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Rundbrief Nr. 8 (September 2006) - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler ...

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welch lebendiger Weise es möglich ist, mit Musik<br />

in Kontakt zu kommen. Diese Art zu arbeiten<br />

nährt sich unmittelbar aus lebendigen Erfahrungen.<br />

Durch konkrete Versuche stellt sich<br />

die Grundsatzfrage: Was ist Musik, wie entsteht<br />

sie? Ein Verständnis der jeweiligen Musik sowie<br />

ein Verständnis der "Musiktheorie" entstehen<br />

auf diesem Weg des Erforschens wie nebenbei.<br />

Die Erfahrungen der Teilnehmenden lassen<br />

erkennen, dass sie Musik zunehmend als<br />

"Sprache" erleben können, die durch ihren Gehalt<br />

bewegt, wenn die Äußerung aus unmittelbarem<br />

Kontakt zu echtem Erleben entsteht.<br />

Den Zugang zum Bewegtsein wieder zu erobern,<br />

- was unverstörten Kindern noch eigen ist - ist<br />

die Grundlage lebendiger Äußerung und bildet<br />

die Voraussetzung zum Musizieren und Sprechen.<br />

Wie ein Kind in die Muttersprache hinein<br />

wächst, so wächst es auch in einer Umgebung,<br />

in der Musik in selbstverständlicher Weise zum<br />

Leben gehört, stammelnd, tastend, probierend<br />

und mit Lauten, Tönen und Klängen spielend<br />

allmählich in ein "Musik-Sprechen" hinein. Erarbeiten<br />

entsteht aufgrund von Freude am Immerbesser-Verstehen.<br />

Die Frage nach Begabung<br />

verändert sich durch die Erfahrung einer solchen<br />

Qualität des Erarbeitens zu der Frage: Wie<br />

können "Interesse" und der Kontakt zur jeweiligen<br />

Aufgabe entstehen, so dass einem Menschen<br />

seine Funktionsmöglichkeiten zugänglich<br />

werden?<br />

So wird im Kurs konkret erlebbar, dass nicht<br />

die Begabung, nicht die biologische Ausrüstung<br />

eines Menschen das Problem ungenügender<br />

Leistung ist, sondern vor allem die Vorgehensweise<br />

bei der Erschließung dieser Gaben. Die<br />

Frage nach musikalisch oder unmusikalisch<br />

wird zu einer Frage nach der Einstellung und<br />

dem Verhalten zu Musik.<br />

Musikalische Äußerung ist auch ein psychosoziales<br />

Phänomen. In den konkreten Versuchen<br />

der Kursteilnehmer wird immer wieder die<br />

Bereitschaft zu Angst, zu Enge erlebbar. Die<br />

Teilnehmenden studieren, wie Angst vor dem<br />

Falschmachen Entfaltung behindert. Sie entdecken,<br />

wie Richtiges oft erst auf dem Weg über<br />

Falsches zuverlässig als richtig erkennbar wird.<br />

Der Abbau der Angst bleibt bei <strong>Jacoby</strong> aber<br />

keine Theorie. Auf der Grundlage Vertrauen<br />

schaffender Erfahrungen kann die Bereitschaft<br />

zu Angst abnehmen. Statt Angst vor dem "Vorspielen"<br />

kann "Spielen" aufgrund von Erfülltsein<br />

möglich werden. Den Teilnehmenden wird<br />

durch die Erfahrungen aus den Versuchen bewusst,<br />

welches Verhalten die "antennige"<br />

Struktur unserer Sinnesorgane fordert, um<br />

leichter funktionieren zu können. So ist Hören<br />

nicht nur eine Forderung an die Ohren. Ein lauschender<br />

Zustand als Leiberfahrung vermag die<br />

probierende Person durch den Kontakt zum<br />

Geschehen zu konzentrieren und wird zur erlebbaren<br />

Bedingung für Musizieren.<br />

An welcher Stelle des Buches man auch liest,<br />

an welcher Fragestellung <strong>Jacoby</strong> auch arbeitet,<br />

man wird immer wieder auf das Wesentliche<br />

zurückgeführt. Seine grundlegende und forschende<br />

Arbeit wirkt im Sinne der Selbstnacherziehung.<br />

Es wird deutlich, wie für die "Erziehenden",<br />

die sich mit <strong>Jacoby</strong>s Fragen und Aufgabenstellungen<br />

auseinandersetzen, ein Klärungsprozess<br />

angeregt wird, aus dem sich die<br />

Erziehungsaufgaben neu stellen. Die Arbeit<br />

lässt Vertrauen in das natürliche Qualitätsbedürfnis<br />

unverstörter Kinder wachsen und in<br />

Bezug auf Musik die Forderung nach erfülltem<br />

"Sich-Äussern" entstehen. Die eigene Erfahrung<br />

und die eigene Umwandlung werden zu unverzichtbarerer<br />

Voraussetzung für die Begleitung<br />

von Entfaltungsprozessen anderer Menschen.<br />

Das Buch sei allen empfohlen, die interessiert<br />

sind an lebendiger Auseinandersetzung mit<br />

Elementarem, die nach wachsender Qualität für<br />

ihr eigenes Arbeiten suchen und Freude an der<br />

Entdeckung von Musik haben sowie Freude<br />

daran, sich selbst weiter zu entdecken.<br />

Silvia Hoffmann

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