Alkohol und Schwangerschaft Fetales Alkoholsyndrom
Alkohol und Schwangerschaft Fetales Alkoholsyndrom
Alkohol und Schwangerschaft Fetales Alkoholsyndrom
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Monatsschr Kinderheilkd 2007 · 155:853–865<br />
DOI 10.1007/s00112-007-1567-9<br />
Online publiziert: 13. Juli 2007<br />
© Springer Medizin Verlag 2007<br />
Redaktion<br />
B. Koletzko · München<br />
W. Sperl · Salzburg<br />
CME.springer.de – Zertifizierte Fortbildung<br />
für Kliniker<br />
<strong>und</strong> niedergelassene Ärzte<br />
Die CME-Teilnahme an diesem Fortbildungsbeitrag<br />
erfolgt online auf CME.springer.de <strong>und</strong> ist<br />
Bestandteil des Individualabonnements dieser<br />
Zeitschrift. Abonnenten können somit ohne zusätzliche<br />
Kosten teilnehmen.<br />
Unabhängig von einem Zeitschriftenabonnement<br />
ermöglichen Ihnen CME.Tickets die Teilnahme<br />
an allen CME-Beiträgen auf CME.springer.de.<br />
Weitere Informationen zu CME.Tickets finden Sie<br />
auf CME.springer.de.<br />
Registrierung/Anmeldung<br />
Haben Sie sich bereits mit Ihrer Abonnementnummer<br />
bei CME.springer.de registriert? Dann<br />
genügt zur Anmeldung <strong>und</strong> Teilnahme die<br />
Angabe Ihrer persönlichen Zugangsdaten. Zur<br />
erstmaligen Registrierung folgen Sie bitte den<br />
Hinweisen auf CME.springer.de.<br />
Zertifizierte Qualität<br />
Diese Fortbildungseinheit ist mit 3 CME-Punkten<br />
zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen<br />
<strong>und</strong> der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche<br />
Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>und</strong> damit auch für andere<br />
Ärztekammern anerkennungsfähig.<br />
Folgende Maßnahmen dienen der Qualitätssicherung<br />
aller Fortbildungseinheiten auf<br />
CME.springer.de: Langfristige Themenplanung<br />
durch erfahrene Herausgeber, renommierte<br />
Autoren, unabhängiger Begutachtungsprozess,<br />
Erstellung der CME-Fragen nach Empfehlung des<br />
IMPP mit Vorabtestung durch ein ausgewähltes<br />
Board von Fachärzten.<br />
Für Fragen <strong>und</strong> Anmerkungen stehen wir Ihnen<br />
jederzeit zur Verfügung:<br />
Springer Medizin Verlag GmbH<br />
Fachzeitschriften Medizin/Psychologie<br />
CME-Helpdesk, Tiergartenstraße 17<br />
69121 Heidelberg<br />
E-Mail: cme@springer.com<br />
CME.springer.de<br />
CME Weiterbildung • Zertifizierte Fortbildung<br />
R. Feldmann · H. Löser † · J. Weglage<br />
Universitätskinderklinik Münster<br />
<strong>Fetales</strong> <strong>Alkohol</strong>syndrom<br />
(FAS)<br />
Zusammenfassung<br />
Durch <strong>Alkohol</strong>missbrauch während der <strong>Schwangerschaft</strong> kommt es beim Kind zu vor- <strong>und</strong> nachgeburtlichen<br />
Schäden, die es in der Gesamtheit seiner Entwicklung beeinträchtigen. Zu den Merkmalen<br />
des fetalen <strong>Alkohol</strong>syndroms (FAS) gehören kraniofaziale Veränderungen, Mikrozephalie<br />
<strong>und</strong> Minderwuchs. Die körperlichen Merkmale können teilweise oder gänzlich fehlen, dennoch<br />
haben die betroffenen Kinder hirnorganische Schäden <strong>und</strong> zeigen z. T. erhebliche kognitive<br />
Defizite (partielles FAS). Sie können Regeln <strong>und</strong> Sinnzusammenhänge nur schwer erfassen. Ihre<br />
Konzentrations- <strong>und</strong> Merkfähigkeit sind deutlich verringert. Emotionale Störungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten<br />
kommen hinzu. Die natürliche Angst vor Gefahren fehlt überwiegend. Auffälliges<br />
Merkmal bei der Mehrzahl der Kinder mit FAS ist ein geringes Distanzgefühl. Die betroffenen<br />
Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen sind überwiegend naiv, leichtgläubig <strong>und</strong> verleitbar. Intensive Betreuung<br />
<strong>und</strong> Anleitung bleiben auch im Jugend- <strong>und</strong> jungen Erwachsenenalter der Patienten mit<br />
FAS erforderlich.<br />
Schlüsselwörter<br />
<strong>Fetales</strong> <strong>Alkohol</strong>syndrom · Vorgeburtliche <strong>Alkohol</strong>exposition · Fehlbildungssyndrom · Kognitive<br />
<strong>und</strong> emotionale Störungen · Verhaltensauffälligkeiten<br />
Fetal alcohol syndrome (FAS)<br />
Abstract<br />
Fetal alcohol syndrome (FAS) is a set of physical and mental developmental defects that can result<br />
when a woman drinks alcohol during her pregnancy. FAS is characterized by craniofacial malformations,<br />
microcephaly, and growth deficits. ‘There may be no obvious physical features, but a<br />
child with a history of prenatal alcohol exposure have organic brain damage and some have considerable<br />
cognitive deficits (partial FAS). Affected children have difficulties with learning, attention,<br />
memory, judgement and problem solving. They show poor impulse control, lack fear and<br />
have problems dealing with risks. They fail to consider the consequences of their actions. They<br />
are naïve, credulous, and easily encouraged to follow others. As the resulting psychosocial and adjustment<br />
problems persist into adolescence and adulthood lifetime care is required to support and<br />
protect FAS patients.<br />
Keywords<br />
Fetal alcohol syndrome · Prenatal alcohol exposure · Pattern of malformations · Cognitive and emotional<br />
deficits · Behavioural problems<br />
Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007 |<br />
853
7 Mütterlicher <strong>Alkohol</strong>missbrauch<br />
<strong>Alkohol</strong>missbrauch in der <strong>Schwangerschaft</strong><br />
führt beim Kind zu körperlichen,<br />
geistig-intellektuellen <strong>und</strong><br />
Verhaltensstörungen in variabler<br />
Ausprägung<br />
7 Partielles FAS<br />
7 „fetal alcohol spectrum disorders“<br />
(FASD)<br />
854 | Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007<br />
Bei mütterlichem <strong>Alkohol</strong>missbrauch während der <strong>Schwangerschaft</strong> kommt es aufgr<strong>und</strong><br />
der embryo- <strong>und</strong> fetotoxischen Wirkung des <strong>Alkohol</strong>s zu vor- <strong>und</strong> nachgeburtlichen Schäden,<br />
die das Kind in der Gesamtheit seiner körperlichen, geistigen <strong>und</strong> seelischen Entwicklung<br />
beeinträchtigen. Zu den Merkmalen des fetalen <strong>Alkohol</strong>syndroms (FAS) gehören kraniofaziale<br />
Veränderungen, Mikrozephalie <strong>und</strong> Minderwuchs. Auch wenn die körperlichen<br />
Merkmale teilweise oder gänzlich fehlen, haben die betroffenen Kinder hirnorganische<br />
Schäden <strong>und</strong> zeigen teils erhebliche kognitive Defizite (partielles FAS). Das Erfassen von<br />
Regeln <strong>und</strong> Sinnzusammenhängen ist erschwert oder misslingt ihnen ganz. Die Konzentrations-<br />
<strong>und</strong> Merkfähigkeit sind deutlich verringert. Emotionale Störungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten<br />
überwiegen. Die Risiken des eigenen Verhaltens können von den Kindern<br />
nicht eingeschätzt werden. Die natürliche Angst vor Gefahren fehlt den meisten Kindern<br />
mit FAS. Auffälliges Merkmal bei der Mehrzahl der Kinder ist ein geringes Distanzgefühl.<br />
Die betroffenen Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen sind überwiegend naiv, leichtgläubig <strong>und</strong><br />
verleitbar. Intensive Betreuung <strong>und</strong> Anleitung bleiben auch im Jugend- <strong>und</strong> jungen Erwachsenenalter<br />
der Patienten mit FAS erforderlich.<br />
Der Beitrag weist über die körperliche Symptomatik des FAS hinaus auf die intellektuellen, sozialen<br />
<strong>und</strong> emotionalen Auffälligkeiten der betroffenen Kinder hin <strong>und</strong> erleichtert die diagnostische Einschätzung<br />
auch bei partiellem FAS.<br />
Definition <strong>und</strong> Einteilung<br />
Das fetale <strong>Alkohol</strong>syndrom (FAS) ist ein durch 7 mütterlichen <strong>Alkohol</strong>missbrauch während der<br />
<strong>Schwangerschaft</strong> bedingtes, toxisches, polydystrophes Fehlbildungssyndrom beim Kind [8]. Embryo<br />
<strong>und</strong> Fetus werden durch das leicht plazentagängige Zell- <strong>und</strong> Mitosegift <strong>Alkohol</strong> <strong>und</strong> seinen Metaboliten<br />
Azetaldehyd direkt geschädigt. Die Zellschädigung äußert sich in Hypotrophie, Dystrophie<br />
<strong>und</strong> Hypoplasie, die bereits in der embryonalen Entwicklung der Organsysteme beginnen <strong>und</strong> sich<br />
auch auf die spätere Histo- <strong>und</strong> Fetogenese auswirken. Körperliche, geistig-intellektuelle <strong>und</strong> Verhaltensstörungen<br />
treten mit variabler Expressivität auf.<br />
Bereits 1967 gelang es Lamache [5] <strong>und</strong> Lemoine et al. [6] in Frankreich, den potenziell teratogenen<br />
Effekt des <strong>Alkohol</strong>s nachzuweisen. Letztere beschrieben erstmals die typischen Kennzeichen<br />
des FAS:<br />
F die kraniofazialen Veränderungen (Mikrozephalie, Abflachung des Mittelgesichts),<br />
F die prä- <strong>und</strong> postnatale Wachstumsstörung,<br />
F die Organfehlbildungen (Herzfehler, Fehlbildungen des Urogenitaltrakts) sowie<br />
F die kognitiven <strong>und</strong> emotionalen Einschränkungen der betroffenen Kinder.<br />
Jones u. Smith [4] führten 1973 den Begriff des „fetalen <strong>Alkohol</strong>syndroms“ ein.<br />
Das embryofetale Gehirn ist während der gesamten <strong>Schwangerschaft</strong> besonders empfindlich <strong>und</strong><br />
wird durch eine vorgeburtliche toxische <strong>Alkohol</strong>einwirkung in seinem Wachstum, seiner Ausdifferenzierung<br />
<strong>und</strong> seinen Funktionen besonders betroffen. <strong>Alkohol</strong>bedingte neurotoxisch-enzephalopathische<br />
Veränderungen beim Kind sind damit weit häufiger als die sichtbaren körperlichen Merkmale.<br />
Diese hirnorganischen Schädigungen, die nicht oder nur geringfügig von sichtbaren Fehlbildungen<br />
begleitet werden, werden als 7 partielles FAS oder als fetale <strong>Alkohol</strong>effekte bezeichnet [7].<br />
Sie erscheinen in der weiteren Entwicklung des Kindes als kognitive <strong>und</strong> emotionale Einschränkungen<br />
sowie Verhaltensauffälligkeiten in gleicher Ausprägung wie beim FAS. Das gesamte Spektrum<br />
der vorgeburtlichen <strong>Alkohol</strong>schädigung vom klinischen Vollbild des FAS bis hin zu dem sich<br />
überwiegend in Störungen der intellektuellen Leistung, des Erlebens <strong>und</strong> Verhaltens manifestierenden<br />
partiellen FAS wird heute unter dem Begriff 7 „fetal alcohol spectrum disorders“ (FASD)<br />
zusammengefasst.<br />
Epidemiologie<br />
<strong>Alkohol</strong>konsum in der <strong>Schwangerschaft</strong> ist die häufigste Ursache für nichtgenetisch bedingte kindliche<br />
Fehlbildungen. Jährlich werden in Deutschland etwa 2200 Kinder mit dem klinischen Vollbild<br />
des FAS geboren (Inzidenz etwa 1:300). Hinzu kommen mehr als 4500 Kinder pro Jahr mit parti-
ellem FAS, alkoholbedingten kognitiven Schädigungen sowie erheblichen Verhaltensstörungen, die<br />
überwiegend nicht erkannt oder nicht mit dem <strong>Alkohol</strong>konsum der Mutter in Bezug gebracht werden<br />
(Gesamtinzidenz für FASD etwa 1:100). Die genannten Zahlen gehen nicht auf Untersuchungen<br />
in Deutschland zurück, sondern beziehen internationale Daten [12] auf die Anzahl der Lebendgeburten<br />
in Deutschland (Stand 2005). Allerdings liegt der <strong>Alkohol</strong>konsum in Deutschland weit über<br />
dem internationalen Durchschnitt. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass sich die epidemiologischen<br />
Einschätzungen in Deutschland als zu konservativ erweisen.<br />
Ätiologie <strong>und</strong> Pathogenese<br />
Ursache des FAS ist der mütterliche Konsum von <strong>Alkohol</strong> im Sinne eines chronischen Abusus oder<br />
akuten Missbrauchs in der <strong>Schwangerschaft</strong>. Auch das partielle FAS ist Folge des <strong>Alkohol</strong>konsums<br />
der Gravida. Eine Schwellendosis der <strong>Alkohol</strong>schädigung besteht nicht [8]. Zugleich kann keine lineare<br />
Abhängigkeit des Schweregrads der <strong>Alkohol</strong>schädigung von der <strong>Alkohol</strong>menge nachgewiesen<br />
werden [11]. Auch Kinder, deren Mütter in der <strong>Schwangerschaft</strong> relativ wenig tranken, können<br />
deutliche Anzeichen des FAS aufweisen [8, 13]. Bedeutsam sind u. a. die 7 Dauer des Konsums <strong>und</strong><br />
die 7 Höhe des <strong>Alkohol</strong>spiegels, da für die Schwere der Ausprägung einer alkoholbedingten Schädigung<br />
auf Zellebene die Anpassung des Metabolismus <strong>und</strong> der Membranen gegenüber <strong>Alkohol</strong> eine<br />
gewisse Rolle spielt [1]. Gelegentlicher exzessiver <strong>Alkohol</strong>konsum kann demnach noch intensiver<br />
schädigen, als das bei regelmäßigem geringerem Konsum bereits der Fall ist.<br />
<strong>Alkohol</strong> passiert problemlos die Plazenta, das ungeborene Kind ist also den gleichen Blutalkoholspiegeln<br />
ausgesetzt wie die Mutter [9]. <strong>Alkohol</strong> wird durch die in der Leber produzierten Enzyme<br />
<strong>Alkohol</strong>dehydrogenase <strong>und</strong> Aldehyddehydrogenase abgebaut. Im ersten Stoffwechselschritt erfolgt<br />
die Dehydrierung zu Ethanal (entspricht Azetaldehyd), einem stark toxischen Metaboliten. Am Ende<br />
des Stoffwechselprozesses steht Azetyl-CoA, das in den Fettstoffwechsel eingeht. Die enzymatische<br />
Oxidation des <strong>Alkohol</strong>s ist in der unreifen Leber des Fetus nicht oder nur in geringerem Umfang<br />
möglich. Das ungeborene Kind verfügt selbst also kaum über die Möglichkeit einer <strong>Alkohol</strong>metabolisierung.<br />
Zudem wird der <strong>Alkohol</strong> aus der Amnionhöhle nur verlangsamt zurück in den mütterlichen<br />
Blutkreislauf eliminiert. Diese Faktoren verlängern die direkte, toxische Wirkung des <strong>Alkohol</strong>s<br />
auf Embryo <strong>und</strong> Fetus.<br />
Ethanol <strong>und</strong> Ethanal wirken als Mitosegifte wachstumshemmend. Dies führt prä- <strong>und</strong> postpartal<br />
zu Wachstumsstörungen <strong>und</strong> Untergewicht. Auch das reduzierte Angebot an Aminosäuren, die<br />
geringere Durchlässigkeit der Zellmembranen <strong>und</strong> eingeschränkte Enzymaktivitäten durch <strong>Alkohol</strong><br />
führen zu Hypotrophie <strong>und</strong> Hypoplasie des Ungeborenen. <strong>Alkohol</strong> wirkt zudem teratogen, meist in<br />
Form von 7 Hemmungsmissbildung in der Organogenese der Frühschwangerschaft [9]. Dies kann<br />
alle Organe gleichermaßen betreffen.<br />
Als neurotoxische Substanz führt <strong>Alkohol</strong> zu Wachstumsstörungen des gesamten Gehirns (7 Mikrozephalie<br />
<strong>und</strong> Mikroenzephalie [8]) <strong>und</strong> zu zerebralen Dysgenesien [4]. Weitere mögliche Folgen<br />
beim pränatal alkoholgeschädigten Kind sind Hydrozephalus, zerebelläre Dysmorphien, Hirnstammveränderungen<br />
sowie Agenesie des 7 Corpus callosum. Die Basalganglien <strong>und</strong> der Nucleus caudatus<br />
sind durch <strong>Alkohol</strong> besonders verw<strong>und</strong>bar. Gef<strong>und</strong>en werden Defizite in der Dendritenstruktur,<br />
mangelhafte Myelinisierung <strong>und</strong> Veränderungen in Zusammensetzung <strong>und</strong> Wirkung der 7 Neurotransmitter.<br />
Die Syntheseleistung von Protein, RNA <strong>und</strong> DNA ist in der <strong>Schwangerschaft</strong> unter <strong>Alkohol</strong>einfluss<br />
in jeder Phase eingeschränkt. Durch die gestörte Eiweißproduktion kommt es zu einem<br />
verminderten Aufbaustoffwechsel. Trotz adäquater Ernährung <strong>und</strong> guter Förderung bleiben Kinder<br />
mit FAS daher oft zu klein <strong>und</strong> zu leicht für ihr Alter.<br />
Diagnose<br />
Diagnosehilfen<br />
FAS-Skala von Majewski<br />
In ihr werden 3 Schweregrade des FAS unterschieden [10]. Die Einteilung beruht auf 28 für die <strong>Alkohol</strong>schädigung<br />
typischen klinischen Symptomen (Minderwuchs, kraniofaziale Dysmorphien, Skelettfehlbildungen<br />
u. a.), denen Punktwerte zugeordnet sind. Die Gesamtzahl der Punkte bestimmt<br />
den Schweregrad der Schädigung.<br />
CME<br />
Die Die aus internationalen internationalen Daten für<br />
Deutschland ermittelte Gesamtinzidenz<br />
für FASD von 1:100 wird möglicherweise<br />
von den realen Zahlen<br />
übertroffen<br />
Eine Schwellendosis der <strong>Alkohol</strong>schädigung<br />
besteht nicht<br />
7 Dauer des Konsums<br />
7 Höhe des <strong>Alkohol</strong>spiegels<br />
Die Die enzymatische Oxidation des <strong>Alkohol</strong>s<br />
ist in der unreifen Leber des<br />
Fetus nicht oder nur in geringerem<br />
Umfang möglich<br />
<strong>Alkohol</strong> wirkt in der Organogenese<br />
der Frühschwangerschaft teratogen<br />
7 Hemmungsmissbildung<br />
7 Mikrozephalie<br />
7 Corpus callosum<br />
7 Neurotransmitter<br />
Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007 |<br />
855
Eine Klassifizierung nach der FAS-Skala<br />
von Majewski ist häufig nur in den<br />
ersten 3 Lebensjahren möglich<br />
Im „4-digit diagnostic code“ werden werden<br />
3 FAS-Kategorien unterschieden<br />
Auch beim „4-digit diagnostic code“<br />
wird den kraniofazialen Veränderungen<br />
höchste diagnostische Bedeutung<br />
zugemessen<br />
856 | Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007<br />
Abb. 1 9 Gesichtsfehlbildungen<br />
bei FAS<br />
Da v. a. die körperlichen Anzeichen mit zunehmendem Lebensalter abnehmen, ist eine Klassifizierung<br />
häufig nur in den ersten 3 Lebensjahren möglich [11]. Partielles FAS kann vorliegen, wenn<br />
die intrauterine <strong>Alkohol</strong>exposition zwar gesichert ist, die körperlichen Merkmale nach dem Bewertungssystem<br />
von Majewski [10, 11] aber keine FAS-Einschätzung zulassen. Das partielle FAS ist damit<br />
nicht sicher zu erfassen.<br />
“4-digit diagnostic code“<br />
Dieses der FAS-Skala von Majewski ähnliche System zur Diagnose der verschiedenen Formen der<br />
pränatalen <strong>Alkohol</strong>schädigung wurde in jüngerer Zeit im angelsächsischen Raum entwickelt [2]. Es<br />
erfasst die bekannten 4 Merkmalsbereiche des fetalen <strong>Alkohol</strong>syndroms:<br />
1. Wachstumsstörung,<br />
2. kraniofaziale Auffälligkeiten,<br />
3. ZNS-Anomalien <strong>und</strong><br />
4. vorgeburtliche <strong>Alkohol</strong>exposition.<br />
Die einzelnen Merkmale werden anhand einer 4-stufigen Likert-Skala bewertet. Es ergeben sich daraus<br />
256 mögliche Merkmalsausprägungen, die mehrheitlich nicht zu einer klaren Diagnose führen.<br />
Es verbleiben vielmehr 3 Kategorien:<br />
F FAS mit gesicherter <strong>Alkohol</strong>exposition (FAS+),<br />
F FAS ohne gesicherte <strong>Alkohol</strong>exposition (FAS−),<br />
F partielles FAS mit gesicherter <strong>Alkohol</strong>exposition (pFAS+).<br />
Die Zuordnung zu diesen Kategorien geschieht dabei in gewohnter Weise: Ist die <strong>Alkohol</strong>exposition<br />
bekannt, kann auch bei schwächeren äußerlichen Merkmalen die Diagnose gestellt werden (FAS+<br />
oder pFAS+). Ist die <strong>Alkohol</strong>exposition unbekannt, kann die Diagnose (FAS−) nur gestellt werden,<br />
wenn die äußerlichen Merkmale sehr deutlich auftreten. Dabei wird auch hier denkraniofazialen-<br />
Veränderungen höchste diagnostische Bedeutung zugemessen.<br />
Der „4-digit diagnostic code“ liefert Hinweise für eine sorgfältige körperliche Diagnostik. Wenig<br />
Beachtung finden jedoch weiterhin die kognitiven <strong>und</strong> emotionalen Beeinträchtigungen sowie die
Verhaltensstörungen der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen, die für diese selbst <strong>und</strong> ihre Umgebung besonders<br />
belastend sind.<br />
Resümee<br />
Gerade in den Fällen, in denen hirnorganische Schädigungen ohne begleitende sichtbare Fehlbildungen<br />
vorliegen, ist eine gesicherte Diagnosestellung besonders wichtig <strong>und</strong> hilfreich. Mit den bekannten<br />
Diagnosekriterien <strong>und</strong> -systemen ist sie aber nicht möglich.<br />
Merkmale<br />
Abb. 2 7 Ptosis<br />
Prä- <strong>und</strong> postnatales Wachstum<br />
Kinder mit FAS sind bei der Geburt kleiner <strong>und</strong> leichter als gleichaltrige ges<strong>und</strong>e Kinder. Das geringe<br />
Gewicht ist mitbedingt durch die Muskelhypotrophie <strong>und</strong> das schwach entwickelte subkutane<br />
Fettgewebe. Die 7 intrauterine Wachstumsverzögerung wird postnatal gelegentlich aufgeholt. Jugendliche<br />
mit dem Vollbild des FAS allerdings erreichen oft eine geringere Körperhöhe (Mädchen<br />
Abb. 3 8 Malformation der Ohrmuschel<br />
Unter einer geistigen Entwicklungsverzögerung<br />
leiden etwa 90% aller<br />
betroffenen Kinder<br />
7 Raum- <strong>und</strong> Formwahrnehmung<br />
7 Schmerzunempfindlichkeit<br />
7 Sprachentwicklungsstörung<br />
858 | Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007<br />
Abb. 4 8 Haaraufstrich<br />
Ventrikel- <strong>und</strong> Vorhofseptumdefekte finden sich bei einem Drittel der Kinder mit FAS. Ähnlich häufig<br />
sind Genitalfehlbildungen. Nierenfehlbildungen zeigt jedes 10. Kind mit FAS.<br />
Bei Kindern mit FAS <strong>und</strong> partiellem FAS findet sich ein hirnorganisch bedingtes komplexes, sehr<br />
variables Muster von neuropsychologischen <strong>und</strong> psychopathologischen Auffälligkeiten. Unter einer<br />
geistigen Entwicklungsverzögerung leiden etwa 90% aller betroffenen Kinder. Die neuropsychologischen<br />
<strong>und</strong> psychopathologischen Auffälligkeiten korrelieren nicht mit den sonstigen körperlichen<br />
Veränderungen <strong>und</strong> können trotz eines äußerlich unauffälligen Erscheinungsbildes stark ausgeprägt<br />
sein.<br />
Wahrnehmung, Sprache <strong>und</strong> Motorik<br />
Die Wahrnehmungsfähigkeit kann in allen Bereichen beeinträchtigt sein. Die Kinder mit FAS sind<br />
weniger aufnahmefähig. Sie zeigen eine Verminderung der 7 Raum- <strong>und</strong> Formwahrnehmung <strong>und</strong><br />
haben Schwierigkeiten bei der Wort- <strong>und</strong> der Figurenerkennung. Neben der visuellen können auch<br />
die haptische <strong>und</strong> die akustische Perzeption gestört sein. So zeigen sich viele Kinder überempfindlich<br />
gegenüber leichten Berührungen (Textilnaht, Wassertropfen). Obwohl sie selbst recht laut sein<br />
können, erschrecken sie fremde Geräusche oft übermäßig (Hyperakusis). Die meisten Kinder mit<br />
FAS sind zugleich auffallend 7 schmerzunempfindlich. Sie bemerken selbst stärkere Verletzungen<br />
nicht <strong>und</strong> können schon deshalb aus ihnen keine Verhaltensänderung oder vermehrte Vorsicht ableiten.<br />
Auch das Wärme- <strong>und</strong> das Kälteempfinden sind gestört. Die von den Kindern selbst gewählte<br />
Kleidung entspricht häufig nicht der Witterung. Hunger- oder Sättigungsgefühle fehlen oft. Nur bei<br />
einem Teil der betroffenen Kinder normalisieren sich diese Störungen im Altersverlauf.<br />
Kinder mit FAS zeigen mehrheitlich 7 Sprachentwicklungsstörungen. Verzögert ist v. a. der Erwerb<br />
F des Wortschatzes,<br />
F der Artikulation <strong>und</strong><br />
F der Syntax.
Redefluss <strong>und</strong> Sprachantrieb wirken schwach. Nur in Einzelfällen überdauert diese Störung bis in das<br />
Schulalter. Während also das Sprechen bald keine Schwierigkeiten mehr bereitet <strong>und</strong> die Kinder mit<br />
einem umfangreichen Wortschatz <strong>und</strong> einem starken Redebedürfnis verblüffen, bleiben die Grenzen<br />
beim Verstehen oft weiterhin eng.<br />
Bei einer angeborenen Muskelhypotonie <strong>und</strong> gestörten zerebellären Funktionen kann die statomotorische<br />
Entwicklung verzögert sein. In Einzelfällen nehmen die Kinder durch ihre 7 feinmotorische<br />
Ungeschicklichkeit eine Außenseiterposition ein. Sie entwickeln dagegen nicht selten besonders<br />
gute grobmotorische Fähigkeiten, wobei sie sich beim Laufen, Radfahren oder Klettern allerdings<br />
leicht überschätzen.<br />
Kognitive Störungen<br />
Zu den Merkmalen von FAS <strong>und</strong> partiellem FAS gehören die teils erheblichen kognitiven Defizite<br />
der betroffenen Kinder. Die 7 Intelligenz ist vermindert. Festzustellen ist dabei in gängigen Testverfahren<br />
eine sehr homogene Senkung von Handlungs- <strong>und</strong> Verbal-IQ. Insgesamt liegt der IQ unserer<br />
Münsteraner Stichprobe bei 75 (Normwert 100±15), was bereits den ersten Beobachtungen von Lemoine<br />
et al. [6] entspricht. Die intellektuellen Leistungseinbußen zeigen sich v. a.<br />
F im logischen Denken,<br />
F beim Lösen komplexer Aufgaben,<br />
F beim Rechnen <strong>und</strong><br />
F im kombinatorischen Denken.<br />
Abstraktionen, das Erlernen von Regeln <strong>und</strong> das Erfassen von Sinnzusammenhängen sind erschwert<br />
oder sogar ganz unmöglich. Eigene Spielideen entwickeln die Kinder meist nicht, sondern ahmen die<br />
Spiele anderer Kinder nach. Wenn Kinder oder Jugendliche mit FAS erzählen sollen, was sie erlebt<br />
haben, was andere Personen gemacht haben oder auch, wie es zu diesem Unfall oder jenem Konflikt<br />
kam, weichen sie oft aus, erzählen widersprechende oder der Fantasie entsprungene Versionen. Sie<br />
tun das nicht, um etwas zu verbergen, sondern, weil sie tatsächlich nicht verstanden haben, was geschehen<br />
ist <strong>und</strong> ihnen auch der Ablauf des Geschehens unklar blieb.<br />
Die 7 Merkfähigkeit bei Kindern mit FAS ist, Kurz- <strong>und</strong> Langzeitgedächtnis betreffend, deutlich<br />
verringert. Das schlechte Kurzzeitgedächtnis behindert die Kinder zugleich in der Lernfähigkeit, was<br />
u. a. zu den sehr häufigen Problemen beim Verstehen <strong>und</strong> Mitarbeiten in der Schule führt. Sollen die<br />
Kinder Neues lernen, vergessen sie zuvor eingeübte Lerninhalte (Interferenzeffekt). Lerninhalte bauen<br />
bei ihnen also nicht aufeinander auf, gelernte Lösungen können nicht auf andere Anwendungsgebiete<br />
übertragen werden. Auch im familiären Miteinander können die Kinder trotz häufiger Wiederholungen<br />
<strong>und</strong> Erklärungen viele alltägliche Handlungen nicht selbstständig ausführen. Sie müssen<br />
vielmehr täglich an ihre Aufgaben erinnert werden, brauchen selbst dann noch Anleitung <strong>und</strong><br />
Kontrolle. Alltagsrituale werden nur mühsam gelernt, <strong>und</strong> nach kurzer Unterbrechung, etwa nach<br />
einer Urlaubsreise, sind sie oft vergessen.<br />
<strong>Alkohol</strong>geschädigte Kinder haben ganz überwiegend eine stark 7 verminderte Konzentrationsfähigkeit.<br />
Sie sind nur kurzzeitig aufmerksam <strong>und</strong> interessiert, sie sind leicht ablenkbar <strong>und</strong> reagieren<br />
verlangsamt. Sie bringen Spiele, bei denen Geduld erforderlich ist, nicht zu Ende <strong>und</strong> lassen sich<br />
kaum lange von einer Beschäftigung einnehmen. Entsprechend können sie Verabredungen nicht einhalten<br />
<strong>und</strong> Aufträge nicht gut ausführen.<br />
Die von uns untersuchten Kinder mit FAS besuchen mehrheitlich (67%) eine Förderschule. Dagegen<br />
ist nur ein Viertel der Kinder mit partiellem FAS in einer solchen Einrichtung, obwohl beide<br />
Gruppen übereinstimmend einen Durchschnitts-IQ von 75 erreichen <strong>und</strong> somit gleicher Förderbedarf<br />
besteht.<br />
Soziale <strong>und</strong> emotionale Störungen<br />
Belastender als die mehr oder minder ausgeprägten intellektuellen Einschränkungen sind die emotionalen<br />
Auffälligkeiten <strong>und</strong> Verhaltensstörungen bei fast allen Kindern mit FAS. 7 Hyperaktivität<br />
etwa findet sich bei keinem Fehlbildungssyndrom so häufig wie bei FAS [8]. Merkmale sind:<br />
F ständige motorische Unruhe,<br />
F Nervosität,<br />
F sehr kurzfristiges Interesse an einer Aufgabe oder schneller Wechsel von einem Spielzeug zum<br />
nächsten,<br />
CME<br />
7 Feinmotorische<br />
Ungeschicklichkeit<br />
7 Intelligenz<br />
Abstraktionen, das Erlernen von Regeln<br />
<strong>und</strong> das Erfassen von Sinnzusammenhängen<br />
sind erschwert oder<br />
ganz unmöglich<br />
7 Merkfähigkeit<br />
Gelernte Lösungen Lösungen können können nicht auf<br />
andere Anwendungsgebiete übertragen<br />
werden<br />
7 Verminderte<br />
Konzentrationsfähigkeit<br />
7 Hyperaktivität<br />
Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007 |<br />
859
Eine kleine Minderheit von von Kindern Kindern<br />
mit FASD verhält sich antriebslos antriebslos <strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
sehr still<br />
Kinder Kinder mit FAS zeigen zeigen kein natürliches<br />
Misstrauen <strong>und</strong> suchen spontan<br />
die Nähe auch unbekannter erwachsener<br />
Personen<br />
7 Anhänglichkeit<br />
7 Fehlendes soziales „Feingefühl“<br />
Von FAS betroffene Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
sind meist außerordentlich<br />
hilfsbereit, aber auch naiv, leichtgläubig<br />
<strong>und</strong> verleitbar<br />
Jugendliche Jugendliche mit FAS sind spontan<br />
nicht häufiger delinquent als ihre Altersgenossen,<br />
lassen sich aber leichter<br />
<strong>und</strong> stets unwissentlich für kriminelle<br />
Zwecke einspannen<br />
860 | Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007<br />
F Ungehemmtheit <strong>und</strong><br />
F Impulsivität im Sozialverhalten.<br />
Die Kinder sind leicht ablenkbar <strong>und</strong> zeigen häufig Aufmerksamkeit heischendes Verhalten. In der<br />
Schule fallen sie auf, weil sie nicht still sitzen können <strong>und</strong> ständig <strong>und</strong>iszipliniert sind. Die Affekte<br />
können vom Kind nur schwer kontrolliert werden, Frustrationen werden nicht leicht toleriert.<br />
Eine kleine Minderheit von Kindern mit FAS oder partiellem FAS verhält sich dagegen antriebslos<br />
<strong>und</strong> sehr still. Die Kinder können lange Zeit verharren, ohne Reize zu suchen oder Unzufriedenheit<br />
aufzuweisen. Sie zeigen kaum spontanes Verhalten, für fast alle Verrichtungen des Alltags brauchen<br />
sie eine Anweisung. Sie folgen dann willig, können von allein aber nicht in die gewünschte Situation<br />
finden oder sie wieder verlassen.<br />
Die Risiken des eigenen Verhaltens, beim Spielen z. B., können nicht eingeschätzt werden. Die<br />
natürliche Angst vor Gefahren fehlt im Allgemeinen. Die Kinder sind waghalsig, übermütig, geraten<br />
im Straßenverkehr oder beim Klettern in gefährliche Situationen. Im Gegensatz zu anderen Kindern<br />
scheinen die Kinder mit FAS aber selbst aus schlechten Erfahrungen nicht zu lernen. Auffälliges<br />
Merkmal bei der Mehrzahl der Kinder ist ein geringes Distanzgefühl. Sie zeigen kein natürliches<br />
Misstrauen <strong>und</strong> suchen spontan die Nähe auch unbekannter erwachsener Personen. Ihre Kontaktsuche<br />
ist meist anschmiegsam. Kinder mit FAS gehen unbefangen auch auf andere Kinder zu. Dabei<br />
sind sie distanzlos <strong>und</strong> 7 anhänglich, nicht selten halten sie sich an anderen Kindern oder deren<br />
Kleidung fest, um deren Spiel mitverfolgen zu können. Da sie also 7 kein soziales „Feingefühl“<br />
aufbringen können, werden sie nicht akzeptiert <strong>und</strong> schnell abgelehnt. Kinder <strong>und</strong> auch Jugendliche<br />
mit FAS können soziale Beziehungen nicht adäquat einschätzen. Nicht selten stellen sie eine Person,<br />
die sie soeben kennen gelernt haben, als „besten Fre<strong>und</strong>“ vor.<br />
Von gleichaltrigen Spielkameraden werden die Kinder mit FAS oft abgelehnt, weil sie die Spiele<br />
nicht verstehen, nach kurzer Zeit die Lust am Spiel verlieren oder dieses impulsiv stören. Viele ältere<br />
Kinder <strong>und</strong> auch noch Jugendliche mit FAS spielen lieber mit deutlich jüngeren Kindern, da sie<br />
der Überforderung durch den Kontakt mit Gleichaltrigen entgehen möchten. Im Verlauf der Pubertät<br />
bemühen sich die Jugendlichen mit FAS dagegen wieder um altersgerechte Kontakte <strong>und</strong> geraten<br />
hier vielfältig in Konflikte. Sie suchen die Nähe zu Gleichaltrigen, um Gefallen <strong>und</strong> Zuwendung zu<br />
finden, <strong>und</strong> nehmen dabei oft unbeirrbar Rückschläge, Ablehnung <strong>und</strong> Spott in Kauf.<br />
Die betroffenen Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen sind überwiegend außerordentlich hilfsbereit, aber auch<br />
naiv, leichtgläubig <strong>und</strong> verleitbar; sie können die Konsequenzen ihres sozialen Handelns oft nicht abschätzen.<br />
Sie begegnen anderen Kindern <strong>und</strong> selbst Fremden vertrauensselig. Aufgr<strong>und</strong> ihrer Leichtgläubigkeit<br />
geraten sie immer wieder in unangenehme Situationen, deren Konsequenzen sie nicht<br />
verstehen. Auch Jugendliche mit FAS sind gefährdet, da sie Fremden arglos begegnen <strong>und</strong> nicht fähig<br />
sind, fremde Absichten zu durchschauen. Auf ein fre<strong>und</strong>liches Wort hin leisten sie gern Folge,<br />
ohne erfassen zu können, was mit ihnen geschieht, <strong>und</strong> ohne zu bemerken, dass ihr Vertrauen ausgenutzt<br />
wird. Mädchen mit FAS, die auf fremde Zuwendung gutgläubig antworten, zuweilen selbst<br />
in sexualisierter Weise Kontakt suchen, sind in besonderem Maß gefährdet. Leicht verführbar sind<br />
auch die Jungen, die sich Gleichaltrigen anschließen wollen. Jugendliche mit FAS sind spontan nicht<br />
häufiger delinquent als ihre Altersgenossen, lassen sich aber leichter <strong>und</strong> stets unwissentlich für kriminelle<br />
Zwecke einspannen. Oft reicht der Hinweis: „Wenn du mein Fre<strong>und</strong> sein willst, dann...“ Die<br />
betroffenen Jugendlichen sind dann Mitläufer, nicht Initiatoren der Handlung (überwiegend Diebstahl,<br />
Sachbeschädigung), stehen für die anderen „Schmiere“. Werden sie von Erwachsenen zur Verantwortung<br />
gezogen, können sie das eigene Handeln weder verstehen noch erklären. Entsprechend<br />
geraten sie bald erneut in vergleichbare Schwierigkeiten. Meist eskaliert ein Wechselspiel von immer<br />
empörterem Strafen der Autorität <strong>und</strong> wachsender Hilflosigkeit <strong>und</strong> Verzweiflung der betroffenen<br />
Jugendlichen <strong>und</strong> jungen Erwachsenen.<br />
Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der intrauterinen <strong>Alkohol</strong>exposition <strong>und</strong> dem späteren<br />
<strong>Alkohol</strong>konsum von Jugendlichen <strong>und</strong> jungen Erwachsenen mit FAS ist nicht nachzuweisen.<br />
Dass <strong>Alkohol</strong>missbrauch von ihnen häufiger berichtet wird, ist auf das fehlende Risikobewusstsein<br />
<strong>und</strong> v. a. ihre leichte Verleitbarkeit zurückzuführen, da sie Konsumangebote aus dem sozialen Umfeld<br />
nicht ablehnen können.
Abb. 5 8 Diastemata<br />
Differenzialdiagnose<br />
Die wesentlichen pathomorphologischen Merkmale sind:<br />
F die allgemeine Hypotrophie,<br />
F die Dystrophie <strong>und</strong><br />
F die Hypoplasie.<br />
Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind andere Formen intrauteriner Hypotrophie, die allerdings<br />
bei weitem seltener sind als das FAS. Zu denken ist an das 7 Cornelia-de-Lange-Syndrom mit Kleinwuchs,<br />
Mikrozephalie, häufigen Herzfehlern <strong>und</strong> den FAS-ähnlichen Gesichtsfehlbildungen, das jedoch<br />
in dem viel kräftigeren Haupthaar <strong>und</strong> der starken Synophrys vom FAS abweicht.<br />
Kinder mit FAS oder partiellem FAS werden aufgr<strong>und</strong> ihrer sozialen <strong>und</strong> emotionalen Auffälligkeiten<br />
nicht selten psychiatrisch oder psychologisch diagnostiziert. Festgestellt wird dann eine – oft<br />
tatsächlich bestehende – 7 Deprivationssymptomatik, die sich allerdings nach Interventionen (Inobhutnahme,<br />
Aufnahme in eine Pflegefamilie) bessert, während die FAS-Symptomatik sistiert.<br />
Andere häufig gestellte Diagnosen sind ADHS, Bindungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen,<br />
Autismus <strong>und</strong> kindliche Schizophrenie.<br />
Hilfen für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />
Abb. 6 8 Verkürztes Fingerendglied<br />
Verlaufsstudien zufolge ist die Entwicklung der betroffenen Kinder günstiger, wenn die Diagnose FAS<br />
frühzeitig gestellt wird [14]. Vielfältige Untersuchungen <strong>und</strong> Therapieversuche können vermieden<br />
werden, geeignete Betreuungsmaßnahmen können frühzeitig angebahnt werden. Biografische Brüche<br />
<strong>und</strong> Missbrauchserfahrungen sind seltener.<br />
Systematische Erkenntnisse über das Schicksal nichtdiagnostizierter Jugendlicher <strong>und</strong> junger Erwachsener<br />
mit FAS liegen noch nicht vor. Werden in der Sprechst<strong>und</strong>e der Verfasser junge Erwachsene<br />
mit FAS oder partiellem FAS vorgestellt, berichten diese vereinzelt von bereits erfolgten Haftstrafen<br />
oder Prostitutionserfahrungen. Der Versuch, sich in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern,<br />
ist meist bereits mehrfach gescheitert.<br />
CME<br />
7 Cornelia-de-Lange-Syndrom<br />
7 Deprivationssymptomatik<br />
FAS wird wird oft als ADHS, ADHS, Bindungsstörung,<br />
Persönlichkeitsstörung, Autismus<br />
oder kindliche Schizophrenie<br />
fehldiagnostiziert<br />
Eine frühzeitige Diagnose <strong>und</strong> entsprechende<br />
Maßnahmen sind prognostisch<br />
wichtig<br />
Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007 |<br />
861
Nicht selten droht das Kind in der<br />
Schule <strong>und</strong> unter Spielkameraden<br />
isoliert zu werden<br />
Der Versuch einer medikamentösen<br />
Therapie, meist mit Methylphenidat®,<br />
sollte nicht hinausgezögert werden<br />
7 Risperidon<br />
FAS ist nicht heilbar<br />
7 Verhaltenstherapie<br />
Kinder <strong>und</strong> Jugendliche mit mit FAS sind<br />
in der Psychotherapie gutwillig <strong>und</strong><br />
kooperativ, können aber ihre Zusagen<br />
meist nicht einhalten<br />
Erfolg Erfolg verspricht das Stellen von den<br />
Fähigkeiten angemessenen Aufgaben Aufgaben<br />
7 Ritualisierte<br />
Alltagsverrichtungen<br />
Kinder <strong>und</strong> Jugendliche mit FAS benötigen<br />
sehr klare Strukturen <strong>und</strong><br />
einfache Verhaltensanweisungen<br />
862 | Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007<br />
Medikamentöse Behandlung<br />
Hyperaktive Kinder brauchen zur sensorischen Stimulation immer neue, schnell wechselnde Reize.<br />
Diese müssen möglichst stark sein, entsprechend sind viele Kinder mit FAS nicht nur ständig in Bewegung,<br />
sondern toben ausdauernd <strong>und</strong> gefährden sich oder andere Kinder. Aufgr<strong>und</strong> dieses Verhaltens<br />
können sich Kinder mit FAS nicht gut am meist ruhigeren Spiel anderer Kinder beteiligen.<br />
Sie stören oder unterbrechen <strong>und</strong> werden recht schnell von anderen Kindern ausgeschlossen. Nicht<br />
selten droht das Kind in der Schule <strong>und</strong> unter Spielkameraden isoliert zu werden.<br />
Der Bewegungsdrang gepaart mit dem fehlenden Risikobewusstsein bringt die Kinder in Gefahr.<br />
Verletzungen sind häufig, die Kinder müssen ständig überwacht werden. Der erhöhte Betreuungsaufwand,<br />
die vermehrte Sorge um das Kind <strong>und</strong> dessen ständiges Bemühen um die Aufmerksamkeit<br />
anderer belastet die Familie erheblich <strong>und</strong> führt nicht selten zu Konflikten zwischen den (Pflege- oder<br />
Adoptiv-)Eltern oder zu Klagen der weniger beachteten anderen Kinder. Gelegentlich müssen sich<br />
Pflegeeltern vom Kind mit FAS trennen, um den Familienzusammenhalt zu wahren.<br />
Der Versuch einer medikamentösen Therapie, zumeist mit Methylphenidat®, ist sicherlich zu<br />
rechtfertigen <strong>und</strong> sollte nicht in der Hoffnung auf eine spontane Veränderung beim Kind hinausgezögert<br />
werden. Von typischen Neuroleptika wie Promethazin (Atosil®) oder Pipamperon (Dipiperon®)<br />
scheinen Kinder mit FAS seltener zu profitieren. Aggressionen <strong>und</strong> Impulsdurchbrüche können<br />
mit 7 Risperidon (Risperdal®) deutlich abgeschwächt werden.<br />
Weitere therapeutische Hilfen<br />
Die Entwicklungsstörungen der Wahrnehmung, Sprache <strong>und</strong> Motorik bei Kindern mit FAS erfordern<br />
frühzeitige Förderung <strong>und</strong> teils auch therapeutische Maßnahmen (Ergotherapie, Logopädie).<br />
FAS ist jedoch nicht heilbar, <strong>und</strong> elterliche sowie professionelle Erwartungen bezüglich des Erfolgs<br />
der Therapiemaßnahmen sollten das berücksichtigen.<br />
Psychotherapeutische <strong>und</strong> psychiatrische Maßnahmen sollten 7 verhaltenstherapeutisch orientiert<br />
sein <strong>und</strong> v. a. das Verhalten der Kinder in Konfliktsituationen fokussieren. Sie sind in der Praxis<br />
jedoch oft wenig erfolgreich. Kinder <strong>und</strong> Jugendliche mit FAS sind in der Psychotherapie gutwillig<br />
<strong>und</strong> kooperativ. Sie können allerdings ihre Zusagen meist nicht einhalten, weil sie diese nach<br />
kurzer Zeit vergessen oder nicht verstanden haben, was von ihnen gewünscht wird. Obwohl anderes<br />
„besprochen“ oder „erarbeitet“ war, reagieren die Kinder oder Jugendlichen in der nächsten Situation<br />
– unabsichtlich – wieder in der unerwünschten Weise <strong>und</strong> enttäuschen die anfänglichen Erwartungen.<br />
Ist auf therapeutischer Seite nicht bekannt, dass eine hirnorganische Störung vorliegt, wird<br />
dem Kind oder Jugendlichen mit FAS bisweilen unterstellt, therapieunwillig zu sein oder den Therapeuten<br />
verspotten zu wollen. Die Therapie wird von professioneller Seite dann abgebrochen <strong>und</strong><br />
gerät so für das betroffene Kind nur zu einer weiteren Erfahrung des eigenen Scheiterns <strong>und</strong> fremder<br />
Ablehnung.<br />
Hilfen im Alltag<br />
Viele starke emotionale Reaktionen des Kindes oder Jugendlichen auf gestellte Aufgaben geschehen<br />
nicht aus Unwillen oder Trägheit. Die Betroffenen spüren vielmehr selbst, dass sie den Anforderungen<br />
nicht gewachsen sind. Wird die Überforderung beendet, werden den Fähigkeiten angemessene<br />
Aufgaben gestellt <strong>und</strong> etwa eine geeignete Form der Beschulung gef<strong>und</strong>en, leben die Kinder auf,<br />
werden gelassener <strong>und</strong> verträglicher.<br />
Kinder <strong>und</strong> Jugendliche mit FAS benötigen sehr klare Strukturen <strong>und</strong> einfache Verhaltensanweisungen.<br />
Eine vorgegebene Alltagsstruktur mit 7 ritualisierten Alltagsverrichtungen <strong>und</strong> gleichförmigem<br />
Verlauf sollte überdauernd <strong>und</strong> ohne spontane Änderung gewährleistet werden. Sie wird von<br />
den Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen mit FAS als sehr hilfreich erfahren <strong>und</strong> führt zu Verbesserungen im<br />
Sozialverhalten. Die Betroffenen fühlen sich darin sicher <strong>und</strong> vor Überforderungen geschützt. Auch<br />
bei den alltäglichen Aufgaben brauchen sie allerdings weiterhin Anleitung <strong>und</strong> Kontrolle. Dagegen<br />
reagieren Kinder mit FAS auf Veränderungen des Alltagsablaufs <strong>und</strong> der Umgebung oft mit Unruhe<br />
<strong>und</strong> Angst. Meist bleiben vorgegebene Strukturen <strong>und</strong> Anleitung auch im Jugend- <strong>und</strong> jungen Erwachsenenalter<br />
notwendig, damit die jungen Erwachsenen vor fremdem Missbrauch <strong>und</strong> Gesetzes-
konflikten beschützt bleiben. Jugendliche mit FAS benötigen also in vielen Fällen dauerhafte Betreuung,<br />
so z. B. in einer 7 vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe.<br />
Korrespondenzadresse<br />
Dr. R. Feldmann<br />
Universitätskinderklinik Münster<br />
Albert-Schweitzer-Straße 33, 48149 Münster<br />
reinhold.feldmann@ukmuenster.de<br />
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.<br />
Literatur<br />
1. Abel EL (1998) Fetal alcohol abuse<br />
syndrome. Plenum Press, New York<br />
London<br />
2. Astley SJ (2004) Diagnostic guide<br />
for fetal alcohol spectrum disorders:<br />
the 4-digit diagnostic code, 3rd edn.<br />
University of Washington Publication<br />
Services, Seattle<br />
3. Hanson JW, Streissguth AP, Smith<br />
DW (1978) The effects of moderate<br />
alcohol consumption during pregnancy<br />
on foetal growth and morphogenesis.<br />
J Paediatr 92: 457–460<br />
4. Jones KL, Smith DW (1973) Recognition<br />
of the fetal alcohol syndrome in<br />
early infancy. Lancet 2: 999–1001<br />
5. Lamache AM (1967) Réflexions sur la<br />
descendance alcooliques. Bull Acad<br />
Natl Med 151: 517–524<br />
6. Lemoine P, Harousseau H, Borteyru<br />
JP et al. (1968) Les enfants de parents<br />
alcooliques. Anomalies observeés<br />
à propos de 127 cas. Quest Med<br />
25: 476–482<br />
7. Löser H (1991) <strong>Alkohol</strong>effekte <strong>und</strong><br />
Schwachformen der <strong>Alkohol</strong>embryopathie.<br />
Dtsch Ärztebl 88: 1921–1929<br />
8. Löser H (1995) <strong>Alkohol</strong>embryopathie<br />
<strong>und</strong> <strong>Alkohol</strong>effekte. Fischer, Stuttgart<br />
CME.springer.de<br />
Zertifizierte Fortbildung fur Ärzte<br />
Aktuelle CME-Beiträge für Sie zusammengestellt<br />
Im CME.Center auf CME.springer.de stehen online über 250 aktuelle <strong>und</strong> mit jeweils 3 Punkten<br />
zertifizierte Fortbildungseinheiten zur Verfügung. Aus dem Bereich Pädiatrie haben wir für Sie<br />
eine Auswahl aktueller CME-Beiträge zusammengestellt:<br />
F Übergewicht <strong>und</strong> Adipositas im Kindes-<br />
<strong>und</strong> Jugendalter<br />
von: A. Rauh-Pfeiffer <strong>und</strong> B. Koletzko<br />
F Impfungen gegen humanes Papillomvirus<br />
bei Jugendlichen<br />
von: P. Hillemanns <strong>und</strong> M. Dürst<br />
F Lysosomale Speicherkrankheiten<br />
von: M. Beck<br />
F Tuberkulose bei Kindern erkennen <strong>und</strong><br />
behandeln<br />
von: K. Magdorf<br />
F Lebertransplantation im Säuglingsalter<br />
von: E. Grabhorn, M. Burdelski <strong>und</strong><br />
R. Ganschow<br />
Haben Sie Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e<br />
bereits abonniert? In diesem Fall ist die<br />
Teilnahme an den Fortbildungseinheiten<br />
Ihrer Zeitschrift für Sie bereits im<br />
Abonnementpreis enthalten.<br />
9. Löser H (1999) <strong>Alkohol</strong> <strong>und</strong> <strong>Schwangerschaft</strong><br />
– <strong>Alkohol</strong>effekte bei Embryonen,<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen.<br />
In: Singer MV, Teyssen S (Hrsg) <strong>Alkohol</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Alkohol</strong>folgekrankheiten –<br />
Gr<strong>und</strong>lagen – Diagnostik – Therapie.<br />
Springer, Berlin Heidelberg New<br />
York, S 431–451<br />
10. Majewski F (1980) Untersuchungen<br />
zur <strong>Alkohol</strong>embryopathie. Thieme,<br />
Stuttgart New York.<br />
11. Majewski F (1987) <strong>Alkohol</strong>: Wieviel<br />
ist schädlich? Gynäkologie 20: 106–<br />
113<br />
Unabhängig von einem Zeitschriftenabonnement<br />
ermöglichen Ihnen CME.Tickets<br />
die Teilnahme an allen CME-Beiträgen auf<br />
CME.springer.de<br />
Wählen Sie Ihre Wunschthemen aus <strong>und</strong><br />
punkten Sie online!<br />
Bei Fragen hilft Ihnen unser Helpdesk<br />
unter CME@springer.com gerne weiter.<br />
CME.springer.de<br />
CME<br />
7 Vollstationäre Einrichtung der<br />
Behindertenhilfe<br />
Infobox: Internetadressen<br />
F http://www.fasworld.de<br />
F http://www.faskinder.de<br />
12. May PA, Gossage JP (2001) Estimating<br />
the prevalence of fetal alcohol<br />
syndrome: a summary. Alcohol Res<br />
Health 25: 153–158<br />
13. Streissguth AP, Hase JM, Clarren SK<br />
et al. (1991) Fetal alcohol syndrome<br />
in adolescents and adults. J Am Med<br />
Assoc 265: 1961–1967<br />
14. Streissguth AP, Bookstein FL, Barr HM<br />
et al. (2004) Risk factors for adverse<br />
life outcomes in fetal alcohol syndrome<br />
and fetal alcohol effects. Dev<br />
Behav Pediatr 25: 228–238
CME-Fragebogen<br />
Bitte beachten Sie:<br />
F Antwortmöglichkeit nur online unter: CME.springer.de<br />
F Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt.<br />
F Es ist immer nur eine Antwort möglich.<br />
Wie hoch ist die Inzidenz des<br />
FAS nach aktuellen Schätzungen?<br />
1:200.<br />
1:300.<br />
1:500.<br />
1:650.<br />
1:1000.<br />
Welcher <strong>Alkohol</strong>konsum der<br />
Schwangeren kann dem Kind<br />
schaden?<br />
Nur abhängiger Konsum.<br />
Nur exzessive Trinkereignisse,<br />
Rausch.<br />
Jeder Konsum, eine Schwellendosis<br />
besteht nicht.<br />
Nur hochprozentige <strong>Alkohol</strong>ika<br />
schaden.<br />
Ein abendliches Glas Wein ist<br />
eher förderlich.<br />
Welche der nachfolgenden<br />
Schädigungen wird durch <strong>Alkohol</strong>konsum<br />
in der <strong>Schwangerschaft</strong><br />
nicht bewirkt?<br />
Minderwuchs.<br />
Mikrozephalie.<br />
Faziale Veränderungen, auch<br />
Augen <strong>und</strong> Ohren betreffend.<br />
Pigmentanomalien.<br />
Kognitive Defizite.<br />
Welches kindliche Organ wird<br />
durch den <strong>Alkohol</strong>konsum in<br />
der <strong>Schwangerschaft</strong> am häufigsten<br />
geschädigt?<br />
Herz.<br />
Gehirn.<br />
Nieren.<br />
Wirbelsäule.<br />
Haut.<br />
Der durchschnittliche Intelligenzquotient<br />
von Kindern mit<br />
FAS liegt bei...<br />
65.<br />
75.<br />
95.<br />
105.<br />
115.<br />
Welche Verhaltensweise des<br />
Kindes unterscheidet FAS von<br />
ADHS?<br />
Hyperaktivität.<br />
Impulsivität.<br />
Leichte Ablenkbarkeit.<br />
Leichtgläubigkeit.<br />
Lernprobleme.<br />
Welche Antwort trifft zu?<br />
Kinder mit FAS sind vorsichtig<br />
<strong>und</strong> meiden Gefahren.<br />
Kinder mit FAS lernen aus Erfahrung<br />
nicht <strong>und</strong> wiederholen<br />
deshalb gefährliche Handlungen.<br />
Kinder mit FAS neigen vermehrt<br />
zu Delinquenz.<br />
Kinder mit FAS sind eher distanziert<br />
<strong>und</strong> gehen kaum auf<br />
fremde Menschen zu.<br />
Kinder mit FAS vertrauen anderen<br />
nicht leicht <strong>und</strong> sind<br />
eher feindselig eingestellt.<br />
Welche Hilfe für Kinder mit FAS<br />
ist im Alltag unbedingt notwendig?<br />
Gründliche Erklärung, warum<br />
ein Verhalten nicht erwünscht<br />
ist.<br />
Vertrauen in die Lernfähigkeit<br />
der Kinder.<br />
Häufig wechselndes Angebot<br />
an Beschäftigungen.<br />
Anregende Änderungen in der<br />
Tagesstruktur.<br />
Wiederholte Anleitung <strong>und</strong><br />
Aufsicht auch bei alltäglichen<br />
Aufgaben.<br />
Die Pflegeeltern eines 8-jährigen<br />
Mädchens mit FAS beklagen<br />
die unermüdliche Hyperaktivität<br />
des Kindes, die in der<br />
Schule <strong>und</strong> in der Familie zu erheblichen<br />
Einschränkungen<br />
führt. Die Eltern fragen nach<br />
„dem Medikament gegen Hyperaktivität“.<br />
Sie antworten:<br />
Eine entsprechende Medikation<br />
ist meist hilfreich <strong>und</strong> soll<br />
aufgr<strong>und</strong> der aktuellen Belastung<br />
versucht werden.<br />
Methylphenidat <strong>und</strong> Atomoxetin<br />
eignen sich nur bei Kindern<br />
mit ADHS.<br />
FAS-Kinder beruhigen sich bei<br />
liebevoller Zuwendung.<br />
Eine entsprechende Medikation<br />
ist sinnvoll, wenn nach Zuwarten<br />
eine spontane Besserung<br />
ausbleibt.<br />
FAS ist eine hirnorganische<br />
Schädigung. Eine Medikation<br />
ist nicht sinnvoll.<br />
Die Adoptiveltern eines 10jährigen<br />
Jungen mit FAS berichten<br />
von großen Schwierigkeiten<br />
bei der Erziehung des<br />
Kindes. Zu Hause ist der Junge<br />
ungehemmt <strong>und</strong> impulsiv, beschimpft<br />
die Eltern <strong>und</strong> seine<br />
jüngere Schwester. In der Schule<br />
<strong>und</strong> bei Fre<strong>und</strong>en ist er dagegen<br />
angepasst <strong>und</strong> folgsam.<br />
Wie reagieren Sie?<br />
Das Verhalten des Jungen<br />
weist auf Erziehungsdefizite<br />
der Eltern hin. Ich empfehle<br />
vorsichtig eine Erziehungsberatung.<br />
Paarberatung erscheint sinnvoller,<br />
denn das Kind reagiert<br />
aggressiv auf Partnerschaftsprobleme<br />
der Eltern.<br />
Auch in der Sprechst<strong>und</strong>e ist<br />
der Junge fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> zugewandt.<br />
Die Eltern sind offenbar<br />
zu empfindlich gegenüber<br />
normalem Verhalten<br />
eines Jungen. Ich empfehle<br />
Gelassenheit.<br />
Auch in fremder Umgebung<br />
angepasste Kinder mit FAS<br />
neigen in vertrauter Umgebung<br />
meist zu ungehemmtem<br />
Verhalten <strong>und</strong> Impulsivität. Ich<br />
gehe zunächst nicht von Erziehungsfehlern<br />
aus.<br />
Offensichtlich fühlt sich das Adoptivkind<br />
in der Familie nicht<br />
angenommen. Ich empfehle<br />
mehr Zuwendung <strong>und</strong> Aufmerksamkeit<br />
für den Jungen.<br />
Diese Fortbildungseinheit ist<br />
12 Monate auf<br />
CME.springer.de verfügbar.<br />
Den Einsendeschluss erfahren<br />
Sie unter CME.springer.de<br />
Bis zum 1. November 2007 ist<br />
die Teilnahme an dieser Fortbildungseinheit<br />
für alle Leser<br />
kostenlos.<br />
CME<br />
kostenlos<br />
testen<br />
bis 1.11.2007<br />
D Mitmachen, weiterbilden <strong>und</strong> CME-Punkte sichern durch die Beantwortung der Fragen im Internet unter CME.springer.de<br />
864 | Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007<br />
Hinweis für Leser aus Österreich<br />
Gemäß dem Diplom-Fortbildungs-Programm (DFP) der Österreichischen<br />
Ärztekammer werden die auf CME.springer.de erworbenen CME-Punkte<br />
hierfür 1:1 als fachspezifische Fortbildung anerkannt.