ET CETERA AUGUST 2009 - Branz & Kollegen
ET CETERA AUGUST 2009 - Branz & Kollegen
ET CETERA AUGUST 2009 - Branz & Kollegen
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INFORMATIONEN AUS DER GES<strong>ET</strong>ZGEBUNG UND RECHTSPRECHUNG<br />
Rechtsbruch durch Rechtverfolgung<br />
An gleicher Stelle und vor exakt<br />
einem Jahr habe ich Ihnen unter<br />
der Überschrift „Von Schustern<br />
und Räubern“ von unserer<br />
Auseinandersetzung mit einem<br />
auf Urheberrechts-Abmahnungen<br />
spezialisierten Unternehmen berichtet.<br />
Es ging darum, dass wir<br />
wegen der Benutzung eines winzigen<br />
Stadtplan-Ausschnittes von<br />
einer insoweit bekannten Berliner<br />
Anwaltskanzlei abgemahnt worden<br />
waren, mit dem Ziel, uns zur<br />
Zahlung von Lizenzgebühren und<br />
Anwaltskosten zu veranlassen.<br />
Auf der Grundlage einer gründlichen<br />
rechtlichen Überprüfung<br />
und Bewertung des Sachverhaltes<br />
hatte ich meiner Überzeugung<br />
Ausdruck verliehen, dass die von<br />
mir so bezeichneten Räuber, es<br />
handelt sich um die Firma Euro-<br />
Cities AG mit Sitz in Berlin, die<br />
Angelegenheit angesichts unseren<br />
klaren Positionierung nicht weiter<br />
verfolgen würden.<br />
Diese Erwartung war falsch.<br />
Tatsächlich hat dieses Unternehmen,<br />
Rechtsanwälte und Steuerberater<br />
vertreten durch jene „spezialisierten“<br />
Rechtsanwälte uns beim Amtsgericht<br />
Berlin-Charlottenburg verklagt. Im<br />
Zuge des Rechtsstreites stellte sich<br />
heraus, dass die Euro-Cities AG –<br />
den Behauptungen ihrer Vertreter<br />
nach – in mehr als 1400 Fällen (!)<br />
obsiegende Urteile in gleich gelagerten<br />
Fällen erstritten hatte.<br />
Hochgerechnet – ausgehend von<br />
unserem Fall – bedeutet dies, dass<br />
der Firma Euro-Cities AG, ihrem in<br />
Osteuropa honoris causa promovierten<br />
Gesellschafter-Geschäftführer<br />
sowie den regelmäßig beauftragen<br />
Rechtsanwälten Einnahmen in Höhe<br />
von mehreren Millionen Euro zugeflossen<br />
sein dürften.<br />
Diese Einnahmequelle dürfte –<br />
wenn überhaupt noch – künftig<br />
nicht mehr oder aber nur noch<br />
in deutlich geringerem Umfang<br />
anzuzapfen sein: Das Amtsgericht<br />
Berlin-Charlottenburg hat, ebenso<br />
wie das Landgericht Berlin als<br />
nachfolgende Berufungsinstanz<br />
die Klage der Euro-Cities AG gegen<br />
uns kostenpflichtig abgewiesen.<br />
Ausschlaggebend für unseren strahlenden<br />
Sieg war schließlich, dass wir<br />
die beiden Gerichte davon überzeugen<br />
konnten, dass die mehr als tau-<br />
sendfach ergangenen Urteile auf<br />
einer falschen Rechtsanwendung<br />
beruhten. Im Mittelpunkt des<br />
Streits stand die Vorschrift des § 10<br />
UrhG. Diese Vorschrift enthält<br />
unter bestimmten Voraussetzungen<br />
(die darzustellen an dieser Stelle<br />
den Rahmen sprengen würde) die<br />
Anordnung der Vermutung einer<br />
Rechtsinhaberschaft zugunsten des<br />
urheberrechtlichen Klägers.<br />
»<br />
„GRUNDLEGENDES“<br />
„AKTUELLES AUS DEM<br />
MI<strong>ET</strong>RECHT“<br />
<strong>ET</strong> C<strong>ET</strong>ERA<br />
<strong>AUGUST</strong> <strong>2009</strong><br />
AN AUSGEWÄHLTE<br />
MANDANTEN
In dem die für die Firma Euro-Cities<br />
AG in Berlin zuständigen Gerichte<br />
davon überzeugen werden konnten,<br />
dass § 10 UrhG zugunsten der<br />
Firma Euro-Cities AG gerade nicht<br />
anwendbar ist, dürfte den Umtrie-<br />
ben dieses Unternehmens zumindest<br />
in Berlin ein Ende gesetzt sein.<br />
Aufgrund unserer Vermutung, dass<br />
sich der Spuk an anderen Gerichten<br />
innerhalb der Republik fortsetzen<br />
soll, werden wir die ergangene<br />
Entscheidung zumindest des Landgerichtes<br />
Berlin in der Fachpresse<br />
publizieren und auch für eine<br />
Publizierung in der allgemeinen<br />
Presse Sorge tragen.<br />
Ergänzend ist noch anzumerken,<br />
dass die Firma Euro-Cities AG, als<br />
sie ihre „Fe(ä)lle davon schwimmen<br />
sah“, versuchte, durch geradezu<br />
haarsträubenden Sachvortrag ihre<br />
angebliche Rechteinhaberschaft<br />
konkret darzulegen.<br />
Wie dargestellt hatte ich mich vor<br />
einem Jahr über den weiteren<br />
äußeren Verlauf der Dinge geirrt.<br />
Falsch war allerdings auch, dass ich<br />
die Euro-Cities AG mit „Räubern“<br />
verglichen habe. Kennzeichnend<br />
für einen Räuber ist allemal, dass<br />
dieser sich offen und – definitionsgemäß<br />
– gewaltsam in Widerspruch<br />
zur Gesellschaft und zum Recht<br />
setzt. Viel subtiler als dieser offene<br />
Rechtsbruch ist jener, der sich als<br />
Ergebnis – gar massenhafter – falscher<br />
Rechtsanwendung darstellt.<br />
Von Interesse – weil zu befürchten<br />
– ist vor diesem Hintergrund<br />
die Frage, ob die Euro-Cities AG<br />
trotz der beiden Entscheidungen<br />
ihr offensichtlich rechtswidriges<br />
Verhalten fortsetzt. Das Auftreten<br />
ihrer Vertreter lässt dies wahrscheinlich<br />
erscheinen.<br />
Und schließlich: Obwohl wir infolge<br />
des gewonnenen Rechtsstreites<br />
einen Anspruch auf Erstattung unserer<br />
Kosten und Auslagen haben, war<br />
der Rechtsstreit für uns angesichts<br />
des Aufwandes, den wir bestreiten<br />
mussten, natürlich kein finanzieller<br />
Erfolg. Was uns unabhängig hiervon<br />
allerdings freut ist, dass wir einen<br />
| 2<br />
<strong>AUGUST</strong> <strong>2009</strong><br />
nicht gering einzuschätzenden<br />
Beitrag zur Sozialhygiene geleistet<br />
haben. Und – ganz besonders wichtig:<br />
Nur der, der von Fall zu Fall auch<br />
Sendungsbewusstsein entfalten<br />
kann, findet in unserem „Gewerbe“<br />
zumindest hin und wieder die notwendige<br />
persönliche Befriedigung.<br />
Vielleicht ist es auch diese unsere<br />
Bereitschaft, jedenfalls gelegentlich<br />
zu Überzeugungstätern zu werden,<br />
wegen der gerade Sie uns Ihr<br />
Vertrauen schenken. Nichts wäre<br />
für uns schöner, als das!<br />
In diesem Sinne<br />
Herzlichst,<br />
– Im Namen aller -<br />
für <strong>Branz</strong> & <strong>Kollegen</strong><br />
Ihr<br />
Karl-Heinz <strong>Branz</strong><br />
GRUNDLEGENDES<br />
WENN DAS BUNDESGERICHT<br />
SEINE MEINUNG äNDERT<br />
Es ist eine der ersten Lektionen,<br />
die ein Student der Rechtswissenschaften<br />
lernt: Pacta sunt servanda,<br />
Verträge sind zu halten. Dies, so<br />
steht geschrieben, im Sinne der<br />
Rechtssicherheit.<br />
Sich auf dieses Prinzip verlassend<br />
schließen Menschen tagtäglich<br />
Verträge im Vertrauen darauf,<br />
dass auch morgen noch gilt, was<br />
heute gesagt ist. Man baut auf den<br />
geschlossenen Verträgen auf, trifft<br />
Dispositionen, seien sie persönlicher<br />
oder finanzieller Natur.<br />
Demnach ist es problematisch,<br />
wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung<br />
quasi über Nacht eine<br />
Abänderung der Gesetzesauslegung<br />
beschließt und die Instanzgerichte<br />
diese Änderung unbesehen auf<br />
andere Fälle übertragen. Denn<br />
dadurch werden Verträge schnell<br />
als unwirksam betrachtet, die zuvor<br />
noch Geltung beanspruchten.<br />
Was den Wandel der Auslegung<br />
selbst betrifft, entschied der<br />
Bundesgerichtshof jedoch bereits:<br />
„Die Änderung einer lange geltenden<br />
Rechtsprechung wirkt grundsätzlich<br />
auf den Vertragsschluss<br />
zurück, soweit dem die Grundsätze<br />
von Treu und Glauben nicht entgegenstehen.“<br />
(vgl.: BGH, Urt. v.<br />
29.02.1996-IX ZR 153/95).<br />
Der Bundesgerichtshof anerkennt<br />
damit zwar die Problematik der<br />
Rückwirkung und gewährt in<br />
gewissem Maße Vertrauensschutz.<br />
Er sagt damit aber auch,<br />
dass man in der Regel eine<br />
Rechtsprechungsänderung hinzunehmen<br />
hat. Zur Begründung führt<br />
er dabei insbesondere an, dass die<br />
materielle Gerechtigkeit mindestens<br />
ebenbürtig neben dem Grundsatz<br />
der Rechtssicherheit stünde. Damit<br />
kann sich der Rechtsanwender nur<br />
dann auf Vertrauensschutz berufen,<br />
wenn alles andere Treu und<br />
Glauben widersprechen würde. Es<br />
ist im Einzelnen häufig schwierig<br />
zu entschieden, was nun Treu und<br />
Glauben zuwider läuft.<br />
Da verwundert es nicht, dass der<br />
Betroffene häufig ratlos bis enttäuscht,<br />
manchmal auch wirklich<br />
beschädigt zurückbleibt. Im<br />
schlimmsten Fall hat er – an sich<br />
den Rechtsprinzipien treu – auf<br />
einen Vertragsabschluss vertraut<br />
und Investitionen getätigt, die nun<br />
verloren sind.<br />
Vor diesem Hintergrund erscheinen<br />
klarere Regelungen bezüglich des<br />
Vertrauensschutzes wünschenswert,<br />
ein verantwortungsvoller Umgang<br />
mit Rechtsprechungsänderungen<br />
durch die Instanzgerichte unentbehrlich.<br />
Dagmar Lenz<br />
Rechtsanwältin
Das Oberlandesgericht Karlsruhe<br />
(Urteil vom 20.10.2008, Aktenzeichen:<br />
7 U 125/08) hat entschieden,<br />
dass demjenigen, der sich<br />
ein sogenanntes Bio-Tattoo hat<br />
stechen lassen, welches sich spätestens<br />
nach 3 bis 7 Jahren „in Nichts<br />
auflösen soll“, ein Schadensersatz-<br />
und ein Schmerzensgeldanspruch<br />
wegen einer rechtswidrigen<br />
Körperverletzung zusteht, wenn<br />
das Tattoo dauerhaft verbleibt.<br />
Auch mit der Verjährung hat das<br />
Oberlandesgericht Karlsruhe kein<br />
Problem. Die Verjährung des<br />
Anspruches beginnt nämlich nicht<br />
vor Ablauf einer 7-Jahres-Frist,<br />
nach der das Tattoo spätestens verschwinden<br />
sollte, auch wenn vorher<br />
zu erwarten war, dass dies nicht<br />
eintritt.<br />
Volker Straub<br />
Rechtsanwalt<br />
„NOCH EBBES“<br />
WIR MACHEN SCHLUSS:<br />
MIT RECHTSIRRTÜMERN!<br />
DAS MANDANTENQUIZ<br />
Ihnen ist sicherlich noch unsere<br />
rechtliche Frage im Zusammenhang<br />
mit der „Weihnachtsfeier“ in Erinnerung.<br />
Sollte dies nicht der Fall<br />
sein, können Sie sich im Internet<br />
<strong>AUGUST</strong> <strong>2009</strong><br />
unter www.branz.de wieder auf den<br />
aktuellen Stand bringen. Wir stellen<br />
uns nun vor, dass Sie sich im neuen<br />
Jahr dazu entschließen, Ihre privat<br />
angemietete Wohnung zu kündigen.<br />
Sie haben auch schon eine adäquate<br />
Ersatzwohnung gefunden sind aber<br />
nicht bereit, sowohl die neue Miete,<br />
wie auch die alte Miete parallel zu<br />
bezahlen. Sie schicken sich also an,<br />
Ihrem bisherigen Vermieter mehrere<br />
sogenannte „Nachmieter“ vorbeizu-<br />
schicken, die sich alle bereit erklären,<br />
die bisher von Ihnen genutzte Wohnung<br />
unverzüglich zu übernehmen.<br />
Sie sind der Meinung, dass Sie vorzeitig<br />
aus dem Mietvertrag entlassen<br />
werden, wenn Sie mindestens 3<br />
potenzielle, geeignete Nachmieter<br />
Ihrem Vermieter bringen.<br />
Frage:<br />
Sind Sie verpflichtet, die Miete weiter<br />
zu bezahlen und zwar bis zum<br />
Kündigungszeitpunkt oder können<br />
Sie die Mietzahlungen einstellen,<br />
wenn Sie den dritten geeigneten<br />
potenziellen Nachmieter Ihrem Vermieter<br />
vorgestellt haben?<br />
Auflösung der Frage auf Seite 5<br />
AKTUELLES<br />
AUS DEM MI<strong>ET</strong>RECHT<br />
DIE LAST DER SCHRIFTFORM<br />
Die gesetzliche Schriftform von<br />
(Geschäftsraum-) Mietverträgen<br />
beschäftigt mittlerweile seit<br />
Jahrzehnten die Rechtsprechung<br />
und hat dazu geführt, dass es mittlerweile<br />
eine fast nicht mehr überschaubare<br />
Anzahl von juristischen<br />
Entscheidungen gibt. Darunter sind<br />
auch zahlreiche Entscheidungen des<br />
Bundesgerichtshofes.<br />
Im Mittelpunkt der Problematik<br />
steht die Frage, ob die Verletzung<br />
des Schriftformerfordernisses dazu<br />
führt, dass ein Mietvertrag vorzeitig,<br />
d.h. mit gesetzlicher Kündigungsfrist<br />
gekündigt werden kann oder ob<br />
die Parteien, wie im Vertrag vorgehen,<br />
an die im Vertrag vereinbarte<br />
Laufzeit (2 Jahre, 5 Jahre, 10 Jahre,<br />
etc.) gebunden sind.<br />
Vereinbaren nämlich die Parteien<br />
in ihrem Mietvertrag eine zeitliche<br />
Befristung von mehr als einem<br />
Jahr, meist Grundlaufzeit genannt,<br />
so kann die Nichteinhaltung des<br />
Schriftformerfordernisses dazu führen,<br />
dass eine der Parteien in der<br />
Lage ist, den Mietvertrag vorzeitig<br />
zu kündigen.<br />
Das Schriftformerfordernis regelt<br />
§ 550 BGB. Danach unterliegt prinzipiell<br />
der gesamte Vertragsinhalt<br />
(einschließlich aller Nebenabreden,<br />
die Bestandteile des Mietvertrages<br />
sein sollen) der Schriftform. Im Kern<br />
sind hiermit die Vertragsinhalte<br />
gemeint, die für den Abschluss eines<br />
Mietvertrages erforderlich sind, d.<br />
h. die Mietvertragsparteien, die<br />
Mietsache, die Miete (einschließlich<br />
der Vereinbarung über die<br />
Umlage von Nebenkosten) sowie<br />
die Mietdauer. Aber auch sonstige<br />
Vereinbarungen sind formbedürftig,<br />
soweit sie den Inhalt des Mietverhältnisses<br />
gestalten und nach<br />
dem Willen der Parteien von wesentlicher<br />
Bedeutung sind.<br />
Von besonderer Präsenz in der<br />
Praxis sind die Fälle, in denen<br />
die Mietvertragsparteien nachträglich<br />
ergänzende bzw. abändernde<br />
| 3
Vereinbarungen zum Mietvertrag<br />
treffen. Im günstigsten Fall treffen<br />
die Parteien hierüber eine schriftliche<br />
Vereinbarung. Die Frage die<br />
sich dabei stets stellt ist, ob die<br />
Parteien mit der nachträglichen<br />
Vereinbarung das Schriftformerfordernis<br />
eingehalten haben.<br />
Das Schriftformerfordernis sieht beispielsweise<br />
vor, dass die Parteien auf<br />
einer Urkunde unterschreiben. Des<br />
Weiteren muss, insbesondere bei<br />
Nachträgen, die Einheitlichkeit der<br />
Urkunde gewahrt sein. So muss beispielsweise<br />
ein Nachtrag nicht unbedingt<br />
fest mit dem Hauptmietvertrag<br />
verbunden werden, jedoch muss<br />
die Zusammengehörigkeit der einzelnen<br />
Bestandteile zweifelsfrei<br />
erkennbar sein.<br />
So hat der Bundesgerichtshof in<br />
einer Entscheidung vom 09.04.2008<br />
klargestellt, dass es für die Einhaltung<br />
der Schriftform erforderlich<br />
sei, dass in einem Nachtrag<br />
zu einem Mietvertrag lückenlos auf<br />
alle Schriftstücke Bezug genommen<br />
wird, aus denen sich die wesentlichen<br />
vertraglichen Vereinbarungen der<br />
Parteien ergeben. Fehlt es an einer<br />
solchen lückenlosen Bezugnahme,<br />
wird die Schriftform des Nachtrags<br />
und damit des Mietvertrages nicht<br />
gewahrt und der Mietvertrag ist<br />
unter Einhaltung der gesetzlichen<br />
Kündigungsfrist kündbar.<br />
Sollte man daher gezwungen sein,<br />
einen Mietvertrag, der auf bestimmte<br />
Zeit befristet ist ändern bzw.<br />
ergänzen, sei es nur wegen einer<br />
Anpassung des Mietzinses, ist im<br />
besonderen Maße darauf Rücksicht<br />
zu nehmen, dass die Schriftform<br />
eingehalten ist. Andernfalls lässt<br />
man die latente Gefahr entstehen,<br />
dass das Mietvertragsverhältnis,<br />
von welcher Seite auch immer,<br />
unter Einhaltung der gesetzlichen<br />
Kündigungsfrist gekündigt wird.<br />
Volker Straub<br />
Rechtsanwalt<br />
| 4<br />
<strong>AUGUST</strong> <strong>2009</strong><br />
NEUES AUS DEM<br />
UNTERHALTSRECHT<br />
DAS KINDESWOHL IM<br />
NEUEN UNTERHALTSRECHT<br />
In Zeiten der Wirtschaftskrise rücken<br />
die Menschen immer enger zusammen<br />
und man besinnt sich wieder<br />
auf alte Werte, wie die Familie.<br />
Blut ist letztlich eben doch dicker<br />
als Wasser. So ist es grundsätzlich<br />
auch vom Gesetzgeber vorgesehen.<br />
In Krisenzeiten muss das eine<br />
Familienmitglied für das andere<br />
einstehen, muss ihm Unterhalt<br />
leisten. Aber wie weit geht diese<br />
Einstandspflicht und welches<br />
Familienmitglied ist zuständig?<br />
Im Falle der Kinder eines Ehepaares<br />
scheint es zunächst einfach: Solange<br />
ein Elternteil das im Haushalt wohnende<br />
minderjährige oder sich<br />
in Ausbildung befindliche Kind<br />
betreut, ist der andere getrennt<br />
lebende Elternteil zu Leistung des<br />
sogen. Barunterhalts verpflichtet.<br />
Aber was passiert, wenn der andere<br />
Elternteil gar nicht zahlen kann?<br />
Wenn er leistungsunfähig ist? Man<br />
könnte an eine Unterhaltspflicht<br />
der Großeltern denken, doch diese<br />
haften tatsächlich nur, wenn beide<br />
Elternteile nicht dazu in der Lage<br />
sind, den Barunterhalt für das<br />
Kind aufzubringen. Dies ergibt sich<br />
aus § 1606 III 1 BGB, wonach sich<br />
der Haftungsanteil des anderen<br />
Elternteils erhöht, sollte der eine<br />
Elternteil leistungsunfähig sein.<br />
Aufgrund der umgekehrten Alters-<br />
pyramide ist jedoch fast die Frage<br />
interessanter, wer für den Unterhalt<br />
der Großeltern aufkommen muss.<br />
Die Situation, dass ein älterer<br />
Mensch plötzlich nicht mehr für sich<br />
selber sorgen kann und sich entscheidet<br />
in ein Alten- oder Pflege-<br />
heim zu ziehen, ist für diesen<br />
oft seelisch sehr belastend. Doch<br />
zusätzlich steigt auch die finanzielle<br />
Belastung durch die Kosten des<br />
Pflegeheims. Häufig können diese<br />
von der Rente allein nicht gedeckt<br />
werden.<br />
Grundsätzlich obliegt es zunächst<br />
jedem selbst, den eigenen Unterhalt<br />
auch aus eigenen Mitteln zu bestreiten.<br />
Dies kann in Form eigener<br />
Einnahmen, wie der Rente oder<br />
durch Mieteinnahmen geschehen.<br />
Es besteht mit gewissen Einschränkungen<br />
sogar die Pflicht, das eigene<br />
Vermögen zunächst zu verbrauchen,<br />
und beispielsweise von Erspartem<br />
zu leben, bevor andere in Anspruch<br />
genommen werden können.<br />
Kann durch die eigenen finanziellen<br />
Mittel der eigenen Unterhalt<br />
nicht mehr bestritten werden, so<br />
müssen – abhängig von der jeweiligen<br />
Leistungsfähigkeit – zunächst<br />
der Ehegatte, dann die Kinder und<br />
notfalls auch die Enkel für den<br />
Unterhalt der Großeltern aufkommen.<br />
Diese Unterhaltszahlungen<br />
sind der Höhe nach aufgrund der<br />
Alten- und Pflegeheimkosten meist<br />
nicht unbeachtlich.<br />
Betrachtet man diese Situation<br />
genauer, kommt man zu einer<br />
erheblichen Belastung der mittleren<br />
Generation, die nicht nur<br />
für den eigenen Unterhalt, sondern<br />
schlimmstenfalls auch für die<br />
eigenen Eltern und die eigenen<br />
Kinder aufkommen muss. Diese<br />
Problematik kann allenfalls durch<br />
gezielte Vorsorgemaßnahmen entschärft<br />
werden.<br />
Jelka Bartram<br />
Rechtsanwältin
NEUES AUS DEM<br />
ERBRECHT<br />
NICHTEHELICHE IM ERB-<br />
RECHT!<br />
Ein Fall, den nur das Leben schreiben<br />
kann und den die Beschwerde-<br />
führerin vor das Bundesverfassungsgericht<br />
(AZ: 1. BvR 755/08) bringen<br />
musste, um doch noch an ihren<br />
Pflichtteil gelangen zu können.<br />
Der 1. Senat hatte ausnahmsweise<br />
nicht über die Schlechterstellung<br />
der nichtehelich gegenüber den<br />
ehelich Geborenen zu befinden,<br />
wie es schon so oft gewesen ist. Die<br />
Beschwerdeführerin wollte nicht<br />
hinnehmen, gegenüber bestimmten<br />
gleichfalls nichtehelich Geborenen<br />
zurückgesetzt zu werden.<br />
Der Gesetzgeber hatte mit Billigung<br />
des Bundesverfassungsgerichts<br />
eine Trennlinie gezogen, die im<br />
Prinzip alle Personen leer ausgehen<br />
lässt, die vor dem 01.07.1949<br />
geboren wurden, da sie nicht als<br />
mit ihrem Vater verwandt angesehen<br />
werden. Daran konnte nur<br />
die spätere Verheiratung der Eltern<br />
etwas ändern, die das nicht eheliche<br />
Kind legitimierte. Das ließ<br />
Erb- und Pflichtteilsrecht entstehen.<br />
Diese Aufwertung der eigenen<br />
Stellung beruhte auf § 1719 BGB,<br />
den der Gesetzgeber in anderem<br />
Zusammenhang und in gegenteiliger<br />
Absicht zum 01.07.1998 aufgehoben<br />
hatte. Folglich schied das<br />
OLG Nürnberg, dem die Berufung<br />
<strong>AUGUST</strong> <strong>2009</strong><br />
vorlag, nun die Nichtehelichen in<br />
zwei Gruppen: die, die bis zum<br />
30.06.1998 noch und die nach dem<br />
01.07.1998 nicht mehr legitimiert<br />
wurden bzw. werden konnten.<br />
Die Eltern der Betroffenen hatten<br />
am 28.12.1998 geheiratet – einige<br />
Monate zu spät, wie das OLG<br />
Nürnberg meinte, das die Berufung<br />
zurückwies. Diesen Beschluss hob<br />
das Bundesverfassungsgericht,<br />
das Artikel 6 Abs. 5 des Grundgesetztes<br />
für verletzt hielt, auf.<br />
Dass es sogar von „offensichtlicher<br />
Begründetheit“ der Verfassungsbeschwerde<br />
spricht und für das<br />
Berufungsgericht sehr deutliche<br />
Worte findet, ist erfreulich, da<br />
eklatant ist, wie deutlich der<br />
Gleichheitssatz missachtet worden<br />
ist. Der 5. Senat des OLG Nürnberg<br />
hätte einem Ratschlag Rudolf von<br />
Jherings (1818-1892) folgen sollen,<br />
mit dem dieser sich 1868 von<br />
seinen Giessener Studenten verab-<br />
schiedete. Damit hätte er nicht irren<br />
können:<br />
„Leihen sie der Stimme ihres<br />
Rechtsgefühls Gehör; dann erst<br />
lassen sie die theoretische<br />
Begründung folgen. ..., führt diese<br />
zu einem abweichenden Ergebnis,<br />
so ist sie nichts wert.“<br />
Es ist zu hoffen, dass dies der letzte<br />
Beschluss sein wird, den die so lange<br />
Diskriminierung der Nichtehelichen<br />
noch vom Bundesverfassungsgericht<br />
erfordern wird!<br />
Thomas Pluskat<br />
Rechtsanwalt<br />
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unserer Homepage<br />
www.branz.de<br />
WIR MACHEN SCHLUSS:<br />
MIT RECHTSIRRTÜMERN!<br />
DAS MANDANTENQUIZ<br />
Lösung:<br />
Ihnen droht zunächst, dass Sie bei<br />
Abschluss sich zeitlich überlappender<br />
Mietverträge doppelt bezahlen,<br />
denn so einfach können Sie aus<br />
Ihrem alten Mietverhältnis vorzeitig<br />
nicht ausscheiden.<br />
Grundsätzlich gibt es keine Re-<br />
gelung, die vorsieht, dass man das<br />
Mietverhältnis vorzeitig beenden<br />
kann bzw. der Vermieter Sie vorzeitig<br />
gehen lassen muss, wenn Sie<br />
eine bestimmte Anzahl von geeigneten<br />
Nachmietern stellen. Der<br />
Vermieter hat selbstverständlich das<br />
Recht darauf zu bestehen, dass das<br />
Mietverhältnis von Ihnen bis zum<br />
Ende erfüllt wird. Er braucht auch<br />
keine Nachmieter akzeptieren und<br />
damit vorzeitig Ihr Mietverhältnis<br />
beenden.<br />
Etwas anderes kann nur ganz eingeschränkt<br />
gelten, beispielsweise<br />
wenn eine solche Regelung<br />
im Mietvertrag vorgesehen ist<br />
oder wenn es um einen beruflich<br />
bedingten Ortswechsel geht bzw.<br />
Familienzuwachs erwartet wird oder<br />
wenn der Mieter in ein Alten- oder<br />
Pflegeheim muss. Dies gilt jedoch<br />
nicht generell, sondern ist stets im<br />
Einzelfall gesondert zu prüfen.<br />
Beabsichtigt man, in eine bessere<br />
oder billigere Wohnung umzuziehen,<br />
kommt das Stellen eines<br />
Nachmieters und damit eine vorzei-<br />
tige Beendigung des Mietverhält-<br />
nisses nicht in Betracht. Jedenfalls<br />
haben Sie keinen Anspruch gegenüber<br />
dem Vermieter darauf, dass<br />
das Mietverhältnis vorzeitig beendet<br />
wird.<br />
| 5
SOUvERäNE FACHKOMP<strong>ET</strong>ENZ<br />
Karl-Heinz <strong>Branz</strong><br />
Rechtsanwalt<br />
Vereidigter Buchprüfer<br />
Wirtschaftsprivatrecht<br />
Begleitung bei Unternehmens-<br />
transaktionen<br />
Dagmar Lenz<br />
Rechtsanwältin<br />
Baurecht<br />
Familienrecht<br />
individuelles und kollektives<br />
Arbeitsrecht<br />
<strong>AUGUST</strong> <strong>2009</strong><br />
Manuela <strong>Branz</strong><br />
Steuerberaterin<br />
Vereidigte Buchprüferin<br />
Steuerberatung<br />
Sanierungsberatung<br />
Betriebswirtschaftliche Beratung<br />
Existenzgründungsberatung<br />
Thomas Pluskat<br />
Rechtsanwalt<br />
Insolvenzrecht<br />
Bankrecht<br />
Erbrecht<br />
Rechtsanwälte und Steuerberater<br />
Volker Straub<br />
Rechtsanwalt<br />
Fachanwalt für Steuerrecht<br />
Fachanwalt für Handels-<br />
und Gesellschaftsrecht<br />
Recht des gewerblichen Rechts-<br />
schutzes<br />
Wettbewerbsrecht<br />
Jelka Bartram<br />
Rechtsanwältin<br />
Mietrecht/Leasingrecht<br />
Verkehrsrecht<br />
Grundstücksrecht<br />
Strafrecht<br />
Bismarckstraße 106 · 74074 Heilbronn · Telefon 0 71 31/76 42 0 · Telefax 0 71 31/ 76 42 23<br />
Email kanzlei@branz.de · Internet www.branz.de