Rundbrief Nr. 11 - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler - Stiftung
Rundbrief Nr. 11 - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler - Stiftung
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Jubiläum<br />
Im April 2009 wäre <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> (1889-1964) 120 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass widmen wir<br />
seiner Arbeit in diesem <strong>Rundbrief</strong> einen Schwerpunkt. In diesem werden einige Aspekte der Arbeit <strong>Jacoby</strong>s<br />
beleuchtet, denn es ist unmöglich, im Rahmen dieses Hefts die Vielfalt und Tiefe seiner Arbeit darzustellen.<br />
Textauszüge aus einem Ferieneinführungskurs von 1956 bieten die Möglichkeit der Auseinandersetzung<br />
mit dem „Original“. Darüber hinaus finden sich Anmerkungen zur nun neu geordneten Bibliothek <strong>Heinrich</strong><br />
<strong>Jacoby</strong>s, deren Bände wichtige Hintergrundinformationen zur Arbeit enthalten. Kurze Überlegungen zur Bedeutung<br />
der Arbeit <strong>Jacoby</strong>s für die Pädagogik eröffnen den Schwerpunkt.<br />
4 | Jubiläum<br />
Spaß am Falschmachen –<br />
Impulse aus der Arbeit <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s für die Pädagogik<br />
„Hier sollt Ihr Spaß am Falschmachen haben“ – diese<br />
Maxime hätte <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> (1889–1964) gern<br />
über dem Eingang von Schulen geschrieben gesehen.<br />
Konsequent erfahrungsorientiertes Lernen war ihm,<br />
der als Pionier einer erfahrungs- und leiborientierten<br />
Pädagogik gilt, zeitlebens ein Anliegen. „Ich hoffe,<br />
dass Sie bei mir nichts lernen werden...“ gehörte zu<br />
den provozierenden Äußerungen, mit denen er die<br />
Teilnehmenden seiner Arbeitsgemeinschaften stets<br />
konfrontierte. Damit machte er deutlich, dass ihm<br />
nicht daran gelegen war, dass Teilnehmende seine<br />
Ausführungen mit einer Haltung der Wissbegier, des<br />
Nachvollziehens fremder Wissensbestände hörten.<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> ging es darum, eigenständige Erfahrungs-<br />
und Erarbeitungsprozesse zu initiieren, selbständige<br />
Auseinandersetzung zu ermöglichen, letztlich<br />
um Entfaltung und Nachentfaltung.<br />
<strong>Jacoby</strong> war ein Grenzgänger zwischen den Disziplinen,<br />
ein unermüdlicher und unbequemer Kritiker der<br />
bestehenden Zustände. Jede Zuordnung seiner Arbeit<br />
zu einem bestimmten Fachgebiet stellt eigentlich<br />
eine unzulässige Verkürzung dar. <strong>Jacoby</strong> selbst hat<br />
sich immer wieder gegen Festschreibungen gewehrt,<br />
die er zu häufig als kontraproduktiv erlebt hatte.<br />
Dennoch ist heute, so meine ich, eine Zuspitzung auf<br />
konkrete Bereiche sinnvoll. Nur so kann fassbar werden,<br />
wo die Besonderheiten der Arbeit <strong>Jacoby</strong>s liegen,<br />
Inken Neubauer<br />
und nur so kann ein Diskurs innerhalb der Disziplinen<br />
aufgenommen werden.<br />
In diesem Sinne möchte ich einige Bezüge der Arbeit<br />
zur Pädagogik skizzieren, auch wenn <strong>Jacoby</strong> nicht als<br />
Pädagoge missverstanden werden wollte. Wenn man<br />
die historische Perspektive verlässt, ist zu fragen,<br />
welche unabgegoltenen Impulse die Arbeit <strong>Jacoby</strong>s<br />
für die heutige Pädagogik bereithält. Ein Beispiel ist<br />
das Thema Begabung, das mir wieder hochaktuell<br />
erscheint, nicht nur wegen der vielen derzeitigen<br />
Forschungen zum Thema Hochbegabung. In vielen<br />
Veröffentlichungen der Kultusministerien wird eine<br />
„begabungsgerechte Förderung“ der Schülerinnen<br />
und Schüler gefordert. Wie aber misst sich die? Wie<br />
beeinflusst das Bild, das ein Lehrer, eine Lehrerin von<br />
der „Begabung“ eines Schülers, einer Schülerin hat,<br />
die Entfaltungsmöglichkeiten? Werden sogenannte<br />
leistungsschwache Schüler(-innen) mit genügend<br />
Herausforderungen im Sinne zweckmäßiger Aufgabenstellungen<br />
konfrontiert, oder werden sie als „leistungsschwach“<br />
abgeschrieben? Wie wirkt sich das<br />
eigene Begabungsverständnis der Lehrenden auf das<br />
ihrer Schülerinnen und Schüler aus?<br />
Diese Fragen berühren einen gewaltigen Themenkomplex,<br />
der an dieser Stelle weder bearbeitet werden<br />
kann noch soll. Sie lassen jedoch ein wenig erahnen,<br />
dass die Verweigerung <strong>Jacoby</strong>s, von einem