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Einsatz von Natureis in der Brauerei - Sachverstand Gutachten.de

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Schnell wird die I<strong>de</strong>e, e<strong>in</strong>e Tec h -<br />

nik e<strong>in</strong>zusetzen, die 100 Jahre<br />

geschlummert hat, als Sp<strong>in</strong>nerei<br />

abgetan. Alte Techniken wur<strong>de</strong>n lange<br />

Zeit gemie<strong>de</strong>n wie Langzeitarbeitslose –<br />

aber auch unter Langzeitarbeitslosen bef<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich<br />

e<strong>in</strong>ige ausgezeichnete, hochqualifizierte und -motivie<br />

rte Mitarbeiter, man muss sie nur f<strong>in</strong><strong>de</strong>n.<br />

Der Lohner-Porsche – e<strong>in</strong> Auto mit Hybridantrieb –<br />

fuhr bereits 1908. Die primären Grün<strong>de</strong> für die Entwicklung<br />

waren jedoch nicht die Energiee<strong>in</strong>sparung,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Elim<strong>in</strong>ierung e<strong>in</strong>es schaltbaren Getriebes.<br />

Je<strong><strong>de</strong>r</strong> hat <strong>von</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung gehört, <strong>de</strong>n Antrieb<br />

<strong>von</strong> Seeschiffen – die <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel mit Schweröl mit<br />

4,5 Prozent Schwefel und ohne irgen<strong>de</strong><strong>in</strong>e Rauchgasre<strong>in</strong>igung<br />

betrieben wer<strong>de</strong>n – durch drachenartige<br />

Segel zu unterstützen, um Betriebskosten zu sparen<br />

und nicht um die Umwelt zu entlasten. Durch die E<strong>in</strong>führung<br />

<strong>von</strong> Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln<br />

stiegen die Ernten Anfang <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts stark<br />

an. Da man die dadurch erzeugte Nahrung nicht zusätzlich<br />

essen konnte, wur<strong>de</strong>n als logische Folge<br />

„Bioethanolmotoren“ angeboten.<br />

Die Verwendung <strong>von</strong> <strong>Natureis</strong> war auch nach Erf<strong>in</strong>dung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kältemasch<strong>in</strong>e bis zur Mitte <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts<br />

noch gebräuchlich. Delbrück bemerkte hierzu 1910<br />

im Illustrierten <strong>Brauerei</strong>lexikon: „Die Gew<strong>in</strong>nung <strong>von</strong><br />

<strong>Natureis</strong> besitzt trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> großen Vervollkommnung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kühlmasch<strong>in</strong>en für manche Braue reien e<strong>in</strong>e große<br />

Be<strong>de</strong>utung, und zwar regelmäßig dort, wo mit Sicher-<br />

14 · BRAUINDUSTRIE 12/2010<br />

<strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Natureis</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Brauerei</strong><br />

heit auf bestimmte Eisernte im W<strong>in</strong>ter bei mäßigen<br />

Unkosten gerechnet wer<strong>de</strong>n darf ... ferner verdient<br />

sie auch für Großbetriebe zur Entlastung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kühl -<br />

masch<strong>in</strong>en Beachtung.“ Nach Delbrück können <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Kubikmeter Eislager bis zu 750 Kilogramm<br />

Eis gelagert wer<strong>de</strong>n. Die Schmelz verluste betragen <strong>in</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Regel etwa 25 Prozent, wobei 12 bis 50 Prozent<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis vorkommen.<br />

Dworsky-Lense schreibt 1936 im Katechismus für<br />

<strong>Brauerei</strong>: „Wo das Eisgerüst unmittelbar über <strong>de</strong>m<br />

Eiskeller steht, gibt es ke<strong>in</strong>e bessere und billigere<br />

Art <strong><strong>de</strong>r</strong> Eisgew<strong>in</strong>nung.“ Auch im und kurz nach <strong>de</strong>m<br />

Zweiten Weltkrieg wur<strong>de</strong> <strong>Natureis</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Brauerei</strong><br />

verwen<strong>de</strong>t. Im Lehrbuch <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Brauerei</strong> <strong>von</strong> 1964 wird<br />

<strong>Natureis</strong> <strong>von</strong> De Clerck jedoch nicht mehr erwähnt.<br />

Als e<strong>in</strong>e <strong><strong>de</strong>r</strong> wenigen <strong>Brauerei</strong>en setzt die Söfl<strong>in</strong>ger<br />

Kronenbrauerei aus Ulm die traditionelle „<strong>Natureis</strong>züchtung“<br />

e<strong>in</strong>. Hierzu wird <strong>in</strong> <strong>de</strong>n W<strong>in</strong>termonaten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

„Natur-Eisgalgen“ im <strong>Brauerei</strong>-Innenhof aufgebaut.<br />

Dieser wird bei Außentemperaturen <strong>von</strong> ca. – 3 °C mit<br />

Wasser besprenkelt, bis sich riesige Eiszapfen gebil<strong>de</strong>t<br />

haben. Geerntet wird dann mit großen Holzschlegeln<br />

und Pickeln, um das eisige Nass anschließend <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Lagerkeller zu schaffen. Dieser Prozess wird solange<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt, bis <strong><strong>de</strong>r</strong> Keller voll ist (ca. 400 m3 ). Dort<br />

lagert das Bier <strong>in</strong> Tanks, komplett <strong>in</strong> <strong>Natureis</strong> e<strong>in</strong> -<br />

gebettet, bei konstanten Temperaturen nahe <strong>de</strong>m<br />

Gefrierpunkt. Die Kühlmasch<strong>in</strong>en laufen lediglich noch<br />

zur Unterstützung, <strong>de</strong>nn das <strong>Natureis</strong> hält bis <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Spätsommer.<br />

<strong>Natureis</strong>erzeugung bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Söfl<strong>in</strong>ger Kronenbrauerei


E<strong>in</strong>e wirtschaftliche und<br />

umweltfreundliche Alternative?<br />

Die Schmelzenthalpie <strong>von</strong> Eis (Wasser)<br />

beträgt 334 MJ/t o<strong><strong>de</strong>r</strong> 93 kWh/t Eis. Die<br />

Enthalpie für die Temperatur erhöhung bis<br />

zum Schmelzpunkt ist mit 1,2 kWh/t · K<br />

zu vernachlässigen. Wenn man mittlere<br />

Schmelzverluste <strong>von</strong> 25 Prozent annimmt,<br />

können 70 kWh Kühlenergie pro<br />

Tonne Eis genutzt wer<strong>de</strong>n. Wenn man <strong>von</strong><br />

e<strong>in</strong>er Leis tungszahl <strong>von</strong> 3,5 bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Kühlanlage<br />

ausgeht, können durch e<strong>in</strong>e Tonne<br />

<strong>Natureis</strong> etwa 20 kWhelektrisch e<strong>in</strong>gespart<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Wenn man die Personalkosten als Fix -<br />

kosten betrachtet und ke<strong>in</strong>e Energie für<br />

<strong>de</strong>n Transport <strong>de</strong>s <strong>Natureis</strong>es aufgewen<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n muss, s<strong>in</strong>d für die Erzeugung <strong>de</strong>s<br />

Eises und die Entsorgung <strong>de</strong>s Schmelzwassers<br />

eventuell die Wasser- und die<br />

Abwasserkosten zu berücksichtigen. Da<br />

das Schmelzwasser relativ sauber ist,<br />

könnte man es auch z. B. zur Garten -<br />

bewässerung o<strong><strong>de</strong>r</strong> zur Wagen wäsche<br />

e<strong>in</strong>setzen. Der Pumpaufwand be trüge ca.<br />

0,2 kWhelektrisch pro Kubik meter Wasser.<br />

Durch die Entlastung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kälte anlagen<br />

wür<strong>de</strong>n auch Reparatur- und Wartungskosten<br />

reduziert wer<strong>de</strong>n. Realistisch<br />

könnte man bei heutigen Energiepreisen<br />

e<strong>in</strong>e Kostene<strong>in</strong>spa rung <strong>von</strong> ca. drei Euro<br />

für e<strong>in</strong>e Tonne <strong>Natureis</strong> ansetzen, sofern<br />

we<strong><strong>de</strong>r</strong> Frisch- noch Abwasserkosten entstehen.<br />

Die CO2-Emission wür<strong>de</strong> um etwa<br />

12 Kilogramm pro Tonne <strong>Natureis</strong> s<strong>in</strong>ken,<br />

das entspricht <strong><strong>de</strong>r</strong> CO2-Emission <strong>von</strong> 4,5<br />

Litern Diesel bzw. Heizöl EL.<br />

Bei <strong>de</strong>n zu erwarten<strong>de</strong>n Kostene<strong>in</strong> spa -<br />

rungen ist es wirtschaftlich nicht s<strong>in</strong>nvoll<br />

e<strong>in</strong>en <strong>Natureis</strong>keller neu zu errichten.<br />

Falls e<strong>in</strong> <strong>Natureis</strong>keller vorhan<strong>de</strong>n ist und<br />

ohne nennenswerten Aufwand wie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>in</strong><br />

Betrieb genommen wer<strong>de</strong>n kann, ist es<br />

eventuell e<strong>in</strong>e Überlegung wert, <strong>de</strong>n Lager -<br />

keller mit <strong>Natureis</strong>unterstützung zu kühlen.<br />

Dies wäre sicherlich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e<br />

Market<strong>in</strong>g- und weniger e<strong>in</strong>e wirtschaft -<br />

liche Entscheidung.<br />

Der technische Aufwand e<strong>in</strong> Bier unter<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Verwendung <strong>von</strong> <strong>Natureis</strong> zu produzie -<br />

ren ist sicherlich ger<strong>in</strong>ger, als die Werbebotschaft<br />

„Mit hei mischer Kohle feuer -<br />

gekocht“ <strong>in</strong> die Tat umzusetzen.<br />

Raimund Kal<strong>in</strong>owski<br />

Unternehmensberatung<br />

und Sachverständigenbüro<br />

(www.sachverstand-gutachten.<strong>de</strong>)<br />

BRAUINDUSTRIE 12/2010 · 15

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