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Rundbrief Nr. 8 (September 2006) - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler ...

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17<br />

gingen draußen vorbei, durch den Garten. Und<br />

Lotte Kristeller machte mir Bemerkungen. Zuerst<br />

zu meinem Atmen. Das Atmen war unwahrscheinlich<br />

wichtig für sie. […] Sie guckte<br />

meinen Atem an und sagte: "Ja, Eli, du atmest<br />

gar nicht." "Was heißt, ich atme nicht?" "Du<br />

hast da den Abstrich, das Ausatmen, und der<br />

Aufstrich könnte eventuell Einatmen sein. Aber<br />

das stimmt nicht so ganz. Jedenfalls hast du<br />

die Entlastung, die Entspannung und die Spannung."<br />

Und sie hat mich auf sehr vieles aufmerksam<br />

gemacht, was mir später in meinem<br />

Leben, auch in anderen Situationen, unglaublich<br />

geholfen hat. Dann kam das Stehen ... Ich<br />

hatte dann einen Lehrer, der poliogeschädigt<br />

war und der in Wirklichkeit nur auf einem Bein<br />

stand, und der so spielte, wie sie es mir vorher<br />

gesagt hatte.<br />

Eliahu Tavor bei seinem Vortrag in der Stiftung<br />

Das war das Tolle an der Sache, sie erkannte,<br />

was ein Musiker in Wirklichkeit macht, der seine<br />

Behinderung richtig ausnützen kann. "Wenn<br />

du den Bogen führst und du bewegst dich mit<br />

Geige und Bogen nach links und rechts, dann<br />

nimmst du dir ja von dem Bogenstrich die Kraft.<br />

Geh doch bitte mit der Geige gegen den Bogenstrich,<br />

dann fühlst du hier den Ton. ... Du<br />

kannst mit dieser Saite oder du kannst mit dieser<br />

den Klang machen - gestalten - oder mit<br />

beiden. Da hast du schon viel, viel mehr Möglichkeiten<br />

der Klanggestaltung, einen guten Ton<br />

auf der Geige zu machen." ... Sie hat das behandelt<br />

wie eine echte Geigerin, und sie hat es<br />

durchschaut. Das war für mich eine Erleuchtung.<br />

Ich bin dann später in dieses sehr gute<br />

Orchester gekommen, war einer von den Jungen<br />

dort, habe viel gelernt. Ja, und dann habe<br />

ich auch gelernt, was ich nicht will, die Routine.<br />

Und dann habe ich meinen Lebensweg vollkommen<br />

geändert, musste ja existieren. ... Ich<br />

habe das Orchester verlassen. ...Bin nach Europa<br />

gekommen. War aber nie von der Musik<br />

weg, hab immer irgendwie musiziert, Kammermusik,<br />

Sonaten. ... Und dann eines Tages ...<br />

wie eine Quelle ist es aus mir herausgequollen:<br />

Ich bewegte diese "Klanggestaltung" in mir. Ich<br />

bewegte sie erst lange in der heilpädagogischen<br />

Praxis und schrieb dann in sehr kurzer<br />

Zeit das Buch "Klanggestaltung und freie Improvisation<br />

- ein Weg zur Musik".<br />

Da gehe ich ins Elementare. ... Die eine Seite<br />

des Klanges ist die Bewegung des Klanges im<br />

Raum. Die andere Seite ist unsere Bewegung,<br />

indem wir das Instrument anklingen. Was geschieht?<br />

Jeder von uns hat ein Klangwesen in<br />

seinem Wesen, in seiner Seele. Ich kann's auch<br />

Klangraum nennen. Ein Klangraum in uns, in<br />

dem viele Erinnerungen vergraben sind. ...<br />

Klanggestaltung, das ist ein Prozess vom Werden<br />

der Klangvorstellung in mir bis zum Klang<br />

im Raum, der das widerspiegelt, was ich in mir<br />

habe. ...Wenn ich mich innerlich halten würde,<br />

würde ich so machen (demonstriert an einem<br />

Klangstab). Das wäre ein hässlicher Klang. Dies<br />

(demonstriert) ist ein Klang, wo ich voll in Bewegung<br />

bin, nachdem ich mir vorgestellt habe,<br />

dass das eine dünne Metallplatte ist, die nicht<br />

viel Kraft braucht. Der inhärente Widerstand der<br />

Materie wird überwunden durch mich, durch<br />

meine Bewegung. ... Der Prozess geht also vom<br />

Klangwesen, wo die Erinnerung ist, in die Vorstellung.<br />

Dann wird der inhärente Widerstand<br />

durch strömende Bewegung überwunden und<br />

so strömt der Klang.<br />

Folgendes habe ich vor vier Jahren aufgeschrieben<br />

während ich das Buch "Klanggestaltung"<br />

geschrieben habe: "Es tut sich in mir ein Raum<br />

in Bewegung auf, ganz sacht, in dem meine<br />

Empfindungen bis in die Tiefe gehen. Ich fühle,<br />

dass mir mein Nährboden diesen Raum<br />

schenkt, dass es mit kreativen Impulsen zu tun<br />

hat, die ich in meiner Kindheit und Jugend empfangen<br />

habe und die jetzt zum Tragen kommen.<br />

Seit 'Klanggestaltung' erschienen ist, habe ich<br />

dies Gefühl mehr und mehr. Ich spüre das Band<br />

zwischen damals und heute. Ich versuche zu<br />

formulieren, was damals mit mir geschah. Ich

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