PDF, 871,2 KB - Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung
PDF, 871,2 KB - Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung
PDF, 871,2 KB - Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Pro Parkscheine<br />
Tribüne<br />
Von Dr. Oliver Schwedes, Sprecher der AG Verkehr der Bremer Höhe<br />
Autos in Prenzlauer Berg – die einen<br />
ziehen ihre Kreise und finden doch<br />
keinen Parkplatz, die anderen werden<br />
als »Stehfahrzeuge« tagelang nicht<br />
bewegt. Zusammen stellen sie ein<br />
immer drängenderes Verkehrsproblem<br />
dar. Dementsprechend sind sich<br />
in der Beurteilung der Verkehrssituation<br />
im Prenzlauer Berg alle einig:<br />
Katastrophal! Wenn es aber um die<br />
Frage geht, wie man zu einer<br />
Parkscheine sollen in Prenzlauer Berg den Parkdruck abmildern.<br />
Linderung des Verkehrsdrucks beitragen<br />
kann, dann gehen die Meinungen<br />
auseinander. Die Arbeitsgemeinschaft<br />
Verkehr der Wohnungsbaugenossenschaft<br />
»Bremer Höhe« eG hat sich mit<br />
dieser Frage seit ihrer Gründung vor<br />
fünf Jahren intensiv beschäftigt und<br />
mehrere Verkehrserhebungen durchgeführt.<br />
So evaluierten wir, dass 48<br />
Prozent der parkenden Fahrzeuge am<br />
Wochenende und 35 Prozent innerhalb<br />
der Woche nicht bewegt wurden.<br />
Das bedeutet, dass ein Drittel bis fast<br />
die Hälfte aller parkenden Fahrzeuge<br />
dauerhaft steht. Dieser »Luxus« ist in<br />
einem hochverdichteten Stadtraum<br />
wie dem Prenzlauer Berg dringend zu<br />
überdenken. Auch erhoben wir, dass<br />
zwischen 15 und 1 Uhr an einem<br />
Sonnabend mit Großveranstaltung im<br />
Gleimviertel bei uns ca. 43 Prozent<br />
Besucherfahrzeuge parkten.<br />
Früher hätten Verkehrsplaner<br />
auf eine solche Situation mit dem Bau<br />
von Parkhäusern reagiert, um dem<br />
wachsenden Verkehrsaufkommen gerecht<br />
zu werden. Damals wurde vor<br />
allem aus der Sicht der Autofahrerin-<br />
©Timo Kotte<br />
nen und Autofahrer geplant. Diese<br />
alte Planungsphilosophie hat sich<br />
überlebt. Der durch den Autoverkehr<br />
hervorgerufene Leidensdruck ist so<br />
groß geworden, dass immer weniger<br />
Bewohner bereit sind, die damit<br />
verbundene Einschränkung ihrer Lebensqualität<br />
zu akzeptieren. Dabei<br />
lösen sich die alten Fronten zwischen<br />
Autobefürwortern und Autogegnern<br />
auf, denn auch Autofahrer sind<br />
Stadtbewohner und sehen sich zusehends<br />
als Betroffene der desolaten<br />
Verkehrssituation. Die neue <strong>Verkehrsplanung</strong>sphilosophie<br />
setzt daher auf<br />
die Kooperation mit allen Beteiligten.<br />
Sie will zu einem ausgewogenen<br />
Vor Ort 04. 2009 6<br />
Verhältnis aller Interessen und Bedürfnisse<br />
der Stadtbewohner beitragen.<br />
Daher werden heute Straßen nicht<br />
mehr nur erweitert, sondern auch<br />
verengt, um es den Fußgängern zu<br />
erleichtern, sicher über die Straße zu<br />
kommen. Schließlich hat man eingesehen,<br />
dass in der Stadt gar nicht<br />
soviele Parkplätze geschaffen werden<br />
können, wie es potenzielle Nachfrager<br />
gibt. Vielmehr zieht ein erweitertes<br />
Parkflächenangebot regelmäßig zusätzlichen<br />
Verkehr nach sich, man<br />
spricht dabei vom »induzierten Verkehr«.<br />
Daher konzentriert man sich<br />
nun verstärkt darauf, den Autoverkehr<br />
aus der Stadt herauszuhalten.<br />
Vor diesem Hintergrund erklärt<br />
sich die Bildung eines Aktionsbündnisses<br />
»Pro Parkraumbewirtschaftung<br />
im Prenzlauer Berg«, das unsere AG<br />
Verkehr ins Leben gerufen hat. Anders<br />
als in den Bezirken Charlottenburg-<br />
Wilmersdorf und Mitte, wo sich<br />
Bürgerbewegungen gegen die von<br />
der Bezirksverwaltung beschlossene<br />
Einführung der Parkraumbewirtschaftung<br />
gebildet haben, möchte das<br />
Aktionsbündnis frühzeitig eine öffentlichen<br />
Diskussion über das neue<br />
verkehrspolitische Instrument anregen.<br />
Eine erste Informationsveranstaltung<br />
am 5. März hat gezeigt, dass die<br />
Zeit der ideologischen Grabenkämpfe<br />
vorbei ist. Niemand behauptet, dass<br />
Parkraumbewirtschaftung allein das<br />
Verkehrsproblem im Prenzlauer Berg<br />
lösen kann. Die vom Bezirk in Auftrag<br />
gegebene Machbarkeitsstudie des<br />
Planungsbüros LK ARGUS zeigt vielmehr,<br />
dass genau untersucht werden<br />
muss, in welchen Quartieren die<br />
Einführung der Parkraumbewirtschaftung<br />
sinnvoll ist.<br />
Die Studie zeigt, dass in einigen<br />
Quartieren mit einer Entlastung des<br />
Parkdrucks durch ortsfremde Kfz zu<br />
rechnen ist und die Anwohnerinnen<br />
und Anwohner daher in Zukunft<br />
größere Chancen haben, einen Parkplatz<br />
zu finden. Damit ist weder das<br />
Parkplatzproblem gelöst, geschweige<br />
denn das Verkehrsproblem insgesamt.<br />
Aber es führt zu einer ersten<br />
Entlastung und in Verbindung mit<br />
weiteren Maßnahmen womöglich zu<br />
insgesamt besseren Lebensverhältnissen.<br />
Es wird sich zeigen, ob das den<br />
Auto fahrenden Anwohnern eine<br />
Jahresvignette von zehn EUR wert ist.