ET CETERA AUGUST 2009 - Branz & Kollegen
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In dem die für die Firma Euro-Cities<br />
AG in Berlin zuständigen Gerichte<br />
davon überzeugen werden konnten,<br />
dass § 10 UrhG zugunsten der<br />
Firma Euro-Cities AG gerade nicht<br />
anwendbar ist, dürfte den Umtrie-<br />
ben dieses Unternehmens zumindest<br />
in Berlin ein Ende gesetzt sein.<br />
Aufgrund unserer Vermutung, dass<br />
sich der Spuk an anderen Gerichten<br />
innerhalb der Republik fortsetzen<br />
soll, werden wir die ergangene<br />
Entscheidung zumindest des Landgerichtes<br />
Berlin in der Fachpresse<br />
publizieren und auch für eine<br />
Publizierung in der allgemeinen<br />
Presse Sorge tragen.<br />
Ergänzend ist noch anzumerken,<br />
dass die Firma Euro-Cities AG, als<br />
sie ihre „Fe(ä)lle davon schwimmen<br />
sah“, versuchte, durch geradezu<br />
haarsträubenden Sachvortrag ihre<br />
angebliche Rechteinhaberschaft<br />
konkret darzulegen.<br />
Wie dargestellt hatte ich mich vor<br />
einem Jahr über den weiteren<br />
äußeren Verlauf der Dinge geirrt.<br />
Falsch war allerdings auch, dass ich<br />
die Euro-Cities AG mit „Räubern“<br />
verglichen habe. Kennzeichnend<br />
für einen Räuber ist allemal, dass<br />
dieser sich offen und – definitionsgemäß<br />
– gewaltsam in Widerspruch<br />
zur Gesellschaft und zum Recht<br />
setzt. Viel subtiler als dieser offene<br />
Rechtsbruch ist jener, der sich als<br />
Ergebnis – gar massenhafter – falscher<br />
Rechtsanwendung darstellt.<br />
Von Interesse – weil zu befürchten<br />
– ist vor diesem Hintergrund<br />
die Frage, ob die Euro-Cities AG<br />
trotz der beiden Entscheidungen<br />
ihr offensichtlich rechtswidriges<br />
Verhalten fortsetzt. Das Auftreten<br />
ihrer Vertreter lässt dies wahrscheinlich<br />
erscheinen.<br />
Und schließlich: Obwohl wir infolge<br />
des gewonnenen Rechtsstreites<br />
einen Anspruch auf Erstattung unserer<br />
Kosten und Auslagen haben, war<br />
der Rechtsstreit für uns angesichts<br />
des Aufwandes, den wir bestreiten<br />
mussten, natürlich kein finanzieller<br />
Erfolg. Was uns unabhängig hiervon<br />
allerdings freut ist, dass wir einen<br />
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<strong>AUGUST</strong> <strong>2009</strong><br />
nicht gering einzuschätzenden<br />
Beitrag zur Sozialhygiene geleistet<br />
haben. Und – ganz besonders wichtig:<br />
Nur der, der von Fall zu Fall auch<br />
Sendungsbewusstsein entfalten<br />
kann, findet in unserem „Gewerbe“<br />
zumindest hin und wieder die notwendige<br />
persönliche Befriedigung.<br />
Vielleicht ist es auch diese unsere<br />
Bereitschaft, jedenfalls gelegentlich<br />
zu Überzeugungstätern zu werden,<br />
wegen der gerade Sie uns Ihr<br />
Vertrauen schenken. Nichts wäre<br />
für uns schöner, als das!<br />
In diesem Sinne<br />
Herzlichst,<br />
– Im Namen aller -<br />
für <strong>Branz</strong> & <strong>Kollegen</strong><br />
Ihr<br />
Karl-Heinz <strong>Branz</strong><br />
GRUNDLEGENDES<br />
WENN DAS BUNDESGERICHT<br />
SEINE MEINUNG äNDERT<br />
Es ist eine der ersten Lektionen,<br />
die ein Student der Rechtswissenschaften<br />
lernt: Pacta sunt servanda,<br />
Verträge sind zu halten. Dies, so<br />
steht geschrieben, im Sinne der<br />
Rechtssicherheit.<br />
Sich auf dieses Prinzip verlassend<br />
schließen Menschen tagtäglich<br />
Verträge im Vertrauen darauf,<br />
dass auch morgen noch gilt, was<br />
heute gesagt ist. Man baut auf den<br />
geschlossenen Verträgen auf, trifft<br />
Dispositionen, seien sie persönlicher<br />
oder finanzieller Natur.<br />
Demnach ist es problematisch,<br />
wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung<br />
quasi über Nacht eine<br />
Abänderung der Gesetzesauslegung<br />
beschließt und die Instanzgerichte<br />
diese Änderung unbesehen auf<br />
andere Fälle übertragen. Denn<br />
dadurch werden Verträge schnell<br />
als unwirksam betrachtet, die zuvor<br />
noch Geltung beanspruchten.<br />
Was den Wandel der Auslegung<br />
selbst betrifft, entschied der<br />
Bundesgerichtshof jedoch bereits:<br />
„Die Änderung einer lange geltenden<br />
Rechtsprechung wirkt grundsätzlich<br />
auf den Vertragsschluss<br />
zurück, soweit dem die Grundsätze<br />
von Treu und Glauben nicht entgegenstehen.“<br />
(vgl.: BGH, Urt. v.<br />
29.02.1996-IX ZR 153/95).<br />
Der Bundesgerichtshof anerkennt<br />
damit zwar die Problematik der<br />
Rückwirkung und gewährt in<br />
gewissem Maße Vertrauensschutz.<br />
Er sagt damit aber auch,<br />
dass man in der Regel eine<br />
Rechtsprechungsänderung hinzunehmen<br />
hat. Zur Begründung führt<br />
er dabei insbesondere an, dass die<br />
materielle Gerechtigkeit mindestens<br />
ebenbürtig neben dem Grundsatz<br />
der Rechtssicherheit stünde. Damit<br />
kann sich der Rechtsanwender nur<br />
dann auf Vertrauensschutz berufen,<br />
wenn alles andere Treu und<br />
Glauben widersprechen würde. Es<br />
ist im Einzelnen häufig schwierig<br />
zu entschieden, was nun Treu und<br />
Glauben zuwider läuft.<br />
Da verwundert es nicht, dass der<br />
Betroffene häufig ratlos bis enttäuscht,<br />
manchmal auch wirklich<br />
beschädigt zurückbleibt. Im<br />
schlimmsten Fall hat er – an sich<br />
den Rechtsprinzipien treu – auf<br />
einen Vertragsabschluss vertraut<br />
und Investitionen getätigt, die nun<br />
verloren sind.<br />
Vor diesem Hintergrund erscheinen<br />
klarere Regelungen bezüglich des<br />
Vertrauensschutzes wünschenswert,<br />
ein verantwortungsvoller Umgang<br />
mit Rechtsprechungsänderungen<br />
durch die Instanzgerichte unentbehrlich.<br />
Dagmar Lenz<br />
Rechtsanwältin