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Serra de Tramuntana, Mallorca

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<strong>Serra</strong> <strong>de</strong> <strong>Tramuntana</strong>, <strong>Mallorca</strong><br />

22.5. – 5.6.03<br />

14 Tage quer durch <strong>Mallorca</strong>s Gebirge im Nordwesten <strong>de</strong>r Insel wan<strong>de</strong>rn! Das wollte ich<br />

schon lange mal. Das Inselinnere kennen lernen, noch nicht von Touris überlaufene<br />

Plätzchen ent<strong>de</strong>cken und individuell reisen – nur mit <strong>de</strong>m Rucksack als ständigen Begleiter.<br />

Nicht zwingend immer wie<strong>de</strong>r zum gleichen Hotel zurückkehren zu müssen, son<strong>de</strong>rn Etappe<br />

an Etappe hängen zu können und je<strong>de</strong>n Abend wie<strong>de</strong>r woan<strong>de</strong>rs zu sein. Diese I<strong>de</strong>e hat<br />

sich nun schon bald ein Jahrzehnt in meinem Kopf festgesetzt.<br />

Die Gelegenheit war gekommen, als ein Törn, <strong>de</strong>n ich für Fi<strong>de</strong>boating hätte machen müssen,<br />

aus Mangel an genügend Teilnehmern abgesagt wur<strong>de</strong>. Flugs verlängerte ich meine<br />

geplanten Ferien von 7 auf 14 Tage und fing an zu planen. Mit ein bisschen Glück erwischte<br />

ich einen Last-Minute Flug Kloten-Palma-Kloten für Fr. 199.- . Die Basis wäre also gelegt!<br />

Für meine zwei <strong>Mallorca</strong>-Wan<strong>de</strong>rwochen setze ich mir folgen<strong>de</strong> Richtlinien, an die ich mich<br />

wenn immer möglich und in vernünftigem Rahmen halten will:<br />

- Vor Ort immer die günstigste und/o<strong>de</strong>r ungewöhnlichste Unterkunft suchen und nicht das<br />

erstbeste Hotel ansteuern<br />

- Kein Taxi benutzen, son<strong>de</strong>rn die öffentlichen Überlandbusse (mit ihren sooo zuverlässigen<br />

Fahrplänen...)<br />

- Autostopp kommt nicht in Frage (zu gefährlich)<br />

- zwei bis drei Reservetage einplanen und bei Nichtgebrauch in „unserem“ Hotel in Colonia<br />

Sant Jordi am Strand verbringen als easy-Abschluss<br />

Als ich mein Umfeld meinem Vorhaben konfrontiere, kriegen zwar einige zuerst einen<br />

mittleren Schock, fin<strong>de</strong>n das Ganze aber schliesslich toll. Denn sie wissen ja, wie ich mich<br />

draussen bewege, dass ich nichts <strong>de</strong>m Zufall überlasse und keinerlei Risiken eingehe.<br />

Natürlich ist aber trotz<strong>de</strong>m klar, dass da mal wie<strong>de</strong>r ein ausgewachsenes Abenteuer auf<br />

mich zukommt. Zumal ich ja alleine losziehen will und das <strong>Tramuntana</strong>-Gebirge nicht ohne<br />

ist. Doch ich darf sagen, dass ich in <strong>de</strong>n Bergen über eine grosse Erfahrung verfüge,<br />

<strong>Mallorca</strong>s Klima genau kenne und mich auch in weglosem Gebiet gut orientieren kann.<br />

Irgendwie schlage ich mich da also schon durch.<br />

Dementsprechend penibel mache ich mich an die <strong>de</strong>taillierte Planung <strong>de</strong>s Ganzen. Ich<br />

bereite mich auf alle <strong>de</strong>nkbaren Eventualitäten vor. Einen Haken hat die Sache: Es ist nicht<br />

überall sicher, ob ich eine Unterkunft fin<strong>de</strong>. Und die Supermercados, wo ich ab und zu etwas<br />

zu essen für unterwegs sowie Wasser kaufen muss, wer<strong>de</strong>n im Gebirge auch nicht gera<strong>de</strong><br />

zahlreich vertreten sein. Also wer<strong>de</strong> ich auf gewissen Teilstrecken meiner Wan<strong>de</strong>rung<br />

einiges an zusätzlichem Gewicht mitschleppen müssen, weil ich Essen und Trinken für<br />

mehrere Tage dabeihaben muss. Dies wie<strong>de</strong>rum heisst, dass mein Rucksack inkl. all <strong>de</strong>m<br />

an<strong>de</strong>ren Zeugs leicht sein muss.<br />

Also nehme ich meinen bewährten und bequemen dunkelblauen Mammut-Extreme-<br />

Rucksack mit. Der hat 28 Liter Volumen und limitiert <strong>de</strong>shalb nur schon vom<br />

Fassungsvermögen her auf ein Minimum. Im Ganzen drei T-Shirts, 2 Hosen, 1 Pulli und eine<br />

Faserpelz-Windstopperjacke müssen reichen. Dazu kommt noch die alte Regenjacke, die ich<br />

auch zum Draufsitzen brauchen kann. Sonnenhut, -brille, -crème und Halstuch müssen<br />

natürlich mit. Als Wasserbehältnis kommen fünf 3dl-PET-Flaschen mit. Diese kann man<br />

leichter verstauen als eine 1,5lt-Flasche. Schnur, Fa<strong>de</strong>n und Na<strong>de</strong>l, Tape und<br />

Taschentücher sind natürlich obligatorisch. Bei <strong>de</strong>n Toilettenartikeln spare ich ebenfalls: Ein<br />

kleines Fläschchen mit Shampoo ist Duschmittel, Seife, Waschmittel und Shampoo in einem,<br />

<strong>de</strong>r Zahnbürste säge ich <strong>de</strong>n Stiel ab. Weniger wegen <strong>de</strong>m Gewicht, son<strong>de</strong>rn vielmehr, dass<br />

ich sie besser verstauen kann. Dazu kommt ein kleines Tübchen Zahnpasta, das aber<br />

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vermutlich nach einer Woche leer sein wird... Ein Frottée-Tuch wür<strong>de</strong> zuviel Platz<br />

wegnehmen, ich nehme statt<strong>de</strong>ssen ein Geschirrtuch mit. Da ich plane, unterwegs einige<br />

Male zu waschen (nur schon wegen <strong>de</strong>r begrenzten Anzahl T-Shirts), ist ein Geschirrtuch<br />

sowieso besser, weil schneller trocken. Doch bei aller Gewichts-Knauserei: Der Fotoapparat<br />

muss natürlich unbedingt mit! Wichtigstes Utensil ist Papier und Bleistift zur Routenplanung<br />

und natürlich zum laufen<strong>de</strong>n Schreiben dieses Reiseberichts! Eine Silber<strong>de</strong>cke für <strong>de</strong>n<br />

Notfall, Handy, Medikamente, ein 7 Meter langes Stück Seil und 2 Leichtkarabiner run<strong>de</strong>n<br />

„das Sortiment“ ab. Weil ich unbedingt ein Taschenmesser mitnehmen will, muss ich <strong>de</strong>n<br />

Rucksack zum Fliegen aufgeben, obwohl er die Masse und das Gewicht <strong>de</strong>s erlaubten<br />

Handgepäcks nicht überschreiten wür<strong>de</strong>. Aber ein Taschenmesser kriege ich nicht durch die<br />

Kontrolle am Flughafen. Als Handgepäck dient <strong>de</strong>shalb ein leichter Nylonbeutel mit Bän<strong>de</strong>ln,<br />

<strong>de</strong>n ich mal in <strong>de</strong>r SAC-Konkordiahütte gekauft habe. Man kann ihn wie einen Rucksack<br />

tragen. Normalerweise verstaue ich die Steigeisen darin, jetzt muss er eben als Handgepäck<br />

und während <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rung als Food-Sack und für kurze Streifzüge ohne Rucksack<br />

herhalten.<br />

Lange habe ich studiert, ob ich die Ba<strong>de</strong>hose mitnehmen soll. Schliesslich habe ich mich<br />

dagegen entschie<strong>de</strong>n: Ich wer<strong>de</strong> ja sowieso im Gebirge unterwegs sein und nur ein-,<br />

zweimal ans Meer kommen. Für die letzten Tage am Strand kann ich mir immer noch irgend<br />

so ein billiges Teil in einem <strong>de</strong>r unzähligen Souvenirshops kaufen.<br />

Beim Studium <strong>de</strong>r Karten und Wan<strong>de</strong>rführer ergibt sich ein Problem: Es ist nicht immer<br />

gewiss, ob ich abends auch eine Unterkunft fin<strong>de</strong>. Die <strong>Serra</strong> <strong>de</strong> <strong>Tramuntana</strong> ist sehr dünn<br />

besie<strong>de</strong>lt, <strong>de</strong>r Tourismus – zum Glück – noch nicht verbreitet. Ich lese in einem Führer, dass<br />

die Klöster und Einsie<strong>de</strong>leien früher traditionell Wan<strong>de</strong>rer und Pilger beherbergt haben.<br />

Hoffentlich ist dies heute noch so! Aber ich fin<strong>de</strong> auch gute Unterkünfte: Zwei Refugis (eine<br />

Art SAC-Hütten); Klöster/Einsie<strong>de</strong>leien mit Gästezimmern in Lluc, Pollença und Alaró sowie<br />

ein Hostal in Sóller. Blö<strong>de</strong>rweise müssen die meisten wegen <strong>de</strong>m grossen Andrang o<strong>de</strong>r<br />

wenigen Platz vorreserviert wer<strong>de</strong>n. Dies ist für mich natürlich problematisch, da ich nicht<br />

genau weiss, ob ich die geplanten Tagesetappen einhalten kann. Doch es bleibt mir nichts<br />

an<strong>de</strong>res übrig, als zu reservieren. Nach <strong>de</strong>n nötigen fünf Telefonen bin ich schon das erste<br />

Mal völlig geschafft. Zwei sprachen Englisch, einer Französisch, keiner Deutsch, <strong>de</strong>r Rest<br />

Spanisch. Der Mann am Telefon in <strong>de</strong>r Einsie<strong>de</strong>lei in Pollença musste zuerst einen an<strong>de</strong>ren<br />

holen, dieser noch einen... Einige geben mir noch Fix-Zeiten an wie 20.00 Uhr Nachtessen,<br />

19.00 Uhr Torschliessung (bei <strong>de</strong>n Klöstern und Einsie<strong>de</strong>leien) usw. Das kann ja spannend<br />

wer<strong>de</strong>n. Zum Glück spreche ich etwas Spanisch, doch so toll nun auch wie<strong>de</strong>r nicht.<br />

Vorsichtshalber nehme ich ein Mini-Wörterbuch mit <strong>de</strong>n Abmessungen 3x5x1cm mit (Marke<br />

„Langenscheidt Liliput“).<br />

Auch meine Kondition bringe ich rechtzeitig auf Vor<strong>de</strong>rmann. Nun bin ich froh, dass ich <strong>de</strong>n<br />

Winter über immer was für die Fitness getan habe! 1600 Höhenmeter bewältige ich in 4<br />

Stun<strong>de</strong>n. Da <strong>de</strong>r höchste Berg <strong>Mallorca</strong>s gut 1400 Meter hoch ist und man selten auf<br />

Meereshöhe startet, bin ich zuversichtlich, gut vorbereitet zu sein.<br />

Meine Mutter wird die „Heimbasis“ sein. Dank guter Handyverbindung auf <strong>de</strong>r ganzen Insel<br />

und sogar auch oft im Gebirge kann ich bei ihr Benötigtes nachfragen. Ich statte sie mit<br />

einem grossen Langenscheidt-Spanisch-Dix aus und <strong>de</strong>n Flugdaten, da <strong>de</strong>r Retourflug<br />

rückbestätigt wer<strong>de</strong>n muss. Auch eines <strong>de</strong>r Refugis muss noch zwei Tage vorher<br />

rückbestätigt wer<strong>de</strong>n. Weiter bekommt sie sämtliche Unterlagen, die auch ich dabeihabe<br />

sowie <strong>de</strong>n <strong>de</strong>taillierten Ablaufplan meiner Tour. So kann sie genau mitverfolgen, wo ich bin.<br />

Wir wer<strong>de</strong>n ohnehin täglich in Kontakt bleiben; falls ich die Route abän<strong>de</strong>rn muss, kann ich<br />

das mel<strong>de</strong>n. Eine weitere Basis bil<strong>de</strong>n Nelly und Werner, ein befreun<strong>de</strong>tes Ehepaar. Sie<br />

wohnen schon seit Jahren in Palma und könnten mir vielleicht ebenfalls hilfreich sein. Lei<strong>de</strong>r<br />

sind sie ausgerechnet in meiner zweiten Woche selbst in <strong>de</strong>n Ferien.<br />

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Top ausgerüstet und fit mache ich mich also auf eine ungewöhnliche Reise auf kaum<br />

erkennbaren Routen (wie alle Wan<strong>de</strong>rführer unisono erklären) und mit spannen<strong>de</strong>n<br />

Einblicken ins „wirkliche“ <strong>Mallorca</strong>. Dass mir einiges wi<strong>de</strong>rfahren ist, was man bei Ba<strong>de</strong>ferien<br />

nicht erlebt, versteht sich von selbst...<br />

Donnerstag, 22. Mai 2003<br />

Die Belair-Maschine hebt um 6.20 Uhr in <strong>de</strong>r Früh ab, uff. Es ist das allererste Flugzeug, das<br />

heute von Kloten abhebt. Deshalb habe ich das Vorabend-Check-in in Anspruch<br />

genommen, um heute wenigstens eine halbe Stun<strong>de</strong> später am Flughafen sein zu müssen<br />

(inkl. meiner Mutter, die mich zum Flughafen fährt). Doch das Ganze hat auch seine guten<br />

Seiten: Ich bin schon kurz nach 8.00 Uhr morgens in Palma und habe so <strong>de</strong>n ganzen<br />

Morgen Zeit, mich in die „Ausgangsposition“ nach Vall<strong>de</strong>mossa zu begeben.<br />

In Palma befreie ich meinen Rucksack zuerst mal von <strong>de</strong>r Schrumpffolie, mit <strong>de</strong>r ich ihn<br />

eingepackt habe. All die Bän<strong>de</strong>l und Träger – das geht sonst selten gut bei <strong>de</strong>r<br />

Gepäckbeför<strong>de</strong>rung. Dann habe ich noch etwas Wichtiges zu erledigen, bevor ich <strong>de</strong>n<br />

Flughafen verlasse: Ich habe gelesen, dass es am Info-Desk Busfahrpläne gebe. Und diese<br />

dabeizuhaben, ist für mich natürlich sehr wichtig. Ich steuere die Information im „Abflug“ an,<br />

die ich von früheren Besuchen her kenne. Doch Fehlanzeige. Die Señora verweist mich an<br />

eine kleine „Zweigstelle“ auf <strong>de</strong>m Ankunfts-Deck. Ich nehme wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Fahrstuhl in <strong>de</strong>n<br />

unteren Stock. Im Lift drin bin ich alleine mit einem Pu<strong>de</strong>l. Keine Ahnung, wo <strong>de</strong>r her kommt.<br />

Er war schon drin (ohne Herrchen), als die Lifttüren aufgingen. Je<strong>de</strong>nfalls steigt er in <strong>de</strong>r<br />

Ankunft ebenfalls aus und latscht etwas verloren umher.<br />

Die Info verweist mich an die Tourist-Info. Ja ja, wir sind eben in Spanien. Es ist 8.45 Uhr, als<br />

ich vor <strong>de</strong>r Tourist-Info stehe und sehe, dass die erst um 9.00 Uhr aufmacht. Also setze ich<br />

mich in <strong>de</strong>r Nähe hin und warte mal ab. Um 9.10 Uhr kommt eine verschlafen wirken<strong>de</strong> Frau,<br />

lässt die Sichtblen<strong>de</strong> halb hinauf und verschwin<strong>de</strong>t dann gleich wie<strong>de</strong>r. Ich setze mich wie<strong>de</strong>r<br />

hin, Fehlanlauf. Kurz vor 9.30 Uhr kommt sie wie<strong>de</strong>r, jetzt mit einem Becher Kaffee in <strong>de</strong>r<br />

Hand. Ich lasse noch etwas Zeit verstreichen, damit sie auch sicher wach ist und trage dann<br />

mein Anliegen vor. Lei<strong>de</strong>r gebe es noch keine neuen Fahrpläne; wo ich <strong>de</strong>nn hinwolle. Ich<br />

sehe, dass ich nicht weiter komme und frage noch, ob es in Vall<strong>de</strong>mossa einen<br />

Supermercado habe. Ich muss noch einkaufen. Ja, da habe es etwas Kleines. Etwas<br />

Kleines? Ich beschliesse, auf <strong>de</strong>r Fahrt zum Busbahnhof in <strong>de</strong>r City von Palma gleich beim<br />

„El Corte Inglès“, einem grossen Warenhaus, auszusteigen und dort einzukaufen.<br />

Ich gehe hinüber zur Bushaltestelle, wo die Linie Nr. 1 abfährt zur Plaça Espanya. An <strong>de</strong>r<br />

Plaça befin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r grosse Busbahnhof. Ich habe Glück, es kommt gera<strong>de</strong> ein Bus. Doch<br />

<strong>de</strong>r Fahrer will meine 20 Euro-Note nicht annehmen. Nur Münzen. Ich habe keine. Sorry,<br />

nichts zu machen, meint er, und verweist mich an ein Café weiter hinten zum wechseln. Ich<br />

renne dorthin, kaufe eine Tüte m&m’s und bin kurze Zeit später wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Haltestelle.<br />

Doch <strong>de</strong>r Depp ist abgefahren. So warte ich gezwungenermassen auf <strong>de</strong>n nächsten Bus.<br />

Spanien eben. Eine alleinreisen<strong>de</strong> Deutsche spricht mich an. Sie hat auch keine Euro-<br />

Münzen, ich schicke sie ins Café. Bin jetzt hier Experte...<br />

Eine Haltestelle vor <strong>de</strong>r Plaça Espanya steige ich aus und kaufe im Corte Inglès ein. Eine<br />

Packung Cracker, die wie Hun<strong>de</strong>bisquits aussehen, Getränke, Rohschinken,<br />

Toastscheibenkäse und Äpfel. Als Notvorrat dienen Müesliriegel und Dörrobst. Ich<br />

entschei<strong>de</strong> mich für Datteln anstelle <strong>de</strong>r geschwefelten Aprikosen, doch die Datteln gibt’s nur<br />

im 400g-Kistli. Was soll’s, mit diesen Sachen, die für mind. 5 Mahlzeiten reichen müssen, ist<br />

mein Rucksack sowieso 3 Kilo schwerer gewor<strong>de</strong>n...<br />

An <strong>de</strong>r Plaça Espanya gibt es ebenfalls eine Tourist-Info. Aha, hier kann ich gleich noch mal<br />

nach <strong>de</strong>n Busfahrplänen fragen. Der Mallorquiner hinter <strong>de</strong>r Info-Theke erwi<strong>de</strong>rt auf meine<br />

spanische Anfrage „Du Schwiizertütsch“? und antwortet auf Deutsch... Doch Busfahrpläne<br />

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hat er nicht. Ich solle im Busbahnhof schauen. Dort hinten seien auch die Büros von TIB<br />

(Transports <strong>de</strong> les Illes Balears).<br />

Dort angelangt, sehe ich im Foyer einige Zettel mit Abfahrtszeiten aufliegen, aber es hat<br />

keine <strong>de</strong>r von mir benötigten Buslinien darunter. Die Frau hinter <strong>de</strong>m Schalter erklärt, dass<br />

dies die einzigen seien, die sie momentan hätten. Ich gebe mich geschlagen. Zu Hause habe<br />

ich aus <strong>de</strong>m Internet einige Fahrpläne ausgedruckt, diese haben jedoch kein<br />

Gültigkeitsdatum. Mir bleiben noch 40min., bis <strong>de</strong>r Bus nach Vall<strong>de</strong>mossa abfährt. Ich<br />

beginne, meine Ausdrucke mit <strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Haltestellen angeschlagenen Fahrplänen zu<br />

vergleichen und bringe wo nötig Korrekturen an.<br />

Für die halbstündige Fahrt zahle ich nur 1.20 Euro und setze mich im halbleeren Bus auf die<br />

5er-Bank zuhinterst. Der Rucksack wird nun umgeräumt, alles Essen verstaut und die<br />

Wasserflaschen in die kleinen PET-Flaschen umgefüllt. Gar nicht so einfach bei <strong>de</strong>r ewigen<br />

Schüttlerei. Schliesslich sieht <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n aus wie ein Swimmingpool...<br />

12.00 Uhr Ankunft in Vall<strong>de</strong>mossa. Das Dorf scheint bei <strong>de</strong>r Mittagshitze wie ausgestorben.<br />

Nirgends Touristen, nur einige ältere Einheimische. Sie sitzen auf <strong>de</strong>n schattigen<br />

Parkbänken beim Dorfplatz, neben sich einen Spazierstock. Min<strong>de</strong>stens zehn Augenpaare<br />

verfolgen je<strong>de</strong> meiner Bewegungen, als ich die Karte und <strong>de</strong>n Führer auspacke und <strong>de</strong>n<br />

Ausgangspunkt meiner heutigen Etappe ansteuere. Mit <strong>de</strong>r 50’000er-Karte gestaltet sich <strong>de</strong>r<br />

Einstieg etwas schwierig. Laut Führer könnten es drei verschie<strong>de</strong>ne Strassen sein, auf<br />

<strong>de</strong>nen ich das Dorf verlassen muss. Es bleibt mir nichts an<strong>de</strong>res übrig, als je<strong>de</strong> <strong>de</strong>r drei<br />

Möglichkeiten abzulaufen. Natürlich ist die letzte Strasse die richtige....<br />

Vall<strong>de</strong>mossa liegt bald hinter mir. Der Karrenweg steigt stetig leicht an und führt<br />

wun<strong>de</strong>rschön an einer Bergflanke entlang durch Steineichen- und Föhrenwald. Das Tal<br />

verengt sich immer mehr und nach 2 Stun<strong>de</strong>n treffe ich auf ein Refugi (Schutzhütte). Es ist<br />

mit Gitter und Vorhängeschloss abgeschlossen, besitzt aber einen Aussenraum mit<br />

Cheminée. Wenn ich hier sehr spät angekommen wäre, habe ich das als „Notschlafplatz“<br />

vorgesehen. Aber ich bin noch topfit und es ist erst 14.00 Uhr, also weiter. Nach einem<br />

weiteren Aufstieg komme ich auf ein Hochplateau namens Pla <strong>de</strong> sa Serp<br />

(Schlangenebene). Hier oben hat es keine Bäume mehr, die Baumgrenze liegt in <strong>Mallorca</strong><br />

auf etwa 900 m.ü.M. Es wächst nur noch Schnei<strong>de</strong>gras, auch Dissgras o<strong>de</strong>r auf<br />

mallorquinisch Carritx genannt. Hier zweigt <strong>de</strong>r Weg ab zum Gipfel Teix, 1064 m.ü.M. . Ich<br />

kann natürlich nicht wi<strong>de</strong>rstehen und bin 40 Minuten später auf <strong>de</strong>m Gipfel. Leute habe ich<br />

kaum getroffen, auch hier oben bin ich alleine. Auf einem an<strong>de</strong>ren Weg steige ich wie<strong>de</strong>r ab<br />

auf die Ebene und setze <strong>de</strong>n Weg fort. An <strong>de</strong>n Cases <strong>de</strong>l Rei vorbei erreiche ich eine gute<br />

Stun<strong>de</strong> später die Quelle Font d’es Teix. Doch das Tor zur Abfüllanlage ist geschlossen. Dort<br />

müsste ich aber laut Führer durch, weil gleich dahinter <strong>de</strong>r Coll <strong>de</strong> Sóller liegt.<br />

Ich steige nochmals etwa 50 Höhenmeter zurück. Dort habe ich an einer Abzweigung eine<br />

verwitterte Holztafel gesehen. Vielleicht habe ich da was falsch interpretiert. Doch nein, auch<br />

sie ist – wie <strong>de</strong>r Beschrieb im Führer – klar und <strong>de</strong>utlich. So ein Gurk, ich kann nicht übers<br />

Tor klettern, da sind so viele Leute. Einige haben mich gesehen, aber keiner hat Anstalten<br />

gemacht, das Tor aufzuschliessen. Ich nehme trotz Wegweiser mal <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Weg an <strong>de</strong>r<br />

Abzweigung. Er en<strong>de</strong>t – auf <strong>de</strong>m Gartensitzplatz <strong>de</strong>r Besitzerfinca. Oh shit, schneller<br />

Rückzug. Der Herr <strong>de</strong>s Hauses verschwin<strong>de</strong>t soeben mit <strong>de</strong>m Hund um die Ecke. Ich bin<br />

wie<strong>de</strong>r am Retourlaufen, da kommt ein Auto ans automatische Tor, das die Auffahrt zur<br />

Finca versperrt, und hupt. Aha, vielleicht kann ich durchschlüpfen, wenn das Tor aufgeht und<br />

wäre dann in <strong>de</strong>r Abfüllanlage. Ich gehe in Lauerstellung, doch das Tor öffnet sich nicht.<br />

Einige Minuten später steigt <strong>de</strong>r Fahrer aus und schliesst von Hand einen kleinen Durchlass<br />

im Tor auf. Ich schlängle mich durch, <strong>de</strong>r Fahrer grüsst freundlich, „Que tal“ und so, ich<br />

freundlich zurück. Uff, wenn das jetzt je<strong>de</strong>n Tag so geht... Ich bin ja gewarnt wor<strong>de</strong>n, dass<br />

viele Wege gesperrt und in Privatbesitz sind, aber gleich so...<br />

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Auf <strong>de</strong>r Passhöhe suche ich vergebens eine Busstation. Anscheinend gibt es keinen<br />

Busbetrieb nach Sóller. Gurk gurk, das be<strong>de</strong>utet 2 Stun<strong>de</strong>n auf Asphalt nach Sóller. Denn<br />

dort fin<strong>de</strong> ich sicher etwas zum Übernachten. Ich stehe gera<strong>de</strong> neben <strong>de</strong>r<br />

weinrebenumrankten Terrasse <strong>de</strong>s Pass-Kaffees und beschliesse, zuerst mal abzusitzen<br />

und eine Cola zu trinken. Neben mir ein einheimisches älteres Paar. Der Mann fängt sofort<br />

ein Gespräch mit mir an, auf spanisch natürlich. Er erklärt, dass das hier gesprochene<br />

Mallorquin eine Unterart <strong>de</strong>s Catalan und das „normale“ Spanisch eben Castellano sei. Er<br />

will viel von mir wissen, ich muss Hän<strong>de</strong> und Füsse zu Hilfe nehmen. Doch irgendwie<br />

verstehen wir uns, höchst befriedigend. Er ist mit seiner Frau nach Sóller gefahren, dort<br />

haben sie zu Mittag gegessen und sind jetzt wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Heimweg. Als er schliesslich<br />

hört, dass ich in die Einsie<strong>de</strong>lei Eremita <strong>de</strong> Puig <strong>de</strong> Alaró gehe, bittet er mich um einen<br />

Gefallen: Ich solle dort im Kloster für seinen Kollegen beten, <strong>de</strong>r in Palma wohne und nicht<br />

mehr richtig laufen könne. Ich verspreche es und wir schütteln uns mehrmals die Hän<strong>de</strong>, um<br />

das Versprechen zu besiegeln. Er lässt es sich nicht nehmen, mir die Cola zu bezahlen und<br />

macht sich dann mit seiner Frau auf <strong>de</strong>n Heimweg nach Palma. Scha<strong>de</strong>, das ist für mich die<br />

falsche Richtung. Ich beschliesse, ein Taxi zu bestellen, da ich nicht 2 Stun<strong>de</strong>n abwärts auf<br />

Beton laufen will.<br />

Das Taxi kommt, ich lasse mich vors Hostal Nadal chauffieren. Es hat noch ein Zimmer,<br />

24.50 Euro inkl. Frühstück und Dusche. Herrlich. Es ist ein Doppelzimmer, ich habe<br />

Unmengen von Platz und 4 Frottétücher zur Verfügung! Eine schöne Aussicht auf die ruhige,<br />

grüne Seite hat’s auch noch – was will man mehr.<br />

Ich beschliesse, zum Znacht einige meiner Vorräte, darunter die Schale Rohschinken,<br />

einzupacken und das uralte Tram in <strong>de</strong>n Hafen zu nehmen (die Stadt liegt etwa 5km im<br />

Lan<strong>de</strong>sinnern). Bis ich dann jedoch so ein Tram erwische, dauert es. Eines, das laut<br />

Fahrplan hätte kommen müssen, fiel aus, was mich veranlasste, mich mit einem längeren<br />

Stadtrundgang zu versichern, dass ich auch an <strong>de</strong>r richtigen Haltestelle stehe.<br />

Um 19.00 Uhr bin ich dann im Hafen und gehe natürlich zuerst mal zu <strong>de</strong>n Schiffstegen. Es<br />

hat noch immer keine neuen Stege gegeben, dabei habe ich mal was von zusätzlichen<br />

Schwimmstegen gehört. Die normalen Stege sind so belegt, man könnte nicht mal längs zu<br />

einem an<strong>de</strong>ren Boot gehen. Scha<strong>de</strong>. Denn Sóller als Schutzhafen wäre schon ein wichtiger<br />

Hafen. Es ist mir schleierhaft, wie wir hier immer wie<strong>de</strong>r einen Platz fin<strong>de</strong>n. Glück! Beim<br />

Anlegeplatz <strong>de</strong>r Fährschiffe von und nach Sa Calobra notiere ich mir die Abfahrts- und<br />

Ankunftszeiten, da ich ein solches Schiff auf einer <strong>de</strong>r weiteren Etappen brauchen wer<strong>de</strong>.<br />

Wie üblich notiere ich die Zeiten auf irgen<strong>de</strong>inen gera<strong>de</strong> greifbaren Fetzen Papier. Ich habe<br />

schon einige Fahrpläne auf solche Zettel abgeschrieben. Solange ich sie alle am gleichen<br />

Ort aufbewahre, fin<strong>de</strong> ich sie schon wie<strong>de</strong>r.<br />

Dann sehe ich – einen Burger King. Sowas wer<strong>de</strong> ich in <strong>de</strong>n nächsten zwei Wochen sicher<br />

nicht mehr zu Gesicht bekommen! Den Rohschinken nehme ich ungeöffnet wie<strong>de</strong>r mit, dafür<br />

esse ich ein Double Whopper-Menu. Auf <strong>de</strong>r Rückfahrt mit <strong>de</strong>m letzten Tram um 20.40 Uhr<br />

<strong>de</strong>nke ich, dass ich eigentlich noch eines dieser Soft Ice hätte nehmen können, die sind<br />

nämlich super gut. Auf <strong>de</strong>m ganzen Heimweg studiere ich daran rum...<br />

Als Letztes schaue ich mir noch die Strecke von morgen an, lege die benötigten Unterlagen<br />

bereit und stelle <strong>de</strong>n Wecker auf 8.00 Uhr (ab dann gibt’s Frühstück).<br />

Freitag, 23. Mai 2003<br />

Es scheint nicht viele Gäste zu haben, beim Frühstück sitzen nur noch drei an<strong>de</strong>re an <strong>de</strong>n<br />

Tischen. Wie in einem Hostal üblich, gibt’s zum Frühstück pro Person zwei Brötchen, eine<br />

Scheibe Wurst, eine Käseecke und Tee o<strong>de</strong>r Kaffee. An meinem Tisch ist für zwei ge<strong>de</strong>ckt<br />

und die Serviertochter fragt mich, wo <strong>de</strong>r zweite sei. Ich erkläre, dass ich alleine in einem<br />

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Doppelzimmer sei und schnappe mir schnell die zweite Wurstscheibe, bevor sie das an<strong>de</strong>re<br />

Ge<strong>de</strong>ck wie<strong>de</strong>r wegnimmt.<br />

Ich breche gleichzeitig mit <strong>de</strong>n drei an<strong>de</strong>ren auf. Sie verstauen eine umfangreiche<br />

Höhlenforscher-Ausrüstung im Auto, ich wer<strong>de</strong> fast ein bisschen neidisch. Zuerst habe ich<br />

gemeint, es handle sich um Kletterseile...<br />

Am Dorfplatz vorne schnappe ich mir ein Taxi und fahre auf <strong>de</strong>n Coll <strong>de</strong> Sóller. Der Fahrer ist<br />

ein gesprächiger Typ, wir plau<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n ganzen Weg lang. Natürlich auf Spanisch...<br />

Er lädt mich am Restaurant auf <strong>de</strong>r Passhöhe ab und ich laufe die an<strong>de</strong>re Seite <strong>de</strong>s Passes<br />

hinunter. Nach einigen Kurven kommt meine Abzweigung. Doch die Strasse ist völlig<br />

verbarrikadiert mit Tor, Stacheldraht und einem ganzen Tafelwald. Auf einigen steht, dass<br />

dies eine militärische Strasse und <strong>de</strong>r Durchgang verboten sei. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren steht „Coto<br />

privado <strong>de</strong> caza“. Was heisst das jetzt nun wie<strong>de</strong>r? Sicher auch, dass man da nicht durch<br />

darf. In meinen Ohren tönt das „caza“ wie Katze. Also ein Katzenweg? Ich muss lachen;<br />

vermutlich nicht! Ich laufe weiter, <strong>de</strong>nn weiter unten gibt’s nochmals eine Abzweigung, die<br />

mich ans selbe Ort führt, lei<strong>de</strong>r unter Einbusse von etwa 250 Höhenmetern.<br />

Dort angekommen, fin<strong>de</strong> ich ebenfalls ein geschlossenes Tor mit Vorhängeschloss und<br />

Stacheldraht vor. Wenigstens steht nichts mehr von Militär. Aber eine Katzenweg-Tafel ist<br />

ebenfalls angebracht. Ich muss hier unbedingt durch, sonst komme ich völlig von <strong>de</strong>r<br />

geplanten Route ab. Also wird geklettert, möglichst unauffällig wegen <strong>de</strong>r benachbarten<br />

Finca und ohne mir am Stacheldraht die Hose zu zerreissen. Ich darf mich von nun an unter<br />

keinen Umstän<strong>de</strong>n erwischen lassen. Denn einige <strong>de</strong>r Wege auf <strong>Mallorca</strong> sind <strong>de</strong>shalb<br />

gesperrt, weil die Besitzer keine Wan<strong>de</strong>rer auf ihren Grundstücken wollen. Als Argument<br />

führen sie an, dass die Wan<strong>de</strong>rer immer wie<strong>de</strong>r die Wege verlassen wür<strong>de</strong>n und über alle<br />

Abschrankungen klettern. Wenn ich also erwischt wer<strong>de</strong>, wirft das ein schlechtes Licht auf<br />

alle Wan<strong>de</strong>rer und beeinträchtigt indirekt die Bemühungen für die Eröffnung eines dichten<br />

Wan<strong>de</strong>rwegnetzes auf <strong>Mallorca</strong>.<br />

Der Weg führt zwar durch eine wun<strong>de</strong>rschöne Gegend - terrassenförmig angelegte Fel<strong>de</strong>r,<br />

Olivenbäume und Schafwei<strong>de</strong>n - doch weiter vorne erblicke ich wie<strong>de</strong>r eine Finca.<br />

Hoffentlich ist da niemand... Beim Näherkommen sehe ich, dass die Fensterlä<strong>de</strong>n<br />

geschlossen sind. Gott sei Dank. Das Tal verengt sich immer mehr, <strong>de</strong>r Weg wird schmaler<br />

und steiler. Schliesslich ist er kaum mehr auszumachen, die Vegetation wuchert rundherum<br />

und auch von oben bis auf 1.40 Meter herunter. Ich muss ständig Äste und Schlingpflanzen<br />

beiseite schieben. Top-romantisch. Hier ist schon lange niemand mehr vorbeigekommen!<br />

Schliesslich erreiche ich <strong>de</strong>n „Pass“, sprich <strong>de</strong>n höchsten Punkt. Ab jetzt geht’s wie<strong>de</strong>r<br />

abwärts, drei Tore sind zu überwin<strong>de</strong>n. Plötzlich komme ich auf eine kleine Lichtung und<br />

kann das vor mir liegen<strong>de</strong> Tal überblicken. Links im Hintergrund sehe ich die Strasse, die ich<br />

erreichen muss. Und dazwischen? Eine Finca, Trockenmauern, Schafwei<strong>de</strong>n, Tore und viele<br />

Katzenwege. Oh je. Ich mache mich „an die Arbeit“. Bei <strong>de</strong>r Finca mache ich quer über<br />

Wei<strong>de</strong>n und durch Gestrüpp einen grossen Umweg, um nicht gesehen zu wer<strong>de</strong>n. Trotz<strong>de</strong>m<br />

ist die Landschaft sehr offen hier, die rote Jacke wird <strong>de</strong>shalb in <strong>de</strong>n Rucksack eingepackt.<br />

Bei Schafher<strong>de</strong>n muss ich ebenfalls aufpassen: Sie rennen davon und die Glocken um ihren<br />

Hals bimmeln viel zu laut. Man muss sich langsam anpirschen. Auch zwei Esel treffe ich. Ich<br />

streichle ihnen über die Nase, damit sie nur ja keinen Laut von sich geben. Dann noch die<br />

letzte Mauer überklettern und ich bin auf <strong>de</strong>r Fahrstrasse.<br />

Ich folge ihr bis auf <strong>de</strong>n nächsten Pass und mache dort unter Föhren an einem schattigen<br />

Plätzchen Mittagspause. Am Nachmittag durchquere ich dann ein kleines verschlafenes<br />

Dörfchen namens Orient und komme dahinter zum abgelegenen Luxushotel „L’Hermitage“.<br />

Hier zweigt ein Weg ab, <strong>de</strong>r etwa 300 Höhenmeter rauf auf <strong>de</strong>n Puig <strong>de</strong> Alaró führt. Oben<br />

thront wie ein Adlerhorst die Einsie<strong>de</strong>lei „Eremita <strong>de</strong> Alaró“. Rundherum steile, ockerfarbige<br />

und wasserzerfressene Kalkfelsen, die mich an meine Kletterwoche auf <strong>de</strong>r griechischen<br />

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Insel Kalymnos erinnern. Ein Weg, <strong>de</strong>r mit öffentlichen Gel<strong>de</strong>rn „restauriert“ wor<strong>de</strong>n ist, führt<br />

das letzte Stück zu <strong>de</strong>n verfallenen Mauern <strong>de</strong>r Burg, die einst vor <strong>de</strong>r Eremita stand.<br />

„Restauriert“ heisst, dass eine Art natürliche, run<strong>de</strong> Steine aneinan<strong>de</strong>r gereiht wur<strong>de</strong>n. Zum<br />

Laufen natürlich <strong>de</strong>r letzte Gurk. Trotz meinen harten, steigeisenfesten Bergschuhen merkt<br />

man je<strong>de</strong>n Stein. Ich bin schon etwa sechs Stun<strong>de</strong>n unterwegs und verfluche die<br />

Wegbauer...<br />

Endlich angekommen. Die Eremita verfügt tatsächlich über eine kleine Kapelle. Ich löse bei<br />

<strong>de</strong>r Besichtigung gleich mal mein Versprechen ein und bete, wie ich es <strong>de</strong>n älteren Leuten<br />

auf <strong>de</strong>m Coll <strong>de</strong> Sóller gestern versprochen habe. Dann ent<strong>de</strong>cke ich eine Art Bar. Zwei<br />

Tische, einige Stühle, die Getränkekarte auf einer Holztafel von Hand aufgemalt. Ich mel<strong>de</strong><br />

mich dort an und bekomme einen Schlüssel für das Nebengebäu<strong>de</strong>, wo die Gästezimmer<br />

sind. Es han<strong>de</strong>lt sich um Vierbettzimmer, super sauber und anscheinend recht neu. Die<br />

Aussicht aus <strong>de</strong>m Fenster ist überwältigend: Man sieht über die ganze Insel. Duschen hat’s<br />

keine, was soll’s. Bettzeug gibt’s auch keines, die Woll<strong>de</strong>cke entpuppt sich als extrem<br />

fusseln<strong>de</strong>s Teil. Aber für 12 Euro pro Nacht kann man eben nicht auch noch fusselfreie<br />

Woll<strong>de</strong>cken verlangen. Da ich aus Gewichtsgrün<strong>de</strong>n keinen Leinen-Schlafsack o<strong>de</strong>r<br />

ähnliches mitgenommen habe, muss ich mir etwas einfallen lassen. Doch ich vertage dieses<br />

Problem auf später. Zuerst mal wasche ich einige Sachen und breite sie draussen auf <strong>de</strong>n<br />

warmen Steinen zum Trocknen aus.<br />

Mit <strong>de</strong>n Unterlagen setze ich mich draussen dann an ein schattiges Plätzchen und mache<br />

„Büro“: Weg für morgen festlegen, benötigte Unterlagen heraussuchen, Reisebericht in<br />

Stichworten schreiben. Die Route für morgen muss ich komplett umkrempeln: Ich bin heute<br />

an <strong>de</strong>n möglichen Abzweigungen vorbeigekommen, und bei<strong>de</strong>s waren verbarrikadierte<br />

Katzenwege. Da muss ich mir was an<strong>de</strong>res einfallen lassen. Zum Glück habe ich für morgen<br />

Abend keine Unterkunft reserviert. Ich muss einfach übermorgen im Refugi Muleta sein.<br />

Nach längerem Karten- und Fahrplanstudium beschliesse ich, an <strong>de</strong>n neuen Zugbahnhof<br />

von Consell/Alaró runterzulaufen und dort <strong>de</strong>n Zug nach Palma zu nehmen. In Palma kann<br />

ich dann einen Bus nach Deyá nehmen und habe so übermorgen eine lockere Tagesetappe<br />

zum Refugi Muleta.<br />

In <strong>de</strong>r Bar habe ich gesehen, dass Shirts mit Aufdruck angeboten wer<strong>de</strong>n. Da kann ich<br />

einfach nicht wi<strong>de</strong>rstehen, obwohl ich das Ding dann natürlich die ganzen zwei Wochen<br />

mitschleppen muss!<br />

Die ständigen Bewohner hier oben sind zwei junge Männer und drei Esel. Ein Englän<strong>de</strong>r ist<br />

noch angekommen, er übernachtet auch hier. Er ist Gui<strong>de</strong>book-Autor und in <strong>de</strong>r ganzen Welt<br />

unterwegs. Im Moment hat er gera<strong>de</strong> einen Auftrag für <strong>Mallorca</strong> gefasst. Er erzählt, dass er<br />

gerne in diesen Eremitas und Klöstern übernachte, weil es einfach speziell sei. Ich solle mal<br />

auf <strong>de</strong>n Puig <strong>de</strong> Randa ins dortige Kloster, dort habe es noch richtige Monks. Ich mit meinen<br />

eingerosteten Englischkenntnissen verstehe Monkys und frage überrascht, ob die dort <strong>de</strong>nn<br />

wild leben. Jetzt schaut er mich verwun<strong>de</strong>rt an und ein österreichisches Paar, das nebenan<br />

unser Gespräch verfolgt hat, lacht. Sie klären mich auf, dass Monks zu Deutsch Mönche und<br />

nicht Affen heisst. Oh shit, wil<strong>de</strong> Mönche....<br />

Es ist 20.00 Uhr, die Österreicher wollen auch noch zum Nachtessen bleiben und dann in<br />

<strong>de</strong>r Dunkelheit hinunterwan<strong>de</strong>rn, zurück zum Auto. Wir haben alle Hunger und schleichen<br />

wie hungrige Wölfe um <strong>de</strong>n Eingang zur Bar herum. Plötzlich kommt <strong>de</strong>r eine <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />

„Wirte“ raus, nimmt zwei Halftern und verschwin<strong>de</strong>t zu <strong>de</strong>n Eseln. Kurze Zeit später sind<br />

diese mit grossen Tragekörben ausgerüstet und wer<strong>de</strong>n von ihm unter lauten Rufen <strong>de</strong>n<br />

Weg hinuntergetrieben. Der an<strong>de</strong>re informiert uns, dass sie eben gera<strong>de</strong> keinen Food mehr<br />

hätten und nun mit <strong>de</strong>n Eseln welchen holen gehen wür<strong>de</strong>n. Una hora, dauere das. Aha.<br />

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21.00 Uhr. Die angekündigte Stun<strong>de</strong> ist rum, uns knurrt <strong>de</strong>r Magen und tatsächlich hören wir<br />

das Bimmeln <strong>de</strong>r Glocken. Die Esel wer<strong>de</strong>n nicht geführt, sie kennen <strong>de</strong>n Weg und bleiben<br />

von alleine vor <strong>de</strong>r Bar stehen.<br />

21.15 Uhr. Wir wer<strong>de</strong>n in die Bar an die Tische gerufen und können sogar aus einigen<br />

Gerichten aussuchen. Die Österreicher nehmen zweimal Lammschulter. Als ich mich<br />

anschliessen will, hat’s keine mehr. Aha, wahrscheinlich hat das Lamm hier oben auch nur<br />

zwei Schultern. Ich entschei<strong>de</strong> mich für irgend ein Schnitzel mit Salat. Beim Tischgespräch<br />

mit <strong>de</strong>n Österreichern ent<strong>de</strong>cke ich, dass sie in ihrem Wan<strong>de</strong>rführer noch eine interessante<br />

Beschreibung eines Kletterweges auf <strong>de</strong>n Massanella haben. Ich schreibe die betreffen<strong>de</strong><br />

Passage natürlich sofort ab und lege sie zu meinen Unterlagen.<br />

Ins Bett komme ich um 23.00 Uhr. Jetzt noch das Woll<strong>de</strong>cken-Problem lösen. Ich nehme ein<br />

Fixleintuch von einer an<strong>de</strong>ren Matratze und packe die Woll<strong>de</strong>cke darin ein. Wird schon<br />

irgendwie gehen. Im Zimmer hat’s ein Notausgangslicht, das sich nicht ablöschen lässt, aber<br />

ganz ekelhaft grün blen<strong>de</strong>t. Ich komme nicht ran, das Licht ist zuoberst im hohen Raum<br />

angebracht. Also lege ich mir <strong>de</strong>n Sonnenhut über <strong>de</strong>n Kopf.<br />

Samstag, 24. Mai 2003<br />

So richtig gut schlafe ich nicht, <strong>de</strong>r Hut rutscht ständig runter und unter <strong>de</strong>m plastifizierten<br />

Fixleintuch schwitze ich. Um 7.00 Uhr stehe ich auf und packe. Zum Zmorgen habe ich<br />

eigentlich einige <strong>de</strong>r Hun<strong>de</strong>bisquits zusammen mit <strong>de</strong>m Rohschinken vorgesehen, doch die<br />

vacuumverpackte Schale hat ein Loch. Obwohl man Rohschinken ja recht problemlos lagern<br />

kann, bin ich nun nicht mehr sicher, ob er noch essbar ist. Risiko kann ich je<strong>de</strong>nfalls keines<br />

eingehen und werfe ihn schweren Herzens fort. Bleiben noch die Hun<strong>de</strong>bisquits, die ich am<br />

offenen Fenster stehend mampfe. Unter mir steht ein Esel und schaut herauf.<br />

Eine halbe Stun<strong>de</strong> später laufe ich los. Der Weg führt in endlosen Serpentinen hinunter ins<br />

Tal. Weil ich von <strong>de</strong>r Zuglinie keinen Fahrplan habe und <strong>de</strong>r Bus Samstag und Sonntag nicht<br />

fährt, laufe ich zügig, um sicher um 10.00 Uhr am Bahnhof zu sein. Um Fünf vor Zehn treffe<br />

ich ein – und es fährt ein Zug ein. Besser hätte es nicht klappen können!<br />

In Palma fin<strong>de</strong> ich heraus, dass <strong>de</strong>r Bus nach Deyá um 11.30 Uhr fährt. Also noch eine<br />

Stun<strong>de</strong> Zeit. Ich kenne ein Café an <strong>de</strong>r Plaça Espanya, das superfeine Bocadillos<br />

(Sandwiches) hat und genehmige mir eines. Mit Rohschinken natürlich. Das Ganze kostet<br />

inkl. Cola 4 Euro, was ich sogar billiger als in <strong>de</strong>r Schweiz fin<strong>de</strong>. Überhaupt habe ich nichts<br />

bemerkt von <strong>de</strong>n überhöhten Preisen seit <strong>de</strong>r Euro-Einführung, über die sich viele<br />

beschweren. Ein Film für <strong>de</strong>n Fotoapparat kaufe ich auch noch. Habe zwar einen Ersatzfilm<br />

mitgenommen – und <strong>de</strong>n bräuchte ich jetzt – aber <strong>de</strong>r ist nicht mehr aufzufin<strong>de</strong>n. Im Burger<br />

King will ich endlich das in Port <strong>de</strong> Sóller verpasste Soft Ice „Sandy“ nachholen. Doch bei<br />

<strong>de</strong>nen ist die Maschine kaputt...<br />

Ich verbringe die Zeit bis zur Abfahrt <strong>de</strong>s Busses nach Deyá mit <strong>de</strong>r Korrektur meiner<br />

Busfahrpläne. Das gibt ein ewiges Werk!<br />

Auf <strong>de</strong>r Fahrt zum Künstlerdorf Deyá quatscht mich eine englisch sprechen<strong>de</strong> Frau an. Sie<br />

will wissen, wie wo wann woher wohin..... Anscheinend muss ich wirklich schon wie <strong>de</strong>r<br />

hinterletzte Tramper aussehen... Sie sei Klavierlehrerin aus Wales. Eine Minute später drückt<br />

sie mir schon einen Zettel mit ihrer Adresse in die Finger. Ich müsse sie unbedingt besuchen<br />

kommen und dort mit ihr wan<strong>de</strong>rn gehen!<br />

In Deyá sehe ich eine Tafel mit <strong>de</strong>r Aufschrift „Hostal Miramar*“. Super. Genau so was<br />

brauche ich. Denn Deyá lebt vom Tourismus und seinem Ruf als Künstlerdorf und hat ein<br />

eher hohes Preisniveau. In diesem Dorf wur<strong>de</strong> auch die Serie „Hotel Paradies“ gedreht. Das<br />

Hotel Resi<strong>de</strong>ncia war die Kulisse dafür.<br />

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Ich laufe <strong>de</strong>m Wegweiser nach die Strasse hoch, bis sie vor einem Haus aufhört. Dieses ist<br />

jedoch nirgends angeschrieben. Eine alte Frau sitzt vor <strong>de</strong>m Haus, ich frage sie. Ja ja, da sei<br />

ich richtig, meint sie und ruft ihrer Tochter. Ich bekomme ein super Zimmer, 29 Euro mit<br />

Frühstück. Die Türe wird zwar beim nächsten Windhauch aus <strong>de</strong>m Rahmen fallen, aber was<br />

soll’s. Dusche und WC auf <strong>de</strong>m Gang, <strong>de</strong>r wellige Fussbo<strong>de</strong>n hat auch schon bessere Zeiten<br />

gesehen. Aber 29 Euro ist für Deyá billig. Heute ist die Hose und ein T-Shirt mit waschen<br />

dran. Ich hole Waschmittel im Supermercado unten und hänge die nassen Sachen an eine<br />

Wäscheleine vor <strong>de</strong>m Haus. Weiss zwar nicht, ob Gäste die benützen dürfen, aber ich kann<br />

nieman<strong>de</strong>n fin<strong>de</strong>n, um zu fragen.<br />

Dann schaue ich mir das Dorf an, laufe durch die engen Gässchen und besuche die Kirche,<br />

die auf einem Hügel <strong>de</strong>n höchsten Punkt bil<strong>de</strong>t. Ich sitze in ein Café, möchte quasi als<br />

Nachtessen ein Sandwich essen. Sie hätten kein Brot, meint die Kellnerin. Komisch, dabei<br />

hat <strong>de</strong>r Supermercado gegenüber die Gestelle voller Barras! In ein Restaurant will ich nicht<br />

sitzen, die sehen alle so vornehm aus. Deshalb kaufe ich im Supermercado einiges und sitze<br />

damit vors Polizeigebäu<strong>de</strong> auf eine Bank.<br />

Als ich zurück zum Hostal komme und meine Wäsche von <strong>de</strong>r Leine nehmen will, sehe ich,<br />

dass <strong>de</strong>r Rest <strong>de</strong>r Leine völlig belegt mit frisch gewaschenem Bettzeug ist...<br />

Es soll ab morgen bis Dienstag regnen und stürmen mit bis zu 6 Beaufort. Ich habe mit <strong>de</strong>m<br />

Handy wie je<strong>de</strong>n Tag schnell nach Hause angerufen und auch gleich die neuesten<br />

Wetterprognosen angefragt. Morgen habe ich nur etwa 3 Stun<strong>de</strong>n ins Refugi Muleta zu<br />

laufen, da ist es nicht so tragisch, wenn ich verschifft wer<strong>de</strong>. Aber die folgen<strong>de</strong>n zwei Tage<br />

bin ich mitten im Gebirge unterwegs mit langen Tagesetappen und Höhenunterschie<strong>de</strong>n.<br />

Hoffentlich hält sich das Wetter einigermassen stabil...<br />

Sonntag, 25. Mai 2003<br />

Dunkle Wolken. Shit. Es sieht nach Regen aus. Ich gehe runter zum Frühstück. Ausser zwei<br />

Deutschen ist anscheinend niemand hier. Dabei ist dieses Hostal so romantisch im Grünen<br />

gelegen und die Aussicht auf Deyá fantastisch! Zum Frühstück gibt’s sogar noch eine<br />

Banane.<br />

Ich verpacke mein Hab und Gut regendicht und gebe <strong>de</strong>n Zimmerschlüssel ab, um meine<br />

I<strong>de</strong>ntitätskarte wie<strong>de</strong>r zurückzuerhalten. Das läuft hier überall so, dass man seinen Ausweis<br />

abgeben muss und ihn dann erst am nächsten Morgen wie<strong>de</strong>r erhält. Anfänglich hat mir das<br />

gar nicht gepasst, aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt.<br />

Es tröpfelt bereits, als ich loslaufe. Camí Castell heisst <strong>de</strong>r renovierte Pilgerweg, <strong>de</strong>r von<br />

Deyá nach Sóller führt und auf <strong>de</strong>m ich etwa 2 Stun<strong>de</strong>n unterwegs sein wer<strong>de</strong>. Dann muss<br />

ich auf die Halbinsel Muleta abzweigen, um zum Refugi zu kommen. Das Refugi liegt auf<br />

<strong>de</strong>m äussersten En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Halbinsel, gleich beim Leuchtturm, <strong>de</strong>r die Hafeneinfahrt von Port<br />

<strong>de</strong> Sóller markiert. Alles natürlich in luftiger Höhe!<br />

Als ich „renovierter“ Pilgerweg gelesen habe, dachte ich mir schon, dass heute wie<strong>de</strong>r mal<br />

so ein Superweg kommt. Und tatsächlich verbringe ich <strong>de</strong>n Grossteil <strong>de</strong>r heutigen<br />

Wan<strong>de</strong>rung vor mich hingrummelnd wegen diesen run<strong>de</strong>n, absolut unpraktischen Steinen.<br />

Doch <strong>de</strong>r Weg führt durch ein sehr schönes Gebiet entlang <strong>de</strong>r Nordküste und entschädigt<br />

wenigstens teilweise für die Mühen. Wenn nur das Wetter besser wäre! So ist auch das Meer<br />

bleigrau statt azurfarben.<br />

Es nieselt ständig. Ich bin dauernd unschlüssig, ob ich die Regenjacke anziehen soll o<strong>de</strong>r<br />

nicht. Wenn nicht, ist alles feucht wegen <strong>de</strong>m Nieselregen, wenn ich sie aber anziehe,<br />

schwitze ich darunter bei <strong>de</strong>m tropischen Klima und bin auch bachnass.<br />

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Ich überquere die Küstenstrasse und laufe auf einem Karrenweg auf die Halbinsel hinaus.<br />

Jetzt fängt’s richtig an zu regnen, ich ziehe die Regenjacke an. Bald verschwin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Weg<br />

zwischen Gestrüpp und Dissgras. Auch auf <strong>de</strong>r Karte ist keiner eingezeichnet, nur <strong>de</strong>r auf<br />

<strong>Mallorca</strong> bekannte Wan<strong>de</strong>rführer-Autor Herbert Heinrich hat hier einen Weg beschrieben. Es<br />

könnte auch eine weglose Route sein. Ich je<strong>de</strong>nfalls fin<strong>de</strong> trotz kurzer Suche keinen und<br />

beschliesse, die noch etwa 1000 vor mir liegen<strong>de</strong>n Meter querfel<strong>de</strong>in zurückzulegen. Zumal<br />

es ja wirklich regnet und ich schnellstmöglich unter Dach kommen möchte.<br />

Es geht durch harte Stau<strong>de</strong>n und Dissgras. Vor allem letzteres macht mir zu schaffen, <strong>de</strong>nn<br />

ich kann nicht darüber hinweg sehen. Es wächst hier höher als in <strong>de</strong>n Bergen. Eine Richtung<br />

zu halten wird schwierig, weil ich immer wie<strong>de</strong>r grösseren Hin<strong>de</strong>rnissen ausweichen muss.<br />

Im Regen (nun wie<strong>de</strong>r nieselnd) will ich aber wirklich nicht im Kreis herumlaufen und nehme<br />

<strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n Kompass hervor. Nun ist’s kein Problem mehr. Ich versuche, meine<br />

Wan<strong>de</strong>rhose in diesem Dickicht möglichst vor Rissen zu bewahren. Sie ist zwar super, aber<br />

schon etwa sieben Jahre alt. Der Stoff wird langsam dünn und an <strong>de</strong>n Beinabschlüssen<br />

unten hat’s bereits zwei Löcher. Trotz<strong>de</strong>m wür<strong>de</strong> ich das gute Stück nicht mehr hergeben.<br />

Bis jetzt habe ich auch nichts ähnlich Gutes gefun<strong>de</strong>n.<br />

Wegen <strong>de</strong>r ewigen Nieselei habe ich keine Pause gemacht bis auf die Halbinsel Muleta<br />

hinaus und bin <strong>de</strong>shalb nach 40min Camel Trophy froh, als die Hütte in Sicht kommt. Kaum<br />

bin ich unter Dach, öffnen sich die Himmelsschleusen und es fängt heftig an zu regnen. Gott<br />

sei Dank bin ich früh losgegangen! Der Hüttenwart begrüsst mich. Er heisse Miguel und<br />

wenn ich was brauche, sei er da. Ja, ich brauche was: Eine Dusche! Denn obwohl diese<br />

Refugis mit unseren SAC-Hütten verglichen wer<strong>de</strong>n können, ist doch <strong>de</strong>r Standard etwas<br />

höher. So wer<strong>de</strong>n Frotté- und Leintücher vermietet und es hat Duschen. Ich erblicke ein T-<br />

Shirt mit Refugi-Aufdruck. Klar, dass ich da wie<strong>de</strong>r nicht wi<strong>de</strong>rstehen kann. Jetzt schleppe<br />

ich total 4 T-Shirts mit...<br />

Die Dusche tut gut, lei<strong>de</strong>r kommen aus <strong>de</strong>r Brause nur fünf Wasserstrahlen. Die an<strong>de</strong>ren<br />

Düsen sind verstopft. Aber es reicht, Hauptsache Süsswasser.<br />

Ich fin<strong>de</strong> das Hüttenbuch. Die Hütte ist seit fast genau 2 Jahren offen und es hat sich bis jetzt<br />

ein einziger Schweizer eingetragen – im Jahr 2001! Höchste Zeit, dass ich unsere Nation<br />

hier vertrete!<br />

Ein Paar, das vor einer Stun<strong>de</strong> in die Richtung losgelaufen ist, aus <strong>de</strong>r ich gekommen bin,<br />

kommt tropfnass zurück und erkundigt sich bei Miguel, wo <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Weg genau durchgehe.<br />

Aha, ich bin also nicht alleine. Muss wirklich ein Problem geben mit <strong>de</strong>n Wegen auf dieser<br />

Halbinsel...<br />

Zwei <strong>de</strong>utsche Frauen gesellen sich zu mir. Sie sind soeben mit riesigen Tramperrucksäcken<br />

eingetroffen. Die müssen sich zu To<strong>de</strong> geschleppt haben! Sie seien gestern von hier<br />

gestartet, auf <strong>de</strong>m einfachen Wan<strong>de</strong>rweg zur Bucht Sa Calobra gewan<strong>de</strong>rt und hätten dort<br />

am Strand geschlafen. Sie berichten, dass sie verschifft wor<strong>de</strong>n seien und sich dann unter<br />

die Felsen zurückgezogen hätten. Dann seien sie aber wie<strong>de</strong>r weg von <strong>de</strong>r Felswand, <strong>de</strong>nn<br />

sie hätten Angst gehabt vor Steinschlag. Geschlafen hätten sie nicht gross... Die eine<br />

erzählt, dass sie jetzt dann nach Neuenburg komme und dort im Spital eine Assistenzarzt-<br />

Stelle antrete. Wir plau<strong>de</strong>rn viel miteinan<strong>de</strong>r, bis sie beschliessen, noch nach Sóller zu<br />

fahren. Es schifft zwar ununterbrochen, aber sie haben ein Mietauto. Heute auf <strong>de</strong>m<br />

Rückweg haben sie ausgeraubte Handtaschen am Strassenrand gefun<strong>de</strong>n. Eine haben sie<br />

mitgenommen und zeigen sie mir: Es hat einen Holländischen Pass drin, <strong>de</strong>n AVIS-Vertrag<br />

eines Mietautos sowie die Schlüssel zu diesem Auto. Die Geldbörse ist leer. Der AVIS-<br />

Vertrag ist erst gestern ausgestellt wor<strong>de</strong>n. Wir beschliessen, die Sachen <strong>de</strong>r Policia Local in<br />

Sóller zu bringen.<br />

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Gesagt, getan. Die uniformierten Typen schauen ziemlich mürrisch drein. Jetzt muss man<br />

noch arbeiten an einem Sonntag... so ein Gurk. Trotz<strong>de</strong>m fin<strong>de</strong>n wir die Sache total<br />

aufregend.<br />

Die Deutschen wollen weiter nach Vall<strong>de</strong>mossa, ich muss wie<strong>de</strong>r ins Refugi zurück zum<br />

Nachtessen. Pünktlich um 20.00 Uhr, wie mir Miguel eingeschärft hat. Also nehme ich bei<br />

<strong>de</strong>m Regen ein Taxi zurück.<br />

Die Wolken hängen tief, es ist kühler gewor<strong>de</strong>n. Wenn das Wetter morgen so ist wie im<br />

Moment, müsste ich die morgige Etappe abblasen. Sie führt über <strong>de</strong>n Coll <strong>de</strong> l’Ofre, und <strong>de</strong>r<br />

ist total im Nebel.<br />

Zum Znacht – ich bin alleine mit Miguel – gibt’s zähen Salat aus <strong>de</strong>m eigenen Garten,<br />

Tomaten und eine Hähnchenkeule. Wun<strong>de</strong>rbar zart und überhaupt nicht ausgetrocknet. Also<br />

kochen kann er, <strong>de</strong>r Miguel. Er gibt mir noch einen Tipp, wo in Palma ich die begehrten<br />

Landkarten im Massstab 1:25'000 bekomme. Diese Karten (vom Militär) sind sehr schwierig<br />

zu fin<strong>de</strong>n. Sie wür<strong>de</strong>n soeben überarbeitet und es seien von fast allen bereits die neuen<br />

erhältlich. Wenn ich in Palma bin, muss ich unbedingt dort hin (Intersport).<br />

Montag, 26. Mai 2003<br />

Um 6.00 Uhr wache ich kurz auf und höre, dass es gewittert. Das auch noch. Gestern, als<br />

ich die Planung für heute gemacht habe, habe ich einen „Regenplan“ erstellt. Doch das<br />

Refugi Tossals Verds, das mein heutiges Tagesziel ist, liegt mitten im unzugänglichsten Teil<br />

<strong>de</strong>r <strong>Serra</strong> <strong>Tramuntana</strong>. Etwa die Hälfte sowie <strong>de</strong>n höchsten Pass könnte ich abkürzen mittels<br />

eines öffentlichen Busses, <strong>de</strong>r einmal täglich an <strong>de</strong>n Cúber-Stausee hochfährt. Aber von dort<br />

sind’s immer noch einige Stun<strong>de</strong>n bis zur Hütte.<br />

Um 8.00 Uhr gehe ich runter zum Frühstück. Die an<strong>de</strong>ren im 30 Personen fassen<strong>de</strong>n<br />

Schlafsaal schlafen noch. Bis auf die bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Frauen ist <strong>de</strong>r Saal glücklicherweise<br />

leer. Miguel meint, das Wetter wer<strong>de</strong> weiterhin bewölkt sein, aber die Regenfront und das<br />

Gewitter seien vorbei. Trotz<strong>de</strong>m sehe ich die Wolken noch an <strong>de</strong>n Gipfeln hängen.<br />

Ich beschliesse, die heutige Etappe wie geplant durchzuführen und packe <strong>de</strong>n Rucksack.<br />

Wie üblich kaufe ich noch Wasser beim Hüttenwart. Zu Essen habe ich genug, das Meiste in<br />

Form von Riegeln. Ich laufe hinunter nach Port <strong>de</strong> Sóller, warte dort auf das Tram und fahre<br />

damit etwa 5km bis nach Sóller zum Dorfplatz Plaça Constituçio. Dort geht’s los, durchs Dorf<br />

Biniaraitx erreiche ich <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>s Torrent d’es Barranc. Dieses Tal steigt steil nach oben<br />

zur vor mir liegen<strong>de</strong>n <strong>Serra</strong> <strong>de</strong> Alfabia. An einem alten Waschhaus ausgangs Biniaraitx treffe<br />

ich auf zwei Wan<strong>de</strong>rer, die <strong>de</strong>n gleichen Weg haben, aber nur bis zum Cúber-Stausee<br />

wan<strong>de</strong>rn. Ich überhole sie und laufe auf <strong>de</strong>m restaurierten Pilgerweg Camí d’es Barranc in<br />

unzähligen Windungen talaufwärts. Der Weg ist lang und steil, die run<strong>de</strong>n Steine erleichtern<br />

die Sache nicht – im Gegenteil! Kurz vor Erreichen <strong>de</strong>s Passes <strong>de</strong> l’Ofre komme ich zur<br />

Finca l’Ofre. Hier ist <strong>de</strong>r Weg abgesperrt und ein Schild warnt vor wil<strong>de</strong>n Stieren. Schlimmer<br />

als in <strong>de</strong>r Camargue kann’s nicht sein, <strong>de</strong>nke ich und klettere übers Tor.<br />

Endlich auf <strong>de</strong>m Pass! Gestartet bin ich auf Meereshöhe, <strong>de</strong>r Pass liegt 890m hoch. Zu<br />

gerne wäre ich jetzt noch schnell auf <strong>de</strong>n l’Ofre (1090m.ü.M.), <strong>de</strong>r vom Pass aus in 45min zu<br />

erreichen ist. Doch er liegt im Nebel, ich bin hier oben knapp unterhalb <strong>de</strong>r Wolkengrenze.<br />

Das bringt nichts. Scha<strong>de</strong>. Auf <strong>de</strong>m Pass win<strong>de</strong>t’s stark, ich beschliesse, sofort<br />

weiterzugehen, obwohl ich noch keine Pause gemacht habe. Es hat ein geschmie<strong>de</strong>tes<br />

Kreuz auf <strong>de</strong>m Pass, daneben sitzt ein älteres <strong>de</strong>utsches Ehepaar. Die bei<strong>de</strong>n verzehren in<br />

aller Ruhe ein Picknick. Wir sprechen kurz miteinan<strong>de</strong>r. Auch sie wollten auf <strong>de</strong>n l’Ofre, aber<br />

bei <strong>de</strong>m Nebel wer<strong>de</strong>n sie von hier ebenfalls wie<strong>de</strong>r absteigen zum Stausee, wo sie ihr<br />

Mietauto parkiert haben. Sie wollen natürlich auch wissen, wohin ich will. Schliesslich<br />

verabschie<strong>de</strong>n wir uns und ich laufe durch Steineichen- und Föhrenwald runter an <strong>de</strong>n<br />

Stausee. Von hier sollte man <strong>de</strong>n Puig Mayor schön sehen können, doch auch sein mit<br />

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Radarstationen und Antennen bewehrter Gipfel ist in <strong>de</strong>n Wolken verborgen. Er ist<br />

militärisches Sperrgebiet und darf nicht betreten wer<strong>de</strong>n. Deshalb ist <strong>de</strong>r Massanella <strong>de</strong>r<br />

höchste begehbare Gipfel <strong>Mallorca</strong>s. Den habe ich auch noch auf <strong>de</strong>m Programm!<br />

Vor mir ist jetzt <strong>de</strong>r Himmel recht blau, hinter mir tiefschwarz. Zum Glück bin ich bis jetzt vom<br />

Regen verschont geblieben! Ich lege trotz<strong>de</strong>m noch mal einen Zacken zu. Ich verlasse <strong>de</strong>n<br />

Stausee und folge ab jetzt immer <strong>de</strong>r Wasserleitung, die das Stausee-Wasser nach Palma<br />

leitet. Die Röhre mit einem Durchmesser von etwa einem halben Meter führt durch ein<br />

unwirtliches Gebiet. Die zerklüfteten Felsen und die wild wuchern<strong>de</strong> Vegetation sind schön<br />

anzusehen. Schliesslich geht’s auch noch durch fünf Tunnels! Dafür habe ich in weiser<br />

Voraussicht eine Taschenlampe mitgenommen...<br />

Jetzt rechne ich noch mit einer Stun<strong>de</strong> Marschzeit bis zum Refugi. Nach <strong>de</strong>m letzten Tunnel<br />

lese ich auf einer Tafel, dass hier 3 Euro für das Benutzen <strong>de</strong>s Wan<strong>de</strong>rweges bezahlt<br />

wer<strong>de</strong>n müssten. Ich sehe aber keine Vorrichtung dafür und gehe weiter.<br />

Kurz vor <strong>de</strong>r Hütte muss ich eine letzte Steigung von etwa 250 Höhenmetern bewältigen. An<br />

Eselgehegen vorbei komme ich schliesslich auf <strong>de</strong>r Terrasse <strong>de</strong>s Refugis an. Der Hüttenwart<br />

hält gera<strong>de</strong> ein Mittagsschläfchen, bemerkt aber mein Kommen sofort. Hier gibt’s vier<br />

Achterzimmer. Neben mir richten sich im Schlafsaal noch drei Englän<strong>de</strong>r ein. Ich mischle mir<br />

zuerst mal einen Platz auf einer Bank auf <strong>de</strong>r Terrasse. Bin etwas mü<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn wegen <strong>de</strong>m<br />

drohen<strong>de</strong>n Regen habe ich heute Vollgas gegeben und keine einzige Pause gemacht. Da<br />

dies aber mit 6 Stun<strong>de</strong>n eine mittellange Etappe war, merke ich es jetzt doch erstmals ein<br />

bisschen. Hinter einem Mäuerchen macht anscheinend auch einer ein Nickerchen, je<strong>de</strong>nfalls<br />

sind laute Schnarchgeräusche zu hören. Ich habe soeben das eigentlich für die Pause<br />

unterwegs vorgesehene Picknick (Hun<strong>de</strong>bisquit und Riegel) verdrückt, da beginnt es zu<br />

regnen. Geschützt unter <strong>de</strong>m Dach beobachte ich die Mauer, hinter <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schnarchler<br />

unbeirrt weiterschnarcht. Doch plötzlich erwacht er und kommt um die Ecke: Der Wachhund<br />

<strong>de</strong>s Refugis, ein riesiges schwarzes Tier.<br />

Ich gehe duschen. Wenn’s schon eine hat, muss diese natürlich auch benützt wer<strong>de</strong>n! Doch<br />

heute sind nur noch zwei Wasserstrahlen in Betrieb; da waren ja die fünf gestern Luxus!<br />

Im Hüttenbuch lese ich die Einträge durch. Viele Speleo-Gruppen haben hier übernachtet.<br />

Wahrscheinlich muss es in <strong>de</strong>r Umgebung einige Höhlensysteme geben, wenn die<br />

Höhlenforscher hier ihr Basislager aufgeschlagen haben. Natürlich gibt’s hier T-Shirts mit<br />

„Refugi Tossals Verds“-Aufdruck. Muss unbedingt eines haben... Der Rucksack wiegt jetzt<br />

etwa 8kg inkl. Getränke und Essen für unterwegs.<br />

Hier kann man für <strong>de</strong>n nächsten Tag ein Picknick-Paket bestellen. Ich mache das, bin<br />

gespannt, was es da zu futtern gibt.<br />

Das Nachtessen besteht aus einem traditionellen Gemüseeintopf mit Paprika, Auberginen<br />

und wenigen Kartoffel-Scheibchen. Darunter fin<strong>de</strong> ich noch ein zähes Schweinsfilet. Gut ist<br />

<strong>de</strong>r Eintopf ja schon, aber ich lei<strong>de</strong> langsam unter Kohlenhydrat-Mangel. Morgen Abend bin<br />

ich im grossen Kloster Lluc. Die haben eigene Restaurants, da gibt’s sicher Spaghetti o<strong>de</strong>r<br />

so was.<br />

Die Englän<strong>de</strong>r sind komische Son<strong>de</strong>rlinge. Wir sprechen nicht miteinan<strong>de</strong>r. Mit <strong>de</strong>m<br />

Hüttenwart re<strong>de</strong> ich Spanisch, die Englän<strong>de</strong>r wissen nicht, ob ich sie verstehe o<strong>de</strong>r nicht.<br />

Dienstag, 27. Mai 2003<br />

Um 8.00 Uhr klingelt <strong>de</strong>r Wecker <strong>de</strong>r Briten. Ich benutze die Gelegenheit und mache, dass<br />

ich davon und vor ihnen zum Frühstück komme. Als sie schliesslich im Aufenthalts-/Essraum<br />

auftauchen, bin ich reisefertig und bezahle alles zusammen beim Hüttenwart. Viel mehr als<br />

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20 Euro kostet es jeweils nicht. Heute noch weniger als gestern im Refugi Muleta. Dort habe<br />

ich nämlich vergessen, <strong>de</strong>n Ausweis <strong>de</strong>s Schweizer Alpne Clubs (SAC) zu zeigen. Wir<br />

haben hier Gegenrecht und erhalten Rabatt auf Übernachtung, Bettwäsche und Essen. Zum<br />

Frühstück hat’s Zwieback gegeben. Jemand hat sich beschwert, doch die bekommen hier<br />

sicher nicht je<strong>de</strong>n Tag frische Lebensmittel.<br />

Ich nehme das Picknick-Paket in Empfang und mache mich auf <strong>de</strong>n Weg. Die Wolken<br />

hängen tief, aber ich habe heute gar keine an<strong>de</strong>re Wahl, als weiter zum Pass hochzulaufen<br />

und auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite einem Tal entlang hinunter ins Kloster Lluc. Je lichter <strong>de</strong>r Wald<br />

wird, <strong>de</strong>sto mehr pfeift mir <strong>de</strong>r Wind um die Ohren. Über <strong>de</strong>r Baumgrenze wird’s dann sicher<br />

or<strong>de</strong>ntlich blasen. Kurz vor Erreichen <strong>de</strong>r Baumgrenze mache ich <strong>de</strong>shalb noch eine Pause<br />

und inspiziere das Picknick-Paket. Wow! Es hat eine richtige Büchse Cola drin! Und zwei<br />

Pa’amb oli (mallorquinische Sandwiches) sowie eine Orange. Was sonst, es hat hier im<br />

Nor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Insel überall Zitronen- und Orangenbäume. Die Pa’amb oli sind traditionell mit<br />

Olivenöl getränkt. Ich behalte <strong>de</strong>shalb nur <strong>de</strong>n Inhalt und werfe die Brote weg. Olivenöl<br />

schmeckt mir gar nicht.<br />

Kaum habe ich die letzten Bäume passiert, trifft mich <strong>de</strong>r Wind mit voller Wucht. Es hat<br />

min<strong>de</strong>stens 6 Beaufort. Die Böen werfen mich mehrere Male fast um. In Kehren win<strong>de</strong>t sich<br />

<strong>de</strong>r schmale Trampelpfad zum Pass hinauf. Die Wolkengrenze rückt immer näher.<br />

Schliesslich habe ich sie erreicht und packe Karte, Kompass und Höhenmesser aus.<br />

Letzteren justiere ich nochmals. Im Nebel drin sieht man kaum einige Meter weit.<br />

Irgendwann merke ich, dass ich wohl <strong>de</strong>n Pass erreicht haben muss. Im Wan<strong>de</strong>rführer, <strong>de</strong>r<br />

bis anhin supergute Beschreibungen lieferte, steht nur, dass man nun mit Blick auf die Bucht<br />

von Alcudia weiterlaufen soll. Es habe da einen breiten Fahrweg. Ich sehe keinen solchen<br />

Weg. Mit Karte und Kompass bestimme ich die Richtung, in <strong>de</strong>r die Bucht von Alcudia liegt<br />

und laufe einige Meter weglos in diese Richtung. Doch ein Weg taucht nicht auf und ich<br />

kehre um, bevor ich die Passhöhe im dichten Nebel nicht mehr fin<strong>de</strong>. Oben habe ich nämlich<br />

einen ganz neuen Wegweiser <strong>de</strong>r FODESMA gesehen, auf <strong>de</strong>m das Kloster Lluc<br />

angeschrieben ist. Und dort geht auch ein Weg ab. Also laufe ich auf diesem Weglein weiter.<br />

Ich muss höllisch aufpassen, dass ich es nicht verliere, die Wegspuren sind oft sehr<br />

un<strong>de</strong>utlich. Der Weg führt ins Tal hinunter, also in die richtige Richtung. Doch plötzlich<br />

beginnt <strong>de</strong>r Weg, wie<strong>de</strong>r zu steigen. Ich schaue auf die Karte und sehe, dass dieser Weg (in<br />

<strong>de</strong>r Karte aber nicht eingezeichnet!) über einen weiteren Pass führen muss und erst in einem<br />

riesigen Umweg das Kloster erreichen wird. Langsam habe ich die Schnauze voll. Der Wind<br />

ist unverän<strong>de</strong>rt stark und ich vom Nebel nass. Ich muss ständig in Bewegung bleiben, damit<br />

ich nicht anfange zu frieren. Zur Not hätte es aber einige Schneehäuser, in <strong>de</strong>ssen Ruinen<br />

man Schutz vor <strong>de</strong>m Wind fin<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>.<br />

Ich beschliesse nun, <strong>de</strong>n Weg zu verlassen und <strong>de</strong>m Bach, <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m felsigen Talgrund<br />

fliesst, zu folgen. Wenn ich nach Erreichen <strong>de</strong>r 1000-Höhenmeter-Linie in einem gewissen<br />

Winkel vom Bach abzweige, müsste ich auf <strong>de</strong>n breiten Weg stossen, <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Pass<br />

oben nicht zu fin<strong>de</strong>n war.<br />

Gesagt, getan. Ich treffe auf <strong>de</strong>n breiten Weg und folge ihm talauswärts. Bald erreiche ich<br />

die Baumgrenze und bin wie<strong>de</strong>r einigermassen im Windschatten <strong>de</strong>r Bäume. Ich mache eine<br />

kurze Pause, verspeise <strong>de</strong>n Rest <strong>de</strong>s Picknick-Paketes und laufe an <strong>de</strong>r Finca Coma Freda<br />

entlang weiter hinunter Richtung Kloster, das auf etwa 500 m.ü.M. mitten im Gebirge liegt.<br />

Die Finca hat einen Aufpasser eingestellt, <strong>de</strong>r die Wan<strong>de</strong>rwege kontrolliert und von je<strong>de</strong>m,<br />

<strong>de</strong>n er antrifft, 4 Euro Weggebühr kassiert. Doch bei <strong>de</strong>m Sch...wetter ist er anscheinend<br />

nicht da.<br />

Ich bin noch etwa 40min. vom Kloster entfernt, da treffe ich auf die ersten Leute. Und siehe<br />

da – es ist das ältere nette <strong>de</strong>utsche Paar, das ich bereits auf <strong>de</strong>m Pass <strong>de</strong>s l’Ofre getroffen<br />

habe. Wir haben damals bei<strong>de</strong> auf die Besteigung <strong>de</strong>s l’Ofre verzichtet. Wir beschliessen,<br />

<strong>de</strong>n Weg gemeinsam fortzusetzen. Sie haben ihr Auto, ein blauer Suzuki-Jeep, am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

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Fahrstrasse parkiert und bieten mir an, mich die letzten 20 Fussminuten <strong>de</strong>r Hauptstrasse<br />

entlang mitzunehmen. Dieses Angebot nehme ich natürlich gerne an. Wir sprechen über dies<br />

und das; im Laufe <strong>de</strong>s Gesprächs erzähle ich, dass ich oft mit <strong>de</strong>n Schiffen in <strong>de</strong>n Balearen<br />

unterwegs sei.<br />

Endlich im Kloster. Wegen <strong>de</strong>r Wegsucherei und <strong>de</strong>m Gegenwind (das macht bei diesen<br />

Windstärken über eine längere Distanz viel aus!) habe ich 7 statt <strong>de</strong>r veranschlagten 5<br />

Stun<strong>de</strong>n gebraucht. Ich inspiziere das Kloster, fin<strong>de</strong> gleich am Eingang die Info. Der Señor<br />

füllt ein Formular aus, ich muss sofort bezahlen. 88 Euro für ein Einzelzimmer für vier Tage.<br />

Auf <strong>de</strong>m Formular steht Marion statt Mirjam. Dabei hat er von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntitätskarte<br />

abgeschrieben! Auf <strong>de</strong>m Coll <strong>de</strong> Sóller hat mir <strong>de</strong>r ältere Einheimische von Palma ständig<br />

Maria gesagt....<br />

Ich richte mich in meiner Mönchszelle häuslich ein. Das macht so richtig Spass, ich kann<br />

alles auspacken und nun für vier Tage liegen lassen. Jetzt will ich <strong>de</strong>n kleinen Lebensmittel-<br />

La<strong>de</strong>n aufsuchen, <strong>de</strong>n das Kloster hat. Da hier tagsüber sehr viele Tagestouristen mit Cars<br />

zu Besuch kommen, verfügt das Kloster über eine erstaunlich gute Infrastruktur.<br />

Doch das Lä<strong>de</strong>li ist geschlossen. Öffnungszeiten sind nicht angeschlagen. Ich gehe zurück<br />

zum Señor an <strong>de</strong>r Information. Es ist ein netter, älterer Herr mit grauem Haar und korrekt<br />

geklei<strong>de</strong>t mit Kravatte und Anzug. Er erklärt, dass gera<strong>de</strong> eine Vertretung dort sei und diese<br />

erst ab 17.00 Uhr aufmache. Ich verziehe mich ins benachbarte Café und mache „Büro“.<br />

Nach 17.00 Uhr gehe ich wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n La<strong>de</strong>n. Ich muss neben Lebensmitteln auch<br />

Haarshampoo und Waschmittel haben. Doch anstelle eines Shampoos fin<strong>de</strong> ich nur so<br />

etwas wie Haarbalsam und anstatt Waschmittel einen Weichspüler. Das muss reichen; ich<br />

mache eine grosse Wäsche (Klei<strong>de</strong>r und Mensch!). Dann stelle ich die Heizung an, damit die<br />

über einer Schnur hängen<strong>de</strong>n Klei<strong>de</strong>r besser trocknen. Die Schnur habe ich mangels<br />

Aufhänggelegenheiten quer durchs Zimmer gespannt. Wichtiges Detail: Die Brause <strong>de</strong>r<br />

Dusche funktioniert einwandfrei. Ich hätte nicht gedacht, dass ich in meinem Leben mal noch<br />

die einzelnen Wasserstrahlen einer Duschbrause zähle. Aber hier hat’s über 30!<br />

Ich suche und fin<strong>de</strong> die Quelle <strong>de</strong>s Klosters. Hier kann man gratis Wasser abfüllen, was ich<br />

mit all meinen PET-Flaschen erledige. Für morgen steht <strong>de</strong>r Massanella, <strong>de</strong>r höchste<br />

begehbare Gipfel <strong>Mallorca</strong>s auf <strong>de</strong>m Programm. Jedoch ohne <strong>de</strong>n Kletteraufstieg, für das<br />

ist’s noch zu feucht. Die Wetterfrösche haben ab morgen Nachmittag stetig bessern<strong>de</strong>s<br />

Wetter versprochen.<br />

Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Strassenseite steht ein Infozentrum, in <strong>de</strong>m die Fauna und Flora <strong>de</strong>s<br />

<strong>Tramuntana</strong>-Gebirges sehr lehrreich dargestellt wird. Auch das Kloster sehe ich mir noch<br />

genauer an und natürlich die drei Restaurants. Ich will heute unbedingt Pasta in irgen<strong>de</strong>iner<br />

Form. Bei allen drei trample ich hinein und verlange die Speisekarte. Die Auswahl ist schnell<br />

getroffen, nur ein Restaurant hat etwas Derartiges, nämlich eine Portion Spaghetti.<br />

Ich treffe auf die blö<strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>r vom Refugi Tossals Verds. Sie sind eben angekommen.<br />

Die haben über 10 Stun<strong>de</strong>n gebraucht. Ich kaufe eine Zeitung sowie eine Ansichtskarte und<br />

schreibe meinen Eltern. Denn es hat sogar einen Briefkasten hier!<br />

Nachtessen so früh wie möglich (= 19.00 Uhr) im Spaghetti-Restaurant. Zur Vorspeise gibt’s<br />

Tintenfisch. Nach <strong>de</strong>m Essen wäre ich zwar mü<strong>de</strong>, aber mit vollem Bauch will ich noch nicht<br />

ins Bett. Also gehe ich in die Kirche. Es ist schön ruhig, all die Touris sind zurück in ihre<br />

Hotels gefahren. Im Nebenflügel fin<strong>de</strong>t ein katholischer Gottesdienst statt, auf <strong>de</strong>n Bänken<br />

sitzen einige Einheimische. Ich schleiche mich hinein und nehme zu hinterst Platz.<br />

Verstehen tue ich zwar kein Wort, aber als die Vorbereitungen fürs Abendmahl getroffen<br />

wer<strong>de</strong>n, verstehe ich das sehr wohl und mache mich aus <strong>de</strong>m Staub. Abendmahl ist mir als<br />

ehemals reformierter, jetzt gar nichts mehr Angehören<strong>de</strong>r immer etwas suspekt gewesen.<br />

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Mittwoch, 28. Mai 2003<br />

Ich laufe früh los, bin um 9.00 Uhr bereits eine Stun<strong>de</strong> unterwegs in Richtung Massanella.<br />

Mitten im Wald treffe ich auf einen weiteren Wan<strong>de</strong>rer, auch er alleine. „Hi, I’m Joe from<br />

Ireland“, begrüsst er mich und schnell entwickelt sich ein Gespräch zwischen uns. Ob ich<br />

auch auf <strong>de</strong>n Massanella wolle, fragt er. Als ich dies bejahe, meint er: „Oh, so we make a<br />

company“. Okay, also machen wir eben eine company. Soll mir auch recht sein. Er hat<br />

interessantes Equipment: Ein GPS, das er ständig zusammen mit einer Kartentasche in <strong>de</strong>r<br />

Hand trägt und auf <strong>de</strong>m Rücken einen Trinkrucksack, von <strong>de</strong>m ein Schlauch direkt auf<br />

Mundhöhe führt.<br />

Wir schnaufen bergan. Er erzählt, dass er postman sei. Aha, <strong>de</strong>shalb die gute Kondition! Wir<br />

wechseln uns bei <strong>de</strong>r Wegsuche ab, es gilt, kleine rote aufgemalte Punkte im Steingewirr zu<br />

fin<strong>de</strong>n.<br />

3 ½ Stun<strong>de</strong>n und 800 Höhenmeter später haben wir’s dann geschafft und stehen bei <strong>de</strong>r<br />

Betonsäule, die <strong>de</strong>n höchsten Punkt markiert. Wir machen ein Gipfelfoto voneinan<strong>de</strong>r und<br />

essen etwas. Von hier oben sehe ich <strong>de</strong>n Weg, <strong>de</strong>n ich gestern im Nebel nicht gefun<strong>de</strong>n<br />

habe. Er fängt nicht direkt am Pass an, son<strong>de</strong>rn erst einige hun<strong>de</strong>rt Meter weiter unten. So<br />

weit konnte ich im Nebel meine Suche natürlich nicht aus<strong>de</strong>hnen, ansonsten hätte ich auch<br />

noch <strong>de</strong>n letzten bekannten Punkt verloren. Pla <strong>de</strong> sa neu (Schnee-Ebene) heisst das<br />

Plateau, das uns zu Füssen liegt.<br />

Mit Joe, postman from Ireland, laufe ich dann wie<strong>de</strong>r runter, an einer Quelle vorbei. Eine<br />

Treppe führt dort in eine unterirdische Grotte, unsere Abenteuerlust ist geweckt. Ich habe ein<br />

Mini-Taschenlämpchen am Fotokamera-Bän<strong>de</strong>l befestigt und inspiziere damit die feuchte<br />

Höhle. Joe schaltet sein GPS aus, nimmt die Batterien raus, eine Stirnlampe hervor und<br />

setzt dort die Batterien ein. Bis er bereit zur Erkundung ist, habe ich sie bereits<br />

abgeschlossen. Ein lustiger Kauz. Seine Berge in Irland seien nur etwa 500 Feet hoch. Ich<br />

muss alles ständig umrechnen... (unsere Berge sind etwa 14000 Feet hoch --> drei Füsse<br />

gleich 1 Meter)<br />

Der Retourweg führt wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Finca Coma Freda vorbei. Ich benutze wie <strong>de</strong>n ganzen<br />

Tag schon die Gelegenheit, um mein Englisch anzuwen<strong>de</strong>n und erzähle ihm, dass hier ein<br />

Wachmann jeweils mit einem Jeep komme und 4 Euro einziehe. Wir schauen ziemlich blöd<br />

aus <strong>de</strong>r Wäsche, als dieser tatsächlich nur einige Minuten später auftaucht! Wir bezahlen<br />

und er erzählt – auf Spanisch – dass er hier die Wege instand halte und auch all das Fallholz<br />

abtransportiere. Ich frage ihn, wieso so viele abgebrochene Äste im ganzen Gebirge am<br />

Bo<strong>de</strong>n lägen. Es habe diesen Winter 70cm Schnee gegeben, antwortet er mit vor Stolz<br />

geschwellter Brust. Da seien all die Äste abgebrochen. Ich muss mir natürlich das Lachen<br />

verkneifen. 70cm! Bei uns schneit’s im Winter zwei Meter in drei Tagen...<br />

Das Wetter wen<strong>de</strong>t sich nun zum Guten. Ein stabiles Hoch installiert sich und sollte dann bis<br />

zu meiner Abreise auch stationär bleiben.<br />

Wir begegnen auf <strong>de</strong>m Rückweg weit unten Leuten, die mit Turnschuhen auf <strong>de</strong>n<br />

Massanella wollen. Es ist 12.30 Uhr und sie sind soeben gestartet. Da können wir nur <strong>de</strong>n<br />

Kopf schütteln. Eine 6-Stun<strong>de</strong>n-Tour beginnt man nicht erst um Mittag. Da sollte man bereits<br />

oben sein! Turnschuhe sind zu<strong>de</strong>m mehr als ungeeignet. Über <strong>de</strong>r Waldgrenze dominiert<br />

überall im <strong>Tramuntana</strong>-Gebirge karstiger Fels (Kalk). Er weist unzählige Wasserrillen auf und<br />

ist super schön geschichtet. Lustige Formationen prägen das Bild. Fantastische Sache zum<br />

klettern... Ich sehe, ich muss mal mit Kletterausrüstung und –partner wie<strong>de</strong>rkommen...<br />

Schliesslich sind wir wie<strong>de</strong>r zurück am Pass gleich neben <strong>de</strong>m Kloster, wo er bei einer<br />

Tankstelle sein Auto parkiert hat. Wir haben 1 ½ Stun<strong>de</strong>n weniger gebraucht, als <strong>de</strong>r Führer<br />

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angibt. Kein Wun<strong>de</strong>r. Joe, postman from Ireland, ist fit. Er spendiert mir im Café an <strong>de</strong>r<br />

Tankstelle noch eine Cola und übergibt mir ein in eine Folie eingeschweisstes und von ihm<br />

signiertes Gebet. Es ist speziell für Climbers und Mountaineers gedichtet wor<strong>de</strong>n. Dafür<br />

muss ich für ihn im Kloster Lluc beten. Wird gemacht, habe langsam Routine darin.<br />

Zurück im Kloster, gehe ich in die Kirche, bete und zün<strong>de</strong> eine Kerze an. Für Joe, postman<br />

from Ireland.<br />

Dann erkun<strong>de</strong> ich das Kloster weiter. Ich ent<strong>de</strong>cke einen Buchla<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m ich das<br />

<strong>Mallorca</strong>-Magazin, eine <strong>de</strong>utsche Tageszeitung (die erste seit meiner Ankunft vor einer<br />

Woche) sowie alle Bän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Herbert-Heinrich-Wan<strong>de</strong>rbücher fin<strong>de</strong>. Diese kann man nur auf<br />

<strong>de</strong>r Insel kaufen, und auch hier nicht überall. Deshalb schleppe ich sie gerne noch ein wenig<br />

durch die Gegend, Hauptsache, ich habe sie gefun<strong>de</strong>n.<br />

Hinter <strong>de</strong>m Kloster ent<strong>de</strong>cke ich einen fantastisch schönen Botanischen Garten. Die Mönche<br />

haben ihn vor etwa 100 Jahren angelegt, um hier Ruhe zu fin<strong>de</strong>n. Alle möglichen Gewächse<br />

kommen hier en miniature vor, überall kleine Wasserfälle, Teiche und Brücken, die Bächlein<br />

überqueren. Schmetterlinge und seltene Vögel fliegen herum, in <strong>de</strong>n Teichen schwimmen<br />

Goldfische. Grillen zirpen und unzählige Frösche quaken. Eine paradiesische Idylle. Hier<br />

herrscht noch heile Welt! Jetzt, am Abend, sind die Tagestouristen fort und ich bin ganz<br />

alleine. Fasziniert probiere ich das Teleobjektiv meines neuen Fotoapparates aus. Als Sujets<br />

müssen die Frösche und Schmetterlinge herhalten. Das Spiel von Licht und Schatten reizt<br />

ebenfalls zum Fotografieren.<br />

Dann folgt das Abendprogramm wie üblich: Einige Sachen einkaufen im kleinen La<strong>de</strong>n,<br />

Wäsche waschen, Büro, Wasser an <strong>de</strong>r Quelle abfüllen, Spaghetti-Teller im selben<br />

Restaurant. Heute mit einem grossen gemischten Salat als Vorspeise.<br />

Ich beschliesse, morgen <strong>de</strong>n Tomir (mit einer kurzen Kletterstelle) zu besteigen, damit <strong>de</strong>r<br />

Torrent <strong>de</strong> Pareis, <strong>de</strong>r auf keinen Fall nass sein darf, noch weiter abtrocknen kann. Die<br />

schattigen Schluchtenwän<strong>de</strong> verhin<strong>de</strong>rn, dass <strong>de</strong>r Grund nach Regenfällen schnell<br />

austrocknet. Die Wetterlage ist jetzt sehr stabil und es wird täglich wärmer.<br />

Nach <strong>de</strong>m Nachtessen erkun<strong>de</strong> ich noch die erste Strecke <strong>de</strong>s Weges für die morgige Tour<br />

und suche <strong>de</strong>n „Camel Rock“, ein grosser Stein, <strong>de</strong>r wie ein Kamel geformt ist und in <strong>de</strong>r<br />

Nähe <strong>de</strong>s Klosters zwischen <strong>de</strong>n Büschen sein soll. Doch ich fin<strong>de</strong> ihn nicht, muss mich<br />

zuerst noch einmal genau erkundigen, wo <strong>de</strong>r sein soll. Dann wie üblich Kirche, heute mit<br />

einem Knabenchor, <strong>de</strong>r sehr schöne Lie<strong>de</strong>r singt. Wie<strong>de</strong>rum schleiche ich mich raus, als das<br />

Abendmahl an <strong>de</strong>r Reihe ist.<br />

Donnerstag, 29. Mai 2003<br />

Ich laufe um 8.00 Uhr los, um die allergrösste Nachmittagshitze umgehen zu können. Der<br />

Weg startet beim Kloster und geht quer über einen Fussballplatz. Also diese Wegwahl auf<br />

<strong>de</strong>r Insel...einfach crazy. Und all das nur, weil alles privat ist. Denn nur <strong>de</strong>r Zugang zum<br />

Meer ist Allgemeingut; die Berge/Wäl<strong>de</strong>r sind alle in Privatbesitz und <strong>de</strong>r Zugang darf<br />

untersagt wer<strong>de</strong>n! Für Wan<strong>de</strong>rer natürlich keine einfache Situation.<br />

Geröll dominiert <strong>de</strong>n Aufstieg zum Tomir. Zwei Einheimische überholen mich voller Elan,<br />

sind dann aber plötzlich verschwun<strong>de</strong>n. Ich sehe sie zwei Stun<strong>de</strong>n später wie<strong>de</strong>r, sie haben<br />

versehentlich einen riesigen Umweg gemacht. Ich komme an die Stelle, die im Führer als<br />

„nicht zu unterschätzen<strong>de</strong>“ Kletterstelle beschrieben wird. Es hat einige Eisenprofile zum<br />

draufstehen und ein Seil. Doch das Zeug kommt eher in <strong>de</strong>n Weg, als dass es nützt.<br />

Je<strong>de</strong>nfalls habe ich diese Hilfsmittel nicht benutzen müssen. Es geht we<strong>de</strong>r senkrecht<br />

hinauf, noch hat es für die Füsse keine natürlichen Tritte mehr.<br />

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Auf <strong>de</strong>m Gipfel bin ich nicht alleine, eine vierköpfige Familie ist auch noch da, geht dann<br />

aber. Der Tomir ist über 1000 Meter hoch, und die Aussicht auf die Buchten und das Meer ist<br />

fantastisch. Etwas weiter hangabwärts hat es auch hier Ruinen von ehemaligen<br />

Schneehäusern, die früher <strong>de</strong>r Lagerung <strong>de</strong>s Schnees dienten. Den so konservierten<br />

Schnee brauchte man früher zum Kühlen von Lebensmitteln. Er wur<strong>de</strong> im Winter in die<br />

Häuser geschaufelt und im Sommer dann „abgebaut“.<br />

Auf <strong>de</strong>m Rückweg kommen mir plötzlich viele Deutsche entgegen. Es han<strong>de</strong>lt sich um eine<br />

Wan<strong>de</strong>rgruppe, <strong>de</strong>ren Teilnehmer mit einem Führer auf <strong>de</strong>n Tomir wollen. Auf einem <strong>de</strong>r<br />

Geröllfel<strong>de</strong>r kommen mir noch zwei Leute entgegen. Sie rufen mir schon von weitem „He,<br />

Skipper!“ entgegen. Ich erkenne sie wie<strong>de</strong>r. Es ist das ältere <strong>de</strong>utsche Paar, das ich nun<br />

schon zum dritten Mal treffe! Auch <strong>de</strong>r blaue Suzuki-Jeep steht unten am Anfang <strong>de</strong>r Tour.<br />

Auf <strong>de</strong>m Retourweg zum Kloster suche ich wie<strong>de</strong>r vergeblich <strong>de</strong>n Camel Rock. Ich muss<br />

mich wirklich noch schlau machen, wo <strong>de</strong>r sein soll.<br />

Im Kloster plane ich dann die morgige Etappe. Der Torrent <strong>de</strong> Pareis gilt als die technisch<br />

anspruchsvollste Wan<strong>de</strong>rung auf <strong>Mallorca</strong>. Der Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Schlucht ist übersät mit grossen<br />

Gesteinsbrocken, die überklettert wer<strong>de</strong>n müssen. An zwei Stellen muss auch einige Meter<br />

abgeseilt wer<strong>de</strong>n. Ich checke <strong>de</strong>shalb noch mal <strong>de</strong>n Wetterbericht und kaufe dafür eine<br />

mallorquinische Tageszeitung. Shit, <strong>de</strong>r Wetterbericht ist in Mallorquin geschrieben. Ich<br />

reisse ihn heraus und gehe damit zum netten Mann an <strong>de</strong>r Information. Dieser grinst und<br />

übersetzt mir das Ganze in Castellano. Resultat: Super schön in <strong>de</strong>n nächsten fünf Tagen.<br />

Ein Problem wird es sein, <strong>de</strong>n Ausgangsort zu erreichen. Denn <strong>de</strong>r liegt 1 ½ Stun<strong>de</strong>n<br />

Fussmarsch vom Kloster weg. Da ich so früh wie möglich gehen will, muss ich diesen Weg<br />

zu Fuss zurücklegen. Zumal sowieso keine öffentlichen Verkehrsmittel dorthin fahren. Dies<br />

ergibt also lei<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n sonst schon benötigten 4 ½ Stun<strong>de</strong>n total 6 Stun<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>r<br />

Durchquerung <strong>de</strong>s Canyons kommt man 500 Höhenmeter weiter unten am Meer in <strong>de</strong>r<br />

Bucht Sa Calobra heraus. Hier habe ich bei sicherer Wetterlage schon oft mit <strong>de</strong>m Schiff<br />

geankert. Sa Calobra wird von vielen Tagestouristen besucht, die mit <strong>de</strong>m Car o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m<br />

Fährschiff von Port <strong>de</strong> Sóller her kommen. Ich wer<strong>de</strong> das Fährschiff nach Port <strong>de</strong> Sóller<br />

erwischen müssen und dort im Hafen <strong>de</strong>n einzigen Bus zurück nach Lluc. Wenn alle Stricke<br />

reissen, muss ich irgendwas an<strong>de</strong>res organisieren. Deshalb habe ich in weiser Voraussicht<br />

am Hafen in Port <strong>de</strong> Sóller auch bereits die Abfahrtszeiten notiert. Nun kann ich aber diesen<br />

Zettel nicht mehr fin<strong>de</strong>n. Schliesslich habe ich alles durchsucht und gebe auf. Im Kopf habe<br />

ich 12.00 und 14.00 Uhr als Abfahrtszeiten <strong>de</strong>r Fähren. Muss dann einfach vor Ort<br />

schauen...<br />

Ich studiere das Heinrich-Buch „Abenteuer-Wan<strong>de</strong>rungen“ und fin<strong>de</strong> einen sehr<br />

ausführlichen Beschrieb <strong>de</strong>r Torrent <strong>de</strong> Pareis-Wan<strong>de</strong>rung. Er ist <strong>de</strong>taillierter als meine<br />

Unterlagen und an<strong>de</strong>ren Führer. Ich beschliesse, nach diesem zu laufen. Damit ich das Buch<br />

nicht mitschleppen muss, frage ich <strong>de</strong>n Mann an <strong>de</strong>r Information, ob er ein Kopiergerät habe<br />

und mir die betreffen<strong>de</strong>n Seiten herauskopieren könne. Kann er, es kostet 1 Euro für sechs<br />

Kopien. Teure Sache, müssen geheiligte Kopien sein!<br />

Bei <strong>de</strong>r Cola im Café höre ich das erste Mal, seit ich auf <strong>de</strong>r Insel bin, wie<strong>de</strong>r Schweizer<strong>de</strong>utsch.<br />

Irgendwie kommt es mir richtig komisch vor, nach all <strong>de</strong>m Spanisch und Englisch!<br />

Mein Spaghetti-Restaurant hat heute geschlossen, ich entschei<strong>de</strong> mich für das an <strong>de</strong>r Quelle<br />

hinten. Teigwaren-, Reis- o<strong>de</strong>r Kartoffelgerichte haben die zwar nicht, aber das Zicklein auf<br />

mallorquinische Art war auch fein. Wie üblich bin ich um 19.00 Uhr, <strong>de</strong>m frühestmöglichen<br />

Zeitpunkt, etwas zum Nachtessen zu bekommen, alleine im Lokal.<br />

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Auf <strong>de</strong>m Weg zur Abendmesse ent<strong>de</strong>cke ich in einer Vitrine einen Busfahrplan, <strong>de</strong>n ich<br />

natürlich sofort abschreibe. Bei <strong>de</strong>r Predigt muss ich dann kurz eingenickt sein, je<strong>de</strong>nfalls<br />

stehen all die Einheimischen plötzlich auf und schütteln sich die Hän<strong>de</strong>. Keine Ahnung, was<br />

das nun wie<strong>de</strong>r soll, je<strong>de</strong>nfalls schüttle ich höflich lächelnd ebenfalls unzählige Hän<strong>de</strong>.<br />

Irgendwie haben es alle auf mich abgesehen. Bei <strong>de</strong>r erstbesten Gelegenheit – kurz vor <strong>de</strong>m<br />

Weinkelch – suche ich das Weite.<br />

Freitag, 30. Mai 2003<br />

Um 6.00 ist im Kloster Türöffnung. Pünktlich stehe ich an <strong>de</strong>r Pforte, um möglichst früh am<br />

Einstieg zum Torrent sein zu können. 1 ½ Stun<strong>de</strong>n später ist es dann so weit.<br />

Ein Trampelpfad führt zuerst durch kultiviertes Gebiet und schliesslich <strong>de</strong>r Talflanke nach in<br />

Serpentinen hinunter. Es ist oft nicht klar, was Originalweg und was Abkürzung ist. Ich<br />

verwen<strong>de</strong> viel Zeit zur genauen Abklärung, welcher Weg <strong>de</strong>r richtige ist. Schliesslich ist es<br />

hier steil und unwegsam und von überall her wird geraten, nicht alleine diesen Torrent zu<br />

durchwan<strong>de</strong>rn. Also ist eine gewisse Vorsicht sicher nicht fehl am Platz. Ich lange auf <strong>de</strong>m<br />

Talbo<strong>de</strong>n an und gehe weiter zum Beginn <strong>de</strong>s Pareis.<br />

Im Torrent ist die Beschreibung Heinrichs gut und ich geniesse die Kletterei über die vom<br />

Wasser glattgeschliffenen Blöcke. Zwei Stellen hat es, die man am Besten mit einem Seil<br />

überwin<strong>de</strong>t. Da ich das irgendwo gelesen habe, habe ich eines mitgenommen. Damit kann<br />

ich mich nun locker abseilen (es hat aber auch etwas zu kurz geratene Fixseile drin). Die 200<br />

Meter senkrecht aufragen<strong>de</strong>n Felswän<strong>de</strong> sind einfach genial. Überhaupt: Es gibt so viel zu<br />

schauen, einfach super. Der Weg ist nicht ein<strong>de</strong>utig erkennbar. Oft muss ich mich zwischen<br />

einer linken und rechten Variante entschei<strong>de</strong>n. Aber immer fin<strong>de</strong> ich einen Weg, <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong><br />

noch gangbar ist. An einer Stelle rücken die Felswän<strong>de</strong> bis auf einen Meter Durchlass<br />

zusammen!<br />

Festhalten muss man an dieser Stelle:<br />

- Für Nichtkletterer und nicht Bergerfahrene ist diese Tour sehr anspruchsvoll wie überall<br />

beschrieben wird.<br />

- Ich bin alleine unterwegs. Von <strong>de</strong>m wird ebenfalls abgeraten. Ist jemand ein geübter<br />

Bergsteiger und Kletterer und Alleingänge gewohnt, kann er das natürlich auf eigene<br />

Verantwortung machen. Die Ausrüstung muss dann allerdings entsprechend angepasst<br />

sein.<br />

Klar, wenn man hier ein Bein bricht, fin<strong>de</strong>t einem niemand (doch das kann ja auch in <strong>de</strong>n<br />

Bergen bei Alleingängen passieren). Ich sehe je<strong>de</strong>nfalls <strong>de</strong>n ganzen Tag lang keinen<br />

einzigen Menschen. Herrliche Sache.<br />

Der Schock folgt dann hinter <strong>de</strong>r letzten grossen Felsbarriere: Zwar lichtet sich das Tal und<br />

weit vorne kommt schon bald das Meer in Sicht. Aber auch Hun<strong>de</strong>rte von Touris... ein<br />

richtiger Kulturschock. Sie glotzen mich natürlich an mit meinem Rucksack, Bergschuhen<br />

und Seil. Hm, vielleicht liegt’s auch an <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>rhosen, die seit <strong>de</strong>r heutigen Tour noch<br />

einige Löcher mehr aufweisen...<br />

Ein Deutsches Ehepaar quatscht mich an und will mich unbedingt in ihrem Auto mitnehmen<br />

bis Lluc. Doch getreu meinen Vorsätzen (die ich ja mit <strong>de</strong>m Taxi vom Coll <strong>de</strong> Sóller nach<br />

Sóller schon mal übertreten habe), lehne ich dankend ab. Trotz<strong>de</strong>m fin<strong>de</strong> ich das Angebot<br />

nett. Überhaupt sind alle Leute, die ich auf <strong>de</strong>r Insel treffe, egal welcher Nationalität, immer<br />

sehr hilfsbereit.<br />

Ich wan<strong>de</strong>re durch die Felsgalerie nach Calobra, drücke mich an unzähligen Touristen<br />

vorbei. Beim Mini-Anlegesteg <strong>de</strong>r Fährschiffe sehe ich, dass um 14.00 Uhr eines fährt. Das<br />

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ist in 1 ½ Stun<strong>de</strong>n. Ich lümmle im Schatten herum und setze mich schliesslich auf eine Bank<br />

zu zwei älteren grauhaarigen Französinnen. Sie verspeisen gera<strong>de</strong> ihr Lunchpaket vom<br />

Hotel. Ich beginne ein Gespräch, und schon kurze Zeit später ist ein interessanter Dialog im<br />

Gange. Ich bringe es aber einfach nicht fertig, ihnen etwas vom Food abzuschnorren.<br />

Schliesslich gebe ich auf. Aber wenigstens habe ich meine Französischkenntnisse<br />

anwen<strong>de</strong>n können!<br />

Pünktlich um 14.00 Uhr legt die Fähre ab. Zum Glück, <strong>de</strong>nn in Port <strong>de</strong> Sóller habe ich nur 10<br />

Minuten Umsteigezeit. Auf <strong>de</strong>r Fahrt <strong>de</strong>r Küste entlang verknipse ich das letzte Foto <strong>de</strong>s<br />

mittlerweile vierten Filmes. Am Hafen erwische ich dann dank <strong>de</strong>m Auskundschaften gera<strong>de</strong><br />

noch <strong>de</strong>n Bus. Der Bus fährt über <strong>de</strong>n Cúber-Stausee nach Lluc und weiter bis Pollença. Ich<br />

schaue auf <strong>de</strong>n Parkplatz beim Cúber-Stausee. Und was sehe ich? Den blauen Suzuki 4x4<br />

vom älteren Deutschen Ehepaar, <strong>de</strong>m ich schon dreimal begegnet bin! Sie haben wie<br />

angekündigt <strong>de</strong>n l’Ofre nachgeholt, <strong>de</strong>n wir damals bei<strong>de</strong> wegen Nebel nicht besteigen<br />

konnten!<br />

Ich bin die Erste und Einzige, die in Lluc aussteigt. Dann geht alles schnell: Duschen, Büro<br />

machen, waschen und dann – <strong>de</strong>n Camel Rock suchen! Diesmal mit Erfolg, habe mich<br />

erkundigt. Aber ein sooo wahnsinniges Teil ist’s jetzt auch wie<strong>de</strong>r nicht..<br />

Übrigens habe ich immer schlechte Waschergebnisse mit <strong>de</strong>m Weichspüler erzielt. Deshalb<br />

nahm ich heute <strong>de</strong>n Haarbalsam (o<strong>de</strong>r was auch immer es ist) – und siehe da: Die T-Shirts<br />

erscheinen mir wesentlich besser gewaschen!<br />

Zur Feier <strong>de</strong>s Tages gehe ich an diesem Abend ins teure Restaurant. Vorspeise: Gambas al<br />

ajillo (Riesencrevetten in heissem Knoblauchöl), Hauptgang Entrecôte an Jägersauce mit<br />

vielen verschie<strong>de</strong>nen Pilzen und Gemüsen sowie Nu<strong>de</strong>ln. Dessert: Glacé. Die Qualität <strong>de</strong>s<br />

Essens ist vorzüglich und gemessen an <strong>de</strong>n Schweizer Preisen zahle ich hier dafür noch<br />

immer bloss die Hälfte. Ich kann das Gere<strong>de</strong> um <strong>de</strong>n „Teuro“ nicht verstehen.<br />

Samstag, 31. Mai 2003<br />

19 Kilometer und 5 Stun<strong>de</strong>n liegen noch vor mir. Dann habe ich mit <strong>de</strong>m Erreichen von<br />

Pollença die <strong>Tramuntana</strong>-Durchquerung abgeschlossen. Die eingeplanten Reservetage<br />

habe ich nicht gebraucht. Ich wer<strong>de</strong> sie in meinem Lieblingshotel in Colonia Sant Jordi am<br />

Strand verbringen. Darauf freue ich mich nach dieser Tour natürlich beson<strong>de</strong>rs!<br />

Ich will heute so früh wie möglich aufbrechen. Die Info macht um 6.30 Uhr auf, wie einem<br />

Zettel am Anschlagbrett zu entnehmen ist. Ich muss nur noch <strong>de</strong>n Zimmerschlüssel<br />

abgeben. Doch als ich heute morgen dort stehe, ist <strong>de</strong>r Zettel weg und ein neuer hängt da.<br />

Öffnungszeit neu 8.00 Uhr. Shit. Ich lege <strong>de</strong>n Schlüssel einfach vor die Türe, wird schon gut<br />

gehen. Aber 1 ½ Stun<strong>de</strong>n – kühle Morgenstun<strong>de</strong>n – einbüssen kann und will ich nicht.<br />

Mehrheitlich abwärts (Première!) geht’s dann in 4 ½ Stun<strong>de</strong>n nach Pollença. Ich bin froh,<br />

geht es nicht mehr bergauf, <strong>de</strong>nn mein Rucksack ist nun mit all <strong>de</strong>n Büchern etc. wirklich<br />

schwer. Am Eingang zur Stadt muss ich mich zuerst mal orientieren. Denn nun muss ich<br />

abklären, wann morgen Sonntag ein Bus nach Palma fährt (von dort kann ich dann weiter<br />

nach Colonia fahren). Ich muss also eine Busstation o<strong>de</strong>r das Tourist Office fin<strong>de</strong>n.<br />

Fahrpläne wird’s ja wohl wie üblich nirgends geben.<br />

Ich laufe durch eine Gasse einem schmalen Strässchen entlang, als ich mitten auf <strong>de</strong>r<br />

Fahrbahn einen Prospekt ent<strong>de</strong>cke, <strong>de</strong>r genau so aussieht, wie die wenigen Busfahrpläne,<br />

die es gibt. Ich hole mir das Ding und studiere es. Es ist tatsächlich ein Busfahrplan! Von<br />

Pollença nach Palma! Ich kann mein Glück kaum fassen. Das Teil ist zwar wegen <strong>de</strong>n<br />

Autoreifen, die darüber gefahren sind, arg zerfled<strong>de</strong>rt und in Mitlei<strong>de</strong>nschaft gezogen<br />

wor<strong>de</strong>n, aber das Meiste ist noch knapp entzifferbar. Ich schaue mir die Abfahrtszeiten <strong>de</strong>r<br />

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Busse am Sonntag an. Doch – Bingo – genau hier fehlt ein Stück. Ich versuche, die Zeit<br />

irgendwie zu rekonstruieren anhand <strong>de</strong>r Abfahrtszeiten an<strong>de</strong>rer Wochentage. Es könnte 9.00<br />

Uhr sein. Aber ich muss das trotz<strong>de</strong>m genau wissen. Und die Bushaltestelle suchen!<br />

Mitten in <strong>de</strong>r Stadt sehe ich einen Wegweiser zum Tourist Office und stehe kurz darauf<br />

davor. Einen Busfahrplan gibt’s zwar nicht, dafür einen Stadtplan mit eingezeichneter<br />

Bushaltestelle. Ich fin<strong>de</strong> sie wenig später auch und studiere die angeschlagenen Fahrpläne.<br />

Tatsächlich ist 9.00 Uhr als Abfahrtszeit angegeben. Super. Nun gilt es, mein Domizil für die<br />

Nacht zu suchen. Es ist die Eremita <strong>de</strong> Nostra Senyora <strong>de</strong>l Puig <strong>de</strong> Maria. Tönt super, ist<br />

aber 300 Höhenmeter weiter oben auf <strong>de</strong>m Hausberg <strong>de</strong>r Einwohner von Pollença. Was<br />

soll’s, ich mache mich auf <strong>de</strong>n Weg. Und erreiche eine Stun<strong>de</strong> später schwitzend in <strong>de</strong>r<br />

grössten Nachmittagshitze die Einsie<strong>de</strong>lei. An einer kleinen Pforte im Innern muss ich<br />

klingeln. Eine Señora schaut im Reservationsbuch nach und kann meinen Namen partout<br />

nicht fin<strong>de</strong>n. Komisch. Ich habe telefonisch vorreserviert! Sie fragt, welche Telefonnummer<br />

ich angerufen habe. Ich zeige sie ihr. Aha, meint sie, das komme bei <strong>de</strong>utschsprachigen<br />

Gästen oft vor, irgendwo stehe da in unseren <strong>de</strong>utschen Reiseführern die falsche<br />

Telefonnummer. So ein Gurk. Ich habe versehentlich bei <strong>de</strong>n Monks auf <strong>de</strong>m Puig <strong>de</strong> Randa<br />

reserviert. Doch mich bringen keine 10 Pfer<strong>de</strong> mehr von diesem Berg runter. Genug<br />

gelaufen für heute mit <strong>de</strong>m schweren Rucksack.<br />

Ich habe Glück, sie hat noch ein letztes freies Zimmer. Der Preis dafür ist mit 9 Euro sehr<br />

beschei<strong>de</strong>n. Aber wenn man an die Tür bläst, fällt sie dafür auch gleich aus <strong>de</strong>n Angeln...<br />

Mahlzeiten gibt es auf Anfrage. Ich bestelle aber we<strong>de</strong>r Aben<strong>de</strong>ssen noch Frühstück. Für<br />

heute Abend fin<strong>de</strong> ich schon was und morgen muss ich sowieso vor 8.00 Uhr los, um <strong>de</strong>n<br />

Bus zu erwischen.<br />

Die Dusche entpuppt sich als fürchterliches Dreckding, aber Hauptsache, es hat eine. Auch<br />

das Zimmer sieht nicht eben sauber aus, die Bettwäsche ist jedoch frisch gewaschen. Aber<br />

die Aussicht auf diesem isolierten Puig ist fantastisch! Ich verbringe die Zeit bis zum Abend<br />

auf <strong>de</strong>r Aussichtsterrasse. Dann kaufe ich zwei mallorquinische Sandwiches als Nachtessen<br />

und begebe mich anschliessend zur wohlverdienten Ruhe.<br />

Während <strong>de</strong>r ganzen Nacht habe ich einen Kampf mit zwei Stechmücken und irgendwann<br />

krabbelt etwas über meinen Hals. Nur nichts anmerken lassen, sage ich mir. Schliesslich bin<br />

ich ja froh, überhaupt ein Bett für diese Nacht zu haben...<br />

Sonntag, 1. Juni 2003<br />

Ich verdufte früh, um sicher <strong>de</strong>n Bus nach Palma zu erwischen. Wie meistens, bin ich dann<br />

über 40 Minuten zu früh dort, ent<strong>de</strong>cke aber einen Markt gleich um die Ecke. Super! Da kann<br />

ich gleich noch einige Früchte kaufen. Neben Käse, Äpfeln, Kirschen und Aprikosen kaufe<br />

ich Nisperos. Was? Sie kennen Nisperos nicht? Ich auch nicht, aber sie sind gut. Ich habe<br />

sie schon öfters in <strong>de</strong>r Region Sóller an <strong>de</strong>n Bäumen hängen gesehen. Sie schauen wie<br />

Aprikosen o<strong>de</strong>r Mirabellen aus. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt, wie die Dinger auf<br />

Deutsch heissen. Je<strong>de</strong>nfalls habe ich sie in <strong>de</strong>r Schweiz noch nie gesehen.<br />

((Meine Nachforschungen im Internet ergeben: „Spanien ist nach China <strong>de</strong>r zweitgrösste<br />

Produzent. 75% stammen aus <strong>de</strong>m Gebiet um Callosa an <strong>de</strong>r Costa Blanca. Die Reifezeit<br />

<strong>de</strong>r Früchte ist von En<strong>de</strong> April bis etwa Mitte Juni. Äusserlich sehen die Früchte von <strong>de</strong>r<br />

Form her <strong>de</strong>r Pflaume etwas ähnlich, die Farbe ist aber eher die <strong>de</strong>s Pfirsichs und <strong>de</strong>r<br />

Geschmack ist fast eine Mischung aus Pfirsich und Aprikose ((ich fin<strong>de</strong>, es spielt noch etwas<br />

Melone mit hinein)). Im Innern hat es Kerne (1-5). Mitessen kann man diese allerdings nicht.<br />

Die Frucht muss reif sein, wenn sie vom Baum genommen wird, sie kann aber auch dann<br />

nicht lange gelagert wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn schnell bekommt sie unansehnlichen Flecken. Diese<br />

beeinflussen anfänglich jedoch in keiner Weise <strong>de</strong>n Geschmack. Deshalb ist <strong>de</strong>r Transport<br />

nur sehr begrenzt und gut organisiert möglich. Wahrscheinlich ist das <strong>de</strong>r Grund, weswegen<br />

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viele Auslän<strong>de</strong>r staunend und neugierig die kleinen gelben Früchte im Supermarkt o<strong>de</strong>r auf<br />

<strong>de</strong>n Obstmärkten bewun<strong>de</strong>rn...))<br />

Nisperos heissen also auch zu Deutsch Nisperos. Ich habe sie geschält, die Schale hat<br />

einen ganz leichten Pelz. Wahrscheinlich kann man sie aber mitessen, von schälen steht im<br />

obigen (zusammengefassten) Text je<strong>de</strong>nfalls nichts.<br />

Der Bus nach Palma kommt pünktlich. Die öffentlichen Verkehrsmittel waren eigentlich<br />

immer pünktlich. Aber bis man weiss, wann überhaupt sie abfahren... Ich muss 4 Euro bis<br />

Palma zahlen. Eine halbe Stun<strong>de</strong> bleibt mir, um in <strong>de</strong>n Bus nach Colonia Sant Jordi<br />

umzusteigen. Dies ist <strong>de</strong>r einzige Bus dorthin heute Sonntag.<br />

Am Empfang <strong>de</strong>s Hotels Marqués <strong>de</strong>l Palmer begrüssen die drei Concierges, <strong>de</strong>r Direktor<br />

und ich uns wie alte Bekannte. Kein Wun<strong>de</strong>r, seit über zehn Jahren ist eigentlich kaum ein<br />

Jahr vergangen, in <strong>de</strong>m wir nicht hier waren. Zum Glück kennen sie mich: In meinem<br />

verlotterten Zustand hätten sie mich sonst vielleicht abgewiesen... Die Hose hat gelitten, das<br />

T-Shirt eine un<strong>de</strong>finierbare Farbe angenommen. Der Schlapphut run<strong>de</strong>t das Ganze ab....<br />

Ich kriege ein kleines Doppelzimmer für mich alleine und richte mich häuslich ein, mit allem,<br />

was dazu gehört: Wäsche machen, Einkaufen, Liegestuhl am Pool reservieren für heute und<br />

die kommen<strong>de</strong>n Tage. Ich beschliesse, erst am Donnerstag Morgen abzureisen. Ich muss<br />

zwar um 6.00 Uhr am Flughafen sein. Dafür habe ich so noch <strong>de</strong>n ganzen Mittwoch, um zu<br />

ba<strong>de</strong>n und an die Sonne zu liegen. Einen öffentlichen Bus gibt’s natürlich um diese Zeit noch<br />

nicht, es bleibt mir nichts an<strong>de</strong>res übrig, als ein Taxi zu nehmen.<br />

Wichtigste Tätigkeit ist nun, eine Ba<strong>de</strong>hose zu erstehen. Das Meer ist 20° warm, ich will<br />

unbedingt schwimmen gehen!<br />

Mein Zimmer ist im 3. Stock, über <strong>de</strong>r hauseigenen Disco. Vor 23.00 Uhr ist nicht an Schlaf<br />

zu <strong>de</strong>nken. Aber was soll’s. Ich habe eine Internet-Station im Hotel ent<strong>de</strong>ckt und mel<strong>de</strong> mich<br />

mal wie<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n Daheimgebliebenen.<br />

Montag, 2. Juni 2003<br />

Es wird nun täglich geschwommen. Nach zwei Kilometern, resp. einer guten Stun<strong>de</strong>, wird’s<br />

mir dann aber jeweils zu kalt. Die Ba<strong>de</strong>hose habe ich etwas umnähen müssen. Aber was<br />

soll’s. Habe schliesslich nicht umsonst Na<strong>de</strong>l und Fa<strong>de</strong>n durch das ganze <strong>Tramuntana</strong>-<br />

Gebirge geschleppt! „Das ganze <strong>Tramuntana</strong>-Gebirge“ stimmt zwar nicht ganz, <strong>de</strong>nn die<br />

westlichste Ecke ist noch nicht durchgehend bewan<strong>de</strong>rbar. Aber das mache ich noch mal.<br />

Garantiert. Den L’Ofre auch. Garantiert.<br />

Dienstag, 3. Juni 2003<br />

Da ich ja am Donnerstag Morgen nicht mehr in Palma die Landkarten kaufen kann, nehme<br />

ich heute <strong>de</strong>n ersten Bus dorthin. Ich fin<strong>de</strong> das Sportgeschäft, das mir Miguel erklärt hat und<br />

dort auch alle benötigten Karten im Massstab 1:25’000. Es ist ein sehr grosses<br />

Sportgeschäft mit einer bestausgestatteten Bergabteilung. Interessanterweise hat’s kaum<br />

richtige Bergschuhe und funktionale Rucksäcke. Dafür ist die Palette mit Artikeln für <strong>de</strong>n<br />

Klettersport gut bestückt.<br />

Ein Sandwich mit Cola in <strong>de</strong>r Bar an <strong>de</strong>r Plaça Espanya lasse ich mir natürlich auch nicht<br />

entgehen. Schon gegen Mittag bin ich wie<strong>de</strong>r zurück in Colonia. Nun kann ich in Ruhe<br />

ba<strong>de</strong>n, schwimmen und sonnenba<strong>de</strong>n.<br />

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Mittwoch, 4. Juni 2003<br />

Kein Tag ohne Highlight. Ich bezahle die Hotelrechnung und verlange meine I<strong>de</strong>ntitätskarte<br />

zurück, die ich ja wie immer abgeben musste. Doch sie suchen 10 Minuten, fin<strong>de</strong>n sie aber<br />

nicht. Super. Ich bin sowieso auf <strong>de</strong>m Weg zum Hafen, <strong>de</strong>n ich pro Tag min<strong>de</strong>stens einmal<br />

besuchen muss (das Meer-Virus lässt grüssen....). Also sollen sie in <strong>de</strong>r Zwischenzeit<br />

suchen. Als ich zurückkomme, ist sie dann wie<strong>de</strong>r aufgetaucht...<br />

Donnerstag, 5. Juni 2003<br />

Ein problemloser Rückflug mit Belair und feinem Essen run<strong>de</strong>n diese ungewöhnlichen Ferien<br />

optimal ab.<br />

Ich habe in diesen zwei Wochen folgen<strong>de</strong> Erkenntnisse gewonnen:<br />

- Katzen haben hier eigene Wege<br />

- Die Busse fahren pünktlich. Man muss nur erst herausfin<strong>de</strong>n, wann sie abfahren.<br />

- Die Einheimischen hier verstehen meine fünf Spanisch-Wörter!<br />

- Postmen kommen von Ireland<br />

- Auf Weitwan<strong>de</strong>rungen nimmt man automatisch ein verlottertes Aussehen an, auch wenn<br />

man sich noch so Mühe gibt, dies zu vermei<strong>de</strong>n...<br />

- Die unkonventionellen Unterkünfte, die ich gewählt habe, waren einem Hotel vorzuziehen!<br />

- DIE Reiserei mit absolutem Suchtpotential!<br />

Kurz: Ein wun<strong>de</strong>rschönes Wan<strong>de</strong>rgebiet (wenn auch bei schlechtem Wetter nicht<br />

unproblematisch). Die FODESMA markiert laufend neue Wege, lei<strong>de</strong>r sind aber immer noch<br />

viele Privatwege zugesperrt.<br />

PS: Coto privado <strong>de</strong> caza heisst Privates Jagdgebiet...<br />

© Mirjam M. Maag, Juni/Juli 2003<br />

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