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wohnzeit 5 /2009 Lindenthal Stadt Leipzig Lindenthal liegt nicht im Tal, denn wäre dem so, hätte man die alte Salzstraße, auf der bis ca. 1 830 Fuhrleute ihre zwar kostbare, leider aber auch Wasser anziehende Fracht von Halle über Waldheim-Oederan-Sayda- Brüx bis nach Prag karrten, nicht unmittelbar an diesem Ort vorbeigeführt. Im Gegenteil: Die Transporteure mussten mit ihrer in Leinentücher gehüllten Ware Flussläufe und feuchte Täler meiden. Der wohlfeilere Eisenbahntransport machte ihre Mühe schließlich entbehrlich. Lindenthal und der im Jahre 1923 angeschlossene Ortsteil Breitenfeld entstanden im 12. Jahrhundert während der deutschen Ostexpansion und tauchen urkundlich erstmals 1350 bzw. 1270 auf. Während Lindenthal als bäuerliche Siedlung langsam, aber stetig wuchs, offenbart Breitenfeld ein stürmisches Auf und Ab: Noch im 15. Jahrhundert galt es als eines der größten Dörfer im Leipziger Umland. 1545 gab es dort nur noch ein Vorwerk und eine Schäferei. 1600 indes entstand ein Rittergut, das stark prosperierte und sich im Laufe der Jahrhunderte zum größten in Sachsen entwickelte. Sein Schicksal besiegelte schließlich die Bodenreform 1945, die einen neuen „Rekord“ hervorbrachte: Mit 47 neu geschaffenen Gehöften wurde Breitenfeld zum größten Neubauerndorf Sachsens. Kriegerische Ereignisse haben das Leben und die Entwicklung beider Ortsteile häufig geprägt: 1631 fand auf Breitenfelder Flur eine der entscheidenden Schlachten des 30-jährigen Krieges statt: 40 000 Schweden und Sachsen unter König Gustav Adolf von Schweden besiegten die kaiserlich-katholische Armee des Grafen Johann von Tilly Die 1893 errichtete Turmwindmühle bildet ein markantes Wahrzeichen Lindenthals. Im Hintergrund das Neubaugebiet Gartenstraße/Triftweg (Bild links). Auf wilder Flucht: Nach der Breitenfelder Schlacht am 7. September 1631 setzte sich das geschlagene Heer Tillys eiligst nach Leipzig (hier im Bild), Halle und Merseburg ab. Mit „fliegenden Kisten“ hoch in die Lüfte Einst vor der Stadt – heute ein Teil Leipzigs mit 36 000 Kämpfern und brachen damit endgültig die katholische Vorherrschaft in Deutschland. Auch die zweite Breitenfelder Schlacht elf Jahre später brachte den Kaiserlichen keinen Sieg. Die Lindenthaler waren infolge der Heldentaten freilich ruiniert: Von 40 Bauerngütern waren gerade noch 12 bewohnt, die Felder lagen brach. Rund 280 Jahre später: Lindenthal galt während des 1. Weltkrieges als eine der bedeutendsten deutschen Produktionsstätten für Flugzeuge. Seit 1895 bestand hier ein Exerzierplatz, auf dem seit 1910 erste Fluglehrgänge stattfanden. Die Flugbegeisterung griff auf das Zivilleben über: Nach dem militärischen eröffnete am 12. März 1911 Sachsens erster ziviler Flugplatz, auf dem kühne Piloten per Hand die Propeller anwarfen, im Hinterkopf immer die bittere Fliegerweisheit: „Wirfst du die Schraube an, so bleibe fernab mit deines Kniees Scheibe“. Aufschlussreich ein großer Flugwettbewerb im Mai 1911: Neun Maschinen gingen an den Start, um die riesenhafte Strecke Chemnitz- Dresden-Leipzig-Plauen-Chemnitz binnen einer Woche zurückzulegen. Nur drei hielten bis zum Schluss durch. Als Sonderveranstaltung wartete Leipzig während dieser Tage mit einem Geschwindigkeitsflug auf, bei dem der Wasserturm zu Wahren „völlig umrundet“ werden musste. Als es dann um den Bau eines größeren Flughafens ging, gab der Leipziger Rat Mockau vor Lindenthal den Vorzug. Aber inzwischen hatten hier drei Flugzeugwerke die Produktion aufgenommen, die in Friedenszeiten rund 60 Arbeitskräfte beschäftigten, nach Kriegsausbruch aber die Belegschaftsstärke sprunghaft steigerten – 3 000 Mitarbeiter Leben & wohnen Der schnelle Rückzug wurde vom Gegner als „Breitenfeldische Schweinehatz“ verspottet (Mitte). Durch die Bereitstellung großer Bauflächen wuchs der Ort nach 1990 beträchtlich. Viele Leipziger wählten Lindenthal als Wohnort (Bild rechts). waren es schließlich 1918. Der Versailler Vertrag setzte auch für Lindenthals Werke den Schlusspunkt. Die Wandlung Lindenthals vom Bauerndorf zum Wohnstandort begann bereits Anfang des 20. Jahrhunderts nach Eröffnung des Rangierbahnhofs Wahren. In Lindenthal entstand die „Baugenossenschaft für die Eisenbahnbeamten und Arbeiter Wahren eGmbH“, die seit 1908 in Lindenthal- Südwest mit dem Bau mehrerer hundert Wohnungen begann und dies in den Folge- „Fliegende Kisten“ gehörten ab 1910 in Lindenthal zum gewohnten Anblick. jahren zielstrebig fortsetzte, unterbrochen nur durch den 1. Weltkrieg. An diese Traditionen vermochte der Ort nach der Wende anzuknüpfen; durch Erschließung neuer, umfangreicher Bauflächen entstanden außerhalb der traditionellen Ortsstrukturen mehrere große Wohngebiete und das Gewerbegebiet Breitenfeld-Ost. Als Lindenthal am 1. Januar 1999 durch den Eingemeindungsvertrag in den Leipziger Stadtverband aufgenommen wurde, zählte die Gemeinde rund 4 600 Einwohner. s hans-JoachiM hoffMann 9
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