Psychoanalytische Traumatherapie - Frauennotruf Bremen
Psychoanalytische Traumatherapie - Frauennotruf Bremen
Psychoanalytische Traumatherapie - Frauennotruf Bremen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Bremen</strong>, April 2011<br />
Dr. phil. Gabriele Treu<br />
Psychoanalytikerin<br />
Sich mit dieser wissenschaftlichen Vielfalt auseinanderzusetzen, sich in einen<br />
permanenten Diskurs zu begeben, bei dem es eben keine monokausalen<br />
Erklärungsmuster und keine standardisierten Behandlungsabläufe gibt, bei dem es<br />
vielmehr konsequent darum geht, die besondere psychische Realität eines<br />
traumatisierten Menschen zu erfassen, - das ist die Basis einer psychoanalytischen<br />
<strong>Traumatherapie</strong>.<br />
<strong>Psychoanalytische</strong> <strong>Traumatherapie</strong><br />
Was bedeutet das jedoch für die Behandlung? In der psychoanalytischen Arbeit mit<br />
Traumatisierten ist eine Systematisierung klinischen Erfahrungswissens keineswegs<br />
bedeutungslos. Es gibt Techniken des Verstehens, die für die Diagnostik unentbehrlich<br />
sind, wie die Interpretation von Gegenübertragung und szenischen Darstellungen<br />
(Lorenzer 1970). Es ist zum Beispiel unerlässlich zu explorieren, in welchem Zustand<br />
sich das Ich eines Betroffenen befindet und in welcher Weise es die traumatisierenden<br />
Ereignisse zu bearbeiten versucht. Ein psychischer Vorgang, der fast zwangsläufig<br />
eintritt, wenn das Ich unvereinbare Anforderungen zu bewältigen hat, ist die<br />
„Ichspaltung“, die allerdings auf Kosten eines „Einrisses im Ich, der nie wieder<br />
verheilen, aber sich mit der Zeit vergrößern wird“ (S. Freud 1940, S. 60), geht. Gerade<br />
traumatische Erfahrungen werden mittels Dissoziation abgewehrt und können deshalb<br />
häufig nicht verbal vermittelt werden.<br />
Das führt mitunter dazu, dass Traumatisierungen selbst in klinischen Kontexten<br />
unterschätzt werden oder behördlicherseits unerkannt bleiben, oftmals mit tragischen<br />
Folgen für die Betroffenen. „Psychoanalytisch aufgeklärte Gesprächsführungen<br />
ermöglichen aber abgespaltene Persönlichkeitsanteile zu erfassen, nichtsprachliche<br />
Kommunikation in Sprache zu übersetzen und Traumatisierten zum Sprechen zu<br />
verhelfen“ (Henningsen 2003, S. 103). Solcherlei Überlegungen führen unweigerlich zu<br />
den Techniken der Behandlung. Ein sorgsam gewahrtes Setting beispielsweise kann<br />
einen beruhigenden, ordnenden Einfluss ausüben, wenn der Reizschutz eines<br />
Menschen durchbrochen wurde und seine Ich-Grenzen beschädigt sind. Da sich<br />
aufgrund bestimmter psychischer Mechanismen bei vielen Betroffenen nach dem<br />
erlittenen Übergriff schwere Schuldgefühle und eine verzerrte Wahrnehmung der<br />
äußeren Realität einstellen, kann es bei aller Einfühlung notwendig sein, ein aufgeklärt<br />
rationales Verständnis der Ereignisse zu vertreten und somit ein intaktes<br />
Realitätsprinzip zu repräsentieren. Doch wäre es zugleich ein Fehler, ausgerechnet<br />
denjenigen Menschen, die akut unter den Folgen einer schweren Grenzverletzung<br />
leiden, eine psychotherapeutische Intervention aufzunötigen. Im Notruf wird die Abwehr<br />
respektiert, mehr noch, es wird den Betroffenen die Wahl des richtigen Zeitpunkts<br />
zugetraut. Das gilt insbesondere auch für die Versprachlichung des Traumas. Die<br />
Erfahrung hat gezeigt, dass es einen unnötigen oder sogar kontraindizierten Eingriff<br />
darstellen kann, standardmäßig therapeutische Behandlungstechniken in Anwendung<br />
zu bringen, anstatt den psychischen Bewegungen, den vorsichtig geäußerten Signalen<br />
der Betroffenen Raum zu geben und zu folgen. Im Notruf setzen wir darauf, dass die<br />
Ich-Funktionen gestärkt und die Genesung auf allen psychischen Ebenen angeregt<br />
wird, wenn wir es unterstützen, dass die Betroffenen selbst ihren Weg aus der Krise<br />
finden.<br />
Techniken sind notwendig, doch aus sich selbst heraus werden sie nicht hilfreich sein<br />
können. Das tragende Element in der psychoanalytischen Arbeit mit Traumatisierten ist<br />
die Beziehung. Ferenczi betont, dass es das „Vertrauen zum Therapeuten ist …, das