Rundbrief Nr. 8 (September 2006) - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler ...
Rundbrief Nr. 8 (September 2006) - Heinrich Jacoby - Elsa Gindler ...
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wurde und uns in der Sammlung von Vorträgen<br />
und Aufsätzen „Jenseits von ´Musikalisch' und<br />
´Unmusikalisch'“ vorliegt. Er betont: „Ganz<br />
entscheidend aber half für die Vereinfachung<br />
der Arbeit jene immer konsequenter durchgeführte<br />
Wendung, die zur Selbsterfahrung, zur<br />
Erfahrung der durch die Musik in uns ausgelösten<br />
Spannungs-Vorgänge anleitet, bevor man<br />
sich bewußt für den Stoff, der diese Vorgänge<br />
auslöst, interessiert." Indem er die voraussetzungslose<br />
Entwicklung individueller Wahrnehmungsfähigkeiten<br />
in den Mittelpunkt seiner<br />
Bemühungen stellte, ging er weit über die pädagogischen<br />
Vorstellungen hinaus, die an der<br />
Odenwaldschule, damals galten. Denn trotz<br />
des projektorientierten Kurssystems galten dort<br />
immer noch die verordneten Schulfächer und<br />
war das Anliegen „Musik" - nicht mehr Gesang<br />
- nachrangig neben Hauptfächern wie Latein<br />
und Mathematik.<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong> dokumentierte und verdeutlichte<br />
für die eigene Forschung und für die bewusste<br />
Teilnahme der Lernenden jeweilige Leistungsfortschritte,<br />
indem sie von den Schülerinnen<br />
und Schülern aufgeschrieben bzw. notiert<br />
wurden. So konnte er sein Forschungsinteresse<br />
und die Tätigkeit an der Odenwaldschule in<br />
Übereinstimmung bringen. Im <strong>September</strong> 1922<br />
wurden er und seine Frau von Paul Geheeb<br />
verabschiedet. Es hatte Spannungen im gegenseitigen<br />
Kontakt gegeben, bei denen sicherlich<br />
auch das mangelnde Verständnis für <strong>Heinrich</strong><br />
<strong>Jacoby</strong>s Arbeit mitspielte.<br />
Rudolf Weber<br />
Erinnerung<br />
Stille ist der Anfang allen Klanges<br />
Am 21. Mai <strong>2006</strong> fand in der Stiftung ein Vortrag von Eliahu Tavor zum Thema "Klanggestaltung und<br />
freie Improvisation - ein Weg zur Musik" statt. Eliahu Tavor wurde 1922 in Frankfurt geboren, wuchs in<br />
Berlin auf und emigrierte nach 1933 mit seiner Familie nach Palästina. Dort traf er als 13jähriger auf die<br />
Bewegungslehrerin Lotte Kristeller, eine Schülerin von <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> und <strong>Heinrich</strong> <strong>Jacoby</strong>. Er wurde Geiger<br />
und spielte u.a. im Israel Philharmonic Orchestra. Nach langjähriger anderer Berufstätigkeit kam<br />
Eliahu Tavor zur Musik zurück und fasste seine Erkenntnisse in der Methode der „Klanggestaltung“ zusammen.<br />
Eliahu Tavor lebt heute bei Basel. Im Folgenden zitieren wir Auszüge aus der Tonbandabschrift<br />
von Eliahu Tavors Erzählung.<br />
Ich möchte davon sprechen, wie ich das erste<br />
Mal den Namen '<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong>' gehört habe, und<br />
zwar von meiner sehr verehrten Lehrerin Lotte<br />
Kristeller, so dass ich ihn durch mein Leben<br />
tragen konnte und am Ende die "Klanggestaltung"<br />
entwickelt habe. Auch will ich die besondere<br />
geistige Strömung ansprechen, von der<br />
<strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> ein Teil war. Es fing damals die<br />
Epoche der Selbstfindung an. Was bis dahin das<br />
Genie war, das herrliche Genie und die Verherrlichung<br />
des Genies, wurde plötzlich zu Selbstfindung.<br />
Konzentration, Bewusstseinsbildung,<br />
Individualismus, Umfeld und Umwelt waren<br />
Themen. Die Exponenten nenne ich die "Neokreativen".<br />
Es geht um Künstler - Maler, Architekten,<br />
Musiker, Schriftsteller, natürlich bis hin<br />
zur Reformpädagogik. Ich hoffe, es wird Ihnen<br />
auch helfen, die Verlebendigung der Zeit in sich<br />
zu erleben. Lesen Sie über diese Zeit, wenn Sie<br />
mit <strong>Elsa</strong> <strong>Gindler</strong> zu tun haben. Wir können das,