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Für Hobbyradler, von den Schweizern als Gümeler in der Schweiz ...

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GRAUBÜNDEN<br />

120 T O U R 6/2004<br />

TEXT: DRES BALMER; FOTOS ALEX BUSCHOR<br />

Von e<strong>in</strong>em weit entfernten Kirchturm dr<strong>in</strong>gt<br />

unregelmäßig das Läuten e<strong>in</strong>er Glocke <strong>in</strong>s<br />

Zimmer des schlafen<strong>den</strong> <strong>Gümeler</strong>s. E<strong>in</strong><br />

Auge bl<strong>in</strong>zelt, das Läuten verkl<strong>in</strong>gt, <strong>der</strong> Radler döst<br />

wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>. Erneut die Glocke. Beide Augen s<strong>in</strong>d offen.<br />

Bell<strong>in</strong>zona, sechs Uhr morgens. So früh ist ke<strong>in</strong> Wirt<br />

aus dem Bett zu holen, doch das Bahnhofbüffet hat<br />

schon geöffnet und verströmt <strong>den</strong> Duft <strong>von</strong> frisch gebrühtem<br />

Kaffee. Das Thermometer zeigt an diesem<br />

<strong>Für</strong> <strong>Hobbyradler</strong>, <strong>von</strong> <strong>den</strong> <strong><strong>Schweiz</strong>ern</strong> <strong>als</strong> <strong>Gümeler</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> klettern mehr Straßenpässe über<br />

liegen. Wer aber <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bergen se<strong>in</strong>e Passion f<strong>in</strong>det,<br />

Sommermorgen zwanzig Grad. Höchste Zeit, aufzubrechen,<br />

bevor sich das Tal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Glutofen verwandelt.<br />

Bündner Pässetour – für Nichtradler e<strong>in</strong>e verrückte<br />

Idee, für Radsportler e<strong>in</strong>e Passion. Schon <strong>der</strong><br />

zweite Tag ist <strong>der</strong> härteste: die meisten Kilometer, die<br />

meisten Höhenmeter. Doch es beg<strong>in</strong>nt ganz leicht.<br />

Die Kantonsstraße schaukelt sanft <strong>in</strong>s Valle Mesolc<strong>in</strong>a<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, die Berge, die <strong>den</strong> T<strong>als</strong>chluss bil<strong>den</strong>, s<strong>in</strong>d noch<br />

weit entfernt. Nebenan lärmen die Autos und Lastwagen<br />

auf <strong>der</strong> Autobahn, die später bei Pian San Giacomo<br />

im San Bernard<strong>in</strong>o-Tunnel verschw<strong>in</strong>det. Ab<br />

hierkehrt wie<strong>der</strong> Ruhe <strong>in</strong> <strong>den</strong> Dörfern e<strong>in</strong>. Die Straße


ezeichnet, gibt’s <strong>in</strong> Graubün<strong>den</strong> beson<strong>der</strong>e Leckerli: Nirgends<br />

zweitausend Meter. Doch Bergkost ist deftig und kann schwer <strong>in</strong> <strong>den</strong> Be<strong>in</strong>en<br />

wird unsere Reise lieben: <strong>in</strong> sieben Tagen über 15 Pässe<br />

Der steile Weg<br />

<strong>in</strong>s Radlerglück: am<br />

Splügenpass


Ungleich:<br />

Bevor die Bahn<br />

im Albula-Tunnel<br />

verschw<strong>in</strong>det,<br />

m<strong>in</strong><strong>der</strong>n Viadukte<br />

die Steigung; auf<br />

Radler warten noch<br />

zwölf Prozent.<br />

Rechts: Nur noch<br />

wenige Meter<br />

zur Passhöhe des<br />

San Bernard<strong>in</strong>o<br />

zum San Bernard<strong>in</strong>o ist e<strong>in</strong>e gepflegte Antiquität. Im Tiefbauamt<br />

des Kantons Graubün<strong>den</strong> gibt es nämlich e<strong>in</strong>e Abteilung,<br />

zuständig für <strong>den</strong> Erhalt und die Pflege historischer<br />

Straßen, <strong>der</strong>en Chef, Paolo Mantovani, man getrost <strong>als</strong><br />

Künstler bezeichnen kann – früher nannte man <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> die Passstraßen auch Kunststraßen. In jahrelanger<br />

Arbeit wur<strong>den</strong> am San Bernard<strong>in</strong>o Kopfste<strong>in</strong>pflaster,<br />

Trockenmauern und Holzzäune liebevoll restauriert. Sanft<br />

legen sich die Kehren <strong>in</strong> die Alpwei<strong>den</strong>, wo Kuhglocken unablässig<br />

bimmeln. Auch auf <strong>der</strong> Straße stehen e<strong>in</strong> paar Kühe,<br />

fast regungslos, und blicken dem Radler nach. Es fährt sich<br />

ganz leicht. An <strong>der</strong> Baumgrenze duften Lärchen, rechts glitzert<br />

e<strong>in</strong> See im felsigen Grund, und am Ufer schmelzen die<br />

letzten Schneereste <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sommersonne. Reisende glauben<br />

sich dort oben zurückversetzt <strong>in</strong>s Zeitalter <strong>der</strong> Postkutschen,<br />

und ganz im Stil <strong>der</strong> vergangenen Zeit empfängt auch das<br />

Hospiz auf <strong>der</strong> Passhöhe <strong>den</strong> Radler, die Fassade <strong>von</strong> W<strong>in</strong>d<br />

und Wetter gegerbt wie das Gesicht e<strong>in</strong>es alten Berglers.<br />

SCHLAGADER INS ENGADIN<br />

Mit Wehmut <strong>den</strong>kt <strong>der</strong> <strong>Gümeler</strong> an <strong>den</strong> San Bernard<strong>in</strong>o<br />

zurück, <strong>als</strong> er die mo<strong>der</strong>ne Passstraße zum Julier erklimmt,<br />

<strong>den</strong> Hauptzubr<strong>in</strong>ger nach St. Moritz. Auf breiter Straße und<br />

tadellosem Asphalt überw<strong>in</strong><strong>den</strong> Autos <strong>von</strong> Nor<strong>den</strong> her die<br />

letzte Barriere zu e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> schönsten Regionen <strong>der</strong> Alpen,<br />

dem Engad<strong>in</strong>. Seit wenig mehr <strong>als</strong> hun<strong>der</strong>t Jahren reisen Touristen<br />

über <strong>den</strong> Julier, e<strong>in</strong>e Passstraße gibt es aber schon<br />

zweitausend Jahre. Die Römer hatten <strong>den</strong> Weg für sich entdeckt.<br />

Auf <strong>der</strong> Passhöhe, auf 2.284 Meter, steht noch e<strong>in</strong> römischer<br />

Meilenste<strong>in</strong>, durch die Jahrhun<strong>der</strong>te leicht schief<br />

gedrückt. W<strong>in</strong>d und Wetter haben se<strong>in</strong>e Oberseite zu e<strong>in</strong>er<br />

Schüssel geformt. Dar<strong>in</strong>, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pfütze vom vergangenen


Gewitterregen, nimmt e<strong>in</strong> Buchf<strong>in</strong>k se<strong>in</strong> Bad, wetzt <strong>den</strong><br />

Schnabel am Ste<strong>in</strong> – unbee<strong>in</strong>druckt <strong>von</strong> <strong>der</strong> Autokarawane.<br />

Östlich des Julier führt <strong>der</strong> Albulapass <strong>in</strong>s Engad<strong>in</strong>. Während<br />

das Asphaltband am Julier <strong>den</strong> Pass alle<strong>in</strong>e dom<strong>in</strong>iert, muss<br />

sich die Straße zum Albula das Tal mit <strong>der</strong> Eisenbahn teilen.<br />

Anfangs noch unspektakulär. Aber h<strong>in</strong>ter Bergün, wo sich <strong>der</strong><br />

Radler mit Pizzoccheri stärkt, e<strong>in</strong>er Art Spätzle aus Buchweizenmehl<br />

mit gedünstetem Gemüse, für die kommen<strong>den</strong> fast<br />

tausend Höhenmeter, muss die Bahn e<strong>in</strong>e vierhun<strong>der</strong>t Meter<br />

hohe Geländestufe h<strong>in</strong>auf nach Preda überw<strong>in</strong><strong>den</strong>. Vor<br />

mehr <strong>als</strong> hun<strong>der</strong>t Jahren haben Ingenieure hier e<strong>in</strong>e Trasse<br />

gebaut, auf <strong>der</strong> die Bahn <strong>in</strong> Kehrtunneln durchs Innere des<br />

Berges und über Viadukte klettert. Es war die Zeit, <strong>als</strong> die<br />

Menschen beseelt waren vom Glauben an das technisch<br />

Machbare und die Unterwerfung <strong>der</strong> Natur. Die ist hier wild<br />

und ungestüm, aber zugleich auch sanft und zart: Wildbäche<br />

rauschen schäumend durchs Tal, die Luft ist parfümiert <strong>von</strong><br />

Nadelbäumen und <strong>den</strong> Blumen, die am Wegrand blühen. Die<br />

Straße schlängelt sich h<strong>in</strong>auf durch Almwiesen, verschl<strong>in</strong>gt<br />

sich dabei mit <strong>der</strong> Bahnl<strong>in</strong>ie. Es ist, <strong>als</strong> ob Straße und Bahn<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> spielten – und mit dem Gelände, vor dessen gewaltigen<br />

Felswän<strong>den</strong> das selbstbewusste Menschenwerk zur<br />

M<strong>in</strong>iatur schrumpft. Man hat das Gefühl, durch e<strong>in</strong>e Modelleisenbahn-Landschaft<br />

zu klettern. Und weiß nicht mehr, ob<br />

man Zwerg ist o<strong>der</strong> Riese.<br />

DER ENTLEGENE ZIPFEL DER SCHWEIZ<br />

„Natur pur“, <strong>den</strong>kt <strong>der</strong> <strong>Gümeler</strong>, obwohl er <strong>den</strong> Spruch<br />

eigentlich abgedroschen f<strong>in</strong>det, zumal, da er auf asphaltierter<br />

Straße fährt. Doch am Ofenpass, wo die Straße durch <strong>den</strong><br />

<strong>Schweiz</strong>er Nationalpark führt, muss er schon an diese Floskel<br />

<strong>den</strong>ken. L<strong>in</strong>ks und rechts stehen alp<strong>in</strong>e Urwäl<strong>der</strong>, dichte,<br />

T O U R 6/2004 123<br />

Beschw<strong>in</strong>gt:<br />

Südlich des<br />

Passo del Bern<strong>in</strong>a<br />

spielten die<br />

Straßenbauer auf<br />

dem Weg nach<br />

Poschiavo elegant<br />

mit dem Gelände


GRAUBÜNDEN<br />

dunkle Nadelwäl<strong>der</strong>. Immer<br />

wie<strong>der</strong> öffnen sich E<strong>in</strong>blicke<br />

<strong>in</strong> tiefe Schluchten, nirgends<br />

steht e<strong>in</strong> Haus, nicht mal e<strong>in</strong>e<br />

Hütte. „Wie <strong>in</strong> Kanada...“,<br />

schwärmt <strong>der</strong> weitgereiste<br />

Radler. „Wieso Kanada?“,<br />

fragt se<strong>in</strong>e Begleitung, „sagst<br />

du <strong>den</strong>n <strong>in</strong> Kanada, es sei wie<br />

im <strong>Schweiz</strong>er Nationalpark?“<br />

Der <strong>Gümeler</strong> wird kle<strong>in</strong>laut,<br />

muss aber zum Glück nichts<br />

weiter erklären, weil die letzte<br />

steile Rampe zum Ofenpass<br />

beg<strong>in</strong>nt und niemand mehr<br />

Luft hat zum Re<strong>den</strong>. Der<br />

Schlussanstieg führt direkt <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> Himmel, die Abfahrt h<strong>in</strong>unter<br />

<strong>in</strong>s Münstertal, auf Romanisch<br />

Val Müstair. „Sieht<br />

aus wie <strong>in</strong> Südtirol“, <strong>den</strong>kt <strong>der</strong><br />

Radler, behält es aber diesmal<br />

für sich. Obwohl er Recht hätte,<br />

weil das Tal im Oberv<strong>in</strong>schgau<br />

mündet und deshalb<br />

die Anb<strong>in</strong>dung an Südtirol<br />

traditionell besser ist <strong>als</strong><br />

<strong>in</strong>s Unterengad<strong>in</strong>. Auch die<br />

Architektur im katholischen<br />

Münstertal ist schwungvoller,<br />

reicher verziert <strong>als</strong> nördlich<br />

des Ofenpasses. In Santa Maria,<br />

wo sich die Häuser eng ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong>drücken, zweigt die<br />

Straße mitten im Dorf rechts ab zum 2.501 Meter hohen Umbrailpass,<br />

<strong>der</strong> höchsten Passstraße <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>. Der Anfang<br />

ist hart, sofort geht es steil bergan – man braucht nach <strong>der</strong> Sause<br />

vom Ofenpass e<strong>in</strong>e ganze Weile, <strong>den</strong> Rhythmus zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

Das Tiefbauamt kann es sich leisten, diesen Pass nicht komplett<br />

zu asphaltieren, weil sich <strong>der</strong> meiste Verkehr über das<br />

nahegelegene Stilfser Joch quält. Wer <strong>den</strong> Umbrail wählt, will<br />

die Fahrt genießen. Auf etwa vier Kilometern trägt die<br />

Straße e<strong>in</strong>en Naturbelag – gut genug für die Auffahrt mit dem<br />

Rennrad. Der Belag soll auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft bleiben, um<br />

nicht zusätzlich Auto- und Motorradfahrer anzulocken. Vielleicht<br />

<strong>den</strong>ken die Verantwortlichen dabei daran, dass <strong>in</strong><br />

124 T O U R 6/2004<br />

Historisch: Seit fast 200 Jahren gewährt das Hospiz San Bernard<strong>in</strong>o an <strong>der</strong><br />

dam<strong>als</strong> neu geplanten und ausgebauten Passstraße <strong>den</strong> Reisenen Schutz<br />

Offen: Noch ist <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong>er Grenzposten<br />

am Splügen<br />

nicht verwaist.<br />

<strong>Für</strong> Radler bleibt<br />

<strong>der</strong> Schlagbaum<br />

aber immer oben<br />

Graubün<strong>den</strong> <strong>von</strong> 1900 bis<br />

1925 e<strong>in</strong> Fahrverbot für<br />

Autos galt. Was heute noch<br />

bleibt: Der Umbrail ist <strong>der</strong><br />

fe<strong>in</strong>ste, <strong>der</strong> stillste Pass auf<br />

<strong>der</strong> Reise. Auf <strong>der</strong> Passhöhe<br />

ke<strong>in</strong> Rummel, nur e<strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>es, gepflegtes Gasthaus.<br />

Welch e<strong>in</strong> Unterschied<br />

zum nahegelegenen<br />

Stilfser Joch!<br />

Weil sich das Bündner Territorium<br />

mancherorts<br />

nach Sü<strong>den</strong> ausstreckt, <strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>en Tälern nach Nor<strong>den</strong><br />

zurückzieht, kommt<br />

man nicht umh<strong>in</strong>, die<br />

Grenze nach Italien zu<br />

überfahren. So lernt man<br />

die Bergstadt Bormio kennen,<br />

das schäbige Livigno,<br />

aber auch das Juwel Chiavenna.<br />

Wenn die Engad<strong>in</strong>er<br />

im April o<strong>der</strong> Mai genug<br />

haben vom langen<br />

W<strong>in</strong>ter, fahren sie <strong>von</strong><br />

ihrem Hochtal auf 1.800<br />

Metern <strong>den</strong> Malojapass<br />

h<strong>in</strong>unter <strong>in</strong>s nur 300 Meter<br />

hoch gelegene Chiavenna,<br />

wo schon alles blüht und<br />

die Luft nach Sommer duftet.<br />

Im Hochsommer klettern dort die Temperaturen oft auf<br />

über 30 Grad. Deshalb flüchtet <strong>der</strong> Radler rasch nach Nor<strong>den</strong>,<br />

h<strong>in</strong>auf zum Splügenpass, <strong>den</strong> man getrost <strong>als</strong> „Kunststraße“<br />

bezeichnen kann. Aber auch im Straßenbau lässt sich<br />

über <strong>den</strong> Kunstbegriff trefflich streiten: Der <strong>Gümeler</strong> f<strong>in</strong>det<br />

die Auffahrt zum Splügen je<strong>den</strong>falls gna<strong>den</strong>los, aber das liebt<br />

er. Nach e<strong>in</strong>em wüsten Tal und e<strong>in</strong>er erbarmungslosen Rampe<br />

folgen elend steile, enge Kurven. Bei Campodolc<strong>in</strong>o haben<br />

die Straßenbau<strong>in</strong>genieure das Pr<strong>in</strong>zip umgesetzt, das ihre<br />

Kollegen für die Bahntrasse am Albula nutzten: Kehrtunnel.<br />

Nur lösten sie die ste<strong>in</strong>ige Aufgabe weniger schön – nicht<br />

großzügig, son<strong>der</strong>n steil und eng. Dem Pässe-Sammler gefällt’s.<br />

Er klettert und klettert, weiß bald nicht mehr, wo unten<br />

ist und wo oben, l<strong>in</strong>ks und rechts. Es kommt ihm vor, <strong>als</strong> würde<br />

er immer wie<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>en Balkon heraustreten und h<strong>in</strong>abblicken<br />

auf Balkone darunter, wo sich Kollegen abmühen.<br />

Da<strong>von</strong> wird ihm ganz schw<strong>in</strong>dlig. Wanken darf er aber nicht,<br />

weil manche E<strong>in</strong>heimische mit dem Auto vorbeirasen, <strong>als</strong><br />

wür<strong>den</strong> sie ihre Frauen zur Entb<strong>in</strong>dung fahren. In <strong>den</strong> unbeleuchteten,<br />

kurvigen Tunnels kommt es manchmal zu Begegnungen,<br />

bei <strong>den</strong>en <strong>der</strong> Radler <strong>den</strong> Schutz <strong>der</strong> Madonna<br />

<strong>von</strong> Ghisallo, <strong>der</strong> Schutzpatron<strong>in</strong> <strong>der</strong> Radrennfahrer, dr<strong>in</strong>gend<br />

braucht.<br />

Alles Weitere ist nur noch halb so anstrengend und gefährlich<br />

– die Schussfahrt nach Thusis e<strong>in</strong> heiterer, entspannter<br />

Genuss, die Rückkehr zum Startort An<strong>der</strong>matt über <strong>den</strong><br />

Oberalppass wie <strong>der</strong> gelöste Schlusssatz e<strong>in</strong>er Symphonie.<br />

O<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Passion. E<strong>in</strong>er <strong>Gümeler</strong>-Passion.


INFOS<br />

GRAUBÜNDEN<br />

ZUR ORIENTIERUNG<br />

Graubün<strong>den</strong> liegt im Osten <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>;<br />

<strong>der</strong> größte Kanton des Landes (7.106 Quadratkilometer,<br />

190.000 E<strong>in</strong>wohner) nimmt<br />

e<strong>in</strong> Sechstel des helvetischen Territoriums<br />

e<strong>in</strong>. Se<strong>in</strong>e Hauptstadt ist Chur (33.000 E<strong>in</strong>wohner).<br />

Wer Graubün<strong>den</strong> sagt, me<strong>in</strong>t Berge.<br />

Die bestimmen überall die abwechslungsreiche,<br />

zuweilen spektakuläre Landschaft,<br />

und aus ihnen fließt Wasser <strong>in</strong> die<br />

Adria, <strong>in</strong>s Schwarze Meer und <strong>in</strong> die Nordsee.<br />

Der tiefste Punkt des Kantons liegt<br />

südlich des Passo del San Bernard<strong>in</strong>o <strong>in</strong><br />

San Vittore (293 Meter), wo Palmen wachsen;<br />

<strong>der</strong> höchste auf dem Eispanzer des Piz<br />

Bern<strong>in</strong>a (4.046 Meter), dem e<strong>in</strong>zigen<br />

Bündner Viertausen<strong>der</strong>. Graubün<strong>den</strong> ist<br />

auch e<strong>in</strong> Passland erster Güte. Von <strong>den</strong> 17<br />

mehr <strong>als</strong> zweitausend Meter hohen<br />

Straßenpässen <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> führen zehn<br />

durch Graubün<strong>den</strong>. Und weil sich die Berge<br />

dem Nord-Süd-Verkehr entgegenstemmen,<br />

ist Graubün<strong>den</strong> überzogen <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Netz spektakulärer Bahnl<strong>in</strong>ien und fantastischer<br />

Bergstraßen. Manche Pässe haben<br />

seit <strong>der</strong> Römerzeit strategische Bedeutung<br />

im Nord-Süd-Verkehr – früher eher machtpolitisch,<br />

heute touristisch.<br />

BESTE REISEZEIT<br />

Pf<strong>in</strong>gsten bis Oktober. W<strong>in</strong>tersperre haben<br />

die Pässe Oberalp, Lukmanier, San Bernard<strong>in</strong>o,<br />

Flüela, Albula, Umbrail, Forcola di<br />

Livigno und Splügen. Wer die Tour früh im<br />

Sommer o<strong>der</strong> spät im Herbst unternimmt,<br />

erfährt unter <strong>der</strong> Telefonnummer<br />

00 41/84 88 00/1 63, welche Pässe offen<br />

s<strong>in</strong>d. Beson<strong>der</strong>s schön ist das Pässefahren<br />

kurz nach Pf<strong>in</strong>gsten, wenn man zwischen<br />

hohen Schneewän<strong>den</strong> radelt.<br />

Stilvoll: Am San Bernard<strong>in</strong>o wur<strong>den</strong> selbst die alten Kilometerste<strong>in</strong>e saniert<br />

126 T O U R 6/2004<br />

TOURENCHARAKTERISTIK<br />

Happige Aufstiege wechseln sich ab mit rasanten<br />

Abfahrten. Flachstücke s<strong>in</strong>d die<br />

Ausnahme. Der Rest s<strong>in</strong>d Pässe, Pässe und<br />

nochm<strong>als</strong> Pässe. Ans H<strong>in</strong>terrad gehört e<strong>in</strong><br />

29er o<strong>der</strong> 30er Ritzel – o<strong>der</strong> nach vorne<br />

e<strong>in</strong>e Dreifach-Garnitur. Die Asphaltstraßen<br />

s<strong>in</strong>d gut bis sehr gut, auch das vier Kilometer<br />

lange Stück Naturstraße auf <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong>er Seite des Umbrail ist mit dem<br />

Rennrad gut befahrbar. Die exzellente Infrastruktur<br />

erlaubt es, außer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hauptsaison<br />

im Juli und August, die Tour unterwegs<br />

<strong>von</strong> Tag zu Tag zu planen.<br />

ANREISE<br />

Auto: <strong>Für</strong> die hier vorgeschlagene Route<br />

auf <strong>der</strong> Gotthardstraße bis Göschenen,<br />

<strong>von</strong> dort über die Schöllenenstraße h<strong>in</strong>auf<br />

zum Ausgangspunkt An<strong>der</strong>matt. Wer im<br />

Engad<strong>in</strong> starten will, fährt<br />

auf <strong>der</strong> Autobahn bis Chur,<br />

<strong>von</strong> dort weiter über Lenzerheide,<br />

Tiefencastel und<br />

Julierpass nach Silvaplana.<br />

Öffentliche Verkehrsmittel:<br />

Sowohl An<strong>der</strong>matt<br />

<strong>als</strong> auch das Engad<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d<br />

gut durch Eisenbahnen erschlossen;<br />

das gilt beson<strong>der</strong>s<br />

für die Anreise über<br />

Basel. Sonst verkehren<br />

überall Postautos<br />

RADTRANSPORT<br />

In <strong>den</strong> meisten Zügen <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen<br />

kann das Rennrad<br />

zum halben Fahrpreis e<strong>in</strong>es<br />

Erwachsenen mitgenom-<br />

Filmreif: Bergün (l<strong>in</strong>ks) war „Heidi“-Kulisse.<br />

Oben: In Pontres<strong>in</strong>a gibt’s auch echte Ste<strong>in</strong>böcke<br />

– dort lebt die größte Kolonie <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

men wer<strong>den</strong>. E<strong>in</strong>e „Velo-Tageskarte“ kostet<br />

15 <strong>Schweiz</strong>er Franken. Strecken wie<br />

Oberalp, Albula, Bern<strong>in</strong>a mit <strong>der</strong> Rätischen<br />

Bahn s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> unvergessliches Erlebnis.<br />

Infos unter www.sbb.ch<br />

Auch die Postbusse nehmen Fahrer samt<br />

Rad mit, sofern im Bus genügend Platz ist.<br />

Manche Busse haben Heckträger o<strong>der</strong><br />

Anhänger. Der Radtransport kostet sechs<br />

<strong>Schweiz</strong>er Franken; Infos und Reservation<br />

unter www.postauto.ch<br />

UNTERKUNFT<br />

An allen Etappenorten f<strong>in</strong>det man Unterkünfte<br />

<strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en Preislagen. Informationen<br />

gibt das Frem<strong>den</strong>verkehrsamt<br />

„Graubün<strong>den</strong> Ferien“ (siehe Informationen)<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hotel-Führer „Bike&Sleep“<br />

(siehe Literatur); Infos im Internet:<br />

www.velotel.ch<br />

SPRACHE & KULTUR<br />

Die <strong>Schweiz</strong> hat mehrere zweisprachige<br />

Kantone, Graubün<strong>den</strong> ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige dreisprachige:<br />

Deutsch, Italienisch und<br />

Rätoromanisch <strong>in</strong> fünf verschie<strong>den</strong>en Varianten.<br />

Der Sprachen-Flickenteppich ist für<br />

<strong>den</strong> nicht E<strong>in</strong>geweihten e<strong>in</strong> Buch mit<br />

sieben Siegeln. In <strong>den</strong> Bündner Südtälern<br />

Puschlav, Bergell, Misox und Calanca wird<br />

Italienisch gesprochen. Etwa 50.000 Bündner<strong>in</strong>nen<br />

und Bündner absolvieren ihre<br />

Grundschule auf Rätoromanisch und re<strong>den</strong><br />

auch so im Alltag und zu Hause. Man<br />

bemüht sich um das Überleben <strong>der</strong> vierten<br />

<strong>Schweiz</strong>er Landessprache, doch die Zahl<br />

<strong>der</strong> Rätoromanisch Sprechen<strong>den</strong> nimmt<br />

ab. Vor fünfzehn Jahren wurde <strong>von</strong> Sprachwissenschaftlern<br />

das Rumantsch grischun<br />

geschaffen, e<strong>in</strong>e aus <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en<br />

Varianten gebildete rätoromanische Standardsprache,<br />

die vor allem <strong>in</strong> Medien und<br />

Literatur gepflegt wird, aber noch ke<strong>in</strong>e tiefen<br />

Wurzeln geschlagen hat.<br />

ESSEN & TRINKEN<br />

Die kulturelle Vielfalt Graubün<strong>den</strong>s drückt<br />

sich auch kul<strong>in</strong>arisch aus. Nahrhafte Speisen<br />

aus Buchweizenmehl (Capuns und<br />

Pizzoccheri) o<strong>der</strong> auch Engad<strong>in</strong>er Nusstorte<br />

s<strong>in</strong>d für <strong>den</strong> Radler genau das Richtige.


GRAUBÜNDEN<br />

Natürlich: Ke<strong>in</strong> Beton, Bruchste<strong>in</strong> sichert die Straße zum Umbrailpass<br />

INFOS<br />

Viele Restaurants haben sie auf <strong>der</strong> Speisekarte.<br />

Am Abend sollte man sich die We<strong>in</strong>karte<br />

ansehen, auf <strong>der</strong> Spitzengewächse aus dem<br />

Kanton und dem nahegelegenen Veltl<strong>in</strong> angeboten<br />

wer<strong>den</strong>. Und noch etwas: Außer auf <strong>der</strong><br />

Forcola di Livigno und dem Splügenpass stehen<br />

auf allen Passhöhen Gasthäuser.<br />

WÄHRUNG & PREISE<br />

Die <strong>Schweiz</strong> ist teuer, beson<strong>der</strong>s die Gastrono-<br />

mie; preiswerte Unterkünfte s<strong>in</strong>d dünn gesät.<br />

Als Währung gilt noch immer <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>er<br />

Franken (SFR). Preise wer<strong>den</strong> aber auch <strong>in</strong><br />

Euro angegeben. E<strong>in</strong> Euro entspricht 1,55 SFR<br />

(April 2004). Wer mit Euro zahlt, bekommt das<br />

Rückgeld zu ungünstigem Wechselkurs <strong>in</strong><br />

<strong>Schweiz</strong>er Franken.<br />

FAHRRADSERVICE<br />

Die Helfer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Not s<strong>in</strong>d aufgelistet im „Bike<br />

& Sleep“-Handbuch (siehe Literatur) o<strong>der</strong> im<br />

Internet unter www.velotel.ch<br />

INFORMATIONEN<br />

Graubün<strong>den</strong> Ferien, Alexan<strong>der</strong>straße 24,<br />

CH-7001 Chur. Telefon 00 41/81/2 54 24 24;<br />

Internet: www.graubuen<strong>den</strong>.ch<br />

KARTEN UND LITERATUR<br />

Reiseführer: „Graubün<strong>den</strong>“, 240 Seiten.<br />

DuMont Reiseverlag Köln 2002,<br />

ISBN 3770159276; 12 Euro;<br />

„Bike & Sleep – das Handbuch für Veloferien <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>“. 96 Seiten. Kümmerly und Frey,<br />

2004. ISBN 3259033203; 10 Euro;<br />

Karte: „<strong>Schweiz</strong>, östlicher Teil, Zentr<strong>als</strong>chweiz“.<br />

Die Generalkarte, Blatt 2,<br />

1:200.000. Mairs Geographischer Verlag,<br />

ISBN 3895252174; 6,50 Euro;<br />

Am Ort: „Strassenkarte <strong>Schweiz</strong>“, Blatt 4,<br />

1:200.000 <strong>von</strong> swisstopo. 16,50 SFR.<br />

128 T O U R 6/2004<br />

ROUTEN<br />

1. TAG:<br />

SANFT IN DEN SÜDEN<br />

Zwei Pässe, 120 Kilometer, 1.400 Höhenmeter, maximal zehn Prozent<br />

Steigung<br />

An<strong>der</strong>matt (1.447 Meter) – Oberalppass (2.044 Meter) – Disentis<br />

(1.143 Meter) – Lukmanierpass (1.914 Meter) – Bell<strong>in</strong>zona (229 Meter)<br />

Von An<strong>der</strong>matt zum Oberalppass führen elf Kilometer auf bestem Asphalt.<br />

Ehe man’s merkt, ist man oben. Die 23 Kilometer lange Abfahrt<br />

bis Disentis <strong>in</strong>s Bündner Oberland ist <strong>der</strong> re<strong>in</strong>e Genuss. Als Ouvertüre<br />

zum Lukmanierpass gibt’s e<strong>in</strong> leichtes Auf und Ab; es folgen 20 Kilometer<br />

Steigung am Osthang des Medel-T<strong>als</strong>, durch hübsche Dörfer und<br />

im oberen Teil durch viele Law<strong>in</strong>enschutzgalerien. Die Straße auf <strong>der</strong><br />

42 Kilometer langen Abfahrt h<strong>in</strong>unter nach Biasca ist <strong>von</strong> wechselhafter<br />

Qualität. Danach s<strong>in</strong>d es noch 25 Kilometer bis zur Tess<strong>in</strong>er Hauptstadt<br />

Bell<strong>in</strong>zona, wo schon Palmen wachsen.<br />

2. TAG:<br />

DER SCHÖNE UND DER GESCHÄFTIGE<br />

Zwei Pässe, 145 Kilometer, 3.500 Höhenmeter, maximal zehn Prozent<br />

Steigung<br />

Bell<strong>in</strong>zona (229 Meter) – Passo del San Bernard<strong>in</strong>o (2.065 Meter) –<br />

Thusis (720 Meter) – Tiefencastel (851 Meter) – Julierpass (2.284<br />

Meter) – Silvaplana (1.815 Meter)<br />

Zum San Bernard<strong>in</strong>o führt <strong>der</strong> 47 Kilometer lange Aufstieg durch die<br />

Region des Misox. Die alte Straße mit <strong>den</strong> gepflasterten Kehren steht<br />

unter Denkm<strong>als</strong>chutz – e<strong>in</strong> Genuss zum Fahren und Schauen. Ebenso<br />

schön präsentieren sich die acht Kilometer h<strong>in</strong>unter nach H<strong>in</strong>terrhe<strong>in</strong>.<br />

H<strong>in</strong>aus nach Thusis folgen 32 Kilometer mit Gegensteigungen und<br />

flotten Abfahrten. Ab hier verdichtet sich <strong>der</strong> Verkehr. Auch die gut ausgebauten<br />

36 Kilometer <strong>von</strong> Tiefencastel h<strong>in</strong>auf zum Julierpass s<strong>in</strong>d<br />

häufig stark befahren, die prächtige Passhöhe entschädigt dafür. Nach<br />

sieben Kilometern Abfahrt ist Silvaplana im Engad<strong>in</strong> erreicht.<br />

3. TAG:<br />

RÜCKFALL IN DEN NORDEN<br />

Zwei Pässe, 140 Kilometer, 2.300 Höhenmeter, maximal zwölf Prozent<br />

Steigung<br />

Silvaplana (1.815 Meter) – Susch (1.426 Meter) – Flüelapass<br />

(2.383 Meter) – Davos Dorf (1.516 Meter) – Surava (968 Meter) – Filisur<br />

(1.032 Meter) – Albulapass (2.312 Meter) – La Punt (1.687 Meter)<br />

In <strong>der</strong> Hochsaison ist <strong>der</strong> Autoverkehr im Engad<strong>in</strong> höllisch, doch die 47<br />

Kilometer <strong>in</strong>s 400 Meter tiefer gelegene Susch schmelzen schnell dah<strong>in</strong>.<br />

Der Verkehr am Flüelapass ist stark zurückgegangen, seit es die<br />

Gna<strong>den</strong>los:<br />

Südlich des Umbrail,<br />

auf <strong>der</strong> Abfahrt<br />

nach Bormio, än<strong>der</strong>n<br />

sich Landschaft und<br />

Straße. Brutal w<strong>in</strong>det<br />

sich das Asphaltband<br />

durchs Valle del<br />

Braulio


Autoverladung durch <strong>den</strong><br />

Vere<strong>in</strong>a-Tunnel gibt. Von<br />

Susch bis zur Passhöhe s<strong>in</strong>d<br />

es 13 Kilometer, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite h<strong>in</strong>unter bis<br />

Davos 14 Kilometer. Es folgen<br />

30 Kilometer durchs<br />

Landwassertal h<strong>in</strong>aus bis<br />

Surava, wo <strong>der</strong> Anstieg zum<br />

Albulapass beg<strong>in</strong>nt. Je<br />

höher man klettert, desto<br />

schöner wird die Landschaft.<br />

Zwölf Kilometer s<strong>in</strong>d<br />

es bis Bergün, die folgen<strong>den</strong><br />

14 Kilometer h<strong>in</strong>auf<br />

zum Pass gehören zu <strong>den</strong><br />

schönsten <strong>in</strong> <strong>den</strong> Alpen: Es<br />

gibt duftende Lärchenwäl<strong>der</strong>,<br />

kühne Serpent<strong>in</strong>en,<br />

Viadukte und kaum Verkehr.<br />

Nach neun Kilometern<br />

Abfahrt, auf e<strong>in</strong>er Straße<br />

<strong>von</strong> wechselhafter Qualität,<br />

ist La Punt erreicht.<br />

4. TAG:<br />

IM SCHWEIZER NATIONALPARK<br />

Zwei Pässe, 90 Kilometer, 1.800 Höhenmeter, maximal elf Prozent<br />

Steigung<br />

La Punt (1.687 Meter) – Zernez (1.472 Meter) – Ofenpass (2.149<br />

Meter) – Santa Maria (1.375 Meter) – Umbrailpass (2.501 Meter) –<br />

Bormio (1.217 Meter)<br />

Nach dem E<strong>in</strong>rollen entlang des Inn auf <strong>den</strong> 20 Kilometern <strong>von</strong> La<br />

Punt nach Zernez führt die 22 Kilometer lange Straße zum Ofenpass<br />

durch die unangetastete Landschaft des <strong>Schweiz</strong>er Nationalparks.<br />

Vorsicht auf <strong>der</strong> 14 Kilometer langen Abfahrt nach Santa Maria, es<br />

gibt e<strong>in</strong>ige gefährliche Kurven. H<strong>in</strong>auf zum Umbrailpass, dem kle<strong>in</strong>en<br />

Bru<strong>der</strong> des Stilfser Jochs, warten 13 Traumkilometer, etwa vier<br />

da<strong>von</strong> auf Naturstraße. Belohnung: Ausblicke <strong>in</strong>s Ortlermassiv. Auf<br />

<strong>der</strong> renovierten Stilfser-Joch-Straße saust man durch mehrere unbeleuchtete<br />

Tunnel 20 Kilometer h<strong>in</strong>unter <strong>in</strong>s italienische Bormio.<br />

5. TAG:<br />

ITALIENISCHE REISE<br />

Vier Pässe, 80 Kilometer, 2.000 Höhenmeter, maximal zwölf<br />

Prozent Steigung<br />

Bormio (1.217 Meter) – Passo di Foscagno (2.219 Meter) – Trepalle<br />

(2.021 Meter) – Passo d’Eira (2.210 Meter) – Livigno (1.816 Meter) –<br />

Forcola di Livigno (2.315 Meter) – La Motta (2.054 Meter) –<br />

Bern<strong>in</strong>apass (2.328 Meter) – Pontres<strong>in</strong>a (1.805 Meter)<br />

Im August, <strong>in</strong> <strong>den</strong> italienischen Sommerferien, herrscht auf <strong>den</strong> 38<br />

Kilometern bis Livigno e<strong>in</strong> verrückter Autoverkehr; Anfang Juli haben<br />

wir die Strecke auch schon sehr e<strong>in</strong>sam erlebt. Ruhiger wird es<br />

auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hochsaison auf <strong>den</strong> 17 Kilometern h<strong>in</strong>auf zur Forcola di<br />

Livigno. Es folgen vier Kilometer Abfahrt zum Zoll <strong>von</strong> La Motta, bevor<br />

die Straße noch mal vier Kilometer zum Bern<strong>in</strong>apass steigt. Die<br />

15 Kilometer lange Abfahrt auf guter Straße h<strong>in</strong>unter nach Pontres<strong>in</strong>a<br />

ist die Befreiung <strong>von</strong> <strong>den</strong> Mühen des Tages. Bei aller Konzen-<br />

tration auf die Straße, sollten Sie kurz vor dem Tagesziel nicht <strong>den</strong><br />

Ausblick zum Piz Bern<strong>in</strong>a verpassen.<br />

6. TAG:<br />

KUNSTSTRASSE AM SPLÜGENPASS<br />

Zwei Pässe, 125 Kilometer, 1.900 Höhenmeter, maximal 13 Prozent<br />

Steigung<br />

Pontres<strong>in</strong>a (1.805 Meter) – St. Moritz (1.770 Meter) – Malojapass<br />

(1.815 Meter) – Chiavenna (325 Meter) – Splügenpass (2.115<br />

Meter) – Splügen Dorf (1.457 Meter) – Thusis (720 Meter)<br />

Über die Engad<strong>in</strong>er Seenplatte geht es 26 Kilometer fast eben bis<br />

Maloja. Es folgen 33 Kilometer Abfahrt auf guter Straße durchs Bergell<br />

bis Chiavenna, wo man nach Nor<strong>den</strong> abzweigt zur verrücktesten<br />

Passstraße <strong>der</strong> Alpen, 34 Kilometer h<strong>in</strong>auf zum Splügenpass.<br />

Sie überw<strong>in</strong>det <strong>in</strong> engen Kurven und f<strong>in</strong>steren Tunneln e<strong>in</strong>e Felswand<br />

– so steil, dass man <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Kehre auf die unteren<br />

sehen kann und e<strong>in</strong>em fast schw<strong>in</strong>dlig wird.<br />

Nach neun Kilometern Abfahrt erreicht man Splügen<br />

Dorf, nach weiteren 23 Kilometern Thusis.<br />

7. TAG:<br />

ENTLANG DES WILDEN<br />

VORDERRHEINS<br />

E<strong>in</strong> Pass, 100 Kilometer, 1.500 Höhenmeter,<br />

maximal zehn Prozent Steigung<br />

Thusis (720 Meter) – Bonaduz (655 Meter) – Versam<br />

(908 Meter) – Ilanz (698 Meter) – Disentis (1.143 Meter) –<br />

Oberalppass (2.044 Meter) – An<strong>der</strong>matt (1.447 Meter)<br />

Von Thusis talauswärts bis Bonaduz, 15 Kilometer. Hier<br />

scharf l<strong>in</strong>ks nach Versam und durch die Rhe<strong>in</strong>schlucht mit<br />

ihren gewaltigen Erosions-Skulpturen 20 Kilometer<br />

nach Ilanz. Ab Ilanz folgen 52 genussvolle Kilometer, zuerst<br />

leicht, dann etwas steiler aufwärts bis zum Oberalp,<br />

dem letzten Pass <strong>der</strong> Wochentour. Von dort s<strong>in</strong>d es<br />

noch elf Kilometer Abfahrt zurück nach An<strong>der</strong>matt.<br />

T O U R 6/2004 129<br />

CHRISTIAN ROLLE; HOLZKIRCHEN

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