Serra de Tramuntana, Mallorca
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angibt. Kein Wun<strong>de</strong>r. Joe, postman from Ireland, ist fit. Er spendiert mir im Café an <strong>de</strong>r<br />
Tankstelle noch eine Cola und übergibt mir ein in eine Folie eingeschweisstes und von ihm<br />
signiertes Gebet. Es ist speziell für Climbers und Mountaineers gedichtet wor<strong>de</strong>n. Dafür<br />
muss ich für ihn im Kloster Lluc beten. Wird gemacht, habe langsam Routine darin.<br />
Zurück im Kloster, gehe ich in die Kirche, bete und zün<strong>de</strong> eine Kerze an. Für Joe, postman<br />
from Ireland.<br />
Dann erkun<strong>de</strong> ich das Kloster weiter. Ich ent<strong>de</strong>cke einen Buchla<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m ich das<br />
<strong>Mallorca</strong>-Magazin, eine <strong>de</strong>utsche Tageszeitung (die erste seit meiner Ankunft vor einer<br />
Woche) sowie alle Bän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Herbert-Heinrich-Wan<strong>de</strong>rbücher fin<strong>de</strong>. Diese kann man nur auf<br />
<strong>de</strong>r Insel kaufen, und auch hier nicht überall. Deshalb schleppe ich sie gerne noch ein wenig<br />
durch die Gegend, Hauptsache, ich habe sie gefun<strong>de</strong>n.<br />
Hinter <strong>de</strong>m Kloster ent<strong>de</strong>cke ich einen fantastisch schönen Botanischen Garten. Die Mönche<br />
haben ihn vor etwa 100 Jahren angelegt, um hier Ruhe zu fin<strong>de</strong>n. Alle möglichen Gewächse<br />
kommen hier en miniature vor, überall kleine Wasserfälle, Teiche und Brücken, die Bächlein<br />
überqueren. Schmetterlinge und seltene Vögel fliegen herum, in <strong>de</strong>n Teichen schwimmen<br />
Goldfische. Grillen zirpen und unzählige Frösche quaken. Eine paradiesische Idylle. Hier<br />
herrscht noch heile Welt! Jetzt, am Abend, sind die Tagestouristen fort und ich bin ganz<br />
alleine. Fasziniert probiere ich das Teleobjektiv meines neuen Fotoapparates aus. Als Sujets<br />
müssen die Frösche und Schmetterlinge herhalten. Das Spiel von Licht und Schatten reizt<br />
ebenfalls zum Fotografieren.<br />
Dann folgt das Abendprogramm wie üblich: Einige Sachen einkaufen im kleinen La<strong>de</strong>n,<br />
Wäsche waschen, Büro, Wasser an <strong>de</strong>r Quelle abfüllen, Spaghetti-Teller im selben<br />
Restaurant. Heute mit einem grossen gemischten Salat als Vorspeise.<br />
Ich beschliesse, morgen <strong>de</strong>n Tomir (mit einer kurzen Kletterstelle) zu besteigen, damit <strong>de</strong>r<br />
Torrent <strong>de</strong> Pareis, <strong>de</strong>r auf keinen Fall nass sein darf, noch weiter abtrocknen kann. Die<br />
schattigen Schluchtenwän<strong>de</strong> verhin<strong>de</strong>rn, dass <strong>de</strong>r Grund nach Regenfällen schnell<br />
austrocknet. Die Wetterlage ist jetzt sehr stabil und es wird täglich wärmer.<br />
Nach <strong>de</strong>m Nachtessen erkun<strong>de</strong> ich noch die erste Strecke <strong>de</strong>s Weges für die morgige Tour<br />
und suche <strong>de</strong>n „Camel Rock“, ein grosser Stein, <strong>de</strong>r wie ein Kamel geformt ist und in <strong>de</strong>r<br />
Nähe <strong>de</strong>s Klosters zwischen <strong>de</strong>n Büschen sein soll. Doch ich fin<strong>de</strong> ihn nicht, muss mich<br />
zuerst noch einmal genau erkundigen, wo <strong>de</strong>r sein soll. Dann wie üblich Kirche, heute mit<br />
einem Knabenchor, <strong>de</strong>r sehr schöne Lie<strong>de</strong>r singt. Wie<strong>de</strong>rum schleiche ich mich raus, als das<br />
Abendmahl an <strong>de</strong>r Reihe ist.<br />
Donnerstag, 29. Mai 2003<br />
Ich laufe um 8.00 Uhr los, um die allergrösste Nachmittagshitze umgehen zu können. Der<br />
Weg startet beim Kloster und geht quer über einen Fussballplatz. Also diese Wegwahl auf<br />
<strong>de</strong>r Insel...einfach crazy. Und all das nur, weil alles privat ist. Denn nur <strong>de</strong>r Zugang zum<br />
Meer ist Allgemeingut; die Berge/Wäl<strong>de</strong>r sind alle in Privatbesitz und <strong>de</strong>r Zugang darf<br />
untersagt wer<strong>de</strong>n! Für Wan<strong>de</strong>rer natürlich keine einfache Situation.<br />
Geröll dominiert <strong>de</strong>n Aufstieg zum Tomir. Zwei Einheimische überholen mich voller Elan,<br />
sind dann aber plötzlich verschwun<strong>de</strong>n. Ich sehe sie zwei Stun<strong>de</strong>n später wie<strong>de</strong>r, sie haben<br />
versehentlich einen riesigen Umweg gemacht. Ich komme an die Stelle, die im Führer als<br />
„nicht zu unterschätzen<strong>de</strong>“ Kletterstelle beschrieben wird. Es hat einige Eisenprofile zum<br />
draufstehen und ein Seil. Doch das Zeug kommt eher in <strong>de</strong>n Weg, als dass es nützt.<br />
Je<strong>de</strong>nfalls habe ich diese Hilfsmittel nicht benutzen müssen. Es geht we<strong>de</strong>r senkrecht<br />
hinauf, noch hat es für die Füsse keine natürlichen Tritte mehr.<br />
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