5. Modul: Lebensraum Wasser
5. Modul: Lebensraum Wasser
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<strong>5.</strong> <strong>Modul</strong>: <strong>Lebensraum</strong> <strong>Wasser</strong><br />
<strong>5.</strong>1 Gewässertypen<br />
Die Binnengewässer kann man als<br />
Lebensräume einer spezifischen Flora<br />
und Fauna auffassen. Diese Biotope<br />
treten in unterschiedlichen Formen auf:<br />
• Seen als große, stehende Gewässer,<br />
deren Beckenform eine hohe<br />
Tiefe zeigt<br />
• Kleingewässer wie Weiher, Teiche,<br />
Tümpel<br />
• Flüsse, welche als Fließgewässer<br />
zu Seen oder Meeren führen<br />
• Bäche und <strong>Wasser</strong>gräben, die trotz<br />
ihrer geringen Breite schützenswertes<br />
Leben beherbergen.<br />
Während Seen und Flüsse eine ständige<br />
<strong>Wasser</strong>führung aufweisen, können<br />
kleine stehende Gewässer, wie<br />
Weiher und kleine Fließgewässer trockenfallen.<br />
Unterschieden wird hier<br />
zwischen periodisch wasserführenden<br />
Oberflächengewässern und solchen<br />
mit gelegentlicher <strong>Wasser</strong>führung. Für<br />
Erstere ist die Einhaltung der gesetzlichen<br />
Vorgaben, z. B. der Abstandsauflagen<br />
gefordert, auch wenn<br />
das Gewässer während gewisser Zeiträume<br />
kein <strong>Wasser</strong> führt. Bei nur gelegentlicher<br />
<strong>Wasser</strong>führung bestehen<br />
keine gesetzlichen Regelungen, da<br />
erwartet wird, dass ein dauerhafter Bestand<br />
von Populationen von Gewässerorganismen<br />
hier nicht möglich ist.<br />
1<br />
Bei der Gewässerbetrachtung ist auch<br />
die Unterscheidung fließend/stehend<br />
relevant. Geschieht ein Pflanzenschutzmitteleintrag<br />
z. B. durch Abdrift<br />
oder Abschwemmung in ein stehendes<br />
Gewässer, so kann die Verteilung und<br />
damit die Verdünnung der Pflanzenschutzmittelwirkstoffe<br />
nur langsam erfolgen,<br />
da eine <strong>Wasser</strong>bewegung<br />
kaum vorhanden ist. Das bedeutet,<br />
dass Organismen, die im Nah-Bereich<br />
des Pflanzenschutzmitteleintrags leben,<br />
dem Einfluss der Wirkstoffe wesentlich<br />
länger ausgesetzt sind als in<br />
Fließgewässern, wo eine schnelle<br />
Stoffverteilung durch die Strömung<br />
erfolgt.<br />
Die in stehenden und fließenden Gewässern<br />
vorkommenden Arten überschneiden<br />
sich teilweise. Bekannt ist,<br />
dass Fluss und Bach viele <strong>Wasser</strong>lebewesen<br />
aufweisen, die auf eine stetige<br />
Frischwasserversorgung angewie-
sen sind. Die hochspezifischen Anpassungen<br />
an die wechselnden Umweltgegebenheiten<br />
im Fließgewässer gehen<br />
oft mit einer höheren Empfindlich-<br />
<strong>5.</strong>2 Abstandsauflagen für welche Gewässer?<br />
Erkennungsmerkmale zu schützender<br />
Gewässer (ständig oder periodisch<br />
wasserführend):<br />
1. Die Periode des Trockenfallens bei<br />
nicht ständig wasserführenden Gewässern<br />
liegt hauptsächlich in der<br />
Zeit von Mai bis September, d. h.<br />
im überwiegenden Zeitraum des<br />
Jahres ist <strong>Wasser</strong> im Gewässerbett<br />
vorhanden.<br />
2. Ein Gewässerbett ist auch ohne<br />
aktuelle <strong>Wasser</strong>führung erkennbar,<br />
die Sohle ist unter der Oberfläche<br />
schlammig-feucht,<br />
es gibt sichtbare Trockenrisse an<br />
der Oberfläche,<br />
feine, für Sedimente typische Ablagerungen<br />
sind auf der Sohle sichtbar.<br />
3. Eine typische Gewässervegetation<br />
(<strong>Wasser</strong>pflanzen) ist vorhanden,<br />
auch auf grundwasserfernen<br />
2<br />
keit der Organismen einher, so dass<br />
sich bei Pflanzenschutzmitteleinträgen<br />
schnell eine Schädigung abzeichnen<br />
kann (Engelhardt, 1983).<br />
Standorten.<br />
4. Beherbergung schutzwürdiger<br />
<strong>Wasser</strong>organismen (Tiere und<br />
Pflanzen), oft in Form von Überdauerungsstadien<br />
<strong>5.</strong> Auch bei Austrocknung sind keine<br />
typischen Landpflanzen wie<br />
Brennnesseln oder Gräser auf<br />
der Sohle vorhanden.<br />
6. Auch bei „Nicht-<strong>Wasser</strong>führung“<br />
müssen Abstandsauflagen beachtet<br />
werden.<br />
Erkennungsmerkmale der nur gelegentlich wasserführenden Gewässer:<br />
1. Nur gelegentlich wasserführende<br />
Biotope, wie größere Pfützen oder<br />
Überschwemmungsgewässer haben<br />
im überwiegenden Zeitraum<br />
des Jahres keine <strong>Wasser</strong>führung.<br />
(In unregelmäßigen Zeitabständen,<br />
z. B. nach starken Regenfällen<br />
kann es aber vorkommen.)<br />
2. Ohne <strong>Wasser</strong>führung ist kein typisches<br />
Gewässerbett erkennbar.
3. Die anzutreffende Vegetation besteht<br />
meist aus Landpflanzen, wie<br />
Gräsern oder Brennnesseln. Auf<br />
grundwassernahen Standorten ist<br />
eine gewässertypische Vegetation<br />
möglich.<br />
4. Es gibt keine Beherbergung<br />
schutzwürdiger aquatischer Le-<br />
Pflanzenschutzmitteleinträge können<br />
auch über Abflüsse von nur gelegentlich<br />
wasserführenden in permanente<br />
Gewässer erfolgen. Auch wenn für<br />
diese Besonderheit keine gesetzliche<br />
Auffangvorschrift existiert, kann auf<br />
Grund von wissenschaftlichen Untersuchungen<br />
von einer zügigen Reduzierung<br />
der eingetragenen Wirkstoffgehalte<br />
sowohl durch Verdünnung als<br />
auch durch Abbau ausgegangen wer-<br />
<strong>5.</strong>3 Nahrungskette in Gewässern<br />
Die Oberflächengewässer unserer Erde<br />
unterliegen einem empfindlichen<br />
biologischen Gleichgewicht, welches<br />
kaum mit einem Blick zu erfassen ist.<br />
Es ist ein reichhaltiges Pflanzen- und<br />
Tierleben zu finden, wie es wohl auf<br />
gleich engem Raum in Wald, Wiese<br />
oder Feld anzutreffen ist. Die Vielfalt<br />
dieser verschiedenen Ökosysteme<br />
wird u. a. beeinflusst durch Trockenlegung,<br />
Begradigung von Flussläufen,<br />
Verschmutzung. Einige Arten der<br />
Kleinstlebewesen, welche mit bloßem<br />
Auge kaum auszumachen sind, kön-<br />
3<br />
bensgemeinschaften. Die hier anzutreffenden<br />
Arten sind in ihrem<br />
Vorkommen so verbreitet, dass der<br />
dauerhafte Bestand einer Population<br />
gewährleistet bleibt.<br />
<strong>5.</strong> Abstandsauflagen zu Gewässern<br />
haben hier keine Gültigkeit.<br />
den.<br />
Das periodische Trockenfallen eines<br />
Gewässers kann verschiedene Ursachen<br />
haben. Meist liegt ein Austrocknen<br />
durch hohe Temperaturen im<br />
Sommer vor. Aber auch in strengen<br />
Wintern können Gewässer bis zum<br />
Grund austrocknen. Ein nur kurzfristiges<br />
Absinken des <strong>Wasser</strong>spiegels<br />
kann auch mit Grundwasserabsenkungen<br />
erklärt werden.<br />
nen unter dem Einfluss solcher Maßnahmen<br />
stark reduziert werden oder<br />
sogar verschwinden. Da aber jede Art<br />
Teil einer Nahrungskette ist bzw. einen
Bestandteil des Nahrungsnetzes im<br />
Naturhaushalt darstellt, besteht bei<br />
Ausfall mehrerer Arten einer Trophie-<br />
Ebene die Gefahr ungenügenden Nahrungsangebotes<br />
für die nächst höhere<br />
Stufe, was bedeutet, dass das biologische<br />
Gleichgewicht nachhaltig gestört<br />
wird. Es kann zu einer Verarmung des<br />
Gewässers an unterschiedlichen Organismenarten<br />
sowie zu einem Rückgang<br />
der Individuenzahl kommen. Der<br />
Fisch als Endverbraucher wäre in seinem<br />
Bestand dadurch besonders gefährdet<br />
(Wagner, 1989).<br />
Die Nahrungskette (hier als Pyramide<br />
dargestellt) ist ein System, welches<br />
sich terrassenartig in verschiedene<br />
Ernährungsschichten (trophische Stufen)<br />
gliedert. Streng genommen sind<br />
richtige “Ketten“ ein Sonderfall, der vor<br />
allem bei kurzen Nahrungssystemen<br />
auftritt. Je länger die Ketten werden,<br />
um so mehr verknüpfen sie sich untereinander.<br />
Es entsteht ein Nahrungsnetz.<br />
So ein Netz ist in der Regel ein<br />
komplexes System. Überall, wo mehrere<br />
Arten beteiligt sind, entstehen solche<br />
Netzwerke, weil die einzelnen Arten<br />
höchst selten eine ganz bestimmte<br />
ausschließliche Position im Nahrungsgefüge<br />
einnehmen. Darum sind Nahrungsnetze<br />
eher stabil als Nahrungsketten<br />
und bilden die Antwort der Natur<br />
auf die mehr oder minder rasch wechselnden<br />
Umweltbedingungen, die Produzenten<br />
und Verbraucher beeinflussen<br />
(Reichholf, 1987).<br />
Die Grundlage der verschiedenen Ernährungsschichten<br />
(Trophie-Ebenen)<br />
4<br />
bilden die pflanzlichen Primärproduzenten,<br />
die photosynthetisch aktiven<br />
Algen (hier Grünalge Volvox) und<br />
<strong>Wasser</strong>pflanzen (hier Laichkraut). Diese<br />
dienen den vegetarisch lebenden<br />
<strong>Wasser</strong>organismen als Nahrungsquelle<br />
(hier <strong>Wasser</strong>floh Daphnia und<br />
Posthornschnecke). Die nächste Stufe<br />
besteht aus räuberisch lebenden Larven<br />
am Boden (hier Libellenlarve Calopteryx)<br />
und räuberischen Planktonorganismen<br />
im Freiwasser. Das obere<br />
Ende der Pyramide zeigt den Fisch als<br />
Endverbraucher.<br />
Der Einfluss von Pflanzenschutzmitteln<br />
kann neben quantitativen auch zu qualitativen<br />
Veränderungen in einer (aquatischen)<br />
Lebensgemeinschaft führen.<br />
Sinkt die Sterblichkeitsrate einer<br />
Art, z. B. durch Reduzierung der Räuberpopulation,<br />
kann sie sich gegenüber<br />
einer konkurrierenden, vorher<br />
dominierenden Art in der Konkurrenz<br />
um eine bestimmte Nahrungsquelle<br />
durchsetzen und diese Art damit beschränken.<br />
So können sich auf den<br />
ersten Blick positive Veränderungen<br />
langfristig durchaus auch nachteilig auf<br />
das vielschichtige Gefüge in einem<br />
Ökosystem auswirken. Bedeutsam<br />
hinsichtlich der Gesamtwirkung sind<br />
Art und Dauer solcher Einflüsse sowie<br />
die Fähigkeit eines Systems zur Kompensation.<br />
Kurzfristige Hemmungen<br />
des Wachstums von Primärproduzenten<br />
(Algen) bleiben meist ohne wesentliche<br />
Folgen. Bei langanhaltender<br />
Wachstumshemmung kann es jedoch
zu stärkeren negativen Auswirkungen<br />
kommen.<br />
<strong>5.</strong>4 Unterteilung eines Gewässers<br />
So einheitlich Binnengewässer wie<br />
Seen, Weiher oder Teiche aussehen<br />
mögen, so unterschiedlich sind sie in<br />
ihrer Fauna und Flora und in ihrem<br />
Organismenbesatz. Trotzdem findet<br />
man typische Gruppen von Pflanzen<br />
und Tieren in diesen Biotopen.<br />
Um einen See oder ein kleineres stehendes<br />
Gewässer zu charakterisieren,<br />
kann man es in eine Ufer- und Bodenzone<br />
und in eine Freiwasserzone unterteilen.<br />
Ufer- und Bodenzone:<br />
Im obersten Uferbereich wachsen oft<br />
typische Bäume, wie Weiden und Erlen,<br />
außerdem große Mengen von<br />
Seggen. Den nächsten Abschnitt bildet<br />
ein Gürtel aus Röhricht (Schilfrohr,<br />
Rohrkolben, Teich-Binsen, Froschlöffel).<br />
Es folgt eine Schwimmblattzone<br />
mit diversen Laichkräutern und Seerosen.<br />
Mit fortschreitender <strong>Wasser</strong>tiefe<br />
trifft man auf <strong>Wasser</strong>pest und Hornblatt<br />
(<strong>Wasser</strong>pflanzengürtel). Dieser gegliederte<br />
Saum des Gewässers mit seinen<br />
typischen Pflanzen ist für viele Organismen<br />
von großer Bedeutung: Er stellt<br />
nicht nur eine Nahrungsquelle dar und<br />
beheimatet Aufwuchsalgen, auch das<br />
Ablegen von Laichballen an Ober- oder<br />
Unterseite der <strong>Wasser</strong>pflanzen wird<br />
ermöglicht. Ferner dient eine intakte<br />
5<br />
Uferzone dem Versteck und der Tar-<br />
nung von Jungfischen und -fröschen<br />
und unterstützt den Beutefang auf Insekten.<br />
Natürlich darf die Vogelwelt,<br />
die in der Uferzone ihre Brut- und<br />
Rastplätze sucht, nicht vergessen werden.<br />
Viele Arten stehen bereits auf der<br />
Liste der bedrohten Tierarten, wie z. B.<br />
Rohrsänger, Rohrdommel, Taucher,<br />
<strong>Wasser</strong>ralle. Die Hauptursache für den<br />
Rückgang der Vogelbestände wird in<br />
der Verschmutzung der Gewässer gesehen,<br />
auf welche die <strong>Wasser</strong>pflanzen<br />
der Uferzone empfindlich reagieren<br />
(Wagner, 1989; Engelhardt, 1983).<br />
Freiwasserzone:<br />
Die charakteristische Lebensgemeinschaft<br />
der Freiwasserzone ist das<br />
Plankton. Es ist vielfältig zusammengesetzt:<br />
Bakterien, Algen, Einzeller,<br />
Rädertiere, <strong>Wasser</strong>flöhe, Ruderfußkrebse.<br />
Die Organismen des Planktons
zeichnen sich durch eine schwebende<br />
Lebensweise aus, ermöglicht durch die<br />
hohe Dichte und Viskosität des <strong>Wasser</strong>s.<br />
Die Bewegung dieser Kleinstlebewesen<br />
erfolgt meist passiv durch<br />
Drift. Trotzdem können insbesondere<br />
in Seen oder tieferen Weihern bei vielen<br />
Zooplanktern und Algen tägliche<br />
lichtgesteuerte Vertikalwanderungen<br />
beobachtet werden: So hält sich der<br />
<strong>Wasser</strong>floh (Daphnia) als Vertreter des<br />
Zooplanktons tagsüber in größerer<br />
Tiefe auf, in der der Lichteinfall so gering<br />
ist, dass für die Tiere ein gewisser<br />
Schutz vor Räubern besteht. Bereits in<br />
der Dämmerung, also bei abnehmen-<br />
<strong>5.</strong>5 Stehende Kleingewässer<br />
Auch Kleingewässer, wie Teiche,<br />
Tümpel und Weiher, stellen schützenswerte<br />
Lebensräume dar, die es<br />
unbedingt zu erhalten gilt. Viele teichbewohnende<br />
Pflanzen- und Tierarten<br />
werden bereits in der Roten Liste gefährdeter<br />
Tiere und Pflanzen geführt,<br />
weil unsere Kulturlandschaft immer<br />
weniger Platz für Klein- und Kleinstgewässer<br />
bietet.<br />
Im Gegensatz zum See ist der Weiher<br />
ein Binnengewässer von geringer Tiefe<br />
(selten tiefer als 2 m). So ist es möglich,<br />
dass der Weiherboden in seiner<br />
ganzen Ausdehnung von <strong>Wasser</strong>pflanzen<br />
besiedelt ist, welche in tieferen,<br />
lichtlosen Regionen nicht existieren<br />
könnten. Weiher sind auf natürliche<br />
6<br />
der Helligkeit, steigt der <strong>Wasser</strong>floh bis<br />
zur <strong>Wasser</strong>oberfläche auf. Dort ernährt<br />
er sich von den Algen, die den Tag<br />
über Photosynthese betrieben haben,<br />
also energiereich sind. Der <strong>Wasser</strong>floh<br />
sinkt noch während der Dunkelheit<br />
wieder ab, so dass er am frühen Morgen<br />
seine „Tagestiefe“ erneut erreicht<br />
hat. Algen zeigen eine entgegengesetzte<br />
Vertikalwanderung.<br />
Eine andere Organismengesellschaft,<br />
das Nekton, besiedelt gleichfalls die<br />
Freiwasserzone. Im See besteht es<br />
ausschließlich aus Fischen, hauptsächlich<br />
Maränen, welche sich vom<br />
Plankton ernähren (Schwoerbel, 1984).<br />
Weise entstanden, häufig einfach<br />
durch Verlandung von Seen. Der<br />
Teich, welcher nach Tiefe und Lebewesen<br />
dem Weiher entspricht, ist<br />
durch Menschenhand entstanden, z. B.<br />
der Fischteich. In diese Gewässergruppe<br />
fallen auch die vom Haupt-
strom abgeschnittenen Altarme von<br />
Flüssen (Engelhardt, 1983).<br />
Der natürliche Weiher gilt als der arten-<br />
reichste Gewässertyp in Deutschland.<br />
Gesäumt wird er meist von Schilf und<br />
Rohrkolben sowie Sauergräsern. Im<br />
<strong>Wasser</strong> selbst tritt eine dichte Besiedlung<br />
durch Laichkräuter, wie z. B.<br />
Krebsschere, <strong>Wasser</strong>pest, Seerose,<br />
Froschbiss und andere Arten auf. Im<br />
Zuge der flächendeckenden Vegetation<br />
kommt es zu einer sehr hohen<br />
Sauerstoffproduktion und folglich zu<br />
Übersättigungen bis zu 130 %. Das<br />
wird vor allem durch die Tätigkeit der<br />
Algen möglich, welche Sauerstoff in<br />
Form winziger Bläschen ins <strong>Wasser</strong><br />
abgeben. Selbst im Winter unter einer<br />
Eisdecke kann die <strong>Wasser</strong>pest elementaren<br />
Sauerstoff aus photosynthetischer<br />
Arbeit hervorbringen, welcher<br />
den luftatmenden <strong>Wasser</strong>insekten, die<br />
von der Oberfläche abgeschnitten<br />
wurden, zugute kommt.<br />
Der reiche Pflanzenbestand führt zur<br />
Anhäufung dicker Schichten abgestorbener<br />
Pflanzenteile auf dem Boden<br />
des Gewässers. Diese können sich in<br />
kürzester Zeit zersetzen, da keine<br />
Temperaturschichtung eintritt und der<br />
Weiher mit seiner geringen Tiefe im<br />
Sommer bis zum Grund auf 20 °C erwärmt<br />
werden kann. Diese Wärme begünstigt<br />
biochemische Umsetzungen,<br />
durch die in kurzer Zeit ein nährstoffreicher<br />
Bodenschlamm entsteht, der<br />
die vielfältige Bodenfauna versorgt. Er<br />
gibt zudem seine organischen Nährstoffe<br />
an das Freiwasser ab, durch de-<br />
7<br />
ren Aufnahme sich tierisches und<br />
pflanzliches Plankton stark vermehren<br />
können. Kommt es dabei zu einer sog.<br />
Algenblüte, einer Massenentfaltung<br />
pflanzlichen Planktons, kann der Weiher<br />
sich vollständig grün (oder andersfarbig,<br />
je nach Algenart) färben.<br />
Durch den dadurch bewirkten reduzierten<br />
Lichteinfall kommt es zu einer<br />
Sauerstoffzehrung besonders in den<br />
tieferen <strong>Wasser</strong>schichten. Ein intakter<br />
Weiher kann sich von solchen Störungen<br />
von allein wieder erholen, da sie in<br />
natürlichen Ökosystemen von Gewässern<br />
durchaus vorkommen (Engelhardt,<br />
1983).<br />
Im meist schlammigen Boden des<br />
Weihers finden viele Organismen Nahrungsquelle<br />
und Versteck, z. B. vor<br />
dem im Freiwasser räuberisch lebenden<br />
Gelbrandkäfer. Rundwürmer, Ringelwürmer,<br />
Muscheln, Schnecken und<br />
verschiedene Insektenlarven halten<br />
sich ebenfalls im Bodenschlamm auf.<br />
Die Bodenoberfläche wird von Plattwürmern<br />
und den Larven der Libellen,<br />
Eintagsfliegen und Köcherfliegen bewohnt.<br />
Selbst auf oder unmittelbar unter der<br />
<strong>Wasser</strong>oberfläche ist reges Leben zu<br />
beobachten. Der Teichläufer und die<br />
<strong>Wasser</strong>spinne sowie Springschwänze<br />
und der Taumelkäfer bewegen sich auf<br />
der Oberfläche.<br />
Der Süßwasserpolyp Hydra, Plattwürmer,<br />
die Schlammspitzschnecke und<br />
der Rückenschwimmer gleiten oder<br />
hängen unten an der <strong>Wasser</strong>oberfläche.<br />
Ermöglicht wird diese Lebenswei-
se durch die hohe Oberflächenspan-<br />
nung des <strong>Wasser</strong>s. Gelangen oberflä-<br />
chenaktive Stoffe, wie z. B. Tenside<br />
(auch als Zusatzstoff von Pflanzenschutzmitteln)<br />
in das <strong>Wasser</strong>, wird die<br />
<strong>5.</strong>6 Austrocknende Gewässer<br />
Austrocknende Gewässer sind oft nur<br />
wenige Dezimeter tief und führen nicht<br />
ständig <strong>Wasser</strong>. Sie unterliegen einem<br />
periodischen Trockenfallen, welches<br />
im Regelfall im Sommer wegen der<br />
hohen Temperaturen vorkommt.<br />
Die <strong>Wasser</strong>speisung dieser Gewässer<br />
kann durch verschiedene Ereignisse<br />
erfolgen:<br />
• Schmelzwasserzufuhr im Frühjahr<br />
• Heftige und/oder andauernde Niederschläge<br />
• Austritt von Grundwasser durch<br />
Spiegelschwankungen benachbarter<br />
Flüsse oder Bäche.<br />
Im überwiegenden Zeitraum des Jahres<br />
sind die periodisch austrocknenden<br />
Gewässer wasserführend. Auch im<br />
trockengefallenen Zustand ist ein Gewässerbett<br />
erkennbar, die Sohle ist<br />
schlammig und feucht, oder es erscheinen<br />
Trockenrisse. Auf dem Boden<br />
finden sich typische <strong>Wasser</strong>pflanzen.<br />
Aufgrund der geringen <strong>Wasser</strong>menge<br />
unterliegt ein solches Gewässer<br />
stärksten Temperaturschwankungen,<br />
z. B. im Frühjahr von 2-3 °C um 4 Uhr<br />
8<br />
Oberflächenspannung des <strong>Wasser</strong>s<br />
herabgesetzt, wodurch das Überleben<br />
der genannten Tierarten gefährdet<br />
werden kann.<br />
früh bis zu 30 °C in den ersten Nachmittagsstunden.<br />
Im Winter kann das <strong>Wasser</strong> bis zum<br />
Grund durchfrieren.<br />
Trotz der genannten Wechselfälle beherbergt<br />
ein periodisches Gewässer<br />
eine umfangreiche und schützenswerte<br />
Fauna. Die tierischen Organismen beschreiten<br />
unterschiedlichste Wege zur<br />
Überdauerung der ungünstigen Umweltverhältnisse:<br />
• Bildung widerstandsfähiger Zysten<br />
gegen Frost, Trockenheit und hohe<br />
Temperaturen; Einzeller überdauern<br />
als Zyste Monate bis Jahre<br />
(Sonnentierchen)<br />
• Eingraben in den Bodenschlamm<br />
und Absondern einer abdichtenden,<br />
erstarrenden Schleimschicht bei
Faden- und Strudelwürmern, Egeln,<br />
Schnecken und einigen Krebstierarten<br />
• Fallen in eine Trockenstarre ohne<br />
Schutzhülle bei Bärtierchen, Rädertieren,<br />
Fadenwürmern, Muschelund<br />
Ruderfußkrebsen<br />
• Ablegen hartschaliger Dauereier<br />
bei den <strong>Wasser</strong>flöhen (s. auch Folie<br />
3.7)<br />
• Verkürzung der Entwicklungszeiten<br />
bei den wassergebundenen Lar-<br />
<strong>5.</strong>7 Lebenszyklus der <strong>Wasser</strong>flöhe<br />
Die <strong>Wasser</strong>flöhe gehören zu den häufigsten<br />
Krebstieren in stehenden Gewässern.<br />
Im Tümpel, Teich, Weiher<br />
und See ernähren sie sich von Plankton-Algen<br />
und dienen den räuberisch<br />
lebenden Organismen der Gewässer<br />
als Nahrung.<br />
Aufgrund seiner weiten und üppigen<br />
Verbreitung und seiner zentralen Stellung<br />
in der Nahrungskette wird der<br />
<strong>Wasser</strong>floh Daphnia als Versuchsorganismus<br />
für wissenschaftliche Tests<br />
zur Risikobeurteilung von Pflanzenschutzmitteln<br />
herangezogen.<br />
Daphnien passen sich in ihrem Fortpflanzungszyklus<br />
den jeweils herrschenden<br />
Bedingungen ihres <strong>Lebensraum</strong>es<br />
an. Sie haben die Möglichkeit,<br />
sich ein- oder zweigeschlechtlich zu<br />
vermehren sowie verschiedene Typen<br />
von Eiern zu bilden.<br />
9<br />
venstadien von Stechmücken oder<br />
Fröschen (wegen drohender Gewässeraustrocknung)<br />
• Abwandern oder Davonfliegen und<br />
Suchen eines neuen <strong>Lebensraum</strong>es<br />
bei vielen erwachsenen Insekten,<br />
wie Teichläufern, <strong>Wasser</strong>käfern,<br />
Rückenschwimmern und<br />
verschiedenen Fliegen- sowie Mückenarten.<br />
Die meiste Zeit des Jahres (bei günstigen<br />
Bedingungen) findet man im Gewässer<br />
nur weibliche Daphnien, welche<br />
ihre unbefruchteten Eier im Sommer<br />
(Sommereier) portionsweise (7-12<br />
Stück) in einen separaten Brutraum an<br />
ihrem Rücken ablegen. Nach ein paar<br />
Tagen werden die geschlüpften weiblichen<br />
Jungtiere ins Freiwasser entlassen.<br />
Bei ungünstigen Umweltbedingungen,<br />
z. B. beginnende Austrocknung oder
Kälte, werden Eier gelegt, aus denen<br />
die kleineren Männchen schlüpfen.<br />
Jetzt können die weiblichen Tiere zwei<br />
bis drei sog. Dauereier produzieren.<br />
Diese sind durch dicke sattelartige<br />
Schalenteile geschützt. Die Dauereier<br />
müssen von den Männchen befruchtet<br />
<strong>5.</strong>8 Lebensräume der Zuckmücken<br />
Betrachtet man eine einzelne Organismenart<br />
am Gewässer, so stellt sich<br />
heraus, dass oft unterschiedliche Lebensräume<br />
(Uferzone, Bodenzone,<br />
Freiwasser, Luft) von den unterschiedlichen<br />
Entwicklungsstadien dieser Art<br />
aufgesucht werden.<br />
Zuckmückenschwärme kann man<br />
selbst im Winter beim Tanzen beobachten.<br />
Die Schwärme bestehen nur<br />
aus Männchen, die Weibchen verbergen<br />
sich sitzend auf Pflanzen und suchen<br />
nur zur Paarung einen Männchenschwarm<br />
auf.<br />
Die erwachsenen Zuckmücken (Chironomiden)<br />
nehmen keine Nahrung auf,<br />
ihr Magen ist stark reduziert und immer<br />
leer. Sie legen ihre 100-1000 Eier als<br />
Gallertkugeln im <strong>Wasser</strong> der Uferzone<br />
ab, gerade unterhalb des <strong>Wasser</strong>spiegels.<br />
Nach rund 10 Tagen schlüpfen<br />
die Zuckmückenlarven und lassen sich<br />
in ihren Lebensbereich, den Boden,<br />
absinken. Die meisten Arten der<br />
Zuckmückenlarven bauen aus einem<br />
Körpersekret und Sandkörnern feine<br />
Gespinströhrchen, die in der Boden-<br />
10<br />
werden und sinken nach der Häutung<br />
der Weibchen mit deren leeren Panzerhüllen<br />
auf den Boden des Gewässers.<br />
Hier können sie bis zum nächsten<br />
Frühjahr überdauern, um dann<br />
wieder stets weibliche <strong>Wasser</strong>flöhe<br />
ausschlüpfen zu lassen.<br />
oberfläche stecken und als Gehäuse<br />
dienen. Mit Hilfe ihrer Fußstummel<br />
halten sich die Larven in ihrer Wohnröhre<br />
fest, gleichzeitig führt der Körper<br />
Wellenbewegungen aus, die einen<br />
<strong>Wasser</strong>strom erzeugen und sowohl<br />
sauerstoffhaltiges <strong>Wasser</strong> als auch<br />
Nahrungspartikel (organische Reste)<br />
heranführen. Von Zeit zu Zeit verlassen<br />
die Larven ihre Gespinströhren,<br />
schwimmen zur Oberfläche auf und<br />
erneuern dort ihren Sauerstoffvorrat.<br />
Anschließend wird eine neue Gespinströhre<br />
angelegt. Die Verpuppung erfolgt<br />
in der Gespinströhre oder auf dem Bodenschlamm.<br />
Die fertigen Puppen<br />
zeichnen sich durch große Haarbü-
schel am Kopf aus, die im <strong>Wasser</strong><br />
ständig bewegt werden, um Sauerstoff<br />
aufzunehmen. Kurz vor dem Schlüpfen<br />
enthalten die Tracheen der Puppen<br />
bereits soviel Luft, dass diese zur Oberfläche<br />
aufsteigen. Hier schlüpfen<br />
die Zuckmücken in großen Schwärmen,<br />
um in ihren <strong>Lebensraum</strong>, die Luft,<br />
zu gelangen. Mit der baldigen Eiablage<br />
schließt sich der Kreislauf.<br />
Die Zuckmücken bilden die artenreichste<br />
Insektenfamilie der Binnengewässer,<br />
sie sind zudem die wichtigsten<br />
<strong>5.</strong>9 Regenbogenforelle (Salmo gairdneri)<br />
Die durch Zivilisationseinflüsse sinkende<br />
<strong>Wasser</strong>qualität in den Binnengewässern<br />
ruft bei den natürlichen Fischbeständen<br />
oft umweltbedingte Krankheiten<br />
hervor. Als mögliche Schadensursachen<br />
sind hier zu nennen: Sauerstoffmangel<br />
durch Fäulnis, Temperatur-<br />
und pH- Veränderungen sowie das<br />
weite Spektrum der durch Chemikalien<br />
ausgelösten Vergiftungen. Hierher gehören<br />
insbesondere bestimmte<br />
Schwermetalle (Quecksilber, Kupfer),<br />
Arsen, Cyanide, Phenole, Mineralöle,<br />
aber auch verschiedene Wirkstoffe von<br />
Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln.<br />
Als Endglieder in der Nahrungskette<br />
der <strong>Wasser</strong>bewohner stellen Fische<br />
einen empfindlichen Indikator für den<br />
Reinheits- bzw. Verschmutzungsgrad<br />
der von ihnen bewohnten Gewässer<br />
11<br />
Nährtiere der Fische und kommen an<br />
jedem Gewässer vor (Engelhardt,<br />
1983). Sie werden oft als Testorganismus<br />
zur Ermittlung von Gewässerbelastungen<br />
durch Pflanzenschutzmittelwirkstoffe<br />
eingesetzt. Dabei wird vor<br />
allem der Schlupferfolg der Larven im<br />
Sediment beurteilt, d. h. nicht nur eine<br />
Belastung des <strong>Wasser</strong>s selbst, sondern<br />
auch die Kontamination des Gewässerbodens<br />
mit Schadstoffen wird<br />
erfasst (DFG, 1994).<br />
dar. Die in Europa eingeführte Regenbogenforelle<br />
ist ein anadromer (aus<br />
dem Meer zum Laichen ins Süßwasser<br />
aufsteigender) Wanderfisch der Westküsten<br />
Nordamerikas und ähnelt in<br />
seiner Lebensweise der einheimischen<br />
Bachforelle. Er ist unempfindlicher gegen<br />
höhere Temperaturen und niedrige<br />
Sauerstoffgehalte und nimmt williger<br />
Kunstfutter auf. Die Regenbogenforelle
wird bevorzugt als Testorganismus für<br />
ökotoxikologische Tests verwendet.<br />
Die Regenbogenforelle zeigt im Unterschied<br />
zur Bachforelle ein rosa schillerndes<br />
Band auf den Körperseiten und<br />
zahlreiche kleine dunkle Flecken auf<br />
dem gesamten Körper. Regenbogenforellen<br />
leben vorwiegend in Teichanlagen,<br />
verwildert aber auch in Bächen<br />
und Talsperren. Sie ernähren sich von<br />
Flohkrebsen, Würmern, Weichtieren,<br />
Insektenlarven und Anflugnahrung, die<br />
sie strömungsgeschützt unter Steinen<br />
und Pflanzen finden. Mit 2-3 Jahren<br />
laichen sie auf Kiesgrund ab. Natürli-<br />
<strong>5.</strong>10 Das Leben der Frösche<br />
Die Frösche gehören zu den am weitesten<br />
verbreiteten Lurchen, sie kommen<br />
auf allen Kontinenten vor.<br />
Der Grasfrosch ist die häufigste europäische<br />
Froschlurchart. Er bewohnt<br />
fast alle Typen von Feuchtgebieten,<br />
man findet ihn auch in von Menschen<br />
gestalteten Lebensräumen wie Gärten,<br />
Parks oder Hecken. Von ihren Laichgewässer<br />
entfernen sich die Grasfrösche<br />
im Laufe des Sommers nicht<br />
selten weit.<br />
Ende Oktober/Anfang November werden<br />
die Winterquartiere aufgesucht.<br />
Dazu dienen meist kleinere Gewässer<br />
mit wenigstens 50 cm <strong>Wasser</strong>tiefe. Bei<br />
geringerer Tiefe oder wenn das Gewässer<br />
im Spätherbst auszutrocknen<br />
12<br />
che Fressfeinde sind Döbel, Barsch,<br />
Zander und Hecht.<br />
Verunreinigung und Trübung des <strong>Wasser</strong>s,<br />
einhergehend mit Sauerstoffzehrung,<br />
sowie Begradigung der Bäche,<br />
Erwärmung des <strong>Wasser</strong>s durch starke<br />
Sonneneinstrahlung und Vernichtung<br />
der Verstecke schränken den <strong>Lebensraum</strong><br />
der Bach- und Regenbogenforellen<br />
zunehmend ein. Mit diesen Einflüssen<br />
ist die Brut- und Jungfischentwicklung<br />
nicht mehr gewährleistet, und<br />
es besteht die Gefahr der Dezimierung<br />
durch überhand nehmende Feinde wie<br />
Döbel, Zander und Hecht (Müller,<br />
1983).<br />
beginnt, kann es vorkommen, dass<br />
sich die Grasfrösche an den tieferen<br />
Stellen in größeren Gruppen sammeln,<br />
vom Eis eingeschlossen werden und<br />
ersticken. Günstige Winterquartiere<br />
suchen die Grasfrösche darum nicht<br />
selten aus Entfernungen von mehreren<br />
Kilometern auf. Werden solche Tümpel
und Teiche zugeschüttet, verschmutzt<br />
oder durch einen zu hohen Fischbesatz<br />
unbrauchbar gemacht, so hat dies<br />
größere Folgen für den Froschbestand<br />
einer Gegend, als man bei einem solchen<br />
Eingriff zunächst annehmen würde.<br />
Drei Jahre braucht der Grasfrosch<br />
zur Geschlechtsreife, dann kehrt er<br />
zum Laichen meist wieder zu seinem<br />
Geburtsgewässer zurück. Der erwachsene<br />
Frosch ernährt sich von Schnecken,<br />
Würmern, Insekten und Insektenlarven.<br />
Der meist hellgrüne, aber auch gelblich<br />
bis dunkelbraun gefärbte, dem Untergrund<br />
angepasste, europäische Laubfrosch<br />
besiedelt vornehmlich Flusstäler<br />
mit ihren Auen, feuchte Laub- und<br />
<strong>5.</strong>11 Fließgewässer<br />
Fließgewässer mit einer Breite über<br />
fünf Meter gelten als Fluss, während<br />
schmalere <strong>Wasser</strong>läufe als Bach bezeichnet<br />
werden. Die Lebensgemeinschaften<br />
beider Gewässerformen überschneiden<br />
sich weitgehend, so<br />
dass die Unterteilungen in verschiedene<br />
Abschnitte mit ihren Umweltfaktoren<br />
gesamthaft betrachtet werden können:<br />
Die verschiedenen Organismen der<br />
Fließgewässer treten in Abhängigkeit<br />
der herrschenden Umweltbedingungen<br />
auf. Zu beachten sind: Strömungsgeschwindigkeit,<br />
Temperatur, Sauerstoffgehalt<br />
und Lichtverhältnisse. Weiter<br />
muss der Untergrund, das Sediment,<br />
13<br />
Laubmischwälder mit eingestreuten<br />
Tümpeln und Teichen sowie Röhrichte.<br />
Als Kletterfrosch verbringt er den<br />
größten Teil seines Lebens hoch in der<br />
Vegetation. Er überwintert in der Erde,<br />
eingegraben in der Nähe von Gewässern.<br />
Im Frühjahr wandert er zu seinem<br />
Laichgewässer. Die Entwicklung<br />
der Eier zu Kaulquappen und dann zu<br />
Jungfröschen ist im Hochsommer abgeschlossen,<br />
und die Tiere verlassen<br />
das Gewässer. Als Laichgewässer benötigt<br />
die Art saubere, mit reichlich<br />
<strong>Wasser</strong>pflanzen bewachsene Tümpel,<br />
Teiche, Altwässer oder Buchten in<br />
Flussauen (Diesener und Reichholf,<br />
1985).<br />
mit einbezogen werden. Die genannten<br />
Faktoren ändern sich mit fortschreitender<br />
Länge des Fließgewässers.<br />
Einteilung eines Fließgewässers:<br />
Quellbereich: Ein als Gletscherbach<br />
aus dem Gebirge entspringender Was-
serlauf misst beim Austritt 0,0 °C und<br />
erwärmt sich erst nach ca. 1 km auf<br />
etwa 5 °C. Die Strömungsgeschwindigkeit<br />
ist sehr hoch, so dass Steine,<br />
Geröll und Sand mitgerissen werden.<br />
Dieser Bereich zeigt sich unbewohnt<br />
bis auf eine spezialisierte Zuckmückenlarvenart,<br />
welche die Unterseite<br />
flacher Steine aufsucht und sich von<br />
herbeigewehten pflanzlichen Materialien<br />
ernährt.<br />
Hochgebirgsbach: Auch hier herrscht<br />
noch eine sehr hohe Strömungsgeschwindigkeit,<br />
und die Temperaturschwankungen<br />
sind gering (2 °C im<br />
Winter bis 9 °C im Sommer). Der<br />
Bachboden besteht aus Steinen, Felsblöcken<br />
und kleinen Sandbänken. Die<br />
Steine sind von verschiedenfarbigen<br />
Algen überzogen. In kalkarmen Bächen<br />
bedecken dichte Moosrasen die<br />
Felsen. Das <strong>Wasser</strong> ist sauerstoffgesättigt<br />
und klarer als im Quellbereich,<br />
da es weniger reißend ist. Die hier lebenden<br />
Tiere haben sich an die herrschenden<br />
Bedingungen, besonders an<br />
die Strömung, angepasst.<br />
Mittelgebirgsbach: Diese Zone besteht<br />
im oberen Bereich aus der Forellenregion.<br />
Ihr schließt sich die Äschenregion<br />
an. Insgesamt kann dieser Abschnitt<br />
als Salmonidenregion (Salmoniden =<br />
Familie der forellenartigen Fische) bezeichnet<br />
werden. Der Mittelgebirgsbach<br />
zeigt Temperaturen bis 15 °C.<br />
Starke Strömungen wechseln mit nahezu<br />
stehenden Gewässerabschnitten<br />
ab. Vermehrt treten <strong>Wasser</strong>pflanzen<br />
(Laichkraut, Seerose, <strong>Wasser</strong>pest) auf.<br />
14<br />
Die tierischen Organismen, wie Libellen,<br />
Steinfliegen, Köcherfliegen und<br />
Eintagsfliegen sowie deren Larven<br />
entsprechen größtenteils denen des<br />
Hochgebirgsbaches. Hinzu kommen<br />
<strong>Wasser</strong>wanzen, <strong>Wasser</strong>läufer, Taumelkäfer,<br />
die bei geringerer Strömung<br />
auf der <strong>Wasser</strong>oberfläche leben können.<br />
Die dichteste Bachbesiedlung<br />
findet man in Abschnitten, in denen<br />
das <strong>Wasser</strong> eine hohe Fließgeschwindigkeit<br />
hat und der Untergrund besonders<br />
strukturiert ist. Ein Moosrasen<br />
z. B. vergrößert die Oberfläche des<br />
Untergrundes beträchtlich durch seine<br />
feinen verästelten Strukturen. So wurden<br />
auf etwa 12 cm² ca. 4.300 Tiere<br />
gefunden. Eine hohe Fließgeschwindigkeit<br />
garantiert die stetige Versorgung<br />
mit neuem, Nährstoffe mit sich<br />
führendem <strong>Wasser</strong>, während sich im<br />
stehenden Gewässer ein an lebenswichtigen<br />
Stoffen verarmter „Hof“ um<br />
die Organismen herum bildet (Engelhardt,<br />
1983).<br />
Etwa in dieser Region beginnt der<br />
anthropogene Einfluss auf das Fließgewässer.<br />
Besiedlung, Landwirtschaft<br />
und Industrie belasten es in zunehmendem<br />
Maße. Nicht nur Verschmutzungen,<br />
auch die Begradigung der<br />
natürlichen Mäander, die ein Fließgewässer<br />
schneller strömen lassen, führen<br />
dazu, dass empfindliche Biotope<br />
samt ihren Lebensformen nachhaltig<br />
gestört werden.<br />
Tieflandfluss (Barbenregion): Viele Bäche,<br />
die nicht im Gebirge entspringen,<br />
bestehen nur aus dem Flachlandab-
schnitt. Die Strömungsgeschwindigkeit<br />
ist hier sehr schwankend, sie wird im<br />
Mittel mit 0,5 m/s angegeben. Am Boden<br />
finden sich unterschiedliche<br />
Strukturen: Kies- und Sandbänke oder<br />
Bodenschlamm, der aus organischen<br />
Resten besteht und bis 30 cm tief aufgelagert<br />
sein kann. Zahlreiche Sumpfpflanzen<br />
hemmen die Strömung und<br />
erleichtern die Schlammablagerung.<br />
<strong>5.</strong>12 Anpassungen an die Strömung<br />
Es ist zu beachten, dass gerade die<br />
Populationen der oberen Fließwasserregionen<br />
besonders schützenswert<br />
sind. In ihrer individuellen Anpassung<br />
und geringeren Individuenzahl sind sie<br />
besonders empfindlich und damit anfällig<br />
gegenüber Umweltveränderungen,<br />
wie z. B. Verschmutzung.<br />
Die Strömungsanpassung der Tiere<br />
geschieht insbesondere durch ihre ab-<br />
geflachte Körperform. Unmittelbar über<br />
glatten, festen, überströmten Flächen<br />
bildet sich eine Schicht mit relativ geringer<br />
Strömung (Grenzschicht), mit<br />
der die Lebewesen mit flacher Körperform<br />
besser zurechtkommen.<br />
Eintags- und Steinfliegenlarven können<br />
ihre ohnehin schon stark abgeplattete<br />
Gestalt je nach Strömung fest an Steine<br />
andrücken, um in den Bereich dieser<br />
Grenzschicht zu gelangen. Bei einigen<br />
Eintagsfliegenlarven sind die drei<br />
Beinpaare nicht auf der Bauchseite<br />
des Körpers inseriert, sondern an den<br />
15<br />
Der Flachlandbach mit seiner geringen<br />
Strömung, mit höheren Temperaturen<br />
(bis ca. 20 °C), differenzierter Bodenstruktur<br />
und üppigem pflanzlichen Nahrungsangebot<br />
beherbergt weit mehr<br />
Individuen und Arten als der Gebirgsbach,<br />
da die Organismen nicht unter<br />
dem strömungsbedingten Anpassungsdruck<br />
stehen.<br />
seitlichen Rändern. So bleibt der Körper<br />
der Larve bei der Fortbewegung<br />
eng an die Unterlage gepresst. Verschiedene<br />
Arten der Strudelwürmer<br />
lassen auch eine Abflachung erkennen.<br />
Köcherfliegenlarven bauen Schutzgehäuse<br />
aus Moosblättchen, Steinen und<br />
Sand, verklebt mit Drüsensekret. Die<br />
Köcher sind an Moosblättern befestigt<br />
oder mittels seitlichem Anfügen von<br />
Steinen so abgeflacht, dass sie von<br />
der Strömung nicht mitgerissen werden.
Weitere Strömungsanpassungen durch<br />
Anhaftung zeigen die Hakenkäfer und<br />
ihre Larven: Sie klammern sich mit ihren<br />
großen Fußkrallen an <strong>Wasser</strong>pflanzen<br />
fest. Mit Hilfe von Schleim<br />
fixiert sich die Mützenschnecke (Ancylus)<br />
auf ihrer Unterlage. Die Lidmückenlarven<br />
bleiben selbst bei einer<br />
<strong>Wasser</strong>geschwindigkeit von 3 m/s am<br />
Untergrund haften, und zwar mit Hilfe<br />
ihrer sechs am Bauch befindlichen<br />
Saugnäpfe.<br />
Andere Organismen, deren Körperform<br />
dem Strom nicht angepasst ist, wie<br />
z. B. beim Gemeinen Flohkrebs<br />
16<br />
(Gammarus), behalten eine geringere<br />
Körpergröße als in stehenden Gewässern.<br />
Auf diese Weise finden sie eher<br />
ein Versteck im Totwasserbereich, d.<br />
h. in strömungsgeschütztem Milieu mit<br />
guter Sauerstoff- und Nährstoffversorgung.<br />
Trotzdem werden die Organismen<br />
häufig mit der <strong>Wasser</strong>strömung<br />
abgetrieben, was zur Ausbreitung der<br />
Art beiträgt. Diese Verlagerung stromabwärts<br />
wird von den fliegenden Erwachsenenstadien<br />
der Insekten oft mit<br />
einem sog. Kompensationsflug stromaufwärts<br />
ausgeglichen (Schwoerbel,<br />
1984).