weiter... Das WBS Magazin 1/2010 - WBS Training AG
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1/<strong>2010</strong><br />
ISSN 1865-150X<br />
<strong>weiter</strong>...<br />
Wettbewerbsfaktor<br />
Wissen:<br />
Effizientes Wissensmanagement<br />
Branchenreport<br />
CAD-Anwender:<br />
Bessere Chancen mit<br />
aktueller Software<br />
Job auf Zeit:<br />
Die Zukunft der<br />
Arbeitnehmer<br />
<strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong><br />
<strong>WBS</strong> Hamburg:<br />
Pflege und Business<br />
<strong>Training</strong> öffnen<br />
das Tor zur Welt<br />
ZEIT<br />
Wie die Zeit unsere Existenz prägt<br />
Die unerklärliche Macht<br />
Flexible Arbeitszeitmodelle<br />
Weniger kann mehr sein<br />
Expertengespräch:<br />
Tempo raus, Ruhe rein
Inhalt 1/<strong>2010</strong><br />
2<br />
04 Titelthema: Zeit<br />
20<br />
34<br />
<strong>WBS</strong> Hamburg:<br />
Pflege und<br />
Business <strong>Training</strong><br />
Work-Life-Balance:<br />
Mehr Mut zur Lücke!<br />
Titelthema Zeit<br />
04 Wie die Zeit unsere Existenz prägt<br />
08 Flexible Arbeitszeitmodelle: Weniger kann mehr sein<br />
29 Expertengespräch: Tempo raus, Ruhe rein<br />
10 Kurzmeldungen Wirtschaft & Arbeitsmarkt<br />
11 <strong>weiter</strong>... sehen<br />
Arbeitsmarkt für CAD-Anwender<br />
14 <strong>weiter</strong>... lernen<br />
Hauptschulabschluss nachholen bei <strong>WBS</strong> in Halle/Saale<br />
16 <strong>weiter</strong>... denken<br />
Flexibilität bestimmt in Zukunft die Arbeitswelt<br />
19 <strong>weiter</strong>... vorgestellt<br />
Ron Dietrich, <strong>WBS</strong> Beauftragter für Business Excellence<br />
20 <strong>WBS</strong> vor Ort: Hamburg<br />
Mit Pflege und Business <strong>Training</strong> das Tor zur Welt öffnen<br />
24 <strong>WBS</strong> vor Ort: Frankfurt/Main<br />
Kurzportrait<br />
25 10 Minuten Business-Workout<br />
26 <strong>weiter</strong>... denken<br />
Wettbewerbsfaktor Wissen<br />
28 Kurzmeldungen Wirtschaft & Arbeitsmarkt<br />
29 Expertengespräch mit Susanne Preiss<br />
Tempo raus, Ruhe rein<br />
30 Kurzmeldungen Wirtschaft & Arbeitsmarkt<br />
31 <strong>weiter</strong>... kommen<br />
Die Erfolgsgeschichte von Stephanie Irnstetter<br />
32 Kurzmeldungen Wirtschaft & Arbeitsmarkt<br />
33 <strong>weiter</strong>... lesen<br />
„Payback” von Frank Schirrmacher<br />
34 Work-Life-Balance<br />
Mehr Mut zur Lücke!<br />
35 <strong>weiter</strong>... aktuell<br />
Neues bei der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong><br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
haben Sie etwas Zeit für mich? Wie oft hören wir diesen Satz und sind innerlich<br />
gespalten, ob ein beherztes und ehrliches „Ja!“ wirklich in unser Tempo passt.<br />
Ich nehme mir gerne Zeit. Für meine Familie und meine Freunde, für meine Mitarbeiter<br />
und Mitarbeiterinnen und für mich selbst. Durch den bewussten Umgang<br />
mit Zeit bestimme ich meinen Tagesablauf.<br />
Zeit ist das, was in unserem Bewusstsein als Zeitempfindung, eben viel mehr als<br />
die rein physikalische Größe, das Leben prägt. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft<br />
sind Zeitempfindungen, die uns begleiten, im Leben motivieren oder bremsen.<br />
Erfahrungen können Anschub und oft auch Hindernis für den <strong>weiter</strong>en Weg<br />
sein. Habe ich den Mut, Neues auszuprobieren, oder blicke ich stets auf die vergangene<br />
Zeit zurück und empfinde jede Veränderung als Risiko?<br />
Ich habe einen besonderen Bezug<br />
zur Zukunft. Ich male Sie mir gerne<br />
aus und setze mir Ziele, die Realität<br />
werden können. <strong>Das</strong> ist mein<br />
Weg zum Erfolg. Und wie nehme<br />
ich die Gegenwart wahr? Ich halte<br />
gerne einmal inne und (er-)lebe im<br />
Bewusstsein der Gegenwart meine<br />
Glücksmomente.<br />
Tatsächlich mehr Zeit zu haben –<br />
und sei es nur die imaginäre Verlängerung<br />
des Tages um einige Stunden – löst dabei selten das Problem des erlebten<br />
Zeitmangels. In der Umgangssprache drückt sich das subjektive Zeitempfinden<br />
in der Wertung von Ereignissen, Zuständen und der eigenen Person<br />
aus. Beispiele dafür sind: keine Zeit haben, die Zeit vergeht nicht oder jemandem<br />
Zeit schenken. Dieses menschliche Phänomen bewusst im Umgang miteinander zu<br />
nutzen, Zeitqualitäten als Ausdruck einer bevorzugten oder ungeeigneten Zeit für<br />
Tätigkeiten zu berücksichtigen, schafft Raum für Balance im Leben.<br />
Genießen Sie die warme (Jahres-)zeit und viel Vergnügen bei der Lektüre.<br />
Ihr Heinrich Kronbichler<br />
Vorstand<br />
Einladung zum Feedback<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
auch in dieser Ausgabe des <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong>s <strong>weiter</strong>...<br />
erwarten Sie Beiträge und Berichte über Personalentwicklung<br />
und Weiterbildung, über Arbeitsmarktchancen<br />
und Möglichkeiten für die persönliche<br />
Qualifizierung und über die <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong>.<br />
Über die vielen positiven Reaktionen, die uns erreicht<br />
haben, freuen wir uns und laden Sie <strong>weiter</strong>hin herzlich<br />
ein, uns Ihre Kritik, Wünsche, Anregungen und Verbesserungsvorschläge<br />
mitzuteilen.<br />
Haben Sie Fragen? Was würden Sie gerne in einer künftigen<br />
Ausgabe von <strong>weiter</strong>... lesen? Schreiben Sie uns:<br />
redaktion@wbstraining.de<br />
Impressum<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong><br />
Ausgabe 1/<strong>2010</strong><br />
ISSN 1865-150X<br />
Herausgeber<br />
<strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong>,<br />
Mariendorfer Damm 1–3, 12099 Berlin<br />
www.wbstraining.de<br />
Verantwortlich für den Inhalt<br />
Maziar Arsalan, <strong>WBS</strong> Marketing<br />
Maziar.Arsalan@wbstraining.de<br />
Redaktion<br />
Barbara Maria Zollner, München – Berlin<br />
Mitarbeit Leonie Laskowski, Galina Gostrer<br />
www.zinnober-abc.com<br />
Gestaltung/Layout<br />
Ulrike Holtzem, München – Berlin<br />
www.ulrike-holtzem.de<br />
Fotos/Abbildungen<br />
creativ collection/Ulrike Holtzem (Titel), Andre Bonn/ Shotshop<br />
(2/7), André Wunstorf (2/20/21/22/23), Monkey Business/Shotshop<br />
(2/9/28/35), Die Hoffotografen (3), Andrey Zyk/Fotolia (4),<br />
Gina Sanders/Fotolia (5), Kzenon/Fotolia (6), Franz Pfluegl/<br />
Fotolia (6/17), Tina Posingis/Fotolia (6), Pixel/Fotolia (8/10/18),<br />
Monkey Business/Fotolia (9), Werner Heiber/Fotolia (9), Riess<br />
Fotodesign (11), Foto Stocker/Fotolia (12), Marzky Ragsac Jr./<br />
Fotolia (12), Sergey Shlyaev/Fotolia (13), Jörg Vollmer/Fotolia<br />
(13), styleuneed/Fotolia (14), Katharina Oeppert (15), NavTor/<br />
Fotolia (16), Edyta Pawlowska/Fotolia (16), carlosseller/Fotolia<br />
(18), Sandra Pezold (19), Borg Enders/Fotolia (20), Harald<br />
Bolten/ Fotolia (20), fotopro/Fotolia (20), johas/Fotolia (20),<br />
<strong>WBS</strong> Frankfurt (24), shenzai/Susanne Preiss (25/29), Nikoley<br />
Levitskiy/Fotolia (26), Alexander Moritz/Fotolia (27), Valentin<br />
Kolaberdin/Fotolia (29), Barbara Maria Zollner (31), iphoto/<br />
Fotolia (32), anna karkowska/Fotolia (32), Otto Durst/Fotolia<br />
(32), Alexey Klementiev/Fotolia (32), Srdjan Srdjanov/Fotolia<br />
(33), auremar/Fotolia (34), Juan Gärtner/Fotolia (34), pixhunter.com/Fotolia<br />
(34)<br />
Erscheinungsweise<br />
2 x jährlich<br />
Anzeigen<br />
Ulrike Holtzem, München – Berlin<br />
mail@ulrike-holtzem.de<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 3
Titelthema<br />
Wie die Zeit unsere Existenz prägt<br />
Die unerklärliche Macht<br />
Oft ist sie zu schnell, fast immer zu wenig – die Zeit prägt den Takt<br />
unseres Lebens, und Zeitmangel ist im Alltag Einzelner wie in Unternehmen<br />
fast die Regel. Daran gemessen beschäftigen wir uns erstaunlich<br />
wenig damit, was Zeit eigentlich ist. Noch erstaunlicher: Man weiß es<br />
nicht. Nur eines steht fest: Zeit ist kein Gut. Deshalb sind all unsere<br />
Versuche, ihrer mit den Mitteln der Warenwirtschaft habhaft zu werden,<br />
von vornherein zum Scheitern verurteilt.<br />
Von Barbara Maria Zollner<br />
Der Mensch<br />
fühlt sich<br />
der Zeit<br />
ausgeliefert.<br />
4 <strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
Wo wir gehen und stehen, sind Uhren:<br />
auf Flughäfen und Bahnhöfen, die<br />
Armbanduhr und der Wecker. Im Auto,<br />
am Computermonitor, auf dem Telefondisplay<br />
– überall Zeitanzeigen, mit<br />
deren Hilfe wir versuchen, auf der<br />
Höhe der Zeit zu sein. Wir hätten sie<br />
gern im Griff, doch sie ist flüchtig. Sie<br />
rast dahin, und wir hecheln hinterdrein.<br />
Wir erleben die Zeit als Bewegung,<br />
sie kommt und geht und<br />
vergeht – wohin? Warum hat die Zeit<br />
eine Richtung? Kommt sie aus der Zukunft<br />
und bewegt sich durch die Gegenwart<br />
in die Vergangenheit? Oder<br />
bewegen wir uns – weg von der Vergangenheit<br />
und auf die Zukunft zu?<br />
Höhere Macht<br />
Zeit ist eine existenzielle Erfahrung: Der<br />
Mensch erlebt sie als Machtinstanz außerhalb<br />
seiner selbst, der er ausgeliefert<br />
ist wie dem Wetter (das etwa in<br />
romanischen Sprachen mit demselben<br />
Wort bezeichnet wird: temps, tempo,<br />
tiempo). In den alten Kulturen Ägyptens,<br />
Griechenland oder Indiens galt<br />
die Zeit als Hervorbringung der höchsten<br />
Gottheit.<br />
<strong>Das</strong> Licht (und der Tag) ist in den vielen<br />
Schöpfungsmythen der Anfang der<br />
Welt und die erste Zeiteinheit; im<br />
rhythmischen Wechsel von Tag und<br />
Nacht, Sommer und Winter erschien<br />
die Zeit als immerwährender Kreislauf.<br />
Die altgriechische Vorstellung vom<br />
Fluss Okeanos, der die Weltscheibe<br />
umgibt, vereint die Wiederkehr des<br />
Gleichen und das Strömen der Zeit in<br />
einem Bild.<br />
Kreislauf oder Zeitstrahl<br />
<strong>Das</strong> Altern der Dinge und Menschen<br />
zeigt, dass die Zeit eine Richtung hat –<br />
doch diese Gerichtetheit der Zeit ist<br />
vielen Kulturen eingebettet im Kreislauf<br />
von Werden und Vergehen, von<br />
Geburt, Tod und Wiedergeburt, der<br />
beispielsweise im Buddhismus nur in<br />
der Erleuchtung aufgehoben wird. Erst<br />
die jüdisch-christliche Vorstellung eines<br />
geschichtlichen Gottes durchbricht<br />
diese Grundfigur des Kreises und etabliert<br />
eine lineare, auf Vollendung in<br />
der Zukunft hin ausgerichtete Zeitvorstellung:<br />
Gott steht außerhalb der Zeit,<br />
doch die Menschheitsgeschichte entfaltet sich auf einer Zeitachse, die Fortschrittsdenken<br />
und die Idee einer Evolution erst möglich macht.<br />
Philosophie und Physik in Widersprüchen<br />
Die moderne Physik ist diesem in die Zukunft gerichteten Zeitstrahl sehr nahe gerückt:<br />
Danach ist unser Universum aus einem Urknall entstanden, und alle Phänomene<br />
rühren aus diesem einen Ereignis her. Wir existieren in einem Zeitpfeil, und<br />
auch die zyklischen Prozesse der Natur ereignen sich in dieser unumkehrbaren<br />
Entwicklung des Universums. Dabei ist es nach den bekannten Naturgesetzen, die<br />
selbst keine Zeitrichtung enthalten, extrem unwahrscheinlich, dass wir und unser<br />
– physikalisch gesehen – unwahrscheinlich geordnetes Universum existieren und<br />
uns in einer klaren Zeitrichtung entwickeln. Die Physik kann sogar beziffern, wie<br />
unwahrscheinlich das ist – aber sie kann es nicht erklären. <strong>Das</strong> ist nicht alles: Seit<br />
Aristoteles gab es in der abendländischen Philosophie eine Argumentation, dass<br />
nur die Gegenwart (nicht aber Vergangenheit und Zukunft) Wirklichkeit sei. Damit<br />
Seit Einstein wissen wir, dass die Zeit<br />
keine universelle Gültigkeit hat, sondern<br />
vom Bezugssystem abhängt.<br />
hat die Physik in der Folge von Einsteins Relativitätstheorie gründlich aufgeräumt.<br />
Seither wissen wir, dass die Zeit keine universelle Gültigkeit hat, sondern abhängig<br />
ist vom Bezugssystem: Je schneller eine Materie in Bewegung ist oder je stärker<br />
das Gravitationsfeld, desto langsamer vergeht die Zeit – bei Lichtgeschwindigkeit<br />
oder am Rand eines schwarzen Loches vergeht sie gar nicht mehr. Was so<br />
abstrakt klingt, hat längst praktische Auswirkungen – so würde GPS ohne Berücksichtigung<br />
der Relativitätstheorie nicht funktionieren. Die Zeit ist als vierte Di-<br />
Titelthema<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 5
Titelthema<br />
6<br />
mension untrennbar an den Raum geknüpft; im Einstein-Minkowski-Blockuniversum<br />
sind alle Zeit und aller Raum „verschweißt“ – Gleichzeitigkeit und Gegenwart<br />
also relativ. Die Ergebnisse, zu denen die Physiker seit Einstein gekommen<br />
sind, sind zwar unterschiedlich – doch gleichermaßen irritierend: Entweder ist die<br />
Existenz relativ – oder die Zeit ist überhaupt eine Illusion.<br />
Zeitnot trotz Management<br />
<strong>Das</strong> hilft einem wenig, wenn man Kunden vertröstet, während man dringliche E-<br />
Mails beantwortet und dabei überlegt, wann man eigentlich den Bericht fertig<br />
machen soll, weil man schon seit zehn Minuten das Kind aus der Kita holen muss.<br />
Ja, man hat ein Zeitmanagementseminar besucht und notiert seither alle zu erledigenden<br />
Aufgaben in Listen, priorisiert nach ABCD und schätzt die benötigte<br />
Zeit. Und doch geraten die meisten immer wieder in Zeitnot, werden nervös – und<br />
fühlen sich auch deshalb schlecht, weil sie's nicht im Griff haben. Es ist zwar sozial<br />
hoch angesehen, viel zu tun zu haben und auch zu tun (Fitness vor dem Büro,<br />
Mitwirkung an Projekten, Shopping in Rom, der jüngste Bestseller und drei<br />
Wirtschaftstitel) – doch Zeitnot ist „unsexy“. Dabei sagt der Zeitforscher Hartmut<br />
Rosa: „Zeitstrukturen sind weder naturgegeben noch einfach durch unser individuelles<br />
Handeln bestimmbar. Sie werden kollektiv geformt und sind tief in den<br />
Strukturen der Alltagswelt verankert.“<br />
Zeit und Geld<br />
<strong>Das</strong>s Zeit kulturell definiert ist, weiß jeder Asien- oder Südamerika-Reisende. Schon<br />
am Mittelmeer vergeht sie anders, deshalb verreisen wir gerne, nach Thailand oder<br />
Havanna. Dort leben wollen die wenigsten. Anfang der 70-er Jahre konstatierte<br />
der schwedische Ökonom Staffan Linder, dass Güterwohlstand mit Zeitarmut einhergeht.<br />
Die Regel: viel Zeit, wenig Geld – wenig Zeit, viel Geld – gilt in der globalisierten<br />
Spätmoderne nur mehr bedingt: Immer mehr Menschen haben wenig<br />
Geld und wenig Zeit.<br />
Unsere Gesellschaft ist auf Vermehrung von Gütern ausgerichtet, doch Zeit lässt<br />
sich nicht vermehren. Sie lässt sich auch nicht sparen: Mit zunehmender Zahl von<br />
„Zeitsparvorrichtungen“ (Auto, Spülmaschine, Laptop, Smartphone, etc.) hat der<br />
Zeitmangel paradoxerweise zugenommen. Mit den Möglichkeiten wächst der<br />
Wunsch (und auch der Druck), sie zu<br />
nutzen. „Die Menschen haben nicht zu<br />
wenig Zeit, sie haben zu viel zu tun“,<br />
sagt der Zeitforscher Karlheinz Geißler.<br />
Die Grauen Herren, die in Michael<br />
Endes Roman „Momo“ die Menschen<br />
überreden, Zeit zu sparen, um damit<br />
lauter Schönes zu tun, sind tatsächlich<br />
Diebe, die die gesparte Zeit in ihren Zigarren<br />
verpaffen ...<br />
Sekundentakt ist kein Rhythmus<br />
Die Wurzel unseres Zeitproblems liegt<br />
in dem Benjamin Franklin zugeschriebenen<br />
Bonmot „Zeit ist Geld“: Sie ist<br />
es eben nicht! Die auf Tempo gegrün-<br />
Mit Auto, Laptop, Smartphone hat der Zeitmangel paradoxerweise<br />
zugenommen: Zeit lässt sich weder vermehren noch sparen.<br />
dete Ökonomie reduziert die Zeit auf –<br />
quasi materielle – zählbare, immer gleiche<br />
Einheiten. „Uhren sind die Mühlen<br />
des Teufels“, sagt man in Algerien. Im<br />
Unterschied zur sekündlich getakteten<br />
Zeit beinhalten natürliche (und dem<br />
Menschen angemessene) Rhythmen<br />
kleine Abweichungen: der Herzschlag<br />
oder der Atem richten sich – wie bei<br />
der Relativitätstheorie – nach dem Bezugssystem:<br />
Ist der Mensch alt oder<br />
jung, ruht er oder ist er schnell gelaufen,<br />
ist er entspannt oder voller Angst?<br />
Auch ursprüngliche Arbeits- und Lebensrhythmen,<br />
die der Tageszeit oder<br />
dem Wetter folgten, unterliegen solchen<br />
Abweichungen.<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
<strong>Das</strong> Leiden an der Zeit(-not) beginnt<br />
da, wo der äußere Takt in Konflikt mit<br />
dem inneren Rhythmus kommt: wenn<br />
die Arbeit fertig sein muss, für die man<br />
noch Zeit gebraucht hätte, oder die<br />
Nachteule um halb acht am Arbeitsplatz<br />
sein muss. Unsere Kultur beruht<br />
auf normierter Zeit: Als Kinder lernen<br />
wir, dass äußere Zeitvorgaben wichtiger<br />
sind als unser Empfinden; die Zeit<br />
gehört uns nicht. Wir müssen sie uns<br />
nehmen – meist mit schlechtem Gewissen.<br />
Erwachsen enteignen wir uns<br />
selbst, indem wir mittlerweile den<br />
„Zeitraum“, in den man hinein treten<br />
und in dem man sich ausbreiten kann,<br />
in ein „Zeitfenster“ verwandelt haben,<br />
in das man wie am Schalter eines<br />
Bahnhofs schnell hinein greift, um sein<br />
Ticket zu nehmen, ehe es sich unbarmherzig<br />
schließt.<br />
Zeit wird subjektiv erlebt<br />
<strong>Das</strong> muss nicht so sein – nicht, wenn<br />
wir beginnen, mehr auf die Qualität<br />
der Zeit achten: Wir leben die Zeit –<br />
und Erleben hat mit der von der Uhr<br />
gemessenen Zeit viel weniger zu tun<br />
als mit unserem Bewusstsein. Im Traum<br />
erfahren wir Lebensphasen in Sekunden,<br />
Zeitreisen und Tagträume überwinden<br />
in wenigen Atemzügen Jahre.<br />
Vertieft in eine Aufgabe, vergessen wir<br />
die Zeit, um festzustellen, dass viele<br />
Stunden oder aber nur Minuten verstrichen<br />
sind, während derer wir sehr<br />
intensiv gelebt haben. Und wie lange<br />
dauert Erinnerung?<br />
Hat man viel zu tun, vergeht die Zeit<br />
im Flug. <strong>Das</strong> kann großartig und aufregend<br />
sein, doch es kann auch krank<br />
machen – wenn wir Überforderung<br />
und Kontrollverlust spüren. Psychologie<br />
und Gehirnforschung wissen heute:<br />
Zeit wird subjektiv und innerlich<br />
erlebt. Alle wesentlichen Gehirnfunktionen<br />
sind daran beteiligt: Körpergefühl,<br />
Sinneswahrnehmungen, Emotionen,<br />
Selbstbewusstsein, Erinnerung<br />
und die Gabe, Visionen für die Zukunft<br />
zu entwickeln. Und das Zeitempfinden<br />
ist sehr individuell. Der Wissenschaftsjournalist<br />
Stefan Klein zieht das Fazit:<br />
„Wir haben keine Zeit, weil wir gestresst<br />
sind – nicht umgekehrt.“ Auch<br />
der Zweifel, ob man seine Zeit „opti-<br />
mal“ nutzt, stresst. Zuletzt geht es um<br />
die Autonomie, mit der wir Dinge tun<br />
oder lassen, und ob wir unseren wahren<br />
Bedürfnissen gerecht werden.<br />
Zeitqualität<br />
Zu Zeitqualität gehört auch der äußere<br />
Rhythmus. Wir sind der Natur näher,<br />
als wir meist wahrhaben (wollen). Die<br />
kurzen Tage im Winter und die frühe<br />
Helligkeit im Sommer wirken auf uns,<br />
doch die Lebensrhythmen widersprechen<br />
teilweise der biologischen Uhr:<br />
Zur schönsten (und leistungsstärksten)<br />
Zeit des Jahres sind wir im Urlaub.<br />
Unser mechanistisches Denken würdigt<br />
kulturelle und gesellschaftliche<br />
Rhythmen kaum – doch sie sind da. Es<br />
gibt günstige Zeiten, um Aufträge anzubahnen,<br />
und ungünstige. Es gibt<br />
Phasen, wo sich Widerstände häufen,<br />
und solche, in denen alles leicht geht.<br />
Deshalb unterschieden die alten Griechen<br />
die messbare Zeit „chronos“<br />
vom „kairos“, dem glücklichen Zeitpunkt.<br />
Auch der Rhythmus als solcher<br />
gehört zur Zeitqualität: Auf schnelle,<br />
volle Tage folgen ruhigere, vielleicht<br />
von Müdigkeit bestimmte. Nach dem<br />
schwungvollen Projektstart gibt es ein<br />
Plateau, das gern als Energie-Minus erlebt<br />
wird. Wer diese Qualitäten erspürt,<br />
kann sie nutzen – und damit Zeit<br />
und Leben bewusster und befriedigender<br />
gestalten. n<br />
Lektüretipps:<br />
Stefan Klein: Zeit. Der Stoff, aus dem<br />
das Leben ist. Fischer Taschenbuch<br />
2008, ISBN 978-3-596-16955-9<br />
8,95 EUR. Mehr: www.stefanklein.de<br />
„Phänomen Zeit“. Spektrum der<br />
Wissenschaft Spezial. ISBN 978-3-<br />
938639-58-0 (im Buchhandel oder<br />
beim Verlag Spektrum der Wissenschaft<br />
in Heidelberg), 8,90 EUR<br />
www.timesandmore.com (Website<br />
von Prof. Karlheinz Geißler) mit allerlei<br />
Lesenswertem rund um die Zeit<br />
Titelthema<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 7
Titelthema<br />
8<br />
Flexible Arbeitszeitmodelle:<br />
Weniger kann mehr sein<br />
Es muss nicht Teilzeit sein: Arbeitszeit lässt sich auf ganz unterschiedlichen<br />
Wegen individuell anpassen und organisieren. <strong>Das</strong> lohnt sich für<br />
alle – ein Plus an Zufriedenheit steigert auch die Leistung.<br />
Von Gunda Achterhold<br />
Mit der Gleitzeit fing alles an. Heute gilt die Urform aller flexiblen Arbeitszeitmodelle<br />
längst als Klassiker. Arbeitszeitkonten, Jobsharing, Telearbeit oder Turnusteilzeit<br />
– also volle Arbeitstage im Wechsel mit freien – sind nur einige Beispiele für<br />
das Spektrum an Möglichkeiten. Im besten Falle profitieren beide Seiten davon:<br />
Unternehmen erlaubt ein beweglicher Personaleinsatz die gleichmäßigere Auslastung<br />
von Mitarbeitern und führt zu einer besseren Effektivität. Arbeitnehmer können<br />
sich dank individueller Lösungen besser um Familie oder Angehörige kümmern,<br />
sie sparen Fahrtzeiten und Kosten oder nutzen Auszeiten, um sich beruflich<br />
<strong>weiter</strong>zubilden.<br />
Gestaltungsspielraum bei Arbeitszeit<br />
und -ort<br />
Thomas Bastian hat einen Weg gefunden,<br />
um seine Aufgaben als Führungskraft<br />
möglichst optimal mit der zur<br />
Verfügung stehenden Zeit zu vereinbaren.<br />
„Ich bin ein Reisender“, sagt er<br />
und klingt dabei sehr zufrieden. Der<br />
Leiter des Kompetenzzentrums Health-<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
care pendelt zwischen Terminen in der Zentrale der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> in Berlin,<br />
den Standorten im ganzen Bundesgebiet und seinem Home Office in Franken.<br />
„Meine wichtigsten Ansprechpartner befinden sich nicht an einem Ort, ich wäre<br />
deshalb in jedem Fall viel unterwegs“, so Bastian. „Dieses zeit- und ortsflexible<br />
Modell bietet mir die Möglichkeit zu arbeiten, wo und wann ich will, und Zeiträume<br />
effizient zu nutzen.“ Denk- und Routineaufgaben erledigt er am liebsten<br />
im Zug, sehr früh morgens oder in der Nacht. Für strategische oder kreative Prozesse<br />
nimmt er sich zu Hause in Bamberg Zeit – idealerweise in den Abendstunden,<br />
wenn alles schläft. „Die Tage sind zwar voll, aber ich kann Zwischenzeiten<br />
sinnvoll nutzen und mir so zeitlich Freiräume schaffen“, so der Familienvater. „Für<br />
die Kids ist es dann toll, wenn ich da bin – und freie Zeit auch wirklich mit ihnen<br />
verbringen kann.“<br />
Verdichtung bringt nicht mehr Produktivität<br />
Die Wirtschaftskrise beschleunigt ein seit Jahren zu beobachtendes Phänomen:<br />
Während in Deutschland immer weniger Menschen Vollzeit arbeiten, steigen in anderen<br />
Bereichen Pensum und Leistungsdruck extrem an. Allein im vergangenen<br />
Jahr ist die durchschnittliche Arbeitszeit um fünfzig Stunden pro Kopf gesunken.<br />
<strong>Das</strong> Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) macht eine ganze Reihe<br />
von Gründen für diese rasante Entwicklung fest: Kurzarbeit, die tarifliche Senkung<br />
der Wochenarbeitszeit, Vorziehen von Urlaubsansprüchen, mehr Teilzeit, Abbau<br />
von Überstunden. Zugleich ächzen Manager, Berater oder Banker unter einer<br />
schier nicht enden wollenden Last. Dabei könnte weniger mehr sein.<br />
Ein groß angelegtes Experiment in mehreren nordamerikanischen Büros der Boston<br />
Consulting Group zeigt, dass Führungskräfte, die regelmäßig frei nehmen, nicht<br />
nur zufriedener sind – sie leisten auch mehr. Die geplanten – und von keinem<br />
Blackberry unterbrochenen – Auszeiten stießen einen offeneren Dialog unter den<br />
Teamkollegen an und setzten neue, an Effizienz und Effektivität gesteigerte Arbeitsprozesse<br />
in Gang.<br />
„Reduzierte Vollzeit“ – pro und contra<br />
„Der Bedarf an einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist da“,<br />
betont Michel Domsch. Der Wirtschaftsprofessor vom Hamburger Management<br />
Development Center beschäftigt sich seit Jahren mit den Möglichkeiten flexibler<br />
Arbeitszeitmodelle. Er sieht jedoch auch die Grenzen: Gerade in Führungspositionen<br />
lassen sich Reduzierung der Stunden oder Auszeiten nach wie vor nur mit erheblichem<br />
Aufwand durchsetzen. „In der Praxis sind es zwei, drei Prozent der<br />
Führungskräfte, die Angebote in Anspruch nehmen – und dann auch nur lebensphasenbezogen,<br />
für eine bestimmte Zeit.“<br />
Als besonders attraktiv gilt das Modell der „reduzierten Vollzeit“. Die Arbeitszeit<br />
wird auf 80 oder 90 Prozent heruntergefahren und lässt sich zum Teil auch über<br />
Telearbeit absolvieren. Eine Blitzumfrage des Netzwerkbüros Erfolgsfaktor Familie<br />
im Auftrag des Bundesfamilienministeriums<br />
zeigt, dass „vollzeitnah“ Beschäftigte<br />
motivierter arbeiten, seltener<br />
krank werden und nach familienbedingten<br />
Auszeiten schneller an den Arbeitsplatz<br />
zurückkehren. Auch bei<br />
Führungskräften in stellvertretenden<br />
oder mittleren Positionen kommt dieses<br />
Modell gut an.<br />
Kritische Stimmen weisen jedoch auf<br />
potenzielle Gefahren hin: Wer offiziell<br />
nur geringfügig weniger arbeitet,<br />
werde häufig dennoch als voll verfügbar<br />
betrachtet – und arbeite unterm<br />
Strich wesentlich mehr als vereinbart.<br />
Auszeit ist manchmal besser<br />
Diese Erfahrung hat auch <strong>WBS</strong> Bereichsleiter<br />
Joachim Dittrich gemacht,<br />
der mit reduzierter Stundenzahl in Elternzeit<br />
gegangen ist. Ausgemacht<br />
war ein Wochentag Präsenz im Unternehmen.<br />
„Aber es wurde dann doch<br />
immer mehr“, so Dittrich. Auch von<br />
Zuhause aus hat er gearbeitet und re-<br />
Familie und Beruf<br />
lassen sich mit individuellenArbeitszeitregelungen<br />
besser<br />
vereinbaren.<br />
gelmäßig Kontakt gehalten. Was ihn<br />
im Nachhinein am meisten stört: „Ich<br />
war gedanklich nie komplett raus und<br />
konnte somit nicht richtig abschalten,<br />
das ist der Nachteil von Teilzeit.“ Sein<br />
Kollege, der Projektleiter Ron Dietrich,<br />
hat es anders gelöst. Die Verantwor-<br />
Titelthema<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 9
Titelthema<br />
10<br />
Kurzmeldungen<br />
Vorsichtiger Optimismus<br />
Die Folgen der globalen Rezession machen<br />
Deutschland nach wie vor schwer zu<br />
schaffen. Doch es geht aufwärts: <strong>Das</strong> reale<br />
Bruttoinlandsprodukt wird <strong>2010</strong> voraussichtlich<br />
um rund 1,5 Prozent steigen, vor<br />
allem die Exporte sollen wieder mehr Dynamik<br />
zeigen. Die Investitionen werden jedoch<br />
nahezu stagnieren, dem gelte es<br />
durch bessere Standortbedingungen entgegenzuwirken.<br />
Auch dem Arbeitsmarkt<br />
steht die härteste Zeit noch bevor. Während<br />
es einigen anderen Industrieländern<br />
genauso geht, dürfte vor allem der asiatische<br />
Raum wieder mit hohen Wachstumsraten<br />
glänzen. (IW Köln)<br />
Unternehmensgründungen:<br />
Finanzierungsprobleme erschweren<br />
den Start<br />
Die Zahl der Unternehmensgründungen in<br />
Deutschland ist 2009 leicht gestiegen. Die<br />
Ursache: Selbstständigkeit ist oft die letzte<br />
Rettung vor der Arbeitslosigkeit. Die Finanzierungsprobleme<br />
potenzieller Neuunternehmer<br />
haben sich jedoch in jüngster<br />
Zeit verschärft, ein Gründungsboom bleibt<br />
also höchstwahrscheinlich aus. (IW Köln)<br />
Kredit soll kleinen Firmen helfen<br />
Die Bundesregierung startet den Mikrokreditfonds<br />
Deutschland, der mit einem<br />
Volumen von 100 Millionen Euro Kredite<br />
an Klein- und Kleinstbetriebe bzw. junge<br />
Unternehmen sichert. Knapp 60 Millionen<br />
Euro stammen aus dem Europäischen Sozialfonds;<br />
etwas mehr als 40 Millionen Euro<br />
kommen aus dem Haushalt des<br />
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.<br />
<strong>Das</strong> Bundesministerium für Wirtschaft<br />
und Technologie plant, später 1,5 Millionen<br />
Euro beizusteuern. (BMAS)<br />
Internetwirtschaft: Wachstum<br />
durchs Web<br />
Die deutschen Firmen, die ihr Geld mit<br />
dem Internet verdienen, blicken einer rosigen<br />
Zukunft entgegen. Laut einer Studie<br />
des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft<br />
werden künftig vor allem die in<br />
der Online-Werbung aktiven Unternehmen<br />
kräftig wachsen. (IW Köln)<br />
tung für den Geschäftsbereich SAP hat<br />
er abgegeben und ist für ein halbes<br />
Jahr in Elternzeit gegangen. „<strong>Das</strong> war<br />
ein ganz bewusster Schritt, um mal Distanz<br />
und Abstand zu kriegen.“ Mit<br />
einer neuen Aufgabe in der Strategieentwicklung,<br />
die mehr Gestaltungsfreiraum<br />
erlaubt, ist er wieder eingestiegen<br />
und arbeitet seitdem vier<br />
Tage die Woche.<br />
Flexibilität hängt auch vom Job ab<br />
Wie aufgeschlossen sich Firmen gegenüber<br />
flexiblen Arbeitszeitmodellen<br />
zeigen, hängt von der Unternehmenskultur<br />
und in hohem Maß von der Art<br />
der Aufgaben ab. In Unternehmensberatungen,<br />
wo grundsätzlich sehr projektbezogen<br />
gearbeitet wird, lässt sich<br />
leichter ein Sabbatical einschieben als<br />
in einem kleinen Team von Spezialisten.<br />
„Je homogener die Aufgaben,<br />
desto leichter lassen sich Mitarbeiter<br />
austauschen oder vertreten“, stellt Stefanie<br />
Wiebrock von der Münchner Arbeitszeitberatung<br />
Fauth-Herkner & Partner<br />
fest. Zum Beispiel beim Job-Sharing,<br />
wenn sich zwei oder mehr Beschäftigte<br />
einen Arbeitsplatz teilen.<br />
„Mittelständische Betriebe, in denen<br />
man sich persönlich kennt und wo die<br />
Wege nicht so weit sind, zeigen sich<br />
bei diesen Themen oft pragmatischer<br />
als große Unternehmen.“ n<br />
Mittelständische<br />
Betriebe mit persönlichem<br />
Kontakt und<br />
kurzen Wegen sind<br />
oft pragmatischer als<br />
große Unternehmen.<br />
Weitere Informationsquellen<br />
im Internet:<br />
www.arbeitswelt.de/Themen/<br />
Arbeitszeit/Arbeitszeit-<br />
Modelle.htm<br />
Schnelle Übersicht zu Modellen:<br />
Unternehmensberatung Fauth-Herkner<br />
& Partner: Themen / Arbeit(zeit)managementwww.arbeitszeitberatung.de/azdatenbank/az-datenbank.htm<br />
Datenbank mit 78 Fallstudien zu flexiblem<br />
Arbeitszeitmodellen, hervorgegangen<br />
aus einem Forschungsauftrag<br />
des früheren Bundesministeriums für<br />
Arbeit und Sozialordnung<br />
www.bis-handwerk.de<br />
<strong>Das</strong> Beratungs- und Informationssystem<br />
im Handwerk bietet unter dem<br />
Navigationspunkt Organisation/Organisation/Personal/Teilzeitmodelle<br />
ein<br />
Dokument mit zahlreichen Linkempfehlungen,<br />
Broschüren und Fachliteratur<br />
zum Thema<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
Arbeitsmarkt für CAD-Anwender<br />
Bessere Chancen mit<br />
aktueller Software<br />
Mit CAD-Software lassen sich schnell und kostengünstig komplexe<br />
Konstruktionszeichnungen erstellen. Bau- und technische Zeichner/-innen,<br />
Architekten und Ingenieur/-innen müssen die aktuellen CAD-Versionen<br />
beherrschen – etwa von CATIA V5 oder Allplan.<br />
Von Sibylla Machens<br />
Deutsche Maschinen, Werkzeuge und<br />
Autos sind auf der ganzen Welt begehrt.<br />
Nach wie vor zählt Deutschland<br />
zu den erfolgreichsten Industrienationen.<br />
In manchen Branchen suchen die<br />
Unternehmen hierzulande händeringend<br />
Fachkräfte. So können viele offene<br />
Stellen für Maschinenbau- und<br />
Fahrzeugbauingenieure nicht besetzt<br />
werden. „Im Dezember waren in diesen<br />
Berufen bundesweit 17.400 Stellen<br />
frei“, sagt Gergana Spassova vom<br />
Verein Deutscher Ingenieure (VDI) in<br />
Düsseldorf, „doch es gab in diesem Bereich<br />
nur 6.200 Arbeitsuchende, so<br />
dass wir eine Fachkräftelücke von rund<br />
11.000 Maschinen- und Fahrzeugbauingenieuren<br />
haben.“<br />
Von einer Fachkräftelücke wird immer<br />
dann gesprochen, wenn für einen bestimmten<br />
Beruf die Zahl der offenen<br />
Stellen die Zahl der Arbeitslosen übersteigt.<br />
So klaffte im Dezember bei Elektroingenieuren<br />
eine Fachkräftelücke<br />
von 6.300 Stellen, bei Architekten und<br />
Bauingenieuren eine Lücke von 4.900<br />
Stellen. Kleinere Fachkräftelücken mit<br />
weniger als 1.000 Stellen gab es jeweils<br />
bei Vermessungsingenieuren, Fertigungsingenieuren<br />
sowie bei der<br />
Gruppe der Bergbau-, Hütten- und<br />
Gießerei-Ingenieure.<br />
„Voraussichtlich wird diese Fachkräftelücke<br />
noch größer werden, da in den<br />
kommenden Jahren altersbedingt sehr<br />
Die Software-Hersteller bringen<br />
jedes Jahr noch bessere, komfortablere<br />
Programme heraus.<br />
viele Ingenieure aus dem Berufsleben ausscheiden werden“, weiß Spassova. Die<br />
Zahl der jährlich in den Ruhestand gehenden Ingenieure wird bis 2015 laut Deutscher<br />
Akademie der Technikwissenschaften (acatech) mit Sitz in München auf<br />
43.000 steigen. Zudem glaubt Spassova, dass die derzeitige Wirtschaftskrise nach<br />
<strong>weiter</strong>... sehen<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 11
<strong>weiter</strong>... sehen<br />
12<br />
und nach überwunden werde und<br />
dann die Jobchancen für die Ingenieurinnen<br />
und Ingenieure <strong>weiter</strong> steigen<br />
werden.<br />
In anderen Branchen sehen die Berufsaussichten<br />
nicht ganz so rosig aus. „Im<br />
Dezember standen 9.000 arbeitslosen<br />
technischen Zeichnern nur 1.260 gemeldete<br />
offene Stellen gegenüber,“<br />
sagt Heidelies Künzel von der Bundesagentur<br />
für Arbeit in Nürnberg. Bei<br />
den Bauzeichnern waren 3.330 als arbeitslos<br />
registriert, aber nur 450 offene<br />
Stellen gemeldet.<br />
Ob technische Zeichner und Bauzeichner,<br />
Konstrukteure oder Architekten,<br />
aber auch Bau- oder Maschinenbautechniker<br />
sowie -ingenieure/-innen: Sie<br />
alle benötigen, wenn sie nach einer<br />
Phase der Arbeitslosigkeit wieder in<br />
den Beruf einsteigen wollen, gute<br />
Kenntnisse der aktuellen CAD-Software.<br />
Hinter der Abkürzung CAD verbirgt<br />
sich das Computer Aided Design, die<br />
rechnerunterstützte Konstruktion. Mit<br />
spezieller Software werden Konstruktionsunterlagen<br />
für mechanische, elektrische<br />
und elektronische Erzeugnisse<br />
zwei- oder dreidimensional erstellt.<br />
Erste CAD-Programme entstanden in<br />
den 60er-Jahren, in den 80er-Jahren<br />
begann ein regelrechter CAD-Boom.<br />
Zeichnungen für Maschinenbau<br />
und Architektur<br />
„Von allen CAD-Programmen wird AutoCAD<br />
weltweit am häufigsten eingesetzt,“<br />
erklärt Georg Kronbichler, Projektleiter<br />
bei der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> in<br />
München. Im vergangenen Jahr haben<br />
rund 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
bundesweit an 25 Standorten<br />
bei <strong>WBS</strong> mindestens eine CAD-Weiterbildung<br />
(siehe Kasten) absolviert; die<br />
Teilnehmerzahl pro Kurs lag meist zwischen<br />
zehn und zwanzig. „Die meisten<br />
besuchen zunächst einen AutoCAD-<br />
Kurs, um die CAD-Technologie grundsätzlich<br />
kennen zu lernen. Wir bieten<br />
hier bereits die neueste Version mit AutoCAD<br />
<strong>2010</strong> an,“ sagt Kronbichler,<br />
„im Anschluss daran wird meist ein zusätzliches<br />
branchenbezogenes Softwareprogramm<br />
gewählt.“<br />
Für CAD braucht man ein gutes räumliches Vorste<br />
Die CAD-Hersteller bringen jedes Jahr<br />
noch bessere, komfortablere Programme<br />
heraus, so dass Menschen, die aus<br />
dem Berufsleben ausgeschieden sind,<br />
oft nur veraltete Versionen kennen.<br />
„Sie müssen sich die neueste Version<br />
aneignen, um wieder in den Beruf einsteigen<br />
zu können“, sagt Kronbichler.<br />
Am <strong>WBS</strong> Standort in Hamburg wird<br />
AutoCAD in einem 10-Tages-Kurs vermittelt.<br />
„Es ist immer günstig, mit einem<br />
2D-Programm wirklich vertraut zu<br />
sein, bevor ein 3D-Programm erlernt<br />
wird“, rät Torben Ladendorf, Leiter Berufliche<br />
Bildung bei <strong>WBS</strong> in Hamburg.<br />
Je nach Berufsziel werden im Rahmen<br />
des „BildungsCenters für CAD-Anwendungen“<br />
zwei bis drei passende<br />
Weiterbildungen ausgewählt. Wer im<br />
Maschinen-, Fahrzeug- oder Flugzeugbau<br />
arbeiten möchte, entscheidet sich<br />
als zweites Modul meist für Pro/ENGI-<br />
NEER Wildfire 3.0/4.0 und danach für<br />
CATIA V5 R18/R19. CATIA steht für<br />
„Computer Aided Three-Dimensional<br />
Interactive Application”.<br />
Je nach Zusammenstellung der Kursmodule<br />
dauert die Weiterbildung zwischen<br />
zwei bis fünf Monaten. Die<br />
Kosten übernimmt in der Regel die<br />
Bundesagentur für Arbeit. Doch <strong>WBS</strong><br />
qualifiziert nicht nur Arbeitslose in CAD;<br />
es finden auch Schulungen in Auffanggesellschaften<br />
statt und beispielsweise<br />
Pro/ENGINEER Wildfire 3.0/4.0-<br />
Seminare in Unternehmen, deren Mitarbeiter<br />
Kurzarbeit angemeldet haben.<br />
Konstruktionen für den Flugzeugund<br />
Fahrzeugbau<br />
Möchte ein Teilnehmer später im Bereich<br />
Luftfahrt arbeiten, entscheidet er<br />
sich meist nach dem AutoCAD-Kurs<br />
für eine CATIA V5 R18/R19-Schulung.<br />
Diese Weiterbildung in Hamburg ist<br />
Voraussichtlich wird<br />
die Fachkräftelücke<br />
bei den Ingenieuren<br />
<strong>weiter</strong> zunehmen.<br />
unter anderem auf das Unternehmen<br />
Airbus zugeschnitten: für eine mögliche<br />
Mitarbeit im Unternehmen selbst<br />
oder derzeit vor allem bei Firmen, die<br />
im Auftrag von Airbus Zeichnungen<br />
anfertigen. Zum Abschluss gilt es die<br />
Validierung zu bestehen, eine externe<br />
Prüfung. „Da kann es vorkommen,<br />
dass ein Teilnehmer eine Aufgabe zwar<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
llungsvermögen und Spaß an der Computerarbeit.<br />
richtig löst, sich aber nicht an die von<br />
Airbus bestimmten Arbeitsnormen gehalten<br />
hat,“ sagt Ladendorf: Dann bekommt<br />
der Teilnehmer bei der Prüfung<br />
Punkte abgezogen. Airbus lässt nur<br />
Mitarbeiter für sich zeichnen, die die<br />
Validierung bestanden haben. „Diese<br />
Prüfung ist nicht ganz einfach“, weiß<br />
Ladendorf. Doch die Mühe des Lernens<br />
und Übens lohnt: Von allen Teilnehmer/-innen,<br />
die 2009 die Maßnahme<br />
beendet haben, bestanden 70 Prozent<br />
die Validierung.<br />
Gebäude mit CAD entwickeln<br />
Architekten und Bauzeichner, die für<br />
kleinere Planungsbüros arbeiten möchten,<br />
besuchen meist ArchiCAD-Kurse.<br />
Die Software hat als Grundlage ein virtuelles<br />
Gebäude. Wer in einem größeren<br />
Architekturbüro tätig sein möchte,<br />
benötigt häufig Kenntnisse in der CAD-<br />
Software Allplan 2009 der Firma Nemetschek.<br />
Sie zählt zu den führenden<br />
der Branche und darf – ebenso wie ArchiCAD<br />
– nur von zertifizierten Dozenten<br />
unterrichtet werden. „Viele Teilnehmer/-innen,<br />
meist Bauingenieurinnen<br />
und -ingenieure, kombinieren die Weiterbildungen<br />
und machen zunächst<br />
AutoCAD und dann Allplan“, erklärt<br />
Jörg Zillger, Leiter Berufliche Bildung<br />
bei <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> in Dresden.<br />
Sechsmal im Jahr kann in der Elbmetropole<br />
eine achtwöchige AutoCAD-<br />
Qualifizierung begonnen werden. Die<br />
ersten vier Wochen geht es um 2D,<br />
dann um 3D, wobei die Module auch<br />
einzeln besucht werden können.<br />
Zweimal im Jahr starten die Allplan-<br />
Kurse, die ebenfalls acht Wochen dauern<br />
und im Schnitt von 10 bis 15 Teilnehmern<br />
besucht werden. Nach einem<br />
Monat findet eine Zwischenprüfung<br />
statt, nach dem zweiten Monat die<br />
Abschlussprüfung. „Rund 40 bis 50<br />
Prozent der Teilnehmer/-innen finden<br />
anschließend eine Anstellung“, weiß<br />
Zillger. „Gerade im Architekturbereich<br />
haben die Jobsuchenden nur eine Chance,<br />
in den Arbeitsprozess zurückzukehren,<br />
wenn sie auf den neuesten Releases<br />
geschult sind“, ergänzt <strong>WBS</strong><br />
Kollege Kronbichler aus München.<br />
Weitere Möglichkeiten mit CAD-<br />
Programmen<br />
Wird ein Job in der Medizin- oder in<br />
der Feinwerktechnik angestrebt, kann<br />
es lohnen, die CAD-Software Solid<br />
Works zu erlernen. „Zudem planen wir,<br />
im kommenden Jahr Unigraphics in<br />
unser Weiterbildungsprogramm aufzunehmen“,<br />
sagt Ladendorf. Diese CAD-<br />
Software wird im Schiffs- und Stahlbau<br />
verwendet. Für alle, die sich ausgiebiger<br />
mit CAD befassen wollen, gilt: Ein<br />
gutes räumliches Vorstellungsvermögen<br />
ist ebenso vonnöten wie Freude an<br />
der Computerarbeit, Teamfähigkeit und<br />
der Bereitschaft, sich auf neue Techniken<br />
und Programme einzulassen. n<br />
Wichtige Qualifikationen für<br />
Architektur und Bauwesen:<br />
AutoCAD (Weiterbildungen bundesweit<br />
an 25 Standorten)<br />
ArchiCAD (u.a. im Chemnitz)<br />
ALLPLAN Nemetschek (u.a. in<br />
Hamburg, Dresden, Halle, Zwickau)<br />
Maschinen-, Fahrzeugbau,<br />
Automobilindustrie:<br />
AutoCAD (Weiterbildungen bundesweit<br />
an 25 Standorten)<br />
Inventor (u.a. München, Erfurt,<br />
Leipzig, Zwickau)<br />
Pro/ENGINEER Wildfire 3.0/4.0<br />
(u.a. in Kassel, Münster, Hamburg,<br />
Dortmund)<br />
CATIA V5 R18/R19 (u.a. in Berlin,<br />
Bremen, Hamburg, Augsburg,<br />
Dortmund)<br />
Flugzeugbau:<br />
AutoCAD (Weiterbildungen bundesweit<br />
an 25 Standorten)<br />
CATIA V5 R18/R19 (z.B. in Hamburg<br />
„zugeschnitten“ auf Airbus)<br />
Medizin- und Feinwerktechnik:<br />
AutoCAD (Weiterbildungen bundesweit<br />
an 25 Standorten)<br />
Solid Works (u.a. in München,<br />
Hamburg, Leipzig)<br />
Schiffs- und Stahlbau:<br />
AutoCAD (Weiterbildungen bundesweit<br />
an 25 Standorten)<br />
Unigraphics (in Vorbereitung)<br />
www.wbstraining.de<br />
Weitere Informationsquellen<br />
im Internet:<br />
Verein Deutscher Ingenieure (VDI),<br />
Düsseldorf<br />
www.vdi.de<br />
Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg<br />
www.arbeitsagentur.de<br />
<strong>weiter</strong>... sehen<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 13
<strong>weiter</strong>... lernen<br />
14<br />
Der Weg zum Hauptschulabschluss bei der <strong>WBS</strong> in Halle/Saale<br />
Klappt es mit dem Satz des Pythagoras,<br />
klappt es auch im Leben!<br />
„Eh, quält mich doch nicht so!“, seufzt Michael Kurz* und liest das<br />
Gedicht dann doch vor. Gedichte sind nicht so das Ding des 21-Jährigen.<br />
Viel lieber arbeitet Michael Kurz mit seinen Händen: Fliesenleger<br />
möchte er werden oder Elektriker. Doch ob nun Kacheln oder Kabel –<br />
eine Lehre braucht er. Und für die Lehre erstmal einen Hauptschulabschluss.<br />
Von Katharina Oeppert<br />
„Ich hatte keinen Bock auf Schule, damals.<br />
Sicher ein Fehler“, gesteht Kurz<br />
ein und zuckt ein bisschen mit den<br />
Schultern. So cool und gelassen er<br />
wirkt, der Fehler wurmt ihn. Deshalb<br />
plagt er sich heute umso konzentrierter<br />
mit der Herbstlyrik von Theodor<br />
Storm. Gemeinsam mit ihm sitzen Daniela<br />
Frühauf und Annekathrin Berger<br />
Was ganz toll ist: Ich kann<br />
meiner Tochter jetzt bei<br />
den Hausaufgaben helfen.<br />
bei der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> in Halle auf<br />
der Schulbank. Deutsch, Mathematik,<br />
Biologie, Geografie und Chemie bestimmen<br />
seit Anfang Oktober 2009<br />
ihren Tagesablauf. Täglich sieben Stunden.<br />
Sieben Stunden, die für alle drei<br />
mehr bedeuten als nur Lernen.<br />
„Ich bin – seit ich hier sitze – selbstbewusster<br />
geworden“, meint Annekathrin<br />
Berger. „Irgendwie hab ich mehr<br />
Spaß, lerne andere Leute kennen und –<br />
was ganz toll ist – ich kann meiner 11jährigen<br />
Tochter bei den Hausaufgaben<br />
helfen.“ Annekathrin Berger ist 31. Ihre<br />
Schulzeit war geprägt von der Wende,<br />
*Name von der Redaktion geändert<br />
von Umbrüchen und Umzügen der Eltern.<br />
Nach der achten Klasse ging sie<br />
von der Schule – mit guten Noten, wie<br />
sie sagt. Was folgte war ein BVJ, ein so<br />
genanntes berufsvorbereitendes Jahr.<br />
Es endete mit einem Super-Zeugnis<br />
und einem Irrtum: Der Abschluss wird<br />
nicht als solcher anerkannt. Doch das<br />
erfährt die junge Frau erst über zehn<br />
Jahre später. Als sie nach der Geburt<br />
der drei Kinder und der anschließenden<br />
Erziehungszeit endlich eine Ausbildung<br />
machen möchte.<br />
„Altenpflege, das hab ich in einem<br />
Praktikum für mich entdeckt. Eine<br />
Woche war ich auf der Schule, dann<br />
sagte man mir, dass mein Abschluss<br />
von damals keiner war. Nichts wert.<br />
Nichts taugt. Ich war total fertig.“ <strong>Das</strong><br />
war im September 2009. Annekathrin<br />
Berger steckte jedoch nicht lange den<br />
Kopf in den Sand, suchte fieberhaft<br />
nach einer Möglichkeit, ihren Hauptschulabschluss<br />
zu machen. Da kam ihr<br />
die Zeitungsanzeige von der <strong>WBS</strong> in<br />
Halle gerade recht. Die kleine, zart wirkende<br />
Frau machte Nägel mit Köpfen<br />
und holte sich innerhalb einer Woche<br />
einen Bildungsgutschein von der Arbeitsagentur.<br />
Acht Monate Büffeln, dann<br />
kommen die Prüfungen<br />
Die Agentur für Arbeit fördert seit dem<br />
1. Januar 2009 den nachträglichen Erwerb<br />
eines Schulabschlusses. Es besteht<br />
sogar ein Rechtsanspruch auf<br />
diese Förderung; so steht es im Gesetzestext.<br />
Damit soll der Jugendarbeitslosigkeit<br />
entgegengewirkt werden. Die<br />
gesetzliche Regelung ist inhaltlich<br />
offen gestaltet, so dass bei der Konzeption<br />
einzelner Maßnahmen auch<br />
besondere Bedürfnisse und Problemlagen<br />
berücksichtigt werden können.<br />
Neben beruflicher und allgemein bildender<br />
Qualifizierung sollen auch persönliche<br />
und soziale Kompetenzen<br />
gefördert werden. Die Arbeitsagentur<br />
gibt die Bildungsgutscheine für Weiterbildungen<br />
bis zu zwölf Monaten<br />
aus. Die <strong>WBS</strong> bietet einen achtmonatigen<br />
Kurs in Halle an, Hamburg wird<br />
bald folgen.<br />
In der Saalestadt in Sachsen-Anhalt ist<br />
Silvia Keydel für die drei Teilnehmer/<br />
-innen zuständig. Sie ist Lehrkraft, Motivator<br />
und Sozialpädagogin in einem.<br />
Die 41-jährige Lehrerin ist überzeugt,<br />
dass alle drei Schützlinge den Abschluss<br />
schaffen werden. <strong>Das</strong> Pensum,<br />
das zu bewältigen ist, hat es in sich:<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
Pro Woche 15 Stunden Mathematik, acht Stunden Deutsch und je vier Stunden<br />
Chemie, Biologie und Geografie. Da geht es um Bruchrechnung, negative und<br />
positive Vorzeichen bei rationalen Zahlen, Erörterungen und Rechtschreibung, um<br />
Kanada und Russland, um Formeln, um Herz und Kreislauf. Eben Schulstoff, der<br />
langsam wieder aus dem Gedächtnis gekramt werden muss. Oder neu zu erwerben<br />
ist – je nachdem. Die schriftlichen Prüfungen in Mathematik und Deutsch<br />
waren Anfang März, die drei mündlichen Prüfungen in den naturwissenschaftlichen<br />
Fächern folgen im Mai. „Geprüft wird an einer Hauptschule in Halle durch<br />
externe Prüfer, wir dürfen nur mit dabei sein“, erläutert die Dozentin. Silvia Keydel<br />
ist beeindruckt vom Fleiß ihrer Schützlinge. Es sei sicher nicht immer leicht,<br />
wenn man so lange aus der Schule raus ist. „Der Herr Kurz muss manchmal bisschen<br />
gepiesackt werden, dann rafft er sich schnell auf und macht fleißig mit.“<br />
Und als wolle er diese Aussage bestätigen, stöhnt der junge Mann mit dem Drei-<br />
Tage-Bart: „Ich steh’ total auf dem Schlauch, ich hab’s geahnt.“ Er hadert mit der<br />
Prozentrechnung. Silvia Keydel nimmt es gelassen, hilft dem 21-Jährigen und motiviert.<br />
„<strong>Das</strong> ist doch schon ganz richtig, hier die nächste Stelle. Los geht’s!“ Bei<br />
allen Teilnehmer/-innen spürt die Lehrerin den Ehrgeiz, es dieses Mal wirklich zu<br />
schaffen.<br />
„Komm Mama, lass uns zusammen lernen!“<br />
Schaffen will es auch Daniela Frühauf. Sie ist die Dritte auf der Schulbank bei der<br />
<strong>WBS</strong> in Halle. Aufgeschlossen, kommunikativ, mit Schwung und guter Laune<br />
dabei. Ihr Tag beginnt um 5:45 Uhr. Nicht, dass sie weit fahren müsste, nein, Daniela<br />
Frühauf ist Mutter von vier Kindern. „Vanessa ist 17, Justin elf, Michelle acht<br />
und Jamie vier“, zählt sie stolz auf. Sie selbst ist 34. Ihre Schulzeit? „Ach Gott, das<br />
war so zur Wende: Pubertät, unzählige Möglichkeiten, Freiheiten – damals konnte<br />
mir doch keiner erzählen, dass Schule wichtig ist.“ Außerdem hatte sie neun<br />
Schuljahre geschafft und in der DDR galt dies als Abschluss, wenigstens der achten<br />
Klasse. Doch die DDR wurde auf einmal Geschichte, und im Jahr 1990 galt der<br />
Schulabgang auf einmal als einer ohne Abschluss. „Nicht mal Hauptschule, veralbert<br />
hab ich mich später gefühlt.“ Die Kinder, die Familie füllten den Alltag bald<br />
aus, doch so ganz ohne Beruf, ohne Ausbildung wollte die junge Frau nicht bleiben.<br />
„Außerdem, wie steh’ ich denn vor meinen Kindern da, wenn ich denen erzähle,<br />
sie sollen lernen, das sei wichtig: Die lachen mich ja aus.“<br />
Auch Daniela Frühauf ging auf die Suche nach einer Chance, den Schulabschluss<br />
zu erwerben. Wie Annekathrin Berger<br />
fand sie die Annonce der <strong>WBS</strong> und<br />
machte über die Arbeitsagentur alles<br />
klar. „Meine Kinder sind begeistert, mit<br />
der Großen kann ich nun gemeinsam<br />
lernen“, lacht die Frau und streift sich<br />
die halblangen Haare zurück. „Nein,<br />
im Ernst. Wir vergleichen manchmal<br />
unsere Hefte, erklären uns gegenseitig<br />
den Stoff und begreifen es dann beide<br />
besser.“ Wahrscheinlich war auch der<br />
Satz des Pythagoras dabei. Mit dem<br />
stand Daniela Frühauf Anfang Februar<br />
etwas auf Kriegsfuß. „Was ist ‚a’, wo<br />
Pro Woche 15 Stunden Mathematik, acht Stunden Deutsch und je<br />
vier Stunden Chemie, Biologie und Geografie – das ist nicht immer<br />
leicht, wenn man so lange aus der Schule raus ist.<br />
ist die verflixte Hypotenuse und muss<br />
ich jetzt plus oder minus rechnen?“<br />
Der darauf folgende Dialog mit Dozentin<br />
Silvia Keydel war und ist charakteristisch<br />
für die 34-Jährige. „Soll<br />
ich helfen?“ „Nein, ich krieg das alleine<br />
raus!“ Und das schafft sie dann<br />
auch. In dieser Mathematik-Einheit<br />
prägte Daniela Frühauf auch den Satz,<br />
der dieser Reportage die Überschrift<br />
gab: „Klappt es mit dem Satz des Pythagoras,<br />
klappt es auch im Leben!“<br />
Daniela Frühauf hat noch einiges vor.<br />
Ihr Ziel: Erzieherin, vielleicht eine Arbeit<br />
mit Behinderten. Doch dafür braucht<br />
sie einen Realschulabschluss. „Kann<br />
ich nach dem Hauptschulabschluss<br />
machen, dauert noch mal ein Jahr.<br />
Wenn es die Arbeitsagentur bezahlt.<br />
Wie gesagt, wer mit dem Satz des Pythagoras<br />
zurecht kommt...“ n<br />
<strong>weiter</strong>... lernen<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 15
<strong>weiter</strong>... denken<br />
16<br />
Flexibilität bestimmt in Zukunft<br />
die Arbeitswelt<br />
Statt lebenslang in einem Unternehmen zu arbeiten, ist heute lebenslanges<br />
Lernen und flexible Projektarbeit bei unterschiedlichen<br />
Arbeitgebern gefragt. Im Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft<br />
verliert das Vollzeit-Arbeitsmodell an Bedeutung.<br />
Von Sylvia Schaab<br />
Flexibilisierung – unter diesem Begriff lässt sich der Arbeitsmarkt<br />
von Morgen zusammenfassen. Was heute schon vielerorts<br />
für die Arbeitszeiten gilt, wird künftig ebenso für den<br />
Arbeitsort wie auch für das Tätigkeitsfeld gelten. Ganz stark<br />
macht sich bereits heute die Flexibilisierung der Beschäftigungsverhältnisse<br />
bemerkbar. Der Vollzeitarbeitsplatz war lange<br />
Zeit das normale Arbeitsverhältnis. Doch dieser wird zunehmend durch so genannte<br />
atypische Beschäftigungsverhältnisse verdrängt – also Teilzeitarbeit,<br />
geringfügige oder befristete Beschäftigung, Leiharbeit oder Selbstständigkeit.<br />
Anfang der 90er-Jahre lag der Anteil der atypisch Beschäftigten noch bei 20<br />
Prozent, 2007 bereits bei gut 37 Prozent – Tendenz steigend. Lediglich 30 bis<br />
40 Prozent der Beschäftigten, schätzt Trendforscher Matthias Horx, dürften<br />
in der Mitte des 21. Jahrhunderts noch feste Arbeitsverträge haben.<br />
Verbindung von Flexibilität und Sicherheit – „Flexicurity”-Strategien<br />
Sieht man eine sichere Vollzeitbeschäftigung als das Ideal an, hat dieser Wandel<br />
hin zu leicht und kurzfristig lösbaren Beschäftigungsverhältnissen prekäre<br />
Auswirkungen auf die Situation eines Arbeitnehmers. Vor allem geringfügig<br />
Beschäftigte und Leiharbeiter müssen Abstriche im Einkommen hinnehmen,<br />
während die Beschäftigungslage vor allem für befristet Beschäftigte besonders<br />
unsicher ist. Doch nicht jede atypische Beschäftigung ist prekär und auch<br />
ein Vollzeitjob nicht unbedingt sicher. Problematisch ist die Situation vor allem,<br />
weil die Rahmenbedingungen für die neue Art der Arbeit noch nicht geschaffen<br />
sind.<br />
Die Hausforderung besteht also darin, prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu<br />
Brücken und nicht zu Fallen werden zu lassen. Als „Flexicurity“ bezeichnet<br />
man den Versuch, die Balance zwischen Flexibilität und sozialer Sicherheit herzustellen.<br />
Länder wie die Niederlande und Dänemark haben bereits gezeigt,<br />
dass es einen gangbaren und zudem beschäftigungspolitisch Erfolg versprechenden<br />
Weg gibt. Dort hat man die Erleichterung von Kündigungen mit einer<br />
kurzfristig hohen materiellen Unterstützung für Arbeitslose und einer Unterstützung<br />
der raschen Wiedereingliederung im Kündigungsfall durch intensive<br />
Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik verknüpft.<br />
Zeitarbeit als Ausdruck eines flexiblen Arbeitsmarktes<br />
Ein wichtiger Baustein für eine flexible Arbeitswelt ist die Leiharbeit. Zeitarbeiter<br />
spielen die Feuerwehr, wenn es brennt, oder sind fester Bestandteil in<br />
der Personalpolitik von Firmen. <strong>Das</strong> ist nicht nur ein Vorteil für die Firmen,<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
sondern auch für die Leiharbeiter selbst:<br />
„Zeitarbeit ist eine hervorragende<br />
Chance, sich auf die Anforderungen<br />
der Zukunft einzustellen. Denn Beschäftigung<br />
wird nicht mehr starr verlaufen,<br />
vielmehr werden die Menschen<br />
künftig in ihrem Leben drei, vier Berufe<br />
ausüben – und die Zeitarbeit gibt ihnen<br />
die Gelegenheit, dies auszuprobieren”,<br />
sagte Zukunftsforscher Matthias Horx<br />
auf dem Arbeitgebertag Zeitarbeit im<br />
Juni 2009 in Berlin. Zudem kommen<br />
Leiharbeiter so in eine Festanstellung<br />
und zu einem relativ sicheren Arbeitsplatz<br />
ohne den Makel, den ständige,<br />
kurzfristige Jobwechsel im Lebenslauf<br />
immer noch bedeuten.<br />
Rund 600.000 Beschäftigte gibt es in<br />
der Zeitarbeitsbranche. „Eine große<br />
Säule sind nach wie vor die einfachen<br />
Tätigkeiten,“ so Michael Wehran, Pressesprecher<br />
des Bundesverbands Zeitarbeit<br />
(BZA), „doch die Nachfrage nach<br />
Akademikern nimmt mit zunehmenden<br />
Fachkräftemangel auch bei uns zu. Vor<br />
allem in der Gesundheitsbranche wird<br />
die Nachfrage in den kommenden Jahren<br />
steigen, aber auch bei kaufmännischen<br />
Tätigkeiten oder im Dienstleistungssektor.“<br />
Mit zunehmendem Fachkräftemangel<br />
werden<br />
auch Akademiker in der<br />
Zeitarbeit gesucht.<br />
Lebenslanges Lernen wird zum Muss<br />
Die Flexibilisierung der Arbeitswelt macht nicht vor dem Firmentor halt. In Anbetracht<br />
des demografischen Wandels und der damit einhergehenden Abnahme von<br />
Fachkräften müssen Unternehmen alles tun, um Mitarbeiter zu halten. <strong>Das</strong> bedeutet<br />
Arbeitszeiten flexibel auf den Auftragsbestand zu verteilen und mit Arbeitszeitkonten<br />
oder mit flexiblen Lohnmodellen, Auftragsspitzen und Flauten<br />
abzufangen. Daneben bergen flexible Arbeitszeiten auch große Vorteile für die<br />
Mitarbeiter, die eine bessere Work-Life-Balance haben und damit gesünder, zufriedener<br />
und leistungsfähiger sind.<br />
„Ein Teil der Arbeitgeber hat den Vorteil einer internen Flexibilität bereits erkannt<br />
und nutzt beispielsweise Kurzarbeitergeld, um die Mitarbeiter in schlechten Zeiten<br />
<strong>weiter</strong>zubilden,“ weiß Jutta Rump, Leiterin des Ludwigshafener Instituts für Beschäftigung<br />
und Employability (ibe). Damit leisten diese Unternehmen einen wichtigen<br />
Beitrag, um dem Fachkräftemangel von morgen entgegenzuwirken. Schon<br />
in zehn Jahren werden vielerorts 80 Prozent der Mitarbeiter über 50 Jahre alt sein.<br />
Und der Fachkräftemangel lässt sich selbst durch die Krise nicht aufhalten. Da ist<br />
es für Unternehmen wichtig vorzusorgen.<br />
Beschäftigungsfähigkeit erhalten<br />
Doch nicht nur Arbeitgeber stehen in<br />
der Verantwortung, ihre Beschäftigten<br />
fit zu halten, vielmehr ist jeder selbst<br />
dafür verantwortlich, dass seine Employability<br />
– also seine Beschäftigungsfähigkeit<br />
– erhalten bleibt. „Es gibt<br />
keine Arbeitsplatzsicherheit mehr, die<br />
mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung<br />
einhergeht“, meint die Beschäftigungsexpertin<br />
Rump: „Die Welt<br />
von Morgen ist unsicher und verändert<br />
sich schnell. Der einzige Sicherheitsanker<br />
ist, die eigene Beschäftigungsfähigkeit<br />
zu erhalten. Daher müssen wir<br />
eine gewisse Flexibilität mitbringen,<br />
unsere mentale Mobilität erhalten und<br />
eben auch für uns selbst sorgen.“<br />
<strong>weiter</strong>... denken<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 17
<strong>weiter</strong>... denken<br />
18<br />
<strong>Das</strong> predigen Arbeitsmarktforscher schon seit Jahren. Wir befinden uns im Wandel<br />
von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft und damit ist Wissen für uns<br />
das wichtigste Gut, um in der globalisierten Welt wettbewerbsfähig zu bleiben. Es<br />
gibt kaum noch Arbeitsplätze für gering Qualifizierte, denn diese Arbeit wird ins<br />
Ausland verlagert. Deswegen sieht auch Dr. Hilmar Schneider, Direktor für Arbeitsmarktpolitik<br />
beim Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA), die Herausforderung<br />
für Arbeitnehmer darin, sich rechtzeitig an die sich wandelnden<br />
Wissensanforderungen anzupassen: „Arbeitnehmer, müssen künftig in der Lage<br />
sein, Kundenwünsche eigenständig zu erkennen und zu bedienen. Streng hierarchisch<br />
organisierte Unternehmensstrukturen und strikte Handlungsanweisungen<br />
gehören einer Vergangenheit an, die durch standardisierte Massenproduktion gekennzeichnet<br />
war. Die Zukunft wird davon geprägt sein, dass Zielvereinbarungen<br />
an die Stelle von Handlungsanweisungen treten und Teamstrukturen strenge Hierarchien<br />
ersetzen.“<br />
Projektarbeit ist auf dem Vormarsch<br />
Zielvereinbarungen sind auch Kern der Projektarbeit, und schon heute setzen 74<br />
Prozent der Unternehmen ihre Mitarbeiter für betriebliche Projektwirtschaft ein.<br />
<strong>Das</strong> hat eine Studie des Personaldienstleisters Hays in Zusammenarbeit mit dem ibe<br />
herausgefunden. Immerhin 28 Prozent der befragten Unternehmen gaben an,<br />
dass bei ihnen größtenteils nur in Form von Projekten gearbeitet wird. Die betriebliche<br />
Projektarbeit scheint die Organisationsform der Zukunft zu sein: So<br />
haben ein gutes Viertel der befragten Unternehmen mehr als 50 Prozent aller Ar-<br />
Betriebliche<br />
Projektarbeit ist<br />
die Organisationsform<br />
der Zukunft.<br />
beitsabläufe auf Projektarbeit umgestellt. Dabei<br />
finden sich Mitarbeiter zusammen, die nicht<br />
mehr in die herkömmlichen Strukturen integriert<br />
sind, sondern sich nur noch um Projekte kümmern:<br />
als moderne Wissensarbeiterteams mit<br />
hohem Projektmanagement Know-how.<br />
Bei dieser Art der Arbeit ist nicht nur Fachwissen gefragt, sondern gleichermaßen<br />
„weiche“ Faktoren. Daher müssen Schulen und Universitäten immer stärker darauf<br />
achten, zu Teamarbeit, Kommunikation und Selbstlernen zu befähigen. „Studienzeiten<br />
müssen kürzer werden, um Platz zu schaffen für Weiterbildungsphasen<br />
während des Berufslebens“, meint Zukunftsforscher Horx. Doch auch der einzelne<br />
Arbeitnehmer muss lernen, unternehmerisch zu denken und zu handeln. „<strong>Das</strong><br />
schlägt sich schon heute in der zunehmenden Bedeutung von erfolgsabhängigen<br />
Gehaltsbestandteilen und einem Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeit und<br />
Freizeit nieder“, weiß Arbeitsexperte Schneider. Schon jetzt setzt man sich abends<br />
noch mal zu Hause an den Computer, um die E-Mails zu checken oder etwas fertigzustellen.<br />
<strong>Das</strong> Handy bleibt am Wochenende<br />
an, im Urlaub wird<br />
täglich die Mailbox abgehört.<br />
Der traditionelle<br />
Neun-bis-fünf-Uhr-Job stirbt aus, die<br />
Arbeitszeiten werden länger und vor<br />
allem flexibler. Und auch die Arbeitsumgebungen<br />
werden im flexiblen, projektgesteuertenNetzwerk-Unternehmen<br />
von morgen häufig wechseln. Arbeitsplätze<br />
verschwinden ins digitale<br />
Paralleluniversum und materialisieren<br />
sich in der realen Welt einfach da, wo<br />
man das Notebook einstöpselt. Der eigene<br />
PC verliert als Arbeitsmittel an<br />
Bedeutung: Programme laufen als<br />
reine Browser-Anwendung, Dokumente<br />
werden dezentral in Netzarchiven<br />
gespeichert, Hybrid Spaces ersetzen<br />
feste Büroparzellen, Arbeitsräume<br />
werden für unterschiedliche<br />
Zwecke genutzt. Es gibt eine Kernbelegschaft,<br />
die von einer Reihe von Zuarbeitern<br />
– der Satellitenbelegschaft –<br />
unterstützt wird.<br />
So sieht die Arbeitswelt von morgen<br />
aus, in der sich der Einzelne mit deutlich<br />
mehr unternehmerischer Verantwortung<br />
bewegt. Diese unternehmerische<br />
Selbstverantwortung – Gestaltungsmöglichkeit<br />
wie Notwendigkeit<br />
zum initiativen Handeln – macht den<br />
eigentlichen Trend aus, unabhängig<br />
davon, ob sich Arbeitsbeziehungen in<br />
Form von befristeten Arbeitsverträgen,<br />
Solo-Selbstständigkeit, Zeitarbeit oder<br />
eben dem so genannten Normalarbeitsverhältnis<br />
abspielen. n<br />
Lektüretipp:<br />
Kirsten Brühl: Creative Work<br />
Studie, Zukunftsinstitut, April 2007<br />
ISBN 978-3-938284-27-8, 170 EUR<br />
Trendletter „Schwerpunkt-<br />
Thema Arbeitswelt 2020“<br />
VNR Verlag für die Deutsche Wirtschaft<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
Persönlich betrachtet<br />
Was ist für Sie Erfolg?<br />
<strong>Das</strong> Gefühl, etwas positiv beeinflusst zu haben.<br />
Was ist Ihr Antrieb, Ihre Motivation?<br />
Mein Gestaltungswille, gepaart mit Neugier und einem Quäntchen Ungeduld.<br />
Wer oder was hat Ihr Leben maßgeblich beeinflusst?<br />
Im Persönlichen: die Beziehung zu meiner Lebensgefährtin und jetzigen Frau.<br />
Im gesellschaftlichen Umfeld: der Mauerfall 1989.<br />
Was waren Wendepunkte in Ihrem Leben?<br />
Die erste bewusste Reflexion über die eigenen Werte und Ziele, ausgelöst<br />
durch die physische und geistige Distanz zum „normalen“ Alltagsumfeld<br />
während eines einjährigen Norwegenaufenthaltes.<br />
Was wollten Sie als Kind werden?<br />
Sportlehrer.<br />
Wie haben Sie Ihren Lebensweg geplant?<br />
Für mich ist das unerwartet Schöne, dass es auf diesem Weg zu entdecken gibt,<br />
viel reizvoller als die strikte Orientierung an einer festgelegten Route.<br />
Welche Ihrer Eigenschaften kommt Ihnen am meisten zu Gute?<br />
Die Fähigkeit, über mich selbst zu lachen.<br />
Welche Eigenschaften schätzen Sie an anderen?<br />
Offenheit und Teamgeist.<br />
Was macht Sie glücklich?<br />
Mit Menschen, die ich mag, Zeit zu verbringen.<br />
Was macht Sie unglücklich?<br />
Intoleranz, Fanatismus und Umweltzerstörung.<br />
Wie haben Sie einen Rückschlag verkraftet/bewältigt?<br />
Indem ich versucht habe, die Ursachen und meinen Einfluss darauf zu<br />
verstehen.<br />
Wie entspannen Sie?<br />
Bei Aktivitäten im Freien, mit Meditation oder einem guten Glas Wein aus den<br />
Weinbergen um Dresden.<br />
Mit welcher fiktionalen Figur (Literatur, Film, Comic) können Sie sich<br />
identifizieren?<br />
In Bezug auf meine Aufgabe bei <strong>WBS</strong> würde ich mit einem Augenzwinkern<br />
sagen, ich erkenne einige Aspekte von Kermit dem Frosch, dessen Herausforderung<br />
es ist, den Ablauf der Show zu koordinieren und alle Beteiligten bei Laune<br />
zu halten.<br />
Was würden Sie gern lernen?<br />
Geduldiger zu werden.<br />
Ihr Motto/Leitgedanke:<br />
Sei einfach du selbst.<br />
Ron Dietrich<br />
Leiter <strong>WBS</strong> Business Excellence<br />
<strong>weiter</strong>... vorgestellt<br />
geboren 1974 in Karl-Marx-Stadt/Chemnitz<br />
Studium der BWL, Schwerpunkte: Organisation,<br />
Innovationsmanagement, Industrie- und<br />
Techniksoziologie<br />
Abschluss: Diplom-Kaufmann<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
Bereichsleiter SAP bei <strong>WBS</strong> 2004 bis 2009<br />
verheiratet; ein Sohn<br />
seit 2001 in Dresden<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 19
<strong>WBS</strong> vor Ort<br />
20<br />
Mit Pflege und Business<br />
<strong>Training</strong> das Tor zur Welt ein<br />
Stückchen größer machen<br />
Von Wiebke Kister<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
Jeder der <strong>WBS</strong> Standorte hat seine eigene Geschichte und sein eigenes<br />
Profil; darin spiegeln sich jeweils die Besonderheiten der Stadt wider,<br />
ihre Bevölkerungsstruktur und wirtschaftliche Gegebenheiten. Zugleich<br />
trägt jeder Standort zur Entwicklung der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> bei:<br />
Nicht selten wird, was zunächst für die Bedürfnisse vor Ort erdacht<br />
und dort erprobt wurde, zum Modell, das andere Standorte bundesweit<br />
aufgreifen. Auf diese Weise profitieren die Teilnehmer/-innen allerorten<br />
von der gesammelten Erfahrung, der hohen Kompetenz und der Angebotsvielfalt<br />
des Gesamtunternehmens.<br />
<strong>Das</strong> Tor zur Welt – das ist Hamburg. Gleitet der Zug Richtung Hauptbahnhof, lässt<br />
sich schon erahnen warum: Der Blick fällt auf Hafenanlagen und Brücken, dichter<br />
Verkehr schlängelt sich durch die Straßen. Zuckelt der Zug dann ganz langsam<br />
auf sein Ziel zu, erscheinen die Deichtorhallen, ein Fesselballon wirbt für das Hamburger<br />
Abendblatt. Er steigt auf, sinkt wieder ein wenig und schwebt lautlos in den<br />
Lüften. Auf der anderen Seite der Gleise taucht der Fruchthof auf. Am Hamburger<br />
Hauptbahnhof wuselt es. Kaum verwunderlich – 1,8 Millionen Menschen leben<br />
in Deutschlands zweitgrößter Stadt, die Touristenscharen nicht zu vergessen. Vier<br />
Millionen Besucher zog es 2008 an die Waterkant. Binnen- und Außenalster, die<br />
Elbe, vor allem aber der zweitgrößte Hafen Europas prägen die Stadt mit ihren Alleen<br />
und Parks; berühmt sind St. Pauli und die Reeperbahn, doch genauso wichtig<br />
sind Sport, Kultur und Medien. Logistik, Schiffs- und Fahrzeugbau, Luftfahrtindustrie,<br />
Maschinenbau und Elektrotechnik, Mineralölwirtschaft und Chemie sind<br />
bedeutende Wirtschaftszweige, leistungsstark zeigen sich auch Regenerative Energien<br />
und Konsumgüterindustrie, Banken, Versicherungen und Tourismus. Hamburg<br />
boomt. Mit diesem Ziel hat wohl der Senat der Hansestadt 2002 den<br />
Leitspruch entwickelt: „Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“.<br />
360 Teilnehmer/-innen er<strong>weiter</strong>n täglich ihren Wissensschatz<br />
Der Standort der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> am Hamburger Wandalenweg trägt mit seinem<br />
Angebot dazu bei, dass die Hafenstadt wächst – in Form von qualifizierten<br />
Arbeitskräften. Vom Hamburger Hauptbahnhof<br />
geht es mit der S-Bahn in die<br />
City Süd. Nach drei Minuten Fahrzeit<br />
ist die Haltestelle „Hammerbrook“ erreicht.<br />
Dann geht es zu Fuß <strong>weiter</strong>. Eingebettet<br />
zwischen Industriegebäuden<br />
präsentiert sich das Haus Wandalenweg<br />
14 – seit 2009 das neue Zuhause<br />
der <strong>WBS</strong>. Es ist großzügig, modern,<br />
praktisch: 23 Seminarräume verteilen<br />
sich über die dritte und vierte Etage. In<br />
jedem Raum hängt unter der Decke<br />
ein Beamer. Um dafür eine optimale<br />
Projektionsfläche zu schaffen, hat der<br />
Maler extra Leinwände aus feinem<br />
Putz an die Wände gespachtelt. 400<br />
neue Computer zieren die PC-Räume,<br />
<strong>WBS</strong> vor Ort<br />
Der neue Standort am<br />
Wandalenweg trägt dazu<br />
bei, dass Hamburg an<br />
Arbeitskräften wächst.<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 21
<strong>WBS</strong> vor Ort<br />
22<br />
und in der Lehrküche finden sich Herdplatten, Backöfen, Waschmaschinen und<br />
Co. Durch die vielen Fenster strömt das Tageslicht in die großen, hellen Räume.<br />
Bunte Sofas, Korbstühle, Ledersessel und -couches und Getränkeautomaten laden<br />
zu kleinen Pausen auf den langen Fluren ein: In kleinen Grüppchen sitzen einige<br />
Teilnehmer/-innen zusammen und besprechen den bisherigen Unterricht. Am Empfang,<br />
der einem gläsernen Zimmer gleicht, kümmern sich Organisationsassistentinnen<br />
um Anliegen von Teilnehmer/-innen, Interessenten/-innen und Referenten/-innen.<br />
Es herrscht eine zugleich ruhige und lebendige Atmosphäre.<br />
Auf den zwei Ebenen tummeln sich in der Regel 360 Teilnehmer/-innen – der Bereich<br />
Business <strong>Training</strong> mit Firmenseminaren und offenen Seminaren nicht mitgerechnet.<br />
Gegen 11 Uhr vormittags sitzen die meisten in den Kursräumen. Standortleiterin<br />
Petra Niemann ist auf dem Weg in ihr Büro; Handwerker bauen Schränke<br />
zusammen. „Kleine Restarbeiten sind immer noch zu machen“, sagt die Leiterin<br />
mit einem verschmitzten Lächeln. Seit November 2009 ist der Umzug von der<br />
Süderstraße in den Wandalenweg abgeschlossen.<br />
„Die Räume sind hier größer,<br />
es ist näher zum Hauptbahnhof,<br />
und wir haben mehr Platz“, zählt Petra<br />
Niemann Gründe für den Standortwechsel<br />
auf. Trotzdem reichen die<br />
1.200 Quadratmeter am Wandalenweg<br />
derzeit nicht aus. Deshalb hat Petra<br />
Niemann drei <strong>weiter</strong>e Räume in der<br />
Hammerbrookstraße angemietet. Dort<br />
bilden sich Frauen und Männer zu Büroassistenten mit Buchführung <strong>weiter</strong>, in drei<br />
Halbtagskursen und einem Vollzeitkurs. „Im November 2009 boomte es plötzlich“,<br />
schildert die Standortleiterin. <strong>Das</strong> Ergebnis: Mehr Räume und mehr Weiterbildungen<br />
für angehende Büroassistenten. Nach Beendigung ihrer Weiterbildung<br />
können die Teilnehmer/-innen beispielsweise MS-Office professionell einsetzen,<br />
Arbeitsabläufe effektiv organisieren, Geschäftsvorfälle buchen und beherrschen<br />
die Buchhaltungspraxis mit DATEV und Lexware. Für Petra Niemann bilden die<br />
kaufmännischen Weiterbildungen einen tragenden Pfeiler ihres <strong>WBS</strong> Standorts.<br />
Mit Pflege am Puls der Zeit<br />
Ein anderer Schwerpunkt liegt im Bereich<br />
Pflege. So bilden die Trainer/<br />
-innen praxisnah zum Alltagsbegleiter<br />
für De- menzkranke aus. Nach sechs<br />
Monaten können die Teilnehmer/-innen<br />
Demenz- kranke aktiv unterstützen: Sie<br />
eignen sich psychologische Kernkompetenzen<br />
an, sind fit in der Grundpflege,<br />
und wissen, wie sie den<br />
Tagesablauf Demenzerkrankter planen<br />
müssen. Die Theorie erproben sie während<br />
eines Praktikums. Am Ende erhalten<br />
alle ein <strong>WBS</strong> Zertifikat, das die<br />
Lerninhalte dokumentiert. Petra Nie-<br />
Ob kaufmännische Weiterbildungen, Qualifizierungen für die Ges<br />
Teilnehmer/-innen an <strong>WBS</strong> schätzen, sind Zuverläs<br />
mann ist überzeugt: Bei diesem Angebot<br />
wird der Bedarf noch <strong>weiter</strong><br />
wachsen – genau wie beim Praxismanagement<br />
für Arzt- und heilberufliche<br />
Praxen, Pflege- und Gesundheitsinstitutionen.<br />
Da ist das Ziel, Frauen und<br />
Männer aus medizinischen, heilberuflichen<br />
oder kaufmännischen Berufen für<br />
die Leitung einer Arztpraxis auszubilden.<br />
Dabei geht es unter anderem um<br />
Qualitäts- und Finanzmanagement,<br />
Marketing und Patientenkommunikation.<br />
„Management von Praxen ist ein<br />
Riesenthema“, ist sich die gelernte<br />
Krankenschwester sicher.<br />
Immer mit einem Ohr am Markt<br />
<strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> Team am Wandalenweg<br />
kennt die Bedürfnisse des Hamburger<br />
Arbeitsmarktes genau. „Wir sind immer<br />
mit einem Ohr am Markt“, skizziert<br />
Standortleiterin Niemann. Zum<br />
einen analysiert die <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong><br />
laufend den Markt, zum anderen scannen<br />
regionale Teams regelmäßig die<br />
Arbeitsmarktsituation vor Ort – mithilfe<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
von Stellenanzeigen und Gesprächen mit Arbeitgebern. <strong>Das</strong> Ergebnis: 70 Prozent<br />
der Teilnehmer/-innen finden nach einer Maßnahme in der City Süd einen Job.<br />
Die strategische Ausrichtung an der Wirtschaft, gepaart mit den eigenen Themeninteressen<br />
ihres Teams und der ganz persönlichen Teilnehmerbetreuung bilden<br />
Petra Niemanns Erfolgsrezept.<br />
Mit Business-<strong>Training</strong> auf Erfolgskurs<br />
<strong>Das</strong> kann Nadine Rosenow für ihr Tätigkeitsfeld Business <strong>Training</strong> nur unterstreichen.<br />
Seit 2007 arbeitet sie in Hamburg für <strong>WBS</strong> und baut den Bereich kontinuierlich<br />
aus. Mit Erfolg. Im Februar bekommt sie darum eine Kollegin zur Verstärkung.<br />
„Ende 2009 ist es richtig losgegangen. Deshalb kann ich im Moment nicht<br />
aktiv auf die Firmen zugehen, sondern nur noch reagieren“, beschreibt sie. Zwar<br />
merkt sie schon, dass Unternehmen<br />
aus verschiedenen Branchen in der<br />
Krise stecken – aber längst nicht alle.<br />
Zu ihren Kunden gehören überwiegend<br />
Fach- und Führungskräfte aus<br />
mittelständischen und Groß-Unternehmen;<br />
oftmals sind es inzwischen<br />
Stammkunden. Sie greifen gerne auf<br />
bereits entwickelte <strong>Training</strong>sprogramme<br />
zu, aber Nadine Rosenow schneidert<br />
ihnen auch ganz individuelle Angebot nach Maß. „Derzeit sind vor allem<br />
Seminare zu Kundenfreundlichkeit und Servicequalität gefragt“, schildert die Firmenkundenbetreuerin.<br />
Sie arbeitet auch Angebote für Kunden aus, die ihre Mitarbeiter<br />
während der Kurzarbeit <strong>weiter</strong>bilden wollen. Dabei wird die Palette von<br />
IT über Sprachen und interkulturellen <strong>Training</strong>s bis hin zur Entwicklung persönlicher<br />
und sozialer Kompetenzen sowie Marketing, Verkauf und Vertrieb abgedeckt.<br />
<strong>WBS</strong> Trainer gehen auch zu Inhouse-Schulungen in die Unternehmen; auf Wunsch<br />
geben sie den Teilnehmern/-innen vor Ort direkt Feedback beim Umsetzen von<br />
der Theorie in die Praxis. Was Auftraggeber an <strong>WBS</strong> schätzen, weiß Rosenow<br />
genau: „Unsere Zuverlässigkeit, unsere Qualität, unsere Entscheidung für die richtigen<br />
Trainer und unseren Service. Wir kümmern uns um alles, und durch den<br />
engen Kontakt zu den Unternehmen wissen wir einfach, was sie brauchen.“ <strong>Das</strong><br />
möglichst genau heraus zu arbeiten, reizt Nadine Rosenow: „Die Aufgaben sind<br />
vielfältig, kein Thema ist wie das andere, ich lerne sehr viel, erhalte Einblicke in die<br />
Unternehmen und berate sehr gerne. Mein Job macht mir total Spaß.“<br />
Von Kopf bis Fuß auf Wachstum<br />
eingestellt<br />
Petra Niemann nickt. Auch sie liebt ihren<br />
Beruf. Seit 1992 ist sie bei der <strong>WBS</strong><br />
und hat den Hamburger Standort mit<br />
aufgebaut. Sie hat die gesamte Entwicklung<br />
miterlebt und kennt deshalb<br />
die Zugpferde des aktuellen Angebots<br />
genau: Neben Pflege und dem Bereich<br />
„Kaufmännisch, Wirtschaft, Verwaltung“<br />
gehören dazu vor allem SAP in<br />
allen Variationen, Automatisierungstechnik<br />
sowie Lager und Logistik.<br />
„Aber auch Sicherheit und Wachschutz<br />
sind bei uns sehr gefragt“, ergänzt<br />
sie. Peu à peu sind die Nachfragen<br />
in diesem Bereich gewachsen –<br />
genau wie der <strong>WBS</strong> Standort in der<br />
City Süd. Angefangen hat alles vor<br />
rund 18 Jahren in Mundsburg mit zwei<br />
Mitarbeitern. 2009 waren es elf, heute<br />
sind es 22 Teammitglieder, die 40 Qualifizierungen<br />
im Jahr auf die Beine stellen.<br />
Die Teilnehmer/-innen kommen für<br />
die Fortbildungen aus einem Umkreis<br />
undheitswirtschaft oder Business <strong>Training</strong> – was Auftraggeber wie<br />
sigkeit, Qualität, die richtigen Trainer und Service.<br />
von 100 Kilometern. <strong>Das</strong> optimal auf<br />
die verschiedenen Bedürfnisse von Teilnehmern<br />
und Unternehmen abgestimmte<br />
Programm, die gute Vernetzung<br />
und das ausgeklügelte Business<br />
<strong>Training</strong> werden helfen, den <strong>WBS</strong><br />
Standort am Wandalenweg auf Wachstumskurs<br />
zu halten.<br />
Als der Zug aus Hamburg herausfährt,<br />
hat sich der Fesselballon ein Stück<br />
Richtung Himmel bewegt. Und genau<br />
das tut die <strong>WBS</strong> in der City Süd auch,<br />
sie bewegt Teilnehmer, Unternehmer<br />
und somit letztlich auch die Hafenstadt.<br />
n<br />
<strong>WBS</strong> vor Ort<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 23
<strong>WBS</strong> vor Ort<br />
24<br />
Kurzportrait <strong>WBS</strong> Frankfurt/Main<br />
<strong>WBS</strong> Standort seit September 2007<br />
Frankfurt am Main ist die Kernstadt der Rhein-Main Region und hat ca. 660.000<br />
Einwohner. Die Europäische Zentralbank hat hier ihren Sitz, und die Stadt zählt<br />
auch weltweit zu den bedeutendsten Finanzmetropolen und den führenden Unternehmensstandorten.<br />
Die Wolkenkratzer der Banken und Unternehmen brachten<br />
Frankfurt den Spitznamen „Mainhattan“ ein. Als Dreh- und Angelpunkt vieler<br />
Touristen und Geschäftsreisender verfügt Frankfurt außerdem über einen der größten<br />
Flughäfen Europas.<br />
Lage des Standorts in der Stadt<br />
Sehr zentral, gegenüber dem Frankfurter Hauptbahnhof und mit den öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln ideal zu erreichen.<br />
Kapazität und Entwicklung<br />
Zwei Stockwerke mit je sieben Seminarräumen, die überwiegend mit EDV ausgestattet<br />
sind und Platz für 10–25 Teilnehmer/-innen bieten. Normalerweise laufen<br />
ca. 12–13 Lehrgänge parallel.<br />
Team<br />
Guido Schwegmann ist Diplom-<br />
Kaufmann (FH) und seit 2007 Standortleiter,<br />
sein Team besteht aus fünf<br />
Bildungsreferenten/-innen, zwei Organisationsassistentinnen<br />
sowie einem<br />
Praktikanten und einer Werkstudentin.<br />
Wer ist in der Regel als erstes<br />
am Telefon?<br />
Die erste telefonische Betreuung erfolgt<br />
durch die beiden Organisationsassistentinnen.<br />
Angebote/Leistungsschwerpunkte<br />
Projektmanager Alternative und Erneuerbare Energien, Berufsbilder der Gesundheitswirtschaft,<br />
Kaufmännisches BildungsCenter mit Englisch und EDV, Lager/Logistik/Materialwirtschaft,<br />
Qualifizierungen für Personalreferenten und Controller<br />
mit SAP, Businesstrainings, offene Seminare vor allem im Bereich SAP als Wochenendkurse.<br />
Neuheiten/Besonderheiten im Angebot<br />
Demnächst wird ein BildungsCenter für 3D- und CAD-Anwendungen ins Seminarprogramm<br />
aufgenommen. In der Weiterbildung für Arzthelfer/-innen kann ein<br />
Röntgenschein erworben werden.<br />
Ihr Motto?<br />
Für die <strong>WBS</strong> Frankfurt steht Kunden- und Mitarbeiterorientierung an oberster<br />
Stelle.<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
10 Minuten Business-Workout<br />
Meetings, Telefonanrufe, von einem Termin zum anderen hetzen.<br />
Keine Zeit für Bewegung? Kein Sportzeug dabei? Ab jetzt gibt es<br />
keine Ausreden mehr. Diese kleinen Übungen sind überall zu<br />
machen und sind ein wahrer Frischekick.<br />
Alltagsübung:<br />
Er<strong>weiter</strong>n des Brustkorbs<br />
Diese Übung macht glücklich und<br />
„öffnet das Herz“, gerade, wenn<br />
man sich erschöpft und niedergeschlagen<br />
fühlt.<br />
Löst Verspannungen in der Brust,<br />
dehnt die Hinterseite der Beine<br />
und mobilisiert die Wirbelsäule.<br />
Kräftigt die Arme.<br />
Ablauf der Übung<br />
Arme parallel mit Faust nach vorne<br />
strecken.<br />
Linken Fuß im Bogenschritt nach<br />
vorne setzen, gleichzeitig beide<br />
Arme zur Seite öffnen (zwei Mal<br />
hintereinander öffnen und wieder<br />
schließen), so dass der Brustbereich<br />
und die Innenseite der Arme<br />
gedehnt werden.<br />
Linken Fuß zurückziehen, Hände<br />
auf die Knie legen, Kniekehlen dehnen.<br />
Die Hände liegen dabei lokker<br />
auf den Kniescheiben, Ellbogen<br />
zeigen nach außen.<br />
In die Knie gehen, dabei die Fersen<br />
möglichst auf dem Boden lassen<br />
(Mogeln ist erlaubt).<br />
Susanne Preiss<br />
Shenzai – the qi gong company<br />
Work-Life-Balance<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 25
<strong>weiter</strong>... denken<br />
26<br />
Wettbewerbsfaktor Wissen<br />
In vielen Branchen entscheidet heute der Umgang mit Wissen maßgeblich<br />
über den Unternehmenserfolg. Effizientes Wissensmanagement<br />
stellt sicher, dass Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner stets<br />
wissen, was zählt.<br />
Von Kirstin von Elm<br />
Vier Millionen Bücher, 27.000 Fachzeitschriften und täglich werden es<br />
mehr – in der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften<br />
ZBW in Hamburg und Kiel lagert auf über 75 Regal-Kilometern<br />
das geballte Wirtschaftswissen dieser Welt. Dazu kommen<br />
noch unzählige digitale Dokumente verteilt auf Rechnern rund<br />
um den Globus. Die dem Kieler Institut für Weltwirtschaft angeschlossene<br />
ZBW ist damit die bestbestückte Wirtschaftsbibliothek<br />
auf diesem Planeten. Für jede ökonomische<br />
Fragestellung gibt es hier passende Antworten – vorausgesetzt<br />
man ist in der Lage, das relevante Wissen<br />
im ausufernden Informationsangebot überhaupt<br />
noch zu finden.<br />
Für jede Fragestellung<br />
die richtige Antwort –<br />
vorausgesetzt man<br />
findet sie.<br />
In der Innovationsabteilung der Bibliothek<br />
befasst sich ein interdisziplinäres Team aus<br />
Wirtschaftswissenschaftlern, Bibliothekaren<br />
und IT-Profis deshalb seit rund zwei Jahren intensiv<br />
mit dem Thema aktives Wissensmanagement.<br />
<strong>Das</strong> Ziel: Intelligente Suchmaschinen<br />
sollen künftig den Informationsbedarf des jeweiligen<br />
Nutzers bereits anhand weniger Suchkriterien<br />
genau erkennen und die passenden<br />
Quellen möglichst vollständig, aktuell und übersichtlich<br />
aufbereitet auswerfen. Außerdem experimentieren<br />
die Kieler Wissensmanager mit Web 2.0-<br />
Tools, beispielsweise einer Social-Bookmark-Funktion.<br />
Wissenschaftler und Studierende könnten dann persönliche<br />
Schlagwortkataloge anlegen und so andere<br />
an ihrem Wissen teilhaben lassen. Damit das<br />
klappt, müssen aber zunächst Unmengen von<br />
Dokumenten in den unterschiedlichsten Formaten,<br />
Medien und Sprachen digitalisiert und<br />
miteinander vernetzt werden – in der Praxis<br />
eine zeitaufwändige Herkulesaufgabe.<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
Nicht nur klassische Wissenshorte wie die großen Bibliotheken stehen heute vor<br />
der enormen Herausforderung, eine ständig wachsende, weltweit verteilte Wissensmenge<br />
zu vernetzen, zu strukturieren und den unterschiedlichsten Nutzergruppen<br />
in bedarfsgerechten Häppchen „just in time“ zur Verfügung zu stellen.<br />
Auch Unternehmen erkennen zunehmend die wirtschaftliche Bedeutung eines effizienten<br />
Wissensmanagements. „Angesichts der rasanten Ausbreitung der Informations-<br />
und Kommunikationstechnologien wird Wissen zum entscheidenden<br />
Produktions- und Erfolgsfaktor“, sagt Jessica Vogts, Referentin Qualitätsmanagement<br />
bei der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong>. <strong>Das</strong> Weiterbildungsunternehmen hat in den 30<br />
Jahren seines Bestehens einen großen Pool an Wissen erworben, der sich auf Mitarbeiter,<br />
Trainer, Partner und Teilnehmer/-innen an mittlerweile 50 Standorten bundesweit<br />
verteilt. Erfasst und veröffentlicht wird dieses Wissen derzeit über eine<br />
Vielzahl unterschiedlicher Tools wie z. B. Lotus Notes-Datenbanken, einen internen<br />
und externen Blog oder die unternehmenseigene Lernplattform e-Campus. Fehlende<br />
Verknüpfungen, Unübersichtlichkeit und zum Teil auch mangelnde Datenpflege<br />
erschweren es den Wissenshungrigen jedoch derzeit, die relevanten<br />
Informationen angesichts der Fülle an Lösungen schnell und mit vertretbarem Aufwand<br />
zu finden. Im Oktober 2009 wurde deshalb bei <strong>WBS</strong> die Projektgruppe „Wissensmanagement“<br />
gegründet. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschie-<br />
denen Unternehmensbereichen, darunter IT, Produktentwicklung, Marketing und<br />
Qualitätsmanagement, arbeiten hier gemeinsam an der Entwicklung von Tools<br />
und Strukturen, um das <strong>WBS</strong> Wissen bestmöglich zu erfassen, zu speichern und<br />
allen zugänglich zu machen. Dazu werden auch Social Network-Tools wie Wikis<br />
eingesetzt; ferner sind intensive Schulungsmaßnahmen geplant: „Die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter sollen motiviert werden, ihr Wissen zu teilen und die vorhandenen<br />
Wissensressourcen optimal zu nutzen“, erklärt Jessica Vogts.<br />
In der Weiterbildungsbranche, die im Wesentlichen vom Know-how ihrer Mitarbeiter<br />
lebt, ist der effiziente Umgang mit Wissen ein schlagkräftiger Wettbewerbsvorteil.<br />
<strong>Das</strong> Gleiche gilt für forschungsintensive Industrien oder weit verzweigte<br />
Unternehmen: „Hauptberufliche Wissensmanager oder eigene Abteilungen<br />
für Wissensmanagement leisten sich heute vor allem große Unternehmen mit<br />
vielen Standorten oder aus besonders wissensintensiven Branchen”, bestätigt Peter<br />
Heisig, Leiter und Gründer des European Research Centers for Knowledge and Innovation<br />
Eureki. <strong>Das</strong> Forschungs- und Beratungsunternehmen für Wissensmanagement<br />
mit Sitz in Berlin und Cambridge ist 2005 als Spin-Off aus der Fraunhofer-Gesellschaft<br />
hervorgegangen; auf der Kundenliste stehen Banken, Behörden<br />
und große Industrieunternehmen. Siemens unterhält beispielsweise innerhalb<br />
der Zentralen Forschung ein Fachzentrum für Wissensmanagement. Die 34 Mitarbeiter<br />
– überwiegend mit naturwissenschaftlichem Hintergrund – arbeiten in<br />
München, den USA und in China. Ihr Auftrag lautet, das umfangreiche, weltweit<br />
verteilte Konzernwissen zu vernetzen und zu strukturieren, so dass Entwicklungsprojekte<br />
schneller vorangetrieben werden können. Auch der Energieversorger<br />
EnBW, der Flugzeugbauer Airbus, der Stahlkonzern Thyssen-Krupp oder der weltweit<br />
aktive Versandhändler Otto beschäftigen Vollzeit-Wissensmanager, ebenso<br />
große Beratungsgesellschaften wie Booz & Co oder Wirtschaftskanzleien.<br />
Mittelständischen Betrieben fällt es dagegen oft schwer, Zeit und Geld in den professionelleren<br />
Umgang mit Wissen zu investieren; dabei ist der Bedarf keineswegs<br />
geringer als bei international agierenden Konzernen. Gerade in inhabergeführten<br />
Betrieben konzentriert sich oft ein Großteil des erfolgsrelevanten Wissens auf den<br />
Firmenchef: Der Boss bildet eine einsame<br />
Wissensinsel – mit der Folge,<br />
dass er den Großteil aller Anfragen von<br />
Kunden und Mitarbeitern selbst beantworten<br />
muss und ständig bei wichtigen<br />
Aufgaben unterbrochen wird.<br />
Eine zentrale Zielsetzung von Wissensmanagementprojekten<br />
in KMU kann<br />
deshalb lauten, implizites Wissen aus<br />
den Köpfen des jeweiligen Experten zu<br />
explizieren, um sie zu entlasten, Doppelanfragen<br />
zu vermeiden und das<br />
Wissen im Unternehmen auf eine breitere<br />
Basis zu stellen. Andernfalls droht<br />
die Gefahr, dass der Geschäftsbetrieb<br />
komplett zusammenbricht, wenn der<br />
jeweilige Wissensträger ausfällt oder<br />
gar das Unternehmen verlässt. Zudem<br />
lassen sich durch effizientes Wissens-<br />
Eine ständig wachsende Wissensmenge zu vernetzen und zur<br />
Verfügung zu stellen, ist eine enorme Herausforderung.<br />
management zeitraubende Meetings<br />
auf ein Minimum reduzieren – ein Vorteil<br />
gerade in kleineren Betrieben mit<br />
dünner Personaldecke. Darüber hinaus<br />
beinhaltet Wissensmanagement oft<br />
das Standardisieren und Optimieren<br />
von Prozessen. So lassen sich überflüssige<br />
Arbeitsschritte einsparen, das Un-<br />
<strong>weiter</strong>... denken<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 27
<strong>weiter</strong>... denken<br />
28<br />
Kurzmeldungen<br />
Zeitarbeit baut Brücken<br />
Zeitarbeit hat in den vergangenen Jahren<br />
<strong>weiter</strong> an Bedeutung gewonnen und die<br />
Dynamik der Arbeitsmarktentwicklungen<br />
mitbestimmt. Der neue Bericht des Bundeskabinetts<br />
stellt diese Entwicklung im<br />
Zeitraum von 2005 bis 2008 dar.<br />
www.bmas.de/portal/41564/<br />
Flexible Arbeitszeit und Kurzarbeit<br />
sicherten Jobs<br />
Flexible Arbeitszeiten haben die Wirtschaftskrise<br />
2009 am deutschen Arbeitsmarkt<br />
größtenteils abgefangen, so das<br />
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />
(IAB). Durch Kurzarbeit und Senkung<br />
der Überstunden etc. wurden rund<br />
1,2 Millionen Jobs gesichert, dabei ging<br />
die durchschnittliche Jahresarbeitszeit der<br />
Arbeitnehmer um 3,2 Prozent zurück.<br />
Während etwa 1 Prozent der Vollzeitstellen<br />
verloren ging, stieg die Zahl der Teilzeitbeschäftigten<br />
um 1,8 Prozent an. Die<br />
Teilzeitbeschäftigung hänge weniger von<br />
der Konjunktur ab, so die IAB-Experten.<br />
Aufschwung und Krise wirken<br />
regional unterschiedlich<br />
Aufschwung und Krise zeigen regional unterschiedliche<br />
Auswirkungen: Während<br />
der Anteil der sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter von<br />
15 bis 64 Jahren sowohl in Ost als auch<br />
in West bei rund 50 Prozent liegt, ist die<br />
Arbeitslosenquote in Ostdeutschland immer<br />
noch doppelt so hoch wie im Westen.<br />
www.iab.de/194/section.aspx/<br />
Publikation/k100202n02<br />
Lockerung befristeter<br />
Beschäftigung<br />
Arbeitnehmer, die bereits einmal im Betrieb<br />
beschäftigt waren, dürfen derzeit<br />
nicht erneut ohne Sachgrund befristet angestellt<br />
werden. Dieses beschäftigungshemmende<br />
Verbot will die Bundesregierung<br />
nun kippen. (IW Köln)<br />
ternehmen wird schneller, flexibler und<br />
effizienter. Vielen KMU bereitet es in<br />
der Praxis beispielsweise erhebliche<br />
Probleme, Angebote zeitnah und<br />
marktgerecht zu kalkulieren und Termine<br />
realistisch zu planen. Preise werden<br />
auf Basis alter Rechnungen oder<br />
überholter Einheitssätze festgelegt, Lieferzusagen<br />
nach Bauchgefühl erteilt.<br />
Die Firma Cruse Leppelmann Kognitionstechnik<br />
CLK aus Münster stieß mit<br />
diesem Verfahren im Zuge des Firmenwachstums<br />
vor einigen Jahren an ihre<br />
Grenzen. <strong>Das</strong> Unternehmen aus Münster<br />
beschäftigt 18 Mitarbeiter/-innen<br />
und entwickelt optische Prüfsysteme,<br />
die beispielsweise in der Nahrungsmittelindustrie<br />
zur automatischen Qualitätskontrolle<br />
und Produktidentifikation<br />
zum Einsatz kommen. Bei CLK entschied<br />
man sich, Projekte in möglichst<br />
viele Bausteine zu zerlegen und daraus<br />
ein flexibles Kalkulationsprogramm mit<br />
vielen Variablen zu entwickeln, in das<br />
laufend neue Ergebnisse eingepflegt<br />
werden. „Seit wir unsere Angebote<br />
mit System erstellen, können wir viel<br />
flexibler und schneller reagieren,“ freut<br />
sich Vertriebsleiter Martin Decker. CLK<br />
ist eines von 25 mittelständischen Unternehmen,<br />
die 2006 im Rahmen der<br />
Initiative „Fit für den Wissenswettbewerb“<br />
für ihre gelungene Wissensmanagement-Lösungen<br />
vom Bundeswirtschaftsministeriumausgezeichnetwurden.<br />
<strong>Das</strong>s Wissensmanagement unab-<br />
hängig von der Firmengröße erheblich<br />
zum Erfolg beiträgt, steht für Eureki-<br />
Geschäftsführer Peter Heisig außer<br />
Frage: „Es gibt den Begriff des Computer-Analphabetentums,<br />
das sich heute<br />
keiner mehr leisten kann – Analphabetentum<br />
im Umgang mit Wissen<br />
ist aber noch viel gefährlicher.“ n<br />
Informationsquellen im Internet:<br />
www.wissenmanagen.net<br />
Initiative "Fit für den Wissenswettbewerb"<br />
des BMWI<br />
Fallbeispiele, Veranstaltungen und<br />
Informationsmaterial<br />
www.wissensmanagement.net/<br />
know_how/fachliteratur/<br />
amazon.shtml<br />
Wissensmanagement: <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />
für Führungskräfte, Printausgabe<br />
8-mal pro Jahr, auf der Website unter<br />
„Fachliteratur” finden Sie aktuelle<br />
Bücher zum Thema<br />
Berufsbegleitendes Studium:<br />
www.studiumwissensmanagement.de<br />
TU Chemnitz: Master-Studium, zwei<br />
Semester (erfordert Hochschulabschluss,<br />
mindestens zwei Jahre Berufserfahrung,<br />
sicheres Englisch)<br />
www.wissensprofi.org<br />
Universität Magdeburg: zwei Semester<br />
(mit Präsenzphasen)<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
Tempo raus, Ruhe rein<br />
Denken Sie oft, dass die Zeit an Ihnen vorbei rast? Sehnen Sie sich<br />
nach Ruhe, Harmonie und Gelassenheit? Fühlen Sie sich ausgelaugt?<br />
Dann schalten Sie besser runter. Weil Tempo und Druck im Berufs- und<br />
Privatleben ständig zunehmen, sollten wir lernen zu entschleunigen.<br />
Was das genau bedeutet und wie wir unseren Alltag entspannter<br />
gestalten können, weiß Susanne Preiss (Hamburg),Trainerin für Stressmanagement<br />
und Qi Gong.<br />
Interview: Heidi Wahl<br />
Sie sind Mutter zweier Kinder, Geschäftsführerin<br />
von „SHENZAI – the qi<br />
gong company“, Trainerin, Dozentin<br />
und telefonisch schwer zu erreichen.<br />
Sind Sie im Stress?<br />
Seit ich selbstständig bin, ist die Arbeitsbelastung<br />
größer geworden und die Aufgaben<br />
sind vielfältiger im Vergleich zu früher, als ich<br />
fest angestellte Werberin war. Aber ich fühle<br />
mich nicht gestresst, weil ich gelassener mit<br />
meiner Arbeit umgehe. Beispielsweise habe<br />
ich heute morgen, nachdem die Kinder aus<br />
dem Haus waren, 45 Minuten lang verschiedene<br />
Atem- und Bewegungsübungen aus<br />
dem Qi Gong gemacht. So gehe ich ganz<br />
ruhig in einen sehr ausgefüllten Tag. Außerdem<br />
kann ich selbst bestimmen, was und wie<br />
viel ich arbeite. Manchmal lasse ich Dinge rigoros<br />
liegen. Unerledigt.<br />
In Ihren Kursen lernen die Teilnehmer<br />
Entschleunigung. Was<br />
genau bedeutet das, sich zu<br />
entschleunigen?<br />
Erst einmal, das Tempo rauszunehmen.<br />
Sich regenerieren, ausruhen,<br />
Energie tanken. Denn im Berufsleben<br />
ist der Druck heutzutage immens,<br />
auch durch Fusionen, Umstrukturierungen<br />
und Entlassungen. Manchmal muss<br />
die halbe Mannschaft das gleiche Pensum<br />
stemmen wie vorher und die gleichen<br />
Zahlen bzw. Ergebnisse liefern. Dazu<br />
kommen Globalisierung und Vernetzung<br />
durch das Internet. Gleichzeitig nehmen<br />
Tempo und Kommunikationsdichte zu, durch<br />
Mobiltelefone, Laptops und E-Mails ist man<br />
ständig erreichbar. Keine Minute darf vergeudet<br />
werden, Zeiteffizienz ist das Kriterium. Die<br />
natürlichen Ruhepausen – etwa auf der Fahrt<br />
zu Terminen – fehlen.<br />
Was tun Sie, um sich selbst und Ihren<br />
drei Mitarbeitern ein entschleunigtes<br />
Arbeiten zu ermöglichen?<br />
Zwischendurch, wenn die Konzentration<br />
nachlässt und der Kopf voll ist, werden die<br />
Fenster aufgemacht und wir bewegen uns.<br />
Möglichst alle 90 bis 120 Minuten.<br />
Woran merkt man, dass man an der<br />
„Hurry Sickness“, also an der Geschwindigkeits-<br />
oder Hetzkrankheit<br />
leidet und dringend<br />
einen Gang runterschalten<br />
sollte?<br />
Die Folgen eines beschleunigten,<br />
hektischen Lebens<br />
sind innere Unruhe, Unzufriedenheit,<br />
Gereiztheit, Nervosität,<br />
Aggressivität, Durchblutungsstörungen<br />
und klassische<br />
Befindensstörungen<br />
wie Magenschmerzen, Rückenschmerzen,Kopfschmerzen,<br />
Erschöpfungszustände,<br />
Konzentrationsstörungen<br />
oder Schlaflosigkeit.<br />
Was genau lernen Angestellte, deren<br />
Chefs ihnen einen Kurs inhouse oder<br />
an einem Tagungsort spendiert<br />
haben?<br />
Firmen, für die Entschleunigung oder Stressreduktion<br />
zur Unternehmenskultur gehören,<br />
für die haben Seminare einen Belohnungscharakter.<br />
Wenn die Teilnehmer/-innen mal<br />
zwei Tage raus aus der Firma sind, sagen sie<br />
oft, das ist wie eine Mini-Kur. Sie spüren ihren<br />
Körper wieder, erleben Ruhe, bauen eine natürliche<br />
Distanz zum Alltag auf und laden ihre<br />
Batterien auf. Viele können anfangs die Ruhe<br />
nicht ertragen, sie fühlen sich unwohl. <strong>Das</strong> ist<br />
kein Wunder, denn der Sympathikus, also ein<br />
Teil des vegetativen Nervensystems, das die<br />
Organe steuert und den Körper in hohe Leistungsbereitschaft<br />
versetzt, ist hyperaktiv. Innerhalb<br />
von zwei Tagen machen die Teilnehmer/-innen<br />
eine Entwicklung durch, die<br />
sie als wohltuend und energiespendend beschreiben.<br />
Expertengespräch<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 29
Expertengespräch<br />
30<br />
Mit welcher Methode arbeiten Sie?<br />
Mit einem Drei-Ebenen-Modell. <strong>Das</strong> besteht aus Übungen für die Atmung, aus Bewegung – also<br />
Muskelaufbau für Bauch und Rücken sowie Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems – und aus Entspannung.<br />
Diese Kombination ermöglicht eine optimale körperliche Erholung. Viele Übungen<br />
kommen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin, dem Qi Gong. Wir zeigen den Teilnehmern/-innen<br />
nur solche Dinge, die sie später alleine, zu Hause oder im Büro, <strong>weiter</strong>hin machen<br />
können. In der Dosierung, die ihnen gut tut.<br />
Woran merken Führungskräfte und Manager, dass ihre Mitarbeiter von einem<br />
Entschleunigungs-Seminar profitieren?<br />
Sie sind motivierter, weil sie merken: Aha, mein Chef sieht, was ich mache, und kümmert sich um<br />
mich. Gleichzeitig stellt sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl der einzelnen Teilnehmer/-innen<br />
ein, also ein Effekt von klassischen Teambuildings. Die Leute agieren gemeinsam, Hierarchien<br />
lösen sich auf. Denn wenn jemand sieht, auch dem, der sonst immer der große Macker ist, gelingt<br />
die Übung auch nicht auf Anhieb, relativiert sich vieles.<br />
Worin besteht der Unterschied zwischen Stressmanagement und Entschleunigung?<br />
Es gibt eigentlich keinen. <strong>Das</strong> ist eine reine Namens- oder Bezeichnungsfrage. Ein Beispiel: Ingenieuren<br />
oder reinen Männergruppen brauchen Sie nicht mit Qi Gong zu kommen. Die denken<br />
nur, ach du grüne Neune, das hat doch meine Frau schon mal bei der Volkshochschule gemacht.<br />
Männer brauchen handfeste Fakten: Wieso machen wir das, was bringt es und wer macht das<br />
noch?<br />
Und wie tricksen Sie solch skeptische Teilnehmer/-innen aus?<br />
Ich arbeite etwa mit dem Leistungssportler und Triathlon-Europameister Hartmut Nienaber zusammen.<br />
Da hören immer alle gespannt zu und sind voll dabei. Und dann machen wir frühmorgens<br />
knackige Übungen auf der Wiese und am Ende eine Meditation in Bewegung. Erst<br />
dann verraten wird, dass das jetzt Qi Gong war.<br />
Wie reagieren die Männer dann?<br />
Sie sind die besten Multiplikatoren, die man sich vorstellen kann.<br />
Welche Rolle spielt die Zeit in der chinesischen bzw. asiatischen Kultur, wo<br />
Qi Gong ja eine 3000 Jahre lange Tradition hat?<br />
Auch Asien wandelt sich, dort ist das Leben fast noch beschleunigter als hierzulande. Allerdings<br />
ist die Traditionelle Chinesische Medizin, zu der ja neben Qi Gong auch Akupunktur und Kräutertherapien<br />
gehören, darauf bedacht, das Leben mit der Natur in Einklang zu bringen: also auf<br />
Ernährung, Bewegung, psychische und physische Gesundheit zu achten.<br />
Was können ein Selbstständiger oder eine Arbeitnehmerin tun, die sich ein zweitägiges<br />
Entschleunigungs-Seminar bei Ihnen nicht leisten können?<br />
Es gibt viele Angebote um die Ecke, bei Volkshochschulen, Ver-<br />
Verantwortung<br />
für das persön-<br />
liche Wohlbefinden<br />
übernehmen.<br />
einen oder Fitnesscentern, etwa für Qi Gong oder Yoga. Selbst<br />
das Wiedererlernen der tiefen Bauchatmung ist schon mal hilfreich.<br />
<strong>Das</strong> Wichtigste ist jedoch, dass die Verantwortung für das<br />
persönliche Wohlbefinden und die Gesundheit nicht an andere<br />
abgegeben wird.<br />
Da stimme ich Ihnen zu. <strong>Das</strong> Problem ist doch aber<br />
oft, dass die Menschen nicht die Selbstdisziplin aufbringen, sich regelmäßig zu<br />
bewegen, Pausen einzulegen oder sich gesund zu ernähren.<br />
Sie haben recht. Da helfen nur positive Erlebnisse und Erfahrungen oder ein großer Leidensdruck.<br />
Ein strammer Spaziergang um den Block in der Mittagspause ist schon mal ein guter Ansatz,<br />
genauso wie regelmäßige Pausen. Denn wer sich über seine Erschöpfungsgrenzen hinaus<br />
quält, dessen Arbeitsqualität wird nicht besser – im Gegenteil. Studien haben gezeigt, dass Menschen<br />
zwei bis fünf Jahre brauchen, um eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern. Man muss der<br />
Zeit Zeit lassen! n<br />
Kurzmeldungen<br />
Familienfreundlichkeit: Deutschland<br />
mittelprächtig<br />
Deutschland landet in puncto Familienfreundlichkeit<br />
in Europa auf einem Mittelplatz.<br />
Die besten Bedingungen für Eltern<br />
und ihren Nachwuchs bieten die skandinavischen<br />
Länder, wie eine IW-Untersuchung<br />
zeigt.<br />
Kinderbetreuung: Von der Bastelstube<br />
zur Bildungsinstitution<br />
Kinder, die für einen längeren Zeitraum<br />
eine Tageseinrichtung besuchen, erhöhen<br />
auch ihre Bildungschancen. Doch gerade<br />
der Nachwuchs aus benachteiligten Verhältnissen<br />
bleibt den Betreuungsstätten<br />
oftmals fern.<br />
Pflegerisiko: Eine Sache des Alters<br />
Die Menschen werden immer älter – und<br />
mit jedem Jahr jenseits der 65 steigt das<br />
Risiko, zum Pflegefall zu werden, überproportional<br />
an. Bis zum Alter von 54 Jahren<br />
benötigt nicht einmal jeder Hundertste<br />
professionelle Hilfe – in der Gruppe der<br />
75- bis 79-Jährigen kommt dagegen schon<br />
jeder Zehnte nicht mehr alleine zu recht.<br />
Beste Arbeitgeber kommen aus<br />
Olpe, Berlin und Altenstadt<br />
In Berlin sind die Sieger des bundesweiten<br />
Wettbewerbs „Beste Arbeitgeber im Gesundheitswesen<br />
<strong>2010</strong>” ausgezeichnet worden.<br />
Ganz vorne: der Caritasverband Olpe,<br />
das Berlin-Brandenburger Altenpflegeunternehmen<br />
domino-world und das Seniorenwohnheim<br />
Löffler aus Altenstadt in<br />
der Oberpfalz.<br />
www.bmas.de/portal/41952/<br />
Initiative für Beschäftigung<br />
Im Wettbewerb der Initiative für Beschäftigung<br />
unter dem Motto „Beschäftigung<br />
gestalten“ wurden 15 Unternehmen nominiert,<br />
die sich durch ihre Beiträge zur<br />
Nachwuchssicherung, Mitarbeiterbindung<br />
und Sicherung von Arbeitsplätzen auszeichnen.<br />
Ziel des Wettbewerbs ist es, vorbildliches<br />
unternehmerisches Engagement<br />
für Arbeit und Ausbildung öffentlich zu<br />
würdigen und andere Unternehmen zur<br />
Nachahmung anzuregen. Die Gewinner<br />
werden am 4. Mai <strong>2010</strong> ausgezeichnet.<br />
www.bmas.de/portal/33660<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
Ob Umschulung oder Aufstiegsqualifikation: Weiterbildung ist wertvoll.<br />
Entscheidend ist der konkrete Nutzen: Wie geht es danach <strong>weiter</strong>?<br />
Die Rubrik <strong>weiter</strong>... kommen stellt erfolgreiche Berufswege vor.<br />
Zum Beispiel:<br />
Stephanie Irnstetter<br />
Von Barbara Maria Zollner<br />
Wer unter Erfolg ein üppig gefülltes Bankkonto und<br />
komfortable Lebensumstände versteht, würde im<br />
ersten Moment wohl nicht an Stephanie Irnstetter<br />
denken: Seit vor wenigen Wochen ihr Mann verstarb,<br />
ist sie alleinerziehende Mutter einer vierjährigen<br />
Tochter und hat nicht genug Geld für<br />
den Führerschein, den sie für einen neuen Job<br />
braucht. Also recherchiert sie im Internet, was es<br />
an Stiftungen gibt, die in solchen Notlagen einspringen.<br />
Dabei beweist die 42-Jährige genau die<br />
Qualitäten, die erfolgreiche Menschen auszeichnen:<br />
Sie setzt sich Ziele, ist aktiv und bereit, etwas Neues<br />
auszuprobieren; sie tut, was sie auch macht, mit Engagement<br />
und Begeisterung; sie ist flexibel,<br />
sieht Probleme als Chancen und übernimmt<br />
Verantwortung.<br />
Um die Weiterbildung gekämpft<br />
Vor einem Jahr absolvierte Stephanie<br />
Irnstetter in München als eine der<br />
ersten die Qualifizierung zur Pflegehelferin.<br />
Ihr Elan und ihre offene,<br />
freundliche Art, mit anderen<br />
Menschen in Kontakt zu treten,<br />
fallen auf; sie weiß, wo sie hin<br />
will, sie kümmert sich um andere<br />
und reflektiert dabei ihre<br />
Rolle in der Gruppe. „Ich habe<br />
um diese Weiterbildung gekämpft“,<br />
erklärt sie, denn als<br />
Bürokauffrau mit abgeschlossener<br />
Ausbildung und vielfältiger<br />
Berufserfahrung wurde<br />
ihr Antrag auf Qualifizierung<br />
zuerst abgelehnt. Gelernt<br />
hatte Irnstetter bei einem<br />
Unternehmen für Optikgerätebau<br />
in München; nachdem<br />
der Betriebsteil in München<br />
wegen Insolvenz aufgelöst<br />
wurde, arbeitete sie erstmals in<br />
einem sozialen Betrieb, bei der Drogenberatungsstelle<br />
Condrops. Nach einem<br />
Jahr wechselte sie in eine Zeitarbeitsfirma:<br />
„<strong>Das</strong> war ein bewusster<br />
Schritt“, erklärt sie. „Ich bin von Natur<br />
aus neugierig, ich wollte mich<br />
orientieren und konnte so Verschiedenes<br />
ausprobieren.“<br />
Mit Leib und Seele Bürokauffrau<br />
Sie arbeitete unter anderem in<br />
einer kroatischen Im- und Exportfirma,<br />
bei Banken und Versicherungen,<br />
im Krankenhaus – in<br />
allen möglichen Tätigkeitsfeldern,<br />
von der „Tippse“<br />
über die Teamassistentin<br />
bis ins Chefsekretariat.<br />
„Ich konnte dadurch<br />
viel lernen; es<br />
gab immer neue Computerprogramme,<br />
und ich habe jede<br />
Weiterbildung mitgemacht,<br />
die mir angeboten<br />
wurde.“<br />
Darüber hinaus bescherten<br />
ihr diese<br />
Jahre einen Erfahrungsschatz:<br />
immer<br />
wieder neue Branchen,<br />
neue Kollegen<br />
und neue Konstellationen,<br />
in die<br />
sie sich hinein finden<br />
musste. „Damals<br />
war ich mit<br />
Leib und Seele Bürokauffrau.“<br />
<strong>weiter</strong>... kommen<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 31
<strong>weiter</strong>... kommen<br />
32<br />
Mit dem Kriseninterventionszentrum des Bezirkskrankenhauses Haar kam Stephanie<br />
Irnstetter abermals zu einem Arbeitgeber im Sozialbereich und war dort abwechselnd<br />
Chefsekretärin und Mädchen für alles: Sie half Patienten beim Ausfüllen<br />
von Anträgen, übernahm Behördengänge für Ältere, organisierte Mittagstreff und<br />
Schülerhilfe – und entdeckte wieder ihre Gabe, andere zu unterstützen und Verantwortung<br />
zu übernehmen. Als die Partnerin ihres Vaters, eines selbstständigen<br />
Leasingmaklers, starb, kümmerte sich Stephanie Irnstetter drei Jahre lang um dessen<br />
Büro. Nach der Geburt ihrer Tochter Emily suchte Irnstetter wieder eine Festanstellung<br />
– und machte die Erfahrung, dass sie mit 38 zu alt und aufgrund ihrer<br />
vielfältigen Berufserfahrung als überqualifiziert galt. In klassischen Bewerbungsverfahren<br />
auf Ausbildungsberufe gilt informelles Lernen immer noch wenig, stattdessen<br />
wurde die Erfahrung mit hohem Gehalt gleichgesetzt und zum Einstellungshindernis.<br />
Nach 120 Bewerbungen und über 100 Absagen besinnt sich Stephanie Irnstetter,<br />
was sie sonst noch kann und was ihr liegt: Als Schulbusbegleiterin und ehrenamtliche<br />
Pflegehilfe hatte sie sich während des Erziehungsurlaubs im Wohnumfeld<br />
engagiert; nun informiert sie sich, absolviert ein sechswöchiges<br />
Praktikum in einem Verein für integriertes Woh-<br />
Man muss um<br />
seine Sache<br />
kämpfen und darf<br />
nicht aufgeben.<br />
nen. Einen Job in Aussicht gelingt es ihr, die Weiterbildung<br />
bewilligt zu bekommen. Ihr Rezept: „Man muss<br />
um seine Sache kämpfen: argumentieren, immer wieder<br />
Alternativen vorschlagen, mit Arbeitsgebern reden, Vorschläge<br />
machen.” Für einen Pflegedienst betreute Irnstetter<br />
nun ein Jahr lang alte Menschen in einem Haus<br />
mit Seniorenappartements im Schichtdienst; um die kleine<br />
Tochter kümmerte sich derweil ihr kranker Mann, der als Frührentner zu Hause<br />
war. Nun, nach seinem plötzlichen Tod, scheidet Schichtdienst in einer Einrichtung<br />
am anderen Ende der Stadt aus: Sie muss sich um die kleine Emily kümmern. Eine<br />
Lösung dafür hat Stephanie Irnstetter schon gefunden: Wenn sie ambulante Hauspflege<br />
übernimmt, kann sie das Kind vor und nach dem Kindergarten im Auto<br />
mitnehmen. Den Job hat sie schon, nun fehlt noch der Führerschein – und das<br />
nötige Geld dafür. Doch Stephanie Irnstetter wäre nicht sie, fände sie hier keine<br />
Lösung: Nett und beharrlich ist sie, und sie weiß, was sie will. n<br />
Kurzmeldungen<br />
Regionaler Arbeitsmarktmonitor<br />
Die Landesregierung von Baden-Württemberg<br />
und die Bundesagentur für Arbeit<br />
stellten am 22. Januar <strong>2010</strong> ein neues<br />
Analyse-Instrument der Arbeitsagenturen<br />
vor: den Regionalen Arbeitsmarktmonitor.<br />
Dieser ermöglicht durch exakte regionale<br />
Daten maßgeschneiderte Hilfestellungen.<br />
Während bundesweite Einheitskonzepte<br />
oft nur stellenweise Wirkung zeigten, geht<br />
der Arbeitsmarktmonitor auf Chancen und<br />
Risiken jeder einzelnen Region ein. Er zeigt<br />
beispielsweise, wie hoch das Risiko in einer<br />
Region ist, die Arbeit zu verlieren (Beschäftigungsrisiko)<br />
oder wie gut oder<br />
schlecht die Region strukturell aufgestellt<br />
ist (zum Beispiel soziale Lage, Schulabbrecherquote,<br />
Bildungsschnitt).<br />
Auf diese Weise entsteht ein differenziertes<br />
Bild, das hilft, die Arbeitswelt besser<br />
zu verstehen: Künftige Entwicklungen können<br />
eingeschätzt und rechtzeitig berücksichtigt<br />
werden. Die Arbeitsmarktpolitik<br />
kann besser mit Bildungsstrategien und<br />
Wirtschaftsförderung vernetzt werden.<br />
In drei Regionen Deutschlands ist der Arbeitsmarktmonitor<br />
bereits im Testlauf: in<br />
der Ortenau (Offenburg), Wetzlar und Lüneburg.<br />
Stellvertretend für viele Regionen<br />
im Südwesten stellt sich in der Ortenau die<br />
Frage, wie qualifizierter Nachwuchs für<br />
Unternehmen gesichert werden kann. So<br />
soll Akademikern die Rückkehr nach einem<br />
Studium in Karlsruhe, Freiburg, Straßburg<br />
oder Basel mit mehr Arbeitsplatzangeboten<br />
für Hochqualifizierte und durch<br />
familienfreundliche Wohn- und Arbeitsorte<br />
schmackhaft gemacht werden.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.arbeitsagentur.de/nn_27044/<br />
zentralerContent/Pressemeldungen/<br />
<strong>2010</strong>/Presse-10-004.html<br />
Zukunftsbranche Sozialwirtschaft<br />
Die Sozialwirtschaft als Zukunftsbranche<br />
in Deutschland stärken und ihre Personalentwicklung<br />
verbessern – dies sind die<br />
Ziele des Programms „rückenwind – Für<br />
die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft”,<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
das durch das Bundesministerium für Arbeit<br />
und Soziales (BMAS) und die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Freien Wohlfahrtspflege<br />
(B<strong>AG</strong>FW) ins Leben gerufen<br />
wurde.<br />
www.bmas.de/portal/41634/<br />
Gleiche Chancen für Frauen<br />
Mehr Chancen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt<br />
zu schaffen – diese Idee steht<br />
hinter der neuen Bundesinitiative "Gleichstellung<br />
von Frauen in der Wirtschaft", einem<br />
Programm des Bundesministeriums<br />
für Arbeit und Soziales (BMAS), das gemeinsam<br />
mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund<br />
(DGB) und der Bundesvereinigung<br />
der Deutschen Arbeitgeberverbände<br />
(BDA) entwickelt wurde. Die gemeinsame<br />
Initiative soll dazu beitragen,<br />
die Beschäftigungssituation von Frauen in<br />
der Wirtschaft zu verbessern.<br />
infosys.iab.de/chronik/chrTab.asp?T<br />
ab=Links&Selektor=26#Ebene<br />
Ausbildungspakt wirkt<br />
Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt<br />
ist besser, als man angesichts der Finanzund<br />
Wirtschaftskrise erwarten konnte. So<br />
kann auch für 2009 eine positive Bilanz<br />
der gemeinsamen Paktbemühungen gezogen<br />
werden: Die Paktzusagen wurden<br />
trotz schwierigster wirtschaftlicher Rahmenbedingungen<br />
erneut erfüllt – dank<br />
des großen Engagements der ausbildenden<br />
Unternehmen, der Paktpartner und<br />
der Bundesagentur für Arbeit.<br />
www.bmas.de/portal/42130/<br />
Leitfaden der Stiftung Warentest<br />
mit neuen Förderprogrammen<br />
Weiterbildung wird gefördert – dabei hilft<br />
der Leitfaden "Weiterbildung finanzieren<br />
<strong>2010</strong>" der Stiftung Warentest, das geeignete<br />
Förderprogramm zu finden. Die wichtigsten<br />
Förderungen zur individuellen<br />
Weiterbildungsfinanzierung, die neuen –<br />
erhöhten! – Einkommensgrenzen beim<br />
Prämiengutschein und das neue Weiterbildungsstipendium<br />
u.a. sind Inhalte des<br />
achtseitigen Leitfadens. Er kann im Internet<br />
kostenlos heruntergeladen werden:<br />
www.test.de/wbinfodok<br />
<strong>weiter</strong>... lesen<br />
Skeptischer Blick auf die Internet-Welt<br />
Zweifellos hat der digitale Fortschritt die<br />
Arbeitswelt verändert. Vorbei sind die<br />
Zeiten der Korrespondenzabteilung, die<br />
diktierte Briefe, Telexsendungen und Faxe<br />
getippt und die klassische „Schneckenpost“<br />
auf den Weg gebracht hat. Mit E-<br />
Mail, SMS oder Twitter haben sich nicht<br />
nur äußerst schnelle Informationsmedien<br />
durchgesetzt, sondern auch eine Informationswelt<br />
etabliert, die in einer Art<br />
Fremdbestimmung die Kontrolle über<br />
unser Mitteilungsbedürfnis und Informationsverhalten<br />
übernommen hat.<br />
In seinem Buch „Payback“<br />
zeichnet Frank Schirrmacher<br />
ein graues Bild der digitalen<br />
Gegenwart – mit dieser<br />
Einschätzung dürfte er<br />
vielen Menschen aus der<br />
Seele sprechen.<br />
Die Bürger als „leidende<br />
Mehrheit“ seien in der Internet-Gesellschaft<br />
einer<br />
enormen Datenflut ausgesetzt.<br />
Die „Fleisch-Maschine“,<br />
wie Schirrmacher das<br />
Hirn nennt, hat sich in die<br />
langsamere Version eines<br />
Web-Browsers verwandelt.<br />
Die Angst, Informationen<br />
nicht mitzubekommen und<br />
vom Stand der Dinge abgehängt<br />
zu werden, sei ein ständiger Begleiter.<br />
Der Zwang, ständig wichtige und unwichtige Informationen<br />
sortieren zu müssen, führe zur Erschöpfung.<br />
Schirrmacher bringt die Ängste auf den Punkt,<br />
so zum Beispiel bei dem Thema „Multitasking“:<br />
Nicht nur von Computern, sondern auch von<br />
Menschen zu verlangen, mehrere Probleme<br />
gleichzeitig zu lösen, sei schlicht „Körperverletzung“.<br />
Multitasker seien zerstreut, reagierten<br />
auf falsche Signale und würden langsamer bei<br />
allen Aktivitäten, die keinen Aufgabenwechsel<br />
erlauben.<br />
Die Menschen seien somit im Begriff, „ihre Leistungen,<br />
ihre Gefühle, ihre ganze Lebensbahn<br />
immer stärker wie Informationen abzurufen“.<br />
Viele Erfahrungen würden nur noch dazu gemacht,<br />
um sie auf Bild festzuhalten und danach<br />
ins Netz zu stellen. Die Suchmaschine Google<br />
bestimme mit ihren Algorithmen, was wichtig<br />
und was unwichtig sei, entscheide über die Existenz<br />
von Menschen, Dingen und Gedanken.<br />
Doch der Autor sieht Rettung<br />
– in der Rückgewinnung<br />
von Aufmerksamkeit<br />
und Bewusstsein: Wir dürfen<br />
das Netz nicht zu unserem<br />
zweiten (oder gar eigentlichen)<br />
Ich machen.<br />
Wir sollten nicht nur lernen,<br />
wie wir auf unsere Fragen<br />
schnell die richtige<br />
Antwort finden, sondern<br />
auch wie wir uns (und anderen)<br />
die richtigen Fragen<br />
stellen.<br />
Schirrmachers „Payback“<br />
will vor der Verschmelzung<br />
der Persönlichkeit mit elektronischen<br />
Medien warnen.<br />
Dazu setzt er auf unsere Eigenständigkeit,<br />
unsere Selbstkontrolle und unsere<br />
Entscheidungsfähigkeit.<br />
Frank Schirrmacher: Payback.<br />
Warum wir im Informationszeitalter gezwungen<br />
sind, zu tun, was wir nicht tun wollen,<br />
und wie wir die Kontrolle über unser Denken<br />
zurückgewinnen.<br />
Blessing (München) 2009<br />
239 Seiten. ISBN 978-3-89667-336-7<br />
17,95 EUR<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 33
Work-Life-Balance<br />
34<br />
Süßes Nichtstun<br />
Mehr Mut zur Lücke!<br />
Unser Leben wird immer schneller. Dabei wären mehr Langsamkeit und<br />
Langeweile ganz gut für uns. Denn beim Nichtstun ordnet unser Gehirn<br />
das Chaos im Kopf, sortiert Informationen und entsorgt Datenmüll. So<br />
entsteht wieder Platz für Neues und vor allem Kreatives.<br />
Bianca Lorenz<br />
<strong>Das</strong> Jahr ist noch jung, doch die Zeit ist schon jetzt bis in den Sommer durchgeplant.<br />
Randvolle Kalender, schmale Zeitfenster und wenig Freizeit – sie prägen das<br />
Leben des Erfolgsmenschen im 21. Jahrhundert. Statt dass wir dank Auto, Handy<br />
und Internet über mehr Zeit verfügen, zerrinnt sie uns schneller denn je zwischen<br />
den Fingern. Und selbst die wenigen unverplanten Stunden geraten immer unter<br />
Stress: Da hetzt man zum Fitnessstudio, besucht einen Tanzkurs oder macht bis<br />
spät in die Nacht Sudoku. Kaum einer legt sich einfach mal auf das Sofa und starrt<br />
Löcher in die Wand. Dabei wäre ein solcher Leerlauf für unser Gehirn ein echter<br />
Kurzurlaub.<br />
Neue Netzwerke knüpfen<br />
Neurowissenschaftler wie Professor Dr. Jan Born, Direktor des Instituts für Neuroendokrinologie<br />
an der Universität zu Lübeck, wissen, dass mentale Ruhephasen für<br />
die Schaltzentrale in unserem Kopf enorm wichtig sind: „Unser Gehirn verarbeitet<br />
beim Schlafen die immense Reiz- und Informationsflut des Tages und knüpft<br />
aus Milliarden Nervenzellen neue Netzwerke, und dadurch können neue Ideen<br />
quasi im Schlaf entstehen. Ähnliches passiert möglicherweise auch, wenn wir uns<br />
sinnfreier Tagträumerei hingeben, vielerlei Erlebtes vor unserem geistigen Auge<br />
auftaucht und dabei neue Assoziationen, Verknüpfungen und kreative Einfälle<br />
entstehen.“ Die Müdigkeit, die einen im Laufe eines langen Tages immer mal wie-<br />
<strong>Das</strong> Gehirn braucht Ruhe,<br />
um die Reiz- und Informationsflut<br />
des Tages zu<br />
verarbeiten.<br />
der überfällt, mag verschiedene Ursachen<br />
haben, doch liegt es nahe, dass<br />
sie auch Ausdruck einer Überfrachtung<br />
mit Informationen ist, die das Gehirn<br />
in regelmäßigen Abständen ordnen<br />
möchte und muss. „Diese Aufräumarbeit<br />
ist geradezu lebensnotwendig.<br />
Andernfalls droht ein Ungleichgewicht,<br />
das für unsere Gesundheit gefährlich<br />
werden kann.“<br />
Leben auf der Überholspur<br />
<strong>Das</strong> Problem: Auf der faulen Haut zu<br />
liegen und ziellos in den Tag zu träu-<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong>
men, hat ein schlechtes Image; gestresst<br />
zu sein, dagegen steht bei den<br />
meisten hoch im Kurs. „Wer keine Zeit<br />
hat, zeigt damit seinem Gegenüber,<br />
dass er gefragt und erfolgreich ist“,<br />
weiß der Soziologe und Beschleunigungsforscher<br />
Professor Dr. Hartmut<br />
Rosa von der Universität Jena. „Hinzu<br />
kommt, dass wir tatsächlich heute in<br />
der gleichen Zeit mehr Informationen<br />
bewältigen und schneller auf E-Mails<br />
und Anrufe reagieren müssen als noch<br />
vor 20 Jahren. Gleichzeitig werden unsere<br />
sozialen Bindungen lockerer. Lebenspartner,<br />
Jobs und Wohnorte sind<br />
heute selten von Dauer. <strong>Das</strong> führt<br />
dazu, dass wir uns selbst in der Freizeit<br />
gehetzt fühlen.“<br />
Auch nehmen wir die Dinge um uns<br />
herum nicht mehr bewusst wahr, die<br />
Zeit vergeht so tatsächlich wie im<br />
Fluge. <strong>Das</strong> kostet nicht nur jede Menge<br />
Nerven, sondern auch Lebensqualität<br />
und Kreativität.<br />
Faulenzen ohne schlechtes<br />
Gewissen<br />
Denn Kreativität kann sich nur in der<br />
Muße entfalten. Und für Muße braucht<br />
man Zeit. Doch das Arbeitspensum herunterzufahren,<br />
nicht auf alles sofort<br />
zu reagieren, ist nicht leicht zu erlernen.<br />
„Wenn alle um einen herum im<br />
Hamsterrad laufen, ist es für den Einzelnen<br />
sehr schwer, einfach auszusteigen.<br />
Wer es trotzdem wagt, fühlt sich<br />
sozial oft schnell abgehängt“, erklärt<br />
Rosa. „Hinzu kommt, dass man sich<br />
selbst schon viel zu sehr mit dem Prin-<br />
zip Leistung identifiziert hat, als dass<br />
man im Alltag mal die Zügel locker lassen<br />
könnte. Zeit Haben zu genießen<br />
und nichts Zielführendes zu tun, fällt<br />
den meisten Menschen zunehmend<br />
schwerer, weil wir verlernt haben, auf<br />
unsere innere Stimme zu hören.“<br />
Den eigenen Rhythmus finden<br />
Der Trick ist, scheinbar sinnlose Tätigkeiten<br />
bewusst in etwas Positives umzudeuten.<br />
„Wenn es für mich ein Wert<br />
ist, ein Mittagsschläfchen abhalten zu<br />
können oder abends bei Musik zu dösen,<br />
dann werde ich diesen Dingen<br />
auch eher Zeit einräumen als anderen“,<br />
ist der Experte überzeugt.<br />
Auf diese Art kann man sogar nervigen<br />
Situationen noch etwas Besinnlichkeit<br />
abringen. Etwa, wenn man im Supermarkt<br />
mal wieder in der langsamsten<br />
Schlange steht, ein Stromausfall den<br />
Computer lahm legt oder man einen<br />
Zug verpasst. Wer es schafft, diese Din-<br />
ge stoisch zu ertragen und für einen<br />
Mini-Leerlauf inmitten großen Stresses<br />
nutzt, kann sich glücklich schätzen.<br />
Wie genau dieser „Offline-Modus“ des<br />
Gehirns aussehen könnte, ist dabei<br />
jedem selbst überlassen. Die Lücken,<br />
die das Nichtstun in unsere durchorganisierte<br />
Welt reißt, werden jedenfalls<br />
schnell geschlossen sein, von dem Gefühl<br />
tiefer Zufriedenheit, sich selbst<br />
und seinen wirklichen Zielen ein Stück<br />
näher gekommen zu sein. n<br />
Neues bei <strong>WBS</strong><br />
<strong>WBS</strong> Distance Learning<br />
Neun Standorte der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong><br />
sind bereits in das neue Distance Learning<br />
Netzwerk der <strong>WBS</strong> integriert. Weitere<br />
Standorte starten demnächst oder planen<br />
die Einführung. Hochkarätige Qualifizierungen<br />
zum Microsoft Certified IT Professional<br />
(MCITP) Enterprise Administrator<br />
oder zum Administrator Linux sowie zum<br />
Web-Developer können somit erstmals<br />
auch für eine kleinere Teilnehmerzahl an<br />
den Standorten der <strong>WBS</strong> realisiert werden.<br />
Passgenaue und zeitlich optimierte Weiterbildungsangebote<br />
in der Region ermöglichen<br />
so den Wiedereinstieg in den<br />
Jobmarkt und erhöhen die individuelle Zufriedenheit,<br />
da sich Interessierte ohne lange<br />
Wege qualifizieren können.<br />
Die Besonderheit dieses Lernportals besteht<br />
darin, dass die Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer alle Dienste unabhängig vom<br />
jeweiligen Standort nutzen können. So ermöglicht<br />
der <strong>WBS</strong> e-Campus den Zugriff<br />
auf alle unterrichtsbegleitenden Lernmaterialien<br />
und die neue Kommunikationsplattform<br />
den direkten Austausch zwischen<br />
den Teilnehmer/-innen sowie den<br />
Dozentinnen und Dozenten. Die Kommunikation<br />
erfolgt über Sprachübertragung,<br />
Chat, das Schreiben auf virtuellen Tafeln<br />
und Videostreaming. Mit Hilfe des virtualisierten<br />
Übungsportals können Aufgaben<br />
direkt auf dem persönlichen Rechner bearbeitet<br />
werden. Inzwischen haben Teilnehmer/-innen<br />
die ersten Microsoft-Zertifizierungen<br />
auf diesem Wege erfolgreich<br />
abgelegt.<br />
Weitere Informationen:<br />
Jörg Ahrens, Fon 0385-20841995<br />
Ankündigung:<br />
<strong>WBS</strong> Stellenmarktanalyse <strong>2010</strong><br />
Die <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> wertet auch in diesem<br />
Jahr wieder die Stellenangebote in<br />
den 40 wichtigsten Printmedien Deutschlands<br />
aus. Grundlage der Analyse bilden<br />
Daten aus dem ersten Quartal des Jahres;<br />
betrachtet werden dabei u. a. die Anzahl<br />
der Stellenangebote je Branche, die ausgeschriebenen<br />
Positionen bzw. Funktionen<br />
sowie Aussagen zu geforderten Qualifikationsvoraussetzungen.<br />
Eine Auswertung<br />
auf regionaler Ebene liefert hilfreiche Zusatzinformationen.<br />
Die Stellenmarktanalyse<br />
erscheint im Juni <strong>2010</strong>.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.wbstraining.de/unternehmen/<br />
media-center/publikationen/<br />
<strong>weiter</strong>... aktuell<br />
<strong>weiter</strong>... <strong>Das</strong> <strong>WBS</strong> <strong>Magazin</strong> 1/<strong>2010</strong> 35
<strong>weiter</strong>... aktuell<br />
Neues bei der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong><br />
<strong>WBS</strong> Hannover macht Frauen fit<br />
in Führung<br />
Welche Herausforderungen bietet eine<br />
Führungsposition im Personalbereich?<br />
Die <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> Hannover trainiert<br />
ab 28. Mai <strong>2010</strong> angehende weibliche<br />
Führungskräfte und bereitet sie so<br />
optimal auf ihren neuen Einsatz vor.<br />
Die <strong>Training</strong>sreihe wurde direkt für die<br />
Praxis konzipiert und auf den aktuellen<br />
Bedarf verschiedener Personalentwickler<br />
der Region abgestimmt. <strong>Das</strong> Programm<br />
besteht aus sechs Modulen.<br />
Die Teilnehmerinnen lernen unterschiedliche<br />
Gesprächstechniken und reflektieren<br />
in praktischen Übungen ihr eigenes<br />
Kommunikationsverhalten. Sie<br />
entwickeln einen eigenen Führungsstil<br />
und trainieren Techniken im Umgang<br />
mit Konflikten. <strong>Das</strong> „PEP – Personal-<br />
Entwicklungs-Programm: Modulare <strong>Training</strong>sreihe<br />
für angehende weibliche<br />
Fach- und Führungskräfte im Personalbereich“<br />
setzt auf einen Methoden-<br />
Mix einschließlich Outdoortraining. Im<br />
Seminarraum „Natur“ können die erlernten<br />
Fähigkeiten in alltagsfremden<br />
Situationen angewendet und verankert<br />
werden.<br />
Weitere Informationen:<br />
Kathrin Petersen,<br />
Fon 0511 646811-14<br />
Hauptschulabschluss mit beruflicher<br />
Qualifizierung<br />
Der Schulabschluss ist eine wichtige<br />
Grundlage für berufliches Weiterkommen.<br />
<strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> bietet Personen,<br />
die beruflich durchstarten wollen,<br />
seit kurzem auch die Möglichkeit, ihren<br />
Hauptschulabschluss auf dem zweiten<br />
Bildungsweg nachzuholen. Im Rahmen<br />
einer rund 9-monatigen beruflichen<br />
Weiterbildung werden die Teilnehmer/<br />
-innen auf die externe Hauptschulprüfung<br />
vorbereitet. Parallel erwerben sie<br />
berufspraktische Kenntnisse. Mit der<br />
Kombination von allgemeinbildenden<br />
Kenntnissen und einer beruflichen Zusatzqualifikation<br />
sind die Chancen auf<br />
dem Arbeitsmarkt deutlich höher.<br />
Die ersten Teilnehmer/-innen am Standort<br />
Halle erwerben berufsfachliche<br />
Kenntnisse und Fähigkeiten für Tätigkeiten<br />
im Pflegebereich. Neben diesem<br />
Fokus bietet der Standort Hamburg<br />
Hammerbrook den Schwerpunkt Hotel-<br />
und Gastgewerbe an. Die Einführung<br />
des Hauptschulabschlusses mit<br />
beruflicher Zusatzqualifikation ist für<br />
<strong>weiter</strong>e <strong>WBS</strong> Standorte geplant. Zukünftig<br />
wird dann auch eine Spezialisierung<br />
für den Berufszweig Lager und<br />
Logistik zur Wahl stehen.<br />
Weitere Informationen:<br />
Susanne Peisker,<br />
Fon 030 6954504-24<br />
Alternative Energien mit SAP ®<br />
Die Energiebranche boomt. Und damit<br />
steigt auch der Bedarf an qualifizierten<br />
Mitarbeiter/-innen. Besonders gute Vermittlungschancen<br />
haben Bewerber/innen,<br />
die neben Kenntnissen im Bereich<br />
der Energiewirtschaft auch Anwenderkenntnisse<br />
in SAP ® -Software<br />
speziell für die Versorgungsindustrie<br />
mitbringen. Die <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> reagiert<br />
auf den gestiegenen Bedarf an<br />
Spezialisten für SAP ® -Software in der<br />
Energiebranche mit der Er<strong>weiter</strong>ung<br />
des Qualifizierungsangebotes um die<br />
branchenspezifische Komponente für<br />
die Versorgungsindustrie (IS-U).<br />
Im Rahmen einer spezifischen Weiterbildung<br />
werden beispielsweise Kundenbetreuer/-innen<br />
für die Energiewirtschaft<br />
qualifiziert, die die relevanten<br />
Tools der Business Software SAP ®<br />
beherrschen. Chemnitz und Leipzig<br />
konnten das Angebot bereits erfolgreich<br />
einführen. Weitere Standorte<br />
bundesweit sowie Angebote im Bereich<br />
Anwendungsberatung wie auch<br />
Kundenservice und Energieabrechnung<br />
mit SAP ® IS-U sind geplant.<br />
Weitere Informationen:<br />
Evelyn Villing, Fon 089 894578-33<br />
<strong>WBS</strong> eröffnet neue Schulungszentren<br />
und für mehr Service exklusive<br />
Beratungsstandorte<br />
Um noch mehr Nähe zu den Teilnehmer/-innen<br />
zu gewährleisten, hat die<br />
<strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong> Ende 2009 und zu<br />
Beginn des Jahres <strong>2010</strong> <strong>weiter</strong>e Standorte<br />
in Lüneburg, Sangerhausen, Potsdam,<br />
Bielefeld, Saarbrücken und Augsburg<br />
eröffnet. Die zentral gelegenen<br />
Schulungszentren bieten ausgerichtet<br />
an den regionalen Erfordernissen des<br />
Arbeitsmarktes passende Qualifizierungsmöglichkeiten<br />
an und ermöglichen<br />
somit Bildungsinteressierten optimierte<br />
Weiterbildungen in ihrer Region.<br />
Für mehr Service direkt vor Ort wurden<br />
in Gera, Hagen und Gelsenkirchen exklusive<br />
Beratungsbüros eingerichtet.<br />
Hier erhalten Arbeitsuchende ohne<br />
lange Wege und Wartezeiten ausführliche,<br />
persönliche Beratung zu den vielfältigen<br />
Qualifizierungsmöglichkeiten<br />
der <strong>WBS</strong> TRAINING <strong>AG</strong>. Bildungsinteressierte<br />
gelangen so noch schneller an<br />
die wichtigsten Informationen.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.wbstraining.de/standorte