt von der LINKEN.LISTE in der<br />

Bezirksvertretung Osterfeld gefallen<br />

lassen:<br />

• Warum wurden die Gruppen so<br />

lange hingehalten?<br />

• Weshalb wurden die Betroffenen<br />

erst im Oktober informiert?<br />

• Wieso werden solche<br />

Entscheidungen über die Köpfe der<br />

Menschen hinweg getroffen?<br />

• Wurden alle Alternativen zur<br />

Erweiterung des Kindergartens<br />

geprüft?<br />

Die zahlreich erschienen Besucher<br />

rieben sich die Augen. Plötzlich war<br />

noch gar nichts endgültig entschieden.<br />

Alles muss noch geprüft werden<br />

und vor Ende 20<strong>10</strong> tut sich da gar<br />

nichts.<br />

Die Initiativen wollen im Bahnhof<br />

bleiben. Diese Forderung unterstützt<br />

die Linke Liste. Hier geht es nicht<br />

um ein Gegeneinander von<br />

Waldorfkindergarten und Bürgerzentrum.<br />

"Wir sind der Meinung,<br />

dass es eine <strong>für</strong> alle Beteiligten<br />

akzeptable Lösung geben kann"<br />

sagte die Bezirksvertreterin Ingrid<br />

Diepenbrock, “DIE LINKE.LISTE<br />

wird dieses Thema weiterhin auf die<br />

Tagesordnung der Bezirksvertretung<br />

Osterfeld setzen und am Ball bleiben.”<br />

Erstes Bergbau-Erlebnisbad der<br />

Welt, so nennt sich vollmundig das<br />

im Dezember neu eröffnete Spaßbad<br />

„AQUAPark“ in der so genannten<br />

Neuen Mitte Oberhausens. Während<br />

OB Wehling bei der festlichen<br />

Eröffnungs-Gala (Abendkleidung<br />

war Pflicht!) vor 600 geladenen<br />

Gästen, das neue Bad als gelungene<br />

Bereicherung <strong>für</strong> die modernisierte<br />

Oberhausener Bäderlandschaft lobte<br />

und den heftigen Protest der<br />

Oberhausener Bevölkerung gegen<br />

das neue Schwimmbadkonzept einfach<br />

unter den Tisch fallen ließ, <strong>für</strong><br />

<strong>Paroli</strong> Anlass einen kritischen Blick<br />

auf das neue „Erlebnisbad“ zu werfen:<br />

Freizeit- und Erlebnisbäder stehen in<br />

scharfer Konkurrenz untereinander.<br />

Umso wichtiger ist <strong>für</strong> die Betreiber<br />

das, was MarketingexpertInnen<br />

„Alleinstellungsmerkmal“ nennen.<br />

Schließlich gibt es mehr als genug<br />

Spaßbäder mit meterlangen<br />

Rutschen, Whirlpools und beheizten<br />

Außenbecken. In Oberhausen soll es<br />

das Thema Bergbau sein, mit dem<br />

man sich vom letztendlich monotonen<br />

Einerlei vergleichbarer Bäder<br />

unterscheiden und so die<br />

BesucherInnen scharenweise in den<br />

AQUAPark locken will. Doch ist<br />

dies keinesfalls gelungen. Wasser<br />

und Bergbau, das merkt ein jeder, der<br />

sich auch nur ein bisschen mit dem<br />

Bergbau und seiner Geschichte auskennt,<br />

passen einfach nicht zueinander.<br />

Schließlich war Wasser eine der<br />

größten Gefahren <strong>für</strong> die Kumpel<br />

unter Tage. Und was als Geysire<br />

bezeichnete, rot beleuchtete<br />

Whirlpools mit Bergbau zu tun<br />

haben, erschließt sich wahrscheinlich<br />

wohl nur dem ausführenden<br />

Architekturbüro.<br />

Für Familien mit Kindern hört der<br />

Spaß allerdings nicht erst im Bad<br />

auf, sondern bereits an der<br />

„Markenstube“ genannten<br />

Eintrittskasse: 16.- Euro sind <strong>für</strong> eine<br />

4 Stunden gültige Familienkarte zu<br />

berappen. Die Tageskarte kostet gar<br />

18.- Euro. Nicht zu vergessen sind<br />

dabei die 3.- EUR, die <strong>für</strong> den<br />

Parkplatz fällig werden. Rechnet<br />

mensch die bei solchen Besuchen<br />

zwangsläufig hinzukommenden<br />

„Extras“ wie Pommes, Eis und Cola<br />

hinzu, so kostet ein Nachmittag im<br />

AQUAPark eine 4-köpfige Familie<br />

schnell zwischen 30.- und 40.- Euro.<br />

Alles andere als ein billiges<br />

Vergnügen und <strong>für</strong> viele Familien in<br />

Oberhausen, von denen ein Drittel<br />

arm oder armutsgefährdet ist,<br />

schlicht und einfach unerschwinglich.<br />

Für Familien mit Kindern ein teueres “Vergnügen”: der<br />

neueröffnete Aquapark<br />

Rat lehnte Antrag der LINKE.LISTE<br />

Fraktion mit Mehrheit ab<br />

Das vergessene braune Erbe<br />

60 Jahre Landtag Nordrhein-Westfalen<br />

Das Ergebnis der Studie "60 Jahre<br />

Landtag Nordrhein-Westfalen - Das<br />

vergessene braune Erbe" von Dr.<br />

M.C. Klepsch belegt, dass mehr als<br />

40 Abgeordnete der bürgerlichen<br />

Parteien in der NSDAP oder parteinahen<br />

Organisationen wie der SS<br />

oder der SA waren. Darunter nicht<br />

weniger als Fraktionsvorsitzende<br />

und zwei spätere Landesminister<br />

(Willy Weyer, FDP und Paul Mikat,<br />

CDU). Insbesondere in der FDP liegt<br />

der Anteil ehemaliger Nazis besonders<br />

hoch: So hatte in den<br />

Nachkriegsjahren mehr als jeder<br />

fünfte FDP-Landtagsabgeordnete<br />

eine braune Vergangenheit.<br />

Zwischen 1955 und 1975 wurde die<br />

FDP-Fraktion von 6 ehemaligen<br />

Nazis, darunter 3 SS-Männern<br />

geführt.<br />

Kostenloser<br />

Download unter:<br />

www.sagel.info/service/Das<br />

vergessenebrauneErbe.pdf<br />

Im Oktober 2009 beantragte DIE LINKE.LISTE Fraktion<br />

im Rat der Stadt, dass die Eintrittspreise des Aquaparks<br />

an die der übrigen Oberhausener Bäder angegglichen<br />

werden sollen. Derzeit liegen die im Aquapark festgelegten<br />

Eintrittspreise weit über den Preisen der übrigen<br />

Bäderlandschaft. Die übrigen Fraktionen im Rat der Stadt<br />

wollten sich dem Antrag der LINKEN.LISTE nicht<br />

anschließen und lehnten ihn geschlossen ab. Danach<br />

haben sie gemeinsam die erhöhten Preise beschlossen.


<strong>Paroli</strong> Das linke Magazin <strong>für</strong> Oberhausen Nr. 16 <strong>Februar</strong> / März 20<strong>10</strong> Seite 6<br />

Die Uni gehört allen?<br />

Seit November 2009 protestieren StudentInnen in Deutschland und Österreich.<br />

Hörsäle werden besetzt, Vorlesungen und Seminare werden bestreikt.<br />

In ganz Deutschland verteilt fanden dezentrale Kundgebungen und<br />

Demonstrationen statt, an denen viele tausend Studierende teilnahmen.<br />

Alles begann mit der Aktion<br />

"Bundesweiter Bildungsstreik 2009".<br />

Ein breites Bündnis aus<br />

SchülerInnen-, Studierendenorganisationen<br />

und Gewerkschaften organisierte<br />

vom 15. bis zum 19. Juni<br />

dezentrale Aktionen. Die<br />

Aktionsformen reichten vom<br />

Fernbleiben der Schule und<br />

Universität über Demonstrationen<br />

bis hin zu Podiumsdiskussionen über<br />

Bildungspolitik.<br />

Die Forderungen waren regional<br />

unterschiedlich. In NRW ging es um<br />

die Abschaffung der Studiengebühren,<br />

Demokratisierung der Hochschulen,<br />

mehr Freiräume in<br />

Bachelor-/Masterstudiengängen,<br />

Abschaffung der Kopfnoten und um<br />

eine Schule <strong>für</strong> alle anstelle des dreigliedrigen<br />

Schulsystems. Mehr als<br />

200.000 SchülerInnen und<br />

StudentInnen nahmen teil.<br />

Heißer Herbst<br />

Unter dem Motto "Für einen heißen<br />

Herbst - wir machen weiter" ruft das<br />

Bündnis erneut zum Bildungsstreik<br />

ab <strong>17</strong>. November an Universitäten<br />

auf. Bundesweit werden Hörsäle<br />

besetzt. Die StudentInnen kritisieren<br />

die weltweite Umstrukturierung der<br />

Gesellschaft nach den Gesetzen des<br />

Marktes. Nicht das Gemeinwohl,<br />

sondern Profitinteressen stehen im<br />

Mittelpunkt aller gesellschaftlichen<br />

Bereiche. Auch Bildung wird nicht<br />

als Menschenrecht, sondern als<br />

Mittel zum Zweck be- und gehandelt.<br />

Die Studierenden stellen fest,<br />

dass sich das vermittelte Wissen an<br />

Universitäten immer weniger an den<br />

Ansprüchen der Menschen orientiert.<br />

Stattdessen wird das Wissen vermittelt,<br />

das der Markt benötigt.<br />

Bildungsgebühren, Verschulung des<br />

Studiums, Elitenförderung und<br />

schließlich Privatisierung sind<br />

Folgen unter denen das<br />

Bildungssystem leidet.<br />

Nicht nur der Bildung<br />

mangelt es an Reformen<br />

Das Bündnis betont, dass die<br />

Ausrichtung nach wirtschaftlicher<br />

Verwertbarkeit nicht allein ein<br />

Problem des Bildungswesens ist. Die<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt<br />

weltweit, dass wettbewerbsorientierte<br />

Entscheidungen in allen gesellschaftlichen<br />

Bereichen verheerend<br />

sind. Deshalb betont das Bündnis<br />

ausdrücklich, dass es mit sich mit<br />

anderen sozialen Bewegungen solidarisiert,<br />

die ihre Kritik teilen und<br />

<strong>für</strong> Selbstbestimmung streiten.<br />

Es geht weiter<br />

Am <strong>10</strong>. Dezember fand in Bonn eine<br />

Kultusministerkonferenz statt, zu der<br />

<strong>10</strong>.000 StudentInnen, SchülerInnen,<br />

Auszubildende, LehrerInnen und<br />

DozentInnen die Aktion "Kultusminister<br />

nachsitzen" begleiteten. Die<br />

Konferenz sollte Korrekturen am<br />

Bologna-Prozess vornehmen. Doch<br />

die Kernforderungen der Betroffenen<br />

wurden nur zum Teil oder gar nicht<br />

erfüllt. Ein Bachelor mit acht statt<br />

sechs Semestern wurde zwar ermöglicht,<br />

aber <strong>für</strong> den Masterabschluss<br />

bleiben dann nur noch zwei statt vier<br />

Semster. Die Arbeitsbelastung wird<br />

also verlagert, nicht reduziert. Die<br />

Forderung nach Reformen an der<br />

Schulbildung wurden gänzlich ignoriert.<br />

„Die Bildung gehört auf die<br />

Intensivstation, die Kultusminister<br />

schicken sie lediglich ins<br />

Nagelstudio“, konstatierte der<br />

Pressesprecher des Bonner<br />

Bildungsstreikes. 20<strong>10</strong> gehen die<br />

Proteste daher weiter. Erste<br />

Bundesweite Demos sind geplant<br />

Mehr Infos unter:<br />

http://www.bildungsstreik.net<br />

Studiengebühren bedeuten Chancenungleichheit.<br />

C.a. 3000 TeilnehmerInnen versammelten sich am <strong>17</strong>.11. in Essen zur Bildungsstreikdemo.<br />

Was ist der Bologna-Prozess?<br />

Unter dem Begriff “Bologna-Prozess” versteht man das Vorhaben<br />

ein einheitliches Hochschulwesen <strong>für</strong> Europa zu schaffen. Seinen<br />

Namen hat der Prozess bekommen, weil er in der italienischen<br />

Stadt Bologna von 29 europäischen Bildungsministerien vereinbart<br />

worden ist. Sein Ziel ist es, international vergleichbare<br />

Studienabschlüsse zu schaffen um die Mobilität und<br />

Beschäftigungsfähigkeit von Hochschulabsolventen zu erhöhen. Im<br />

Zuge des Prozesses lösen in Deutschland Bachelor/Master-<br />

Studiengänge klassische Studiengänge, wie zum Beispiel Diplom,<br />

Magister oder Lehramt ab. Diese neuen Studiengänge stehen in<br />

der Kritik, weil der Lehrstoff in so kurzer Zeit vermittelt wird, dass<br />

Studierende unter Überforderung und Zeitnot leiden. Bei der<br />

Auswahl der Lerninhalte stehen den StudentInnen wenig<br />

Freiräume zur Verfügung. Sie orientieren sich nicht an einer allgemeinen,<br />

umfassenden Bildung, sondern lediglich<br />

anArbeitsmarktqualifikation und den ökonomischen Interessen des<br />

Marktes. Das Ziel der Gleichstellung und internationalen<br />

Vergleichbarkeit der Abschlüsse von Bachelor und<br />

Masterstudiengänge ist bisher nicht erreicht worden. Selbst innerhalb<br />

Deutschlands unterscheiden sich die Studiengänge von<br />

Universität zu Universität und Bundesland zu Bundesland.<br />

Auch im neuen Jahr steigen wieder<br />

die Preise. Die Energiepreise – Gas,<br />

Heizöl und Benzin - stehen da nicht<br />

nach. Es sind Monopolpreise von<br />

mächtigen Monopolen. Die<br />

Energieversorgung Oberhausen<br />

(evo), Teil der RWE-<br />

Aktiengesellschaft, in deren<br />

Aufsichtsrat auch Vertreter der<br />

Städte und Gemeinden sitzen, dreht<br />

zu Jahresbeginn wieder kräftig an der<br />

Preisspirale. Auch die evo erhöht die<br />

Preise <strong>für</strong> Gas und Fernwärme im<br />

Januar 20<strong>10</strong>. Begründet wird die<br />

Preissteigerung mit dem steigenden<br />

Die Verfassung und die Energiepreise beißen sich<br />

Ölpreis, an den die Preise der anderen<br />

Energieträger gekoppelt sind.<br />

Ungeachtet aller Preisschwankungen<br />

in den letzten Jahren, hat die<br />

Preisentwicklung eine generelle<br />

Tendenz nach oben. Die großen<br />

Energiekonzerne mit ihrer<br />

Monopolstellung diktieren die<br />

Preise. Wie schwer es ist, hiergegen<br />

anzugehen, haben die Menschen, die<br />

gegen die Gaspreiserhöhungen rebellierten<br />

haben, in jahrelangen juristischen<br />

Scharmützeln erleben müssen.<br />

Hier entscheiden wenige nach ihren<br />

Gewinninteressen über das Schicksal<br />

vieler Menschen. Das hat DIE<br />

LINKE veranlasst, die<br />

Vergesellschaftung der großen<br />

Energieversorger auf die <strong>politische</strong><br />

Tagesordnung zu setzen. Die Folge<br />

war ein großer, medial aufgeblasener<br />

Aufschrei im Land. Verstaatlichung<br />

bedrohe angeblich unser aller<br />

Wohlstand, ja gar das<br />

„Schreckgespenst“ des Sozialismus<br />

wurde in kräftigen Farben an die<br />

Wand gemalt.<br />

<strong>Paroli</strong> ist der Sache auf den Grund<br />

gegangen. Was hat DIE LINKE<br />

wirklich gesagt: „Die privaten<br />

Energiekonzerne in NRW, E.ON und<br />

RWE fordern überhöhte<br />

Monopolpreise“. Diese Erkenntnis<br />

machen die Menschen hierzulande<br />

täglich. Daraus hat DIE LINKE den<br />

Schluss gezogen: „Die<br />

Energieunternehmen in NRW –<br />

RWE und E.ON – müssen vergesellschaftet<br />

werden. Sie gehören in<br />

öffentliche Hand und müssen demokratisch<br />

kontrolliert, perspektivisch<br />

entflochten und dezentralisiert werden“...und<br />

weiter: “Die<br />

Energiepreise werden sozialverträglich<br />

gestaltet“. Was ist daran so entsetzlich?<br />

MitstreiterInnen von <strong>Paroli</strong> sind<br />

schon vor Jahren gegen den Verkauf<br />

von RWE-Aktien und <strong>für</strong><br />

Rekommunalisierungen auf die<br />

Straße gegangen. Schließlich beruft<br />

sich DIE LINKE auf die<br />

Landesverfassung. In Artikel 27<br />

heißt es: „Großbetriebe der<br />

Grundstoffindustrie und Unternehmen,<br />

die wegen ihrer monopolartigen<br />

Stellung besondere Bedeutung<br />

haben, sollen in Gemeineigentum<br />

überführt werden.“


<strong>Paroli</strong> Das linke Magazin <strong>für</strong> Oberhausen Nr. 16 <strong>Februar</strong> / März 20<strong>10</strong> Seite 7<br />

Frau(-en) ohne Regeln<br />

Ein Interview mit Gerburg Jahnke<br />

Frau Jahnke tourte durch die Lande. “Lappen weg“: Ein<br />

Abend mit vier Damen und Gesang sowie zum Lachen und<br />

– so weit es die Kondition erlaubt – tänzerischen Einlagen.<br />

Mit von der Partie waren Jutta Jahnke, Francesca de<br />

Martin und Andrea Bongers. Gerburg Jahnke, früher eine<br />

Hälfte des Duos Missfits, brach mehr als nur ein Tabu in<br />

diesem Stück. <strong>Paroli</strong> sprach mit Frau Jahnke über Frauen,<br />

Regeln und über Frau Jahnke selbst.<br />

<strong>Paroli</strong>: In dem Stück – Lappen Weg<br />

– spielten Sie Helma Langanke eine<br />

ständig angetrunkene Pädagogin, die<br />

aus Liebe in einem Handy-Porno<br />

mitspielt. Ihre drei Kolleginnen verkörpern<br />

ähnlich provokante<br />

Frauenrollen, wieviel steckt von<br />

Euch selbst in diesen Rollen?<br />

Frau Jahnke: Da wir die Rollen<br />

selbst entwickelt haben, mischen<br />

sich bestimmt Wünsche,<br />

Erinnerungen, Abneigungen....und<br />

aus dem ganzen Mischmasch entsteht<br />

eine Figur. Die hat dann vielleicht<br />

etwas, was man selbst auch<br />

hat, aber wenn, dann ist es nur ein<br />

kleiner Anteil. Der Rest ist jemand<br />

anders. Und ich muß sagen, die<br />

Lehrerin Frau Langanke ist nicht<br />

ständig angetrunken. Sie hat nur eine<br />

sehr liberale Haltung zum Alkohol.<br />

<strong>Paroli</strong>: Sie sind über die Jahre hinweg<br />

sozusagen zu einer Expertin <strong>für</strong><br />

spezielle Frauenrollen geworden.<br />

Was halten Sie, von dem Frauenbild<br />

der Charlotte Roche in ihrem Roman<br />

“Feuchtgebiete“?<br />

Frau Jahnke: Nichts! ...hab ich<br />

nicht gelesen. Das, was einem überall<br />

als Appetithäppchen verabreicht<br />

wurde, hat mir ehrlich gesagt die<br />

Lust verdorben, das Buch zu lesen.<br />

Hab ich was verpaßt?<br />

<strong>Paroli</strong>: Als Missfits erhielten<br />

Stephanie Überall und Sie 2004 die<br />

Auszeichnung “Bürgerin des<br />

Ruhrgebiets“. Was erwarten Sie als<br />

Bürgerin und Künstlerin vom<br />

<strong>Kultur</strong>hauptstadtjahr 20<strong>10</strong> in und um<br />

Essen?<br />

Frau Jahnke: Inzwischen nichts<br />

mehr. Vor anderthalb jahren habe ich<br />

naiverweise oder auch hoffnungsvoll<br />

geglaubt, daß 20<strong>10</strong> eine Chance sein<br />

könnte, ein künstlerisches Selbstbewußtsein<br />

zu entwickeln, hier im<br />

Revier. Jetzt wird allmählich klar,<br />

daß das so nicht passiert. Es werden<br />

schon wieder Inhalte importiert!<br />

Also gehen wir weiter unten rum, an<br />

der Basis entlang. Bei den Machern<br />

von <strong>Kultur</strong> und Kunst.<br />

<strong>Paroli</strong>: So eng wie Ihre Biographie<br />

mit der Stadt Oberhausen verbunden<br />

ist, so eng ist das Bild der Stadt mit<br />

Frau Jahnke verbunden. Ist das nur<br />

Gerburg Jahnke; Foto: Linn Marx<br />

Freude oder auch Leid?<br />

Frau Jahnke: Ist das eng?<br />

Oberhausen ist natürlich Heimat,<br />

Ruhrgebiet ist Identität. Wie bei jeder<br />

Herkunft: man wird definiert. Das<br />

bedeutet auf der einen Seite<br />

Geborgenheit. Auf der anderen<br />

scheint man eingeschränkt und muß<br />

ständig woanders hin, um dann wieder<br />

nachhause zu wollen.<br />

Also das ist wohl Dialektik.<br />

<strong>Paroli</strong>: Bei einem Auftritt im<br />

Ebertbad 2007 schwärmte Georgett<br />

Dee von den gemeinsamen WG-<br />

Zeiten mit Ihnen. Eine ungewöhnliche<br />

“Frauen-WG“, wie kann ich mir<br />

das vorstellen?<br />

Frau Jahnke: Es war ganz einfach<br />

so, daß wir mal ne Weile zusammengewohnt<br />

haben. Außer uns wohnte<br />

da noch ein dritter, ich glaube, ein<br />

Mann. Der Rest geht keinen was an.<br />

<strong>Paroli</strong>: Ende der 70-er/Anfang der<br />

80-er waren nicht nur die Frisuren<br />

radikal und provozierend, sondern<br />

auch die Jugendkultur. Wie radikal<br />

war Ihre Frisur und was haben Sie in<br />

dieser Zeit angestellt?<br />

Frau Jahnke: Meine Frisuren haben<br />

ständig gewechselt. Ich gestehe eine<br />

Mini-Pli, eine Dauerwelle wegen<br />

Stand im Ansatz, alle Rottöne, die<br />

die Chemie und die Henna-Pflanze<br />

hergeben, selbstgeschnittenes,<br />

fremdgeschnittenes, sehr kurzes,<br />

halblanges und auch mal schwarz!<br />

Und was hab ich sonst gemacht?<br />

Ich hab studiert. Geraucht, getrunken.<br />

Und den Rest auch!<br />

<strong>Paroli</strong>: Die kleene Gerburg holt sich<br />

anne Bude ´ne Wundertüte. Mit welchem<br />

Wunder könnte man Sie glücklich<br />

machen?<br />

Frau Jahnke: Was <strong>für</strong> eine<br />

Frage!!???<br />

Was ich interessant fände, wäre,<br />

wenn die Händis aus der Welt verschwinden<br />

würden und die<br />

Menschen sich wieder mehr besuchen,<br />

spontan, überraschend, mit ner<br />

Flasche in der Tasche....oder auch<br />

ohne.<br />

Das Interview führte Christian Salewski<br />

Die Verschobene Stadtmitte<br />

Das Centro und die Verödung der Innenstädte<br />

Centro Oberhausen - Die verschobene Stadtmitte<br />

Das Buch von Walter Brune und Holger Pump-<br />

Uhlmann ist erschienen im Verlag >Immobilien<br />

Zeitung Edition< und <strong>für</strong> 24,90 EUR über die<br />

Homepage der Immobilien Zeitung zu beziehen:<br />

www.immobilien-zeitung.de<br />

„Ghosttown“ – so plakatierte DIE<br />

LINKE.LISTE im vergangenen<br />

Kommunalwahlkampf provokant,<br />

um auf die dramatische Verödung<br />

der Oberhausener Innenstadt aufmerksam<br />

zu machen. Dass dies<br />

mehr war als das übliche<br />

„Wahlkampfgetöse“, kann<br />

man/frau jetzt in dem soeben<br />

erschienen Buch „Centro<br />

Oberhausen - Die verschobene<br />

Stadtmitte“ nachlesen. Fachkundig<br />

und kenntnisreich setzen<br />

sich die beiden Autoren Walter<br />

Brune und Holger Pump-Uhlmann<br />

mit der Entstehungsgeschichte des<br />

Centro auseinander.<br />

Akribisch zeichnen sie das Handeln<br />

der damaligen Verwaltungsspitze um<br />

den Oberstadtdirektor und späteren<br />

Oberbürgermeister Burkhard<br />

Drescher nach, der an allen üblichen<br />

Planungsverfahren vorbei das<br />

Großprojekt Centro in nur 15<br />

Monaten gegen die berechtigten<br />

Zweifel und Widerstände aus der<br />

Oberhausener Bevölkerung, des<br />

Oberhausener Einzelhandels aber<br />

auch der Bezirksregierung und der<br />

Nachbarstädte im wahrsten Sinne des<br />

Wortes „durchprügelte“.<br />

Detailliert gehen die Autoren auf die<br />

Versprechungen ein, die die<br />

Entstehung des Centros erst ermöglichten<br />

und stellen diese der heutigen<br />

Realität mit niederschmetternden<br />

Ergebnis gegenüber: weder wurden<br />

neue Arbeitsplätze geschaffen, noch<br />

erschloss sich mit dem Centro der<br />

Stadt ein stetig sprudelnder Quell <strong>für</strong><br />

Gewerbesteuereinnahmen. Das<br />

Centro ist – so das deprimierende<br />

Fazit - ein „Worst-Practice-Beispiel“<br />

der Stadtplanung. Dieses Urteil<br />

wiegt umso schwerer, als dass es sich<br />

bei einem der Autoren (Walter<br />

Brune) um einen der renommiertesten<br />

deutschen Stadtplaner und<br />

Architekten von Einkaufcentern handelt.<br />

Als solcher entwarf Brune zum<br />

Beispiel 1968 das erste Einkaufscenter<br />

in Deutschland, das in<br />

Mülheim gelegene RheinRuhrCenter.<br />

Und wie die umfangreich von Brune<br />

und Pump-Uhlmann angeführten<br />

Quellen belegen, stehen sie mit<br />

ihrem Urteil nicht allein. Einzig in<br />

der Oberhausener Politik und der<br />

Verwaltungsspitze scheint man noch<br />

zu glauben, dass das Centro positiv<br />

<strong>für</strong> die Entwicklung dieser Stadt war.


DAS<br />

Preisrätsel<br />

Rätselfreunde aufgepasst!<br />

<strong>Paroli</strong> verlostunter allen richtigen Einsendungen einmal<br />

das Buch “Blagen - Kinderjahre im Revier.” Alles was<br />

mensch machen muss, ist richtig zu erraten, was auf den<br />

drei Bildern auf dieser Seite zu sehen ist. Die richtigen<br />

Antworten gehen an:<br />

a) Rathaus Oberhausen b) Siedlung Lirich-Nord c) Luise-Albertz-Halle<br />

<strong>Paroli</strong>-<strong>Verein</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>politische</strong> <strong>Kultur</strong> e.V.<br />

Friedensplatz 8<br />

46045<br />

Oberhausen<br />

a) Rhein-Herne-Kanal b) Die Wolga c) Die Donau<br />

Brot und Rosen<br />

ist das Motto zum Internationalen Frauentag 20<strong>10</strong>.<br />

Der Kampf um gerechte Löhne und menschenwürdige Arbeitsbedingungen spitzt<br />

sich immer weiter zu. Minijobs, Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverträge, so sieht<br />

das Erwerbsleben vor allem <strong>für</strong> Frauen aus.<br />

Zum Internationalen<br />

Frauentag 20<strong>10</strong><br />

laden wir ein:<br />

Frauenempfang<br />

„Zu Ende sei, dass kleine Leute schuften <strong>für</strong> die Großen.<br />

Her mit dem ganzen Leben, Brot und Rosen!“<br />

a) Hiesfelder Wald b) Die OLGA c) Lirich Westfriedhof<br />

am Sonntag, 7. März 20<strong>10</strong>,<br />

15:00 bis 18:00 Uhr,<br />

<strong>Kultur</strong>fabrik K 14, Lothringer Straße 64,<br />

46045 Oberhausen. Oberhausen

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