Rundbrief Nr. 8 (September 2006) - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler ...
Rundbrief Nr. 8 (September 2006) - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler ...
Rundbrief Nr. 8 (September 2006) - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler ...
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<strong>Nr</strong>. 8 <strong>September</strong> <strong>2006</strong><br />
Inhalt:<br />
2 Stiftung aktuell<br />
6 Spenden<br />
7 Auseinandersetzung<br />
10 Musik<br />
15 Erinnerung<br />
19 Veranstaltungsberichte<br />
23 Rezension<br />
24 Termine<br />
26 Die Autorinnen und Autoren<br />
Liebe Freundinnen und Freunde der Arbeit von <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> und <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>!<br />
Warum eigentlich ein RUNDBRIEF? Er soll über die Vielfalt von Themen und Beispielen berichten,<br />
mit denen sich Menschen im Zusammenhang mit der Arbeit <strong>Jacoby</strong>s und <strong>Gindler</strong>s auseinandersetzen.<br />
Er soll über die Aktivitäten der Stiftung informieren und möglichst auch Anregung für die individuelle<br />
Auseinandersetzung sein. All dies wird in Form eines Briefes in die Runde derer geschickt,<br />
die sich für die Arbeit interessieren.<br />
Für die Redaktion ist es jedes Jahr aufs Neue ein herausfordernder Versuch, für all dieses eine<br />
angemessene Form und Gestalt zu finden. Deshalb freuen wir uns auf Ihre Rückmeldungen, denn<br />
Briefe werden zuweilen ja auch beantwortet. Wie sollte der <strong>Rundbrief</strong> aussehen? Welche Beiträge<br />
wünschen Sie sich in Zukunft?<br />
Wir wünschen Ihnen anregende Lektüre der diesjährigen Ausgabe.<br />
Wolfgang von Arps-Aubert, Marianne Haag, Inken Neubauer
2<br />
Stiftung aktuell<br />
"Arbeiten bei <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>"<br />
Ab Oktober wird der neue Band der Schriftenreihe vorliegen. Die Herausgeberinnen Marianne Haag und<br />
Birgit Rohloff werden ihn am 26. November <strong>2006</strong> (veränderter Termin!) in den Räumen der Stiftung<br />
vorstellen. Nachstehend Auszüge aus dem Vorwort:<br />
<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> (1885–1961) ist vor mehr als 40<br />
Jahren gestorben. Ihre Arbeit hat viele Menschen<br />
tief bewegt, doch es sind kaum Zeugnisse erhalten.<br />
Nur wenige Teilnehmende ihrer Arbeitsgemeinschaften,<br />
die von ihrem Wirken erzählt haben,<br />
leben heute noch. Aufzeichnungen, Fotos<br />
oder Filmaufnahmen, mit denen <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> ihre<br />
Arbeit dokumentieren und manches auch sichtbar<br />
werden lassen wollte, sind zum überwiegenden<br />
Teil im Zweiten Weltkrieg vernichtet worden.<br />
Daher stehen heute im Wesentlichen Dokumente<br />
aus der Nachkriegszeit zur Verfügung, darunter<br />
Notizen <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s zu ihren Kursen sowie Briefe<br />
und schriftliche Stellungnahmen von Kursteilnehmenden.<br />
Aus diesen Quellen schöpft der<br />
vorliegende Band der Schriftenreihe der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>-Stiftung,<br />
der zu sechs<br />
Ferienarbeitsgemeinschaften <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s aus<br />
den Jahren 1953 bis 1959 Notizen <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s<br />
und Berichte und Briefe einer Kursteilnehmerin<br />
einander zuordnet.<br />
Die Kursteilnehmerin, die hier anonymisierend<br />
als A. E. bezeichnet wird, war spät Gymnastiklehrerin<br />
geworden. Sie war eine Frau, die sich schon<br />
in schwieriger Zeit den an sie gerichteten Forderungen<br />
ernsthaft gestellt hatte. Durch Kolleginnen<br />
hatte sie von der Arbeit <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s erfahren.<br />
Nach dem ersten Kurs 1953 schrieb sie:<br />
„Ich bin berührt davon, dass es hier um etwas<br />
geht, das man nicht machen, das man nur geschehen<br />
lassen kann.“ Es war ein Anfang. Die<br />
Berichte zeigen, wie sich ihre Auseinandersetzung<br />
entwickelt und in ihrem Leben ausgewirkt<br />
hat. Bei der Lektüre lassen sich Etappen eines<br />
Erarbeitungsprozesses erleben. […]<br />
In <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s Notizen wird spürbar, wie wach<br />
sie miterlebt hat, um immer wieder die im Moment<br />
weiterführenden Erfahrgelegenheiten zu<br />
<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> um 1945<br />
schaffen. Die vor einer Arbeitsgemeinschaft erwünschten<br />
Berichte über Versuche und Erfahrungen<br />
seit dem letzten gemeinsamen Arbeiten<br />
dienten sowohl den Schreibenden als auch <strong>Elsa</strong><br />
<strong>Gindler</strong> dazu, eingestellt zu werden auf die gemeinsame<br />
Arbeit. In den Arbeitsgemeinschaften<br />
wurden Zwischenberichte, „Resümees“, verabredet,<br />
die den Verfassenden Gelegenheit boten,<br />
Erfahrenes sich wieder gegenwärtig werden zu<br />
lassen, es vielleicht sogar erst nachträglich in<br />
seiner Bedeutung zu spüren, mehr zu begreifen.<br />
„Hat das Resümee Ihnen ein bisschen dazu verholfen,<br />
dass sie in den Aufgaben der letzten Wochen<br />
Fragen erkannt haben, die von morgens bis<br />
abends im Alltag akut sind?“, notierte <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong><br />
am 4.8.1958. Für sie waren die Berichte notwendige<br />
Hinweise dafür, wie sich die weitere<br />
Arbeit gestalten konnte oder sollte.<br />
Die ersten in diesem Band dokumentierten Kurse<br />
sind zwei- bis dreiwöchige Ferienarbeitsgemeinschaften,<br />
die in Hindelang (Allgäu) in der dortigen<br />
Turnhalle stattfanden. [...] In den Hindelanger<br />
Arbeitsgemeinschaften trugen besonders die<br />
Teilnehmenden aus Deutschland noch spürbar<br />
an den Folgen des Zweiten Weltkriegs. Auch <strong>Elsa</strong>
3<br />
<strong>Gindler</strong>s Gesundheit war geschwächt. [...] Die<br />
späteren Berliner Ferienarbeitsgemeinschaften<br />
fanden in <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s Räumen wieder unter<br />
stabilisierteren Bedingungen statt. [...] Die Menschen<br />
hatten neue Perspektiven gewonnen und<br />
es zeigten sich andere Schwierigkeiten, stellten<br />
sich neue Aufgaben. <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s Gesundheitszustand<br />
war weiter geschwächt, doch wurde ihr<br />
Arbeiten immer klarer und weiter, blieb voll<br />
warmer Anteilnahme und größter Sachlichkeit.<br />
Es mobilisierte <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s Kräfte, wie viel bei<br />
den Menschen, mit denen sie arbeitete, in Gange<br />
war: „Sie sind bewegt und ich muss noch daran<br />
arbeiten, dass sie sich besser verstehen, damit<br />
sie mehr realisieren können.“ Die hier vorgelegten<br />
Notizen <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s lassen auch das Reifen<br />
ihrer Arbeit in den letzten Jahren ihres Lebens<br />
erfahren. [...]<br />
Der vorliegende Band versammelt alle vorhandenen<br />
Kursnotizen <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s und Berichte A.<br />
E.s aus den Ferienarbeitsgemeinschaften von<br />
1953 bis 1959. Nicht zu jedem Kurstag sind<br />
Notizen und Berichte vorhanden. […] Dem dokumentarischen<br />
Teil ist ein Nachwort angefügt,<br />
das das Wesen der Arbeit <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s und ihre<br />
Bedeutung für die Gegenwart beleuchtet. Abbildungen<br />
neueren Datums lassen Fragen aus der<br />
Arbeit <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s deutlich werden.<br />
Der vorliegende Band, der im Rahmen der Schriftenreihe<br />
der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>-Stiftung<br />
erscheint, wendet sich zunächst an diejenigen,<br />
denen die Arbeit <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s zumindest in<br />
Grundzügen vertraut ist. Die hier dokumentierte<br />
Begegnung mit dem Arbeiten <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s und<br />
einer dadurch angeregten Auseinandersetzung<br />
könnte manche Erinnerung wach rufen und Erfahrenes<br />
neu beleuchten. Sie könnte ermutigen,<br />
bisher nur schlummernde Fragen nun akut werden<br />
zu lassen und sie (wieder) ernst zu nehmen.<br />
Es ist aber zudem Hoffnung und Wunsch der<br />
Stiftungsorgane und der Herausgeberinnen, dass<br />
auch Lesende, die nicht über solche Vorerfahrungen<br />
verfügen, durch die Lektüre für diese<br />
Arbeit interessiert werden.<br />
Marianne Haag<br />
Birgit Rohloff<br />
Lebendigkeit im Moment<br />
Zu einer Ausstellung mit Photographien von Martin Munkácsi<br />
Das Berlin der späten zwanziger und frühen<br />
dreißiger Jahre: Ein großes Grammophon auf<br />
einem Fensterbrett, dahinter Kinder bei einer<br />
„Spielstunde im Hof“ (1923), Straßenszenen,<br />
ein „Käsemarkt“ (1930), Menschen beim Feiern<br />
und Tanzen, die Berliner Wohnungsnot und die<br />
luxuriöse Wohnung des Film-Regisseurs Fritz<br />
Lang, Portraits von der Prominenz „Greta Garbo<br />
in den Ferien“ (1932), Leni Riefenstahl, bedrohlich<br />
der „Aufmarsch der Reichswehr“ (1933)... -<br />
In den Photographien von Martin Munkácsi sind<br />
viele Eindrücke dieser Zeit eingefangen.<br />
Je länger ich im Sommer 2005 in den Hamburger<br />
Deichtorhallen die Retrospektive des unter<br />
Photographen bewunderten, aber von der Öffentlichkeit<br />
längst vergessenen Martin Munkácsi<br />
betrachtete, um so deutlicher hatte ich den<br />
Eindruck, die Photographien irgendwie zu kennen.<br />
Als ich vor dem verzerrten Gesicht des<br />
Hürdenläufers („Der Sieger“ 1929) stand, wie<br />
es auch in Sophie Ludwigs Buch über <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong><br />
abgebildet ist, war ich mir plötzlich sicher,<br />
dass dieses Photos sind, die ich aus der Bildersammlung<br />
von <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>, <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong><br />
und Sophie Ludwig kenne.<br />
Martin Munkácsi (1896-1963) wurde in Ungarn<br />
geboren. Budapest – Berlin – New York waren<br />
Stationen seines Lebens und Wirkens. Er gilt als<br />
wichtigster Pionier des modernen Bildjournalismus<br />
und war der bestbezahlte Starfotograf<br />
seiner Zeit. Er fotografierte als einer der ersten<br />
Sportler und Tänzer in Aktion, holte die Modefotographie<br />
aus den Studios und setzte das<br />
statische Medium Photographie in Bewegung.<br />
Zwischen 1928 und 1934 lebte und arbeitete<br />
Munkácsi in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche
4<br />
Ägypten machte. Es sind Aufnahmen, die Menschen<br />
in außergewöhnlicher Daseinsqualität<br />
zeigen. Darunter ist eine Aufnahme von drei<br />
Jungen, die in den Tanganyika See laufen. Dieses<br />
Photo strahlt eine solche Lebendigkeit und<br />
Vitalität aus, dass man am liebsten mitlaufen<br />
möchte. Der berühmte französische Photograph,<br />
Regisseur und Maler Henri Cartier-<br />
Bresson hat über dieses Bild gesagt: „Es war<br />
diese Photographie, die für mich der Funke war,<br />
der das Feuerwerk abbrennen ließ. [...] Plötzlich<br />
begriff ich, daß es der Photographie möglich ist,<br />
die Ewigkeit zu erreichen – durch den Moment.<br />
Es ist die einzige Photographie, die mich beeinflusst<br />
hat. In diesem Bild ist eine solche Intensität,<br />
eine solche Lebensfreude, ein solches<br />
Wunder, dass ich noch heute von ihm fasziniert<br />
bin.“<br />
Martin Munkácsi: "Kindersport" um 1930<br />
Photographien in den damals aktuellen Zeitschriften,<br />
z.B. in dem Magazin „Berliner Illustrirte<br />
Zeitung“. Seine Photographien von Läufern,<br />
Fußballspielern, Reitern halten einzelne Momente<br />
von Bewegungsprozessen und Verhaltensqualitäten<br />
fest und waren vermutlich deshalb<br />
für <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> und <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> so<br />
attraktiv, dass sie diese in ihre Bildsammlungen<br />
übernahmen. Die Photographien Munkácsis aus<br />
dem Berlin der 1920er und 1930er Jahre vermitteln<br />
Eindrücke von der Zeit, in der die Arbeit<br />
von <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> und <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> gewachsen<br />
ist und auf die sie reagiert haben.<br />
Aus Sicht der Arbeit <strong>Gindler</strong>s und <strong>Jacoby</strong>s sind<br />
besonders auch Photographien interessant, die<br />
Munkácsi zwischen 1929 und 1932 auf seinen<br />
Reisen u.a. durch Liberia, Spanien, die Türkei,<br />
Intensität und Lebensfreude... Stille und Anwesenheit...<br />
genauso wie Deformation, Verstörtheit,<br />
Härte, Kontaktlosigkeit... Bilder von Militärmärschen,<br />
Schrecken der Nazizeit ...<br />
Bewegungen, Körper, Aktaufnahmen ... die<br />
unterschiedlichsten Gesichter der Zivilisation...<br />
Showbusiness und High Society ... und immer<br />
wieder Menschen in den unterschiedlichsten<br />
Lebenssituationen – es sind vielfältigste Eindrücke,<br />
die die Photographien Munkácsis vermitteln<br />
und diese Ausstellung für mich so interessant<br />
gemacht haben.<br />
Inken Neubauer<br />
Die Ausstellung „Martin Munkácsi. Budapest – Berlin – New York. Retrospektive des großen Fotografen“<br />
ist im Martin-Gropius-Bau Berlin bis zum 6. November <strong>2006</strong> zu sehen.<br />
Am Samstag, 14. Oktober <strong>2006</strong> um 17 Uhr veranstaltet die <strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>-Stiftung<br />
einen Vortrag zum Thema „Lebendigkeit im Moment – Die Photographien von Martin Munkácsi aus<br />
Sicht der Arbeit von <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> und <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>“. Referentin ist Inken Neubauer. Der Vortrag<br />
findet im Martin-Gropius-Bau Berlin, Kinosaal statt.
5<br />
„Die Stiftung müsste endlich mal...“<br />
Seit gut sechs Jahren ist die Stiftung in den<br />
Räumen in der Teplitzer Straße - eine Zeit des<br />
Umbruchs, der Veränderung und der Neuorientierung<br />
liegt hinter ihr. Viele organisatorische,<br />
verwaltungstechnische Dinge waren zu regeln,<br />
räumliche Fragen zu klären, erste Archivierungsarbeiten<br />
in die Wege zu leiten, Publikationen<br />
zu betreuen, die Schriftenreihe ins Leben<br />
zu rufen, der <strong>Rundbrief</strong> zu gestalten, Kurse zu<br />
organisieren und und und... Auch den „Generationenwechsel“<br />
nach dem Tod von Sophie Ludwig<br />
galt es zu gestalten und eine Neuorientierung<br />
zu finden. All dieses hat fast die gesamte<br />
Kraft der Beteiligten in Anspruch genommen.<br />
Ich selbst kenne die Stiftung seit meinem Einführungskurs<br />
im Jahr 2000. Seit drei Jahren<br />
arbeite ich mit im Beirat, und aus dem Beirat<br />
möchte ich im Folgenden auch berichten:<br />
In den Stiftungsgremien sind im Moment viele<br />
Gespräche und Überlegungen in Gange über die<br />
Aktivitäten der Stiftung, Zukunftspläne, Richtungsbestimmungen...<br />
Die Mitglieder von Vorstand<br />
und Beirat sind einerseits froh über die<br />
vielen positiven Entwicklungen, die es in den<br />
letzten Jahren in der Stiftung gegeben hat. Darunter<br />
mischt sich zuweilen allerdings auch Bedauern<br />
und Irritation, denn es scheint uns, dass<br />
– abgesehen von den sehr gut angenommenen<br />
Kursangeboten - so viel mehr Potential und<br />
Nutzungsmöglichkeiten in der Stiftung liegen<br />
als genutzt werden.<br />
Vielleicht haben Sie dann und wann auch schon<br />
einmal gedacht: „Die Stiftung müsste endlich<br />
mal dies oder das...“ Im Beirat haben wir<br />
manchmal diskutiert, wie die unterschiedlichen<br />
Angebote der Stiftung verstanden werden. Als<br />
Konsumgut? Als Serviceleistung? Wir würden<br />
uns wünschen, dass „die Stiftung“ vielmehr als<br />
ein gemeinsam zu gestaltendes Anliegen verstanden<br />
würde.<br />
Die Aktivitäten der Stiftung könnten zweifelsohne<br />
noch lebendiger sein. Im Moment<br />
verteilen sich die Aufgaben der Stiftung auf<br />
einige wenige. Die Stiftung kann aber nur so<br />
aktiv sein, wie die Menschen es sind, die sich in<br />
ihr engagieren. Die Mitglieder von Vorstand und<br />
Beirat wünschen sich deshalb, dass sich mehr<br />
Menschen aktiv in die Stiftungsarbeit einbringen.<br />
Wir wünschen uns Austausch über und<br />
Rückmeldungen zur Arbeit und zu den Angeboten<br />
der Stiftung. Was gefällt Ihnen? Was stört<br />
Sie? Was wünschen Sie sich? Sprechen Sie uns<br />
an und lassen Sie uns ins Gespräch kommen!<br />
Zur Unterstützung der Stiftungsaktivitäten wäre<br />
es außerdem wünschenswert, dass Menschen<br />
bereit wären, sich tatkräftig in die Stiftung einzubringen.<br />
Z.B. werden Menschen gesucht, die<br />
bereit wären bei der Betreuung der Räumlichkeiten<br />
bei Veranstaltungen mitzuhelfen, Telefondienste<br />
zu übernehmen, beim Ordnen von<br />
Materialien, z.B. Photos, Schallplatten und bei<br />
der Bewerbung von Veranstaltungen zu helfen.<br />
Im Oktober 2005 und März <strong>2006</strong> haben auf<br />
Initiative von Marianne Wüst, einer Schülerin<br />
von Sophie Ludwig, zwei Treffen stattgefunden,<br />
bei dem sich Mitglieder des Beirates und andere<br />
Interessierte über Unterstützungsmöglichkeiten<br />
der Stiftung ausgetauscht und erste Ideen<br />
entwickelt haben.<br />
Inken Neubauer<br />
Ein nächstes Treffen findet am So, 17. <strong>September</strong> <strong>2006</strong> um 13 Uhr in den Räumen der Stiftung statt.<br />
Alle Interessierte, die sich in der Stiftung einsetzen, Aktivitäten mitgestalten und eventuell Aufgaben<br />
übernehmen möchten, sind herzlich eingeladen, dazuzukommen.<br />
Kontakt: Inken Neubauer, Tel. 040/43 27 21 26 und Birgit Rohloff, Tel 030/342 37 73
6<br />
Spenden<br />
Sitzen<br />
In einem Münchner Betrieb für Informationstechnologie sollen neue Sitzmöbel beschafft werden. Carola<br />
Portenlänger, die mit der Arbeit von <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> und <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> vertraut ist, wird gefragt, ob sie<br />
zum Thema 'Sitzen' etwas vermitteln könne. Es kommt zu einem Treffen mit Angestellten des Betriebes.<br />
Sitzen als Balancieren - Kinder bei Elfriede Hengstenberg<br />
"Nun gab es die Erwartungshaltung an mich",<br />
berichtet sie, "ihnen ein Rezept für gutes Sitzen<br />
zu vermitteln. Ich fragte mich: Wie kann ich<br />
diese 13 Menschen oder einige von ihnen in<br />
einer Stunde, die uns zur Verfügung stand, interessieren,<br />
wenn ich ihnen sage, dass es kein<br />
Rezept gibt, ausser dem, dass sie sich für sich<br />
zu interessieren beginnen? Ich habe sie aufgefordert,<br />
sich so zu setzen, dass sie bequem<br />
sitzen - bequem im Sinne von schmerzfrei, entlastet,<br />
sich wohl fühlen. Ich habe sie gebeten,<br />
eine Weile ihre Position nicht zu ändern, sich<br />
etwas Zeit zu lassen und zu spüren, wie es sich<br />
anfühlt, im Hals, in Bauch, Rücken, Beinen<br />
usw.. Ein Mann sagte fast überrascht (er sass<br />
mit übereinander geschlagenen Beinen): 'Das<br />
obere Bein drückt sehr auf das untere Knie.' Ein<br />
anderer: 'Ich atme ganz flach.' Einer meinte:<br />
'Na ja, nach einer Weile wird es unbequem, das<br />
ist doch normal, dann muss ich eben die Position<br />
ändern.' Später zeigte ich ihnen ein paar<br />
Bilder aus dem Buch von Elfriede Hengstenberg:<br />
Die Frau, die ein Kind auf dem Arm und<br />
einen Krug auf dem Kopf trägt; sitzende Kinder.<br />
Jemand sagte zu dem Bild mit dem auf der<br />
Stange sitzenden Mädchen: 'Das ist etwas anderes;<br />
dieses Mädchen spielt ja, sie sitzt ja<br />
nicht.' Bei dem Gespräch darüber, was Sitzen<br />
sei, knüpfte ich an das spielende Mädchen an:<br />
'Wenn ich anregen kann, ab und zu zu spielen -<br />
auch beim Sitzen - dann freue ich mich, denn<br />
dann kann etwas geschehen.' Es gab ein paar<br />
Augenblicke, da sah ich Fragen, Staunen, Erleben."<br />
- Statt eines Honorars erbat Carola Portenlänger<br />
eine Spende für die Stiftung.<br />
Eine ganz andere Idee hatte Eva Mach Dixon aus den USA. Anlässlich ihres 70. Geburtstages bat sie<br />
ihre Gäste anstelle von Geschenken um eine Spende für die Stiftung und schenkte ihnen die Benefiz-CD<br />
mit <strong>Heinrich</strong> von Kleists "Marionettentheater". So kam ein vierstelliger Spendenbetrag zusammen.<br />
Die Stiftung ist zur Erhaltung und Ausweitung ihrer Aktivitäten auch auf finanzielle Hilfe angewiesen.<br />
Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit durch Spenden!<br />
Kontonummer 72 000 9057, Berliner Sparkasse BLZ 100 500 00.<br />
Eine Spendenbescheinigung senden wird Ihnen auf Wunsch gerne zu.
7<br />
Auseinandersetzung<br />
Berlin, warum immer wieder Berlin?<br />
Zugegeben: da ist die Stadt, die mich zieht. Aus<br />
tiefer Verbundenheit mit ihr - ich bin hier geboren<br />
- will ich miterleben, wie sie sich verändert,<br />
wie sie sich entwickelt.<br />
Und da ist die Arbeitsgemeinschaft mit den mir<br />
vertrauten und wichtigen Kolleginnen und dem<br />
unverzichtbaren Thomas, zu denen ich Kontakt<br />
halten möchte.<br />
Wir treffen uns vierteljährlich für ein Wochenende.<br />
Wir lassen uns Zeit anzukommen, bevor<br />
wir uns auf ein gemeinsames Thema verständigen<br />
und besprechen, wie wir daran arbeiten<br />
wollen.<br />
Beim letzten Treffen einigten wir uns auf die<br />
Auseinandersetzung mit dem Thema "Gleichgewicht".<br />
Sitzend auf dem Boden probierten wir<br />
beide Beine vom Boden abzuziehen und zum<br />
Balancieren zu kommen. Dasselbe versuchten<br />
wir dann auch auf dem Hocker sitzend. Als<br />
weiteren Versuch ins Gleichgewicht zu kommen<br />
vereinbarten wir Liegen auf der Stange, auch<br />
auf der erhöhten Stange.<br />
Bei diesem gemeinsamen Arbeiten an einer<br />
Sache entstehen Dichte und Konzentration in<br />
einem Masse, dass es mir leichter fällt dranzubleiben<br />
und differenzierter zu arbeiten, als<br />
wenn ich alleine probiere. Mich spontan während<br />
des Probierens zu äußern, mitzuteilen, was<br />
gerade in mir vorgeht, ist immer ein Wagnis und<br />
geschieht im Vertrauen auf die Offenheit der<br />
anderen. Umgekehrt fördern solche Äußerungen<br />
das Vertrauen. Für die sachliche Auseinandersetzung<br />
sind sie unentbehrlich. Schwierigkeiten<br />
kann es dann geben, wenn emotionale<br />
Bereiche dabei berührt werden. Ich erlebe es<br />
als besondere Qualität unserer Gruppe, dass<br />
wir fähig sind, Konflikte zuzulassen und zu klären.<br />
Diese Qualität der Zusammenarbeit ist es<br />
meiner Ansicht nach auch, die weitergehende<br />
Fragen ermöglicht, wie neulich die nach Gemeinsamkeit<br />
bzw. Gemeinschaft. Wir sprechen<br />
von "Arbeitsgemeinschaft". Was ist das Wesentliche<br />
einer Gemeinschaft und wie nähert man<br />
sich dem an?<br />
Spannen, Abspannen und Umlagern beim Abspannen<br />
waren ebenfalls Themen. Hier gibt es<br />
noch Klärungsbedarf.<br />
Auch "Mitte" hat uns beschäftigt. Gibt es eine<br />
Körpermitte und ist sie erlebbar?<br />
Aus diesen Wochenenden ziehe ich vielfältigen<br />
Gewinn: Ich erhalte Anregungen für mein eigenes<br />
Arbeiten und Probieren, ich baue Ängste<br />
ab, werde freier. Ich wachse. Und solange das<br />
so ist - und ich hoffe, es wir lange noch so sein<br />
- packe ich alle 3 Monate meinen Koffer und<br />
fahre wieder hin, nach Berlin.<br />
Eva Gaul<br />
Jeweils am Dienstagabend treffen sich Teilnehmende aus Kursen zum gemeinsamen Probieren in den<br />
Räumen der Stiftung. Wer Erfahrungen aus Kursen mitbringt und dazukommen möchte, ist willkommen.<br />
Kontakt: Dunda Scheel Tel. 030-787 18 508.
8<br />
Brief aus Bethlehem<br />
Margit Lindner ist seit vielen Jahren Teilnehmerin in Kursen zu Fragen und Aufgaben aus der Arbeit<br />
<strong>Gindler</strong>s und <strong>Jacoby</strong>s. Sie hat sich vor eineinhalb Jahren für eine dreijährige Mitarbeit am Caritas Baby<br />
Hospital in Bethlehem verpflichtet. In einem Brief von Mai <strong>2006</strong> (noch vor dem aktuellen Konflikt zwischen<br />
Israel und dem Libanon) berichtete sie von ihrer Arbeit und ihrem Aufenthalt:<br />
Die Zeit läuft hier so schnell davon, die Hälfte<br />
meines Einsatzes ist schon vorbei. Es geht mir<br />
gut, und Gewöhnungsprozesse machen jetzt<br />
vieles leichter. In der Einarbeitungszeit habe ich<br />
viel an die Arbeit von <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> und <strong>Elsa</strong><br />
<strong>Gindler</strong> gedacht, und ich war so dankbar, dass<br />
ich in den Kursen ein Werkzeug zur Verfügung<br />
bekam, um immer wieder Kraft, Stille und Gelassenheit<br />
zu finden. Besonders in der Einarbeitungszeit<br />
im Hospital und eigentlich jetzt noch<br />
in allen Bereichen meines Alltags hilft es mir<br />
sehr, einfach mir Fragen zu formulieren und<br />
offen für die Antworten zu sein. Dieses Vorgehen<br />
verhindert, dass ich den Schwierigkeiten<br />
ausgeliefert bin und hilft mir, die Situation besser<br />
zu erkennen. Die Menschen kennen mich<br />
nun in Bethlehem, und wenn ich Einkaufen gehe,<br />
werde ich begrüßt oder man winkt mir zu.<br />
Das vermittelt mir ein Gefühl von Dazugehörigkeit,<br />
was mir gut tut. Mit meiner Arbeit im Hospital<br />
bin ich nun sehr verwurzelt, und ich spüre<br />
die Akzeptanz der Kolleginnen auf Station. In<br />
meiner Physiotherapie-Abteilung haben wir ein<br />
gutes Miteinander, und dadurch können wir<br />
auch viele neue Schritte anpacken.<br />
Ich fange jetzt an, Vorträge zu halten und Fortbildungen<br />
zu unterrichten, besonders um Ärzte<br />
des Krankenhauses über unsere Anwendungen<br />
und Behandlungskonzepte aufzuklären. Es ist<br />
ein Jammer, dass die Mediziner so wenig über<br />
die Möglichkeiten der Physiotherapie Bescheid<br />
wissen. Vor einigen Wochen hielt ich einen<br />
Vortrag zum Thema "Erlernen von Bewegung".<br />
Dabei konnte ich viele Dias von unserer täglichen<br />
Arbeit mit unseren Kindern zeigen [...]. Ich<br />
pflege jetzt Kontakt zu den Physiotherapie-<br />
Dozenten der Universitäten Bethlehem und Al<br />
Quds. Dadurch ergeben sich Gelegenheiten<br />
zum Fachaustausch, und unsere Arbeit wird in<br />
den Fachkreisen bekannt. Den Studierenden<br />
wird in der Ausbildung viel Theorie vermittelt,<br />
leider fehlt es an praxisorientiertem Unterricht.<br />
Deshalb müssen unsere Praktikantinnen erst<br />
einmal intensiv eingewiesen werden, bevor sie<br />
unsere Kinder behandeln können.<br />
Heute war ich zu Examensprüfungen in der<br />
Ostjerusalemer Al Quds-University eingeladen.<br />
Diese Universität macht den Eindruck, stark am<br />
Islam orientiert zu sein. Sie wird von Saudi Arabien<br />
mitfinanziert. Für mich war es sehr befremdlich,<br />
die Studentinnen teilweise mit Gesichtsschleiern<br />
zu sehen. Von einigen Ausnahmen<br />
abgesehen, trugen alle jungen Frauen lange<br />
Mäntel und Kopftücher, die sie auch während<br />
des Unterrichts nicht ablegen. Nun<br />
verstand ich, warum es kaum praktischen Unterricht<br />
gibt. Zu meiner Freude mahnte einer<br />
der anwesenden Ärzte an, dass die Studierenden<br />
innerhalb ihrer Ausbildung zu eigener Körperwahrnehmung<br />
herangeführt werden sollten,<br />
damit sie ihre Erfahrungen in ihre spätere Arbeit<br />
integrieren. Er begründete es damit, dass<br />
die Unfallhäufigkeit in Palästina auf ein unterentwickeltes<br />
Körpergefühl der Gesamtbevölkerung<br />
zurückzuführen sei. Die Physiotherapeuten<br />
seien die Berufsgruppe, die hier etwas verändern<br />
könnte. Dabei war die Situation gerade so,<br />
dass wir im Hörsaal vor Hitze fast umkamen.<br />
Bei dieser unerträglichen Hitze waren die Studentinnen<br />
nach islamischen Regeln gekleidet.<br />
Mit hochroten Gesichtern saßen sie schweißtriefend<br />
in ihren Bankreihen. Es wäre spannend,<br />
über Seminare zum Thema "Körperwahrnehmung"<br />
etwas in Bewegung zu bringen. Die unzweckmäßige<br />
Kleidung der jungen muslimischen<br />
Frauen bedrückt mich oft, da sie die<br />
Frauen in ihrer Beweglichkeit so sehr einschränkt.<br />
Der tägliche Wahnsinn hier in Palästina wird an<br />
unzähligen Beispielen im gesellschaftlichen<br />
Zusammenleben, in der Politik, in der Religion,<br />
im Bildungswesen deutlich. [...] Dabei fällt es<br />
mir schwer, wertneutral zu bleiben und mir eine<br />
objektive Meinung zu bilden. Das aufgeheizte
9<br />
Klima schlägt sich auch auf mein Lebensgefühl<br />
nieder. Fast täglich höre ich Schüsse fallen, und<br />
oft berichtet man mir am nächsten Tag von<br />
Erschießungen. Verhaftungen finden ständig<br />
statt, auch in meinem Bekanntenkreis. Es ist<br />
fast nicht möglich, die Tatsachen zu erfahren,<br />
da oft übertrieben wird und die Schilderungen<br />
einseitig sind. Die Darstellungen sind immer so,<br />
dass Israel grundsätzlich die Schuld an allem<br />
hat, wogegen die Palästinenser immer die Opfer<br />
sind. Ich werde täglich vom Deutschen Vertretungsbüro<br />
in Ramallah mittels Internet über alle<br />
Vorfälle informiert und auch gewarnt, wenn es<br />
Bombendrohungen oder Kidnapping-<br />
Ankündigungen gibt. Zum Beispiel wurden wir<br />
nach der Veröffentlichung der Mohammad-<br />
Karikaturen aufgefordert, uns nicht in der<br />
Westbank aufzuhalten. Das heißt auch, möglichst<br />
Bethlehem zu meiden. Dann dürfen wir<br />
einige Tage das Klinikgelände nicht verlassen.<br />
Oft entstehen Straßenschlachten unvorhergesehen,<br />
und so bin ich im März nichtsahnend mit<br />
meinem Auto einmal zwischen die Fronten geraten.<br />
Manchmal kann ich mir nicht vorstellen,<br />
wie das Leben für die Menschen hier weitergehen<br />
soll und niemand weiß, wie die Zukunft<br />
aussehen wird. Um mich zu erholen, muss ich<br />
in Abständen nach Israel, um beim Wandern die<br />
Natur auf mich wirken zu lassen. [...]<br />
Was die aktuelle politische Situation betrifft,<br />
mache ich gerade eine Phase der Verwirrung<br />
durch und verstehe gar nicht mehr, was hier<br />
wirklich abläuft. Ich merke nur, dass ich mich<br />
gefühlsmäßig nicht mehr heraushalten kann<br />
und manchmal richtig verzweifelt bin. Da ich<br />
jetzt eine Beziehung zum Land und zu den Menschen<br />
habe, berührt mich die Verfahrenheit und<br />
Ausweglosigkeit aus der Gewaltspirale noch viel<br />
mehr. [...]<br />
Margit Lindner<br />
Betriebliche Gesundheitsförderung der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung<br />
Biel-Seeland, Schweiz<br />
Im Rahmen eines Angebots der betrieblichen<br />
Gesundheitsförderung fand im Januar und Februar<br />
2005 ein Kurs zum Thema „Rückenschmerzen<br />
lindern und verhindern“ unter der<br />
Leitung von Edith de Jaco-Stebler, Gymnasiallehrerin,<br />
statt. Der Kurs wurde von der Koordinationsstelle<br />
Gesundheit und Arbeitssicherheit<br />
des Personalamtes des Kantons Bern unterstützt.<br />
Ausgehend von der eigenen `Rückengeschichte´<br />
arbeiteten die 12 Teilnehmenden an<br />
einer verbesserten Zustandswahrnehmung. Ziel<br />
war ein angemessenerer Umgang mit dem eigenen<br />
Körper bei der Arbeit und im Alltag. Teil<br />
des Kurses waren Aufgaben aus der Arbeit von<br />
<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> (1885-1961).<br />
Zum Thema Sitzen: Examensprüfung 2003
10<br />
Eindrücke von Teilnehmenden<br />
„Ich bin aufmerksamer beim Sitzen, Stehen, Gehen und verspanne mich weniger.“<br />
„Es war insbesondere eine Art Aha-Erlebnis zu erfahren, dass es nicht darum geht, eine bestimmte Haltung<br />
einzunehmen, eine Ermahnung, die mich lange Zeit begleitet hat und von der ich mich nun versuche<br />
zu verabschieden.“<br />
„[...] zurück bleibt: eine beträchtlich gesteigerte Sensitivität und Aufmerksamkeit gegenüber meiner<br />
Haltung, sei es im Sitzen, Gehen oder Stehen, einfache, eingängige Bilder und Vergleiche, wie sich eine<br />
sinnvolle und angepasste Haltung anfühlt, [...]“<br />
Musik<br />
Die Quadratur des Kreises oder warum wir Wasser ins Meer gießen wollen...<br />
Zu einer Fortbildung an der Städtischen Musikschule Schwäbisch Gmünd<br />
Nicht nur einmal habe ich mir in meiner mehr<br />
als 25-jährigen Tätigkeit als Musikschullehrer<br />
die Frage gestellt: gleicht der Versuch, einem<br />
Kind Musik „beibringen“ zu wollen, nicht der<br />
„Quadratur des Kreises“? Kann man das ausdrucksvolle<br />
Musizieren überhaupt methodisch<br />
lehren? Mit meinen Kolleg/innen habe ich immer<br />
wieder - zum Teil sogar recht leidenschaftliche<br />
- Diskussionen über dieses Thema geführt.<br />
Die Missstände, die dabei zur Sprache kamen<br />
und die von uns meist mit einem eher diffusen<br />
und hilflosen Unbehagen empfunden wurden,<br />
waren immer die gleichen: eintönige Unterrichtsstunden,<br />
mangelnde Motivation der Schüler-/innen<br />
zu üben, leblose und langweilige<br />
Musikdarbietungen. Und dann las ich auf Empfehlung<br />
eines Freundes die Protokolle der Musikkurse<br />
von <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>: „Musik: Gespräche<br />
– Versuche 1953-1954“.<br />
Schon nach kurzer Zeit fesselte mich dieses<br />
Buch dermaßen, dass ich es so intensiv und<br />
aufmerksam las, wie selten ein Buch zuvor. Im<br />
Geist konnte ich jede Aussage und Analyse von<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> zu Begabung, Zweckmäßigkeit<br />
etc. unterstreichen! Und mit fortschreitender<br />
Lektüre wurde mir immer klarer, wo die Ursache<br />
für die oben beschriebene Misere zu finden<br />
ist…und dass wir mit unserer althergebrachten<br />
Musikpädagogik offenbar „unzweckmäßig“<br />
handeln und obendrein auch noch versuchen,<br />
„Wasser ins Meer zu gießen“!<br />
Zudem führte mich die Beschäftigung mit den<br />
Ideen <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s dazu, meine eigene<br />
musikalische Biographie bewusst zu reflektieren:<br />
als Kind hatte ich autodidaktisch mit dem<br />
Gitarre-Spielen begonnen, rein nach dem Gehör,<br />
Noten hatte ich nie gelernt. Ich konnte<br />
mich lange und ausdauernd damit beschäftigen,<br />
immer wieder neue Dinge auf der Gitarre auszuprobieren.<br />
Später erhielt ich dann auch „richtigen“<br />
Musikunterricht, zuerst privat, dann an<br />
einer Musikschule. Noten lesen habe ich allerdings<br />
erst mit 15 Jahren gelernt, was mich übrigens<br />
nicht daran gehindert hat, ein - in aller<br />
Bescheidenheit - guter vom-Blatt-Spieler zu<br />
werden. Der Unterricht an der Musikschule hat<br />
mir meistens Spaß gemacht, weil mein Lehrer,<br />
der ausgebildeter Sänger war und Gitarre „nur“<br />
als Nebenfach unterrichtete, die Musik und<br />
nicht das technische Handwerk in den Mittelpunkt<br />
des Unterrichts stellte und mir auf alle<br />
Fragen, die während meiner autodidaktischen
11<br />
Experimente aufgetaucht waren, einleuchtende<br />
Erklärungen liefern konnte, so dass ich häufig<br />
recht interessante „Aha-Erlebnisse“ hatte.<br />
Dann folgten Studium, Diplom, feste Anstellung<br />
als Gitarrenlehrer an einer Musikschule. Und<br />
leider folgte auch schon während des Studiums<br />
eine immer stärkere Entfremdung von der Musik,<br />
da ich mich immer mehr auf den technischen,<br />
akademischen Teil des Gitarrenspiels<br />
konzentrierte und fast nichts mehr nach Gehör<br />
spielte (und dann auch gar nicht mehr konnte!).<br />
Wenn mir meine Schüler/-innen ihre Lieblings-<br />
Kassetten und CDs in den Unterricht mitbrachten<br />
und nachspielen wollten, war meine reflexartige<br />
Antwort: Noten kaufen! Es dauerte eine<br />
ganze Weile, bis ich überhaupt auf die Idee<br />
kam, dass man das eigentlich auch nach Gehör<br />
versuchen könnte! Und auf einmal war sie wieder<br />
da, die Freude am Raushören, Ausprobieren<br />
und Improvisieren! Während ich sonst beim<br />
Üben häufig auf die Uhr geschaut hatte, stellte<br />
ich auf einmal fest, dass ich beim Abhören und<br />
Nachspielen völlig das Zeitgefühl verlor- die<br />
Schüler/-innen übrigens auch...<br />
So begann ich dann Konsequenzen für den<br />
Unterricht an der Musikschule zu ziehen: keine<br />
Instrumental-Schulen mehr für Kinder im Anfangsunterricht,<br />
die Notenschrift führte ich erst<br />
nach einigen Monaten ein, um eigene Ideen und<br />
kleine Kompositionen aufschreiben zu können,<br />
viel Nachspielen nur nach Gehör und Improvisation.<br />
Ich war immer wieder überrascht, wie die<br />
Schüler/innen kreative Lösungen fanden, oft<br />
interessanter als die Ideen ihres Lehrers…und<br />
nun verstand ich auch den Satz des Zen-<br />
Meisters: des Anfängers Geist hat viele Möglichkeiten,<br />
der des Experten hat nur wenige…<br />
Bei der weitergehenden Beschäftigung mit <strong>Jacoby</strong>s<br />
Aussagen wurde mir aber auch klar, dass<br />
die Änderungen in meinem Unterricht noch<br />
nicht konsequent und weit reichend genug waren.<br />
Nächster Gedanke: wir könnten doch an<br />
unserer Musikschule eine Fortbildung durchführen,<br />
um die pädagogischen Ansätze <strong>Heinrich</strong><br />
<strong>Jacoby</strong>s besser kennen zu lernen und allen Kolleg/innen<br />
Zugang dazu zu verschaffen. Also<br />
setzte ich mich mit der <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<br />
<strong>Gindler</strong> Stiftung in Verbindung und freute mich<br />
sehr, dass die Stiftung meiner Anfrage nach<br />
einer Fortbildung für unsere Musikschullehrkräfte<br />
sofort aufgeschlossen gegenüberstand.<br />
Schon nach kurzer Zeit war alles schnell und<br />
unbürokratisch organisiert, die Stiftung sagte<br />
zu, drei Referenten für ein Tagesseminar zu<br />
schicken.<br />
Erste Versuche auf fremden Instrumenten<br />
Im Vorfeld des Termins kamen immer wieder<br />
Kolleginnen und Kollegen neugierig auf mich zu<br />
und fragten: worum geht es denn da eigentlich?<br />
Wer ist <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>? Ist das eine neue Methode?<br />
Am 11. Februar <strong>2006</strong> fand dann in den<br />
Räumen der Städtischen Musikschule Schwäbisch<br />
Gmünd ein Tagesseminar mit den Referenten<br />
Inken Neubauer, Prof. Dr. Rudolf Weber<br />
und Udo Petersen statt. Mit ihrer freundlichen<br />
und kompetenten Art gelang es ihnen, eine<br />
konzentrierte und angenehme Arbeitsatmosphäre<br />
zu schaffen, die mit einer Im-Raum-<br />
Übung gleich zu Beginn weiter aufgelockert<br />
wurde. Die Teilnehmer/innen sollten durch ihre<br />
Positionierung im Raum ihre Meinung zu verschiedenen<br />
Fragen wie z.B. Begabungsbegriff,<br />
Improvisation im Unterricht etc. dynamisch<br />
darstellen. So konnte man im Wortsinn „zu<br />
seiner Meinung stehen“ und unterschiedliche<br />
Positionen reflektieren.<br />
Nach einer Einführung in Aspekte der Arbeit<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s und <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s und einer<br />
Auseinandersetzung mit musikpädagogischen<br />
Positionen anhand von Zitaten ging es am<br />
Nachmittag ganz praktisch weiter. Inken Neubauer<br />
leitete eine Arbeitsgruppe zum Thema
12<br />
Körperbewusstheit beim Musizieren (Aufgaben<br />
aus der Arbeit <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s, z.B. das bewusste<br />
Empfinden der Schwerkraft), Prof. Dr. Rudolf<br />
Weber beschäftigte seine Gruppe mit der Rezeption<br />
von Musik am Beispiel eines zeitgenössischen<br />
Werkes und Udo Petersen schließlich<br />
gab den Musikpädagogen die Gelegenheit, sich<br />
an „fremden“ Instrumenten zu versuchen, um<br />
so aus der Rolle des Anfängers heraus zweckmäßige<br />
Fragestellungen für den Anfangsunterricht<br />
zu finden.<br />
Die Referenten betonten, dass ein Tag viel zu<br />
kurz sei, um einen umfassenden Einblick in die<br />
Arbeit und die weitreichenden Ideen <strong>Jacoby</strong>s zu<br />
bekommen. Dennoch war die Resonanz im<br />
Lehrerkollegium in den abschließenden Stellungnahmen<br />
sehr positiv, wohl nicht zuletzt<br />
deshalb, weil die Dozenten ganz im <strong>Jacoby</strong>’schen<br />
Sinne den Schwerpunkt des Seminars<br />
auf „Ausprobieren“ und „Selbermachen“ gelegt<br />
hatten. Auch der Büchertisch mit den Schriften<br />
der Stiftung wurde eifrig genutzt.<br />
Und die Nachhaltigkeit? Bei einer Gesamtkonferenz<br />
einige Wochen nach dem Seminar sprach<br />
ich das Thema <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> noch einmal an<br />
und siehe da: an der positiven Aufnahme hatte<br />
sich auch nach einer Zeit der Reflektion und<br />
des Ausprobierens nichts geändert. Außerdem<br />
wurde eine Arbeitsgruppe angeregt, in der man<br />
sich in lockerer Runde („<strong>Jacoby</strong>-Frühstück“)<br />
weitergehend austauschen wollte. Und immer<br />
wieder wurde der Wunsch nach einer Fortsetzung<br />
des Seminars geäußert - und die ist natürlich<br />
in Planung!<br />
Jürgen Schenk<br />
Auseinandersetzung mit Elementarem<br />
Entdeckungsreise auf dem Xylophon<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> war bereits in den 20er Jahren<br />
des vorigen Jahrhunderts mit Thesen zur Unzweckmäßigkeit<br />
herkömmlicher Auffassungen<br />
von Genialität und Leistung an die Öffentlichkeit<br />
getreten. Innerhalb seiner gesamten Arbeit<br />
ist Musik Beispiel für einen "Stoff", an dem die<br />
Zweckmäßigkeit von Verhalten überprüft werden<br />
kann. In den 1950er Jahren ließ sich <strong>Jacoby</strong><br />
von Kursteilnehmern zu einem "Musikkurs"<br />
bewegen. Einmal pro Woche kamen die Teilnehmenden<br />
in Zürich mit <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> in<br />
seiner Wohnung zum gemeinsamen Arbeiten<br />
zusammen. Die Transkriptionen der gleichzeitig<br />
mitgeschnittenen Tonbandaufzeichnungen liegen<br />
seit drei Jahren in erweiterter und überarbeiteter<br />
Form vor. Die Neuauflage ist ergänzt<br />
durch die ersten sieben Kursabende, weitere<br />
Abbildungen und eine CD mit Hörbeispielen, die<br />
reale Versuche miterleben lassen. Auch wenn<br />
dies nur kurze Ausschnitte sind, so vermittelt<br />
sich dadurch doch die ansprechende Arbeitsatmosphäre.<br />
Inhaltlich geht es auch in diesem Kurs <strong>Jacoby</strong>s<br />
um grundsätzliche Fragen der Entfaltung. Es<br />
sind Fragen der Teilnehmenden, an denen <strong>Jacoby</strong><br />
anknüpft, und durch die er neue Fragestellungen<br />
eröffnet. Durch Auseinandersetzung mit<br />
Musik werden Voraussetzungen erarbeitet für<br />
eine neuartige, selbständige weitere Auseinandersetzung.<br />
Erarbeiten entsteht hier im Dialog.<br />
Wer mit diesem "Musik-Buch" beginnt, sich der<br />
Arbeit <strong>Jacoby</strong>s zu nähern, kann entdecken, in
13<br />
welch lebendiger Weise es möglich ist, mit Musik<br />
in Kontakt zu kommen. Diese Art zu arbeiten<br />
nährt sich unmittelbar aus lebendigen Erfahrungen.<br />
Durch konkrete Versuche stellt sich<br />
die Grundsatzfrage: Was ist Musik, wie entsteht<br />
sie? Ein Verständnis der jeweiligen Musik sowie<br />
ein Verständnis der "Musiktheorie" entstehen<br />
auf diesem Weg des Erforschens wie nebenbei.<br />
Die Erfahrungen der Teilnehmenden lassen<br />
erkennen, dass sie Musik zunehmend als<br />
"Sprache" erleben können, die durch ihren Gehalt<br />
bewegt, wenn die Äußerung aus unmittelbarem<br />
Kontakt zu echtem Erleben entsteht.<br />
Den Zugang zum Bewegtsein wieder zu erobern,<br />
- was unverstörten Kindern noch eigen ist - ist<br />
die Grundlage lebendiger Äußerung und bildet<br />
die Voraussetzung zum Musizieren und Sprechen.<br />
Wie ein Kind in die Muttersprache hinein<br />
wächst, so wächst es auch in einer Umgebung,<br />
in der Musik in selbstverständlicher Weise zum<br />
Leben gehört, stammelnd, tastend, probierend<br />
und mit Lauten, Tönen und Klängen spielend<br />
allmählich in ein "Musik-Sprechen" hinein. Erarbeiten<br />
entsteht aufgrund von Freude am Immerbesser-Verstehen.<br />
Die Frage nach Begabung<br />
verändert sich durch die Erfahrung einer solchen<br />
Qualität des Erarbeitens zu der Frage: Wie<br />
können "Interesse" und der Kontakt zur jeweiligen<br />
Aufgabe entstehen, so dass einem Menschen<br />
seine Funktionsmöglichkeiten zugänglich<br />
werden?<br />
So wird im Kurs konkret erlebbar, dass nicht<br />
die Begabung, nicht die biologische Ausrüstung<br />
eines Menschen das Problem ungenügender<br />
Leistung ist, sondern vor allem die Vorgehensweise<br />
bei der Erschließung dieser Gaben. Die<br />
Frage nach musikalisch oder unmusikalisch<br />
wird zu einer Frage nach der Einstellung und<br />
dem Verhalten zu Musik.<br />
Musikalische Äußerung ist auch ein psychosoziales<br />
Phänomen. In den konkreten Versuchen<br />
der Kursteilnehmer wird immer wieder die<br />
Bereitschaft zu Angst, zu Enge erlebbar. Die<br />
Teilnehmenden studieren, wie Angst vor dem<br />
Falschmachen Entfaltung behindert. Sie entdecken,<br />
wie Richtiges oft erst auf dem Weg über<br />
Falsches zuverlässig als richtig erkennbar wird.<br />
Der Abbau der Angst bleibt bei <strong>Jacoby</strong> aber<br />
keine Theorie. Auf der Grundlage Vertrauen<br />
schaffender Erfahrungen kann die Bereitschaft<br />
zu Angst abnehmen. Statt Angst vor dem "Vorspielen"<br />
kann "Spielen" aufgrund von Erfülltsein<br />
möglich werden. Den Teilnehmenden wird<br />
durch die Erfahrungen aus den Versuchen bewusst,<br />
welches Verhalten die "antennige"<br />
Struktur unserer Sinnesorgane fordert, um<br />
leichter funktionieren zu können. So ist Hören<br />
nicht nur eine Forderung an die Ohren. Ein lauschender<br />
Zustand als Leiberfahrung vermag die<br />
probierende Person durch den Kontakt zum<br />
Geschehen zu konzentrieren und wird zur erlebbaren<br />
Bedingung für Musizieren.<br />
An welcher Stelle des Buches man auch liest,<br />
an welcher Fragestellung <strong>Jacoby</strong> auch arbeitet,<br />
man wird immer wieder auf das Wesentliche<br />
zurückgeführt. Seine grundlegende und forschende<br />
Arbeit wirkt im Sinne der Selbstnacherziehung.<br />
Es wird deutlich, wie für die "Erziehenden",<br />
die sich mit <strong>Jacoby</strong>s Fragen und Aufgabenstellungen<br />
auseinandersetzen, ein Klärungsprozess<br />
angeregt wird, aus dem sich die<br />
Erziehungsaufgaben neu stellen. Die Arbeit<br />
lässt Vertrauen in das natürliche Qualitätsbedürfnis<br />
unverstörter Kinder wachsen und in<br />
Bezug auf Musik die Forderung nach erfülltem<br />
"Sich-Äussern" entstehen. Die eigene Erfahrung<br />
und die eigene Umwandlung werden zu unverzichtbarerer<br />
Voraussetzung für die Begleitung<br />
von Entfaltungsprozessen anderer Menschen.<br />
Das Buch sei allen empfohlen, die interessiert<br />
sind an lebendiger Auseinandersetzung mit<br />
Elementarem, die nach wachsender Qualität für<br />
ihr eigenes Arbeiten suchen und Freude an der<br />
Entdeckung von Musik haben sowie Freude<br />
daran, sich selbst weiter zu entdecken.<br />
Silvia Hoffmann
14<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> - Musiklehrer an der Odenwaldschule - 1919 bis 1922<br />
Am 16. Oktober 2005 berichtete Rudolf Weber in einem öffentlichen Vortrag in den Räumen der Stiftung<br />
über Ergebnisse seiner Nachforschungen. Wichtige Informationen bekam er durch die Hilfsbereitschaft<br />
von Alexander Priebe, Lehrer und Leiter des Archivs der Odenwaldschule, sowie von Armin Lüthi,<br />
Leiter des Paul-Geheeb-Archivs.<br />
In seinem Bewerbungsschreiben an Paul Geheeb<br />
vom 16. <strong>September</strong> 1919 spricht <strong>Heinrich</strong><br />
<strong>Jacoby</strong> von "üblichen Formen des Musikunterrichts"<br />
und damit von dem „technischen"<br />
Schulfach Gesang, in dem das Singen als Technik<br />
und der zugehörige Lehrstoff, die Lieder,<br />
nach Vorschrift des Staates oder der Kirchen<br />
im Klassenverband vermittelt wurden. Instrumentalunterricht<br />
gab es nur als privaten Einzelunterricht.<br />
Das galt auch an der Odenwaldschule,<br />
wie sowohl Zeugnisse als auch Informationsschriften<br />
der Schule bekunden. <strong>Heinrich</strong><br />
<strong>Jacoby</strong> führt dann weiter aus: "Es gäbe in Oberhambach<br />
manches, was mich veranlassen<br />
könnte, meinen bisherigen Münchener Wirkungskreis<br />
aufzugehen." Er nennt einige Gründe,<br />
nämlich die Arbeit mit "jungen, unverdorbenen<br />
Menschen..." und frei von den Nachkriegsbelastungen<br />
und in günstiger klimatischer Umgebung,<br />
um von Kriegsdienstschäden zu gesunden.<br />
Er berichtet außerdem über seinen<br />
bisherigen Ausbildungs- und Berufsweg und<br />
verweist auf das Konzept einer geplanten Veröffentlichung,<br />
nämlich "Grundlagen einer schöpferischen<br />
Musikerziehung", das aber noch nicht<br />
zur Hand sei. „Die hauptsächlichste Bedingung,<br />
die ich bei einer Übernahme des Unterrichts<br />
stellen müsste, wäre - außer der Sicherung der<br />
Existenz für meine Frau und mich -, dass meine<br />
Tätigkeit mir noch genügend Zeit und Kraft für<br />
eigene Arbeit ließe." Diese Forderung zielt auf<br />
seine Intention, mit der Tätigkeit als Musiklehrer<br />
eine daran orientierte Forschung zu betreiben.<br />
Sodann macht er Angebote: Seine Frau<br />
könne Klavierunterricht geben, „wir könnten<br />
zusammen musikalische Aufführungen, auch in<br />
großem Rahmen veranstalten", außerdem die<br />
Organisation von Kammermusik, vielleicht sogar<br />
die Gründung eines kleinen Orchesters<br />
betreiben.<br />
Paul Geheeb, Gründer und Leiter der Odenwaldschule,<br />
war Hermann Lietz begegnet, kam<br />
an das Landerziehungsheim Haubinda in Thüringen,<br />
gründete zusammen mit Gustav Wyneken,<br />
August Halm und Martin Luserke die „Freie<br />
Schulgemeinde Wickersdorf" und 1910 in Hessen<br />
bei Heppenheim an der Bergstraße die<br />
Odenwaldschule. Als Internat war sie ein Erziehungsheim,<br />
in dem sozial empfindende und<br />
handelnde Staatsbürger geformt werden sollten,<br />
wobei das Leben in der Gemeinschaft nicht<br />
bloß einen notdürftigen Ersatz für ein Familienleben<br />
darstellen, sondern den Ort zur erfolgreichen<br />
Lösung einer Aufgabe bereitstellen sollte,<br />
für die der Organismus der Familie zu eng war.<br />
„Der enge Zusammenhang zwischen Alt und<br />
Jung, der mehr und mehr freundschaftliche<br />
Verkehr, besonders innerhalb der als „Familien"<br />
bezeichneten Gruppen von etwa 6-8 sich um<br />
einen Erzieher scharenden Kindern, erleichtert<br />
die gegenseitige Verständigung über Ziele, Aufgaben<br />
und Einrichtungen unserer Schule ungemein."<br />
Koedukation wurde an der Odenwaldschule<br />
selbstverständlich und bewährte sich.<br />
Auch die Organisation des schulischen Unterrichts<br />
verabschiedet sich von willkürlich hinund<br />
herspringenden Stundenplänen in Zeiträumen<br />
von je 45 Minuten, vielmehr eröffnet sie<br />
den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten,<br />
sich innerlich begründeten, geschlossenen<br />
thematischen Einheiten zuzuwenden und sich<br />
während eines Arbeitsmonats nur mit zwei<br />
solcher Kurse zu beschäftigen. Die Mitbestimmung<br />
der Lernenden ist herausgefordert und<br />
ihre Fähigkeit, Arbeitsabläufe selbst zu organisieren<br />
und durchzuführen. „Der Kampf um die<br />
„Note" fällt ganz weg. Es bedarf dieses unsachlichen<br />
Treibmittels nicht, das jedes innerliche<br />
Verhältnis zur Arbeit ertötet."<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> beschreibt seine Arbeit in seiner<br />
Rede anlässlich der Kunsttagung des Bundes<br />
entschiedener Schulreformer (5. Mai 1921<br />
in Berlin), die unter dem Titel "Grundlagen einer<br />
schöpferischen Musikerziehung" auch publiziert
15<br />
wurde und uns in der Sammlung von Vorträgen<br />
und Aufsätzen „Jenseits von ´Musikalisch' und<br />
´Unmusikalisch'“ vorliegt. Er betont: „Ganz<br />
entscheidend aber half für die Vereinfachung<br />
der Arbeit jene immer konsequenter durchgeführte<br />
Wendung, die zur Selbsterfahrung, zur<br />
Erfahrung der durch die Musik in uns ausgelösten<br />
Spannungs-Vorgänge anleitet, bevor man<br />
sich bewußt für den Stoff, der diese Vorgänge<br />
auslöst, interessiert." Indem er die voraussetzungslose<br />
Entwicklung individueller Wahrnehmungsfähigkeiten<br />
in den Mittelpunkt seiner<br />
Bemühungen stellte, ging er weit über die pädagogischen<br />
Vorstellungen hinaus, die an der<br />
Odenwaldschule, damals galten. Denn trotz<br />
des projektorientierten Kurssystems galten dort<br />
immer noch die verordneten Schulfächer und<br />
war das Anliegen „Musik" - nicht mehr Gesang<br />
- nachrangig neben Hauptfächern wie Latein<br />
und Mathematik.<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> dokumentierte und verdeutlichte<br />
für die eigene Forschung und für die bewusste<br />
Teilnahme der Lernenden jeweilige Leistungsfortschritte,<br />
indem sie von den Schülerinnen<br />
und Schülern aufgeschrieben bzw. notiert<br />
wurden. So konnte er sein Forschungsinteresse<br />
und die Tätigkeit an der Odenwaldschule in<br />
Übereinstimmung bringen. Im <strong>September</strong> 1922<br />
wurden er und seine Frau von Paul Geheeb<br />
verabschiedet. Es hatte Spannungen im gegenseitigen<br />
Kontakt gegeben, bei denen sicherlich<br />
auch das mangelnde Verständnis für <strong>Heinrich</strong><br />
<strong>Jacoby</strong>s Arbeit mitspielte.<br />
Rudolf Weber<br />
Erinnerung<br />
Stille ist der Anfang allen Klanges<br />
Am 21. Mai <strong>2006</strong> fand in der Stiftung ein Vortrag von Eliahu Tavor zum Thema "Klanggestaltung und<br />
freie Improvisation - ein Weg zur Musik" statt. Eliahu Tavor wurde 1922 in Frankfurt geboren, wuchs in<br />
Berlin auf und emigrierte nach 1933 mit seiner Familie nach Palästina. Dort traf er als 13jähriger auf die<br />
Bewegungslehrerin Lotte Kristeller, eine Schülerin von <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> und <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>. Er wurde Geiger<br />
und spielte u.a. im Israel Philharmonic Orchestra. Nach langjähriger anderer Berufstätigkeit kam<br />
Eliahu Tavor zur Musik zurück und fasste seine Erkenntnisse in der Methode der „Klanggestaltung“ zusammen.<br />
Eliahu Tavor lebt heute bei Basel. Im Folgenden zitieren wir Auszüge aus der Tonbandabschrift<br />
von Eliahu Tavors Erzählung.<br />
Ich möchte davon sprechen, wie ich das erste<br />
Mal den Namen '<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>' gehört habe, und<br />
zwar von meiner sehr verehrten Lehrerin Lotte<br />
Kristeller, so dass ich ihn durch mein Leben<br />
tragen konnte und am Ende die "Klanggestaltung"<br />
entwickelt habe. Auch will ich die besondere<br />
geistige Strömung ansprechen, von der<br />
<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> ein Teil war. Es fing damals die<br />
Epoche der Selbstfindung an. Was bis dahin das<br />
Genie war, das herrliche Genie und die Verherrlichung<br />
des Genies, wurde plötzlich zu Selbstfindung.<br />
Konzentration, Bewusstseinsbildung,<br />
Individualismus, Umfeld und Umwelt waren<br />
Themen. Die Exponenten nenne ich die "Neokreativen".<br />
Es geht um Künstler - Maler, Architekten,<br />
Musiker, Schriftsteller, natürlich bis hin<br />
zur Reformpädagogik. Ich hoffe, es wird Ihnen<br />
auch helfen, die Verlebendigung der Zeit in sich<br />
zu erleben. Lesen Sie über diese Zeit, wenn Sie<br />
mit <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> zu tun haben. Wir können das,
16<br />
was sich da entwickelt hat, nur dann weiter<br />
gehen lassen, wenn wir versuchen nachzuvollziehen,<br />
was sie erlebt hat, wenn wir uns die<br />
Vergangenheit zur Gegenwart werden lassen.<br />
Dass ich als Kind diese Stimmung in Berlin,<br />
diese geistige Strömung der 1920er Jahre, aufnehmen<br />
konnte, hängt mit den Umständen<br />
zusammen, in denen ich lebte. Erst viel später<br />
habe ich verstanden, was es war. Erst bei Lotte<br />
Kristeller, merkte ich, dass da etwas Gutes in<br />
mich eingepflanzt worden war.<br />
Mein Thema heute ist 'Bewegung'. Klang ist<br />
Bewegung im Äußeren und Inneren, ist das<br />
Resultat meines Tuns. Der Klang verbreitet sich<br />
im Raum und hat eine bestimmte Gestalt. Sie<br />
können sie benennen. Musikalität ist eine Bewusstseinsarbeit.<br />
In diese müssen wir eintauchen,<br />
wenn wir das musikalische Feld als etwas<br />
Kreatives erleben wollen, beim Hören und beim<br />
Tun. - <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s Medium war die Bewegung.<br />
In diesem Medium hat sie gewirkt, eine Lebensqualität<br />
zu entwickeln und zu realisieren,<br />
Konzentration und Bewusstseinsarbeit. Im Hintergrund<br />
war immer noch der Turnvater Jahn,<br />
der überwunden werden musste.<br />
Ich habe den Namen '<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>' das erste<br />
Mal 1935 in Palästina gehört. Wir lebten damals<br />
in Tel Aviv. Meine Eltern meinten, ich hätte<br />
ein hohles Kreuz und schickten mich, damals<br />
13 jährig, zur "Turnstunde". ... Ich nahm das<br />
Fahrrad und fuhr in die Frischmannstrasse und<br />
kam da in einen netten Hof, voll mit Hibiskusblüten:<br />
rot, gelb. Das sind nicht die Höfe wie<br />
hier, das sind helle Häuser und nicht so hoch,<br />
und dann war der Hof dazwischen. Unten waren<br />
drei Balkontüren zu ebener Erde offen. Und das<br />
war der Gymnastiksaal von Lotte Kristeller, die<br />
wahrscheinlich auch gerade nach Palästina<br />
gekommen war. Lotte Kristeller hat einen sehr<br />
schönen Händedruck gehabt, daran erinnere<br />
ich mich noch. Tief beeindruckt war ich von<br />
ihrer Redensweise. Das war für mich etwas<br />
ganz Neues. Oder vielleicht war es nicht so neu,<br />
ich habe es nur in meinem Elternhaus nicht so<br />
erlebt und überhaupt, in einem fremden Land<br />
wurde viel durcheinander geschwatzt. Diese<br />
stille, bedächtige Redeweise - bedächtig meine<br />
ich, sie dachte nach, wenn sie sprach - hat mich<br />
unglaublich beeindruckt. Dann sagte sie mir:<br />
"Hohles Kreuz, da gibt's nur eins, da gibt's nur<br />
unsern Besenstiel", das waren allerdings schon<br />
Stangen, "leg dich mal da drauf". Ich fing an,<br />
mich mit den Wirbeln da hinauf zu krampfen,<br />
und dann legte ich mich drauf, und dann sagte<br />
sie: "Lass mal die Hände so an der Seite runter."<br />
Ich fühlte die Erleichterung von dieser<br />
Qual. Ich lag auf diesem Besenstiel und fühlte<br />
mich entlastet. Das ist ein Eindruck, den ich bis<br />
heute bewahrt habe. [...]<br />
Arbeit bei Lotte Kristeller um 1946-1948<br />
Also, das war für mich der Anfang. Aber die<br />
Stimme - und in dieser Stimme klang immer<br />
wieder <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> durch: "<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> hat<br />
gesagt, mit <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> haben wir dies oder<br />
das gemacht." Und dieser Name bekam einen<br />
tiefen Klang in mir. Sie sprach das auch mit<br />
einer gewissen Wehmut, dass sie nun so weit<br />
auseinander waren. Sie war ihr sehr zugetan.<br />
Sie hat 13 Jahre bei <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> gearbeitet, und<br />
es war bestimmt für sie sehr schwer, sie zu<br />
verlassen. Und Lotte Kristeller habe ich eben zu<br />
verdanken, dass ich diesen Namen in mir getragen<br />
habe. Ich habe den Namen in mir getragen<br />
durch mein Leben. Lotte Kristeller war übrigens<br />
hier in Berlin noch tätig an Unternehmen,<br />
um Angestellten die Arbeit zu erleichtern durch<br />
richtiges Bewegen, richtiges Atmen, richtiges<br />
Pause machen. Die "Gymnastik des Berufsmenschen"<br />
galt es zu entwickeln, worin sie eng mit<br />
<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> zusammenarbeitete.<br />
Lotte Kristeller benutzte den "Raum", der mich<br />
unglaublich berührte. Sie sagte: "Komm in meinen<br />
Raum", das heißt in den Turnsaal. "Komm<br />
in den Raum. Bring Deine Geige mit." Das war<br />
zwei Jahre später, da war ich schon entschlossen,<br />
Musiker zu werden. Da standen wir, und<br />
ich spielte. Die Türen waren offen, die Leute
17<br />
gingen draußen vorbei, durch den Garten. Und<br />
Lotte Kristeller machte mir Bemerkungen. Zuerst<br />
zu meinem Atmen. Das Atmen war unwahrscheinlich<br />
wichtig für sie. […] Sie guckte<br />
meinen Atem an und sagte: "Ja, Eli, du atmest<br />
gar nicht." "Was heißt, ich atme nicht?" "Du<br />
hast da den Abstrich, das Ausatmen, und der<br />
Aufstrich könnte eventuell Einatmen sein. Aber<br />
das stimmt nicht so ganz. Jedenfalls hast du<br />
die Entlastung, die Entspannung und die Spannung."<br />
Und sie hat mich auf sehr vieles aufmerksam<br />
gemacht, was mir später in meinem<br />
Leben, auch in anderen Situationen, unglaublich<br />
geholfen hat. Dann kam das Stehen ... Ich<br />
hatte dann einen Lehrer, der poliogeschädigt<br />
war und der in Wirklichkeit nur auf einem Bein<br />
stand, und der so spielte, wie sie es mir vorher<br />
gesagt hatte.<br />
Eliahu Tavor bei seinem Vortrag in der Stiftung<br />
Das war das Tolle an der Sache, sie erkannte,<br />
was ein Musiker in Wirklichkeit macht, der seine<br />
Behinderung richtig ausnützen kann. "Wenn<br />
du den Bogen führst und du bewegst dich mit<br />
Geige und Bogen nach links und rechts, dann<br />
nimmst du dir ja von dem Bogenstrich die Kraft.<br />
Geh doch bitte mit der Geige gegen den Bogenstrich,<br />
dann fühlst du hier den Ton. ... Du<br />
kannst mit dieser Saite oder du kannst mit dieser<br />
den Klang machen - gestalten - oder mit<br />
beiden. Da hast du schon viel, viel mehr Möglichkeiten<br />
der Klanggestaltung, einen guten Ton<br />
auf der Geige zu machen." ... Sie hat das behandelt<br />
wie eine echte Geigerin, und sie hat es<br />
durchschaut. Das war für mich eine Erleuchtung.<br />
Ich bin dann später in dieses sehr gute<br />
Orchester gekommen, war einer von den Jungen<br />
dort, habe viel gelernt. Ja, und dann habe<br />
ich auch gelernt, was ich nicht will, die Routine.<br />
Und dann habe ich meinen Lebensweg vollkommen<br />
geändert, musste ja existieren. ... Ich<br />
habe das Orchester verlassen. ...Bin nach Europa<br />
gekommen. War aber nie von der Musik<br />
weg, hab immer irgendwie musiziert, Kammermusik,<br />
Sonaten. ... Und dann eines Tages ...<br />
wie eine Quelle ist es aus mir herausgequollen:<br />
Ich bewegte diese "Klanggestaltung" in mir. Ich<br />
bewegte sie erst lange in der heilpädagogischen<br />
Praxis und schrieb dann in sehr kurzer<br />
Zeit das Buch "Klanggestaltung und freie Improvisation<br />
- ein Weg zur Musik".<br />
Da gehe ich ins Elementare. ... Die eine Seite<br />
des Klanges ist die Bewegung des Klanges im<br />
Raum. Die andere Seite ist unsere Bewegung,<br />
indem wir das Instrument anklingen. Was geschieht?<br />
Jeder von uns hat ein Klangwesen in<br />
seinem Wesen, in seiner Seele. Ich kann's auch<br />
Klangraum nennen. Ein Klangraum in uns, in<br />
dem viele Erinnerungen vergraben sind. ...<br />
Klanggestaltung, das ist ein Prozess vom Werden<br />
der Klangvorstellung in mir bis zum Klang<br />
im Raum, der das widerspiegelt, was ich in mir<br />
habe. ...Wenn ich mich innerlich halten würde,<br />
würde ich so machen (demonstriert an einem<br />
Klangstab). Das wäre ein hässlicher Klang. Dies<br />
(demonstriert) ist ein Klang, wo ich voll in Bewegung<br />
bin, nachdem ich mir vorgestellt habe,<br />
dass das eine dünne Metallplatte ist, die nicht<br />
viel Kraft braucht. Der inhärente Widerstand der<br />
Materie wird überwunden durch mich, durch<br />
meine Bewegung. ... Der Prozess geht also vom<br />
Klangwesen, wo die Erinnerung ist, in die Vorstellung.<br />
Dann wird der inhärente Widerstand<br />
durch strömende Bewegung überwunden und<br />
so strömt der Klang.<br />
Folgendes habe ich vor vier Jahren aufgeschrieben<br />
während ich das Buch "Klanggestaltung"<br />
geschrieben habe: "Es tut sich in mir ein Raum<br />
in Bewegung auf, ganz sacht, in dem meine<br />
Empfindungen bis in die Tiefe gehen. Ich fühle,<br />
dass mir mein Nährboden diesen Raum<br />
schenkt, dass es mit kreativen Impulsen zu tun<br />
hat, die ich in meiner Kindheit und Jugend empfangen<br />
habe und die jetzt zum Tragen kommen.<br />
Seit 'Klanggestaltung' erschienen ist, habe ich<br />
dies Gefühl mehr und mehr. Ich spüre das Band<br />
zwischen damals und heute. Ich versuche zu<br />
formulieren, was damals mit mir geschah. Ich
18<br />
fühle, dass es etwas Kostbares ist, das damals<br />
in mich einsank, dass ich aber die Worte noch<br />
nicht finde. Ich habe heute mit den Kindern<br />
Übungen mit Bachkieseln gemacht. Ich fühlte,<br />
dass ich nicht am Anfang stehe, sondern meine<br />
ganze musikalische Erfahrung sich in dieser<br />
Übung abgerundet hat. Tiefes musikalisches<br />
Erleben spiegelte sich darin und ich war innerlich<br />
dankbar für die Kontinuität, die sich durch<br />
mein Leben zieht, und die sich in Vereinfachung<br />
Ausdruck verschafft. Vereinfachung war auch<br />
die Devise, die in meiner Kindheit und frühen<br />
Jugend jedem Individuum Kreativität zusprach.<br />
[...] Ich spürte diesen Trend teilweise in meinem<br />
Elternhaus und in meinem Umfeld bei Eltern<br />
von Schulkameraden in Berlin. Welche Wege<br />
ich auch seitdem nahm, ich bin heute mit diesem<br />
Anfang vertrauensvoll verbunden. Es war<br />
für mich damals eine Stimmung in der Luft, die<br />
den einzelnen Menschen menschlich ansprach,<br />
seine weiche Seite zu Wort kommen ließ.<br />
Die Zeit der 1920er Jahre beleuchtete Eliahu<br />
Tavor u.a. anhand des folgenden Beispiels:<br />
Paul Hindemith schrieb in einem Brief vom<br />
9.5.1930 an die Mäzenin Elisabeth Sprague-<br />
Coolidge: „Ich habe mich in den letzten Jahren<br />
fast ganz von der Konzertmusik abgewandt und<br />
fast durchwegs Musik mit pädagogischen und<br />
sozialen Tendenzen geschrieben, für Liebhaber,<br />
für Kinder, für Rundfunk, mechanische Musik<br />
etc.. Ich halte diese Art der Komposition wichtiger<br />
als das Schreiben von Konzertwerken, weil<br />
letzteres fast nur noch eine technische Aufgabe<br />
für den Musiker ist, und für die Weiterentwicklung<br />
der Musik kaum etwas getan wird.“ 1922<br />
gründete er deshalb eine allerdings nur kurzlebige<br />
Gemeinschaft für Musik, in deren programmatischer<br />
Erklärung es heißt: „Wir sind<br />
davon überzeugt, dass das Konzert in seiner<br />
heutigen Form eine Einrichtung ist, die bekämpft<br />
werden muss und werden versuchen,<br />
die fast schon verloren gegangene Gemeinschaft<br />
zwischen Ausführenden und Hörern wieder<br />
herzustellen.“<br />
Eliahu Tavor<br />
Eine Nacht hinter dem Kleiderschrank - Erinnerung an Sophie Ludwig<br />
Ursula Asheuer, langjährige Schülerin von Sophie Ludwig, erinnert sich im Folgenden an ein Erlebnis mit<br />
Sophie Ludwig. Aufgeschrieben hat sie es schon vor einigen Jahren. Sie schreibt dazu: "Ich habe angefangen,<br />
meine Riesenberge von angesammelten Papierstapeln abzutragen, Sachen, die ich alle mal<br />
lesen und weiterverarbeiten wollte, wenn ich endlich Zeit dazu habe. ... So fand ich zu meiner großen<br />
Freude diese kleine Erinnerung.“<br />
Wenn Sophie Ludwig gefragt worden wäre, ob<br />
sie eine Erinnerung an mich schreiben wollte,<br />
dann hätte sie bestimmt von dieser halben<br />
Nacht erzählt, die sie bei mir hinter dem Kleiderschrank<br />
arbeitend verbracht hat. Ich war<br />
schon seit einigen Jahren bei ihr im Kurs, hatte<br />
schon viel gelernt, wusste schon, dass ich viel<br />
mehr probieren müsse, um noch viel mehr für<br />
mich zu profitieren, und war ihr sehr, sehr<br />
dankbar für manche Einsicht und die Perspektive<br />
einer höheren Lebensqualität, die sie mir<br />
durch ihre Arbeit aufgewiesen hatte.<br />
In dieser Nacht im Jahr 1980 ging es um das<br />
Korrekturlesen von Druckfahnen. Sie hatte mir<br />
ihre Manuskripte, in denen sie die Tonbandmitschnitte<br />
von Kursen von <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> bearbeitete<br />
und herausgab, zum Korrekturlesen<br />
anvertraut, was mich sehr freute. Einerseits<br />
konnte ich mich auf diese Weise ein bisschen<br />
nützlich machen für sie, und andererseits habe<br />
ich dadurch mehr Zeit mit ihr verbringen und<br />
sie auch bei dieser Arbeit näher erleben dürfen.<br />
Druckfahnen müssen oft von heute auf morgen<br />
fertig sein. An diesem Tag gab es keine Vorwarnung<br />
und keinen Babysitter und somit keine<br />
Möglichkeit für mich, zu Sophie Ludwig zu fahren.<br />
Also entschied sie sich, zu mir zu kommen.<br />
Weil mein Zimmer am nächsten Tag renoviert
19<br />
werden sollte, waren der Kleiderschrank von<br />
der Wand gerückt und alles übrige Mobiliar in<br />
der Mitte zusammengeschoben. Die Wände<br />
kahl und schäbig. Die Teppiche aufgerollt. Die<br />
Gardinen abgenommen... Ungemütlich! Auf der<br />
einen Seite des Schranks stand das Kinderbett,<br />
in dem meine kleine Tochter schlief, denn ihr<br />
Zimmer war frisch gestrichen und roch nach<br />
Farbe, - diesseits saßen wir über den Druckfahnen<br />
an einem kleinen Tisch zwischen Wand und<br />
Schrankrückwand, mit einer Schreibtischlampe,<br />
die das Licht nur nach unten gab. So verschwand<br />
das kahle Ambiente in einem ganz<br />
gemütlichen Halbdunkel.<br />
Aber das Ambiente verschwand sowieso. Wir<br />
haben fünf Stunden am Stück gearbeitet. Ohne<br />
Tee, ohne Ablenkung, ohne Pause. Alles andere<br />
vergessen. Wann immer ich einen bescheidenen<br />
Vorschlag für doch noch eine kleine Textänderung<br />
machte, - kurzes Nachdenken, ggf.<br />
eine Rückfrage, und - abgelehnt! Für stilistische<br />
Aspekte, oder auch für eine größere Klarheit<br />
oder geringere Redundanz hätte sie niemals<br />
eine Veränderung an den authentischen <strong>Jacoby</strong>-<br />
Texten zugelassen! Anders mit Setzfehlern,<br />
orthografischen oder Zeichenfehlern. Die wurden<br />
mit Akribie verfolgt und kenntlich gemacht,<br />
hin und wieder wurde auch noch einmal im<br />
Duden nachgeschaut. Bis zu diesem Tag hatte<br />
Sophie Ludwig die korrigierten Manuskripte<br />
immer nur entgegengenommen, nachgeprüft<br />
und zur Bearbeitung weitergeleitet. Nun korrigierte<br />
sie aktiv mit. Es machte ihr großen Spaß,<br />
die verschiedenen Korrekturzeichen und ihre<br />
Bedeutung kennenzulernen. An diesem Abend<br />
hat sie die Korrekturzeichen im Wesentlichen<br />
gelernt. Sie war schon Ende Siebzig!<br />
Wir sprachen leise. Das schlafende Kind mochte<br />
sie nicht ansehen, um es nicht zu stören. Sie<br />
war schon einen andern Tag dagewesen und<br />
hatte Susanne beim Aufwachen beobachtet. So<br />
viel Freude! So herzliches Entzücken! Eine wunderbare<br />
Frau und große Lehrerin! Als wir eine<br />
ganze Weile nach Mitternacht fertig waren,<br />
eröffnete sie mir, dass sie nun Geburtstag habe.<br />
Es war ein herrlicher Spaß!<br />
Ursula Asheuer<br />
Veranstaltungsberichte<br />
Vertrauen ist das Fundament jeder guten Gemeinschaft<br />
Aus ungewöhnlicher Perspektive beleuchtete Prof. Dr. Malte Faber bei seinem Vortrag am 20. November<br />
2005 das Thema Vertrauen. Während in der Stiftung zumeist die individuellen Erfahrungen einzelner<br />
im Zusammenhang mit der Arbeit <strong>Gindler</strong>s und <strong>Jacoby</strong>s im Mittelpunkt stehen, standen an diesem Vormittag<br />
Fragen gesellschaftlichen Zusammenlebens und sozialer Gerechtigkeit aus volkswirtschaftlicher,<br />
umweltökonomischer und philosophischer Sicht im Vordergrund. Malte Faber hat sich mit Zen-<br />
Buddhismus befasst und setzt sich seit einigen Jahren in Kursen mit der Arbeit <strong>Gindler</strong>s und <strong>Jacoby</strong>s<br />
auseinander. Im Folgenden zitieren wir Ausschnitte aus dem Vortrag von Malte Faber.<br />
"Wir erschweren uns den Zugang zu unserer<br />
gegenwärtigen Situation, wenn wir unsere<br />
Schwierigkeiten nur in wirtschaftlichen Kategorien<br />
beschreiben. ...wenn wir Lösungen ausschließlich<br />
unter ökonomischen Gesichtspunkten<br />
suchen, in der Begrifflichkeit von Wettbewerb,<br />
Wachstum und Effizienz, so wird damit<br />
etwas wesentliches an unseren Problemen<br />
nicht getroffen. ... So sind die Begriffe, die ich<br />
als grundlegend für einen Zugang zum Verständnis<br />
unserer gegenwärtigen Probleme ansehe,<br />
in meiner eigenen Disziplin, den Wirtschaftswissenschaften,<br />
nicht prominent. Es<br />
sind die Begriffe Gemeinschaft, Gerechtigkeit<br />
und gutes Leben. [...]
20<br />
Diskussionen über Gerechtigkeit überschreiten<br />
nicht nur den Rahmen der Wirtschaftswissenschaften,<br />
sondern jeder wissenschaftlichen<br />
Einzeldisziplin. Dazu benötigt man einen Standpunkt<br />
jenseits der Disziplinen. ... Die philosophische<br />
Tradition hat jedoch immer wieder<br />
versucht, die Frage nach der Gerechtigkeit über<br />
die Ebene der Verteilungskämpfe hinauszuheben.<br />
Sie stellte die Frage: 'Was ist gerecht?<br />
Welche Verteilung ist legitim?' in den Horizont<br />
einer viel grundsätzlicheren Frage: 'Wie wollen<br />
wir leben?' Oder: 'Was oder wer wollen wir<br />
sein?' In der Sicht von Aristoteles ist das gute<br />
Leben nicht Privatsache. Die Bestimmung seines<br />
Gehaltes geht die Gemeinschaft an. Für<br />
Aristoteles besteht das Wesen der besten Gemeinschaft<br />
darin, dass sie eine Gemeinschaft<br />
ist, die sich um das gute Leben bemüht. Das<br />
gemeinschaftliche Bemühen um Gerechtigkeit<br />
und gutes Leben macht für Aristoteles die Essenz<br />
der Politik aus. [...]<br />
Es gehört zur Idee der Menschenrechte, dass<br />
jeder für sich selbst finden muss, was ein gutes<br />
Leben ist. Aber gerade wenn man - im Gegensatz<br />
zu jeglichem Fundamentalismus - für diese<br />
Idee plädiert, kommt man um die gemeinschaftliche<br />
Dimension nicht herum. Denn die individuellen<br />
Bilder eines guten Lebens enthalten<br />
wesentliche Anteile, die von einem gemeinschaftlichen<br />
Bild des guten Lebens abhängen.<br />
... Neben äußeren Mitteln und Einkommen verlangt<br />
ein befriedigendes menschliches Leben<br />
die Möglichkeit, bestimmte Fähigkeiten entwickeln<br />
zu können. ... Zudem muss die Gemeinschaft<br />
für die Menschen Möglichkeiten bereitstellen,<br />
bestimmte Dinge tun zu können: Möglichkeiten<br />
zu arbeiten, eine Familie zu gründen,<br />
ein gesellschaftliches Leben zu führen, an der<br />
Politik teil zu haben und sich religiös zu betätigen.<br />
[...]<br />
Die Stärke einer guten Gemeinschaft besteht<br />
darin, dass aus der Erfahrung der wechselseitigen<br />
Abhängigkeit die aktive Fürsorge der Gemeinschaftsmitglieder<br />
untereinander hervorgeht.<br />
... Aber in der Wirtschaft besteht das besondere<br />
Problem, dass sich in ihr Abhängigkeiten<br />
herausbilden, die sich von jeder Art Gemeinschaft<br />
abgekoppelt haben. ... Nur durch<br />
Kräfte außerhalb des Marktes, etwa eine gute<br />
Politik, kann die Wirtschaft in gemeinschaftliche<br />
Bezüge gestellt werden. [...]<br />
Wenn wir versuchen, in der Gemeinschaft zu<br />
einem sinnvollen Bild des guten Lebens beizutragen,<br />
wenn wir versuchen, Gerechtigkeit zu<br />
verwirklichen, müssen wir bald erkennen, wie<br />
wenig wir wissen und wie wenig wir machen<br />
können. [...] Angesichts anscheinender Ausweglosigkeit<br />
sollten wir nicht mutlos werden. Wenn<br />
wir keinen Ausweg sehen, heißt das nicht, dass<br />
es keinen Ausweg gibt. Daher sollten wir stets<br />
bereit sein zu gehen, und Möglichkeiten für<br />
kleine Schritte gibt es fast immer. [...]<br />
Zur Gerechtigkeit, wie ich sie verstehe, gehört<br />
es, dass sie sowohl von unten wie von oben<br />
kommt. Von unten, aus der Erde, das bedeutet:<br />
Wir Menschen müssen uns mit allen Kräften der<br />
Vernunft und allem Einsatz unseres Herzens um<br />
Gerechtigkeit bemühen. Aber Gerechtigkeit<br />
kommt zuerst von oben, bevor sie unten in<br />
vernünftige Vorstellungen gefasst werden kann.<br />
Von oben, das heisst aus dem Bereich, wo unser<br />
Machen und Tun nichts mehr vermag,<br />
kommt insbesondere die Kraft, die es uns ermöglicht,<br />
nach der Gerechtigkeit zu streben.<br />
Diese Kraft ist das Vertrauen. ... Vertrauen<br />
benötigen wir, um Gerechtigkeit in unserem<br />
eigenen Tun nach Möglichkeit wirksam werden<br />
zu lassen. Dieses Vertrauen steht nicht in unserer<br />
Macht, aber wann immer wir es erfahren<br />
und aus ihm heraus handeln, fällt die Resignation<br />
von uns ab. Diese Resignation, die heute<br />
unsere Wirtschaft und Gesellschaft an so vielen<br />
Stellen lähmt, ist eigentlich nur ein Mangel an<br />
Vertrauen. [...]<br />
Vertrauen ist das Fundament jeder guten Gemeinschaft.<br />
[...]"<br />
Malte Faber<br />
Der gesamte Vortrag ist auf der Homepage der Stiftung unter www.jgstiftung.de abzurufen.
21<br />
„Zu weit draußen“ – Eine Autorenlesung in der Stiftung<br />
Niemand ist geschützt vor einem plötzlichen Geschehen, das ihn aus allem herausreißt. Das Buch von<br />
Johannes Groschupf "Zu weit draußen" handelt von einem Mann, der als einziger einen Hubschrauberabsturz<br />
- mit schweren Verbrennungen - überlebt. Am 7. April <strong>2006</strong> las der Autor in den Räumen der<br />
Stiftung aus seinem Buch. Bei dem anschließenden Gespräch wurde gefragt: Wenn ein Ereignis einen<br />
Menschen vor das Nichts stellt, ohne Gewähr zum Weiterleben - was ist es, das ihn wieder ins Leben<br />
führt? Wodurch entsteht in ihm die Kraft zum Weiterleben? Wir zitieren im Folgenden einen kurzen Ausschnitt<br />
aus dem Buch:<br />
"Jeden Samstag holte ich nun Phil und Marlene<br />
ab und zog mit ihnen durch die Stadt. So sehr<br />
sie mich auch drängten, mit ihnen ins<br />
Schwimmbad zu gehen, ich weigerte mich. Ich<br />
fuhr mit ihnen auf den Fernsehturm, und wir<br />
betrachteten die winzig kleinen Autos und die<br />
hastigen Menschen. Ich mochte die Höhe nicht,<br />
der Turm schwankte, wenn ich hinunterblickte,<br />
ich sah mich schon fallen. Ich hielt mich am<br />
Geländer fest und vergaß zu atmen, um alle<br />
Kraft vor dem Aufprall zu sammeln. Der Turm<br />
blieb stehen, und die Kinder merkten von meiner<br />
Unruhe nichts.<br />
Ich nahm sie mit in meine Wohnung, und sie<br />
hockten sich gleich vor den Kohleofen, den ich<br />
vor einigen Tagen angeheizt hatte.<br />
"So was haben wir bei Mama nicht", sagten sie.<br />
Sie legten ihre Hände behutsam auf die heißen<br />
Kacheln und wollten wissen, woher die Wärme<br />
käme. Ich öffnete die Eisentür und ließ sie in<br />
die Glut sehen, die auf ihren Gesichtern widerschien.<br />
"War es im Hubschrauber so heiß?" Phil schaute<br />
mich fragend an, und ich spürte eine Sekunde<br />
lang das Prickeln auf meiner Haut, als die<br />
brennende Benzinwolke auf mich zuraste.<br />
"Mindestens so heiß", sagte ich und schob etwas<br />
Kleinholz nach.<br />
Phil und Marlene halfen mir mit vorsichtigen<br />
Fingern, fütterten den Ofen mit Holz und Kohlebrocken<br />
und stocherten mit einem Schürhaken<br />
die Glut auf.<br />
"Ich hol dich da raus", meinte Phil plötzlich,<br />
"bevor du ganz verbruzelt bist, bleib ganz ruhig."<br />
Ich legte mich aufs Bett, mir war schlecht.<br />
"Macht den Ofen zu, Kinder, es reicht", sagte<br />
ich.<br />
Phil kam näher und drückte seine Handflächen<br />
auf mein Gesicht.<br />
Kraft<br />
"Bleib so liegen, ich mach dir eine neue Haut,<br />
eine goldene", flüsterte er, und Marlene sah<br />
seinen kundigen Verrichtungen interessiert zu.<br />
Oh Gott, wenn Kattrin das erfährt, dachte ich,<br />
als ich Phils weiche Hand auf meiner Stirn fühlte,<br />
auf meinen Wangen, die Fingerkuppen tastend<br />
auf meinen versehrten Lippen, wenn sie<br />
das erfährt, dann bringt sie mich um. Zugleich<br />
genoss ich die freundliche Berührung seiner<br />
Handflächen, die über meine Wangen, meine<br />
Stirn, meinen Mund strich.<br />
Aber die Kinder erwähnten kein Wort davon, als<br />
ich sie zurückbrachte. Sie erzählten nur vom<br />
Kachelofen, den sie gefüttert hatten, und dass<br />
Papa keinen Kakao in der Küche hat."<br />
Johannes Groschupf, "Zu weit draußen", Frankfurt/Main<br />
2005. 175 Seiten, 17.90
22<br />
„Interessieren durch das, wie wir sind...“<br />
Eine Untersuchung zur Praxis der Arbeitsgemeinschaft <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s<br />
Es war der Wortlaut „Jenseits von `Musikalisch´<br />
und `Unmusikalisch´“, der mich neugierig<br />
werden ließ. Während meines Studiums der<br />
Erziehungswissenschaft Musik und Literaturwissenschaft<br />
stieß ich in einer Buchhandlung<br />
zufällig auf die unter diesem Titel herausgegebenen<br />
Zeitschriftenaufsätze <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s,<br />
ohne dass ich den Autor irgendwie gekannt<br />
hätte. Ich war damals schon in Kursen bei Miriam<br />
Goldberg gewesen, ohne jedoch etwas über<br />
die Ursprünge ihrer Arbeit zu wissen. Die in den<br />
Aufsätzen enthaltenen musikpädagogischen<br />
Positionen empfand ich als ausgesprochen<br />
aktuell. Sie betrafen viele Aspekte, die ich in<br />
meiner Ausbildung an der Hochschule für Musik<br />
und Theater in Hamburg weitgehend vermisst<br />
hatte und die ich in weiten Teilen der Musikpädagogik<br />
unberücksichtigt fand, von denen ich<br />
aber ahnte, dass sie entscheidend die (musikalischen)<br />
Ausdrucksmöglichkeiten von Menschen<br />
tangieren.<br />
Nach der Lektüre der wenigen vorhandenen<br />
Publikationen <strong>Jacoby</strong>s suchte ich nach Spuren<br />
der Arbeit <strong>Jacoby</strong>s heute. Durch die Kurse zu<br />
Fragen und Aufgabenstellung aus der Arbeit<br />
von <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> und <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> und das<br />
Kennenlernen einiger verwandter Verfahren<br />
konnte ich erleben, wie sehr ich mich in der<br />
Auseinandersetzung veränderte und sich mir<br />
neue Möglichkeiten und andere Voraussetzungen<br />
z.B. zum Musizieren erschlossen. Ich habe<br />
erlebt, wie diese Erfahrungen allmählich meine<br />
eigene (musik-)pädagogische Arbeit veränderten<br />
und immer noch verändern. Da ich die Arbeit<br />
in sehr unterschiedlichen Ausprägungen<br />
von verschiedenen Schülerinnen der zweiten<br />
und dritten Nachfolgegeneration kennengelernt<br />
habe, begann mich zunehmend zu interessieren,<br />
wie die Arbeit <strong>Jacoby</strong>s ursprünglich aussah.<br />
Da <strong>Jacoby</strong> eine praxis- und erfahrungsorientierte<br />
Arbeit einer theoretischen Vermittlung seiner<br />
Erkenntnisse vorzog, lag es nahe, genau diesen<br />
Aspekt in den Mittelpunkt einer Untersuchung<br />
zu stellen. Dabei interessierte mich, wie die<br />
praxisorientierte Arbeit <strong>Jacoby</strong>s und <strong>Gindler</strong>s<br />
als Ursprünge der heute vermittelten Arbeit<br />
wissenschaftlich zu rekonstruieren ist. In welchem<br />
Kontext ist sie entstanden und worum<br />
ging es <strong>Jacoby</strong>, wenn nicht um eine theoretische,<br />
systematische Vermittlung? Was sind<br />
zentrale Charakteristika seiner Arbeit? Wie ist<br />
<strong>Jacoby</strong> vorgegangen? Und was hat die Arbeit<br />
bei Teilnehmenden bewirkt?<br />
So entstand die Idee zu einem Dissertationsprojekt<br />
zur Arbeit <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s, für das ich<br />
Materialien aus dem Archiv der <strong>Heinrich</strong>-<br />
<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>-Stiftung ausgewertet habe.<br />
Ich bin darin Fragen nach den Ursprüngen, dem<br />
praktischen Vorgehen in der Arbeitsgemeinschaft<br />
und nach konkreten Erfahrungsprozessen<br />
von Teilnehmenden nachgegangen.<br />
Bei der Veranstaltung am 11. Februar 2007<br />
möchte ich über mein Dissertationsprojekt und<br />
meine Erfahrungen bei der wissenschaftlichen<br />
Bearbeitung berichten. Mein Agieren in allen<br />
Phasen des Forschungsprozesses war durch<br />
eine doppelte Perspektive gekennzeichnet und<br />
beeinflusst. Während ich mich im Rahmen dieser<br />
Studie mit der Arbeit <strong>Jacoby</strong>s wissenschaftlich<br />
befasste, setze ich mich weiterhin mit der<br />
Arbeit <strong>Jacoby</strong>s und <strong>Gindler</strong>s praktisch auseinander.<br />
Gerade dieser doppelte Zugang bot<br />
Chancen und Schwierigkeiten. Ich möchte Ergebnisse<br />
aus meiner Untersuchung vorstellen<br />
und damit zur Diskussion anregen. Dabei beziehe<br />
ich mich auch auf aktuelle Lern- und Erfahrungsbegriffe<br />
und werde die Frage nach<br />
unabgegoltenen Impulsen für die heutige pädagogische<br />
Praxis beleuchten.<br />
Inken Neubauer<br />
Am Sonntag, 11. Februar 2007 um 11:30 Uhr (Achtung: Terminverschiebung!) stellt Inken Neubauer<br />
Ergebnisse aus ihrem Dissertationsprojekt vor.
23<br />
Rezension<br />
Gegenäußerung zur Buchbesprechung „Entfaltung statt Erziehung“ im <strong>Rundbrief</strong><br />
2005 der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>- <strong>Gindler</strong>-Stiftung, Berlin<br />
Wir möchten unser Erstaunen äußern über die<br />
Art und Weise, mit der die <strong>Heinrich</strong>-<br />
<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>-Stiftung Berlin in ihrem<br />
<strong>Rundbrief</strong> 2005 das Mitglied einer Partnerorganisation,<br />
der Ruth Matter Stiftung in Zürich,<br />
verunglimpft.<br />
Es geht uns dabei nicht darum, ob die Publikation<br />
Dr. W. Biedermanns Zuspruch findet oder<br />
kritische Ablehnung. Wir lernen gerne aus einer<br />
sachlichen Entgegnung und freuen uns an jedem<br />
Zwiegespräch. Hier wird aber auf die Person<br />
und nicht auf die Sache geschossen, um<br />
mit diesem Wort bewusst auf die kriegerische<br />
Tonart der Rezension hinzuweisen. Wir halten<br />
den Text dieses Artikels für ehrverletzend und<br />
haben diesbezüglich der HJ-EG-Stiftung eine<br />
entsprechende Stellungnahme zukommen lassen.<br />
Dr. W. Biedermann, der etliche wissenschaftliche<br />
Publikationen veröffentlicht hat, des<br />
,schülerhaften Aufsatzes' zu bezichtigen, ist<br />
nicht nachvollziehbar. Die giftige und zynische<br />
Tonart der Rezension ist unverständlich. Hier ist<br />
eine allgemein gültige Grenze der Kritik überschritten,<br />
geschweige denn jene durch die <strong>Jacoby</strong>'schen<br />
Grundlagen sich gebietende. Es ist<br />
nun wirklich nicht statthaft, zum Boykott von<br />
Büchern aufzurufen. (Dies bedarf wohl keiner<br />
weiteren Erläuterung). Die Kritik spricht für sich<br />
und fällt auf die Autoren zurück.<br />
Neben dem schalen Geschmack, den die Rezension<br />
bei uns hinterlässt, bleiben wir perplex<br />
und mit offenen Fragen zurück.<br />
Kann ein solch verbissenes Sich-Äußern eine<br />
zweckmäßige Förderung unserer Arbeit sein?<br />
Woher diese Lust an der Destruktion, an der<br />
Verletzung der Person? Woher so viel Unversöhnlichkeit?<br />
Und dies von Menschen, die sich<br />
seit langer Zeit mit dieser Arbeit beschäftigen!<br />
Ist es Abwehr gegen das Akademische an sich,<br />
gegen das intellektuelle und verstandesmäßige<br />
Sich-Äußern? Woher diese Angst, <strong>Jacoby</strong> einer<br />
wissenschaftlichen Disziplin zuzuordnen und<br />
ihn sekundärliterarisch zu besprechen?<br />
Man kann <strong>Jacoby</strong> nicht einen großen Geist nennen<br />
und ihm gleichzeitig die Einordnung in die<br />
nun mal gegebene wissenschaftliche Ordnungsstruktur<br />
verweigern. Genau das verhindert,<br />
dass <strong>Jacoby</strong> den ihm gebührenden Platz<br />
im geisteswissenschaftlichen Umfeld zugesprochen<br />
erhält und ihn dem immer wieder gehörten<br />
Vorwurf des Zirkelgründers einer sich nicht<br />
erklärenden - elitären oder sektenhaften -<br />
Gruppierung aussetzt. Dies wahrlich wäre <strong>Jacoby</strong>s<br />
Gedankengut auf den Kopf gestellt.<br />
Hannes Zahner<br />
Präsident Ruth Matter Stiftung<br />
Anm. der Redaktion: Die Redaktion bedauert, dass die Besprechung von der Ruth Matter Stiftung als<br />
ehrverletzend aufgefasst worden ist. Die Besprechung ist vor dem Abdruck in der Redaktion eingehend<br />
erörtert worden. Es war der Redaktion wichtig, sie als Meinungsäußerung zu veröffentlichen und damit<br />
Unterschiede im Verständnis der Arbeit <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s zu markieren und eine Diskussion anzustoßen.<br />
Weder von den Autoren noch von der Redaktion war eine Verunglimpfung der Person des Autors beabsichtigt.<br />
Tatsächlich können wir eine solche in der Besprechung auch weiterhin nicht erkennen. Wir<br />
hoffen, dass über die vorhandenen Unterschiede eine konstruktive Auseinandersetzung und ein inhaltlicher<br />
Austausch möglich wird.
24<br />
Termine<br />
Alle Veranstaltungen finden, soweit nicht anders angegeben, in den Stiftungsräumen in Berlin statt.<br />
Vorträge und Buchvorstellung<br />
Vortrag „Lebendigkeit im Moment – Die Photographien von Martin Munkácsi aus Sicht der Arbeit<br />
von <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> und <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>“<br />
Inken Neubauer<br />
Samstag, 14. Oktober <strong>2006</strong>, 17 Uhr<br />
Martin-Gropius-Bau Berlin, Kinosaal, Eintritt frei<br />
Vorstellung von Band 2/3 der Schriftenreihe der Stiftung „Arbeiten bei <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>. Notizen <strong>Elsa</strong><br />
<strong>Gindler</strong>s und Berichte einer Teilnehmerin.“<br />
Marianne Haag und Birgit Rohloff<br />
Sonntag, 26. November <strong>2006</strong>, 11.30 Uhr (Achtung: Terminverschiebung!)<br />
Eintritt frei<br />
Vorstellung von Ergebnissen aus einem Dissertationsprojekt: "Interessieren durch das, wie wir<br />
sind..." - Eine Untersuchung zur Praxis der Arbeitsgemeinschaft <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s<br />
Inken Neubauer<br />
Sonntag, 11. Februar 2007, 11.30 Uhr (Achtung: Terminverschiebung!) Eintritt frei<br />
Kursveranstaltungen (Anmeldung ist erforderlich; Ermäßigungen der Kostenbeiträge sind möglich)<br />
Einführungskurs in Fragen und Aufgabenstellungen von <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> und <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> (Verhaltensstudium<br />
beim Erfahren, Atmen, Bewegen)<br />
Ab 14. <strong>September</strong> <strong>2006</strong>, wöchentlich donnerstags bis 22. Februar 2007 (20 Abende)<br />
Leitung: Birgit Rohloff<br />
Jeweils 19–21 Uhr<br />
Kostenbeitrag: 300,- € - Der Kurs ist belegt.<br />
Verhaltensstudium beim Bewegen<br />
Leitung: Birgit Rohloff<br />
Montags 19–21 Uhr<br />
Kostenbeitrag für jeweils 10 Abende: 150,- €<br />
Fortlaufender Kurs – Einstieg möglich (Teilnahmevoraussetzung: ein Einführungskurs)<br />
Verhaltensstudium beim Bewegen<br />
Leitung: Birgit Rohloff<br />
Freitags 10–12 Uhr<br />
Kostenbeitrag für jeweils 10 Vormittage: 150,- €<br />
Fortlaufender Kurs – Einstieg möglich (Teilnahmevoraussetzung: ein Einführungskurs)
25<br />
Musik gestalten. Angebot an Instrumentalisten, musikalische Aussagen anhand selbstgewählter<br />
kurzer Musikstücke in der Gruppe zu erproben. Merkmalen musikalischen Ausdrucks soll dabei<br />
nachgegangen werden.<br />
Leitung: Prof. Dr. Rudolf Weber<br />
2. bis 7. Oktober <strong>2006</strong>, Anmeldung bis spätestens 18. <strong>September</strong> <strong>2006</strong><br />
Arbeitszeiten: Mo – Do 11–13 Uhr, Fr 14–16 Uhr, Sa 11-13 Uhr<br />
Kostenbeitrag: 120,- €<br />
Musik – Spannung – Empfinden. Der musikalische Ausdruck ist von Empfinden und Spannung getragen.<br />
Dieser Erfahrung nachzugehen, bedarf es keiner besonderen Voraussetzungen. Der Kurs<br />
steht also allen Interessierten offen. Musikinstrumente stehen zur Verfügung.<br />
Leitung: Prof. Dr. Rudolf Weber<br />
28./29. Oktober <strong>2006</strong><br />
Arbeitszeiten: Sa 10–14 Uhr und 15–18 Uhr, So 10–14 Uhr<br />
Kostenbeitrag: 80,- €<br />
Weiterführende Kurse zu Fragen und Aufgabenstellungen von <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> und <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong><br />
Leitung: Marianne Haag<br />
14. bis 21 Oktober <strong>2006</strong><br />
18. bis 25 November <strong>2006</strong><br />
Verhaltensstudium beim Erfahren und Bewegen.<br />
Leitung: Birgit Rohloff<br />
4./5. November <strong>2006</strong><br />
Arbeitszeiten: Sa 11–17 Uhr, So 10–16 Uhr<br />
Kostenbeitrag: 80,- €<br />
(Teilnahmevoraussetzung: ein Einführungskurs)<br />
Arbeitswochenenden:<br />
Hasliberg (Berner Oberland, Schweiz), 23./24 <strong>September</strong> <strong>2006</strong>,<br />
Moderation: Marianne Haag; Arbeitszeiten: Sa ab 13 Uhr bis So 15 Uhr, Kostenbeitrag: 12,- €<br />
Seminar:<br />
Einführung in musikpädagogische Positionen <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s sowie in Fragen und Aufgabenstellungen<br />
von <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> und <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong><br />
Leitung: Inken Neubauer, Udo Petersen<br />
3./4. November <strong>2006</strong><br />
Seminar für Studierende der Schulmusik und Musikpädagogik an der Hochschule für Musik und<br />
Theater Leipzig<br />
Eine Kooperationsveranstaltung der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>.<strong>Gindler</strong>-Stiftung mit der Hochschule für<br />
Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig
26<br />
Vorschau 2007:<br />
Einführungskurs<br />
1. bis 7. April 2007<br />
Leitung: Marianne Haag<br />
Weiterführende Kurse<br />
12. bis 19. Mai 2007<br />
13. bis 20. Oktober 2007<br />
10. bis 17. November 2007<br />
Leitung: Marianne Haag<br />
Arbeitswochenenden<br />
27./28. Januar 2007, Hasliberg<br />
22./23. <strong>September</strong> 2007, Hasliberg<br />
Moderation: Marianne Haag<br />
24./25. Februar 2007, Berlin<br />
Moderation: Birgit Rohloff<br />
Gastveranstaltung in den Räumen der Stiftung:<br />
Einführung in die „Klanggestaltung“<br />
Leitung: Eliahu Tavor<br />
10./11. März 2007<br />
Arbeitszeiten: 9-12 Uhr und 14–17 Uhr<br />
Teilnehmerzahl: 6–9 Personen<br />
Kostenbeitrag: 170,- €.<br />
Anmeldung bis 31.12.<strong>2006</strong> direkt an Eliahu Tavor, Hauptstraße 10, 4145 Gempen (Schweiz),<br />
Tel 0041 61 801 10 67; e-mail: aketelaars@vtxmail.ch<br />
Die Autorinnen und Autoren<br />
Ursula Asheuer war Referentin für die Didaktik des Englischunterrichts an der Grundschule am Pädagogischen<br />
Zentrum, Berlin. Sie lebt in Berlin<br />
Dr. Malte Faber war Professor für Volkswirtschaftslehre und geschäftsführender Direktor des Interdisziplinären<br />
Instituts für Umweltökonomie an der Universität Heidelberg. Er lebt in Heidelberg.<br />
Eva Gaul ist Atempädagogin und lebt in Bremen.<br />
Johannes Groschupf ist Journalist und Schriftsteller und lebt in Berlin.<br />
Marianne Haag ist Leiterin von Kursveranstaltungen der Stiftung und lebt in Hasliberg/Schweiz.<br />
Silvia Hoffmann ist Physiotherapeutin, Musikerin und Feldenkrais-Lehrerin. Sie lebt in Freiburg/Br.
27<br />
Margit Lindner ist Physiotherapeutin und Ausbilderin. Sie lebt z. Zt. in Bethlehem.<br />
Inken Neubauer ist freiberufliche Musikpädagogin und Chorleiterin, Doktorandin an der Fakultät für<br />
Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg. Sie lebt in<br />
Hamburg.<br />
Carola Portenlänger leitet ein Hotel bei München und lebt in Grünwald bei München.<br />
Birgit Rohloff ist Physiotherapeutin und Leiterin von Kursveranstaltungen der Stiftung. Sie lebt in Berlin.<br />
Jürgen Schenk ist stellvertretender Leiter der Städtischen Musikschule Schwäbisch Gmünd. Er lebt in<br />
Schwäbisch Gmünd.<br />
Eliahu Tavor ist Musiker und Pädagoge. Er lebt in Gempen/Schweiz.<br />
Dr. Rudolf Weber war Professor für Musikwissenschaft und Rektor der Universität Hildesheim. Er lebt in<br />
Hannover.<br />
Übersicht über die von der Stiftung herausgegebenen und lieferbaren Titel<br />
Jenseits von ,Begabt’ und ,Unbegabt’<br />
Zweckmäßige Fragestellung und zweckmäßiges Verhalten – Schlüssel für die Entfaltung des Menschen<br />
Dokumentation des Einführungskurses von <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> 1945 in Zürich. Herausgegeben von Sophie<br />
Ludwig. 6., durchgesehene Auflage. Hamburg: Christians 2004, 368 Seiten, Broschur, 25,- €<br />
Musik: Gespräche – Versuche 1953 – 1954<br />
Dokumentation des Musikkurses von <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> aus den Jahren 1953 und 1954. In erster Auflage<br />
herausgegeben von Sophie Ludwig. Von Rudolf Weber überarbeitete Neuauflage mit Hörbeispielen auf<br />
einer CD. Hamburg: Christians 2003, 376 Seiten, Broschur, 25,- €<br />
Erziehen – Unterrichten – Erarbeiten<br />
Dokumentation aus Kursen <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>s in Zürich 1954/55. Bearbeitet von Sophie Ludwig.<br />
Hamburg: Christians 1989, 164 Seiten, Ppbd. 16,80€. Beim Verlag vergriffen, über die Stiftung noch<br />
beziehbar.<br />
<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> – von ihrem Leben und Wirken<br />
,Wahrnehmen, was wir empfinden’<br />
Textauswahl und Darstellung von Sophie Ludwig, bearbeitet von Marianne Haag.<br />
Hamburg: Christians 2002, 200 Seiten, Broschur, 18,- €<br />
Norbert Klinkenberg: Moshé Feldenkrais und <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> – eine Begegnung<br />
Schriftenreihe der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>-Stiftung, Band 1, 2. Aufl. 2005, 64 Seiten, Broschur,<br />
14,- €<br />
Marianne Haag/Birgit Rohloff (Hrsg.): Arbeiten bei <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>. Notizen <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>s und Berichte einer<br />
Teilnehmerin. Schriftenreihe der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>-Stiftung, Band 2/3, <strong>2006</strong>, 184 Seiten,<br />
Broschur, 30,- € (lieferbar ab Oktober <strong>2006</strong>)<br />
Sämtliche Titel (außer „Erziehen …“) sind zu beziehen über den Buchhandel, sofern dies Schwierigkeiten<br />
bereitet, auch unmittelbar bei der Stiftung.
28<br />
Impressum<br />
Herausgegeben vom Vorstand der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>-Stiftung<br />
V.i.S.d.P.: Dr. H.P. Wüst, Nassauische Strasse 64, 10717 Berlin<br />
Redaktion: Wolfgang von Arps-Aubert, Marianne Haag, Inken Neubauer<br />
Gestaltung: Katrin Elste<br />
Mit vollem Namen gezeichnete Beiträge decken sich nicht unbedingt mit der Meinung der Redaktion.<br />
Redaktionsschluss für den <strong>Rundbrief</strong> <strong>Nr</strong>. 9/2007: 30.06.2007<br />
Photo auf S. 2: Entnommen aus dem Buch: <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> – von ihrem Leben und Wirken. Hamburg 2002.<br />
Photo auf S. 4: Martin Munkácsi: "Kindersport - Junge tritt einen Fußball" Anfang 1930er Jahre. ullstein<br />
bild 00175780.<br />
Photo auf S. 6: Elfriede Hengstenberg. Entnommen aus dem Buch: Elfriede Hengstenberg: Entfaltungen.<br />
Bilder und Schilderungen aus meiner Arbeit mit Kindern. Freiamt 1991.<br />
Photo auf S. 9: Rudolf Klaffenböck: Abschlussprüfung der Fach- und Berufsoberschule 2003 - Entnommen<br />
aus dem Buch: Nibelungenhalle – Räume der Erinnerung. Stutz 2005.<br />
Photo auf S. 11: Jürgen Schenk.<br />
Photo auf S. 12: Entnommen aus dem Buch: <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>: „Musik: Gespräche – Versuche“. Hamburg<br />
2003.<br />
Photo auf S. 16: Archiv der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>-Stiftung.<br />
Photo auf S. 17: Rudolf Weber.<br />
Photo auf S. 21: Marian Reismann. Entnommen dem Buch: Elfriede Hengstenberg: Entfaltungen. Bilder<br />
und Schilderungen aus meiner Arbeit mit Kindern. Freiamt 1991.<br />
Auflage: 500 Exemplare.<br />
<strong>Heinrich</strong>-<strong>Jacoby</strong>/<strong>Elsa</strong>-<strong>Gindler</strong>–Stiftung<br />
Gemeinnützige Stiftung des privaten Rechts.<br />
Teplitzer Str. 9, 14193 Berlin (Grunewald)<br />
Telefon: (030) 89 72 96 05<br />
Fax: (030) 89 72 96 04<br />
www.jgstiftung.de<br />
E-Mail: info @jgstiftung.de<br />
Bankverbindung: Konto <strong>Nr</strong>. 720009057 bei der Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00).