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Rundbrief Nr. 8 (September 2006) - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler ...

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<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> - Musiklehrer an der Odenwaldschule - 1919 bis 1922<br />

Am 16. Oktober 2005 berichtete Rudolf Weber in einem öffentlichen Vortrag in den Räumen der Stiftung<br />

über Ergebnisse seiner Nachforschungen. Wichtige Informationen bekam er durch die Hilfsbereitschaft<br />

von Alexander Priebe, Lehrer und Leiter des Archivs der Odenwaldschule, sowie von Armin Lüthi,<br />

Leiter des Paul-Geheeb-Archivs.<br />

In seinem Bewerbungsschreiben an Paul Geheeb<br />

vom 16. <strong>September</strong> 1919 spricht <strong>Heinrich</strong><br />

<strong>Jacoby</strong> von "üblichen Formen des Musikunterrichts"<br />

und damit von dem „technischen"<br />

Schulfach Gesang, in dem das Singen als Technik<br />

und der zugehörige Lehrstoff, die Lieder,<br />

nach Vorschrift des Staates oder der Kirchen<br />

im Klassenverband vermittelt wurden. Instrumentalunterricht<br />

gab es nur als privaten Einzelunterricht.<br />

Das galt auch an der Odenwaldschule,<br />

wie sowohl Zeugnisse als auch Informationsschriften<br />

der Schule bekunden. <strong>Heinrich</strong><br />

<strong>Jacoby</strong> führt dann weiter aus: "Es gäbe in Oberhambach<br />

manches, was mich veranlassen<br />

könnte, meinen bisherigen Münchener Wirkungskreis<br />

aufzugehen." Er nennt einige Gründe,<br />

nämlich die Arbeit mit "jungen, unverdorbenen<br />

Menschen..." und frei von den Nachkriegsbelastungen<br />

und in günstiger klimatischer Umgebung,<br />

um von Kriegsdienstschäden zu gesunden.<br />

Er berichtet außerdem über seinen<br />

bisherigen Ausbildungs- und Berufsweg und<br />

verweist auf das Konzept einer geplanten Veröffentlichung,<br />

nämlich "Grundlagen einer schöpferischen<br />

Musikerziehung", das aber noch nicht<br />

zur Hand sei. „Die hauptsächlichste Bedingung,<br />

die ich bei einer Übernahme des Unterrichts<br />

stellen müsste, wäre - außer der Sicherung der<br />

Existenz für meine Frau und mich -, dass meine<br />

Tätigkeit mir noch genügend Zeit und Kraft für<br />

eigene Arbeit ließe." Diese Forderung zielt auf<br />

seine Intention, mit der Tätigkeit als Musiklehrer<br />

eine daran orientierte Forschung zu betreiben.<br />

Sodann macht er Angebote: Seine Frau<br />

könne Klavierunterricht geben, „wir könnten<br />

zusammen musikalische Aufführungen, auch in<br />

großem Rahmen veranstalten", außerdem die<br />

Organisation von Kammermusik, vielleicht sogar<br />

die Gründung eines kleinen Orchesters<br />

betreiben.<br />

Paul Geheeb, Gründer und Leiter der Odenwaldschule,<br />

war Hermann Lietz begegnet, kam<br />

an das Landerziehungsheim Haubinda in Thüringen,<br />

gründete zusammen mit Gustav Wyneken,<br />

August Halm und Martin Luserke die „Freie<br />

Schulgemeinde Wickersdorf" und 1910 in Hessen<br />

bei Heppenheim an der Bergstraße die<br />

Odenwaldschule. Als Internat war sie ein Erziehungsheim,<br />

in dem sozial empfindende und<br />

handelnde Staatsbürger geformt werden sollten,<br />

wobei das Leben in der Gemeinschaft nicht<br />

bloß einen notdürftigen Ersatz für ein Familienleben<br />

darstellen, sondern den Ort zur erfolgreichen<br />

Lösung einer Aufgabe bereitstellen sollte,<br />

für die der Organismus der Familie zu eng war.<br />

„Der enge Zusammenhang zwischen Alt und<br />

Jung, der mehr und mehr freundschaftliche<br />

Verkehr, besonders innerhalb der als „Familien"<br />

bezeichneten Gruppen von etwa 6-8 sich um<br />

einen Erzieher scharenden Kindern, erleichtert<br />

die gegenseitige Verständigung über Ziele, Aufgaben<br />

und Einrichtungen unserer Schule ungemein."<br />

Koedukation wurde an der Odenwaldschule<br />

selbstverständlich und bewährte sich.<br />

Auch die Organisation des schulischen Unterrichts<br />

verabschiedet sich von willkürlich hinund<br />

herspringenden Stundenplänen in Zeiträumen<br />

von je 45 Minuten, vielmehr eröffnet sie<br />

den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten,<br />

sich innerlich begründeten, geschlossenen<br />

thematischen Einheiten zuzuwenden und sich<br />

während eines Arbeitsmonats nur mit zwei<br />

solcher Kurse zu beschäftigen. Die Mitbestimmung<br />

der Lernenden ist herausgefordert und<br />

ihre Fähigkeit, Arbeitsabläufe selbst zu organisieren<br />

und durchzuführen. „Der Kampf um die<br />

„Note" fällt ganz weg. Es bedarf dieses unsachlichen<br />

Treibmittels nicht, das jedes innerliche<br />

Verhältnis zur Arbeit ertötet."<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> beschreibt seine Arbeit in seiner<br />

Rede anlässlich der Kunsttagung des Bundes<br />

entschiedener Schulreformer (5. Mai 1921<br />

in Berlin), die unter dem Titel "Grundlagen einer<br />

schöpferischen Musikerziehung" auch publiziert

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