IS-LM-Modell - Skript - am Institut Arbeit und Wirtschaft
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EWIG Fachbereich 07<br />
<strong>Institut</strong> für Europäische <strong>Wirtschaft</strong>, <strong>Wirtschaft</strong>swissenschaft<br />
<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Gesellschaftspolitik<br />
EWIG<br />
<strong>Institut</strong> für Europäische <strong>Wirtschaft</strong>,<br />
<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Gesellschaftspolitik<br />
Wilhelm-Herbst-Straße 5<br />
D-28359 Bremen<br />
Tel. +49 (0) 421 2 18 - 30 66 (Sekretariat)<br />
Fax +49 (0) 421 2 18 - 45 97<br />
Internet www.ewig.uni-bremen.de<br />
Das <strong>IS</strong>-<strong>LM</strong>-<strong>Modell</strong><br />
<strong>Skript</strong>um zur Gr<strong>und</strong>studiumsveranstaltung „Makroökonomie I <strong>und</strong> II“<br />
(VAK 07-G4 02-3)<br />
WiSe 2004 / 2005<br />
© Dr. André W. Heinemann
Gliederung<br />
- 1 -<br />
Seite<br />
1. Einleitung ......................................................................................................................... 2<br />
2. <strong>Modell</strong>-Annahmen............................................................................................................ 3<br />
3. Der Gütermarkt <strong>und</strong> die <strong>IS</strong>-Kurve................................................................................... 4<br />
4. Der Geldmarkt <strong>und</strong> die <strong>LM</strong>-Kurve................................................................................... 8<br />
5. Gleichgewicht auf Güter- <strong>und</strong> Geldmarkt...................................................................... 10<br />
6. Ungleichgewichte <strong>und</strong> Anpassungskräfte .................................................................... 11<br />
7. Fiskal- <strong>und</strong> Geldpolitik im <strong>IS</strong>-<strong>LM</strong>-<strong>Modell</strong> ....................................................................... 12<br />
7.1. Ein Beispiel für Fiskalpolitik........................................................................................... 12<br />
7.2. Ein Beispiel für Geldpolitik............................................................................................. 13<br />
8. HAAVE<strong>LM</strong>O-Multiplikator im <strong>IS</strong>-<strong>LM</strong>-<strong>Modell</strong> ...................................................................... 14<br />
9. Spezialfälle ....................................................................................................................... 15
1. Einleitung<br />
Dieses <strong>Skript</strong>um richtet sich hauptsächlich an Studierende im Gr<strong>und</strong>studium der Studiengänge <strong>Wirtschaft</strong>swissenschaft<br />
<strong>und</strong> Betriebswirtschaftslehre <strong>und</strong> soll zur Unterstützung der Gr<strong>und</strong>studiumsveranstaltung<br />
„Makroökonomie I <strong>und</strong> II“ dienen. Diese <strong>Arbeit</strong>sunterlage stellt keinen Anspruch auf<br />
Vollständigkeit, vielmehr soll ein kurzer Überblick gegeben werden zu einem wesentlichen <strong>und</strong> für<br />
eine universitäre ökonomische Ausbildung immer noch unverzichtbarem Baustein im Rahmen der<br />
Beschreibung <strong>und</strong> Erklärung volkswirtschaftlicher Gleichgewichte. Zur Vertiefung der Materie werden<br />
entsprechende Lehrbücher zur Makroökonomik empfohlen.<br />
Im Jahr 1936 erschien von JOHN MAYNARD KEYNES die Monographie „The General Theory of<br />
Employment, Interest and Money“. Dieses Werk sollte die Mängel der bis dahin allgemein akzeptierten<br />
„klassischen“ Beschäftigungstheorie aufzeigen. Zu den sogenannten „Klassikern“ zählte KEY-<br />
NES d<strong>am</strong>als n<strong>am</strong>entlich DAVID RICARDO (1772-1823), JOHN STUART MILL (1806-1873), ALFRED MARS-<br />
HALL (1842-1924), FRANC<strong>IS</strong> YSIDRO EDGEWORTH (1845-1926) sowie ARTHUR CECIL PIGOU (1877-<br />
1959). Als Gegenentwurf zur d<strong>am</strong>als vorherrschenden „Mainstre<strong>am</strong>-Ökonomie“ war die „General<br />
Theory“ nicht gerade einfach geschrieben. In 24 Kapiteln versuchte KEYNES seine Kollegen von den<br />
Schwächen bei der Erklärung <strong>und</strong> Beurteilung ges<strong>am</strong>twirtschaftlicher Situationen, auch vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der d<strong>am</strong>aligen weltwirtschaftlichen Entwicklungen, zu überzeugen. KEYNES beschränkte sich<br />
dabei auf eine zwar wortgewaltige, aber doch rein verbale Argumentation. Ein formales <strong>Modell</strong> hingegen<br />
war nicht vorhanden. Eine erste Interpretation der „General Theory“ erfolgte 1937 durch JOHN R.<br />
HICKS (1904-1989). 1 Hierbei entstand ein formalisiertes ges<strong>am</strong>twirtschaftliches <strong>Modell</strong> keynesscher<br />
Prägung. Das ges<strong>am</strong>twirtschaftliche Gleichgewicht dieses <strong>Modell</strong>s wird durch den Schnittpunkt zweier<br />
Funktionen beschrieben: Der <strong>IS</strong>-Funktion <strong>und</strong> der <strong>LM</strong>-Funktion. 2<br />
Wie bereits erwähnt: Die weiteren Erläuterungen dienen dazu, einen stark verkürzten Überblick zum<br />
Hicksschen „<strong>IS</strong>-<strong>LM</strong>-<strong>Modell</strong>“ zu gewinnen. Es werden einige <strong>Modell</strong>annahmen vorgestellt, die relevanten<br />
Märkte (Güter- <strong>und</strong> Geldmarkt) kurz skizziert sowie die einzelnen Funktionen beschrieben.<br />
Weiterhin erfolgt eine kurze Beschreibung möglicher Wirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen,<br />
welche mit den sogenannten „Spezialfällen“ abgeschlossen wird.<br />
1<br />
Siehe hierzu die erste schematische Darstellung der Keynesschen Theorie bei HICKS, JOHN R. [1937]: Mr. Keynes and<br />
the Classics: A Suggested Interpretation, in: Econometrica, Vol. 5, S. 147-159.<br />
2<br />
Vgl. MAUßNER, ALFRED [1997]: Das <strong>IS</strong>-<strong>LM</strong>-<strong>Modell</strong>: Original <strong>und</strong> Adaption, in: Das <strong>Wirtschaft</strong>sstudium (W<strong>IS</strong>U), Heft 5,<br />
S. 483-488.<br />
- 2 -
2. <strong>Modell</strong>-Annahmen<br />
i) Konstantes Güterpreisniveau<br />
Das Güterangebot ist vollkommen elastisch. Eine Erhöhung der Güternachfrage kann jederzeit durch<br />
ein entsprechendes Güterangebot bedient werden. Es treten keine Engpässe in der Güterproduktion<br />
auf. Die Produktionsfaktoren sind nicht voll ausgelastet. Dies impliziert, daß die Güternachfrage die<br />
Höhe des Sozialprodukts (Einkommen) <strong>und</strong> der Beschäftigung determiniert.<br />
Es handelt sich um ein <strong>Modell</strong>, in dem ein güterwirtschaftlich-monetäres Gleichgewicht auch bei Un-<br />
terbeschäftigung existieren kann.<br />
ii) Geschlossene Volkswirtschaft<br />
Es bestehen keine Handelsbeziehungen mit dem Ausland. Die Volkswirtschaft ist autark.<br />
iii) Statisches <strong>Modell</strong><br />
Eine Analyse der Anpassungsprozesse findet nicht statt, lediglich ein Vergleich zwischen zwei<br />
Gleichgewichtssituationen. ⇒ Exkurs: Komparative Statik<br />
d) Märkte im <strong>Modell</strong>: Güter-, Geld- <strong>und</strong> Wertpapiermarkt<br />
Es gilt das Walras'sche Gesetz:<br />
Von L. WALRAS (1834-1910) beschriebener Sachverhalt, wonach die Summe aller Überschussnach-<br />
fragen auf den einzelnen Märkten stets den Wert Null hat. Es gilt also für n-Märkte:<br />
n<br />
∑<br />
i = 1<br />
∗ Y P<br />
i<br />
D − S<br />
i<br />
D S<br />
D S<br />
D S<br />
Hier: ( Y − Y ) + ( M − M ) + ( B − B ) =<br />
{ 0<br />
14243<br />
14243<br />
14243<br />
Überschussnachfrage<br />
Gütermarkt<br />
Geldmarkt<br />
- 3 -<br />
=<br />
0<br />
Wertpapiermarkt
→ Bei Vorliegen eines Gleichgewichts auf zwei Märkten befindet sich auch der dritte Markt im<br />
Problem:<br />
Gleichgewicht.<br />
Deshalb: Nur Analyse des Güter- <strong>und</strong> Geldmarktes.<br />
Geldmarkt- <strong>und</strong> Wertpapiermarktgleichgewicht sind Bestandsgleichgewichte, das Gütermarktgleich-<br />
gewicht ist ein Strom- (Flow) Gleichgewicht. Es wird deshalb in der obigen Bedingung implizit unter-<br />
stellt, dass die Anpassungen auf den Bestandsmärkten unendlich schnell vorgenommen werden.<br />
e) Stationäre Volkswirtschaft<br />
In einer sich im Zeitablauf nicht verändernden Volkswirtschaft haben Investitionen keinen Kapazitäts-<br />
effekt <strong>und</strong> Sparen keinen Vermögenseffekt. ⇒ Kein Wachstum der <strong>Wirtschaft</strong>.<br />
3. Der Gütermarkt <strong>und</strong> die <strong>IS</strong>-Kurve<br />
Gleichungssystem:<br />
(3.a) Y = C + I + G<br />
Ges<strong>am</strong>twirtschaftliche Nachfrage<br />
aut.<br />
verf.<br />
(3.b) C C + C(<br />
Y )<br />
= mit 0 c < 1 Konsumfunktion<br />
(3.c) Y Y T Y Tr<br />
verf.<br />
= − ( ) +<br />
(3.d) T(<br />
Y)<br />
< y<br />
0 < s y <<br />
c<br />
y + sy<br />
- 4 -<br />
1<br />
= 1<br />
Verfügbares Einkommen<br />
T = mit 0 t < 1 Steuerfunktion<br />
(3.e) G = G<br />
autonome Staatsausgaben<br />
(3.f) I(<br />
r)<br />
< y<br />
I = mit i < 0 Investitionsfunktion<br />
r<br />
(3.g) Tr = Tr<br />
Transferleistungen des Staates
(3.h)<br />
Variablen:<br />
Y ≡<br />
D S E<br />
= Y Y<br />
Gleichgewichtsbedingung für den<br />
- 5 -<br />
Gütermarkt<br />
C: Konsumausgaben I: Investitionen G : Staatsausgaben<br />
verf.<br />
Y : verfügbares Einkommen T : Steueraufkommen<br />
Gütermarkt-Gleichgewicht:<br />
(A) Y = C ( Y − T(<br />
Y)<br />
+ Tr<br />
) + I(<br />
r)<br />
+ G<br />
Alternative Gleichgewichtsbedingung für den Gütermarkt<br />
Das verfügbare Einkommen ist definiert als:<br />
Y verf.<br />
= Y − T(<br />
Y)<br />
+<br />
Tr<br />
Durch gleichsetzen von<br />
verf<br />
Y − T(<br />
Y)<br />
+ Tr<br />
= C(<br />
Y ) + S(<br />
Y<br />
verf.<br />
verf.<br />
verf.<br />
<strong>und</strong> Y = C(<br />
Y ) + S(<br />
Y )<br />
verf.<br />
Y ergibt sich somit:<br />
. verf.<br />
verf.<br />
Es ist bekannt, dass Y = C(<br />
Y ) + I(<br />
r)<br />
+ G ist.<br />
verf.<br />
verf.<br />
verf.<br />
⇒ C ( Y ) + I(<br />
r)<br />
+ G − T(<br />
Y)<br />
+ Tr<br />
= C(<br />
Y ) + S(<br />
Y )<br />
)<br />
verf.<br />
Von beiden Seiten können die Konsumausgaben C ( Y ) subtrahiert werden, so dass sich folgende<br />
alternative Gleichgewichtsbedingung ergibt:<br />
Gütermarkt-Gleichgewicht (alternativ)<br />
verf .<br />
(B) I(<br />
r)<br />
+<br />
G + Tr<br />
= S ( Y ) + T(<br />
Y)
Definition: <strong>IS</strong>-Kurve<br />
Die <strong>IS</strong>-Kurve ist der geometrische Ort aller Kombinationen von Zins <strong>und</strong> Einkommen, bei denen der<br />
Gütermarkt im Gleichgewicht ist. Entlang der <strong>IS</strong>-Kurve entspricht die ges<strong>am</strong>twirtschaftliche Güter-<br />
nachfrage dem ges<strong>am</strong>twirtschaftlichen Güterangebot.<br />
Graphische Herleitung der <strong>IS</strong>-Kurve<br />
I , S<br />
r<br />
r2<br />
r1<br />
r3<br />
<strong>IS</strong><br />
Y2 Y1 Y3<br />
Y2<br />
- 6 -<br />
Y1<br />
Y3<br />
Y<br />
Y<br />
S(Y)<br />
I(r3)<br />
I(r1)<br />
I(r2)
Steigung der <strong>IS</strong>-Kurve<br />
1. Gütermarkt-Gleichgewicht gemäß Gleichung (B):<br />
I(<br />
r)<br />
+ G + Tr<br />
verf .<br />
= S ( Y ) + T(<br />
Y)<br />
( Y − T(<br />
Y)<br />
+ Tr<br />
) T(<br />
)<br />
I ( r)<br />
+ G + Tr<br />
= S<br />
+ Y<br />
2. Totales Differential bilden:<br />
verf.<br />
ir y<br />
y<br />
y<br />
→ dr + dG<br />
+ dTr<br />
= s ( dY − t dY + dTr<br />
) + t dY<br />
verf.<br />
ir y<br />
y y<br />
→ dr = s dY(<br />
1 − t ) + t dY<br />
( + t )dY<br />
verf.<br />
→ dr = s ( 1 − t )<br />
ir y<br />
y y<br />
3. Somit ergibt sich die Steigung der <strong>IS</strong>-Kurve wie folgt:<br />
( + )<br />
verf.<br />
( + )<br />
( + )<br />
dr sy<br />
( 1−<br />
t y ) + t y<br />
⇒ = < 0<br />
( −)<br />
dY<br />
<strong>IS</strong> ir<br />
- 7 -<br />
dG<br />
= dTr<br />
Weil die marginale Sparquote ein positives Vorzeichen (die Ersparnis ist positiv vom Einkommen ab-<br />
hängig) <strong>und</strong> die marginale Steuerquote ebenfalls ein positives Vorzeichen hat, die marginale Investiti-<br />
onsquote aber ein negatives Vorzeichen hat, ist die Steigung der <strong>IS</strong>-Kurve negativ.<br />
Wird unterstellt, dass das Steueraufkommen nicht einkommensabhängig ist (also T = T ), so redu-<br />
ziert sich die Steigung der <strong>IS</strong>-Kurve auf:<br />
dr<br />
dY<br />
<strong>IS</strong><br />
=<br />
( + )<br />
verf.<br />
sy<br />
( −)<br />
ir<br />
<<br />
0<br />
= 0
4. Der Geldmarkt <strong>und</strong> die <strong>LM</strong>-Kurve<br />
Gleichungssystem:<br />
M<br />
(4.a) = L ( Y , r )<br />
mit l y > 0<br />
Geldnachfrage<br />
P<br />
(4.b) M = M<br />
Geldangebot<br />
lr<br />
(4.c) P = P<br />
mit P = 1<br />
normiertes Preisniveau<br />
(4.d)<br />
Variablen:<br />
< 0<br />
M<br />
= L<br />
Gleichgewichtsbedingung für<br />
P<br />
- 8 -<br />
den Geldmarkt<br />
M: Nominales Geldangebot L: Geldnachfrage P : Preisniveau<br />
r : Zins<br />
Geldmarkt-Gleichgewicht:<br />
(C)<br />
M<br />
P<br />
= m = L<br />
( Y , r<br />
Definition: <strong>LM</strong>-Kurve<br />
)<br />
Die <strong>LM</strong>-Kurve ist der geometrische Ort aller Kombinationen von Zins <strong>und</strong> Einkommen, bei denen der<br />
Geldmarkt im Gleichgewicht ist. Entlang der <strong>LM</strong>-Kurve entspricht also die Nachfrage nach Realkasse<br />
dem Geldangebot. Ist der Geldmarkt im Gleichgewicht, dann ist auch der Wertpapiermarkt im Gleich-<br />
gewicht.
Graphische Herleitung der <strong>LM</strong>-Kurve<br />
r r<br />
r3<br />
r1<br />
r2<br />
Steigung der <strong>LM</strong>-Kurve<br />
1. Geldmarkt-Gleichgewicht gemäß Gleichung (C):<br />
M<br />
= L<br />
P<br />
( Y , r<br />
2. Totales Differential bilden:<br />
)<br />
→ 0 = dY + l dr<br />
dM<br />
= dP<br />
= 0<br />
ly r<br />
3. Somit ergibt sich die Steigung der <strong>LM</strong>-Kurve wie folgt:<br />
dr<br />
dY<br />
( + )<br />
y<br />
= ( −)<br />
<strong>LM</strong> lr<br />
⇒ − > 0<br />
l<br />
Weil l r ein negatives Vorzeichen (die Spekulationskasse ist negativ abhängig vom Zins), l y ein positives Vor-<br />
zeichen (die Transaktionskasse ist positiv abhängig vom Einkommen) <strong>und</strong> der Quotient ein negatives Vorzei-<br />
chen haben, ist die Steigung der <strong>LM</strong>-Kurve positiv.<br />
M<br />
L(Y3,r)<br />
L(Y1,r)<br />
L(Y2,r)<br />
L , M<br />
- 9 -<br />
Y1<br />
Y1<br />
Y3<br />
<strong>LM</strong><br />
Y1
5. Gleichgewicht auf Güter- <strong>und</strong> Geldmarkt<br />
Ein ges<strong>am</strong>twirtschaftliches Gleichgewicht liegt dann vor, wenn die Gleichgewichtsbedingung auf dem<br />
Gütermarkt <strong>und</strong> die Gleichgewichtsbedingung auf dem Geldmarkt simultan erfüllt sind. Im ges<strong>am</strong>t-<br />
wirtschaftlichen Gleichgewicht muss also simultan gelten:<br />
⇒<br />
( Y − T(<br />
Y)<br />
+ Tr<br />
) T(<br />
)<br />
I ( r)<br />
+ G + Tr<br />
= S<br />
+ Y Gütermarkt-Gleichgewicht<br />
M<br />
= L ( Y , r )<br />
Geldmarkt-Gleichgewicht<br />
P<br />
Graphische Darstellung des simultanen Güter- <strong>und</strong> Geldmarktgleichgewichtes<br />
r<br />
r E<br />
<strong>IS</strong><br />
Y E<br />
- 10 -<br />
<strong>LM</strong><br />
Y
6. Ungleichgewichte <strong>und</strong> Anpassungskräfte<br />
Punkt A: Gleichgewicht auf Güter- <strong>und</strong> Geldmarkt<br />
Punkt B: Nachfrageüberhang <strong>am</strong> Geldmarkt<br />
D<br />
Angebotsüberhang <strong>am</strong> Gütermarkt<br />
Punkt C: Angebotsüberhang <strong>am</strong> Geldmarkt<br />
Angebotsüberhang <strong>am</strong> Gütermarkt<br />
Punkt D: Angebotsüberhang <strong>am</strong> Geldmarkt<br />
Nachfrageüberhang <strong>am</strong> Gütermarkt<br />
Punkt E: Nachfrageüberhang <strong>am</strong> Geldmarkt<br />
Beispiel Punkt C:<br />
Nachfrageüberhang <strong>am</strong> Gütermarkt<br />
E<br />
Bei gegebenem Zins ist das Einkommen gegenüber dem gleichgewichtigen Einkommen auf dem Gütermarkt zu<br />
hoch ausgefallen. Es ist somit ein Angebotsüberschuss <strong>am</strong> Gütermarkt entstanden, welcher abgebaut wird <strong>und</strong><br />
zu einer Reduzierung des Einkommens führt.<br />
Bei gegebenem Zins ist aber das Einkommen auf dem Geldmarkt gegenüber dem gleichgewichtigen Einkom-<br />
men zu niedrig ausgefallen, so dass <strong>am</strong> Geldmarkt ein Angebotsüberschuss entstanden ist. Dies führt dazu,<br />
A<br />
dass <strong>am</strong> Wertpapiermarkt die Bondnachfrage höher ist als das Bondangebot. Hierdurch steigen die Kurswerte<br />
<strong>und</strong> der Zins sinkt.<br />
r<br />
r E<br />
<strong>IS</strong><br />
Y E<br />
- 11 -<br />
C<br />
<strong>LM</strong><br />
B<br />
Y
7. Fiskal- <strong>und</strong> Geldpolitik im <strong>IS</strong>-<strong>LM</strong>-<strong>Modell</strong><br />
7.1. Ein Beispiel für Fiskalpolitik<br />
Annahme: Erhöhung der Staatsnachfrage → G ↑ → expansive Fiskalpolitik<br />
Ausgangslage:<br />
E E<br />
Ges<strong>am</strong>twirtschaftliches Gleichgewicht fi Punkt A Y , r )<br />
G ↑ fi<br />
D S<br />
S<br />
Y > Y fi ↑<br />
wenn Y ↑ fi L ↑ fi M < L fi<br />
wenn r ↑ fi I(r) ↓ fi<br />
T<br />
A<br />
- 12 -<br />
D<br />
E<br />
C<br />
B<br />
( 0 0<br />
G ↑<br />
E<br />
Y fi Y ↑ fi Punkt B Y′ , r )<br />
D S<br />
S<br />
Y < Y fi ↓<br />
wenn Y ↓ fi L ↓ fi M > L fi<br />
wenn r ↓ fi I(r) ↑ fi<br />
usw.<br />
T<br />
D S<br />
S<br />
Y > Y fi ↑<br />
( 0<br />
S D<br />
B > B fi KW ↓ fi r ↑ fi Punkt C<br />
Y fi Y ↓ fi Punkt D<br />
S D<br />
B < B fi KW ↑ fi r ↓<br />
Y fi Y ↑<br />
Der Anpassungsprozess endet in Punkt E, bei dem wieder ein simultanes Gleichgewicht auf Güter-<br />
E E<br />
<strong>und</strong> Geldmarkt existiert. Y , r )<br />
r<br />
r ´<br />
r1 E<br />
r0 E<br />
<strong>IS</strong>0<br />
( 1 1<br />
Es zeigt sich, dass durch die Erhöhung der Staatsausgaben das Gleichgewichtseinkommen Y ´ er-<br />
reicht worden wäre. Bedingt durch die Abschwächung der privaten Investitionsnachfrage aufgr<strong>und</strong><br />
des gestiegenen Zinssatzes wird aber letztlich nur das Einkommen<br />
noch höher ist als das Ursprungseinkommen<br />
E<br />
Y0 .<br />
Y0 E<br />
partielles crowding-out (teilweiser Verdrängungseffekt)<br />
<strong>IS</strong>1<br />
Y1 E<br />
Y´<br />
<strong>LM</strong><br />
Y<br />
E<br />
Y1 erreicht, dass aber immer
7.2. Ein Beispiel für Geldpolitik<br />
Annahme: Erhöhung der Geldmenge → M ↑ → expansive Geldpolitik<br />
Ausgangslage:<br />
A<br />
B<br />
- 13 -<br />
C<br />
M ↑<br />
E E<br />
Ges<strong>am</strong>twirtschaftliches Gleichgewicht fi Punkt A Y , r )<br />
M ↑ fi M > L fi<br />
wenn r ↓ fi I(r) ↑ fi<br />
wenn Y ↑ fi L ↑ fi<br />
T<br />
( 0 0<br />
S D<br />
B < B fi KW ↑ fi r ↓ fi Punkt B ( Y0 , r´ )<br />
D S<br />
S<br />
Y > Y fi ↑<br />
E E<br />
Y fi Y ↑ fi Punkt C Y , r )<br />
( 1 1<br />
S D<br />
E E<br />
B < B fi KW ↓ fi r ↑ fi Punkt C Y , r )<br />
( 1 1<br />
Der Anpassungsprozess endet in Punkt C, bei dem wieder ein simultanes Gleichgewicht auf Güter-<br />
E E<br />
<strong>und</strong> Geldmarkt existiert. Y , r )<br />
r<br />
r0 E<br />
r1 E<br />
r´<br />
<strong>IS</strong><br />
( 1 1<br />
Die Geldpolitik bewirkt somit einen Anstieg des Einkommens von<br />
E<br />
Y0 auf<br />
E<br />
Y1 . Ein Verdrängungsef-<br />
fekt entsteht nicht, weil letztlich der Anpassungsprozess auf der neuen <strong>LM</strong>-Kurve (<strong>LM</strong>1) stattfindet.<br />
Von Punkt B beginnt die Anpassung. Durch den sehr stark gefallenen Zins erhöht sich das Investiti-<br />
onsvolumen. Hierdurch entsteht Einkommen, welches zu einer erhöhten Nachfrage nach Transakti-<br />
onskasse führt. Dies führt zu einem Anstieg der Geldnachfrage <strong>und</strong> bewirkt über sinkende Kurswerte<br />
einen Anstieg des Zinses, welcher dann dämpfend auf die Investitionen wirkt.<br />
Y0 E<br />
Y1 E<br />
<strong>LM</strong>0<br />
Y<br />
<strong>LM</strong>1
8. HAAVE<strong>LM</strong>O-Multiplikator im <strong>IS</strong>-<strong>LM</strong>-<strong>Modell</strong><br />
Annahme: T = T<br />
a) Y = C ( Y − T ) + I r)<br />
+ G<br />
( Gütermarkt<br />
M<br />
b) = L ( Y , r )<br />
Geldmarkt<br />
P<br />
Totales Differential bilden:<br />
a´ ) = c dY − c dT<br />
+ i dr + dG<br />
dY y y r<br />
l y<br />
b´ ) dr = − dY<br />
l<br />
b´ ) in a´ ) einsetzen:<br />
ir<br />
ly<br />
→ dY = c y dY − c ydT<br />
+ − dY + dG<br />
l<br />
→<br />
dY<br />
dG<br />
− cy<br />
dT<br />
=<br />
1 − c +<br />
y<br />
r<br />
ir<br />
ly<br />
lr<br />
r<br />
Wenn ein ausgeglichenes Budget vorausgesetzt wird, dann gilt: d G = dT<br />
<strong>und</strong> es ergibt sich der aus-<br />
geglichene Budgetmultiplikator (HAAVE<strong>LM</strong>O) im <strong>IS</strong>-<strong>LM</strong>-<strong>Modell</strong> wie folgt:<br />
dY 1 − c y<br />
⇒ =<br />
< 1<br />
ir<br />
ly<br />
dG<br />
<strong>IS</strong>−<strong>LM</strong><br />
1 − c +<br />
y<br />
lr<br />
Exkurs: HAAVE<strong>LM</strong>O-Multiplikator ohne Integration des Geldmarktes mit T = T<br />
dY<br />
1 − c y<br />
⇒ = = 1<br />
dG<br />
1 − c<br />
y<br />
- 14 -
ir<br />
l<br />
Der zusätzliche Term<br />
l<br />
r<br />
y<br />
im Nenner des Multiplikators ist größer Null, so dass sich der Multiplikator<br />
bei Berücksichtigung des Geldmarktes verringert. Es zeigt sich, dass durch die Integration des Geld-<br />
marktes der Multiplikator bei ausgeglichenem Budget kleiner ist als im reinen Gütermarktmodell. Dies<br />
ist ökonomisch mit dem Argument zu begründen, dass durch Einbeziehung des Geldmarktes die<br />
Nachfrage nach Transaktionskasse bei steigendem Y <strong>und</strong> ausgeglichenem Budget ebenfalls steigt.<br />
Erhöhte Geldnachfrage impliziert aber auch steigende Zinsen, wodurch letztlich die Investitionsnach-<br />
frage sinkt. Hierdurch wird der Anstieg von Y aufgr<strong>und</strong> einer Erhöhung der Staatsausgaben teilweise<br />
reduziert. Im Ergebnis ist dY geringer als d G , anders als im reinen Gütermarktmodell ohne Geld-<br />
markt.<br />
9. Spezialfälle<br />
a) Investitionsfalle<br />
Sehen die Unternehmer die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung sehr pessimistisch, so werden sie<br />
in Zukunft geringe bis keine Erträge erwarten. Daher könnte auch eine Zinssenkung kaum einen An-<br />
reiz verschaffen, das Investitionsvolumen zu erhöhen <strong>und</strong> somit die <strong>Wirtschaft</strong> zu beleben. Die <strong>IS</strong>-<br />
Kurve verläuft senkrecht.<br />
r<br />
Die Investitionsnachfrage ist vollkommen zinsunabhängig. D<strong>am</strong>it ist i = 0 <strong>und</strong> die Steigung der<br />
<strong>IS</strong>-Kurve ist somit:<br />
dr<br />
dY<br />
<strong>IS</strong><br />
=<br />
r0 E<br />
r1 E<br />
∞<br />
<strong>IS</strong><br />
Y0 = Y1<br />
- 15 -<br />
<strong>LM</strong>0<br />
Y<br />
r<br />
<strong>LM</strong>1
) Liquiditätsfalle<br />
Hier wird unterstellt, dass der Marktzins bereits sehr niedrig ist. Dies bedeutet aber, dass dann die<br />
Kurswerte der Bonds sehr hoch sind. Die WiSu erwarten daher, dass die Zinsen demnächst steigen<br />
<strong>und</strong> somit die Kurswerte fallen werden. Deshalb ist ihre Spekulationskasse „prallgefüllt“. In diesem<br />
Fall verläuft die <strong>LM</strong>-Kurve waagerecht. Geldpolitik bleibt hier wirkungslos, weil beispielsweise eine<br />
Erhöhung des Geldangebots nicht zu einer Erhöhung der Wertpapiernachfrage führt. Diese aber wür-<br />
de zu einer Zinssenkung <strong>und</strong> zu einer Erhöhung der zinsabhängigen Investitionsnachfrage <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it<br />
zur Erhöhung des Einkommens führen. Befindet sich die <strong>Wirtschaft</strong> in der Liquiditätsfalle, so ver-<br />
schwindet das zusätzliche Geldangebot in der Spekulationskasse.<br />
dr<br />
fi l r = ∞<br />
= 0<br />
dY<br />
r0 E = r1 E<br />
r<br />
<strong>IS</strong><br />
<strong>LM</strong><br />
Y0 E = Y1 E<br />
Wichtig: Die <strong>LM</strong>-Kurve verschiebt sich hier nach rechts. D.h. sie verschiebt sich in sich.<br />
Alternative: Expansive Fiskalpolitik (Verschiebung der <strong>IS</strong>-Kurve nach rechts).<br />
- 16 -<br />
Y<br />
<strong>LM</strong>0 = <strong>LM</strong> 1
c) Klassischer Fall<br />
Im klassischen Bereich ist die ges<strong>am</strong>twirtschaftliche Geldnachfrage vollkommen zinsunelastisch. Dies<br />
bedeutet, dass in diesem Bereich die Geldnachfrage überhaupt nicht auf eine Veränderung des Zins-<br />
satzes reagiert.<br />
dr<br />
fi l r = 0<br />
= ∞<br />
dY<br />
r<br />
r1 E<br />
r0 E<br />
<strong>IS</strong>0<br />
<strong>LM</strong><br />
<strong>IS</strong>1<br />
<strong>LM</strong><br />
Y0 E = Y1 E<br />
In diesem Fall hat beispielsweise eine Erhöhung der Staatsausgaben keine Auswirkungen auf das<br />
Einkommen. Die <strong>IS</strong>-Kurve verschiebt sich zwar nach rechts von <strong>IS</strong> 0auf<br />
<strong>IS</strong> 1.<br />
Es entsteht aber ein<br />
Angebotsüberhang <strong>am</strong> Wertpapiermarkt aufgr<strong>und</strong> der gestiegenen einkommensabhängigen Geld-<br />
nachfrage. Hierdurch sinken die Kurswerte <strong>und</strong> es steigt der Zins. Dadurch werden die zinsabhängi-<br />
gen Investitionen solange verdrängt, bis das alte Einkommensniveau bei erhöhtem Zins erreicht wird.<br />
totales crowding-out (vollständiger Verdrängungseffekt)<br />
Alternative: Expansive Geldpolitik (Verschiebung der <strong>LM</strong>-Kurve nach rechts).<br />
- 17 -<br />
Y