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Ein Leitbild für das Rotwild- Management in Deutschland - Institut für ...

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<strong>E<strong>in</strong></strong> <strong>Leitbild</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Rotwild</strong>-<strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> – Februar 2004<br />

Im Zeichen der gegenwärtigen landwirtschaftlichen Überproduktion ist die Anwesenheit von<br />

<strong>Rotwild</strong> <strong>in</strong> Acker- und Feldfluren heute anders zu beurteilen als zu Zeiten des Mangels.<br />

Nicht nur können Wildschäden an der Feldflur leichter toleriert werden. Auch könnte <strong>das</strong><br />

<strong>Rotwild</strong> von e<strong>in</strong>er Extensivierung der Landwirtschaft profitieren, <strong>in</strong>sbesondere wenn Agrarflächen<br />

aus der Nutzung genommen werden. Solche Flächen, die aus der Sicht des Naturschutzes<br />

wegen ihres Reichtums an Wildpflanzen, Wirbellosen und Vögeln oft hoch bewertet<br />

werden, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> wichtiges Element <strong>für</strong> die Verzahnung von Wald- und Offenlandlebensräumen.<br />

Im Jahreslebensraum des <strong>Rotwild</strong>es könnten sie e<strong>in</strong>e Lücke schließen. <strong>Rotwild</strong><br />

kann sogar dazu beitragen, die Wiederbewaldung dieser Flächen zu verzögern, so <strong>das</strong>s e<strong>in</strong><br />

wertvolles Mosaik an Lebensräumen entstehen kann (HOFMANN ET AL. 1998; KAMPF 2001;<br />

KRÜGER 2001; MARTIN 1998; PETRAK 1992; SCHERZINGER 1996; VÖLKL & KILIAS 2001).<br />

Gegen e<strong>in</strong>e Wiederbesiedlung rotwildfreier Waldgebiete ist mit Widerstand von Seiten vieler<br />

Forstleute und Waldbesitzer zu rechnen. Aus der jüngeren Vergangenheit mit überhöhten<br />

Schalenwildbeständen und hohen Waldwildschäden ist dies verständlich. Bei den Umweltverbänden<br />

ist die Haltung nicht e<strong>in</strong>heitlich. <strong>E<strong>in</strong></strong> Teil plädiert <strong>für</strong> ger<strong>in</strong>ge Schalenwildbestände.<br />

Dies ist mit dem Engagement vieler Naturschützer <strong>für</strong> die Entwicklung naturnaher, laubholzreicher<br />

Wälder erklärbar, wobei unterstellt wird, <strong>das</strong>s <strong>Rotwild</strong> im natürlichen Wald stets<br />

selten war und kaum <strong>E<strong>in</strong></strong>fluss auf die Vegetationszusammensetzung ausüben konnte. Andere<br />

sehen im <strong>Rotwild</strong> dagegen e<strong>in</strong>en landschaftsgestaltenden Faktor, weil die Tiere durch<br />

Beweidung der Waldpflanzen zu e<strong>in</strong>er größeren Diversität der Vegetation im Wald beitragen,<br />

gar die Schließung des Waldkleides durch Verbiss von Jungbäumen verzögern und<br />

Lücken im Wald frei halten, wodurch sie zahlreichen anderen Arten Lebensraum bieten<br />

(KRÜSI ET AL. 1996; SCHERZINGER 1995; SCHÜTZ ET AL. 1999; TAYLOR 2001; VERA 1998).<br />

Dieser Gesichtspunkt ist derzeit Gegenstand von heftigen Kontroversen im Naturschutz.<br />

Von den meisten Forstleuten wird er nachdrücklich abgelehnt.<br />

Weil die heutigen <strong>Rotwild</strong>vorkommen überwiegend <strong>in</strong> landeseigenen Waldgebieten liegen,<br />

erwächst den Landesforstverwaltungen im <strong>Management</strong> des <strong>Rotwild</strong>es e<strong>in</strong>e dom<strong>in</strong>ierende<br />

Position. Sie haben selbstverständlich <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en multifunktionalen Wald zu sorgen, s<strong>in</strong>d aber<br />

auch <strong>in</strong> der Pflicht bei der Erhaltung von Tierarten, die auf große Waldgebiete angewiesen<br />

s<strong>in</strong>d. Auch vor dem H<strong>in</strong>tergrund veränderter waldbaulicher Konzepte – stärkere Betonung<br />

der Erholungsfunktion sowie des Natur- und Wildtiererlebnisses im Wald – ist die Rolle des<br />

<strong>Rotwild</strong>es im Wald neu zu bewerten.<br />

Empfehlungen<br />

� Die starre Abgrenzung der <strong>Rotwild</strong>gebiete wird aufgegeben und durch e<strong>in</strong> flexibles<br />

<strong>Management</strong> ersetzt, <strong>das</strong> nicht an der Fläche orientiert ist (<strong>Rotwild</strong>gebiet oder -bezirk),<br />

sondern an den Ansprüchen der Tierart. Dazu gehören vor allem die Vollständigkeit<br />

des Lebensraumes, M<strong>in</strong>destpopulationsgrößen, Populationsaustausch und saisonale<br />

Wanderungen.<br />

� Absehbare Entwicklungen <strong>in</strong> der Landnutzung werden <strong>in</strong> dieses Konzept <strong>in</strong>tegriert.<br />

Dazu werden moderne wissenschaftliche Methoden der Wildtierökologie und der Landschaftsplanung<br />

genutzt.<br />

� Die Landesforsten als größte Waldbesitzer übernehmen e<strong>in</strong>e führende, vorbildliche<br />

Rolle im <strong>Management</strong> des <strong>Rotwild</strong>es. Bundesforsten und andere große Waldbesitzer<br />

schließen sich an.<br />

� In Großschutzgebieten ist <strong>das</strong> <strong>Management</strong> des <strong>Rotwild</strong>es vorrangig an deren jeweiliger<br />

Zielsetzung ausgerichtet. Dies schließt unkonventionelle Regulierungsmethoden bis<br />

h<strong>in</strong> zum Verzicht auf e<strong>in</strong>e Regulierung e<strong>in</strong>.<br />

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