Spezieller Schallschutz - VASKO+PARTNER INGENIEURE
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AKTUELL<br />
<strong>Spezieller</strong> <strong>Schallschutz</strong><br />
Probleme bei<br />
Ständerwänden<br />
Wenn Produkte den Versprechungen der Werbung oder den Angaben der<br />
Beschreibungen nicht genügen, dann gibt es ein Problem. Während es<br />
bei Waschmitteln noch vergleichbar wenig Schaden anrichtet, wenn die<br />
Wäsche nicht weißer als weiß ist, hat ein nicht eingehaltener <strong>Schallschutz</strong><br />
einer Wohnungstrennwand katastrophale Auswirkungen.<br />
Ein Fachbeitrag von Herrn Dipl.Ing. Erich Kern<br />
Vor allem wenn in einer größeren Wohnhausanlage<br />
dieses Problem erst nach<br />
Bezug der Wohnungen bekannt wird.<br />
Wie bei allen technischen Produkten geht man<br />
davon aus, dass die Beschreibungen von Baustoffen<br />
und Bausystemen richtig sind. Sie sollten<br />
jedenfalls die Schwankungen in der Produktion<br />
und in der Herstellung unter Baustellenbedingungen<br />
berücksichtigen, Reserven<br />
einbauen und entsprechende Hinweise beinhalten.<br />
Leider ist bei Gipskartonständerwänden das<br />
Gegenteil der Fall. Die in Datenblättern angegebenen<br />
Schalldämmwerte werden in der Praxis<br />
nur selten, eigentlich nie erreicht. Die Ursache<br />
liegt darin, dass die Randbedingungen von<br />
Labormessungen - diese liegen den Datenblättern<br />
immer zu Grunde – und von Baustellenmessungen<br />
in vielen Punkten voneinander<br />
abweichen. Flankenübertragungen, Kabelkanäle,<br />
Rohrdurchführungen, Einbauten, unvermeidliche<br />
Bauungenauigkeiten sind hier zu<br />
nennen; selbstverständlich auch unterschiedliche<br />
Ausführungsqualitäten. Unter Preisdruck,<br />
Termindruck und den sonstigen Widrigkeiten<br />
einer Baustelle kann nicht die gleiche Quali-<br />
2<br />
Dipl.-Ing. Erich Kern<br />
Ingenieurkonsulent / Allgemein beeideter und<br />
gerichtlich zertifizierter Sachverständiger<br />
tät erreicht werden, wie unter Laborbedingungen,<br />
wo Zeit und Geld bei der Montage keine<br />
Rolle spielen und keine Fremdgewerke die<br />
Arbeit stören. Paradebeispiel für die unterschiedlichen<br />
Ausführungsqualitäten ist die<br />
Diskussion über die Verschraubungen. Wie<br />
wir alle lernen mussten, vermindert stegnahes<br />
Verschrauben den <strong>Schallschutz</strong> der Wand<br />
beträchtlich, bis zu 6 dB. Das kann über Erfolg<br />
oder Bauschaden entscheiden. Wie jedoch<br />
unter Baustellenbedingungen nur stegfern<br />
geschraubt werden soll (besonders die zweite<br />
Lage), konnte mir noch niemand zeigen. Gleitende<br />
Deckenanschlüsse und Fassaden-<br />
Schwertanschlüsse sind mindestens genauso<br />
spannende Themen. Die o.a. Unterschiede<br />
zwischen Labor und Baustelle sind nachvollziehbar<br />
und könnten von den Planern und den<br />
Ausführenden berücksichtigt werden, etwa<br />
indem sie darauf hinweisen und entsprechende<br />
Sicherheitszuschläge in der Ausschreibung<br />
und den Angeboten verankern. Doch unter<br />
Zeit- und Preisdruck kann darüber mit Kaufleuten<br />
nur schwer verhandelt werden, zumal<br />
der Prospekt des Herstellers keinen Hinweis<br />
darauf gibt, dass der angeführte <strong>Schallschutz</strong><br />
AUTOR<br />
nicht erreicht werden kann. Also dünnere<br />
Wand, zu geringeren Kosten, bei mehr Nutzfläche.<br />
LABOR KONTRA FELDVERSUCH<br />
Als wären diese Probleme nicht genug, stellt sich<br />
nun ein neues ein. Während bei der Planung<br />
und Ausschreibung die System-Hersteller die<br />
Labor-Schalldämmwerte forcieren, bestätigen<br />
sie in der Ausführung eklatante Unterschreitungen<br />
als systemkonform. Im jüngsten Fall verfehlte<br />
die vom Generalunternehmer auf der<br />
Baustelle erstellte Musterwand die Labor-<br />
Schalldämmwerte um 12dB. Der Systemhersteller<br />
attestierte dieser Musterwand, dass sie<br />
augenscheinlich den Herstellerrichtlinien entsprechend<br />
ausgeführt wurde. Er hatte offensichtlich<br />
kein Problem, seinem Produkt die ordnungsgemäße<br />
Ausführung zu bescheinigen.<br />
Selbst dann nicht, als diese nur 50% jenes<br />
<strong>Schallschutz</strong>es aufwies, der in den entsprechenden<br />
Produktdatenblättern angegeben war. Als<br />
Begründung wurde angeführt, dass die Schalldämmwerte<br />
der technischen Beschreibung nur<br />
Laborwerte darstellen und daher keine Wandanschlüsse,<br />
wie sie am Fußboden, der Decke<br />
und den begrenzenden Wänden nicht zu vermeiden<br />
sind, berücksichtigen. Gemeint waren<br />
hier nicht die Flankenübertragungen, wie sie<br />
tatsächlich im Labor weitgehend ausgeschlossen<br />
werden, sondern die schalltechnischen Schwächungen<br />
durch die Anschlüsse. Diese Argumentation<br />
ist natürlich nicht richtig. Auch im<br />
Labor wird die zu prüfende Wand allseitig an<br />
die Prüfstandsbegrenzungen angeschlossen und<br />
diese Anschlüsse werden nicht verdeckt. Als im<br />
TROCKENBAU Journal 3 2010<br />
Fotos: DI Erich Kern
gegenständlichen Fall von einer Fachfirma an<br />
gleicher Stelle ebenfalls eine Musterwand errichtet<br />
wurde und diese den prognostizierten <strong>Schallschutz</strong><br />
und damit die gestellten Anforderungen<br />
erreichte, verzichtete man auf weitere fachkun-<br />
DER GLEITENDE DECKENANSCHLUSS.<br />
Laut Herstellerrichtlinien je nach Ausführung<br />
entweder keine Verschlechterung des<br />
<strong>Schallschutz</strong>es oder ca. 3 dB. Die Praxis<br />
sieht leider anders aus.<br />
dige Stellungnahmen des Systemherstellers.<br />
Anzumerken ist jedoch, dass eine den gestellten<br />
Anforderungen entsprechende Ausführung nur<br />
mehr Fachfirmen vorbehalten bleibt, welche in<br />
wesentlichen Detailausführungen Fachwissen<br />
besitzen, welches sich nicht allein aus Herstellerrichtlinien<br />
ableiten lässt.<br />
IN EIN NEUES ZEITALTER AUFBRECHEN<br />
Dieses Beispiel zeigt folgendes: Während man<br />
dem Ausführenden in der Vergangenheit Fehler<br />
bei der Montage nachweisen musste, um<br />
ihm die Schuld an der nicht erreichten <strong>Schallschutz</strong>qualität<br />
zuweisen zu können, ist das<br />
heute nicht mehr notwendig. Auch wenn die<br />
Ausführung den Herstellerrichtlinien entspricht,<br />
sind grobe Abweichungen möglich.<br />
Die Schuld der Ausführenden und der Planer<br />
Akustik Blasch<br />
AKTUELL<br />
liegt darin, dass sie nicht rechtzeitig auf diesen<br />
Umstand hingewiesen haben.<br />
Wie soll es weitergehen? In einer Zeit, in der<br />
ohne Claim-Management keine Baustelle<br />
mehr abgewickelt wird, in der der Bezug von<br />
Wohnungen in Begleitung von Rechtsanwälten<br />
erfolgt, also in der die Klagebereitschaft<br />
immer mehr zunimmt und gleichzeitig das<br />
Angebot an qualifizierten Facharbeitern immer<br />
mehr abnimmt, sollten wir zu unser aller Nutzen<br />
endlich umdenken. Erfahrungen haben<br />
wir genug um realistische Bausysteme zu<br />
beschreiben und zu bewerten. Ein derartiger<br />
Katalog würde auf alle baustellenbedingten<br />
Erschwernisse Rücksicht nehmen und so manchem<br />
Wunschdenken – wie zum Beispiel bei<br />
Schwertanschlüssen – ein Ende setzen. Damit<br />
würden wir viel Zeit und Geld sparen. Dieses<br />
Anliegen haben viele und trotzdem gelingt es<br />
nicht. Es wird Zeit, dass sich eine starke Lobby<br />
dafür einsetzt. Wer sonst, als der Verband der<br />
Trockenbauer wäre dafür am besten geeignet.<br />
Vielleicht ergibt sich ja doch die Möglichkeit<br />
der erforderlichen, breiten Diskussion.