als PDF downloaden - WMRC Rechtsanwälte
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<strong>WMRC</strong> Newsletter<br />
[Ausgabe September/Oktober 2010]<br />
Liebe Mandantschaft,<br />
sehr geehrte Damen und Herren,<br />
wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche und möglichst<br />
kurzweilige Lektüre unseres aktuellen Newsletters. Bei<br />
Fragen oder Anregungen freuen wir, wenn Sie uns anspre-<br />
chen!<br />
Ihre <strong>WMRC</strong> <strong>Rechtsanwälte</strong><br />
Seminare<br />
Katja Gnittke, Franziska Hansmann,<br />
Dr. Stefan Rude, Dr. Friedrich Wichert<br />
Einkauf von IT-Leistungen in der Kommunalwirtschaft<br />
(Strategien und rechtlicher Rahmen, IT-<br />
Systemlieferungsvertrag, Vergabeverfahren und Vertrags-<br />
durchführung), Dr. Obladen und Partner, 27.10.2010 in<br />
Berlin (Gnittke/Rude)<br />
Compliance in kommunalen Unternehmen, 6. Manage-<br />
ment-Symposium der Lindauer Managementberatung,<br />
22./23.09.2010, Göttingen (Gnittke)<br />
Veröffentlichungen<br />
Gnittke: „Alhorn passé“: OLG Düsseldorf: Grundstücksver-<br />
käufe sind nicht zwingend auszuschreiben, Vergabenaviga-<br />
tor September 2010<br />
Gnittke/Hattig: Müller-Wrede (Hsg.), Kommentar Sekto-<br />
renverordnung, Kommentierung einzelner Vorschriften<br />
Bundesanzeiger-Verlag<br />
Gnittke/Hattig: Müller-Wrede (Hsg.), Kommentar Vergabe-<br />
und Vertragsordnung für Lieferungen und Dienstleistungen<br />
VOL/A, 3. A., Kommentierung einzelner Vorschriften, Bun-<br />
Inhalt<br />
Vergaberecht<br />
Bieter im Insolvenzverfahren<br />
Kopplung von Sozialleistungen<br />
mit Tierbetrieb: VK Brandenburg,<br />
Beschluss vom<br />
17.08.2010, VK 39/10<br />
Neue Unterlage für die Ausschreibung<br />
von IT-Leistungen<br />
Vergabe von Rettungsdienstleistungen<br />
<strong>als</strong> Dienstleistungskonzession<br />
Energierecht<br />
Verfassungsbeschwerde von<br />
Gasversorger erfolglos<br />
Abfallrecht<br />
Abfallgebührensätze: Maßstab<br />
für eine Grundgebühr<br />
Datenschutzrecht<br />
Widerspruch bei „Google Street<br />
View“<br />
Architektenrecht<br />
BGH: Fortschreibung des Kostenanschlags<br />
für das Architektenhonorar<br />
Baurecht<br />
Umnutzung von Wochenendhäusern<br />
zum dauerhaften Wohnen<br />
in Brandenburg<br />
www.wmrc.de 1<br />
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9
desanzeiger-Verlag, Neuauflage<br />
Gnittke/Rude: Hattig/Maibaum (Hsg.), Praxiskommentar<br />
Kartellvergaberecht, Kommentierung einzelner Vorschrif-<br />
ten, Bundesanzeiger-Verlag<br />
Vergaberecht<br />
Bieter im Insolvenzverfahren<br />
Auch nach der neuen VOL/A können Angebote von Bietern<br />
ausgeschlossen werden, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren<br />
oder ein vergleichbares gesetzliches Verfahren<br />
eröffnet, die Eröffnung beantragt oder dieser Antrag<br />
mangels Masse abgelehnt worden ist. Die gängigen Formulare<br />
für das öffentliche Auftragswesen enthalten in der Regel<br />
Negativerklärung bzgl. dieses Tatbestandes. Wird eine<br />
solche Erklärung nicht abgegeben bzw. erklärt der Bieter,<br />
dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, führt dies in<br />
der Regel zum Ausschluss des Angebotes.<br />
Dabei muss der Auftraggeber jedoch berücksichtigen, dass<br />
der Ausschlusstatbestand nach § 6 EG Abs. 6 VOL/A lediglich<br />
einen Ausschluss ermöglicht („können“ ausgeschlossen<br />
werden). Übt der Auftraggeber das Ermessen nicht ordnungsgemäß<br />
aus, ist der Ausschluss des Angebots nicht<br />
vergaberechtskonform.<br />
Der Auftraggeber muss deshalb im Vergabevermerk begründen,<br />
warum er im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren<br />
davon ausgeht, dass der Bieter den Auftrag nicht<br />
ordnungsgemäß erfüllen kann. Insbesondere wenn das Insolvenzverfahren<br />
auf einen Insolvenzplan gerichtet und die<br />
Fortführung des Unternehmens gesichert ist, ist ein Ausschluss<br />
nicht immer sachgerecht. Zu dieser Fragestellung<br />
sind in Kürze zwei Entscheidungen der Vergabekammer<br />
des Landes Brandenburg zu erwarten. Wir werden Sie darüber<br />
informieren.<br />
Vergaberecht<br />
Koppelung von Sozialleistungen mit Tierheimbetrieb:<br />
VK Brandenburg<br />
Mit einer besonderen Fallgestaltung, musste sich die Vergabekammer<br />
Brandenburg (Beschluss vom 17.08.2010, VK<br />
39/10) in diesem Sommer auseinandersetzen. Die Entscheidung<br />
steht im Zusammenhang mit der Frage welche<br />
Leistungen der Auftraggeber gemeinsam vergeben kann,<br />
und der Frage inwieweit soziale Anforderungen in einem<br />
Auftrag umgesetzt werden können.<br />
Der Auftraggeber hatte den Betrieb eines Tierheims mit<br />
<strong>WMRC</strong>-Praxishinweis<br />
Angebote von Bietern, die sich im<br />
Insolvenzverfahren befinden,<br />
dürfen nicht automatisch vom<br />
Vergabeverfahren ausgeschlossen<br />
werden. Nach Ansicht von<br />
<strong>WMRC</strong> <strong>Rechtsanwälte</strong> gilt dies<br />
auch, sofern eine Negativerklärung<br />
zum Insolvenzverfahren von<br />
den Bietern verlangt wurde. Den<br />
Nachweis, dass trotz des Insolvenzverfahrens<br />
eine ordnungsgemäße<br />
Leistungserbringung zu<br />
erwarten ist, muss der Bieter<br />
führen.<br />
www.wmrc.de 2
der Vergabe von nicht näher definierten Sozialleistungen<br />
(sozialpädagogisches/sozialtherapeutisches Konzept mit<br />
entsprechendem sozialen Betreuungsbedarf) verknüpft.<br />
Konkret sollten Personen mit sozialpädagogischem Betreuungsbedarf<br />
in die Abläufe im Tierheim integriert werden.<br />
Der Antragsteller der gegen das Ausschreibungskonzept<br />
vorging, beanstandete zum einen die Koppelung der beiden<br />
Leistungsbestandteile und zum anderen die konkrete<br />
Ausgestaltung des Vergabeverfahrens.<br />
Die Vergabekammer führt dazu aus, dass die Frage, ob<br />
tatsächlich ein Markt für die Vergabe der Leistungsteile im<br />
Verbund vorhanden sei, der Einschätzung des Auftraggebers<br />
obliegt. Die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens<br />
sah die Vergabekammer unter verschiedenen Gesichtspunkten<br />
<strong>als</strong> rechtswidrig an. Der zweite Leistungsbestandteil<br />
(Betreuungskonzept) war nicht hinreichend genau konkretisiert.<br />
Weder war die Zielgruppe der sozialen Betreuungsleistungen<br />
noch der Bedarf ausreichend beschrieben.<br />
Die Anforderungen an die Bestimmtheit der Leistungsbeschreibung<br />
bestehen auch bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung<br />
und auch im Verhandlungsverfahren.<br />
Interessant an der Entscheidung der Vergabekammer<br />
Brandenburg ist, dass die Vergabekammer dem Auftraggeber<br />
bei der Bestimmung des Leistungsgegenstandes und<br />
der Frage, ob hierfür ein Markt vorhanden ist, ein weites<br />
Ermessen einräumt. Die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens<br />
unterfällt dann allerdings den allgemeinen Anforderungen.<br />
Eine Verknüpfung mit sozialen Leistungen, bei der<br />
es sich lediglich um die Aufnahme von sozialen Bewertungskriterien<br />
handelt, wäre danach möglich, wenn die Sozialleistungen<br />
in ihrer Zielstellung und bezüglich des Bedarfs<br />
erschöpfend beschrieben werden. Unter diesen Voraussetzungen<br />
besteht für die Vergabe von Aufträgen z.B.<br />
im Bereich KJHD und SGB VIII durchaus die Möglichkeit<br />
der Anbindung an andere öffentliche Aufträge.<br />
Vergaberecht<br />
Neue Unterlage für die Ausschreibung von<br />
IT-Leistungen<br />
Die Unterlage für die Ausschreibung und Bewertung von<br />
IT-Leistungen (UfAB) ist in einer Neufassung (UfABV, Version<br />
2.0) erschienen. Sie berücksichtigt insbesondere die<br />
Änderungen des GWB, der Vergabeverordnung sowie der<br />
VOL/A 2009. Die UfAB dient öffentlichen Auftraggebern bei<br />
der Vergabe von Software, Hardware und sonstigen IT-<br />
Leistungen <strong>als</strong> Unterstützung und Orientierungshilfe.<br />
Die Neufassung enthält ein neues Modul für die Beschaffung<br />
von Open Source-Software, das Modul zur Vergabe<br />
von Beratungsleistungen wurde angepasst. Darüber hinaus<br />
enthält die Neufassung eine Mustervereinbarung für die<br />
Berücksichtigung der Datenschutzbestimmungen im Zusammenhang<br />
mit der Auftragsdatenverarbeitung.<br />
www.wmrc.de 3
Vergaberecht<br />
Vergabe von Rettungsdienstleistungen <strong>als</strong><br />
Dienstleistungskonzession<br />
Die Einordnung von Verträgen oder anderen Rechtsakten<br />
über die Erbringung von Rettungsdienstleistungen (Notfallrettungen<br />
und qualifizierter Krankentransport) im sog.<br />
„Konzessionsmodell“ <strong>als</strong> öffentlicher Auftrag i. S. d. § 99<br />
GWB ist trotz der Entscheidungen des BGH (01.12.2008, X<br />
ZB 32/08) und des EuGH (vom 29.04.2010, Rs. C-160/08)<br />
für die Praxis immer noch mit Unsicherheiten verbunden.<br />
Eine weitere Klärung kann die auf Vorlage des OLG München<br />
zu erwartende Entscheidung des EuGH bringen, zu<br />
der nun die Schlussanträge des Generalanwalts vorliegen.<br />
Für das Submissionsmodell bejahte der BGH die Ausschreibungspflicht.<br />
Dem stehe nicht entgegen, dass mit dem<br />
Vertrag auch die Übertragung jedenfalls eines Teils der öffentlichen<br />
Aufgabe selbst verbunden sein kann. Das ändere<br />
nämlich nichts daran, dass der Vertrag sich über Leistungen<br />
verhält, zu denen ein Dritter aufgrund der vertraglichen<br />
Vereinbarung verpflichtet sein soll, was nach der<br />
Rechtsprechung des BGH bereits zur Anwendung von § 99<br />
Abs. 1 GWB führt.<br />
Eine (nicht ausschreibungspflichtige) Dienstleistungskonzession<br />
liege beim Submissionsmodell hingegen nicht vor.<br />
Der Leistungserbringer solle nicht in die Lage versetzt werden,<br />
von dem Benutzer oder dessen Krankenkasse eine<br />
Vergütung zu verlangen, sondern die Vergütung ausschließlich<br />
durch Geldzahlung des Aufgabenträgers erhalten.<br />
Nachdem der BGH damit für das sog. Submissionsmodell<br />
eine Klärung herbeigeführt hat, steht sie für das Konzessionsmodell<br />
noch aus. Das OLG München (02.07.2009, Verg<br />
5/09) legte dem EuGH deswegen u. a. die Frage vor, ob<br />
allein die Wahl des Konzessionsmodells dazu führen kann,<br />
dass eine nicht ausschreibungspflichtige Dienstleistungskonzession<br />
vorliege.<br />
Der Generalanwalt beim EuGH geht in seinen Schlussanträgen<br />
vom 09.09.2010 (EuGH, C-274/09) für das Konzessionsmodell<br />
nun von einer (nicht ausschreibungspflichtigen)<br />
Dienstleistungskonzession aus. Das Fehlen einer unmittelbaren<br />
Vergütung des Dienstleistungserbringers durch<br />
die öffentliche Stelle, die die betreffende Dienstleistung an<br />
ihn vergeben habe, stelle ein hinreichendes Kriterium für<br />
die Qualifizierung eines Vertrags <strong>als</strong> Dienstleistungskonzession<br />
dar.<br />
<strong>WMRC</strong>-Praxishinweis<br />
Die Organisation des Rettungsdienstwesens<br />
ist in den Ländern<br />
unterschiedlich geregelt. Das betrifft<br />
insbesondere die Vergütung<br />
von Rettungsdienstleistungen. In<br />
einigen Bundesländern werden<br />
die rettungsdienstlichen Leistungen<br />
durch den öffentlichen Auftraggeber<br />
unmittelbar gegenüber<br />
den Rettungsdiensten vergütet<br />
(sog. „Submissionsmodell“).<br />
Der öffentliche Auftraggeber vereinbart<br />
seinerseits in Verhandlungen<br />
mit den Sozialversicherungsträgern<br />
das Benutzungsentgelt,<br />
welches er dann den<br />
Rettungsdiensten zahlt. Im sog.<br />
„Konzessionsmodell“ (etwa in<br />
Bayern) vereinbart der Auftragnehmer<br />
mit einer anderen öffentlichen<br />
Stelle (dem Sozialversicherungsträger)<br />
das Benutzungsentgelt;<br />
er erhält seine Vergütung<br />
<strong>als</strong>o von einem Dritten.<br />
www.wmrc.de 4
Energierecht<br />
Verfassungsbeschwerde von Gasversorger<br />
erfolglos<br />
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde<br />
eines Gasversorgers gegen ein Urteil des BGH,<br />
wonach die Preiserhöhungsklausel des Versorgers unwirksam<br />
ist, nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss<br />
vom 07.09.2010, 1 BvR 2160/09, 1 BvR 851/10). In den<br />
Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Versorgers war eine<br />
Klausel enthalten, wonach der Gaspreis den an den internationalen<br />
Märkten notierten Ölpreisen folgen sollte.<br />
Diese Klausel hatte der BGH für unwirksam erachtet.<br />
Das Bundesverfassungsgericht beanstandete die BGH-<br />
Entscheidung nicht. Der BGH hatte seine Auffassung im<br />
Wesentlichen damit begründet, dass bei einer Berechnung<br />
von Gaspreiserhöhungen allein aufgrund von Ölpreiserhöhungen<br />
ein möglichen Rückgang der sonstigen Gestehungskosten<br />
des Versorgers unberücksichtigt bleibe. Deshalb<br />
benachteilige sie den Verbraucher unangemessen.<br />
Das Bundesverfassungsgericht befand, dass der BGH die<br />
grundrechtlich geschützte Vertragsfreiheit des Versorgers<br />
nicht missachtet habe, sondern das darin verankerte Äquivalenzprinzip<br />
gerade zum Gegenstand seiner Prüfung gemacht<br />
habe.<br />
Abfallrecht<br />
Abfallgebührensätze: Maßstab für eine<br />
Grundgebühr<br />
Sehen Abfallsatzungen eine Grundgebühr vor, stellt sich<br />
neben der Frage welche Kosten in die Grundgebühr eingestellt<br />
werden, die häufig vernachlässigte Frage, nach welchem<br />
Maßstab die Grundgebühr erhoben wird. Sofern Kosten<br />
für die Sperrmüllabfuhr, Schadstoffsammlung und die<br />
Entsorgung von Kühlgeräten in der Grundgebühr erfasst<br />
sind, ist ein personenbezogener Maßstab nicht immer unproblematisch.<br />
Begründet wird dies damit, dass diese Abfälle<br />
typischerweise haushaltsbezogen anfallen. Leichter<br />
rechtfertigen lässt sich insoweit ein grundstücks- oder<br />
haushaltsbezogener Maßstab (vergl. VGH Bayern, Urteil<br />
vom 24.07.2006, VF2-VII-04, OVG Mecklenburg-<br />
Vorpommern, Urteil vom 12.03.2003 4 K 7/01, VG Chemnitz,<br />
Urteil vom 23.03.2005 1 K 726/01).<br />
<strong>WMRC</strong>-Praxishinweis<br />
Äußerst streitig und bislang nicht<br />
durch die Rechtsprechung entschieden<br />
ist die Frage, ob die<br />
BGH-Urteile zum Gasbereich auf<br />
andere Versorgungsbereiche,<br />
insbesondere den Fernwärmebereich,<br />
übertragbar sind. Dagegen<br />
könnte zunächst sprechen, dass<br />
(anders <strong>als</strong> im Gasbereich) Preiserhöhungsklauseln<br />
im Fernwärmebereich<br />
nicht anhand von §§<br />
307 ff. BGB zu messen sind, sondern<br />
ausschließlich an § 24 AVB-<br />
FernwärmeV. Deswegen bestehen<br />
Zweifel an der Übertragbarkeit<br />
der Rechtsprechung, soweit<br />
die Fernwärme ausschließlich mit<br />
Heizöl erzeugt wird. Soweit die<br />
Fernwärme allerdings mit Gas erzeugt<br />
wird, dürfte die BGH-<br />
Rechtsprechung übertragbar<br />
sein, weil bei einer Anknüpfung<br />
ausschließlich an den Ölpreis die<br />
von § 24 AVBFernwärmeV geforderte<br />
Berücksichtigung der Erzeugungskosten<br />
nicht gewährleistet<br />
ist.<br />
<strong>WMRC</strong>-Praxishinweis:<br />
Bei der Ausgestaltung der Abfallgebührensatzung<br />
sollte der Maßstab<br />
der Grundgebühr immer betrachtet<br />
werden. Welcher Maßstab<br />
gerechtfertigt ist, hängt von<br />
den in die Grundgebühr einbezogenen<br />
Kosten ab.<br />
www.wmrc.de 5
Datenschutzrecht<br />
Widerspruch bei „Google Street View“<br />
Bei Google Street View scheiden sich die Geister. Die einen<br />
heben den Nutzen der geplanten Veröffentlichung von<br />
Straßenzügen hervor, während andere sich hierdurch in ihrer<br />
Privatsphäre verletzt fühlen. Ein Urlauber wird es begrüßen,<br />
sich vor einer Hotelbuchung das Hotel und seine<br />
Umgebung ansehen zu können. Die Bedenken von Bewohnern<br />
dieser näheren Umgebung des Hotels sind andererseits<br />
auch verständlich.<br />
Die Bundesregierung hat es im August abgelehnt, Google<br />
Street View durch ein zusätzliches Gesetz zu beschränken,<br />
insbesondere weil eine solche „lex Google“ ein unzulässiges<br />
Einzelfallgesetz sei. Ohne die juristische Problematik hier<br />
weiter vertiefen zu wollen, möchten wir auf folgende Punkte<br />
hinweisen:<br />
- Die verlängerte Frist für die Einlegung eines Widerspruchs<br />
bei Google, die am 15.10.2010 abläuft, ist<br />
keine Ausschlussfrist. Nach Aussage von Google<br />
werden auch nach dieser Frist eingehende Widersprüche<br />
bearbeitet. Allerdings garantiert Google in<br />
diesem Fall nicht, dass die Löschung der betreffenden<br />
Gebäude vor erstmaliger Freischaltung von<br />
Street View erfolgt.<br />
- Das Widerspruchsrecht steht sowohl Gebäudeeigentümern<br />
<strong>als</strong> auch Mietern zu.<br />
- Ob einem Wohnungseigentümer bzw. einem Mieter<br />
ein Widerspruchsrecht hinsichtlich des gesamten<br />
Gebäudes (und nicht nur hinsichtlich seiner Wohnung)<br />
zusteht, erschließt sich aus dem Google-<br />
Formular nicht. Weil aber im Formular die Möglichkeit<br />
fehlt, den Widerspruch auf eine einzelne Wohnung<br />
zu beschränken, ist davon auszugehen, dass<br />
sich der Widerspruch auf das gesamte Gebäude bezieht.<br />
Mangels Information über die betroffene<br />
Wohnung wäre es Google ja gar nicht möglich, die<br />
in Wirklichkeit betroffene Wohnung zu löschen.<br />
Google Street View soll Ende des Jahres in Berlin, Bielefeld,<br />
Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg,<br />
Düsseldorf, Essen, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover,<br />
Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart<br />
und Wuppertal starten.<br />
www.wmrc.de 6
Architektenrecht<br />
BGH: Steigt das Architektenhonorar mit den<br />
Nachträgen der Bauunternehmer?<br />
Der BGH hat mit einer Entscheidung vom 05.08.2010, VII<br />
ZR 14/09, eine bislang heftig umstrittene Frage bei der<br />
Honorierung der Leistungspasen 5 bis 7 nach der bis 2009<br />
geltenden HOAI geklärt. In Literatur und Rechtsprechung<br />
war streitig, ob der Kostenanschlag zum Zwecke der<br />
Honorarermittlung durch Nachträge fortgeschrieben<br />
werden kann, oder ob Nachträge, die während der<br />
Bauphase entstehen, nicht mehr berücksichtigt werden<br />
können.<br />
Die bis dahin wohl herrschende Meinung war der<br />
Auffassung, der Kostenanschlag sei wegen der<br />
anrechenbaren Kosten aus Nachträgen jedenfalls dann<br />
fortzuschreiben, wenn diese nicht auf Planungsfehlern des<br />
Architekten beruhten und der Architekt mit den Nachträgen<br />
befasst sei. Dies stehe im Einklang mit der DIN 276 Teil 3<br />
Ziff. 3, wonach der Kostenanschlag auf der Grundlage der<br />
endgültigen Ausführungsunterlagen zu erstellen sei und<br />
selbst ein Instrument der Kostenkontrolle darstelle. Der<br />
Kostenanschlag sei erst dann abgeschlossen, wenn die<br />
letzte benötigte Leistung ausgeschrieben und vergeben sei.<br />
Eine Differenzierung zwischen ursprünglichen und später<br />
erteilten Aufträgen sei in der DIN 276 nicht vorgesehen.<br />
Im Hinblick auf den dynamischen Planungsprozess und den<br />
Umstand, dass Vergaben nicht gleichzeitig, sondern<br />
gestaffelt erfolgten, sei es nicht interessengerecht, der<br />
Honorarermittlung einen statischen Kostenanschlag<br />
zugrunde zu legen.<br />
Der BGH entschied sich gegen diese Meinung: Sie sei mit<br />
der Systematik der HOAI und dem mit der 5. Verordnung<br />
zur Änderung der HOAI verfolgten Zweck, das Honorar des<br />
Architekten von den tatsächlichen Kosten abzukoppeln,<br />
nicht vereinbar. Nachträge, die nach der Vergabe einer<br />
Bauleistung an einen Unternehmer entstehen, dürfen bei<br />
dem der Honorarermittlung zugrunde zu legenden<br />
Kostenanschlag nicht berücksichtigt werden.<br />
Für die Honorarermittlung für die Leistungsphasen 5 bis 7<br />
sei allein der Planungsstand vor der Vergabe der bis dahin<br />
vorgesehenen Bauleistungen maßgeblich. Es könne<br />
deshalb nicht darauf ankommen, dass sich nach der<br />
Vergabe an den Unternehmer höhere Kosten durch<br />
Nachträge ergeben. Unerheblich ist insoweit auch, ob der<br />
Architekt Leistungen für die Nachträge erbringt, die den<br />
Leistungsphasen 5 bis 7 zuzuordnen sind.<br />
Für die nachfolgenden Leistungsphasen werden die<br />
anrechenbaren Kosten aber auch weiterhin durch<br />
Nachträge erhöht, wenn diese vor Beginn der jeweiligen<br />
Phase bereits feststanden.<br />
<strong>WMRC</strong>-Praxishinweis:<br />
Die Entscheidung erging zwar zur<br />
alten HOAI, wird aber noch auf<br />
Jahre bei Honorarstreitigkeiten<br />
von Bedeutung bleiben. Zahlreiche<br />
Planungsleistungen sind noch<br />
nach der alten HOAI abzurechnen.<br />
Architekten werden prüfen<br />
müssen, ob sie ihren erhöhten<br />
Aufwand bei der Prüfung von<br />
Nachtragsleistungen anderweitig<br />
<strong>als</strong> über die Erhöhung der anrechenbaren<br />
Kosten vergütet bekommen.<br />
Die HOAI sieht eine Erhöhung der<br />
anrechenbaren Kosten im Laufe<br />
des Bauvorhabens ohnehin nicht<br />
mehr vor. Deshalb stellt sich die<br />
vom BGH entschiedene Frage<br />
hier nicht mehr. Den Parteien ist<br />
es freilich unbenommen, zum<br />
Ausgleich des erhöhten Architektenaufwands<br />
bei Nachträgen eine<br />
vertragliche Regelung zu treffen,<br />
die den wirtschaftlichen Interessen<br />
der Beteiligten gerecht wird.<br />
www.wmrc.de 7
Baurecht<br />
Umnutzung von Wochenendhäusern zum<br />
dauerhaften Wohnen in Brandenburg<br />
Die gewünschte Umnutzung von Wochenendhäusern in<br />
dauerhaft genutzte Wohnhäuser ist in Brandenburg ein<br />
„Dauerbrenner“. Die zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörden<br />
untersagen regelmäßig eine derartige Umnutzung.<br />
Der Erlass des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft<br />
des Landes Brandenburg „Die Umnutzung von Wochenendhäusern<br />
zum dauerhaften Wohnen (abrufbar unter:<br />
http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/E<br />
rlass_Umnutzung_Wochenendhaeuser_100705.pdf) vom<br />
05.07.2010 skizziert Voraussetzungen der Zulässigkeit einer<br />
solchen Umnutzung. Vereinfacht dargestellt gilt Folgendes:<br />
Die Umnutzung bedarf gem. § 54 BbgBO unabhängig davon,<br />
ob sie mit einer baulichen Veränderung verbunden ist,<br />
einer Baugenehmigung gem. § 67 BbgBO. Dies gilt auch<br />
dann, wenn das Wochenendhaus baurechtlich genehmigt<br />
oder bestandsgeschützt ist. Denn die Genehmigung/der<br />
Bestandschutz umfasst nicht auch die Nutzung <strong>als</strong> Wohnhaus.<br />
Ob die Genehmigung erteilt wird, hängt entscheidend davon<br />
ab, wie das Gebiet, in dem das Wochenendhaus liegt,<br />
bauplanungsrechtlich zu beurteilen ist. Liegt das Wochenendhaus<br />
im Außenbereich gem. § 35 BauGB, dürfen<br />
durch die Umnutzung keine öffentlichen Belange beeinträchtigt<br />
werden. Als solche sind u.a. der Naturschutz, die<br />
Umwelt, das Orts- und Landschaftsbild und unwirtschaftliche<br />
Aufwendungen für die Erschließung zu nennen. Folglich<br />
wird die Umnutzung im Außenbereich nur in „günstig gelegenen<br />
Einzelfällen“ möglich sein. Im Innenbereich gem.<br />
§ 34 BauGB ist die Eigenart der näheren Umgebung des<br />
Wochenendhauses entscheidend. Besteht diese überwiegend<br />
aus Wohnhäusern spricht einiges für die Zulässigkeit<br />
der Umnutzung.<br />
Die Gemeinden haben aber auch die Möglichkeit die Zulässigkeit<br />
der Umnutzung durch die Aufstellung eines Bebauungsplanes<br />
gem. § 9 BauGB oder den Erlass einer Satzung<br />
gem. § 34 Abs. 4 BauGB herbeizuführen. Im Rahmen dessen<br />
können die Gemeinden Festsetzungen gem. § 34 Abs.<br />
4 BauGB und § 9 Abs. 1, 3 S. 1 BauGB treffen. Allerdings<br />
dürfen auch diese dem vorhandenen Gebietscharakter, den<br />
Zielen der Raumordnung und dem Umweltschutz nicht widersprechen.<br />
Wird das Wochenendhaus ohne entsprechende Genehmigung<br />
<strong>als</strong> Wohnhaus genutzt, ist eine auf 3-5 Jahre befristete<br />
Duldung der Nutzung in begrenzten Ausnahmefällen<br />
möglich. Welche Voraussetzungen dafür vorliegen müssen,<br />
www.wmrc.de 8
skizziert der Hinweis des Ministeriums für Infrastruktur und<br />
Landwirtschaft vom 05.07.2010. Danach kommt eine Duldung<br />
in Betracht, wenn am Wochenendhaus keine ungenehmigten<br />
baulichen Veränderungen oder Erweiterungen<br />
vorgenommen worden, die Erschließung gesichert ist und<br />
die Wohnnutzung bereits über einen Zeitraum von mindestens<br />
10 Jahren ausgeübt wird.<br />
<strong>WMRC</strong> <strong>Rechtsanwälte</strong><br />
Katja Gnittke<br />
Franziska Hansmann<br />
Dr. Stefan Rude<br />
Dr. Friedrich Wichert<br />
Chausseestraße 5<br />
10115 Berlin<br />
Tel.: 030 28 88 48 3 0<br />
Fax: 030 28 88 48 310<br />
www.wmrc.de<br />
info@wmrc.de<br />
www.wmrc.de 9