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Institutsbroschüre (pdf) - Max-Planck-Institut für Kernphysik - Max ...

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Impressum<br />

Das <strong>Institut</strong> und<br />

seine Forschungsgebiete<br />

Herausgeber: <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Kernphysik</strong>, Öffentlichkeitsarbeit, Heidelberg 2011<br />

Redaktion: Bernold Feuerstein, Gertrud Hönes


Überblick<br />

Das <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Kernphysik</strong> (MPIK) ist eines von 80 <strong>Institut</strong>en und Forschungseinrichtungen<br />

der <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften<br />

e. V., die 1948 in Nachfolge der 1911 errichteten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft gegründet<br />

wurde und der Grundlagenforschung verpflichtet ist.<br />

Das MPIK wurde 1958 von Wolfgang Gentner gegründet. Es ging aus dem von Walther<br />

Bothe von 1934 bis 1957 geleiteten <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Physik im MPI <strong>für</strong> medizinische Forschung<br />

hervor. Ursprüngliche wissenschaftliche Ziele waren kernphysikalische Grundlagenforschung<br />

und Anwendung kernphysikalischer Methoden auf Fragen der Physik und der<br />

Chemie des Kosmos. Seit 1966 wird das MPIK von einem Direktorenkollegium geführt.<br />

Heute konzentrieren sich die Aktivitäten auf die interdisziplinären Gebiete<br />

Astroteilchenphysik (Synergien von Teilchenphysik und Astrophysik) und<br />

Quantendynamik (Vielteilchendynamik von Atomen und Molekülen).<br />

Wissenschaftler des MPIK arbeiten mit anderen Forschungsgruppen in der ganzen<br />

Welt zusammen. Sie wirken in zahlreichen internationalen Kollaborationen teilweise<br />

federführend mit. Besonders intensive Beziehungen bestehen zu einigen Großforschungseinrichtungen<br />

wie GSI mit EMMI (Darmstadt), DESY mit CFEL (Hamburg), BESSY<br />

(Berlin), CERN (Genf), INFN-LNGS (Assergi L‘Aquila) und LCLS (Stanford).<br />

In der Region kooperiert<br />

das <strong>Institut</strong> eng mit der Universität<br />

Heidelberg, an der die<br />

Direktoren und weitere Mitarbeiter<br />

des <strong>Institut</strong>s lehren. Zur<br />

Förderung des wissenschaftlichen<br />

Nachwuchses wurden<br />

zusammen mit weiteren <strong>Institut</strong>en<br />

drei International <strong>Max</strong><br />

<strong>Planck</strong> Research Schools<br />

(IMPRS) gegründet: „Quantendynamik<br />

in Physik, Chemie<br />

und Biologie“, „Präzionstests<br />

Klaus Blaum, Werner Hofmann, Joachim Ullrich, Manfred Lindner, Christoph H. Keitel.<br />

fundamentaler Symmetrien”<br />

und „Astronomie und Kosmophysik“.<br />

An der Graduiertenschule „Fundamentale Physik“ der Universität Heidelberg<br />

sind alle Direktoren beteiligt.<br />

Die zentralen Einrichtungen am MPIK sind tragende Säulen einer erfolgreichen wissenschaftlichen<br />

Arbeit: Feinmechanik- und Elektronik-Werkstätten, Konstruktionsbüro<br />

und Medientechnik, IT-Netzwerk, Strahlenschutz, Sicherheit und Umwelt, Bibliothek,<br />

Öffentlichkeitsarbeit sowie Verwaltung und Haustechnik. Das <strong>Institut</strong> betreibt eigene<br />

Lehrwerkstätten <strong>für</strong> Feinmechanik und Elektronik.<br />

Die wissenschaftlichen Abteilungen<br />

Klaus Blaum – Gespeicherte und gekühlte Ionen:<br />

Die Abteilung beschäftigt sich mit Präzisionsexperimenten an gespeicherten und<br />

gekühlten Ionen zur Bestimmung ihrer Eigenschaften im Grundzustand sowie mit der<br />

Erforschung fundamentaler Prozesse in Molekülionen. Da<strong>für</strong> werden kurzlebige Radionuklide,<br />

hochgeladene Ionen oder einfache Molekülionen in Penningfallen oder Speicherringen<br />

nahezu unter Weltraumbedingungen gefangen.<br />

Werner Hofmann – Teilchenphysik und Hochenergieastrophysik:<br />

Die Hochenergieastrophysik der Abteilung untersucht mit atmosphärischen Tscherenkow-Teleskopen<br />

die Quellen und Beschleunigungsprozesse hochenergetischer Teilchen<br />

im Universum. Assoziierte Forschergruppen befassen sich mit der zugehörigen Theorie<br />

und Phänomenologie sowie Infrarotastrophysik. Die Teilchenphysik beschäftigt sich mit<br />

Bildung und Zerfällen schwerer Quarks und mit dem neutrinolosen Doppelbetazerfall.<br />

Christoph H. Keitel – Theoretische Quantendynamik und Quantenelektrodynamik:<br />

Die Arbeiten zielen auf ein detailliertes Verständnis des quantenmechanischen Zusammenspiels<br />

aller Bestandteile atomarer, molekularer, ionischer oder nuklearer Systeme mit<br />

Laserfeldern, wobei relativistische Effekte berücksichtigt werden. Dazu kommen theoretische<br />

Vorschläge zur Optimierung diverser Anwendungen wie Laserkühlung oder Teilchenbeschleunigung,<br />

Erzeugung kohärenten kurzwelligen Lichts oder neuer Teilchen.<br />

Manfred Lindner – Teilchen- und Astroteilchenphysik:<br />

Die Abteilung befasst sich experimentell und theoretisch mit aktuellen Fragestellungen<br />

der Teilchen- und Astroteilchenphysik. Die experimentellen Aktivitäten konzentrieren<br />

sich auf Projekte der Neutrinophysik und der Suche nach Dunkler Materie. Die breiter<br />

angelegten theoretischen Aktivitäten reichen von der Interpretation von Ergebnissen<br />

experimenteller Projekte bis zu formalen Fragen, die sich im größeren Kontext ergeben.<br />

Joachim Ullrich – Experimentelle Mehrteilchen-Quantendynamik:<br />

Die Abteilung untersucht experimentell fundamentale Mehrteilchen-Quantensysteme<br />

in Atomen, Molekülen, molekularen und hochgeladenen Ionen. Die Forschung umfasst<br />

Präzisionsspektroskopie zum Test der Quantenelektrodynamik, zeitaufgelöste Reaktionsdynamik<br />

auf Femto- bis Attosekundenzeitskalen mittels ultrakurzer Laserpulse sowie<br />

Strukturaufklärung durch ultraschnelle Röntgenbeugung.<br />

Außerdem gibt es am <strong>Institut</strong> einige – meist durch Drittmittel finanzierte – selbstständige<br />

Forschergruppen, die von jungen Physikern geleitet werden. Wissenschaftlich sind sie<br />

jeweils mit einer Abteilung verbunden und verbreitern deren Themenfeld.<br />

Am <strong>Institut</strong> arbeiten etwa 460 Personen, davon 130 Wissenschaftler und 110 Doktoranden,<br />

25 Diplomanden, Bachelor- und Masterstudenten und 20 Gastwissenschaftler.<br />

2 3


UNIVERSUM<br />

BEI HOHEN<br />

ENERGIEN<br />

Gammastrahlenquellen entlang der Milchstraße, entdeckt<br />

von den H.E.S.S.­Tscherenkow­Teleskopen in Namibia.<br />

Wie funktionieren kosmische Beschleuniger?<br />

Welche kosmischen Objekte sind Quellen hochenergetischer Gammastrahlung?<br />

Warum besteht das Universum aus Materie und nicht aus Antimaterie?<br />

Kosmische Beschleuniger – Astronomie bei höchsten Energien<br />

Auf dem Gebiet der Hochenergieastrophysik arbeiten am MPIK Experimentatoren mit<br />

Erfahrung in der Teilchenphysik eng mit mehr theoretisch orientierten Astrophysikern<br />

zusammen. Mit dem High-Energy Stereoscopic System H.E.S.S. beobachten sie höchstenergetische<br />

(VHE) Gammastrahlen aus dem Kosmos, um damit nicht-thermische<br />

Phänomene im Universum zu studieren, und erforschen die Beschleunigungsmechanismen<br />

in den kosmischen Quellen hochenergetischer Teilchen.<br />

Anders als die elektromagnetische Strahlung in den meisten anderen Wellenlängenbereichen<br />

können Teilchen im VHE-Bereich nicht thermisch erzeugt werden; nur im Urknall<br />

waren die Temperaturen kurzzeitig hoch genug. Man geht davon aus, dass stattdessen<br />

kollektive nicht-thermische Mechanismen <strong>für</strong> die Beschleunigung verantwortlich sind:<br />

Geladene Teilchen gewinnen zunehmend Energie, indem sie immer wieder in die Schockfront<br />

gigantischer Schockwellen von Supernovaexplosionen oder in die Plasmajets aus<br />

der unmittelbaren Umgebung Schwarzer Löcher in den Zentren aktiver Galaxien zurück<br />

diffundieren. Am <strong>Institut</strong> wird daran gearbeitet, die Vorgänge in den unterschiedlichen<br />

Typen von kosmischen Beschleunigern zu modellieren und theoretisch zu beschreiben.<br />

Die auf der Erde beobachteten VHE-Gammastrahlen entstehen, wenn die beschleunigten<br />

geladenen Teilchen mit dem umgebenden Medium reagieren – entweder interstellares<br />

Gas oder Strahlungsfelder. Im Gegensatz zu den geladenen Teilchen breiten sich die<br />

Gammastrahlen geradlinig von der Quelle zum Beobachter aus und ermöglichen so, die<br />

Quellen abzubilden und die Vorgänge in der Beschleunigungsregion zu untersuchen.<br />

Seit ihrer Inbetriebnahme Anfang 2004 haben die H.E.S.S.-Teleskope mehr als 60<br />

VHE-Gammaquellen entlang der Milchstraße wie Supernovaüberreste oder Pulsarwindnebel<br />

entdeckt, die auch in anderen Wellenbändern von Radiowellen bis Röntgenstrahlen<br />

sichtbar sind. Daneben gibt es eine Reihe unidentifizierter, sogenannter dunkler<br />

Quellen. Besonders interessant ist das Zentrum der Milchstraße mit dem supermassiven<br />

Schwarzen Loch, das mittlerweile als Gammastrahlenquelle identifiziert ist. Außerhalb<br />

10<br />

-10<br />

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Astroteilchenphysik<br />

-50 0<br />

-10<br />

-60 -40 -20 0 20<br />

-100 -50 0<br />

Flugbahn eines geladenen Teilchens<br />

an einer relativistischen<br />

Schockfront.<br />

5


Universum bei hohen Energien<br />

Beobachtung von Gammastrahlen.<br />

der Milchstraße erscheinen Galaxien mit aktiven Kernen, Starburst- und Radiogalaxien<br />

als schwache Objekte im VHE-Gammalicht. Um die Objekte zu verstehen, müssen alle<br />

Wellenlängenbereiche betrachtet werden.<br />

Die an der Erzeugung von Gammastrahlen beteiligte interstellare Materie zeigt sich<br />

im Infrarotlicht. Modelle <strong>für</strong> die kombinierte Analyse des direkten UV/sichtbaren Lichts<br />

von Galaxien und des indirekten Infrarots werden am MPIK entwickelt und angewandt.<br />

Tscherenkow-Teleskope<br />

VHE-Gammastrahlen aus dem Weltraum – eine Billion mal energiereicher als<br />

sichtbares Licht – erreichen die Erdoberfläche nicht. Trotzdem können sie am Boden<br />

registriert werden, mit der Atmosphäre als Detektor. Beim Eintritt in die Atmosphäre<br />

stoßen die Gammaquanten mit Molekülen zusammen, wobei Kaskaden<br />

geladener Sekundärteilchen, sogenannte Teilchenschauer entstehen. Diese emittieren<br />

extrem kurze bläuliche Lichtblitze (Tscherenkow-Licht), die am Boden eine<br />

Fläche von ~250 m Durchmesser beleuchten und in dunklen mondlosen Nächten<br />

mit großen Spiegelteleskopen und schnellen Lichtsensoren beobachtbar sind. Stereoskopische<br />

gleichzeitige Beobachtung mit mehreren Teleskopen ermöglicht es,<br />

die genaue Richtung zu ermitteln, aus der die Teilchenschauer kommen.<br />

Das High-Energy Stereoscopic System H.E.S.S. besteht aus vier baugleichen<br />

Teleskopen mit 107 m 2 Spiegelfläche, aufgestellt an den Ecken eines Quadrats mit<br />

120 m Kantenlänge. Die „Kamera“ – eine Matrix aus 960 Lichtsensoren – im Fokus<br />

jedes Spiegels hat ein großes Blickfeld. Damit ist H.E.S.S. besonders <strong>für</strong> Himmelsdurchmusterungen<br />

geeignet. H.E.S.S. konnte als erstes Instrument einen Supernovaüberrest<br />

im VHE-Gammalicht aufgelöst abbilden. In der Mitte des Quadrats steht<br />

ein fünftes, riesiges Teleskop mit 600 m 2 Spiegelfläche kurz vor der Fertigstellung.<br />

Es wird die Empfindlichkeit des Systems stark erhöhen und den beobachtbaren<br />

Energiebereich zu niedrigeren Energien ausdehnen. Der Standort auf der Südhalbkugel<br />

in Namibia ermöglicht einen direkten Blick in das Zentrum der Milchstraße.<br />

Als nächste Instrumentengeneration <strong>für</strong> die VHE-Gammastrahlen-Astronomie<br />

ist bereits CTA, Cherenkov Telescope Array, in Vorbereitung.<br />

Bau des neuen H.E.S.S. II-Teleskops zwischen den H.E.S.S. I-Teleskopen.<br />

Materie und Antimaterie – Suche nach dem entscheidenden Unterschied<br />

Astroteilchenphysik<br />

Heute besteht das gesamte sichtbare Universum aus<br />

Materie, nicht aus Antimaterie. Weil im Urknall gleich viele<br />

Teilchen und Antiteilchen entstanden sind, muss es einen<br />

grundlegenden Unterschied zwischen ihnen geben. Sonst<br />

hätten sie sich komplett vernichtet, und das Universum<br />

bestünde aus reiner Strahlung. Das LHCb-Experiment am<br />

Large Hadron Collider (LHC) des CERN versucht dieses<br />

Rätsel zu lösen und sucht nach Physik jenseits des etablierten<br />

Standardmodells. In seltenen Zerfällen schwerer<br />

Quarks zeigten sich erste Hinweise auf unterschiedliches<br />

Verhalten von Teilchen und Antiteilchen. 2011 begann<br />

LHCb mit der Suche nach „neuer Physik“ in B-Meson-<br />

Zerfällen. Physiker und Elektroniker am MPIK haben<br />

strahlungsfeste Elektronikkomponenten entwickelt, gebaut<br />

Darstellung eines Teilchenschauers im LHCb­Detektor, der von<br />

und getestet, die im LHCb-Detektor die Spuren geladener<br />

einer Proton­Proton­Kollision im LHC ausgeht.<br />

Teilchen aufzeichnen. Jetzt beteiligen sich die Forscher an<br />

der Datenanalyse, die fortschrittliche Methoden erfordert.<br />

Am MPIK wird auch an der Präparation ultrakalter negativer Ionen gearbeitet, um<br />

Antiprotonen zu kühlen, die erforderlich sind, um kalten Antiwasserstoff durch Rekombination<br />

mit Positronen herzustellen. Damit können die Eigenschaften von Antimaterie<br />

direkt präzise gemessen werden, z. B. deren freier Fall durch Schwerkraft. Zum Test grundlegender<br />

Symmetrien lassen sich an einzelnen, bei tiefer Temperatur in einer Penningfalle<br />

gefangenen Protonen oder Antiprotonen deren magnetische Momente genau bestimmen.<br />

Das frühe Universum – Elementarteilchen bei höchsten Energien<br />

Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik sagt Materie-Antimaterie-Asymmetrie<br />

voraus, jedoch um viele Größenordnungen zu wenig, um den beobachteten Materieüberschuss<br />

im Universum zu erklären. Das überzeugendste bisher vorgeschlagene Szenario<br />

ist die sogenannte Leptogenese, die von Theoretikern am MPIK mit ab-initio Methoden<br />

auf Grundlage der Nichtgleichgewichts-Quantenfeldtheorie untersucht wird. Dabei spielt<br />

der Zerfall schwerer Neutrinos eine Schlüsselrolle. Deren Existenz erklärt die kleinen,<br />

aber von Null verschiedenen Massen der leichten Neutrinos. Im Kontext derzeitiger und<br />

zukünftiger Experimente der Teilchenphysik sowie der Kosmologie werden Supersymmetrie<br />

und eine große vereinheitlichte Theorie studiert. Neutrinomassen und Dunkle Materie<br />

(DM) wie auch theoretische Unzulänglichkeiten verlangen eine Erweiterung des Standardmodells,<br />

das nur bis zu einer bestimmten Energie gültig zu sein scheint, ab der „neue<br />

Physik“ ins Spiel kommt. Bei Paar-Annihilationen von DM-Teilchen z. B. im Zentrum der<br />

Milchstraße könnten hochenergetische Neutrinos entstehen und zum Nachweis der DM<br />

genutzt werden. Eine andere Frage ist, inwieweit verschiedene Quellen hochenergetischer<br />

Neutrinos bei Messungen mit Neutrinoteleskopen unterschieden werden können.<br />

Die ersten 3 Minuten des Alls.<br />

6 7


DER<br />

URSPRUNG<br />

DER MATERIE Die<br />

Das “Bullet Cluster”: Gravitationslinsen in dieser kosmischen<br />

Kollision zeigen die Anwesenheit Dunkler Materie.<br />

Woraus besteht Dunkle Materie und wie kann man sie finden?<br />

Sind Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen?<br />

Wie groß ist ihre Masse und wie wandeln sie sich ineinander um?<br />

Dunkle Materie – Strukturbildner im Universum<br />

Kosmologische Beobachtungen wie der Umlauf der Sterne in Galaxien, Graviationslinsen<br />

in Galaxienclustern oder der kosmische Mikrowellenhintergrund legen es nahe, dass das<br />

Universum zu etwa 23% aus Dunkler Materie besteht, während der Anteil normaler sichtbarer<br />

Materie nur etwa 4% beträgt. Der Rest ist die mysteriöse Dunkle Energie, die <strong>für</strong> die<br />

beobachtete beschleunigte Ausdehnung des Universums verantwortlich ist.<br />

Aufgrund theoretischer Überlegungen sind schwach wechselwirkende schwere<br />

Teilchen, WIMPs, die vielversprechendsten Kandidaten <strong>für</strong> Dunkle Materie, da solche<br />

Teilchen im frühen Universum in der erforderlichen Menge entstanden sein sollten. Die<br />

Forscher betrachten aber auch „sterile Neutrinos“ oder nur gravitativ wechselwirkende<br />

Teilchen. Das führt zu möglichen Erweiterungen des Standardmodells der Elementarteilchenphysik.<br />

Außerdem werden die Daten verschiedener Experimente im Zusammenhang<br />

analysiert, um deren Widersprüche aufzuklären.<br />

Das MPIK beteiligt sich an der Suche nach WIMPs mit<br />

dem XENON100- und dem künftigen XENON1T-Experiment<br />

im Gran-Sasso-Untergrundlabor in Italien, die hochreines<br />

flüssiges Xenon als Detektormedium verwenden.<br />

Der XENON100-Detektor ist in der Lage, sowohl das<br />

Szintillationslicht als auch die elektrische Ladung korreliert<br />

zu messen, die bei den seltenen Stößen von WIMPs<br />

mit Xe-Atomen entstehen. Die Empfindlichkeit wird<br />

wesentlich höher sein mit dem XENON1T-Detektor, der<br />

die 10-fache Menge an Xe verwenden und noch besser<br />

abgeschirmt sein wird.<br />

Außerdem suchen die H.E.S.S.-Teleskope nach hochenergetischen<br />

Gammastrahlen, die durch Annihilation von<br />

Dunkler Materie im DM-Halo der Milchstraße entstehen.<br />

Lichtsensoren im XENON100 Detektor.<br />

Astroteilchenphysik<br />

9


Der Ursprung der Materie<br />

Die Schemazeichnung des Germanium-Spektrometers<br />

GIOVE zeigt die<br />

Schichten abschirmenden Materials.<br />

Das GERDA Doppelbetazerfall­Experiment.<br />

Low-Level-Techniken<br />

Bei Experimenten, die seltene Ereignisse suchen, spielen Identifizierung und<br />

Reduktion des Untergrunds eine entscheidende Rolle. Das MPIK hat jahrzehntelange<br />

Erfahrung und Expertise mit Low-Level-Techniken. Das Untergrundlabor des<br />

<strong>Institut</strong>s ist gegen kosmische Strahlung abgeschirmt und bietet ideale Bedingungen<br />

<strong>für</strong> die Entwicklung von Detektoren <strong>für</strong> Experimente mit niedrigem Untergrund.<br />

Hochempfindliche Gammaspektrometer und Proportionalzähler dienen der Überprüfung<br />

von Materialien auf radioaktive Verunreinigungen und sind die Basis von<br />

Analysetechniken <strong>für</strong> sehr niedrige Konzentrationen von Radioisotopen wie 85 Kr.<br />

Das natürlich vorkommende radioaktive Radonisotop 222 Rn ist eine der am<br />

meisten störenden Verunreinigungen. Es kann mit der mobilen Radonextraktionsapparatur<br />

MoREx selbst aus großen gasförmigen oder flüssigen Proben effizient<br />

entfernt werden. Ultrareiner Stickstoff, Argon und Xenon sind <strong>für</strong> Neutrino- und<br />

Dunkle-Materie-Detektoren sowie <strong>für</strong> Doppelbetazerfallsexperimente wesentlich.<br />

Wissenschaftler des MPIK haben den flüssigen gadoliniumhaltigen Szintillator<br />

<strong>für</strong> den Neutrinodetektor Double Chooz entwickelt. Die Lichtsensoren <strong>für</strong> den<br />

Nachweis des bei den seltenen Stößen von Neutrinos oder Dunkle-Materie-Teilchen<br />

mit Atomen der Detektorflüssigkeiten erzeugten Szintillationslichts werden<br />

in einem speziellen Teststand charakterisiert.<br />

Neutrinos – Teilchen mit verblüffenden Eigenschaften<br />

Neutrinos sind elektrisch neutrale Elementarteilchen mit winziger Masse,<br />

von denen es drei Sorten, sogenannte Flavours, gibt. Neben Photonen sind<br />

sie die häufigsten Teilchen im Universum, aber wir bemerken sie nicht, weil<br />

sie nur selten mit Materie wechselwirken. Ihr Nachweis erfordert große,<br />

empfindliche Detektoren mit bester Abschirmung gegen Untergrundsignale.<br />

Das GERDA-Experiment im Gran-Sasso-Untergrundlabor sucht nach<br />

dem neutrinolosen Doppelbetazerfall in reinen, mit dem Isotop 76 Ge angereicherten,<br />

Germaniumkristallen. Falls er möglich ist, ist der neutrinolose<br />

Doppelbetazerfall extrem selten. Wenn man ihn findet, bedeutet das, dass<br />

Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen – sogenannte Majorana-Teilchen –<br />

sind, mit beträchtlichen theoretischen Konsequenzen. Kandidaten <strong>für</strong> den<br />

umgekehrten Prozess, den neutrinolosen doppelten Elektroneinfang, werden<br />

durch präzise Messung ihrer Masse und der ihrer Tochternuklide geprüft.<br />

GERDA wird auch Informationen über die Ruhemasse der Neutrinos<br />

liefern, <strong>für</strong> die bisher nur Obergrenzen und Differenzen bekannt sind. Ein<br />

anderer Ansatz zur Bestimmung der Neutrinomasse ist die extrem genaue<br />

Messung der Massendifferenz zwischen 3 H (Tritium) und 3 He zusammen<br />

mit dem KATRIN-Experiment.<br />

Der periodische Wechsel zwischen den drei Neutrinosorten Elektron-,<br />

Myon- und Tauon-Neutrino („Neutrino-Oszillationen“) wird durch soge-<br />

nannte Mischungswinkel beschrieben. Das Double-Chooz-<br />

Experiment verwendet Elektron-Antineutrinos aus einem<br />

Kernkraftwerk in Frankreich, um den noch unbekannten<br />

der drei Mischungswinkel zu messen. Die beiden gleichartigen<br />

Detektoren in verschiedenen Abständen von den<br />

Reaktoren sehen nur Elektron-Antineutrinos, deren Zahl<br />

vom nahen zum fernen Detektor durch die Oszillationen<br />

abnehmen sollte. Zur Simulation zukünftiger hochpräziser<br />

Neutrino-Oszillationsexperimente wurde die Software<br />

GLoBES entwickelt.<br />

Seit 2007 erforscht das Borexino-Experiment niederenergetische<br />

Neutrinos von der Sonne und der Erde.<br />

Der Blick in Echtzeit in den Kern der Sonne trägt zum<br />

Verständnis der Fusionsprozesse in Sternen bei und liefert<br />

wertvolle Informationen zu Neutrino-Oszillationen. Nachgewiesene<br />

Geoneutrinos stammen von radioaktivem Zerfall<br />

im Erdinneren, der erheblich zur Erdwärme beiträgt.<br />

Der Ursprung von Masse – Physik jenseits des Standardmodells<br />

Astroteilchenphysik<br />

Die Lage von Double Chooz mit Skizzen der Detektoren.<br />

Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik beschreibt das Verhalten aller bekannten<br />

Elementarteilchen (und entsprechenden Antiteilchen): je 6 Quarks (aus denen Protonen<br />

und Neutronen bestehen) und Leptonen (u. a. Elektronen und Neutrinos). Dazu kommen<br />

4 Eichbosonen (darunter Photonen und Gluonen), die Wechselwirkungen der Teilchen<br />

vermitteln, und das experimentell noch nicht nachgewiesene Higgs-Boson. Maschinen<br />

wie der Large Hadron Collider (LHC) versuchen den Mechanismus der elektroschwachen<br />

Symmetriebrechung aufzuklären, der den Elementarteilchen ihre Massen gibt. Sie sollten<br />

entweder den seit Langem theoretisch postulierten Higgs-Sektor des Standardmodells der<br />

Teilchenphysik oder einen alternativen Mechanismus <strong>für</strong> die Symmetriebrechung finden.<br />

Der Nachweis von Neutrinomassen lieferte den ersten<br />

klaren Hinweis auf „neue Physik“ jenseits des Standardmodells.<br />

Dazu kommen kosmologische Indizien <strong>für</strong> die<br />

Existenz Dunkler Energie und DM, denn es gibt keine<br />

solchen Teilchen oder Felder im Standardmodell.<br />

Der Ursprung von Neutrinomassen und -mischungen<br />

wird am MPIK mit grundlegenden theoretischen und<br />

phänomenologischen Studien erforscht. Dass Neutrinos<br />

so leicht sind, erklärt der „Seesaw“-Mechanismus anhand<br />

neuer schwerer Teilchen, die in der Tat von vielen Theorien<br />

jenseits des Standardmodells vorhergesagt werden. Ihr<br />

Zerfall im frühen Universum kann zu der beobachteten<br />

Materie/Antimaterie-Asymmetrie führen. Gesamtziel ist<br />

ein tieferes Verständnis der fundamentalen Naturgesetze.<br />

Elementarteilchen und ihre Massen.<br />

10 11


IONEN FÜR<br />

HÖCHSTE<br />

PR ÄZISION<br />

Aufbau von Ionenoptik und thermischen Schilden<br />

im neuen ultrakalten Speicherring CSR.<br />

Kerne – Synthese und Struktur<br />

Was können wir aus der exakten Masse von Kernen lernen?<br />

Welchen Einfluss hat die Struktur des Vakuums?<br />

Welche Eigenschaften haben hochgeladene Ionen?<br />

Die chemische Zusammensetzung unseres Universums weist überraschende Besonderheiten<br />

auf: Die Sonne besteht hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium; Eisen ist auf der<br />

Erde viel häufiger als schwere Elemente wie Gold. Die Nukleosynthese durch Fusions-<br />

und Einfangprozesse folgt Reaktionswegen, die teils noch unverstanden sind. Während<br />

Kernfusion bis Eisen führt, werden schwerere Elemente durch Einfang von Protonen oder<br />

Neutronen unter extremen Bedingungen wie in Supernovaexplosionen oder in Akkretionsscheiben<br />

um Schwarze Löcher oder Neutronensterne erzeugt.<br />

Basierend auf Einsteins Prinzip der<br />

Masse-Energie-Äquivalenz werden am<br />

MPIK mittels hochpräziser Massenmessungen<br />

an Nukliden Kernbindungsenergien<br />

bestimmt, die <strong>für</strong> Reaktionswege<br />

der Nukleosynthese entscheidend sind.<br />

Direkte Massenbestimmung superschwerer<br />

Nuklide überbrückt die Lücke<br />

zur theoretisch vorhergesagten Insel der<br />

Stabilität. Ionenfallen- und Speicherring-Massenspektrometer<br />

ermöglichen<br />

zudem, neue Radionuklide einzufangen<br />

und zu identifizieren. So wurde mit<br />

einer Penningfalle ein neues Radonisotop,<br />

229 Rn, entdeckt. Weiterhin liefern<br />

hochpräzise Massenwerte einen Einblick<br />

in die Struktur exotischer Nuklide wie<br />

Halos (locker gebundene Nukleonen),<br />

Deformation und Schalenabschlüsse.<br />

Quantendynamik<br />

Der Farbcode der Nuklidkarte zeigt die Bindungsenergie pro Nukleon: die stabilsten<br />

Nuklide rund um Eisen sind dunkelblau dargestellt.<br />

13


Ionen <strong>für</strong> Höchste Präzision<br />

Die PENTATRAP Penningfalle.<br />

Fallen, Speicherringe und Beschleuniger<br />

Am MPIK werden leistungsfähige Techniken in einzigartiger Weise kombiniert, um<br />

Ionen <strong>für</strong> Präzisionsstudien zu präparieren – vielfach bei sehr tiefer Temperatur.<br />

In Fallen können Ionen durch die Überlagerung elektrischer und magnetischer<br />

Felder in extremem Vakuum gespeichert werden. In einer Penningfalle lässt sich<br />

ein einzelnes Ion speichern, das darin eine charakteristische oszillierende Kreisbewegung<br />

ausführt. Ionenmasse und weitere Eigenschaften folgen aus der Frequenz,<br />

sofern Ladungszustand und Magnetfeldstärke bekannt sind, selbst bei nur Millisekunden<br />

lebenden exotischen Teilchen. Penningfallen-Massenspektrometer<br />

werden am MPIK und an Einrichtungen z. B. der GSI und des CERN betrieben.<br />

In einer Elektronenstrahl-Ionenfalle (EBIT) werden durch Beschuss mit energiereichen<br />

Elektronen hochgeladene Ionen erzeugt, eingefangen und auf mehrere<br />

Millionen Grad aufgeheizt. Sowohl in stationären als auch mobilen EBITs wird<br />

atomare Materie unter extremen Bedingungen erzeugt und untersucht, wo<strong>für</strong><br />

eine Reihe präziser spektroskopischer Instrumente zum Einsatz kommt.<br />

Für die Forschung mit schnellen Ionenstrahlen betreibt das MPIK eigene<br />

Beschleunigeranlagen, die zum Teil am <strong>Institut</strong> entwickelt und gebaut wurden.<br />

Der MP-Tandem-Beschleuniger mit dem HF-Linear-Nachbeschleuniger sowie der<br />

Hochstrominjektor und ein Van-de-Graaff-Generator können Ionen nahezu aller<br />

Elemente und kleine Molekülionen in den Schwerionenspeicherring TSR einspeisen.<br />

Der TSR ist ein magnetischer Speicherring mit 55 m Umfang und einem Elektronenkühler<br />

zur Erzeugung kalter Ionenstrahlen. Dies erlaubt eine genau definierte<br />

Präparation der gespeicherten Ionen <strong>für</strong> Präzisionsexperimente in der Atom- und<br />

Molekülphysik. In den Ring können verschiedene Instrumente integriert werden.<br />

Im elektrostatischen kryogenen Speicherring CSR wird es erstmals möglich<br />

sein, kalte Molekülionen jeglicher Größe und hochgeladene Ionen fast völlig ohne<br />

Einfluss der Umgebung zu untersuchen. Das wird durch extrem niedrigen Druck<br />

Mobile EBIT bei Messungen an der LCLS in Stanford.<br />

und Temperatur im Ring erreicht. Die Technologie wurde zuvor mit einer ultrakalten<br />

elektrostatischen Falle (CTF) getestet, die jetzt <strong>für</strong> Experimente z. B. an Clusterionen<br />

Verwendung findet. Das innovative mechanische Konzept des CSR wurde in<br />

enger Zusammenarbeit mit dem Konstruktionsbüro und der Feinmechanik-Werkstatt<br />

des MPIK entwickelt und realisiert.<br />

Quantenelektrodynamik – hochpräzise Theorie und Tests<br />

Die moderne Physik basiert auf der Theorie der Elementarteilchen und ihrer Wechselwirkungen.<br />

Elektromagnetismus wird von der Quantenfeldtheorie als Austausch sogenannter<br />

virtueller Photonen zwischen geladenen Teilchen beschrieben. Eine andere Folge dieser<br />

Quantenelektrodynamik (QED) ist die Tatsache, dass es keinen leeren Raum gibt, d. h.<br />

das Vakuum mit virtuellen Teilchen gefüllt ist. Obwohl sie – bedingt durch die Quantenunschärfe<br />

– nur <strong>für</strong> sehr kurze Zeitspannen existieren dürfen, kann mit Hochpräzisionsexperimenten<br />

die Anwesenheit einer durchschnittlichen Anzahl virtueller Teilchen<br />

nachgewiesen werden. Zugleich ist die QED die am besten getestete Theorie der Physik.<br />

Am ausgeprägtesten sind die Effekte in sehr starken Feldern wie in hochgeladenen<br />

Ionen; sie werden mit extrem genauen Messungen der Bindungsenergie von Elektronen<br />

oder der Lebensdauer angeregter elektronischer Zustände untersucht. Die Experimente<br />

am MPIK nutzen gefangene Ionen und Elektronenstrahlen in einer EBIT oder einem Speicherring.<br />

Theoretiker des <strong>Institut</strong>s führen QED-Rechnungen höherer Ordnung, speziell<br />

<strong>für</strong> Mehrteilcheneffekte, in enger Zusammenarbeit mit den Experimentatoren durch.<br />

Andere QED-Effekte betreffen die magnetischen Eigenschaften geladener Teilchen. An<br />

einzelnen Ionen leichter Elemente mit nur einem Elektron in einer Penningfalle kann das<br />

magnetische Moment eines gebundenen Elektrons sehr genau gemessen werden. Dies<br />

ermöglicht nicht nur, die QED-Vorhersagen <strong>für</strong> gebundene Zustände präzise zu überprüfen,<br />

sondern auch Naturkonstanten wie die Elektronenmasse genauestens zu bestimmen.<br />

Hochgeladene Ionen – Materie unter extremen Bedingungen<br />

Hochgeladene Ionen finden sich in mehr als eine Million Grad heißen Umgebungen:<br />

Atmosphären und Kerne von Sternen, Supernovaüberreste, Akkretionsscheiben<br />

um Neutronensterne oder Schwarze Löcher oder das bisher<br />

weitgehend unerforschte warm-heiße intergalaktische Medium. Man geht<br />

davon aus, dass die meiste sichtbare Materie im Universum hoch ionisiert<br />

ist. Die Analyse des beobachteten Lichts (sichtbar, UV, Röntgen) erfordert<br />

theoretische Unterstützung durch Strukturberechnungen, die jedoch oft<br />

nicht genau genug sind, um z. B. die Temperatur des heißen Mediums zu<br />

bestimmen. Hochpräzisions-Spektroskopie an kontrolliert erzeugten hochgeladenen<br />

Ionen in einer EBIT liefert direkte experimentelle Information.<br />

Diese Messungen reproduzieren z. B. die Photoionisation von Fe 14+ - und<br />

Fe 15+ -Ionen in Akkretionsscheiben im Labor und liefern sehr genaue Daten,<br />

mit denen die theoretischen Modelle getestet werden können.<br />

Quantendynamik<br />

Vakuumfluktuationen: virtuelle<br />

Paarerzeugung und ­vernichtung<br />

Spektrum von Fe 15+ ­Ionen, wie sie in Akkretionsscheiben<br />

vorkommen.<br />

14 15


BILDER<br />

AUS DEM<br />

MIKROKOSMOS Eine<br />

Mit der CAMP­Apparatur gemessenes FEL­Röntgenbeugungsbild<br />

eines Mimivirus und seine Struktur.<br />

Was passiert bei Kollisionen von Atomen oder Molekülen?<br />

Wie bilden sich Moleküle im Weltraum?<br />

Wie können Molekülreaktionen beobachtet und gesteuert werden?<br />

Atomare und molekulare Stöße – Abbildung der Fragmente<br />

Quantendynamik<br />

Korrelierte Quantendynamik ist aktuell eine der großen Herausforderungen <strong>für</strong> die<br />

Forschung. Wissenschaftler am MPIK erforschen die grundlegenden Prinzipien der<br />

Quantendynamik, ausgehend von einer begrenzten Anzahl weniger wechselwirkender<br />

Teilchen in Atomen und Molekülen und mit ersten spannenden Ergebnissen an komplexeren<br />

endlichen Quantensystemen wie Clustern oder sogar großen biologischen Systemen.<br />

Stöße geladener Teilchen (Elektronen, Ionen) mit Atomen, Molekülen, Clustern<br />

und Oberflächen eröffnen einen Zugang zu Quantensystemen. Am MPIK entwickelte<br />

neuartige multi-koinzidente Abbildungstechniken liefern umfassende Informationen zur<br />

Mehrteilchendynamik. So erlaubt die Untersuchung von Einfach- und Doppelionisation<br />

durch Elektron- oder Positronbeschuss bei vollständiger Erfassung der emittierten Elektronen<br />

einen Test der Theorien <strong>für</strong> die einfachsten 3- bzw. 4-Teilchenreaktionen.<br />

Detaillierte Studien der Reaktionsdynamik erfordern<br />

hohe instrumentelle Auflösung sowie kalte Targets und<br />

Projektile. Sonst würden die Bilder durch thermische<br />

Bewegung verwackelt. Ein neuer Aufbau kombiniert dazu<br />

die Kühlung im TSR mit einer magneto-optischen Falle.<br />

Die Quantenphysik von Molekülen hat vielfältige Auswirkungen<br />

und bestimmt das Produkt aller Arten von<br />

chemischen Reaktionen. Forscher am MPIK untersuchen<br />

molekulare Systeme und ihre Wechselwirkungen unter<br />

strikt kontrollierten Bedingungen mit verschiedenen, sich<br />

ergänzenden Methoden. Besonders leistungsfähig ist hier<br />

Fragment-Spektroskopie mit gespeicherten und gekühlten<br />

schnellen Ionenstrahlen (z. B. im TSR): Moleküle werden<br />

von Elektronen gespalten und die Fragmente einzelner<br />

Ereignisse beobachtet und abgebildet.<br />

magneto­optische Falle, integriert in ein Reaktionsmikroskop.<br />

17


Bilder aus dem Mikrokosmos<br />

Das Puzzle der kosmischen Chemie in interstellaren Wolken.<br />

Schema eines Reaktionsmikroskops.<br />

Eine ungelöste Frage ist die Bildung organischer Verbindungen<br />

in interstellaren Wolken. Diese komplexe<br />

Chemie basiert auf Ionen und Radikalen, die in Stößen mit<br />

Photonen und kalten Elektronen entstehen. Der Aufbruch<br />

von Molekülen nach Einfang eines Elektrons („dissoziative<br />

Rekombination“) wird im TSR genau untersucht. Dabei<br />

+ spielt das H -Molekül eine Schlüsselrolle. Ein anderes<br />

3<br />

Beispiel ist die dissoziative Rekombination von Hydronium,<br />

bei der heiße, aber langsame Wassermoleküle entstehen –<br />

die Reaktionsenergie wird auf Molekül-Schwingungen und<br />

-Rotationen übertragen. Das erklärt die beobachtete Infrarotstrahlung<br />

heißer Wassermoleküle auf Kometen.<br />

Der Ladungsaustausch in Stößen von aus einer EBIT<br />

extrahierten hochgeladenen Ionen mit neutralen Atomen<br />

wird im Reaktionsmikroskop untersucht. Im TSR kollidieren<br />

intensive, energiearme Elektronenstrahlen mit hochgeladenen<br />

Ionen unter den Bedingungen astrophysikalischer<br />

Plasmen, die von Röntgenstrahlen aufgeheizt sind.<br />

Reaktionsmikroskope und andere abbildende Systeme<br />

Reaktionsmikroskope (REMI) – „die Blasenkammern der Atom- und Molekülphysik“<br />

– wurden am MPIK entwickelt und werden ständig weiter verbessert. Ultrastarke<br />

Laserpulse oder ein Teilchenstrahl zerbrechen einfache Moleküle. Die Fragment-Ionen<br />

und Elektronen werden mit Hilfe elektrischer und magnetischer Felder<br />

eingefangen und mit großflächigen zeit- und ortsempfindlichen Detektoren registriert.<br />

Aus den rekonstruierten Flugbahnen der Fragmente können ihre vollständigen<br />

Impulsvektoren abgeleitet werden („kinematisch vollständige Experimente“).<br />

Kürzlich wurde ein neues REMI mit ultrakalten Lithiumatomen als Target in einer<br />

magneto-optischen Falle (MOT) in den TSR integriert. Die Instrumente werden im<br />

Haus und an externen Lichtquellen wie Freie-Elektronen-Lasern (FEL) eingesetzt.<br />

Weitere REMIs dienen Experimenten mit einzelnen Attosekundenpulsen am MPIK<br />

und anderen <strong>Institut</strong>en. Sowohl neutrale als auch geladene Fragmente schneller<br />

Ionenstrahlen, die mit energiereichen Photonen wechselwirken, werden in Koinzidenz<br />

vom TIFF-Aufbau abbildend detektiert.<br />

Die technologische Entwicklung gipfelt im CFEL-ASG Multi-Purpose (CAMP)<br />

Instrument. Sein einzigartiges Merkmal ist die simultane Impuls-Abbildung der<br />

ausgestoßenen Ionen, Elektronen und Photonen. Da<strong>für</strong> wurden großflächige<br />

Lichtsensoren, pnCCDs, eingebaut. Entwicklung und Betrieb von CAMP sind ein<br />

Gemeinschaftsprojekt der vom MPIK geführten <strong>Max</strong> <strong>Planck</strong> Advanced Study Group<br />

(MP-ASG) am Center for Free Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg.<br />

Ferner identifiziert ein Siliziumstreifendetektor neutrale Fragmente schneller<br />

Molekülionenstrahlen im TSR und misst ihre Geschwindigkeiten.<br />

Das Ultraschnelle erkunden – Elektronen-Holografie und Moleküldynamik<br />

Seit den Anfängen der Quantenmechanik träumen Physiker davon, der korrelierten<br />

Bewegung von Elektronen in Atomen und Molekülen zuzuschauen. Dies ist aber schwierig,<br />

denn eine einfache Abschätzung zeigt, dass sich Elektronen auf Zeitskalen von zehn Attosekunden<br />

(1 as = 10 –18 s) in den äußeren Schalen von Atomen oder Molekülen bewegen.<br />

Zeitaufgelöste Experimente beruhen auf ultrakurzen Laserpulsen, mit denen die<br />

atomare oder molekulare Dynamik extrem präzise gesteuert werden kann. Elektronen, die<br />

durch ein starkes Laserfeld von einem Atom getrennt und hin- und hergetrieben werden,<br />

kehren zu ihrem Mutterion zurück und sondieren dabei seine Struktur. Die Wellennatur<br />

des Elektrons erzeugt Interferenzeffekte wie in einem Hologramm, dessen Auswertung<br />

die zeitabhängige Wechselwirkung mit den restlichen Elektronen des Atoms ergibt.<br />

Meist wird eine ‚Pump-Probe‘-Anordnung eingesetzt, d. h. der erste ‚Pump‘-Laserpuls<br />

präpariert das System in der gewünschten Weise und startet die zeitliche Entwicklung,<br />

die dann vom zweiten Laserpuls abgetastet wird. So können Molekülbewegungen wie<br />

Schwingung und Rotation verfolgt und mit Filmen die Dynamik dieser Quantensysteme<br />

veranschaulicht werden. Die Beobachtung chemischer Reaktionen in Echtzeit bei Femtosekundenauflösung<br />

ist eines der vielversprechendsten Forschungsgebiete an FELs. In<br />

Kombination mit der REMI-Technologie konnte sogar die ultrakurze Zeitspanne bestimmt<br />

werden, die eine Isomerisierung – die Umlagerung von Atomen innerhalb eines Moleküls<br />

– benötigt, die auch im Sehvorgang oder bei der Photosynthese eine wichtige Rolle spielt.<br />

Die hohen Intensitäten von FELs ermöglichen außerdem Mehrphotonenprozesse in<br />

Atomen oder sogar Kernen im UV- und Röntgenbereich.<br />

Die Röntgen-Revolution – Abbildung komplexer Strukturen<br />

Quantendynamik<br />

Berechnetes Hologramm eines<br />

Elektrons aus einem He­Atom.<br />

Eines der höchsten Ziele der Forschung an Röntgen-FELs ist es, die atomare Struktur<br />

nicht kristallisierbarer Biomoleküle oder von Komplexen wie Membranproteinen,<br />

Bakterien, Viren oder Zellen zu bestimmen. Zeitaufgelöste Messungen sollen biologische<br />

oder biochemische Vorgänge beobachten. Die Studien dienen nicht nur dazu, die biologische<br />

Funktionsweise dieser Einheiten zu verstehen, sondern tragen auch zur<br />

Entwicklung neuartiger Medikamente bei.<br />

Das Prinzip besteht darin, ein einzelnes Molekül, Cluster oder Virus mit<br />

vielen Röntgenphotonen in einem ultrakurzen Puls zu beleuchten, um in der<br />

kurzen Zeitspanne bevor das Objekt zerstört wird mit einem einzigen Schuss<br />

genügend Streulicht zu erhalten. Das von den gestreuten Photonen erzeugte<br />

charakteristische Beugungsbild verrät wie ein Fingerabdruck Details der<br />

dreidimensionalen Struktur des Objekts. Photonen und geladene Bruchstücke<br />

werden mit der CAMP-Apparatur simultan registriert.<br />

Erste Messungen an Atomen, Molekülen, Clustern und einigen biologischen<br />

Proben wie dem Mimivirus erwiesen sich als sehr erfolgreich und<br />

vielversprechend <strong>für</strong> zukünftige Experimente, die Strukturen komplexer<br />

Systeme in der Nanowelt erkunden sollen.<br />

Blick ins Innere des CAMP­Instruments.<br />

18 19


DIE<br />

EXTREME<br />

ERKUNDEN<br />

Ein materieloser Doppelspalt: Licht wird an Licht gestreut. Ursache<br />

sind modifizierte Vakuumfluktuationen in ultrastarken Laserfeldern.<br />

Wie wechselwirkt Materie mit intensivem Laserlicht?<br />

Was beinhaltet nukleare Quantenoptik?<br />

Wie wirken sehr starke Felder auf das Vakuum?<br />

Materie in starken Laserfeldern – Blick in die Zukunft<br />

Die Erforschung der Wechselwirkung von Materie mit Laserpulsen ist so weit fortgeschritten,<br />

dass grundlegende Aspekte wie die Quantennatur von Licht und Materie, Relativität<br />

und Kopplungen unter den beteiligten Teilchen in den Fokus rücken und zugleich<br />

eine Herausforderung darstellen. Theoretisch werden die Effekte extrem starker Felder<br />

untersucht, die experimentell noch nicht, aber wohl in naher Zukunft, zugänglich sind.<br />

Wenn intensive Laserfelder auf Materie treffen, koppeln die Elektronen stark an das<br />

äußere Feld und absorbieren so effizient Energie daraus. Dabei können sie so schnell<br />

werden, dass relativistische Effekte eine wichtige Rolle spielen. Dies erfordert die Suche<br />

nach Lösungen der zeitabhängigen Schrödinger- und Dirac-Gleichungen einschließlich<br />

Elektronen-Korrelationen. Insbesondere die Kopplung von Elektronen benachbarter<br />

Atome kann in Reaktionen interessante Phänomene des Energietransfers hervorrufen.<br />

Kollektive Effekte in atomaren Systemen in starken Laserfeldern beruhen auf freigesetzten<br />

Elektronen. Vom starken Feld hin- und hergetrieben, können sie ihre Energie bei<br />

Rekollision mit ihrem Mutterion in kohärente, ultrakurze Röntgenpulse umwandeln. Bei<br />

sehr hohen Intensitäten treibt der „Lichtdruck“ das Elektron vom Atom weg und verhindert<br />

die Rekollision. Nach neuen Rechnungen könnten gegenläufige Laserpulse diesen<br />

Effekt umgehen und die Erzeugung noch energiereicherer Röntgenpulse ermöglichen.<br />

Leichte atomare Ionen, von einem Laserstrahl aus einem Target geschlagen und vorbeschleunigt,<br />

können mit eng fokussierten, extrem starken gekreuzten Laserstrahlen direkt<br />

beschleunigt werden. Der resultierende Ionenstrahl erreicht die Intensität, Energie und<br />

Qualität, die <strong>für</strong> medizinische Anwendungen erforderlich sind.<br />

Der große Erfolg quantenoptischer Methoden mit Atomen im optischen Frequenzbereich<br />

wirft die Frage auf, ob ähnliche Techniken auch auf Kerne angewandt werden<br />

könnten. Mit dem Aufkommen neuer Lichtquellen wie dem Röntgen-FEL (XFEL) und<br />

effizienter Beschleunigeranlagen gewinnen die nukleare Quantendynamik und Kernquantenoptik<br />

zunehmend an Bedeutung. Das würde einerseits Präparation, Kontrolle und<br />

Quantendynamik<br />

Energieübertragung von Ion A<br />

auf Atom B bei Rekombination.<br />

Laserbeschleunigung von Ionen.<br />

21


Die Extreme erkunden<br />

Detektion in der <strong>Kernphysik</strong> voran bringen und andererseits die Tür zu kohärenten und<br />

nicht-klassischen Effekten im Röntgenbereich öffnen. Kollektive Effekte <strong>für</strong> neuartige<br />

Röntgenquellen und Methoden zu deren Kontrolle werden theoretisch erkundet.<br />

Ein anderes Thema ist die zeitliche Entwicklung eines Quark-Gluon-Plasmas (QGP),<br />

das in Hochenergie-Stößen <strong>für</strong> extrem kurze Zeit und mit der Größe eines Kerns erzeugt<br />

werden kann. Das QGP emittiert Gammastrahlen, aber zwischendurch nicht in alle Richtungen,<br />

so dass Doppelpulse beobachtbar sind. Dieser Materiezustand entspricht dem des<br />

Universums kurz nach dem Urknall, als die Temperatur so hoch war, dass die Bestandteile<br />

der Atomkerne, die Protonen und Neutronen, in Quarks und Gluonen zerlegt waren.<br />

Lasersysteme<br />

“Chirped mirror”-Anordnung <strong>für</strong> ultrakurze Laserpulse.<br />

Zeitliche Entwicklung eines Quark­Gluon­Plasmas (orange), das einen Doppelpuls in<br />

Richtung des grünen Detektors aussendet.<br />

In den Laserlaboren des <strong>Institut</strong>s stehen phasenkontrollierte<br />

Laserpulse von 5 fs Dauer und Intensitäten bis<br />

zu 10 16 W/cm 2 <strong>für</strong> Experimente zur Verfügung. Noch<br />

kürzere Pulse von einigen Attosekunden (1 as = 10 –18 s)<br />

Dauer werden mit speziellen nichtlinearen optischen<br />

Methoden erzeugt. Die hohe harmonische, kohärente<br />

Strahlung im extremen UV-Bereich wird mit den breitbandigen<br />

IR-Pulsen des Ti:Saphir-Lasers kombiniert<br />

eingesetzt.<br />

Es werden einzelne und auch doppelte und<br />

dreifache Attosekundenpulse erzeugt, um damit gasförmige<br />

Proben interferometrisch zu untersuchen. Für<br />

Pump-Probe-Messungen kann die Zeitverzögerung<br />

zwischen zwei Pulsen attosekundengenau exakt eingestellt<br />

werden. Zusammen mit Spektroskopie oder<br />

abbildenden Detektoren lassen sich so die Quantenbewegungen<br />

von Kernen und Elektronen bei chemischen<br />

Reaktionen direkt und zeitaufgelöst beobachten (und kontrollieren). Das MPIK ist<br />

einer der fünf MPG-Partner im “<strong>Max</strong> <strong>Planck</strong> Centre for Attosecond Science”.<br />

Außerdem nutzen MPIK-Forscher die UV- und Röntgenpulse der Freie-Elektronen-Laser<br />

in Hamburg (FLASH), Japan (SCSS) und Stanford (LCLS), und sie tragen zu<br />

der zukünftigen Infrastruktur <strong>für</strong> extremes Licht, ELI, bei.<br />

Starkfeld-Quantenelektrodynamik – das Vakuum modifizieren<br />

Theoretiker beschäftigen sich auch mit der Elektrodynamik in extrem starken Feldern.<br />

Neben hochpräzisen Berechnungen der inneren Struktur von Materie (z. B. hochgeladene<br />

Ionen) behandelt die Theorie Grundlagen der radiativen Reaktion: Ein in einem elektromagnetischen<br />

Feld beschleunigtes geladenes Teilchen emittiert elektromagnetische<br />

Strahlung, die dann auf die Teilchenbewegung rückwirkt. Die zugrunde liegenden Fragen<br />

können mit intensiven Laserfeldern experimentell angegangen werden. Quanteneffekte<br />

der radiativen Reaktion von Elektronen sollten mit heutigen Lasersystemen zugänglich<br />

sein. Dies hat auch <strong>für</strong> Mehrteilchen-Ensembles wie relativistische Plasmen Bedeutung.<br />

Sehr starke elektrische Felder beeinflussen auch die geladenen virtuellen Teilchen im<br />

Quantenvakuum. Das hat zur Folge, dass das Vakuum polarisiert wird und seine optischen<br />

Eigenschaften ändert, was mit einem zusätzlichen schwachen Laser festgestellt werden<br />

kann: An einem materielosen Doppelspalt, den nahen Brennpunkten zweier ultraintensiver<br />

Laserstrahlen, wird das Licht eines Probelasers gestreut. Genügend starke Lasersysteme<br />

werden an künftigen europäischen Forschungseinrichtungen verfügbar sein.<br />

Bei ausreichend hohen Feldstärken wird das Vakuum sogar ‚ionisiert‘, indem virtuelle<br />

Elektron-Positron-Paare getrennt werden und genug Energie erhalten um real zu werden.<br />

Impulsspektroskopie an solchen, in stehenden Laserfeldern erzeugten Paaren könnte<br />

einen „Fingerabdruck“ des Vakuums liefern, aber die erforderliche Laserleistung ist noch<br />

nicht ganz erreicht. Würde die Paarerzeugung durch Wechselwirkung mit hochenergetischen<br />

Elektronen oder Protonen unterstützt, wären moderate Laserintensitäten ausreichend.<br />

Experimente wären möglich mit den starken Laserpulsen von ELI, Elektronen aus<br />

dem XFEL-Strahl am DESY oder Protonen vom LHC am CERN.<br />

Der Serverraum im Keller des Bothelabors.<br />

Quantendynamik<br />

22 23<br />

-3<br />

-4<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

“Fingerabdruck” des Quantenvakuums.


Eine 5-Achsen-CNC-Fräsmaschine<br />

in der Ausbildungswerkstatt.<br />

Zeichnung von MoREx, der mobilen<br />

Radon-Extraktionsanlage.<br />

Eine 10-Schichtenplatine <strong>für</strong> eine<br />

künftige Tscherenkow-Kamera.<br />

24<br />

Infrastruktur des <strong>Institut</strong>s<br />

Die zentralen Computeranlagen bieten den Nutzern Rechenleistung und Speicherplatz.<br />

Zur Verarbeitung von Aufträgen stehen Linux-Farmen zur Verfügung. Diese<br />

bestehen aus 400 Servern mit über 2 000 Prozessorkernen und mehr als 4 Terabyte<br />

RAM. Daten von Experimenten, Auswertungen und Simulationen werden auf rund<br />

1 400 Festplatten gespeichert, wobei das gesamte Filesystem eine Kapazität von<br />

über 1,7 Petabyte bietet. Um den simultanen Zugriff auf die Daten zu beschleunigen,<br />

ist der meiste Speicherplatz als paralleles Filesystem organisiert. Eine zentrale<br />

Magnetbandbibliothek dient der Datensicherung und als Langzeitarchiv.<br />

Sowohl die zentrale Feinwerktechnik- als auch die Ausbildungswerkstatt sind mit<br />

modernen CNC-gesteuerten und konventionellen Fräs- und Drehmaschinen ausgestattet.<br />

Verschiedene Schweiß- und Löttechniken kommen bei der Herstellung<br />

von Vakuumapparaturen zum Einsatz. Bearbeitet wird ein breites Spektrum von<br />

Materialien wie Stähle, Kupfer, Titan, Tantal, Molybdän sowie Keramiken und<br />

Kunststoffe. Die Werkstücke werden mit einer 3D-Messmaschine kontrolliert. Spezialisierte<br />

Werkstätten kümmern sich um einzelne Großexperimente.<br />

Im Konstruktionsbüro werden mittels eines 3D-CAD-Systems die meisten Bauteile<br />

<strong>für</strong> wissenschaftliche Experimente entwickelt, die dann in den feinmechanischen<br />

Werkstätten gebaut werden. Das CAD-System liefert frei drehbare 3-dimensionale<br />

Ansichten, technische Zeichnungen <strong>für</strong> die Produktion, Daten zur Steuerung der<br />

CNC-Maschinen und Listen aller benötigten Materialien. Außerdem ermöglicht die<br />

Software numerische Simulationen zum vorherigen Testen der Komponenten.<br />

Elektronik zur Experimentsteuerung und Datenerfassung wird im zentralen Elektroniklabor<br />

und der Ausbildungswerkstatt entwickelt und gebaut – kommerziell<br />

erhältliche Geräte erfüllen die experimentellen Anforderungen häufig nicht. Ein<br />

neuer Schaltplan wird in das Layout einer Platine übersetzt, die im Haus gefertigt<br />

und bestückt sowie vor ihrer Integration in ein Experiment getestet wird. Außerdem<br />

werden elektronische Geräte gewartet und repariert. Einige Elektroniker arbeiten<br />

ständig <strong>für</strong> bestimmte Experimente.<br />

Die Bestände der <strong>Institut</strong>sbibliothek umfassen etwa 25 000 Monographien,<br />

Buchserien, Konferenzberichte, am <strong>Institut</strong> entstandene Hochschulschriften und<br />

rund 5 000 Zeitschriftenbände. Die Bibliothek bietet Zugang zu einer Reihe von<br />

E-Büchern, Online-Lexika, Datenbanken und über 1 200 E-Journalen in Physik. Das<br />

MPIK beteiligt sich an den Open-Access-Aktivitäten der MPG. Das Publikations-<br />

Managementsystem PubMan bietet die Möglichkeit, Publikationen und ergänzendes<br />

Material zu veröffentlichen und individuelle Publikationslisten zu erstellen.<br />

Das Foyer vor der Bibliothek und dem Hörsaal.<br />

Der großzügige <strong>Institut</strong>scampus ist 200 m über der Stadt im Wald gelegen. Hauptgebäude<br />

sind das Walther-Bothe- und das Wolfgang-Gentner-Laboratorium mit<br />

Laboren und Büros. Im Zentrum des Campus’ befindet sich die Bibliothek mit<br />

Hörsaal <strong>für</strong> 200 Personen und Seminarraum, die <strong>für</strong> kleine Konferenzen geeignet<br />

sind. Der Beschleunigerhallen-Komplex ist das größte Gebäude auf dem Campus;<br />

dazu kommen die beiden Werkstattgebäude sowie Gästehäuser und diverse<br />

Nebengebäude. Nachbar ist das European Molecular Biology Laboratory (EMBL).


Hausanschrift:<br />

<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Kernphysik</strong><br />

Saupfercheckweg 1<br />

69117 Heidelberg<br />

Postanschrift:<br />

<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Kernpyhsik<br />

Postfach 103980<br />

69028 Heidelberg<br />

Tel: 06221 5160<br />

Fax: 06221 516601<br />

E-Mail: info@mpi-hd.mpg.de<br />

Internet: http://www.mpi-hd.mpg.de

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