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MUSIKZEITUNG: Mitteilungsblatt der Gesellschaft für deutsche

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Musikzeitung<br />

<strong>Mitteilungsblatt</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Deutsche Musikkultur im Südöstlichen Europa e.V.<br />

München, Dezember 2005 (Heft 4) www.suedost-musik.de<br />

Liebe Mitglie<strong>der</strong> und Freunde,<br />

das Jahr 2005 war <strong>für</strong> unsere <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong><br />

Musikkultur im südöstlichen Europa e.V.<br />

(GDMSE) nicht nur ein wichtiges Jubiläumsjahr – 20<br />

Jahre Musikwoche – son<strong>der</strong>n auch ein äußerst reichhaltiges<br />

Jahr an musikalischen Ereignissen – sowohl in<br />

Deutschland als auch im europäischen Südosten. Dies<br />

for<strong>der</strong>te von unseren Mitglie<strong>der</strong>n ihre ganze Kraft, und<br />

noch mehr.<br />

m 19. Februar 2005 fand in München ein musikwissenschaftliches<br />

Symposium statt zum Thema Musik als<br />

interkultureller Dialog. Die Musik <strong>der</strong> Deutschen in/aus Südosteuropa.<br />

Dr. Hartmut Singbartl, Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Sudeten<strong>deutsche</strong>n Stiftung, unterstrich in seinem<br />

Grußwort die Bedeutung unserer Arbeit: „Diesen unverzichtbaren<br />

Bestandteil <strong>deutsche</strong>r und europäischer Kultur wie<strong>der</strong><br />

zu entdecken, zu wahren und zu pflegen, haben Sie sich in großartiger<br />

Weise zur Aufgabe gemacht und werden damit Ihrer<br />

Rolle als Mittler eines fruchtbaren Kulturaustauschs im jahrhun<strong>der</strong>te<br />

langen Zusammen- und Nebeneinan<strong>der</strong> mit den östlichen<br />

Nachbarn gerecht. (…) Niemand kennt das Land ihrer Herkunft<br />

besser und niemand hat dessen Überlieferung so nachhaltig,<br />

selbstlos und erfolgreich bewahrt wie sie.“ Am gleichen Tag<br />

konnte man im Adalbert-Stifter-Saal 12 musikwissenschaftliche<br />

Referate verfolgen, in <strong>der</strong>en Mittelpunkt die<br />

<strong>deutsche</strong> Musikkultur und <strong>der</strong>en Nachbarn m europäischen<br />

Südosten stand. Ein fast unerschöpfliches Thema,<br />

das noch einige Generationen in Deutschland und<br />

im Südosten beschäftigen wird – Bedingung: da<strong>für</strong><br />

sollten auch in unserem Land entsprechende kulturpolitische<br />

Bedingungen geschaffen werden.<br />

Der Band mit den Referaten dieses Symposiums<br />

konnte kürzlich in München erscheinen. Erst nach <strong>der</strong><br />

Übersicht <strong>der</strong> Tabelle mit all den Ur- und Erstaufführungen,<br />

den Vorträgen und Konzerten <strong>der</strong> jährlichen<br />

Musikwoche unserer <strong>Gesellschaft</strong>, wird einem erst klar,<br />

was da in 20 Jahren entstanden ist. Und dies trotz immer<br />

weniger öffentlicher För<strong>der</strong>ung. Dabei muss man<br />

auch wissen, dass die grenzüberschreitenden Projekte<br />

<strong>für</strong> uns immer wichtiger werden. Was bis 1990 nicht<br />

möglich war, kann nun in vollem Umfang geschehen:<br />

fast uneingeschränkte Archivforschungen in Rumänien,<br />

Serbien, Kroatien, Slowenien o<strong>der</strong> Ungarn, gemeinsame<br />

musikwissenschaftliche und praxisbezogene Projekte<br />

mit den Kollegen dieser Län<strong>der</strong> usw. Damit ist unsere<br />

Arbeit schöner und interessanter geworden, aber<br />

nicht einfacher. Wenn wir als Aussiedler aus Siebenbürgen<br />

o<strong>der</strong> dem Banat von grenzüberschreitenden<br />

Projekten sprechen, so geht es nicht um den Übertritt<br />

einer einzigen Grenze, wie von Bayern nach Tschechien,<br />

son<strong>der</strong>n gleich um mehrere Grenzen und Kulturräume.<br />

Und diese Kulturräume muss man erst kennen,<br />

wenn man sich mit ihnen wissenschaftliche befassen<br />

will. Am Abend des 19. Februar 2005 fand im Anschluss<br />

an das musikwissenschaftliche Symposium ein<br />

Konzert mit <strong>der</strong> Capella Bavarica statt. Das Programm<br />

mit dem Titel „Laetare Pannonia“ bestand aus Werken<br />

von Komponisten aus Siebenbürgen, dem Banat und<br />

aus Ungarn.<br />

Der Höhepunkt dieses Jahres war natürlich unsere<br />

20. Musikwoche in Löwenstein. Dabei wurden zum<br />

ersten Mal Musiker und Musikwissenschaftler aus dem<br />

In- uns Ausland zu Ehrenmitglie<strong>der</strong>n ernannt. Dies<br />

bedeutet aber nicht, dass während des ganzen Jahres<br />

nur die Vorbereitungen <strong>für</strong> unsere Musikwoche laufen.<br />

Konzerte in Rumänien, Ungarn o<strong>der</strong> Serbien, Teilnahme<br />

an internationalen Kongressen und Symposien,<br />

Vorträge und die Arbeit an Publikationen gehören<br />

ebenso zum Tagesablauf wie die Beantwortung zahlreicher<br />

Anfragen aus dem inner<strong>deutsche</strong>n Raum. Immer<br />

mehr Studenten, Doktoranden, Chorleiter, Herausgeber,<br />

Interpreten, Journalisten o<strong>der</strong> einfache Musikliebhaber<br />

interessieren sich <strong>für</strong> unsere Musikkultur – ein<br />

gutes Zeichen.<br />

Auch das kommende Jahr 2006 wirft seine Schatten<br />

bereits voraus: Mozarts 250. Geburtstag und Johann<br />

Michael Haydns 200. Todestag. Wenn Mozart auch<br />

keiner Werbung mehr bedarf, so muss man bei J. Michael<br />

Haydn schon genauer hinhören. Gerade vor wenigen<br />

Tagen fragte mich ein Universitätsprofessor, in<br />

welchem „Winkel Europas“ Großwardein liegt, wo<br />

Haydn 1760 tätig war. Und ich denke, dass hier unser<br />

Problem liegt: auf die Sichtweise kommt es an, wer wen<br />

von wo (wenn überhaupt…) zu Kenntnis nehmen will.<br />

Im September 2005 fand dann das internationale<br />

musikwissenschaftliche Symposium in Temeswar statt,<br />

diesmal mit dem Thema Musik als interkultureller Dialog.<br />

Das Banat als euroregionaler Klangraum. Aktueller kann<br />

man sich kein Thema vorstellen, wird doch Rumänien<br />

bald in die EU aufgenommen werden. Nachdem das<br />

Banat nach dem ersten Weltkrieg zwischen Ungarn,<br />

Rumänien und Serbien aufgeteilt wurde, haben wir es<br />

mit einer beson<strong>der</strong>en Situation auch im Bereich <strong>der</strong><br />

Musikgeschichte zu tun. Erfreulich war die Teilnahme<br />

von Musikwissenschaftlern aus Rumänien, Ungarn,<br />

Serbien, Österreich, Kroatien, Tschechien und<br />

1


Deutschland. Auch dieser Konferenzbericht ist vor<br />

wenigen Tagen in <strong>der</strong> Edition Musik Südost, München,<br />

erschienen. Einer <strong>der</strong> Höhepunkte dieses Temeswarer<br />

Symposiums war das erste Konzert in <strong>der</strong> großen Synagoge,<br />

die <strong>der</strong> Temeswarer Philharmonische Verein <strong>für</strong><br />

50 Jahre als Konzertsaal übernommen hat.<br />

2<br />

Bei unseren Mitglie<strong>der</strong>n, För<strong>der</strong>ern und Freunden<br />

aus dem In- und Ausland möchte ich mich <strong>für</strong> die bisher<br />

erwiesene Treue bedanken. Nur gemeinsam können<br />

wir auch weiterhin etwas <strong>für</strong> unsere gemeinsame<br />

<strong>deutsche</strong> südosteuropäische Musikkultur tun.<br />

Dr. Franz Metz<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> GDMSE<br />

Über die gemeinschaftsbildende Kraft <strong>der</strong> Musik<br />

Zur Eröffnung des musikwissenschaftlichen Symposiums anlässlich <strong>der</strong> 20-Jahr-Feier <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V. am 19. Februar 2005 im Sudeten<strong>deutsche</strong>n Haus, München<br />

von Dr. HARTMUT SINGBARTL<br />

Dass die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa ihre 20-Jahr-Feier im Sudeten<strong>deutsche</strong>n<br />

Haus in <strong>der</strong> bayerischen Landeshauptstadt München begeht, symbolisiert in diesem Zusammenklang an sich schon eine<br />

Harmonie, die dem Anlass dieser beson<strong>der</strong>en Veranstaltung durchaus angemessen erscheint.<br />

Ihnen allen, die Sie sich zu diesen bedeutenden musikwissenschaftlichen Symposium hier eingefunden haben, sei es<br />

aus wissenschaftlichem Interesse, sei es aus Heimatverbundenheit o<strong>der</strong> einfach aus Freude an beson<strong>der</strong>s anspruchsvoller<br />

und schöner Musik, entbiete ich <strong>für</strong> die Sudeten <strong>deutsche</strong> Stiftung gleichsam als Hausherr des Veranstaltungsorts<br />

meine herzlichsten Willkommensgrüße. Ich wünsche Ihnen ebenso erkenntnis- und ergebnisreiche wie schöne Stunden<br />

dieser wichtigen Begegnung.<br />

Ich freue mich, dass Sie da<strong>für</strong> unser Sudeten<strong>deutsche</strong>s Haus gewählt haben, das im Übrigen ebenfalls wie Ihre <strong>Gesellschaft</strong><br />

seit genau 20 Jahren besteht.<br />

Wir haben also ein gemeinsames Jubiläumsjahr. Auch das verbindet Sie mit unserem Haus.<br />

Der damalige bayerische Ministerpräsident Dr. Franz Josef Strauß hat zu seiner Eröffnung 1985 erklärt, "... dass dieses<br />

Haus eine wesentliche Voraussetzung da<strong>für</strong> schafft, dass die Sudeten<strong>deutsche</strong>n ihre geschichtlich- kulturelle Identität<br />

wahren und ihr Erbe an künftige Generationen weitergeben können..." und er hat hinzugefügt, "...dass <strong>der</strong> Freistaat<br />

Bayern die Sorge <strong>der</strong> Sudeten<strong>deutsche</strong>n um die Bewahrung ihrer Volksgruppenidentität und um die Bewahrung ihres<br />

geschichtlichen und kulturellen Erbes zu seiner eigenen Sorge gemacht hat..."<br />

Das ist <strong>der</strong> Geist, aus dem die Sudeten<strong>deutsche</strong> Stiftung und das Sudeten<strong>deutsche</strong> Haus entstanden sind. Das ist<br />

auch <strong>der</strong> Geist, in dem Bayern und die bayerische Staatsregierung seit jeher den berechtigten Anliegen <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n<br />

Heimatvertriebenen insgesamt aus <strong>deutsche</strong>r und europäischer Verantwortung Rechnung tragen.<br />

Wir alle wissen, dass die Bewahrung <strong>der</strong> ost- und südost<strong>deutsche</strong>n Kultur sich ungleich schwieriger gestaltet als <strong>der</strong><br />

etablierte und in <strong>der</strong> Regel auch in ganz an<strong>der</strong>er Dimension ausgestattete allgemeine Kulturbetrieb. "Kein Land <strong>der</strong><br />

Welt finanziert mehr Theater und Orchester" schrieb die Süd<strong>deutsche</strong> Zeitung erst vor 3 Tagen. Die Vertreibung und<br />

Aussiedlung <strong>der</strong> früheren <strong>deutsche</strong>n Bewohner und ihre weiträumige Zerstreuung erschweren den Erhalt kultureller<br />

Tradition aus ihren Herkunftslandschaften ebenso wie auch <strong>der</strong> Wegfall früher dort vorhandener Kultureinrichtungen.<br />

Dies betrifft wissenschaftliche Hochschulen, Kunstakademien und eine ehemals reiche Museumslandschaft gleichermaßen<br />

wie eben auch eine so wun<strong>der</strong>bare und facettenreiche Musikkultur.<br />

Diesen unverzichtbaren Bestandteil <strong>deutsche</strong>r und europäischer Kultur wie<strong>der</strong> zu entdecken, zu wahren und zu<br />

pflegen, haben Sie sich in großartiger Weise zur Aufgabe gemacht und werden damit Ihrer Rolle als Mittler eines<br />

fruchtbaren Kulturaustauschs im jahrhun<strong>der</strong>te langen Zusammen- und Nebeneinan<strong>der</strong>leben mit den östlichen Nachbarn<br />

gerecht. Seit <strong>der</strong> Wende in Europa eröffnet sich zunehmend die Möglichkeit, ost<strong>deutsche</strong> Kultur auch in den Herkunftsregionen<br />

wie<strong>der</strong> zu pflegen und damit die Identität auch unserer dort verbliebener Landsleute zu stärken. Unser<br />

Ziel muss darüberhinaus sein, auch die Neubevölkerung dieser Gebiete in diesen Prozess einfühlsam einzubeziehen.<br />

Gerade auch sie hat allen Grund, sich mit <strong>der</strong> jahrhun<strong>der</strong>tealten Geschichte dieses Raumes auseinan<strong>der</strong>zusetzen, die bis<br />

zur Mitte des vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>deutsche</strong> Geschichte war und zur Entwicklung Europas so kraftvoll beigetragen<br />

hat. Dass die <strong>deutsche</strong>n Heimatvertriebenen und Aussiedler dabei berufene Mittler sind, liegt auf <strong>der</strong> Hand. Niemand<br />

kennt das Land ihrer Herkunft besser und niemand hat dessen Überlieferung so nachhaltig, selbstlos und erfolgreich<br />

bewahrt wie sie.<br />

Martin Luther hat in einer seiner Tischreden ein schönes Wort über die gemeinschaftsbildende Kraft <strong>der</strong> Musik gesagt.<br />

Formen <strong>der</strong> Kurzweil wie spielen, fechten, springen seien dahin gerichtet,- ich zitiere:"...dass je<strong>der</strong> vermeint, dem<br />

an<strong>der</strong>en vor zu sein o<strong>der</strong> abzugewinnen, woraus dann manch Unrat entstünd. Aber die Musik hat nichts an<strong>der</strong>es<br />

Vürhabens, denn dass sie mit allem Fleiß die Einigkeit <strong>der</strong> Stimmen hilft erhalten und Mißhellung wehret ." Soweit das<br />

Zitat zur verbindenden Kraft <strong>der</strong> Musik.


Gerade die Vielfalt <strong>der</strong> Musik, vom reichen Schatz <strong>der</strong> Volkslie<strong>der</strong> bis zu den großartigen Schöpfungen <strong>der</strong> Kirchenmusik<br />

und weltlicher Kompositionen, gehört zu den ältesten und wertvollsten Kulturgütern unserer Heimat. Sie<br />

gilt es immer wie<strong>der</strong> neu zu entdecken und damit auch die Landschaften ihrer jeweiligen Herkunft.<br />

Dazu leisten Sie, Herr Dr. Metz, und ihre <strong>Gesellschaft</strong> seit 20 Jahren einen großartigen Beitrag. Da<strong>für</strong> möchte auch<br />

ich Ihnen von dieser Stelle aus meine hohe Anerkennung und meinen beson<strong>der</strong>en Dank aussprechen. Nicht zuletzt<br />

durch das Sudeten<strong>deutsche</strong> Musikinstitut in Regensburg ist auch die sudeten<strong>deutsche</strong> Seite intensiv daran beteiligt.<br />

Aber auch in Bayern insgesamt finden Sie sicher viel Zustimmung und Verständnis <strong>für</strong> die selbstverständliche Verpflichtung<br />

einer traditionsreichen und einer so lebendigen Musikkultur gegenüber. Einer Statistik nach gibt es hier weit<br />

über eine Million Bürger, die in einem Chor mitsingen o<strong>der</strong> aktiv in einem Orchester mitspielen. Das ist mindestens<br />

je<strong>der</strong> zehnte Bürger in Bayern. Hier finden wir auf breiter Basis bestätigt, was um das Jahr 1785 bereits <strong>der</strong> schwäbische<br />

Musiker und Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart in seinen "Ideen zu einer Ästhetik <strong>der</strong> Tonkunst" über das<br />

Kur<strong>für</strong>stentum Bayern bemerkte,- ich zitiere- :, "...dass diese Nation überhaupt ungemein musikalisch sey. Je<strong>der</strong> Reisende,<br />

<strong>der</strong> Ohr und Herz mitnimmt, wird dies mit Vergnügen bemerken, wenn er Bayern durchreist , alles singt und<br />

klingt".<br />

Heute, 220 Jahre später, hat diese Feststellung sicher nichts von ihrer Gültigkeit verloren. Im Gegenteil, weit über 2<br />

Millionen Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler, das ist fast je<strong>der</strong> vierte Bürger dieses Landes, bereichern das hiesige<br />

Musikleben um die mitgebrachten Traditionen ungemein. Wir haben allen Grund, stolz darauf zu sein.<br />

Für die Zukunft wünsche ich Ihnen, Herr Dr. Metz, weiterhin viel Kraft und Freunde in Ihrer wichtigen Arbeit und<br />

<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa viel Erfolg. Sie leisten damit nicht nur unverzichtbare<br />

musikwissenschaftliche Arbeit, son<strong>der</strong>n machen den Menschen Freude und tragen damit ganz wesentlich zur Bewahrung<br />

des Gemeinschaftsgefühls und zur Heimatverbundenheit auch über die Grenzen hinweg bei.<br />

Musikwoche <strong>der</strong> GDMSE<br />

Musikwoche mit vielen Höhepunkten<br />

Die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V. sieht mit Optimismus in die Zukunft<br />

von JOHANNES KILLYEN<br />

„Wir sind ins kalte Wasser gesprungen und lernten das<br />

Schwimmen“, sagte Franz Metz. „Und unsere Musikwoche,<br />

wie auch all die an<strong>der</strong>en Aktivitäten, beweisen,<br />

dass wir es geschafft haben, in <strong>der</strong> <strong>für</strong> uns nicht einfacher<br />

gewordenen Welt zu überleben.“ Das waren Worte<br />

<strong>der</strong> Genugtuung zu einer regulären und doch außergewöhnlichen<br />

Mitglie<strong>der</strong>versammlung <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa<br />

(GDMSE). In <strong>der</strong> Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein<br />

nahe Heilbronn, wo die GDMSE fast schon<br />

ein zweites Zuhause hat, wurde Anfang April die 20.<br />

Auflage ihrer Musikwoche gefeiert.<br />

Die Löwensteiner Musikwoche ist seit vielen Jahren das<br />

Herzstück <strong>der</strong> GDMSE-Aktivitäten: Hier kommt über<br />

eine ganze Woche hinweg Musik <strong>deutsche</strong>r Komponisten<br />

aus Südosteuropa zum Klingen, hier verschmelzen<br />

wissenschaftliche Ziele mit <strong>der</strong> Emphase von weit über<br />

100 begeisterten Laien- und Profimusikern. Und hier<br />

ist auch Raum <strong>für</strong> den Austausch von Ideen und Erfahrungen<br />

in <strong>der</strong> jährlichen Mitglie<strong>der</strong>versammlung.<br />

Im Jubiläumsjahr 2005 erhielt diese Sitzung zusätzlichen<br />

Glanz durch Ehrungen <strong>für</strong> Mitglie<strong>der</strong> und musikalische<br />

Wegbegleiter <strong>der</strong> Musikwoche: Zu Ehrenmitglie<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> GDMSE wurden die Komponisten Hans<br />

Peter Türk und Helmut Sadler sowie die Musikwissenschaftler<br />

Karl Teutsch, Robert Rohr und Helmut Loos<br />

ernannt. Der GDMSE-Vorsitzende Dr. Franz Metz<br />

dankte Antje Neumann (als ehemaliger Leiterin), Wolfgang<br />

Meschendörfer (als jetzigem Leiter) und Horst<br />

Gehann mit einem Diplom <strong>für</strong> die viele Arbeit, die<br />

Planung und Organisation <strong>der</strong> Musikwoche in den<br />

vergangenen 20 Jahren mit sich gebracht haben. Die<br />

Erinnerung galt aber nicht nur den Erfolgen und Verdiensten,<br />

son<strong>der</strong>n auch den Verlusten: Mit Prof. Gotthard<br />

Speer (verstorben im März 2005), Wolf von Aichelburg,<br />

Konrad Scheierling, Anneliese Barthmes,<br />

Wilhelm Georg Berger und Hans Dasch hat die<br />

GDMSE im Laufe <strong>der</strong> Jahre sechs wichtige Persönlichkeiten<br />

verloren.<br />

Zum Abschluss eines Vortrags, <strong>der</strong> unter an<strong>der</strong>em die<br />

aktuelle Lage <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Musikkultur in Südosteuropa<br />

in den Blick nahm, formulierte Franz Metz vier<br />

Anliegen: Er wünsche sich, dass es <strong>der</strong> GDMSE gelingen<br />

möge, sich den Entwicklungen <strong>der</strong> Zeit anzupassen,<br />

dass die Musikwoche auch weiterhin eine zentrale<br />

Rolle in den vielen Aktivitäten unseres Vereins einnehmen<br />

und dass die musikwissenschaftliche Arbeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> eine immer weitere Verbreitung und<br />

Wahrnehmung finden möge. „Und nicht zuletzt, dass<br />

wir auch weiterhin in guten Aufführungen die Musik<br />

unserer siebenbürgischen o<strong>der</strong> Banater Komponisten<br />

so wie<strong>der</strong>geben, dass sie Einzug finden kann in das<br />

Konzertleben unserer Zeit.“<br />

Über jedes <strong>der</strong> neuen Ehrenmitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> GDMSE<br />

ließen sich viele Zeilen schreiben: über die bewegende,<br />

in mo<strong>der</strong>ner Tonsprache Menschliches vermittelnde<br />

Musik des Klausenburger Komponisten Hans Peter<br />

Türk ebenso wie über die wissenschaftliche Akribie<br />

und Ausdauer eines Karl Teutsch, den tiefen Einblick<br />

eines Robert Rohr und die Fähigkeiten eines Helmut<br />

3


Loos, nicht nur Theorie zu lehren, son<strong>der</strong>n auch<br />

Netzwerke zu knüpfen zwischen Ost- und Westeuropa.<br />

Der Komponist Helmut Sadler, bei <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

persönlich mit Frau und Tochter zugegen,<br />

ist <strong>der</strong> GDMSE und <strong>der</strong> Musikwoche seit vielen Jahren<br />

verbunden. Er hat noch in jedem Jahr Werke zugesteuert<br />

– und konnte jetzt erleben, wie <strong>der</strong> von Marco<br />

Lechler geleitete Chor <strong>der</strong> Musikwoche in <strong>der</strong> prächtigen<br />

Stiftskirche zu Öhringen seine Cäcilienmesse aufführte.<br />

Dieses Werk ist, an<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> Titel vermuten lassen<br />

könnte, nur indirekt <strong>der</strong> Schutzheiligen <strong>der</strong> Musik, <strong>der</strong><br />

heiligen Cäcilie, gewidmet. Ihr Widmungsträger ist <strong>der</strong><br />

katholische Kirchenchor „Cäcilia“ in <strong>der</strong> Gemeinde<br />

Mauer bei Heidelberg. Als <strong>der</strong> Komponist Anfang <strong>der</strong><br />

70er in dem Ort ansässig geworden war, baten ihn die<br />

Sängerinnen und Sänger des Chores um eine Messkomposition.<br />

Die Cäcilienmesse entstand in enger Anbindung<br />

an die praktischen Möglichkeiten: Helmut<br />

Sadler bemühte sich ganz bewusst um Verständlichkeit<br />

und um eine Musiksprache, die auch in einem dörflichen<br />

Umfeld Anklang finden sollte. „Alle sollten gefesselt<br />

sein“, betont Sadler.<br />

Zuerst wurde <strong>der</strong> Chor „Cäcilia“ bei <strong>der</strong> Messe nur von<br />

einem Blechbläserquartett begleitet, später traten Pauken<br />

und eine Orgel, schließlich auch noch Streicher<br />

hinzu. In dieser Besetzung erfreut sich die Cäcilienmesse<br />

bis heute großer Beliebtheit nicht nur in Mauer,<br />

son<strong>der</strong>n auch in Crailsheim und an<strong>der</strong>en Orten. Am<br />

heutigen Abend schließlich wird die Messe erstmals in<br />

<strong>der</strong> Besetzung <strong>für</strong> Sinfonieorchester, also mit Holzbläsern<br />

(statt Orgel) aufgeführt.<br />

Mit den Beson<strong>der</strong>heiten des dörflichen Musiklebens<br />

Rechnung ist Helmut Sadler übrigens schon aus seinen<br />

Jahren in Siebenbürgen gut vertraut: Auch dort wurde<br />

in den Gemeinden viel gesungen und gespielt, stets im<br />

Rahmen <strong>der</strong> instrumentalen und vokalen Möglichkeiten.<br />

Es entstand u.a. die kantatenähnliche, sangliche<br />

Gattung des „Dictums“. Sadler selbst begleitete in seiner<br />

Jugend zahllose Male Dorfkirchenchöre an <strong>der</strong><br />

Orgel. Zugleich ist die Cäcilienmesseaber ein Bekenntniswerk<br />

– Helmut Sadler hat in jedem ihrer Sätze (die<br />

den Ordinariumsteilen <strong>der</strong> lateinischen Messe entsprechen)<br />

persönliche Eindrücke verarbeitet. Dazu gehört<br />

tiefe Trauer über den Tod von nahen Verwandten.<br />

Der unmittelbaren, unverstellten Wirkung <strong>der</strong> Cäcilienmesse<br />

konnten sich we<strong>der</strong> die Zuhörer in Öhringen<br />

noch die Choristen und Instrumentalisten entziehen.<br />

Viel Applaus nach einer guten Leistung <strong>der</strong> Musikwochen-Ensemble<br />

– die freilich froh waren, mit diesem<br />

Werk weniger an die Grenzen des Machbaren gekommen<br />

zu sein als im Jahr 2004 mit dem gewaltigen Oratorium<br />

„Der Allmacht Wun<strong>der</strong>“ von Johann Lukas<br />

Hedwig.<br />

Ein ausgesprochen erfolgreiches Experiment war die<br />

Verlegung des traditionellen Dozentenkonzertes <strong>der</strong><br />

Musikwoche in Gundelsheim vom Festsaal auf Schloß<br />

4<br />

Horneck in die nahe Deutschmeisterhalle. Schön, dass<br />

die Leitung des Altenheimes im Schloß Horneck die<br />

Werbung <strong>für</strong> den Abend unterstützte – schön auch,<br />

dass die Stadt Gundelsheim wie in den vergangenen<br />

Jahren die Gema-Gebühren übernahm.<br />

200 Zuhörerinnen und Zuhörer erlebten ein wie immer<br />

buntes, wenngleich nie beliebiges, dabei exquisit musiziertes<br />

Programm. Hannah König (Blockflöte), Harald<br />

Christian (Violine), Ilse Herbert (Cello) und Liane<br />

Christian (Klavier) boten auf mo<strong>der</strong>nen Instrumenten<br />

mit viel barockem Gespür eine Triosonate von Telemann.<br />

Renate Dasch (Mezzosopran) und Johanna<br />

Boehme (Sopran) sangen – begleitet von Liane Christian<br />

– traurig-schöne Lie<strong>der</strong> von Paul Richter und dem<br />

unbekannten, keineswegs zu vernachlässigenden Banater<br />

Komponisten Heinrich Weidt (1824-1901).<br />

Emotionale Spannungspole waren die meditative, stark<br />

von rumänischer Volksmusik beeinflusste Flötensonate<br />

Nr. 2 von Sigismund Toduţă (mit Wolfgang Meschendörfer<br />

und Liane Christian) und das brillante, teuflisch<br />

schwere Virtuosenstück Navarra <strong>für</strong> zwei Violinen und<br />

Klavier. Der Geiger Harald Christian und seine 15jährige<br />

Tochter Sarah – Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe<br />

– heimsten da<strong>für</strong> den wohl größten Applaus<br />

des Abends ein. Musikalischer Höhepunkt war dennoch<br />

zum Abschluss Paul Richters oft an Brahms gemahnendes<br />

Klaviertrio d-Moll, wie<strong>der</strong>um mit Harald,<br />

Sarah und Liane Christian sowie Ilse Herbert.<br />

Ein drittes öffentliches Konzert <strong>der</strong> Musikwoche bot in<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein die junge<br />

Banater Pianistin Susanna Bartál – ein kraftvoller, kluger<br />

Beweis hervorragenden Könnens und großer Disziplin<br />

bei nicht weniger als sieben verschiedenen<br />

Komponisten. Von Susanna Bartál wird man noch<br />

hören – demnächst studiert sie in Paris.<br />

Das anfangs erwähnte Jubiläum <strong>der</strong> Musikwoche spielte<br />

freilich nicht nur bei <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung eine<br />

Rolle: Am vorletzten Abend ließ die langjährige Leiterin<br />

<strong>der</strong> Woche, Antje Neumann, 20 Jahre Musikwoche<br />

Revue passieren; zuvor hatten sie und Bettina Meltzer<br />

eine kleine Ausstellung mit Bil<strong>der</strong>n und Programmen<br />

<strong>der</strong> Woche von 1986 bis 2004 zusammen gestellt.<br />

Drei interne Konzerte boten den über 100 Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmern <strong>der</strong> Musikwoche genügend<br />

Raum, um während <strong>der</strong> Woche eingeübte o<strong>der</strong> bereits<br />

vorher einstudiert Werke aufzuführen. Dass es dabei<br />

auch Professionelles zu hören gab, versteht sich von<br />

selbst. Doch war Musik hier ebenso ein beeindruckendes<br />

Gemeinschaftserlebnis, ein Fest <strong>der</strong> Generationen,<br />

die – welch ein Glück – vom Kleinkind bis zur Großmutter<br />

in gleichmäßiger Verteilung vertreten waren.<br />

Der interne, vertraute Rahmen dürfte manchen Laienmusiker<br />

ermutigt haben, seine musikalischen Fähigkeiten<br />

einem größeren Kreis zu präsentieren. Wie in den<br />

vergangenen Jahren waren – vermittelt durch die Klausenburger<br />

Pianistin Gerda Türk – vier junge Musiker<br />

aus Rumänien Gast bei <strong>der</strong> Musikwoche: eine Berei-


cherung <strong>für</strong> sie selbst ebenso wie <strong>für</strong> die an<strong>der</strong>en Teilnehmer<br />

und auch die musikalische Qualität.<br />

All das wäre freilich nicht denkbar ohne den Einsatz<br />

<strong>der</strong> Dozenten <strong>der</strong> Musikwoche, die zuvor Garanten <strong>für</strong><br />

Stabilität und Weiterentwicklung sind. In ihrem Vortrag<br />

zur Mitglie<strong>der</strong>versammlung hatte die langjährige Teilnehmerin<br />

Hildegard Barth zurecht betont: „Die jetzige<br />

Dozentenbesetzung hat eine solche Zugkraft entwickelt<br />

und die Musikwoche ist ein solcher Selbstläufer geworden,<br />

dass man sich um neue Interessenten nicht sorgen<br />

muss. Dass Menschen in wirtschaftlich nicht gerade<br />

rosigen Zeiten begeistert nach Löwenstein kommen,<br />

das ist doch das schönste Lob <strong>für</strong> die Musikwoche.“<br />

Die Leitung des Chors und Gesamtleitung des Ensembles<br />

lag in den Händen von Marco Lechler aus<br />

Pfedelbach bei Öhringen, <strong>für</strong> die Sänger war Renate<br />

Dasch (Berlin) zuständig, <strong>für</strong> die Bläser Bärbel und<br />

Thomas Tirler (Marl). Harald Christian (Augsburg)<br />

Junge Temeswarer Pianistin brilliert in Deutschland<br />

leitete die hohen und Ilse Herbert (Klausenburg) die<br />

tiefen Streicher an, Liane Christian (Augsburg) die Pianisten,<br />

Hannah König (München) die Blockflöten,<br />

Gertraud Winter-Sailer (Augsburg) den Jugendchor<br />

und die Kin<strong>der</strong>gruppe, Antje Neumann und Bettina<br />

Meltzer schließlich die Tänzer. Für die Gesamtleitung<br />

waren Wolfgang Meschendörfer und Johannes Killyen<br />

verantwortlich.<br />

Ebenfalls eine Unmöglichkeit: die Löwensteiner Musikwoche<br />

– mittlerweile ein logistisches Großunternehmen<br />

– ohne die Unterstützung von treuen Sponsoren<br />

auf die Beine zu stellen. Der Woche zur Seite standen<br />

das Kulturreferat <strong>der</strong> Landsmannschaft <strong>der</strong> Siebenbürger<br />

Sachsen, die Siebenbürgisch-Sächsischen<br />

Stiftung, das Kulturreferat <strong>für</strong> Südosteuropa im Donauschwäbischen<br />

Zentralmuseum Ulm, die HOG<br />

Kronstadt, die HG Hermannstadt – und nicht zuletzt<br />

die Evangelische Tagungsstätte Löwenstein.<br />

Die ehemalige Lenauschülerin Susanna Bartal (Temeswar) begeistert die Zuhörer in Löwenstein<br />

von DR. FRANZ METZ<br />

„Dynamik und Strahlkraft“, „Temperament und vitale Wucht“, „Virtuosität ersten Ranges“ – so sprechen die Kritiker<br />

über das letzte Auftreten <strong>der</strong> jungen Pianistin Susanna Bartal aus Temeswar bei ihrem Konzert anlässlich <strong>der</strong> 20. Musikwoche<br />

<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa. Es war <strong>für</strong> die zahlreichen und begeisterten<br />

Zuhörer nicht nur ein fulminanter Konzertabend son<strong>der</strong>n eine künstlerische Wan<strong>der</strong>ung durch ein anspruchvolles<br />

Programm <strong>der</strong> Musikliteratur: Bach, Chopin, Schubert, Liszt, Ravel, Bartók. Vor zwei Jahren spielte an dieser Stelle eine<br />

an<strong>der</strong>e begabte junge Temeswarer Pianistin, Wanda Albota, die nun ihr Studium an <strong>der</strong> Weimarer Musikhochschule<br />

fortführt.<br />

Die junge Rumänin – wie einige Kritiken über Susanna Bartal fälschlicherweise berichten – ist eigentlich eine junge<br />

Ungarin, die die Temeswarer Lenauschule besucht hat, dreisprachig aufgewachsen ist und außerdem noch fließend<br />

französisch und englisch spricht. Zur Zeit beendet sie das Musiklyzeum <strong>der</strong> Banater Hauptstadt und bereitet sich <strong>für</strong> ihr<br />

Studium in Paris vor. Es gibt nicht mehr viele junge Musiker in Temeswar, die deutsch sprechen und die einen Teil<br />

dieser Banater Seelenlandschaft in sich tragen.<br />

Susanne Bartal (geboren 1986 in Temeswar) bekam den erste Klavierunterricht bei Flora Toth am Musikgymnasium<br />

ihrer Heimatstadt parallel mit dem Besuch <strong>der</strong> Lenauschule. Ab ihrem 12. Lebensjahr besuchte sie verschiedene Meisterkurse<br />

mit anerkannten Pianisten, so z.B. mit Günter Reinhold (Musikhochschule Karlsruhe), Jean-Francois Antonioli<br />

(Conservatoire de Lausanne), Nadine Wright (Paris), Jean-Francois Heisser (Conservatoire de Paris). Außerdem nahm<br />

sie am Kammermusikkurs des berühmten Ysaye Quartetts teil. Die jungen Pianistin konzertierte bisher in Rumänien<br />

(Temeswar, Bukarest, Lugosch, Großwardein, Großsanktnikolaus), Deutschland, Ungarn und Frankreich, wovon 12<br />

selbstständige Solokonzerte. Im Dezember 1999 hatte sie ihr erstes Konzert mit Orchester, <strong>der</strong> Capella Banatica des<br />

Temeswarer Musikgymnasiums.<br />

Im Dezember 2001 spielte sie mit Begleitung <strong>der</strong> Temeswarer Philharmoniker unter <strong>der</strong> Leitung von Jean-Francois<br />

Antonioli (Schweiz). Sie erschien auch in zahlreichen Sendungen im Fernsehen und Radio, in Rumänien sowie in Ungarn.<br />

Selbst die Liste ihrer bisherigen internationalen und nationalen Preise ist vielversprechend: II. Preis beim Nationaler<br />

Czerny-Wettbewerb, Piatra Neamt, (1998), I. Preis beim Musikwettbewerb in Deva, (1998), III. Preis beim Internationalen<br />

Enescu-Wettbewerb, Bukarest (1998), Finalistendiplom beim Internationalen Seiler-Wettbewerb, Kitzingen<br />

(1999), Preis beim Internationalen EPTA-Wettbewerb, Osijek (Kroatien, 2001), I. Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb<br />

Maryse Cheilan (Hyeres, Frankreich, 2002 und 2003), I. Preis beim Euroregionalen Klavierwettbewerb<br />

„Alma Cornea-Ionescu“ (Temeswar, 2003 und 2004), usw. Für all diese Wettbewerbe und Konzerte wird Susanna Bartal<br />

von ihrer Klavierlehrerin Prof. Stancovici-Fernbach mit den dazu nötigen Kenntnissen ausgerüstet. Wie man sieht,<br />

wird diese Arbeit auch auf internationalem Parkett anerkannt und die Banater Klavierschule, vor langer Zeit von Wilhelm<br />

Franz Speer, Ella Philipp, Alma Cornea o<strong>der</strong> Gabrielle Dobrozemsky initiiert und geprägt, trägt nun Früchte.<br />

5


Die <strong>deutsche</strong> Tageszeitung „Heilbronner Stimme“ schrieb über ihr Konzert vom 31. März 2005 in Löwenstein: „Nach<br />

dem hochkonzentrierten Einstieg schüttelt sie wie im ersten Teil Chopin, Debussy und Schubert auch im zweiten Teil<br />

Liszts Rigoletto Paraphrase, Ravels Jeux d´eau und den ersten Satz von Bartóks Sonate aus dem Ärmel. Da fliegen die<br />

Arme durch die Luft, ein kurzes Innehalten, um dem Ton Raum zum Verklingen zu geben…“ Als erste Zugabe spielte<br />

Bartal ein Klavierstück von Brahms, das ungarische Motive in sich birgt. Dass auch Bartók auf dem Programm stand,<br />

ist <strong>für</strong> Susanna Bartal selbstverständlich, wurde dieser bedeutende Komponist des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts doch in Großsanktnikolaus<br />

geboren, sein Vater selbst spielt die Violine im philharmonischen Orchester dieser Banater Ortschaft.<br />

Wer Susanna Bartal life erleben möchte, kann sie in einigen Wochen in Temeswar erleben, wenn sie das a-Moll-<br />

Klavierkonzert von Edvard Grieg mit den Temeswarer Philharmonikern spielen wird. Den Namen dieser jungen Pianistin<br />

aus Temeswar sollte man sich jedenfalls merken.<br />

von WOLFGANG WITTSTOCK<br />

Nahezu 40 Jahre hat Eckart Schlandt mit dem Bach-<br />

Chor die große Oratorien- und Kantatenliteratur gepflegt<br />

und einem dankbaren Publikum dargeboten. Die<br />

Kenner, die Musikfreunde kamen selbst von weither zu<br />

diesen Konzerten, denn die wichtigsten Werke <strong>der</strong><br />

vokalsinfonischen Kirchenmusik bekam und bekommt<br />

man hierzulande nicht allzu oft live zu Gehör. Jedes<br />

dieser Bach-Chor-Konzerte - etwa mit den Passionen<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Hohen Messe h-Moll“ von Bach, dem „Messias“<br />

von Händel, Mozarts Requiem, Haydns „Schöpfung“<br />

o<strong>der</strong> dem „Deutschen Requiem“ von Brahms<br />

wie auch immer wie<strong>der</strong> mit vokalsinfonischen Werken<br />

siebenbürgisch-<strong>deutsche</strong>r Komponisten (Lassel, Paul<br />

6<br />

Menschen<br />

Eine eindrucksvolle künstlerische Karriere<br />

Der Chorleiter, Organist und Musikerzieher Eckart Schlandt wird 65<br />

Es war ein Ereignis, das eindeutig eine Zäsur in <strong>der</strong><br />

Kronstädter Musikgeschichte markierte, auch wenn<br />

darüber in <strong>der</strong> Öffentlichkeit kaum ein Wort verloren<br />

wurde: Eckart Schlandt, <strong>der</strong> namhafte Orgelvirtuose,<br />

Chorleiter und Musikpädagoge, zog sich im vorigen<br />

Jahr von <strong>der</strong> Leitung des Bach-Chors <strong>der</strong> Schwarzen<br />

Kirche zurück, dem er jahrzehntelang als Dirigent vorgestanden<br />

und den er immer wie<strong>der</strong> zu eindrucksvollen,<br />

unvergesslichen musikalischen Leistungen animiert<br />

hatte. Die letzte Aufführung vor Kronstädter Publikum<br />

bestritt <strong>der</strong> Bach-Chor unter <strong>der</strong> Leitung von Eckart<br />

Schlandt im Mai 2004, im Rahmen des Festivals „Musica<br />

Coronensis“, mit Bachs „Himmelfahrtsoratorium“<br />

BWV 11 und einem Werk des Kronstädters Rudolf<br />

Lassel (1861-1918), <strong>der</strong> Vertonung des Psalms 43<br />

„Richte mich, Gott“. Im Juni leitete Eckart Schlandt im<br />

Kapitelzimmer die letzte Chorprobe. Es folgte eine<br />

kleine Feier, in <strong>der</strong>en Rahmen sich <strong>der</strong> Dirigent mit<br />

besinnlichen Worten von „seinem“ Chor verabschiedete.<br />

Den Dirigentenstab übergab Eckart Schlandt seinem<br />

Sohn Steffen Schlandt, <strong>der</strong> im Dezember mit <strong>der</strong><br />

Aufführung von Händels „Messias“ einen überzeugenden<br />

Einstand gab. Damit ist die Leitung des Kronstädter<br />

Bach-Chors in dritter Generation eine Angelegenheit<br />

<strong>der</strong> Familie Schlandt, denn Eckart Schlandt hatte<br />

den Chor und auch die Organistenstelle <strong>der</strong> Schwarzen<br />

Kirche im Jahr 1965 von seinem Vater Walter Schlandt<br />

(1902-1979) übernommen.<br />

Richter, Franz Xaver Dressler u.a.) - kann man darum<br />

im Rückblick als Kulturtat bezeichnen. Die Chronik<br />

verzeichnet 109 große Aufführungen, die <strong>der</strong> Kronstädter<br />

Bach-Chor unter Eckart Schlandt dargeboten<br />

hat - wesentlich mehr, als zu Victor Bickerichs, des<br />

Chorgrün<strong>der</strong>s, Zeiten zustande kamen. Eckart Schlandt<br />

erklärt die Gründe <strong>für</strong> dieses zahlenmäßige Missverhältnis.<br />

Victor Bickerich (1895-1964), <strong>der</strong> große Bach-<br />

Verehrer, hatte den Kronstädter Bach-Chor im Jahr<br />

1933 gegründet, aber bereits 1924 bzw. 1931 die südosteuropäischen<br />

Erstaufführungen <strong>der</strong> Matthäus-<br />

Passion bzw. <strong>der</strong> Johannis-Passion von Bach in Kronstadt<br />

zustande gebracht. In den 40 Jahren seines kirchenmusikalischen<br />

Wirkens in Kronstadt, 1922-1962,<br />

gab es unter seiner Leitung 70 Aufführungen großer<br />

vokalsinfonischer Werke - eine beeindruckende Leistung,<br />

wenn man die widrigen Umstände bedenkt, unter<br />

denen Bickerich zeitweilig gelebt und gewirkt hat. In<br />

den ersten beiden Nachkriegsjahren fanden keine Aufführungen<br />

des Bach-Chors statt, weil Bickerich im<br />

Lager Tg. Jiu interniert war, und in den Jahren 1949 -<br />

1956 bzw. 1958 - 1965 stand dem Chor kein Orchester<br />

zur Verfügung, weil die kommunistischen Behörden<br />

den Philharmonikern untersagt hatten, an kirchenmusikalischen<br />

Veranstaltungen teilzunehmen.<br />

Im Jahr 1959 stellte <strong>der</strong> Chor gar seine Tätigkeit vollkommen<br />

ein - es war die Zeit <strong>der</strong> unsere Gemeinschaft<br />

stark verunsichernden politischen Prozesse (etwa<br />

Schwarze-Kirche-Prozess, Schriftstellerprozess) -, und<br />

als, nach etwa sechs Monaten, die Proben wie<strong>der</strong> aufgenommen<br />

wurden, waren nur noch ältere Semester<br />

bereit mitzusingen. Nachfolger Bickerichs wurde Walter<br />

Schlandt, <strong>der</strong> sowohl das Organistenamt als auch<br />

die Leitung des Bach-Chors in den Jahren 1962-1965<br />

wahrgenommen hat. Mit dem Chor ging es langsam<br />

wie<strong>der</strong> aufwärts. Es gab z.B. unter Walter Schlandts<br />

Leitung Aufführungen von Bachs Johannis-Passion<br />

sowie des Requiems von Mozart.


„Auch bei mir ging nicht immer alles wie geölt,<br />

manchmal war's ein Tanz auf dem Seil“, sagt Eckart<br />

Schlandt. Der namhafte, über die Landesgrenzen hinaus<br />

bekannte Musiker erfüllt in einigen Tagen, am 20.<br />

Februar, sein 65. Lebensjahr. Dieser Geburtstag war<br />

<strong>für</strong> uns <strong>der</strong> Anlass, Eckart Schlandt zu besuchen und<br />

mit ihm sowohl über seine bisherige künstlerische Karriere<br />

als auch über zukünftige Projekte zu sprechen.<br />

Das Schlandt'sche Haus liegt an <strong>der</strong> Westseite des<br />

Schneckenbergs in Kronstadt/Bra{ov, das Anwesen ist<br />

seit Jahrhun<strong>der</strong>ten Familienbesitz. Wir sitzen und plau<strong>der</strong>n<br />

im gemütlichen Arbeitszimmer des Künstlers,<br />

dessen wichtigster Einrichtungsgegenstand <strong>der</strong> Förster-<br />

Pedalflügel ist, an dem Eckart Schlandt tagtäglich viele<br />

Arbeitsstunden verbringt. Weite Strecken unseres Gesprächs<br />

handeln vom Bach-Chor. Schlandt erinnert an<br />

Höhepunkte, aber auch an Schwierigkeiten, denen <strong>der</strong><br />

Chor begegnete, in erster Linie die Anonymität, in <strong>der</strong><br />

er in <strong>der</strong> kommunistischen Zeit seine Tätigkeit entfalten<br />

musste. Nach dem Sturz Ceauşescus kamen auf den<br />

Bach-Chor Probleme an<strong>der</strong>er Art zu. Zahlreiche<br />

Chormitglie<strong>der</strong> wan<strong>der</strong>ten aus, doch <strong>der</strong> Dirigent gab<br />

nicht auf, selbst als 1990 in den Chorproben nur noch<br />

3 Sopranistinnen, 6 Altstimmen, 2 Tenöre und 3 Bässe<br />

zur Verfügung standen. An<strong>der</strong>snationale und an<strong>der</strong>skonfessionelle<br />

Chorsängerinnen und -sänger kamen<br />

neu hinzu, und <strong>der</strong> Chorleiter sah sich in verstärktem<br />

Maße nach Nachwuchs um. Zu diesem Zweck wurde<br />

innerhalb des Bach-Chors 1992 ein Jugendchor gegründet,<br />

und außerdem übernahm Eckart Schlandt<br />

1994 auch die Leitung eines Schülerchors <strong>der</strong><br />

Honterusschule.<br />

Ein wichtiger Ansporn waren sodann in den Jahren<br />

nach <strong>der</strong> Wende die Gemeinschaftsproduktionen mit<br />

an<strong>der</strong>en Singgemeinschaften. Zusammen mit dem<br />

Hermannstädter Bach-Chor wurden beispielsweise<br />

Bachs Johannis-Passion (1991), Mozarts Requiem<br />

(1995, anlässlich <strong>der</strong> zentralen Gedenkfeier zum 50.<br />

Jahrestag seit Beginn <strong>der</strong> Russlanddeportation) o<strong>der</strong><br />

Bachs Matthäus-Passion (2001) aufgeführt. Unter <strong>der</strong><br />

Mitwirkung des Kronstädter Astra-Chors sang <strong>der</strong><br />

Bach-Chor im Jahr 2002 das Oratorium „Der Allmacht<br />

Wun<strong>der</strong>“ des in Heldsdorf/Hălchiu bei Kronstadt<br />

geborenen Johann Lukas Hedwig (1802-1849). Diese<br />

Aufführung, ebenfalls eine Kulturtat, auch im Hinblick<br />

auf die Pflege unseres autochthonen Kulturerbes, ist als<br />

Live-Mitschnitt auf einer hörenswerten CD dokumentiert.<br />

Wie sein Vater Walter Schlandt, <strong>der</strong> ihm die Leitung<br />

des Bach-Chors übergab, als er noch rüstig und<br />

bei Kräften war, hat auch Eckart Schlandt den Dirigentenstab<br />

seinem Sohn in einer - sowohl <strong>für</strong> ihn als auch<br />

<strong>für</strong> den Chor - guten, fruchtbaren Phase übergeben,<br />

was sich sicherlich auf die Kontinuität kirchenmusikalischer<br />

Tradition in Kronstadt positiv auswirken wird.<br />

Eckart Schlandt hat aber dem Bach-Chor keineswegs<br />

den Rücken gekehrt. Als Chorsänger sowie <strong>für</strong> die<br />

immer wie<strong>der</strong> nötige Instrumentalbegleitung steht er<br />

weite zur Verfügung.<br />

Und Eckart Schlandt denkt auch noch nicht daran, sich<br />

offiziell in den Ruhestand zu verabschieden. Er ist<br />

weiterhin als Organist <strong>der</strong> Schwarzen Kirche bzw. <strong>der</strong><br />

Honterusgemeinde tätig, er wird auch in Zukunft Orgelkonzerte<br />

und Orgelvorführungen bestreiten und die<br />

alljährliche, weithin bekannte Orgelmusik-<br />

Sommerspielzeit in <strong>der</strong> Schwarzen Kirche koordinieren<br />

und in wesentlicher Weise mitgestalten. All das zusammen<br />

und in Absprache mit den zwei an<strong>der</strong>en Organisten<br />

<strong>der</strong> Honterusgemeinde: Inge Acker und Sohn<br />

Steffen Schlandt, <strong>der</strong> im April 2004 angestellt wurde.<br />

Als <strong>der</strong> geschätzte Konzertpianist, Musikerzieher und<br />

Chorleiter Walter Schlandt im Jahr 1947 aus <strong>der</strong> Russlanddeportation<br />

zurückkehrte, begann er, seinem Sohn<br />

Eckart Klavierunterricht zu erteilen. Violine spielen<br />

lernte Eckart Schlandt bei Olga Güttler, <strong>der</strong> Mutter des<br />

Kontrabass-Virtuosen Wolfgang Güttler. Ab dem 14.<br />

Lebensjahr unterwies ihn Victor Bickerich im Orgelspielen.<br />

In den Jahren 1957-1962 studierte er am Bukarester<br />

Konservatorium. Sein Lehrmeister in <strong>der</strong> Orgelklasse<br />

war Helmut Plattner. Nach dem Studium kehrte<br />

Eckart Schlandt nach Kronstadt zurück, wo er an <strong>der</strong><br />

Musikschule als Klavierlehrer angestellt wurde. Ab<br />

1965, seit 40 Jahren, bekleidet er das Organistenamt an<br />

<strong>der</strong> Schwarzen Kirche, wo ihm mit <strong>der</strong> - unlängst<br />

gründlich restaurierten - Buchholz-Orgel von 1839 ein<br />

sehr wertvolles Instrument zur Verfügung steht.<br />

Als Orgelvirtuose hat Eckart Schlandt sowohl im Inland<br />

als auch in vielen Län<strong>der</strong>n Europas sehr erfolgreich<br />

unzählige Konzerte bestritten. Die Kritik feierte<br />

ihn immer wie<strong>der</strong> als „Meister effektvoll-stilgerechter<br />

Registrierung“. Vor zwei Jahren führte ihn eine Orgeltournee<br />

gar in die USA. Als beson<strong>der</strong>s wertvolle Leistung<br />

des Orgelkünstlers Schlandt muss die alljährliche<br />

Orgelmusik-Sommerspielzeit in <strong>der</strong> Schwarzen Kirche<br />

gewertet werden, die Victor Bickerich begründet hatte<br />

und die Eckart Schlandt zu einer beson<strong>der</strong>en Attraktion<br />

<strong>für</strong> die Musikfreunde <strong>der</strong> Stadt wie auch <strong>für</strong> in- und<br />

ausländische Touristen gestaltete. Jahrzehntelang gab es<br />

in den Sommermonaten täglich (außer sonntags) Orgelkonzerte<br />

in <strong>der</strong> Schwarzen Kirche. Vor etwa zehn<br />

Jahren ist man auf einen Rhythmus von drei Konzerten<br />

pro Woche, dienstags, donnerstags und samstags, eingeschwenkt.<br />

Nach <strong>der</strong> politischen Wende von 1989<br />

eröffneten sich auch dem Musikpädagogen Schlandt<br />

neue Betätigungsfel<strong>der</strong>. Die Kronstädter Musikfakultät<br />

verpflichtete ihn als assoziierten Professor <strong>für</strong> die Fächer<br />

Orgel und Kammermusik, und in den Jahren<br />

1992-1999 bestritt er Orgelmeisterkurse im Rahmen<br />

<strong>der</strong> von <strong>der</strong> gleichen Lehranstalt organisierten internationalen<br />

Meisterkurse.<br />

Im Jahr 1999 wurde Eckart Schlandt in die Jury des<br />

Interpretationswettbewerbs „Franz Liszt“ in Budapest<br />

berufen, was die Wertschätzung, die ihm unter Kollegen<br />

und Fachleuten zuteil wird, eindeutig belegt. Es<br />

folgten weitere Ehrungen seines künstlerischen Wirkens,<br />

so die Überreichung des Johann-Wenzel-Stamitz-<br />

Preises in Mannheim (2000) o<strong>der</strong> die Verleihung des<br />

Apollonia-Hirscher-Preises seitens des Demokratischen<br />

7


Forums <strong>der</strong> Deutschen im Kreis Kronstadt (2002).<br />

Letztere Würdigung galt gewisslich zunächst dem langjährigen<br />

künstlerischen Wirken des Kirchenmusikers<br />

Schlandt, aber zugleich auch dem gesellschaftlichen<br />

Engagement des treuen Kronstädters, <strong>der</strong> z.B. seinen<br />

ehrenamtlichen Pflichten als Kulturreferent des Kronstädter<br />

Deutschen Kreisforums o<strong>der</strong> als Mitglied in <strong>der</strong><br />

Gemeindevertretung <strong>der</strong> Honterusgemeinde (seit mehr<br />

als 30 Jahren) verantwortungsbewusst nachkommt. Als<br />

wir Eckart Schlandt vor einigen Tagen besuchten, bereitete<br />

er gerade einen Konzertauftritt in Neumarkt/Târgu<br />

Mureş, mit <strong>der</strong> dortigen Philharmonie,<br />

vor.<br />

Unter <strong>der</strong> Stabführung des Sohnes Steffen Schlandt<br />

sollte das Orgelkonzert g-Moll von Joseph Rheinberger<br />

erklingen. Wir fragten nach weiteren Projekten und<br />

erfuhren, dass hoffentlich in Kürze eine von Eckart<br />

von WALTER WOLF<br />

8<br />

Schlandt bespielte CD mit Bachs „Clavierübung Dritter<br />

Teil (Orgel Messe)“ vorliegen wird. Die Aufnahmen an<br />

<strong>der</strong> Buchholz-Orgel kamen im Jahr 2003, anlässlich <strong>der</strong><br />

ersten Ausgabe <strong>der</strong> „Musica Coronensis“, zustande.<br />

Die bisher von Eckart Schlandt bespielten Schallplatten<br />

sind längst vergriffen. Statistisch gesehen, hat Eckart<br />

Schlandt das Rentenalter erreicht. Er könnte sich, im<br />

Bewusstsein erfüllter Pflicht und Schuldigkeit, aus <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit zurückziehen. Das wird aber nicht <strong>der</strong><br />

Fall sein. Als Musiker ist er weiterhin im Vollbesitz <strong>der</strong><br />

Spannkraft, die die Fortführung seiner eindrucksvollen<br />

künstlerischen Karriere ermöglicht. Diese Karriere wird<br />

mit Sicherheit weitere Höhepunkte verzeichnen, denen<br />

die Musikfreunde erwartungsvoll entgegensehen. Hans<br />

Eckart Schlandt, <strong>der</strong> erfolgreiche, geschätzte Konzertorganist<br />

und Chorleiter (ADZ, 18.02.2005)<br />

Chorgesang als Ausdruck <strong>der</strong> Traditionspflege<br />

Achtes Banater Chortreffen in Gersthofen<br />

Am 16. Oktober 2005 fand in <strong>der</strong> Stadthalle Gersthofen bei Augsburg eine weitere Ausgabe <strong>der</strong> seit 1997 von <strong>der</strong><br />

Landsmannschaft <strong>der</strong> Banater Schwaben mit wachsendem Erfolg organisierten Treffen <strong>der</strong> Banater Chöre und Singgruppen<br />

statt. Ein Plädoyer <strong>für</strong> das vielen Banatern bekannte Lied „Mein Heimatland, Banater Land“ (Melodie Wilhelm<br />

Ferch / Josef Linster, Text: Peter Jung) hielt <strong>der</strong> Musikwissenschaftler und Chordirigent Dr. Franz Metz. Nach seiner<br />

Auffassung verdiene dieses Lied, als Hymne <strong>der</strong> Banater Schwaben betrachtet zu werden. Als Kostprobe sangen die<br />

vereinten Chöre gemeinsam das Lied und anschließend die Bayerische Hymne.<br />

Der Banater Chor aus München zusammen mit dem Kirchenchor St. Pius stellte sich in diesem Jahr mit den Stücken<br />

„Der Zeitgeist“ von Franz Koringer (Text: Peter Rosegger) und „Im Prater blühn wie<strong>der</strong> die Bäume“ von Robert<br />

Stolz vor. Der Chor wird von Dr. Franz Metz dirigiert. Allgemein begrüßt wurde die Anwesenheit des Banater Schubert-Chores<br />

unter <strong>der</strong> Leitung von Adrian Nuca-Bartzer in diesem Jahr. Dieser 1969 in Temeswar gegründete Chor war<br />

bis 1988 die repräsentative Singgemeinschaft <strong>der</strong> Banater Deutschen. Die Aussiedlung hat auch den Werdegang dieses<br />

Chores bestimmt. 1985 haben nach Deutschland umgesiedelte Sänger in Sindelfingen einen sogenannten Ableger des<br />

Chores in Deutschland gegründet. Mittlerweile besteht <strong>der</strong> Chor nur noch in Deutschland. Seine Mitglie<strong>der</strong> leben in<br />

den verschiedensten Teilen <strong>der</strong> Bundesrepublik und treffen sich nur gelegentlich zu gemeinsamen Proben und Auftritten.<br />

Beim Konzert in <strong>der</strong> Gersthofener Stadthalle sang <strong>der</strong> Schubert-Chor „Im Vorübergehen“ (Text: J. W. Goethe,<br />

Musik: Karl Loewe), das Banater Volkslied „Wenn mei Deandl am Abend um Wasser geht“ (Chorsatz: Franz Stürmer)<br />

und „Winternacht“, eine Vertonung von Walter Michael Klepper nach einem Gedicht von Nikolaus Lenau.<br />

Der Banater Chor aus Rastatt unter <strong>der</strong> Leitung von Walter Berberich präsentierte eine Liedpremiere:„Sonntags,<br />

wenn ich durchs Dorf geh’“, eine Komposition von Dr. Peter Schütz aus Uiwar (Banat), <strong>der</strong> das Lied in russischer<br />

Kriegsgefangenschaft komponiert hat. Weiter brachte <strong>der</strong> Chor ein Wallfahrtslied (Chorsatz: F. Weinschrott) und<br />

„Wenn ich ein Glöcklein wär“ (Musik: F. Xaver Engelhardt) zu Gehör. Viel Beifall gab es <strong>für</strong> den Solopart von Walter<br />

Berberich.<br />

Bei landsmannschaftlichen Veranstaltungen im Raum Chiemsee immer wie<strong>der</strong> dabei ist <strong>der</strong> Chor aus Traunreut,<br />

dem Banater Schwaben und Banater Bergland<strong>deutsche</strong> angehören. Er wird von Susanne Ballmann geleitet. Diesmal<br />

sangen sie „In Gemeinschaft zu singen“ (Text: Josef Irlweg, Chorsatz: Hans Sieber-Brach), „Wenn vom Domplatz<br />

noch läuten die Glocken (Musik und Text: Nikolaus Burger) und das Volkslied „Peters Brünnele“.<br />

Wie <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ator des Chorkonzertes, Peter-Dietmar Leber, feststellte, haben die Banater Schwaben im Saarland in<br />

den letzten Jahren „mächtig aufgeholt“. Dort gibt es einen Theaterkreis, eine Tanzgruppe und seit einigen Jahren auch<br />

einen Chor. Letzterer wird von Eva Frombach geleitet. Der Singkreis Homburg widmet sich hauptsächlich <strong>der</strong> Pflege<br />

des Volksliedes. Zum Mitsingen und Schunkeln regten die Lie<strong>der</strong> an: „Im Wein liegt Sonnenschein“ (Satz: Robert Pappert),<br />

„Die Herzen auf, die Musi kommt“ (Satz: Eberhard Hertl) und die volkstümliche Weise „Wie scheint <strong>der</strong> Mond<br />

so hell.<br />

Der Marienchor aus Nürnberg unter Leitung von Willibald Baumeister präsentierte mit seinen volkstümlichen Lie<strong>der</strong>n<br />

(„Freude spendet uns das Leben“, „Die Augen <strong>der</strong> Mutter“, „Im schmucken Schwabendorf“) eine musikalische<br />

Reise nach Nordamerika, Argentinien und ins Banat.<br />

Einst gab es im Banat zahlreiche Männergesangvereine. Es ist belegt, dass beim großen Sängerfest 1928 in Detta 82<br />

Männergesanggruppen dabei waren. Der Chor aus Karlsruhe unter <strong>der</strong> Leitung von Peter Helmut Meinhardt ist <strong>der</strong>


einzige noch bestehende Banater Männerchor. Er sang die volkstümlichen Lie<strong>der</strong> „Das kleine Dörflein“ (Text und<br />

Musik: P. H. Meinhardt), „Junges Herz und graue Haare“ sowie das volkstümliche Potpourri „Wo die Donau fließt<br />

nach Süden“.<br />

Dass Singen nichts mit dem Alter zu tun hat, das bewies diesmal <strong>der</strong> Seniorensingkreis aus Augsburg. Nach längerer<br />

Abwesenheit hat dieser Chor seiner Rolle als Gastgeber alle Ehre gemacht. Unter <strong>der</strong> Leitung von Werner Zippel sangen<br />

die Senioren die volkstümlichen Weisen „Im schönsten Wiesengrunde“, „Glocken <strong>der</strong> Heimat“ und „Bil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong><br />

Heimat“.<br />

Bekannt sind die vielen Auftritte des Banater Chors aus Stuttgart bei verschiedensten landsmannschaftlichen Veranstaltungen.<br />

Diese Singgemeinschaft hat sich hauptsächlich <strong>der</strong> Pflege des Volksliedes aus dem donauschwäbischen Siedlungsgebiet<br />

verschrieben. Doch auch Kunstlie<strong>der</strong> und Arien aus Operetten gehören zum Repertoire dieses von Hildegard<br />

Mojem geleiteten Chors. Auf <strong>der</strong> Bühne in Gersthofen erklangen die Lie<strong>der</strong> „Hymne an die Nacht“ (Musik: Ludwig<br />

van Beethoven), „Bunt sind schon die Wäl<strong>der</strong> (Text: J. Gaudenz von Salis-Seewis, Musik: J. Friedrich-Reichardt)<br />

und „Sommerlied“ (Text: H. W. Hockl, Musik: Hans Walter).<br />

Auch die Banater Singgruppe Würzburg ist eine wichtige Stütze <strong>der</strong> landsmannschaftlichen Arbeit im Kreisverband<br />

Würzburg. Sie wird von Anni Loch-Karl geleitet. Auf dem Programm <strong>der</strong> Gruppe standen diesmal die Volksweise<br />

„Sitzt a klans Vogerl“, „Das Lied <strong>der</strong> Taiga“ (Text: F. Weirich, Musik: R. Bauer) und das „Wolgalied“ aus <strong>der</strong> Operette<br />

„Der Zarewitsch“ von Franz Lehar.<br />

Einer <strong>der</strong> traditionsreichsten Chöre ist <strong>der</strong> Donau<strong>deutsche</strong> Singkreis Frankenthal unter <strong>der</strong> Leitung von Katharina<br />

Eicher-Müller. Neben zahlreichen Auftritten im eigenen Haus (Donauschwabenhaus) ist dieser Chor auch immer wie<strong>der</strong><br />

auf Gastspielreise. Unter an<strong>der</strong>em sang er mehrmals in Ungarn und im Banat. Für das diesjährige Chortreffen hatten<br />

die Sänger drei Volkslie<strong>der</strong> vorbereitet: „Zwaa Sterndlein“, „Sitzt a klans Vogerl“ und „Wo <strong>der</strong> Wildbach rauscht“.<br />

Ein Höhepunkt des Chorkonzertes war <strong>der</strong> Auftritt <strong>der</strong> Singgruppe „Sunnereen“ dar. Diese aus acht Sängern bestehende<br />

Gruppe wird von Hildegard Barbara Müller geleitet. Im ihrem Repertoire sind Volkslie<strong>der</strong>bearbeitungen, Kompositionen<br />

aus <strong>der</strong> klassischen Musikliteratur sowie Stücke aus dem geistlichen Liedgut. Viel Beifall gab es in Gersthofen<br />

<strong>für</strong> „Drei schöne Dinge fein“ (Daniel Frie<strong>der</strong>ici), „Lerchengesang“ (Musik: Felix Menselssohn-Bartholdy) und Herr,<br />

deine Güte reicht so weit“ (Musik: A. Grell).<br />

Der Darowaer Kirchenchor hat eine lange Tradition. Er wurde 1945 in Darowa (Banat) gegründet. Nach 1998, als<br />

alle Sänger ausgewan<strong>der</strong>t waren, wurde er in Spaichingen wie<strong>der</strong> aktiv unter <strong>der</strong> Leitung vom Martin Metz. Heute ist<br />

Erich Meixner <strong>der</strong> Dirigent. Erfreulich ist, dass <strong>der</strong> Chor keine Nachwuchsprobleme hat, die Singgemeinschaft einen<br />

motivierten Eindruck macht und von Erfolg begleitet wird. Die Lie<strong>der</strong> „Mein Liebchen“ (Text: Hans Mokka, Musik:<br />

Heinz Wenrich), „Es flog ein klein Waldvögelein“ (Chorsatz: Siegfried Burger) und die Volksweise „Am Hol<strong>der</strong>strauch“<br />

waren eine schöne Kostprobe aus dem reichen Repertoire des Chores.<br />

Einer <strong>der</strong> ältesten und größten Banater Chöre in Deutschland ist <strong>der</strong> aus Karlsruhe; entsprechend ist auch das Repertoire<br />

umfassend und anspruchsvoll. Unter <strong>der</strong> Stabführung von Hannelore Slavik sang <strong>der</strong> Chor die Volksweise „Ich<br />

band mir einen Veilchenstrauß“ (Chorsatz: Hans Weisz), eine Arie aus <strong>der</strong> „Lustigen Witwe“ von Franz Lehar (Gesangssolo:<br />

Hildegard Holzinger-Fröhr und Melitta Giel, am Klavier Doris Slavik) und das Volkslied aus Lothringen<br />

„Oh du schöner Rosengarten“ (Chorsatz: Kurt Lißmann).<br />

Stets erfolgreich sind die Auftritte des Banater Chors aus Waldkraiburg, dessen Dirigent Franz Christmann ist. Der<br />

vierstimmige Chor ist längst über die Stadtgrenzen von Waldkraiburg hinaus bekannt. Sein Beitrag zum großen Chorkonzert<br />

umfasste die Stücke „Im Frühling“ (Text: Johann Gaudenz von Salis-Seewis, Musik: W. A. Mozart), „Das Elternhaus“<br />

(Text: Franz Wiedemann, Musik: Carl Hess; Gesangsolo: Ottmar Fickinger) und die Volksweise „Liebeslied“<br />

(Satz: E. Bartzer).<br />

Mit gemeinsamem Singen aller Chöre fand das Konzert seinen Abschluss. Da die Bühne nicht alle Sänger fassen<br />

konnte, sangen viele aus dem Saal mit. Unter <strong>der</strong> Stabführung von Dr. Franz Metz wurden die Lie<strong>der</strong> „Wohl dem, <strong>der</strong><br />

herzlich lachen kann“ (Text: Eduard Hoffman, Musik: Franz Koringer) und „Herr, bleib bei uns“ (Musik: Stephan Paul<br />

Ochaba) angestimmt.<br />

Gesteigerte Sensibilität und äußerster Eigenwillen<br />

Die junge Pianistin Andreea Butnaru kann schon auf eine reiche Konzerttätigkeit zurückblicken<br />

von THEALINDE REICH<br />

Das Musikleben <strong>der</strong> Stadt Bukarest bietet dem interessierten<br />

Kenner und Liebhaber nicht nur Konzerte <strong>der</strong><br />

beiden Sinfonieorchester, son<strong>der</strong>n auch Veranstaltungen,<br />

bei denen bedeutende und weniger bekannte Werke<br />

<strong>der</strong> Kammermusik zum Tragen kommen. Eine<br />

Konzertreihe, die kleineren Besetzungen die Möglichkeit<br />

zur Entfaltung gibt, findet donnerstags im Studio<br />

„Alfred Alessandrescu“ des Rundfunkgebäudes statt.<br />

Im Monat März werden diese Kammermusikabende<br />

wesentlich von <strong>der</strong> jungen Pianistin Andreea Butnaru<br />

bestimmt, die in verschiedenen Formationen zweimal<br />

auftritt. Am 3. März erklang, diesmal im großen Radiosaal,<br />

bereits das Konzert eines Quartetts, in dem das<br />

Streichtrio des zeitgenössischen Komponisten Jean<br />

Françaix, das Klaviertrio in g-Moll von Claude Debussy<br />

und das Klavierquartett op. 25, Nr. 1 in <strong>der</strong>selben Tonart<br />

von Johannes Brahms aufgeführt wurden. Gabriel<br />

Dănilă (Geige), Iulian Popovici (Bratsche), Florin<br />

9


Mitrea (Cello) und Andreea Butnaru am Klavier wurden<br />

<strong>für</strong> ihr exaktes Spiel und ihren Enthusiasmus mit<br />

verdientem Applaus belohnt.<br />

Ein sehr schönes Duo-Programm <strong>für</strong> Violoncello und<br />

Klavier wird zwei Wochen später, am 17. März, um<br />

19.15 Uhr, zu hören sein. Andreea Butnaru und ihr<br />

Partner Florin Mitrea spielen die Sonate op. 63 in A-<br />

Dur von Ludwig van Beethoven, die F-Dur-Sonate op.<br />

99 von Johannes Brahms, die Fantasiestücke op. 73<br />

von Robert Schumann und die Sonate in C-Dur von<br />

Sergej Prokofjew. 1977 in Bukarest geboren, begann<br />

Butnarus musikalische Ausbildung sehr früh. Äußerste<br />

Disziplin kennzeichnete bereits ihre Kindheit und führte<br />

dazu, dass sie im zarten Alter von sieben Jahren den<br />

ersten Wettbewerb gewann. Während <strong>der</strong> Schulzeit am<br />

Musiklyzeum „George Enescu“ in Bukarest folgten<br />

weitere Preise bei Wettbewerben in Rumänien und<br />

Italien. Auch auf eine rege Konzerttätigkeit kann<br />

Andreea Butnaru schon zurückblicken. In Italien, <strong>der</strong><br />

Ukraine, in Deutschland und Japan, wo sie als Vertreterin<br />

<strong>der</strong> Bukarester Musikhochschule am „International<br />

Kyoto Music Festival“ teilnahm, gab sie sowohl Solo-<br />

als auch Kammermusikabende; bereits mehrere Male<br />

trat sie als Solistin von Klavierkonzerten auf.<br />

Während des Studiums im Hauptfach Klavier bei Prof.<br />

Viniciu Moroianu maß Butnaru auch dem Kammermusikunterricht<br />

und <strong>der</strong> Begleitung von Sängern und Instrumentalisten<br />

viel Bedeutung bei, die <strong>für</strong> ihre Entwicklung<br />

bestimmend sein sollte. Ein zweites Studium<br />

an <strong>der</strong> Universität <strong>der</strong> Künste Berlin (1999-2003) in <strong>der</strong><br />

Klasse von Sorin Enăchescu darf vielleicht als wichtigste<br />

Erfahrung <strong>der</strong> jungen Künstlerin gelten. In dieser<br />

Zeit erschloss sie sich ein neues Repertoire von u. a.<br />

zeitgenössischen Stücken, z. B. von Wolfgang Rihm<br />

o<strong>der</strong> Emmanuel Durlet. Dabei handelt es sich nicht nur<br />

um Solostücke, son<strong>der</strong>n auch um das Lied des 20.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts und Kammermusik von Chopin, Mendelssohn<br />

Bartholdy, Richard Strauss und Bohuslav<br />

Martinu.<br />

Der Zugang zu neuer Information war in Deutschland<br />

einfacher möglich als in Rumänien. Bei Prof. Enăchescu<br />

lernte Butnaru aber auch „eine neue Art zu hören“,<br />

wie sie es formuliert. Sie könne nun jeden Ton besser<br />

kontrollieren und den Klang, den sie erzeugt, in Bezug<br />

zum Raum, in dem er sich ereignet, voraushören. Nach<br />

dem Aufenthalt in Deutschland, <strong>der</strong> ihr bedeutende<br />

Lebenserfahrung brachte, kehrte die Pianistin nach<br />

Bukarest zurück, um an <strong>der</strong> Musikhochschule zu promovieren.<br />

Ihr Forschungsgegenstand ist die Sonate <strong>für</strong><br />

Violoncello und Klavier im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t; untersucht<br />

werden Werke von Debussy, Schostakowitsch, Prokofjew,<br />

Schnittke, Enescu, Dallapiccola und Martinú. Im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Promotion nimmt Butnaru auch einen<br />

Lehrauftrag <strong>für</strong> Kammermusik und Korepetition wahr.<br />

Die weitere Laufbahn <strong>der</strong> Künstlerin ist von Vielseitigkeit<br />

bestimmt.<br />

Mit dem ersten Konzertmeister des Staatstheaters Kassel,<br />

dem Violinisten Răzvan Hamza, tritt sie mehrmals<br />

10<br />

im Jahr in Deutschland auf, wobei thematische<br />

Schwerpunkte die Programmauswahl bilden: Einem<br />

Abend mit französischer Kammermusik <strong>für</strong> Geige und<br />

Klavier im Januar 2004 folgte eine mo<strong>der</strong>ierte Hommage<br />

an George Enescu im Dezember desselben Jahres.<br />

Ein Konzert mit Sonaten von Schostakowitsch,<br />

Bartók und Enescu sowie die Aufführung sämtlicher<br />

Stücke <strong>für</strong> Violine und Klavier bzw. Viola und Klavier<br />

von Johannes Brahms stehen noch aus. Ein weiteres<br />

Hauptanliegen Butnarus ist, auch wegen ihrer Doktorarbeit,<br />

die Kammermusik <strong>für</strong> Violoncello und Klavier.<br />

Diese Werke erarbeitet sie sich mit ihrem Partner Florin<br />

Mitrea, <strong>der</strong> zur Zeit als Solocellist im Rundfunksinfonieorchester<br />

Bukarest wirkt. Zur Abwechslung und<br />

um sich von <strong>der</strong> anspruchsvollen Musik zu erholen,<br />

tritt die Pianistin auch in Kontexten auf, die sich <strong>der</strong><br />

leichten Muse verschreiben. Jazzmusik, Café concert,<br />

Bearbeitungen bekannter Volksmelodien und Klassikschlager<br />

in unterschiedlichen Besetzungen stehen<br />

durchaus manchmal auf dem Programm.<br />

Als Künstler ist es nicht leicht, den eigenen Unterhalt<br />

zu sichern; auch darum ist man auf ein breitgefächertes<br />

Repertoire angewiesen, zumal man mit Unterhaltungsmusik<br />

breitere Kreise erreichen kann. Ein Problem<br />

sieht Andreea Butnaru nämlich darin, dass das Interesse<br />

an klassischer Musik in Rumänien nicht so stark<br />

verbreitet ist. Zu Hause und in <strong>der</strong> Schule werden die<br />

meisten Kin<strong>der</strong> nicht an diese herangetragen und im<br />

Erwachsenenalter sind sie desto schwerer da<strong>für</strong> zu<br />

gewinnen. Aus diesem Grund hat die Künstlerin es<br />

auch als ihre Aufgabe begriffen, die Musikkultur mehreren<br />

Menschen zugänglich zu machen und <strong>für</strong> diese<br />

Art Musik neue Hörer zu gewinnen. Wir erwarten die<br />

Umsetzung dieses anspruchsvollen Wunsches! Wenn<br />

man Butnaru über ihre Person befragt, so erhält man<br />

zur Antwort, dass sie sich als Menschen betrachtet, <strong>der</strong><br />

seine Leistungsfähigkeit eher <strong>der</strong> Disziplin und eisernem<br />

Willen als <strong>der</strong> Begabung verdankt. Das Klavier sei<br />

das Instrument, welches die Persönlichkeit eines Musikers<br />

am besten zum Vorschein bringe; es sei leicht,<br />

damit anzufangen, aber schwer fortzufahren, da die<br />

Möglichkeiten zur Klanggestaltung im Gegensatz zu<br />

Streich- o<strong>der</strong> Blasinstrumenten eingeschränkt sind und<br />

man ungleich feiner arbeiten muss.<br />

Die Selbsteinschätzung <strong>der</strong> Künstlerin ist nicht in vollem<br />

Maße zu be<strong>für</strong>worten. Ihr Spiel zeugt längst nicht<br />

nur von Willen und Disziplin, son<strong>der</strong>n auch von äußerster<br />

Sensibilität und geistiger Durchdringung des<br />

Stoffs, was in einer Zeit <strong>der</strong> zahlreichen Musikerhandwerker<br />

keine Selbstverständlichkeit ist. Der klare, man<br />

könnte fast sagen leuchtende Klang und die architektonisch<br />

genau durchstrukturierte Interpretation jedes<br />

Satzes im Gesamtzusammenhang eines Werks sprechen<br />

von außerordentlicher Begabung. Ihnen allen sei ein<br />

Besuch des Konzerts am 17. März wärmstens ans Herz<br />

gelegt.<br />

(ADZ, 11.03.2005)


Der Musikkritiker und Autor Klaus Kessler wurde 80<br />

Gewissenhafter Wegbegleiter des Bukarester Konzertlebens<br />

von ROHTRAUT WITTSTOCK<br />

Über Jahrzehnte hinweg hat Klaus Kessler das Konzertleben Bukarests begleitet. Als Musikkritiker schrieb er <strong>für</strong> die<br />

<strong>deutsche</strong> Presse in Rumänien regelmäßig Konzertberichte, zuweilen präsentierte er das rumänische Musikgeschehen<br />

auch in ausländischen Publikationen.<br />

Mit seiner vor einigen Jahren verstorbenen Frau, <strong>der</strong> Mezzosopranistin Martha Kessler, die sich als Kammer- und Oratoriensängerin<br />

über die Grenzen des Landes hinaus einen Namen gemacht hatte, war er in den Musikerkreisen <strong>der</strong> rumänischen<br />

Hauptstadt hoch geschätzt. Außerdem veröffentlichte er Lyrik- und Prosabände. Heute ist es stiller um<br />

Klaus Kessler geworden, er lebt zurückgezogen in einem historischen Stadtviertel von Bukarest, umgeben von Büchern<br />

und CDs und vielen schönen Dingen aus seiner reichhaltigen Sammlung: bibliophile Bücher, Ikonen, Gemälde, Plastiken,<br />

Keramik. Am 3. Oktober wurde Klaus Kessler 80 Jahre alt.<br />

Geboren wurde er 1925 in Temeswar, gelebt hat er fast ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>t, seit 1957, in Bukarest, doch zu Hause<br />

fühlt er sich in Schäßburg, wie er selbst erklärt. Dort hat er als Kind viel Zeit bei seinen Großeltern, aber auch in späteren<br />

Jahren verbracht, es ist die Stadt, zu <strong>der</strong> er die engste Bindung hat.<br />

Kaum hatte er das Gymnasium beendet, ging er als 17-Jähriger in den Krieg. Er erlebte als Soldat <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Armee<br />

die Schlacht um Berlin und wurde gefangen genommen. Es folgten ein 400 Kilometer langer Hungermarsch und eine<br />

zwei Wochen währende Fahrt in Viehwagen ins Kriegsgefangenenlager im Donez-Becken. Noch im Jahr 1945 wurde er<br />

krankheitshalber entlassen. Später konnte er das Medizinstudium aufnehmen und er verbrachte sein Berufsleben, indem<br />

er als Arzt an <strong>der</strong> Bukarester Hochschule <strong>für</strong> Körpererziehung und Sport unterrichtete. Klaus Kessler ist ein Schöngeist,<br />

<strong>der</strong> sich mit Freude an einem umfangreichen Wissen und mit Leidenschaft den unterschiedlichsten Bereichen <strong>der</strong><br />

Kunst widmete. Er war nicht nur ein wacher Beobachter des Konzertlebens, er verfasste auch Werkanalysen und<br />

brachte auf diese Weise dem Leser die Neue Musik näher, darunter Kompositionen von Wilhelm Georg Berger o<strong>der</strong><br />

Hans-Peter Türk.<br />

Ein zweisprachig - deutsch und rumänisch - erschienenes, musikgeschichtliches Buch ist <strong>der</strong> 1879 unternommenen<br />

Konzertreise von Johannes Brahms mit dem Violinisten Joseph Joachim ins Banat und nach Siebenbürgen gewidmet.<br />

Kessler wertete darin Briefe von Brahms an Clara Schumann und Wiener Freunde mit seinen Eindrücken aus dem<br />

Banat und Siebenbürgen sowie die Konzertberichte aus <strong>der</strong> damaligen Presse aus. Ein weiterer Bereich <strong>der</strong> Musik, mit<br />

dem sich Kessler befasst hat, weist bereits auf sein literarisches Schaffen: Er hat zahlreiche Lie<strong>der</strong> rumänischer Komponisten<br />

- Miriam Marbé, Tiberiu Olah, Stefan Niculescu -, Opern von Anatol Vieru und Bücher des Musikwissenschaftlers<br />

Viorel Cosma ins Deutsche übersetzt. Das Weihnachts- und das Osteroratorium von Paul Constantinescu hat<br />

er <strong>für</strong> den Bärenreiter Verlag in Kassel übertragen. Das Weihnachtsoratorium wurde in <strong>der</strong> DDR uraufgeführt und in<br />

München erlebte es ebenfalls eine Aufführung, bevor es 1968 während des Enescu-Festivals erstmals in Bukarest erklingen<br />

konnte.<br />

An<strong>der</strong>erseits wurden eigene Gedichte von Klaus Kessler, <strong>der</strong> Zyklus „Sahst du in meinem Angesicht“, von Wilhelm<br />

Georg Berger vertont und Walter Michel Klepper komponierte eine Kantate zu Texten des Autors, <strong>der</strong> auch Libretti<br />

<strong>für</strong> Ballette von Olah und Vieru verfasste. Die belletristischen Bücher verraten seine Freude an dem geistreichen Spiel<br />

mit <strong>der</strong> Sprache, auch wenn diese manchmal überfrachtet und gekünstelt klingt, wie die Kritik vermerkte. Den frühen<br />

Bänden „Flächen und Facetten“ (1970) und „Nachrichten über Stefan“ (1975) folgte <strong>der</strong> Prosaband „Der Umzug“<br />

(1986), in dem er phantasievoll und mit Fabulierfreude seine eigenen Erfahrungen verarbeitet. Die Hauptgestalt trägt<br />

den imperialen Namen Franz Joseph und ist - wie Kessler selbst - stolzer Besitzer einer Gemäldesammlung. Auch er ist<br />

gezwungen umzuziehen, so wie es Kessler selbst war, als das Einfamilienhaus, das er bewohnte, wegen Ceausescus<br />

städteplanerischen Phantasien abgerissen wurde. Bei jedem Umzug schrumpfen die Sammelstücke und ihr Eigentümer<br />

immer mehr, bis sie schließlich nur noch mit dem Mikroskop wahrgenommen werden können. Der nach <strong>der</strong> Wende<br />

veröffentlichte Band „Versteckte Schreie. Aus einer Skalvenkolonie“ (1995) brachte Texte, die vorher <strong>der</strong> Zensur zum<br />

Opfer gefallen waren. Sein zuletzt erschienenes Buch, „Eburnum <strong>für</strong> Siebenbürgen“ (2003), enthält u.a. Plau<strong>der</strong>eien<br />

über die Entstehung seiner Bücher- und Kunstsammlung. Da hat alles seine Geschichte und die gehört zum Stück dazu.<br />

(Siebenbürgische Zeitung Online, 9. Oktober 2005)<br />

11


von DR. FRANZ METZ<br />

12<br />

Aus Lugosch in die ganze Welt<br />

Prof. Klara Peia (1911-2005) unterrichtete über 300 Klavierschüler in Lugosch<br />

Prof. Klara Peia kam am 28. September 1911 als Tochter<br />

<strong>der</strong> Eheleute Vojkicza in Lugosch zur Welt, wo sie<br />

auch die Schule <strong>der</strong> Notre-Dame-Schwestern besuchte.<br />

Im Jahre 1920 hörte Dr. Josef Willer die junge Pianistin<br />

anlässlich eines Schülerkonzertes und er konnte <strong>der</strong>en<br />

Eltern überzeugen, ihrer Tochter die musikalische<br />

Laufbahn zu ermöglichen. Bald wurde sie die Lieblingsschülerin<br />

ihres Meisters, <strong>der</strong> seinen Schülern nicht<br />

nur das Klavierspiel, son<strong>der</strong>n auch allgemeine Kultur<br />

und Bildung beibringen konnte. Sein Klaviersalon befand<br />

sich in <strong>der</strong> heutigen Bucegi-Strasse, also in <strong>der</strong><br />

Stadtmitte, wo regelmäßig Kammerkonzerte veranstaltet<br />

wurden. Hier stand ein Feurich-Flügel, <strong>der</strong> vor einigen<br />

Jahren im Pfarrhaus <strong>der</strong> Temeswarer Josefstadt<br />

untergebracht wurde. Auf diesem konzertierten sowohl<br />

Bartók als auch Enescu während ihres Lugoscher Aufenthalts.<br />

Bald trat Klara Peia gemeinsam mit dem Hausquartett<br />

Willers auf und gestaltete so Konzerte mit Andrei<br />

Tóth, Ivan Stoicovici, Alice Ianovitz (Violine), Karl<br />

Wischnovsky (Cello), Adalbert Ianovitz (Klavier). Bei<br />

Dr. Willer nahm sie bis 1925 Klavierunterricht, ihre<br />

damaligen Schülerkollegen waren Zeno Vancea und<br />

Filaret Barbu. Danach nahm sie Klavierunterricht bei<br />

<strong>der</strong> aus Lugosch stammenden Temeswarer Klavierpädagogin<br />

Irma Hun, die ihre Studien in Budapest, Wien<br />

und Berlin abgeschlossen hatte und hier war kein an<strong>der</strong>er<br />

als <strong>der</strong> Liszt-Schüler Eugen d´Albert ihr Lehrer.<br />

Klara Peia hingegen nahm Theorieunterricht bei Sabin<br />

Drãgoi, dem damaligen Direktor des Konservatoriums<br />

in <strong>der</strong> Banater Metropole. Den Namen <strong>der</strong> Klavierschülerin<br />

Klari Vojkitza (später Klara Peia) finden wir<br />

auf dem Programm eines Schülerkonzertes, das Dr.<br />

Josef Willer am 19. Juni 1924 in seinem Haus veranstaltet<br />

hat, sie spielte damals das Phantesiestück von Robert<br />

Schumann. Solche Hauskonzerte veranstaltete Dr.<br />

Willer an jedem Schuljahresende bis zum Ende <strong>der</strong><br />

sechziger Jahre.<br />

Im Jahre 1927 ging sie nach Budapest, um dort an <strong>der</strong><br />

Musikakademie mit Alexan<strong>der</strong> Reschofsky die Klavierstudien<br />

fortzusetzen. Und hier kam sie in Kontakt mit<br />

bedeutenden Größen <strong>der</strong> damaligen Musikwelt: In <strong>der</strong><br />

Prüfungskommission saßen Béla Bartók und Ernst von<br />

Dohnányi, <strong>der</strong> Direktor <strong>der</strong> Landesakademie. Um 1930<br />

kehrte die junge Absolventin mit einem Akademiediplom<br />

in ihre Heimatstadt Lugosch zurück. An einem<br />

schönen Sommertag bekam sie den Besuch des kürzlich<br />

aus Wien zurückgekehrten Musikers Filaret Barbu,<br />

<strong>der</strong> die Leitung des Lugoscher Konservatoriums von<br />

Ioan Vidu übernommen hatte. Er bat Klara Peia, die<br />

Klavierklasse dieser Musikinstitution zu übernehmen.<br />

In dem im Jahre 1970 erschienenen Jubiläumsband „40<br />

Jahre Lugoscher Volkskunstschule“ schil<strong>der</strong>t sie ihre<br />

Tätigkeit als Klavierprofessorin in dieser Institution.<br />

Ihre Klavierklasse befand sich in einem geräumigen<br />

Saal im ersten Stock, darin stand ein langer Czapka-<br />

Flügel, an dem sie über 300 Schüler unterrichtet hat.<br />

Dieses Instrument wurde von dem Lugoscher Philharmonischen<br />

Verein dem damaligen Konservatorium<br />

zur Verfügung gestellt. Nachdem 1945 diese bürgerlichen<br />

Vereine ihre Tätigkeit beenden mussten und <strong>der</strong>en<br />

Eigentum von <strong>der</strong> damaligen kommunistischen<br />

rumänischen Regierung verstaatlicht o<strong>der</strong> beschlagnahmt<br />

wurde, blieb dieser Flügel noch weitere 45 Jahre<br />

im Besitz <strong>der</strong> nun entstandenen Volkskunstschule (rumänisch:<br />

Scoala Popularã de Artã).<br />

Zu ihren zahlreichen Schülern gehört auch <strong>der</strong> dankbare<br />

Autor dieser Zeilen, viele <strong>der</strong> Schüler leben heute in<br />

<strong>der</strong> ganzen Welt verstreut. Einige entwickelten sich zu<br />

namhaften Komponisten, Interpreten und Künstlern,<br />

so Kurtág György, bekannter zeitgenössischer Komponist<br />

(Budapest), <strong>der</strong> Choreograf und Tänzer Gelu<br />

Barbu (Las Palmas), die Pianistin Dana Paul (Paris),<br />

Remus Tascãu, Dirigent des Lugoscher Ion-Vidu-<br />

Chors, die Namen vieler an<strong>der</strong>er sind mit <strong>der</strong> Kultur<br />

<strong>der</strong> Stadt Lugosch eng verbunden, wie Mira Grosăvescu,<br />

Higyed János, Renate Hohl (Augustin), Adrian Micsa,<br />

Egon Popper, Patyánsky, Gert Richter, Schüller,<br />

Agnes Schwertner (Bakk), Kazimir Willer, Wanke,<br />

u.v.a. Es ist nicht leicht, aus heutiger Sicht das Musikleben<br />

<strong>der</strong> Musikstadt Lugosch bis 1945 zu beschreiben<br />

und zu verstehen. Viele <strong>der</strong> Lugoscher hatten die Möglichkeit,<br />

in Wien o<strong>der</strong> Budapest zu studieren, kamen<br />

danach in ihre Heimatstadt zurück und wirkten hier<br />

äußerst segensreich. So erzählte mir Klara Peia vor<br />

einiger Zeit, dass Caius Brediceanu, <strong>der</strong> namhafte Jurist,<br />

selbst an <strong>der</strong> Beerdigung von Johannes Brahms<br />

1897 in Wien teilgenommen hat.<br />

Filaret Babu, <strong>der</strong> Komponist <strong>der</strong> Banater Operette<br />

„Ana Lugojana“, studierte ebenfalls in Wien, übernahm<br />

nach seiner Rückkehr die Leitung des Konservatoriums,<br />

die heutige Musikschule dieser Stadt trägt seinen<br />

Namen. Der weltberühmt gewordene Lugoscher Tenor<br />

Traian Grosãvescu feierte in Wien und Berlin wahre<br />

Triumphe. Als man in <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit seine<br />

Auftritte im Rundfunk übertragen hat, sammelten sich<br />

vor den Fenstern <strong>der</strong> wenigen Lugoscher Radiobesitzer<br />

jener Zeit zahlreiche Interessierte, um die Erfolge ihres<br />

Landsmanns miterleben zu können. Diese Erlebnisse<br />

wurden danach in den Sommergärten und Künstlervillen<br />

des Lugoscher Weinbergs besprochen. Hier sollen<br />

in den Sommermonaten sonntags regelmäßig Künstlertreffen<br />

stattgefunden haben, es versammelten sich Musiker,<br />

Maler, Schauspieler und Sänger, es wurde viel<br />

musiziert, gesungen und man sprach über die Kunstszene<br />

jener Zeit.<br />

Man fühlte sich als ein Teil dieser Bewegung, kamen<br />

doch selbst Koryphäen wie Béla Bartók, George Enes-


cu, Arta Florescu, Pablo de Sarasate, Guido Agosti,<br />

Egizio Massini in die Stadt an <strong>der</strong> Temesch. Aber selbst<br />

die eigenen Künstler kamen immer wie<strong>der</strong> gerne in ihre<br />

Heimatstadt zurück und konzertierten im städtischen<br />

Theater. Dass Lugosch heute die Lyra im Stadtwappen<br />

trägt, ist jener Zeit und den vielen Jahrzehnten davor<br />

zu verdanken, in denen die Kultur dieser Stadt mit dem<br />

Puls Mitteleuropas noch wetteifern konnte: die Sänger<br />

Traian Grosăvescu, Georg Dippon, Oskar Kálmán,<br />

Franz Balogh kamen regelmäßig „nach Hause“ und<br />

wurden von Freunden, Verwandten und Nachbarn<br />

bejubelt, <strong>der</strong> Komponist Zeno Vancea bekannte sich<br />

noch in seiner Bukarester Zeit zu seinen Lugoscher<br />

Wurzeln, <strong>der</strong> Komponist Filaret Barbu ist aus <strong>der</strong> rumänischen<br />

Musikgeschichte nicht wegzudenken und<br />

<strong>der</strong> Dirigent, Kapellmeister und Komponist Emmerich<br />

Schwach zählt zu den Grün<strong>der</strong>n des symphonischen<br />

Orchesters dieser Stadt.<br />

Dr. Josef Willer, <strong>der</strong> bedeutende Pädagoge, Musiker<br />

und Politiker gründete den Lugoscher Philharmonischen<br />

Verein (1927), mit dem Prof. Klara Peia am 2.<br />

Mai 1932, um 9 Uhr abends, im städtischen Theater<br />

das Klavierkonzert von Edward Grieg aufgeführt hat.<br />

Das Orchester wurde von Josef Klein dirigiert. Die<br />

junge Pianistin wurde mit rauschendem Beifall belohnt<br />

und die Presse lobte in höchsten Tönen ihr Talent und<br />

ihr Können. Solche Konzerte gab sie jährlich in verschiedenster<br />

Besetzung.<br />

Die Jahre nach 1945 hinterließen auch <strong>für</strong> Prof. Klara<br />

Peia tiefe Spuren in ihrem Leben. Dies wird auch aus<br />

ihren autobiografischen Skizzen ersichtlich, wenn sie<br />

über das ehemalige bunte und reichhaltige Musikleben<br />

<strong>der</strong> Stadt Lugosch berichtet. Der Dirigent des Lugoscher<br />

Vidu-Chors, Remus Tascãu, nahm sie als geschätzte<br />

Begleiterin und Korrepetitorin in dieses Ensemble<br />

auf, dem sie viele Jahre dienen wird. Auch die<br />

Kontakte dieses ehemals besten rumänischen Laienchors<br />

zum Spaichinger und Rottweiler Chor sind größtenteils<br />

ihr zu verdanken, was zu einem fruchtbaren<br />

gegenseitigem Austausch geführt hat. So wurde <strong>der</strong><br />

Konzertberichte<br />

Junge, begabte Musiker und ihr Meister<br />

Besuch des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten<br />

Erwin Teufel zu Beginn <strong>der</strong> 70-er<br />

Jahre in Lugosch auch <strong>für</strong> Prof. Klara Peia ein unvergessliches<br />

Erlebnis und sie hat auch später immer gerne<br />

darüber berichtet. Sie war die erste Klavierpädagogin in<br />

Lugosch, die im wahrsten Sinne des Wortes keine<br />

„Klaviertante“ war, wie es früher oft üblich war.<br />

Der Klavierunterricht nahm bereits um die Mitte des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts solche Ausmaße an, dass fast in jedem<br />

Haus ein Klavier - wenigstens als Möbelstück - herumgestanden<br />

ist. Irgendwann, spätestens nach dem Erlernen<br />

einer Sonatine von Clementi o<strong>der</strong> Kuhlau, des<br />

Eselsmarsches, einiger Salonstücke und nach Beethovens<br />

„Für Elise“ nahm das Interesse des Schülers ab.<br />

Bei Prof. Klara Peia begann erst hier <strong>der</strong> Unterricht: die<br />

Technik, Handhaltung, Artikulation, Phrasierung o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Fingersatz spielten ebenso eine wichtige Rolle wie<br />

das systematische Studium von Bach-Werken. Und<br />

Bach stand ganz oben auf <strong>der</strong> Liste dieser Pädagogin,<br />

erst danach folgte <strong>der</strong> Rest. Ihre Ansprüche an die<br />

Schüler waren groß, ihre Erläuterungen präzise, klar<br />

und deutlich. Daneben spielte das Vierhändigspiel <strong>für</strong><br />

das bessere Verständnis und das Kennenlernen von<br />

Orchestermusik eine große Rolle. Wann hatte man<br />

schon die Möglichkeit, nach 1945 in Lugosch ein symphonisches<br />

Konzert zu erleben? Die Erfolge ihrer vielen<br />

Schüler in Amerika, Deutschland, Frankreich, Israel<br />

o<strong>der</strong> wo auch sonst auf <strong>der</strong> ganzen Welt, wären ohne<br />

ihr künstlerisches Können und pädagogisches Engagement<br />

nicht möglich gewesen. Am 28. April 2005<br />

wurde Klara Peia nach einem langen und erfüllten Leben<br />

am Lugoscher römisch-katholischen Friedhof in<br />

aller Stille zu Grabe getragen. Ihre vielen Schüler auf<br />

<strong>der</strong> ganzen Welt sind dankbar da<strong>für</strong>, dass sie die Gelegenheit<br />

hatten, ihr musikalisches Handwerk bei Prof.<br />

Klara Peia erlernen zu können. Wenn durch ihren Tod<br />

auch ein Stück Banater Musikgeschichte verloren geht,<br />

so lebt ihr Wissen, das sie ihren über 300 Schülern<br />

übermittelt hat, auch in Zukunft weiter.<br />

Das Europäische Orchester Unisono konzertiert zum zweiten Mal mit Horia Andreescu<br />

von ROHTRAUT WITTSTOCK<br />

Ein vollständiges, mit jungen, begabten Instrumentalisten<br />

besetztes Orchester, ein Meister des Dirigierens,<br />

eine rührige Musikerin mit bemerkenswerten Managerfähigkeiten,<br />

ein großzügiger Sponsor - daraus wird ein<br />

Konzert. Es findet am Sonntag, um 19 Uhr, in Bukarests<br />

edlem Konzerthaus, dem Athenäum, statt. Horia<br />

Andreescu dirigiert das Europäische Orchester Unisono,<br />

Solist ist Andrei Licare]. Das Programm umfasst<br />

die Fünfte Sinfonie in H-Dur von Andreas Schencker,<br />

das Erste Klavierkonzert in C-Dur und die Zweite<br />

Sinfonie in D-Dur, op. 36, von Beethoven. Sylvia Petre<br />

ist in <strong>der</strong> Bukarester Musikszene wohlbekannt. Seit<br />

1994 lebt die gebürtige Deutsche, die sich in Berlin und<br />

an <strong>der</strong> berühmten Juilliard School in New York zur<br />

Harfenistin ausbilden ließ, ständig in Izvorani bei Bukarest.<br />

Dass in <strong>der</strong> rumänischen Hauptstadt im Sommer<br />

das kulturelle Leben völlig ausstirbt, wollte sie nicht<br />

einfach hinnehmen. Außerdem empfand sie das Bedürfnis,<br />

sich <strong>für</strong> die jungen Musiker einzusetzen, die in<br />

Rumänien <strong>für</strong> die Entfaltung ihrer Fähigkeiten keine<br />

Möglichkeiten sehen und voller Frust über mangelnde<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung und För<strong>der</strong>ung das Land verlassen.<br />

Am Anfang stand 2001 die Veranstaltung einer jährlichen<br />

Reihe von Sommerkonzerten in ihrem parkähnli-<br />

13


chen Garten, zu denen zahlreiche Hörer aus Geschäfts-<br />

und diplomatischen Kreisen eingeladen wurden. Das<br />

Abschlusskonzert fand jeweils in Bukarest mit Preisvergabe<br />

statt. Doch das war, wie gesagt, nur <strong>der</strong> Anfang.<br />

Die Gründung des Kulturvereins Unisono, dessen<br />

Vorsitzende Sylvia Petre ist, schuf einen verbesserten<br />

Rahmen <strong>für</strong> eine intensivere Tätigkeit. Im September<br />

2004 gab das Europäische Orchester Unisono unter<br />

Leitung von Horia Andreescu sein erstes Konzert<br />

im Athenäum und es wurde ein voller Erfolg. Auch ein<br />

zweites Ensemble wurde vom Verein ins Leben gerufen.<br />

Das 50 Bläser umfassende Bucharest Wind Orchestra,<br />

das einzige seiner Art im Land, gab im vergangenen<br />

Jahr seine ersten Konzerte im Radiosaal und im<br />

Rahmen des Festivals <strong>der</strong> Künste. Es wird von einem<br />

<strong>deutsche</strong>n Musikverlag mit Partituren unterstützt. Dem<br />

Eruopäischen Orchester Unisono gehören außergewöhnliche<br />

Instrumentalisten an, die meist Studenten an<br />

<strong>der</strong> Bukarester Musikuniversität sind, aber auch Schüler<br />

<strong>der</strong> Musilyzeen o<strong>der</strong> auch schon Absolventen mit abgeschlossener<br />

Musikausbildung. Die Zusammensetzung<br />

des Klangkörpers erfährt von Konzert zu Konzert<br />

Verän<strong>der</strong>ungen. Dass die Mitarbeit des international<br />

renommierten Dirigenten Horia Andreescu gewonnen<br />

werden konnte, gewährleistet ein hohes Niveau. Angestrebt<br />

ist die Zusammenarbeit mit Musikern aus an<strong>der</strong>en<br />

europäischen Län<strong>der</strong>n und eine Qualität, die sich<br />

überall in Europa zeigen lassen kann. Worum es dem<br />

aus Kronstadt/Braşov stammenden Meister geht, ist<br />

die Aufwertung des Musizierens in einem Orchester.<br />

Er begründet dies damit, dass die rumänische Musikschule<br />

alle Instrumentalisten zu Solisten ausbilde, die<br />

Ausbildung als Orchestermusiker käme zu kurz.<br />

Der Solist des Abends ist <strong>der</strong> 1982 in Bukarest geborene<br />

Andrei Licăreţ, <strong>der</strong> noch an <strong>der</strong> Bukarester Musikuniversität<br />

bei Viniciu Moroianu studiert, doch schon<br />

zahlreiche Tourneen im Inland sowie im europäischen<br />

Ausland und in die USA unternommen und auch mehrere<br />

Preise gewonnen hat, darunter den Großen Preis<br />

des Internationalen Wettbewerbs "Lorry Wallfisch".<br />

Ein Erasmus-Sokrates-Stipendium ermöglichte es ihm,<br />

zwei Semester am Konservatorium in Paris zu verbrin-<br />

14<br />

gen. Nachdem das erste Konzert großen Erfolg hatte,<br />

wird an das zweite große Erwartungen gestellt. Das<br />

Programm ist mit einem Klavierkonzert und einer Sinfonie<br />

von Beethoven anspruchsvoll. Mit einer Sinfonie<br />

des Andreas Schencker wurde in das Konzertprogramm<br />

das Werk eines Siebenbürger Sachsen aufgenommen,<br />

das als Bindeglied zwischen <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n<br />

Musik und <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Musik in Siebenbürgen betrachtet<br />

werden kann. Horia Andreescu zitiert bei seinen<br />

Ausführungen über Schencker den Musikwissenschaftler<br />

Vasile Tomescu, <strong>der</strong> in einer Musikalienbibliothek<br />

in Paris die 1762 verlegten „Six simphonies à trois<br />

parties“ gefunden hat. Schencker soll in Kleinscheuern/Sura<br />

Mica bei Hermannstadt geboren worden sein,<br />

seine im Elternhaus erhaltene musikalische Ausbildung<br />

in Kronstadt fortgesetzt und dann in <strong>der</strong> Kapelle des<br />

Prinzen Kaunitz in Wien gespielt haben. Mit diesem,<br />

<strong>der</strong> österreichischer Botschafter in Paris wurde, ging er<br />

in die französische Hauptstadt. Hier soll er mit Rameau<br />

und vielleicht sogar mit Mozart musiziert haben. Er<br />

wird als Vorläufer <strong>der</strong> Sonate und <strong>der</strong> klassischen Sinfonie<br />

betrachtet.<br />

Mit dem Konzert im Athenäum begeht die Firma MTS<br />

Leasing GmbH ein Jahr seit ihrer Nie<strong>der</strong>lassung in<br />

Rumänien. Es war ein gutes Jahr <strong>für</strong> die Tochterfirma<br />

des in Kronberg in Deutschland angesiedelten Betriebs,<br />

übrigens eine Stadt, in <strong>der</strong> die Cellomusik zu Hause ist<br />

und durch ein Festival beson<strong>der</strong>s gepflegt wird. Die<br />

Firma mit mehreren Agenturen in Bukarest und im<br />

Landesinneren finanziert Bauprojekte im Leasingverfahren<br />

und garantiert dabei <strong>deutsche</strong> Qualität. Ein<br />

<strong>deutsche</strong>s Ingenieurbüro entscheidet über die Bauprojekte<br />

und besorgt die Bauaufsicht. Der Direktor <strong>der</strong><br />

Rumänienrepräsentanz, Matthias Metzen, spricht im<br />

Namen seiner Familie, wenn er den schönen Grundsatz<br />

<strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Bundesverfassung zitiert, den sie sich zu<br />

Eigen gemacht hat: „Eigentum verpflichtet“. Aus Liebe<br />

zur klassischen Musik hat sie sich als verlässlicher Mezän<br />

<strong>für</strong> die Veranstaltungen des Kulturvereins Unisono<br />

erwiesen und jetzt belohnt sie sich gewissermaßen <strong>für</strong><br />

ein Jahr harter Arbeit mit dem Konzert am Sonntag.<br />

(ADZ, 11.02.2005)<br />

Siebenbürgische Orgelklänge in München<br />

Die Hermannstädter Organistin Ursula Philippi brillierte im Orgelkonzert von St. Pius<br />

Von DR. FRANZ METZ<br />

Es war kein gewöhnlicher Orgelabend an jenem 31.<br />

Mai 2005, den die Hermannstädter Organistin Ursula<br />

Philippi in St. Pius, München, gegeben hat. Jedenfalls<br />

<strong>für</strong> die zahlreichen Zuhörer war es eine beson<strong>der</strong>e<br />

Gelegenheit, siebenbürgische Orgelmusik aus erster<br />

Hand zu erleben, interpretiert von einer engagierten<br />

Musikerin, die sich seit Jahren <strong>für</strong> die Präsentation <strong>der</strong><br />

Musik ihrer Heimat auch im Ausland einsetzt. Und<br />

wenn dies ein Banater Rezensent konstatiert, muss<br />

schon etwas daran liegen, sahen wir doch damals schon<br />

mit größtem Respekt vom Banat aus in Richtung Siebenbürgen<br />

– eine beson<strong>der</strong>s reiche Kulturlandschaft,<br />

die im Gegensatz zum Banat nicht zerstückelt wurde.<br />

Wenn die viermanualige Orgel <strong>der</strong> Münchner St. Piuskirche<br />

auch nicht <strong>der</strong> großen Hermannstädter Sauerorgel<br />

gleichgestellt werden kann, so konnte die Organistin<br />

doch alle Register ihres Könnens ziehen, von <strong>der</strong> Registrierung<br />

<strong>der</strong> Orgelwerke bis hin zur durchatmeten<br />

Interpretation <strong>der</strong> einzelnen Werke. Und noch was <strong>für</strong><br />

Werke!


Bachs große Partita „Sei gegrüßet Jesu gütig“ (BWV<br />

768), ein Meisterwerk dieser Gattung, erklang trotz<br />

abwechslungsreicher Registrierung wie aus einem Guss,<br />

die programmatisch anmutenden Textvertonungen<br />

machten selbst das Hören zu einem Erlebnis. Dabei<br />

wurde die langjährige Erfahrung <strong>der</strong> versierten Organistin<br />

spürbar im Umgang mit immer wie<strong>der</strong> neuen<br />

Instrumenten, ihre Preise bei den internationalen Wettbewerben<br />

in Linz (1978) und Prag (1979) belegen dies<br />

Können. Außerdem konzertierte sie bisher intensiv in<br />

vielen Län<strong>der</strong>n. Konzertreisen führten sie unter an<strong>der</strong>em<br />

nach Japan, in den europäischen und in den asiatischen<br />

Teil <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunion, nach Frankreich,<br />

Italien, Österreich, Ungarn, in die Tschechische<br />

und Slowakische Republik, nach Kroatien, Luxemburg,<br />

in die Schweiz, sowie sehr oft nach Deutschland.<br />

Schwerpunkte ihres Repertoires sind Musik aus Siebenbürgen<br />

von <strong>der</strong> Renaissance bis zur Gegenwart<br />

sowie Werke <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Orgelromantik. Seit <strong>der</strong><br />

politischen Wende in Rumänien (1990) betreut sie als<br />

Dozentin die wie<strong>der</strong>eingerichtete Orgelklasse an <strong>der</strong><br />

staatlichen Musikhochschule Gheorghe Dima in Klausenburg,<br />

wo sie eine wachsende Anzahl von Orgelstudierenden<br />

aller in Siebenbürgen vertretenen Konfessionen<br />

unterrichtet.<br />

Das von Ursula Philippi gegründete Ensemble „Cantate<br />

Domino“ führt in zwangloser Folge Alte Musik verschiedener<br />

europäischer Regionen auf. Ihre Doppel-<br />

CD Einspielung „Orgellandschaft Siebenbürgen“ (erschienen<br />

bei Dabringhaus und Grimm, Detmold) erhielt<br />

1993 den Preis <strong>der</strong> Deutschen Schallplattenkritik<br />

(Vierteljahresliste). Beim gleichen Label hat sie an <strong>der</strong><br />

restaurierten Sauer-Orgel von Hermannstadt 1998<br />

sämtliche Sonaten von August Gottfried Ritter eingespielt.<br />

Ihr Engagement gilt auch <strong>der</strong> Rettung und Restaurierung<br />

von Orgeln in Siebenbürgen, die in ihrem<br />

wertvollen Bestand akut gefährdet sind. In diesem Sinn<br />

gehört Ursula Philippi zu einem Fachausschuss bei <strong>der</strong><br />

Evangelischen Landeskirche, <strong>der</strong> versucht, die Instrumente<br />

vor dem Verfall zu bewahren.<br />

Als Kantorin <strong>der</strong> evangelischen Gemeinde Hermannstadt,<br />

wo sie seit 1985 an <strong>der</strong> größten Orgel Siebenbürgens,<br />

einem Werk mit 80 Registern von Wilhelm Sauer<br />

(1914), amtiert, schätzt sie auch die Werke ihrer Vorgänger,<br />

darunter auch das Orgelwerk des aus <strong>der</strong> Slowakei<br />

stammenden Johann Leopold Bella (1843-1936),<br />

<strong>der</strong> zwischen 1881 und 1918 als Kantor, Organist und<br />

städtischer Musikdirektor tätig war. Von ihm spielte<br />

Philippi die Fantasie-Sonate in d-Moll (1880), ein drei-<br />

Banater Musik in München<br />

teiliges virtuoses und hochromantisches Werk, das die<br />

Zuhörer mit seinem fulminanten Schluss mit sich riss.<br />

Der Sonate folgten zwei Stücke aus Opus 59 von Max<br />

Reger, das „Kyrie eleison“ und das „Gloria in excelsis<br />

Deo“. Wie schwebend hoben sich die modulatorischen<br />

Klänge des Kyrie empor, wie ein inniges Gebet. Obzwar<br />

die Orgel selbst nur über wenige romantische<br />

Register verfügt, gelang es <strong>der</strong> Organistin einen meditationsartigen<br />

Klang zu formen. Um so effektvoller war<br />

<strong>der</strong> improvisationsartige nächste Satz, eine Vertonung<br />

<strong>der</strong> Messintonation „Gloria in exclesis Deo“, mit<br />

prächtigen Klängen und hell schillernden Mixturen.<br />

Durch die beiden folgenden Choralvorspiele von Hans<br />

Peter Türk kehrte eine fast kontemplative Ruhe ein.<br />

„Die Nacht ist vorgedrungen, <strong>der</strong> Tag ist nicht mehr<br />

fern, (…) auch wer zur Nacht geweinet, <strong>der</strong> stimme<br />

froh mit ein“, heißt es in diesem bekannten Adventslied,<br />

dessen Text vom Komponisten fast poetisch in<br />

sphärische, sehnsüchtige Klänge eingehüllt wurde.<br />

Hans Peter Türk ist ein wichtiger Vertreter <strong>der</strong> neueren<br />

Komponistengeneration in Rumänien. Sein Ouvre<br />

umfasst Kammermusik, Kantaten, geistliche und weltliche<br />

Chormusik, Werke <strong>für</strong> Orgel sowie eine Matthäuspassion<br />

<strong>für</strong> Chor, Soli und Orgel, <strong>der</strong>en Uraufführung<br />

<strong>für</strong> März 2007 geplant ist, wenn Hermannstadt gemeinsam<br />

mit Luxemburg Kulturhauptstadt Europas sein<br />

wird. Bei <strong>der</strong> nächsten Choralbearbeitung von Türk,<br />

„Brich uns, Herr, das Brot“ erklangen schrille Dissonanzen<br />

über einem klaren und hellen Cantus Firmus,<br />

danach folgte die Toccata des selben siebenbürgischen<br />

Komponisten, die 1999 entstanden ist. Hans Peter<br />

Türks Schaffen ist auch in Deutschland nicht ganz<br />

unbekannt, er erhielt mehrere Preise da<strong>für</strong> und die<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen<br />

Europa e.V. ernannte ihn im April 2005 zu ihrem Ehrenmitglied.<br />

Das Orgelkonzert von Ursula Philippi in St. Pius war<br />

beson<strong>der</strong>s durch die Interpretation <strong>der</strong> Werke von<br />

Bella und Türk eine wertvolle Bereicherung <strong>für</strong> die<br />

gesamte Münchner Musikszene. In dieser Kirche finden<br />

regelmäßig Konzerte mit <strong>deutsche</strong>r Musik aus<br />

Südosteuropa statt, auch mehrere Organisten aus Siebenbürgen<br />

und dem Banat traten hier bereits auf. Dass<br />

diese Musik hier gut ankommt, ist ein Beweis da<strong>für</strong>,<br />

dass das Interesse an südosteuropäischer Musik – also<br />

auch aus Siebenbürgen o<strong>der</strong> dem Banat - zunimmt.<br />

Die Capella Bavarica konzertierte unter Leitung von Franz Metz<br />

Unter dem Titel „Laetare Pannonia“ (Frohlocke, Pannonien)<br />

fand am 19.02.2005 im Adalbert-Stifter-Saal<br />

des Sudeten<strong>deutsche</strong>n Hauses, München, ein beson<strong>der</strong>es<br />

Konzert statt, gestaltet vom Ensemble Capella Bavarica<br />

unter <strong>der</strong> Leitung von Franz Metz. Es wurde<br />

dabei virtuose konzertante Kirchenmusikwerke von<br />

Komponisten aus dem Banat, aus Sathmar und Siebenbürgen<br />

aufgeführt. Die Capella Bavarica besteht ausschließlich<br />

aus erstrangigen Münchner Instrumentalisten<br />

und Gesangsolisten. Dieses Ensemble widmet sich<br />

15


hauptsächlich bedeutenden südosteuropäischen Komponisten,<br />

die durch die wechselvolle Geschichte dieses<br />

europäischen Raumes in Vergessenheit geraten sind:<br />

Anton Leopold Herrmann, Franz Limmer, Giuseppe a<br />

Coupertino Schispiel, Wenzel Josef Heller, Vinzenz<br />

Maschek, Wilhelm Schwach, Anton Hubatschek, Georg<br />

Lickl, u.a. Viele dieser Komponisten stammten aus<br />

Österreich o<strong>der</strong> Böhmen und ließen sich um 1800 im<br />

Banat o<strong>der</strong> in Siebenbürgen nie<strong>der</strong>, wirkten als Dom-<br />

o<strong>der</strong> Theaterkapellmeister o<strong>der</strong> als einfache Kantorlehrer,<br />

wie es bei Anton Leopold Herrmann <strong>der</strong> Fall war.<br />

Dieser war in Neuarad als Kantorlehrer tätig und hatte<br />

sogar die Ehre, eine eigene Festmesse in <strong>der</strong> Wiener<br />

Votivkirche vor Kaiser Franz Joseph I. zu dirigieren.<br />

Franz Limmer stammte aus Wien und wirkte in Temeswar<br />

bis zu seinem Lebensende 1857 als Theater-<br />

und Domkapellmeister. Wilhelm Schwach schrieb eines<br />

<strong>der</strong> schönsten Ave Maria und war in Lugosch als Dirigent<br />

und Komponist tätig. Der Titel des Konzertes<br />

selbst - Laetare Pannonia - stammt von einer bravourösen<br />

Sopranarie von Ku<strong>der</strong>na. Es handelt sich dabei um<br />

die Vertonung eines Teils <strong>der</strong> berühmten Stephanus-<br />

Sequenz, entstanden im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t zu Ehren des<br />

Königs Stephan I. Als Teil des Messpropriums wurde<br />

sie am Festo Sancti Stephani Regis (Festtag des Königs<br />

Stephan) in ganz Ungarn verbreitet und ist in zahlreichen<br />

mittelalterlichen liturgischen Handschriften unga-<br />

von ROHTRAUT WITTSTOCK<br />

Die Bukarester hatten dieses Konzert erwartet: die<br />

Matthäus-Passion von Bach. Deshalb strömten sie auch<br />

am Mittwoch <strong>der</strong> orthodoxen Karwoche herbei und<br />

füllten den großen Radiosaal fast bis auf den letzten<br />

Platz. Für viele wurde die Aufführung des hierzulande<br />

höchst selten gespielten Monumentalwerks, das selbst<br />

zu Bachs Lebenszeiten in den Jahren 1727 bis 1740 nur<br />

viermal erklang, zu einem tiefen Erlebnis. Davon zeugte<br />

<strong>der</strong> lang anhaltende Schlussapplaus. Es ist bekannt:<br />

Für jeden Dirigenten, <strong>für</strong> jedes Ensemble stellt die<br />

schwierige Partitur eine echte Herausfor<strong>der</strong>ung dar.<br />

Horia Andreescu ist <strong>der</strong> versierte Orchesterleiter, <strong>der</strong><br />

sich dieser Aufgabe mit Freude stellt und mit Beharrlichkeit<br />

an ihrer Verwirklichung arbeitet. Als Chefdirigent<br />

<strong>der</strong> Musikensemble des Rumänischen Rundfunks<br />

stehen ihm auch sämtliche erfor<strong>der</strong>lichen Musiker <strong>für</strong><br />

die mächtige Besetzung zur Verfügung. An diesem<br />

Abend leitete er das Kammermusikorchester des Rundfunks,<br />

den zu einem Doppelchor mutierten Radiochor,<br />

<strong>der</strong> das Werk mit Dan Mihai Goia einstudiert hatte,<br />

und den von Voicu Popescu dirigierten Kin<strong>der</strong>chor des<br />

Rundfunks, dazu noch das Solistenteam, zu dem die<br />

Sopranistin Georgeta Stoleriu, <strong>der</strong> polnische Countertenor<br />

Artur Stefanowicz, die aus Deutschland kom-<br />

16<br />

Eine echte Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

Matthäus-Passion wurde <strong>für</strong> viele zum Erlebnis<br />

rischer Provenienz überliefert. Diese Komposition wie<br />

auch die restlichen Werke Banater Komponisten konnten<br />

von Franz Metz vor einigen Jahren in Rumänien<br />

und Ungarn entdeckt werden. Außer den Instrumentalisten<br />

wirkten mit: Karsten Gebhard (Solovioline), Alpinia<br />

Albasteanu (Sopran I), Manuela Dill (Sopran II),<br />

Annette Kramny (Alt), Adrian Sandu (Tenor I), Arpád<br />

Vulkan (Tenor II), Tobias Neumann (Bass).<br />

Mit diesem Konzert feierte die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong><br />

Musikkultur im südöstlichen Europa e.V. - bis<br />

1997 als Arbeitskreis Südost im Institut <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong><br />

Musik im Osten, Bergisch Gladbach, seit 1997 als eigenständiger<br />

Verein - ihr 20-jähriges Bestehen. Die<br />

<strong>Gesellschaft</strong> setzt sich die Pflege, musikpraktische und<br />

wissenschaftliche Aufarbeitung historischer sowie zeitgenössischer<br />

Musikkultur <strong>der</strong> Deutschen aus Südosteuropa<br />

in ihrem integralen regionalen Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> Musikkultur <strong>der</strong> benachbarten Völker zum Ziel.<br />

Dem Konzert ging ebenfalls ein wissenschaftliches<br />

Symposium voraus, an dem sich unter an<strong>der</strong>en Musikwissenschaftlern<br />

Prof. Dr. Friedrich W. Riedel, Dr.<br />

Franz Metz („Südosteuropäische Musikforschung und<br />

die Musik <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Min<strong>der</strong>heiten. Versuch einer<br />

Definition“), Prof. Dr. Helmut Loos („George Enescu<br />

und Deutschland“), <strong>der</strong> Organist und Verleger Horst<br />

Gehann, und Peter Szaunig („Carl Filtsch. 10 Jahre<br />

Hermannstädter Klavierwettewerb“) beteiligten.<br />

menden Dieter Wagner und Michael Haag sowie <strong>der</strong><br />

Bass Gheorge Roşu u.a. gehörten.<br />

Es ist denkbar, dass Horia Andreescu mit <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n<br />

Oratorienmusik schon früh, in seiner Jugend in<br />

Kronstadt/Brasov, <strong>der</strong> Stadt, in <strong>der</strong> er aufwuchs und<br />

auch den ersten Musikunterricht genoss, in Berührung<br />

gekommen ist. Schon am Anfang des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

hatte Victor Bickerich als Kantor <strong>der</strong> Schwarzen Kirche<br />

die Tradition <strong>der</strong> regelmäßigen Aufführungen von<br />

Oratorien und Kantaten von Bach bis Mendelssohn<br />

Bartholdy begründet und diese wurde bis zum heutigen<br />

Tag weitergeführt, in den letzten Jahren von Eckart<br />

Schlandt und nun auch von seinem Sohn Steffen<br />

Schlandt. Bestimmt hat sich Horia Andreescu dieser<br />

Art Musik auch während seiner längeren Auslandsaufenthalte,<br />

vor allem als ständiger Gastdirigent in Schwerin,<br />

Berlin und Dresden, genähert. Die Matthäus-<br />

Passion dirigierte er jetzt mit viel Gefühl <strong>für</strong> die Dramatik<br />

des Geschehens und hob durch die sich steigernde<br />

Spannung und Erwartung die Monumentalität<br />

des Meisterwerks von Bach hervor. Den Chören in<br />

ihrer dynamischen Entfaltung ließ er ruhige, beruhigende<br />

Choräle folgen.


Von den Solisten sollen insbeson<strong>der</strong>e Dieter Wagner<br />

und Michael Haag hervorgehoben werden. Dieter<br />

Wagner bewältigte seinen schwierigen und anstrengenden<br />

Part als Evangelist in bewun<strong>der</strong>nswerter Weise.<br />

Die Rezitative brachte er mit kultiviertem Gesang,<br />

Ausdrucksstärke und gleichzeitig mit wohltuen<strong>der</strong> Natürlichkeit.<br />

Dass <strong>der</strong> Evangelist bei einer vollständigen<br />

Aufführung <strong>der</strong> Matthäus-Passion auch noch die Soloarien<br />

<strong>für</strong> den Tenor singt, ist eine Zumutung <strong>für</strong> jeden<br />

auch noch so stimmgewaltigen Sänger. Vor allem in<br />

den hohen Lagen lauerten denn auch zuweilen die Gefahren,<br />

die dem gebürtigen Agnethler zu schaffen<br />

Mit „stehenden Ovationen“ gefeiert<br />

machten. Auf Jesus war Verlass. Michael Haag sang<br />

seinen Part mit traumwandlerischer Sicherheit, einem<br />

wohlklingenden Bass und mit differenzierter Interpretation.<br />

Schon seine Stellung, versetzt im Verhältnis zu<br />

den an<strong>der</strong>en Solisten an <strong>der</strong> Bühnenrampe, zeigte an,<br />

dass sein Reich nicht von dieser Welt war. Er stand<br />

inmitten des gesamten Ensembles und befand sich<br />

inmitten des gewaltigen Musikwerkes. Nicht nur den<br />

Choral "O Haupt voll Blut und Wunden" sang er voller<br />

Überzeugung mit dem Chor mit. Sein Beitrag zu den<br />

Momenten musikalischen Hochgenusses war erheblich.<br />

(ADZ, 5.5.2005)<br />

Erfolgreich in Deutschland: Kronstädter Studentenorchester unter Leitung von Steffen Schlandt<br />

von WOLFGANG WITTSTOCK<br />

Das sinfonische Orchester <strong>der</strong> Kronstädter Musikfakultät hat kürzlich unter <strong>der</strong> Leitung von Steffen<br />

Schlandt eine erfolgreiche Konzertreise nach Deutschland absolviert. Veranlasst wurde die Tournee<br />

durch ein gemeinsames Projekt des Studentenorchesters aus Kronstadt/Brasov und des Kammerchors<br />

<strong>der</strong> Neuapostolischen Kirche Wilhelmshaven (Dirigent: Gerrit Junge): die Aufführung des Oratoriums<br />

„Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, das am Pfingstsonntag und am Pfingstmontag als deutschrumänische<br />

Gemeinschaftsproduktion in <strong>der</strong> Neuapostolischen Kirche in Fed<strong>der</strong>war<strong>der</strong>groden (Wilhelmshaven,<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen) zur Darbietung gelangte. Die zwei „Elias“-Aufführungen hatten großen<br />

Erfolg. Der Rezensent <strong>der</strong> „Wilhelmshavener Zeitung“ berichtete in seiner Konzertchronik, dass die Musiker<br />

am Ende mit „stehenden Ovationen“ gefeiert wurden. „Das Hochschulorchester Braşov/Rumänien<br />

erwies sich in allen Orchestergruppen als homogen besetzt, zeigte sich flexibel in den unterschiedlichen<br />

Begleitaufgaben, demonstrierte überwiegend Souveränität bei den solistischen Aufgaben (die Celli<br />

‚schwächelten’ im zweiten Teil <strong>der</strong> Nr. 26) und reagierte sensibel auf die klare, differenzierte Zeichengebung<br />

seines Dirigenten Gerrit Junge“, heißt es an gleicher Stelle über das Kronstädter Studentenorchester<br />

(43 werdende Berufsmusiker), das einige Tage später, unter <strong>der</strong> Stabführung von Steffen Schlandt,<br />

auch in <strong>der</strong> Pauluskirche in Binde und in <strong>der</strong> Zionskirche in Bielefeld konzertierte.<br />

Im Programm: Orchesterwerke von Händel (die Ouvertüre „Ankunft <strong>der</strong> Königin von Sheba“ aus dem<br />

Oratorium „Salomon“), J.S. Bach (<strong>der</strong> Choral „O Mensch, bewein dein Sünde groß“ in <strong>der</strong> Fassung <strong>für</strong><br />

Streichorchester von Max Reger), das Oboenkonzert von Mozart und das Cellokonzert h-Moll von Antonin<br />

Dvorak. Als Solisten traten die Studenten Emin Curtgeafar (Oboe) und Pavel Lupan (Cello) auf. Steffen<br />

Schlandt (29), <strong>der</strong> einer Musikerdynastie entstammt - sein Vater ist <strong>der</strong> bekannte Orgelvirtuose und<br />

Chorleiter Eckart Schlandt -, ist ebenfalls ein vielseitiger, dynamischer Musiker. Nach Hochschulstudien<br />

in Klausenburg/Cluj, Trossingen und Würzburg wurde er im vorigen Jahr als Kirchenmusiker <strong>der</strong> Kronstädter<br />

Honterusgemeinde angestellt. Er bestreitet Orgeldienste und Orgelkonzerte und übernahm auch<br />

aus den Händen seines Vaters die Leitung des Kronstädter Bachchors und des Jugend-Bachchors.<br />

Ebenfalls seit dem vorigen Jahr, beginnend mit dem Wintersemester 2004, wirkt Steffen Schlandt als<br />

assoziierter Professor an <strong>der</strong> Kronstädter Musikfakultät, wo er Partiturspiel und Kammermusik unterrichtet.<br />

Außerdem gehört zu seinen Aufgaben die Leitung des Studentenorchesters. Wie kam es zur Zusammenarbeit<br />

zwischen diesem Orchester und dem von Gerrit Junge geleiteten Wilhelmshavener<br />

Kammerchor? Sehr einfach: Steffen Schlandt und Gerrit Junge waren Studienkollegen in Würzburg. Und<br />

die Zusammenarbeit wird fortgesetzt, zunächst gerade mit Mendelssohn Bartholdys „Elias“. Im Herbst<br />

wird <strong>der</strong> Chor aus Wilhelmshaven eine Reise nach Rumänien antreten und am 22. Oktober in <strong>der</strong> Kronstädter<br />

Schwarzen Kirche, im Rahmen des Festivals „Musica Coronensis“, zusammen mit den Bachchören<br />

von Kronstadt und Hermannstadt und dem Kronstädter Studentenorchester - diesmal unter <strong>der</strong> Stabführung<br />

von Steffen Schlandt - an einer weiteren „Elias“-Aufführung mitwirken. Diesen Termin sollten<br />

sich Musikfreunde bereits jetzt vormerken.<br />

17


18<br />

Erst die Musik, dann <strong>der</strong> Marillensaft<br />

In Tartlau wurde die diesjährige Konzertreihe „Diletto musicale“ eröffnet<br />

Seit dem Jahr 1999 gibt es die Konzertfolge „Diletto<br />

musicale“. Es handelt sich um eine Reihe musikalischer<br />

Veranstaltungen, die im Sommer, gewöhnlich im August,<br />

an vier o<strong>der</strong> fünf aufeinan<strong>der</strong>folgenden Sonntagnachmittagen<br />

in <strong>der</strong> evangelischen Kirche von Tartlau/Prejmer<br />

dargeboten werden. Die Initiative, „Diletto<br />

musicale“ zu begründen, hatte <strong>der</strong> junge Organist<br />

und Dirigent Steffen Schlandt (29). Und seine Idee hat<br />

Anklang gefunden. Regelmäßig wohnt den Konzerten<br />

ein dankbares Publikum bei: Ortsansässige, Musikfreunde<br />

aus dem nahen Kronstadt/Braşov, in- und<br />

ausländische Touristen, die die mächtige Tartlauer Kirchenburg<br />

anzieht. Und gewöhnlich haben diese reizvollen<br />

Konzerte im intimen Rahmen <strong>der</strong> akustisch vorteilhaften<br />

Kreuzkirche auch ein apartes, gemütliches<br />

Nachspiel: Im Burghof erhalten Konzertbesucher und<br />

Musiker einen Becher mit erfrischendem Apfel- o<strong>der</strong><br />

Marillensaft, <strong>für</strong> den die Organisatoren aufkommen,<br />

und können sich noch eine Weile unterhalten.<br />

Das Eröffnungskonzert <strong>der</strong> diesjährigen „Diletto musicale“-Festspiele<br />

am Sonntag, dem 31. Juli, war ein eindrucksvolles<br />

musikalisches Ereignis. Anlässlich ihrer<br />

Siebenbürgen-Tournee, <strong>der</strong>en bisherige Stationen<br />

Hermannstadt/Sibiu und Kronstadt waren und die mit<br />

einem Konzert in Bistritz/Bistriţa am 3. August enden<br />

wird, trug die Evangelische Jugendkantorei <strong>der</strong> Pfalz<br />

unter <strong>der</strong> Leitung von Kirchenmusikdirektor Jochen<br />

Steuerwald anspruchsvolle Kompositionen von Marc-<br />

Antoine Charpentier („Beatus vir“), Heinrich Schütz<br />

(„Da pacem, domine“) und Felix Mendelssohn Bartholdy<br />

(„Te Deum“) in überzeugen<strong>der</strong> Art und Weise<br />

vor. Der kultivierte Chorgesang, die gepflegten, schönen<br />

Stimmen <strong>der</strong> Gesangsolisten hinterließen einen<br />

nachhaltigen Eindruck. Beson<strong>der</strong>s effektvoll wirkte die<br />

Interpretation des doppelchörigen Schütz-Werkes, das<br />

seine Entstehung einem politischen Ereignis des Dreißigjährigen<br />

Krieges verdankt.<br />

Die Gesangsolisten, die auf <strong>der</strong> Westempore standen,<br />

und <strong>der</strong> Chor, <strong>der</strong> vor dem kostbaren vorreformatorischen<br />

Altar Stellung bezogen hatte, erfüllten den Kirchenraum<br />

mit wun<strong>der</strong>barem vielstimmigem Klang.<br />

Auch die folgenden Konzerte <strong>der</strong> „Diletto musicale“-<br />

Reihe - sie beginnen jedes Mal um 17 Uhr - versprechen<br />

einen erlesenen musikalischen Genuss. Am nächsten<br />

Sonntag (7. August) wird das Ensemble „Il transilvano“<br />

(Leitung: Steffen Schlandt), dem junge Musiker<br />

aus Klausenburg/Cluj-Napoca und Kronstadt angehören,<br />

Stücke <strong>für</strong> Bläser und Orgel aufführen. Das Konzert<br />

vom 14. August bestreitet das Ensemble „Cantate<br />

Domino“, dessen Kern das Musikerehepaar Ursula und<br />

Kurt Philippi (Hermannstadt) bildet.<br />

Für die bekannte Organistin Ursula Philippi ist dieses<br />

Konzert ein Geburtstagsgeschenk beson<strong>der</strong>er Art, da<br />

sie an diesem Tag einen runden Geburtstag feiern wird.<br />

Im Programm stehen größtenteils unbekannte Werke<br />

<strong>für</strong> Soli, Chor und Instrumente aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> alter<br />

siebenbürgisch-<strong>deutsche</strong>r Kantoren und Komponisten.<br />

Am 21. August wird <strong>der</strong> Kronstädter Jugend-Bachchor<br />

(Leitung: Steffen Schlandt) ein Programm mit vier- bis<br />

achtstimmigen Chorwerken darbieten. Und den Abschluss<br />

<strong>der</strong> Konzertreihe macht in diesem Jahr (28.<br />

August) das aus Schülern <strong>der</strong> Kronstädter Honterusschule<br />

bestehende Gesang- und Instrumentalensemble<br />

„Canzonetta“ (Leitung: Ingeborg Acker). Der Eintritt<br />

zu den „Diletto musicale“-Konzerten ist frei. Für die<br />

Deckung <strong>der</strong> Unkosten sind freie Spenden willkommen.<br />

Die diesjährigen Festspiele werden von ifa Stuttgart<br />

und <strong>der</strong> Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung<br />

(München) geför<strong>der</strong>t. "Diletto musicale" hat inzwischen<br />

auch schon eine eigene (noch im Aufbau befindliche)<br />

Internet-Seite (www.dilettomusicale.ro), über die<br />

weitere Auskünfte erhältlich sind. (ADZ, 5.08.2005)<br />

Konzert zum Michael-Haydn-Jahr 2006<br />

Konzert im Großwardeiner Dom zum 200. Todestag von Johann Michael Haydn<br />

Am 1. Juni 2006 findet im Dom zu Großwardein ein beson<strong>der</strong>es Konzert <strong>der</strong> Philharmonie statt. In Erstaufführung<br />

wird die Missa Solemnis in honorem SS. Cyrilli et Methodii erklingen, ein frühes umfangreiches Werk, das Johann Michael<br />

Haydn 1758 komponiert hat. Im Programm stehen außerdem die 6 Salve Regina, die <strong>der</strong> Komponist 1760 in Beius<br />

(ung. Belényes) auf <strong>der</strong> Sommerresidenz des damaligen Großwardeiner Bischofs geschrieben hat. Diese Werke sind<br />

2005 im Verlag Edition Musik Südost, München, zum ersten Mal erschienen. Dirigent <strong>der</strong> Aufführung ist Franz Metz.<br />

Cäcilien-Messe von Helmut Sadler aufgeführt<br />

„Der Höhepunkt soll wie<strong>der</strong>holt werden“ – dieses Verlangen entstand unmittelbar nach einer außergewöhnlichen<br />

Leistung des Königsdorfer Kirchenchores. Ehrgeizige Zielvorstellungen motivierten die Sankt-Laurentius-<br />

Singgemeinschaft zu einer ihrer bedeutendsten Leistungen, wenn nicht gar zur bedeutendsten überhaupt, zumindest seit<br />

langer Zeit. Anlässlich des Cäcilien-Gedenkens nahm sich Renate Klemm als Leiterin des Chores die so genannte Cäci-


lien-Messe von Helmut Sadler (Jahrgang 1921, geboren in Siebenbürgen) vor, um beim eigenen Jahrtag die Königsdorfer<br />

Erstaufführung des Werkes zu besorgen.<br />

Die eindrucksvoll intensiv gestaltete Wie<strong>der</strong>gabe führte alsbald eben zu dem Wunsch nach einer Wie<strong>der</strong>holung. An<br />

Niveau und Qualität waren auch Instrumentalisten aus dem Ort und <strong>der</strong> Region beteiligt. Die Einbindung in Ordinarium<br />

und Proprium des Gottesdienstes entwickelte sich zu (ganz) großer Festlichkeit. Mit einem barocken Bläsersatz zur<br />

Eröffnung ließ sich denn wirklich „Großes“ erahnen. Wie es auch Pfarrer Marco Arabadzic in konzentriert formulierten<br />

Aussagen würdigte. Dies aber voller Dank und Anerkennung vor allem auch im Sinne eines wertvollen Dienstes in<br />

ehrenamtlicher Funktion <strong>für</strong> Freude und Erbauung. Daran beteiligt immerhin auch Werke von Wolfgang Amadeus<br />

Mozart und Anton Bruckner. All dies ließ auch im übertragenen Sinne „aufhorchen“. (Isar Kurier, Königsdorf,<br />

1.12.2005)<br />

Konzertprogramm<br />

Montag, 10. Oktober 2005, Hochschule <strong>für</strong> Musik Freiburg im Breisgau<br />

ILDIKÓ MOOG-BÁN, Violine / TIBOR SZÁSZ, Klavier<br />

Programm<br />

Béla Bartók (1881 - 1945) 1ère Sonate en trois mouvements pour Violon et Piano composée pour Mlle Jelly d'Arányi<br />

Georges Enesco (1881 - 1955) 3ème Sonate pour Piano et Violon a-Moll op. 25 (dans le caractère populaire roumain)<br />

Ildikó Moog-Bán besuchte das Kodály Musikinternat in Békéstarhos und studierte am Béla-Bartók-Konservatorium<br />

in Budapest (Musiklehrerprüfung). Ihre Solistenausbildung an <strong>der</strong> Nordwest<strong>deutsche</strong>n Musikakademie in Detmold<br />

(HfM) absolvierte sie mit Auszeichnung. Ildikó Moog-Bán war Preisträgerin mehrerer internationaler Wettbewerbe u.a.<br />

beim Leo Weiner-Kammermusikwettbewerb Budapest, beim Internationalen Kammermusikwettbewerb in Belgrad und<br />

beim ARD-Wettbewerb in München im Fach Duo Violine/Klavier. Sie konzertierte als Solistin u.a. mit dem Bayerischen<br />

Sinfonieorchester und wirkte fünf Jahre lang als Mitglied des Budapester Rundfunk-Sinfonie-Orchesters. Als<br />

Kammermusikpartnerin wurde sie von vielen Rundfunkanstalten eingeladen. Sie ist Grün<strong>der</strong>in des Bell’Arte Streichquartetts<br />

München. Ildikó Moog-Bán ist erste Konzertmeisterin des Freiburger Philharmonischen Orchesters und Professorin<br />

an <strong>der</strong> Freiburger Musikhochschule <strong>für</strong> Violine und Orchesterstudien. Seit 1993 gibt sie Meisterkurse in Sion/Schweiz.<br />

Tibor Szász wurde 1948 als Sohn ungarischer Eltern in Siebenbürgen geboren und erhielt im Alter von vier Jahren<br />

seinen ersten Klavierunterricht. Als Gewinner eines Wettbewerbs durfte er bereits mit 13 Jahren am Musikkonservatorium<br />

Klausenburg bei Eliza Ciolan, einer Schülerin von Alfred Cortot, studieren. Sein Konzert-Debüt erfolgte im Alter<br />

von 16 Jahren unter dem Dirigenten Antonin Ciolan, einem Schüler von Arthur Nikisch. 1967 wurde er Preisträger<br />

beim Internationalen George Enescu Klavierwettbewerb in Bukarest und erhielt daraufhin zahlreiche Engagements <strong>für</strong><br />

Konzerte mit Orchestern in Rumänien. Bei seinem ersten Auftritt in Westdeutschland 1968 wurde Tibor Szász als<br />

„Spitzentalent hinter dem Eisernen Vorhang“ bejubelt.<br />

Nach weiteren Studien in den USA bei Leon Fleisher, Theodore Lettvin, Russell Sherman, Miklós Schwalb and Charles<br />

Fisher gewann Tibor Szász dreimal bei internationalen Klavierwettbewerben den ersten Preis. Inzwischen trat er in<br />

mehr als 1000 Konzerten in Rumänien, Deutschland, Kanada, England, Frankreich, Spanien, Taiwan und den USA auf;<br />

darunter sind Rezitals in <strong>der</strong> Carnegie Recital Hall, Soloauftritte mit Orchestern in <strong>der</strong> Boston Symphony Hall sowie<br />

mit dem Sinfonia Orchestra of Chicago zu erwähnen. Beson<strong>der</strong>e Höhepunkte waren die erfolgreichen Aufführungen<br />

<strong>der</strong> letzten drei Sonaten Beethovens, zuerst <strong>für</strong> die La Gesse Foundation in Frankreich und dann im Kennedy Center in<br />

Washington. Tibor Szász nahm an zwei Festivals teil, wo er in fünf Tagen 20 Werke von Beethoven aufführte - die<br />

letzten drei Klaviersonaten, sämtliche Violin- und Cello-Sonaten sowie das erste und letzte Klaviertrio. Es folgten<br />

Tourneen mit dem weltberühmten Takács Streichquartett und Tonträger-Einspielungen mit Werken von Beethoven,<br />

Chopin, Liszt, Mendelssohn, Schubert und Bartók.<br />

1983 erwarb Tibor Szász den Doctor of Musical Arts Degree an <strong>der</strong> University of Michigan in Ann Arbor, USA. Nach<br />

Klavierprofessuren an <strong>der</strong> Bowling Green State University, University of Dayton und Duke University wurde Tibor<br />

Szász 1993 zum Professor an <strong>der</strong> Hochschule <strong>für</strong> Musik in Freiburg berufen.<br />

Eine Sternstunde großartigen Musizierens<br />

„Musica Coronensis“: Aufsehen erregende Aufführung des Oratoriums „Elias“<br />

von WOLFGANG WITTSTOCK<br />

Die Uraufführung des Oratoriums „Elias“ von Felix<br />

Mendelssohn Bartholdy im Jahr 1846 in Birmingham<br />

gestaltete sich <strong>für</strong> den Komponisten, <strong>der</strong> selber dirigierte,<br />

zu einem überwältigenden Triumph. Das Publikum,<br />

2000 Zuhörer, war begeistert: Vier Chöre und vier<br />

Arien mussten wie<strong>der</strong>holt werden, was erklärt, wieso<br />

diese Erstaufführung dreieinhalb Stunden dauerte. Die<br />

Zahl <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Darbietung Beteiligten - 271 Chorsän-<br />

19


ger und 125 Orchestermusiker - war beachtlich. Damit<br />

verglichen nimmt sich die Aufführung des gleichen<br />

Werkes, die am vorigen Samstag in <strong>der</strong> Kronstädter<br />

Schwarzen Kirche stattgefunden hat, eher bescheiden<br />

aus. Was allerdings nicht verhin<strong>der</strong>n konnte, dass die<br />

schätzungsweise 400 Anwesenden auch dieses künstlerische<br />

Ereignis als Triumph, als eine Sternstunde großartigen<br />

Musizierens empfanden.<br />

Mendelssohn Bartholdys „Elias“ war seit dem Jahr<br />

1912 in Kronstadt nicht mehr aufgeführt worden (was<br />

sich nicht zuletzt dadurch erklärt, dass <strong>der</strong> Komponist<br />

Jude war). Dass es nun, im Rahmen <strong>der</strong> dritten Ausgabe<br />

<strong>der</strong> Musikfestspiele „Musica Coronensis“ (20.-23.<br />

Oktober), zu dieser Aufsehen erregenden Darbietung<br />

kam, muss als Kulturtat gewürdigt werden. Die Bachchöre<br />

von Kronstadt und Hermannstadt (Dirigenten:<br />

Steffen Schlandt, Kurt Philippi) und <strong>der</strong> Kammerchor<br />

Wilhelmshaven (Dirigent: Gerrit Junge) sowie das Orchester<br />

<strong>der</strong> Musikfakultät Kronstadt (Leitung: Steffen<br />

Schlandt) vereinigten ihre Kräfte, um dieses große Musikwerk<br />

erklingen zu lassen, das in <strong>der</strong> Tonsprache <strong>der</strong><br />

Romantik die hochdramatische Geschichte des Propheten<br />

Elias, wie sie im 1. Buch von den Königen im<br />

Alten Testament überliefert ist, wie<strong>der</strong>gibt.<br />

Die Gesamtleitung lag in den Händen des jungen Dirigenten<br />

Steffen Schlandt, <strong>der</strong> mit dieser Aufführung<br />

zweifellos sein Meisterstück zustande brachte. Mit nicht<br />

nachlassen<strong>der</strong> Spannkraft beherrschte er den großen<br />

Musikerapparat (rund 175 Mitwirkende) über die gesamte<br />

Dauer <strong>der</strong> etwa zweieinhalbstündigen Aufführung.<br />

Hervorgehoben werden muss auch die sorgfältig<br />

bedachte Dramaturgie des Konzertes. Die Chöre hatten<br />

- wohl eine Premiere - auf den Stufen vor dem<br />

Altar Position bezogen. Das anrührende, wun<strong>der</strong>volle<br />

Engel-Terzett erklang a cappella von <strong>der</strong> Empore. Die<br />

Gesangsolisten (Bianca Manoleanu - Sopran, Maria<br />

Pop - Alt, Ferenc Tökes - Tenor, Zsolt Szilagyi - Bass),<br />

die sehr gute Leistungen boten, wechselten gelegentlich<br />

aus dem Vor<strong>der</strong>grund in den Chor, abhängig von <strong>der</strong><br />

Rolle, die ihnen die Partitur jeweils zuwies.<br />

Den Titelpart des Elias sang Zsolt Szilagyi, <strong>der</strong> mit<br />

seiner schönen, warmen Stimme und seiner reichen<br />

Erfahrung als Konzertsänger seiner anspruchsvollen<br />

Aufgabe auf beeindruckende Weise gerecht wurde.<br />

Hervorzuheben ist auch Bianca Manoleanu, <strong>der</strong>en<br />

leuchten<strong>der</strong> Sopran keine Schwierigkeiten hatte, sich in<br />

den gemeinsam mit dem Chor gesungenen Partien zu<br />

behaupten.<br />

Sicherlich überstrahlt die Aufführung des „Elias“ alle<br />

an<strong>der</strong>en Konzerte, die im Rahmen <strong>der</strong> bisherigen drei<br />

Ausgaben <strong>der</strong> „Musica Coronensis“ dargeboten wurden.<br />

Diese Musikfestspiele wurden im Juni 2003 von<br />

<strong>der</strong> Kronstädter evangelischen Kirchengemeinde (Honterusgemeinde)<br />

mit Unterstützung <strong>der</strong> Deutschen Botschaft<br />

Bukarest in <strong>der</strong> offenkundigen Absicht ins Leben<br />

gerufen, das sehr wertvolle musikalische, vor allem<br />

auch kirchenmusikalische Erbe, das in Kronstadt und<br />

Siebenbürgen von Generation zu Generation weiterge-<br />

20<br />

geben und vermehrt wurde, aufzuwerten, indem es<br />

dem heutigen Publikum vorgeführt wird. Und zu diesen<br />

Traditionen, die weiterleben, gehört fraglos auch<br />

die Aufführung großer vokalsinfonischer Schöpfungen<br />

des internationalen Musikrepertoires in <strong>der</strong> Schwarzen<br />

Kirche in Kronstadt.<br />

Beson<strong>der</strong>e Beachtung wurde bisher im Rahmen <strong>der</strong><br />

„Musica Coronensis“ den siebenbürgisch-<strong>deutsche</strong>n<br />

Komponisten geschenkt, und das war diesmal nicht<br />

an<strong>der</strong>s. Den ersten Abend bestritt das sinfonische Orchester<br />

<strong>der</strong> Kronstädter Philharmonie, die auf eine bald<br />

130-jährige Existenz zurückblickt. In diesem Konzert<br />

gelangte die V. Sinfonie D-Dur von Paul Richter (1875-<br />

1950) zur Darbietung, die seit etwa 45 Jahren in <strong>der</strong><br />

Geburtsstadt des Komponisten nicht mehr erklungen<br />

war. Dieses Opus, „Festtagsmusik im besten und vornehmsten<br />

Sinne des Wortes“, wie ein Rezensent notierte,<br />

war 1937 in Deutschland, anlässlich <strong>der</strong> 700-Jahr-<br />

Feier von Gera, uraufgeführt worden. (…)<br />

Paul Richter war nicht <strong>der</strong> einzige siebenbürgischsächsische<br />

Komponist, <strong>der</strong> anlässlich <strong>der</strong> dritten „Musica<br />

Coronensis“ aufgeführt wurde. Abgeschlossen<br />

wurde die Veranstaltung Sonntagmittag mit einer musikalischen<br />

Matinee in <strong>der</strong> Schwarzen Kirche, in <strong>der</strong><br />

Kammermusik und Orgelmusik zu Gehör gelangte.<br />

Eckart Schlandt spielte in diesem Rahmen die „Siebenbürgische<br />

Elegie“ <strong>für</strong> Orgelsolo von Hans Peter Türk,<br />

dem von <strong>der</strong> kirchenmusikalischen Tradition<br />

Kronstadts geprägten Komponisten, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Klausenburger<br />

Musikakademie Tonsatz und Harmonielehre<br />

unterrichtet. Das programmatische, etwa zehn Minuten<br />

dauernde Werk, in dem Reflexion und Intensität alternieren<br />

und spannungsgeladene, kontrastreiche Tonfolgen<br />

den Zuhörer in ihren Bann schlagen, hat nichts mit<br />

Ernst Irtels bekannter Vertonung von Adolf Meschendörfers<br />

„Siebenbürgischer Elegie“ zu tun. (…)<br />

Andrerseits sind die Organisatoren <strong>der</strong> Reihe „Musica<br />

Coronensis“ darum bemüht, dem multikulturellen Charakter<br />

<strong>der</strong> Musiklandschaft Siebenbürgen gerecht zu<br />

werden. Im vorigen Jahr trat z.B. <strong>der</strong> rumänische Astra-<br />

Chor (Kronstadt) im Rahmen dieser Konzertfolge auf.<br />

Heuer war <strong>der</strong> vom bereits genannten Konzertsänger<br />

Zsolt Szilagyi geleitete szeklerisch-magyarische Chor<br />

„Vox humana“ aus St. Georgen/Sf. Gheorghe, <strong>der</strong> seit<br />

Jahrzehnten ein anspruchsvolles Repertoire pflegt und<br />

gelegentlich auch mit unseren sächsischen Bachchören<br />

zusammenarbeitet, eingeladen worden. In <strong>der</strong> Bartholomäus-Kirche<br />

bot diese Singgemeinschaft ein konsistentes<br />

Programm mit kirchenmusikalischen Chorwerken<br />

alter Meister sowie klassischer, romantischer und<br />

neuzeitlicher Tondichter in lateinischer, <strong>deutsche</strong>r,<br />

ungarischer und rumänischer Sprache dar. Einen tiefen<br />

Eindruck hinterließen vor allem die Stücke, in denen<br />

<strong>der</strong> Dirigent Solopartien sang (Mozarts wun<strong>der</strong>bares<br />

„Laudate Dominum“ und Mendelssohn Bartholdys<br />

Vertonung des 95. Psalms). Der junge Hausorganist<br />

Paul Cristian, <strong>der</strong> die Chance hatte, im Ausland (Lausanne)<br />

zu studieren, bot Proben seines Könnens mit


Orgelwerken von Pachelbel, Mozart und Mendelssohn<br />

Bartholdy.<br />

„Musica Coronensis“ baut auf die Tradition und pflegt<br />

unser Musikerbe, richtet sein Augenmerk jedoch auch<br />

auf Neue Musik. Das Beispiel Hans Peter Türk mag<br />

hier stellvertretend <strong>für</strong> diese Bemühungen genannt<br />

sein. Ebenso die Absicht <strong>der</strong> Organisatoren, heuer<br />

erstmals den nach dem Erbauer <strong>der</strong> Orgel in <strong>der</strong><br />

Schwarzen Kirche benannten Kompositionspreis „Carl<br />

August Buchholz“ auszuschreiben. Das preisgekrönte<br />

Orgelwerk sollte im Rahmen <strong>der</strong> diesjährigen Konzert-<br />

Von HORST GEHANN<br />

folge aufgeführt werden. Der Plan scheiterte allerdings<br />

an <strong>der</strong> geringen Zahl <strong>der</strong> Einsendungen, die außerdem<br />

qualitätsmäßig nicht entsprachen. An <strong>der</strong> Idee dieses<br />

Kompositions-Wettbewerbs <strong>für</strong> Orgelmusik wird<br />

trotzdem festgehalten, und das ist auch nur richtig,<br />

denn die dritte Ausgabe <strong>der</strong> Konzertreihe „Musica<br />

Coronensis“ hat bewiesen, dass in Kronstadt gute Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> die Durchführung dieser wichtigen<br />

künstlerischen Veranstaltung auch in den kommenden<br />

Jahren vorhanden sind. (ADZ, 29.10.2005)<br />

Bach-Chor Darmstadt auf Konzertreise durch Indien<br />

Der Bach-Chor Darmstadt führte unter <strong>der</strong> Leitung<br />

seines Dirigenten, Horst Gehann, vom 14. bis 29. Oktober<br />

2005 eine Konzertreise durch Südindien durch.<br />

Die Gruppe bestand aus 22 Sängerinnen und Sängern<br />

sowie 5 Begleitpersonen. Eine Reihe offizieller Stellen<br />

zeichnete verantwortlich <strong>für</strong> die Durchführung <strong>der</strong><br />

Konzerte. So das “Indian Council for Cultural<br />

Relations”, die “Indo German Cultural Society”, die<br />

“International Music & Arts Society”, die “Bangalore<br />

School of Music”. Mehrere <strong>deutsche</strong> Konzerne mit<br />

Nie<strong>der</strong>lassungen in Indien unterstützten die Initiative<br />

großzügig.<br />

Die „Academy of Music, Bangalore“ lud den Chor ein,<br />

am 16. Oktober aus Anlass ihres Silber-Jubiläums in<br />

<strong>der</strong> gut besuchten „Chowdiah Memory Hall“, einem<br />

über tausend Plätze fassenden Konzertsaal in Form<br />

einer Violine, eines <strong>der</strong> beiden Konzertprogramme<br />

darzubieten. Das Programm umfasste neben weltlichen<br />

A-cappella-Werken auch geistliche Musik mit Klavier-<br />

o<strong>der</strong> Orgelbegleitung. Der Chor wurde in liebenswerter<br />

indischer Art gefeiert. In den Dankesworten <strong>der</strong> Veranstalter<br />

in <strong>der</strong> Sechs-Millionen-Stadt klang an, wie sehr<br />

brückenbauende Kontakte geschätzt werden.<br />

Am folgenden Abend fand ebenfalls in Bangalore in<br />

<strong>der</strong> St. Marks Cathedral ein geistliches Konzert statt.<br />

Neben Orgelwerken von Cesar Franck, J.S.Bach und<br />

Waldemar von Baußnern erklang die Messe in E-Dur<br />

von Joseph Rheinberger sowie das Chorwerk über den<br />

42. Psalm „Wie <strong>der</strong> Hirsch schreit nach frischem Wasser“<br />

von Rudolf Lassel, beide Werke von Gehann von<br />

<strong>der</strong> Orgel her geleitet. Das Programm umfasste noch<br />

weitere Chorwerke u.a. auch in Tamil, eine <strong>der</strong> vielen<br />

Sprachen in Indien, und Englisch.<br />

Bereits am folgenden Tag ging es weiter zur sechshun<strong>der</strong>ttausend<br />

Einwohner zählenden Stadt Mysore, wo<br />

Werke von Franck, Bach, Baußnern und Rheinberger<br />

am Abend, auf Einladung <strong>der</strong> „Mysore Music Association“,<br />

ein Konzert in <strong>der</strong> Sawday Memorial Church<br />

stattfand. Der bescheidene Zustand des Instruments<br />

erlaubte kaum solistische Einsätze. Umso beeindrucken<strong>der</strong><br />

war jedoch das unerwartet große Interesse <strong>der</strong><br />

Zuhörer, die den ganzen Kirchenraum und den Raum<br />

vor <strong>der</strong> Kirche füllte und begeistert Beifall spendete.<br />

Auch hier wurde wie<strong>der</strong> deutlich, wie sehr Musik jenseits<br />

kultureller Verschiedenheiten, Menschen verbindet.<br />

Die folgenden Tage waren vielfältigen touristischen<br />

Programmen vorbehalten, die den Tourneeteilnehmern<br />

die Mannigfaltigkeit des heutigen und geschichtlichen<br />

indischen Lebens nahe brachte (Tempelanlagen, Maharadscha-Paläste,<br />

ausgedehnte Reisfel<strong>der</strong>, Kaffee- und<br />

Teeplantagen, das berühmte Kanalsystem <strong>der</strong> sogenannten<br />

Backwaters mit seinen Hausbooten. Vor allem<br />

aber <strong>der</strong> Kontakt mit seinen liebevollen Menschen). An<br />

den Abenden war Gelegenheit geboten, die beeindruckenden<br />

indischen Tänze mit ihrer bis heute archaischen<br />

Musik zu bewun<strong>der</strong>n.<br />

Den Abschluss bildete am 27. Oktober ein Konzert in<br />

<strong>der</strong> St. Joseph’s Cathedral <strong>der</strong> südindischen Hafenstadt<br />

Trivandrum. Ein Chor dieser Stadt pflegt seit über 170<br />

Jahren auch klassische Musik und ist weit über die<br />

Grenzen des Staates Kerala (Indien hat eine fö<strong>der</strong>ative<br />

Staatsform) hinaus bekannt. Auch hier beeindruckte die<br />

herzliche Aufnahme und Dankbarkeit <strong>der</strong> zahlreichen<br />

Zuhörerschaft. Rückblickend kann das gegenseitige<br />

Geben und Nehmen als außerordentliche Bereicherung<br />

aller Beteiligten betrachtet werden, auch wenn die Anstrengungen<br />

<strong>der</strong> Reise manchmal an die Grenzen <strong>der</strong><br />

Belastbarkeit reichten.<br />

21


22<br />

Zehn Jahre Carl-Filtsch-Wettbewerb-Festival<br />

Peter Szaunig und Walter Krafft haben in Hermannstadt eine bleibende Einrichtung geschaffen<br />

Von DAGMAR DUSIL<br />

Als 1995 das „Erste Internationale Klavier- und Kompositions-Wettbewerb-Festival<br />

Carl Filtsch“ in Hermannstadt<br />

das Licht <strong>der</strong> Welt erblickte, waren auch die<br />

hartnäckigsten Zweifler von <strong>der</strong> Richtigkeit dieses<br />

Vorhabens überzeugt. Für Peter Szaunig, ehemaliger<br />

Klavierlehrer am Hermannstädter „Lyzeum <strong>für</strong> Musik<br />

und Bildende Kunst“, Musikpädagoge, Kritiker und<br />

Pianist, wurde nach 25 Jahren ein Traum Wirklichkeit.<br />

Die nicht einfache Geburt des Festivals wurde von den<br />

drei Pianisten Walter Krafft, Grün<strong>der</strong> und Leiter des<br />

Münchener Musikseminars, Peter Szaunig, damals an<br />

<strong>der</strong> Lahrer Musikschule tätig, und dem Hollän<strong>der</strong> G. A.<br />

Alink, heute Leiter <strong>der</strong> Argerich-Alink-Stiftung, vorbereitet.<br />

Was dieses Wettbewerb-Festival von an<strong>der</strong>en<br />

unterscheidet, ist die Tatsache, dass auf Szaunigs<br />

Wunsch neben Werken <strong>der</strong> Klavier-Weltliteratur aus<br />

mindestens drei Stilepochen und einem Pflichtstück aus<br />

sechs Filtsch-Kompositionen eine zusätzliche schöpferische<br />

Disziplin einer „Eigenkomposition“ von mindestens<br />

drei Minuten einbezogen wurde.<br />

In diesem Jahr fand in Hermannstadt zwischen dem 6.<br />

und 11. September zum zehnten Mal und gleichzeitig<br />

im 175. Todesjahr von Carl Filtsch das Internationale<br />

Klavier- und Kompositions-Wettbewerb-Festival unter<br />

idealen Rahmenbedingungen statt. So wurde das Wettbewerb-Festival<br />

im Thalia-Saal ausgetragen, dem neuen<br />

Zuhause <strong>der</strong> Hermannstädter Philharmonie und dem<br />

Ort, wo schon das siebenbürgische Wun<strong>der</strong>kind Carl<br />

Filtsch konzertierte. Vor einer internationalen Jury<br />

unter dem Vorsitz von Peter Szaunig stellten 41 Kandidaten<br />

aus zehn Län<strong>der</strong>n ihr Können unter Beweis.<br />

Den krönenden Abschluss bildeten die Preisverleihung<br />

und das Galakonzert am 11. September.<br />

Nach <strong>der</strong> Begrüßung zog Peter Szaunig eine Bilanz <strong>der</strong><br />

zehn letzten Jahre. Er betonte die Individualität und<br />

das hohe pianistische Können <strong>der</strong> Teilnehmer und<br />

unterstrich das hervorragende Niveau <strong>der</strong> Eigenkompositionen.<br />

Anhand statistischer Daten ließ er die letzten<br />

zehn Jahre Revue passieren. Insgesamt 382 Pianisten<br />

(vornehmlich aus dem Gastgeberland Rumänien,<br />

aus Bulgarien, aus <strong>der</strong> Republik Moldau und aus Ungarn)<br />

stellten in diesen zehn Jahren ihr Können unter<br />

Beweis. Erfreulich sei die Zunahme <strong>der</strong> Eigenkompositionen<br />

<strong>der</strong> Kandidaten. Abschließend richtete Szaunig<br />

Worte des Dankes an den Direktor <strong>der</strong> Hermannstädter<br />

Philharmonie, Ion Bojin, <strong>der</strong> den Wettbewerb mit<br />

viel Einsatz unterstützte. Jörg Schulz, Konsul <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland in Hermannstadt, dankte in<br />

seiner Rede <strong>der</strong> Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung,<br />

dem Demokratischen Forum <strong>der</strong> Deutschen in Hermannstadt<br />

und den Organisatoren dieses Festivals.<br />

Walter Krafft fokussierte seine Rede auf den Namensgeber<br />

des Festivals, das siebenbürgische Wun<strong>der</strong>kind<br />

Carl Filtsch, <strong>für</strong> dessen Bekanntmachung er unermüd-<br />

lich tätig ist. In diesem Sinne wirken auch international<br />

anerkannte Pianisten wie Leonhard Westermayer o<strong>der</strong><br />

Cziky Boldizsár-Adleff.<br />

Das Galakonzert eröffnete <strong>der</strong> elfjährige Bulgare<br />

Srebrinov mit Griegs „Marsch <strong>der</strong> Zwerge“, <strong>der</strong> <strong>für</strong><br />

seine Interpretation den 1. Preis in <strong>der</strong> Gruppe A (bis<br />

12 Jahre) erhielt. Szokolay Adam Zsolt, <strong>der</strong> den 2. Preis<br />

dieser Gruppe erhielt, interpretierte gekonnt ein ungarisches<br />

Volkslied von Béla Bartók, um die Zuhörer sodann<br />

mit Filtschs Barcarole in eine Zeit zu entführen,<br />

als <strong>der</strong> kleine Filtsch daselbst das Publikum mit seinem<br />

Spiel verzaubert hatte. In <strong>der</strong> Gruppe B (12-16 Jahre)<br />

wurde das Programm von drei jungen Damen aus Bulgarien,<br />

Ungarn und Rumänien sowie dem Ukrainer<br />

Andryi Fomin, dem Star dieser Gruppe, bestritten.<br />

Technisch ausgefeilt und von einer erstaunlich beherrschten,<br />

musikantisch-temperamentvoll geprägten<br />

Persönlichkeit war seine Interpretation von Prokofjews<br />

„Diabolische Suggestion“, <strong>der</strong> eine Eigenkomposition,<br />

ein „Partida“ betitelter Walzer, folgte. Seinen Vortrag<br />

beendete er mit <strong>der</strong> einzigen vom Publikum gefor<strong>der</strong>ten<br />

Zugabe, einer kapriziösen und auch schauspielerisch<br />

originellen weiteren Eigenkomposition.<br />

Die Gruppe C (16-31 Jahre) wurde professionell durch<br />

Istvan Lajko repräsentiert, <strong>der</strong> seinen Vortrag mit einer<br />

Eigenkomposition begann, <strong>der</strong>en meditativer Charakter<br />

quasi intuitiv eine Umsetzung Filtsch’scher Kompositionsweise<br />

des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts verkörpern dürfte. Fast<br />

nahtlos fuhr er mit <strong>der</strong> Interpretation von Filtschs Impromptu<br />

in b Moll fort und brachte dabei seine außerordentlichen<br />

technisch-pianistischen Fähigkeiten zur<br />

Geltung. Nach Marija Ivanovics (aus Serbien angereist)<br />

eigenwilliger Interpretation <strong>der</strong> Sonate in B-Dur von<br />

Joseph Haydn beendete <strong>der</strong> mit dem 2. Preis ausgezeichnete<br />

Italiener Andrea Calvani den gelungenen<br />

Abend mit dem virtuos interpretierten Scherzo Nr. 2 in<br />

b Moll von Chopin.<br />

Ein Novum war auch die kleine vergoldete Filtsch-<br />

Büste, die <strong>für</strong> die beste Interpretation einer Filtsch-<br />

Komposition (Maria Alexandra Vaduva/Rumänien und<br />

Angyalka Mayer/Ungarn) überreicht wurde. Pate stand<br />

die Stiftung <strong>der</strong> Universitäten <strong>für</strong> europäische Integration<br />

und <strong>der</strong> Verein Lobby-Art. Geschaffen wurde sie<br />

von Adrian Popescu, dem Vorsitzenden des vorhin<br />

genannten Vereins. Die Büste gilt auch als Insignie<br />

einer Europäischen Kulturhauptstadt 2007. Erwähnenswert<br />

ist auch die im Foyer des Thalia-Theaters mit<br />

viel Akribie und persönlichem Einsatz von Peter Szaunig<br />

eingerichtete Ausstellung, die eine umfassende Dokumentation<br />

<strong>der</strong> zehn vorangegangenen Jahre beinhaltete.<br />

Das Geschehen <strong>der</strong> letzten zehn Jahre fasst auch<br />

ein reich bebil<strong>der</strong>ter Jubiläumsband von Peter Szaunig<br />

zusammen, <strong>der</strong> im „Johannis Reeg“-Verlag erschienen<br />

ist. Inhalt des Bandes sind allgemeine Informationen


wie die Biographie Carl Filtschs, die Analyse <strong>der</strong> wichtigsten<br />

Filtsch-Werke, neueste Erkenntnisse über Musikerziehung,<br />

die Wirkung <strong>der</strong> Musik im Allgemeinen<br />

sowie Statements und Interviews namhafter Künstler.<br />

Ergänzend werden alle Preisträger <strong>der</strong> Wettbewerb-<br />

Festivals aufgeführt.<br />

Für die Zukunft kann man sich nur wünschen, dass<br />

Szaunig und Krafft, die Seele und <strong>der</strong> Motor dieses<br />

Festivals, weiterhin mit viel Idealismus gemeinsam an<br />

einem Strang ziehen, damit die letzten zehn Jahre nicht<br />

wie eine Sternschnuppe verglühen, son<strong>der</strong>n das Carl-<br />

Filtsch-Wettbewerb-Festival zu einem Fixstern am<br />

Hermannstädter Kulturhimmel machen.<br />

(Siebenbürgische Zeitung Online, 2.10.2005 )<br />

Musikalische Erstaufführungen in Großwardein und München<br />

von JOHANNES KIRNER<br />

Zwei bedeutende Konzerte unter <strong>der</strong> Leitung von Franz Metz<br />

240 Jahre sind vergangen, dass Carl Ditters (von Dittersdorf),<br />

ein hervorragen<strong>der</strong> Violinvirtuose und Komponist,<br />

im April 1755 seinen Dienst als Kapellmeister<br />

des Bischofs Adam Patachich in Großwardein/Oradea<br />

aufgenommen hat. Viereinhalb Jahre hat er dort das<br />

Musikleben entscheidend mitgeprägt. Sein Orchester<br />

und dann auch das hinzugefügte Theater genossen weit<br />

im Lande einen hervorragenden Ruf. Doch hat <strong>der</strong><br />

Bischof, wohl um Unannehmlichkeiten auszuweichen,<br />

auf Druck aus dem Wiener Hof 1769 beide Institutionen<br />

aufgelöst. Er wurde in Wien von Intriganten denunziert,<br />

er habe in <strong>der</strong> Fastenzeit entgegen dem Verbot<br />

<strong>der</strong> Kaiserin Maria Theresia eine weltliche Veranstaltung<br />

gegeben.<br />

Lei<strong>der</strong> zählt Dittersdorf heute zu den Komponisten,<br />

<strong>der</strong>en Werke selten, wenn überhaupt, zu hören sind. So<br />

ist er nun <strong>der</strong> bekannte und doch unbekannte Komponist.<br />

Wenn auch seine Konzertmusik gelegentlich auf<br />

den Programmen zu finden ist, so ist seine Kirchenmusik,<br />

die einen großen Teil seines Gesamtwerkes umfasst,<br />

weitgehend unbekannt.<br />

Der Staatlichen Philharmonie in Großwardein ist nun<br />

da<strong>für</strong> zu danken, dass sie eine Anregung aufgenommen<br />

hat, aus Anlass <strong>der</strong> 240. Wie<strong>der</strong>kehr <strong>der</strong> damaligen<br />

Orchestergründung, am 12. Mai d.J. ein festliches Konzert<br />

im Dom zu geben, bei dem ausschließlich geistliche<br />

Musik Dittersdorfs erklang. Die dargebotenen<br />

Werke sind erst in jüngster Zeit durch Erstveröffentlichungen<br />

von Johannes Kirner (beim Carus-Verlag) und<br />

Dr. Franz Metz in die Öffentlichkeit gelangt und waren<br />

bei diesem Konzert teilweise Erstaufführungen. Neben<br />

vier kleineren geistlichen Gesängen <strong>für</strong> Soli, (Chor) und<br />

Orchester erklang die 1769 geschriebene Missa Solemnis<br />

in C. Diese Messe dürfte wohl das letzte große<br />

Werk sein, das Dittersdorf in Großwardein geschrieben<br />

hat. Die dortigen Handschriften gingen lei<strong>der</strong> verloren.<br />

So ist das älteste dokumentierte Aufführungsdatum<br />

„27. Julii, 1770“, auf zwei Stimmen einer Abschrift im<br />

Kloster Heiligenberg bei Ölmütz, zeitorientierend.<br />

Dr. Franz Metz leitete die Aufführung umsichtig, präzise<br />

und mit straffer Hand. Die Solisten, <strong>der</strong> mit 50 Sängern<br />

besetzte Chor und das Orchester gaben ihr Bestes.<br />

Der Konzertmeister stand im Gloria mit dem konzer-<br />

tanten Violinpart dem Komponisten nicht nach. So<br />

konnten alle Feinheiten Dittersdorfs herrlicher Kompositionen<br />

an dem Ort, <strong>für</strong> den sie geschrieben und an<br />

dem sie uraufgeführt wurden, in vollendeter Weise<br />

wie<strong>der</strong> das Lob gen Himmel senden. Den Mitwirkenden<br />

war die Freude am Musizieren und über das Gelingen<br />

deutlich anzusehen. Die Besucher, die den Dom<br />

bis fast auf den letzten Platz gefüllt haben, dankten mit<br />

anhaltendem Beifall <strong>für</strong> diese glanzvolle Leistung.<br />

Doch nicht nur in Großwardein ist solches zu hören.<br />

Am 19. Juni 2005 veranstaltete die Capella Bavarica in<br />

<strong>der</strong> Pfarrkirche St. Pius in München mit unterstützt des<br />

Kulturreferats <strong>der</strong> Landeshauptstadt München, ein<br />

beachtenswertes Konzert. Dieses Ensemble mit 22<br />

Musikern und Sängern, von Dr. Franz Metz im Januar<br />

2005 gegründete, hat es sich zur Aufgabe gemacht,<br />

bisher unbekannte Werke südosteuropäischer Komponisten<br />

des 18. und 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts wie<strong>der</strong> bekannt zu<br />

machen. Diese Komponisten, die meist aus dem süd<strong>deutsche</strong>n<br />

Reichsgebiet stammten, waren im Banat<br />

o<strong>der</strong> in Siebenbürgen als Domkapellmeister, Regenschori<br />

und Kantoren tätig und haben einen reichen<br />

Schatz wertvoller Kirchenmusik hinterlassen. Erst seit<br />

dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs 1989 ist<br />

es möglich diese Bestände aufzuspüren und zu sichern.<br />

Alle Werke und Komponisten aus dem umfangreichen<br />

Programm hier aufzuführen und vorzustellen, würde<br />

den Rahmen dieses Berichtes sprengen. So seien hier,<br />

ohne eine Bewertung auszusprechen nur einige dieser<br />

musikalischen Kostbarkeiten genannt:<br />

Bei <strong>der</strong> Sinfonia in Es, die den Reigen eröffnete,<br />

schöpft <strong>der</strong> Komponist Václav (Wenzel) Pichl (1741-<br />

1805) seinen Melodienreichtum voll aus. Die Lebendigkeit<br />

<strong>der</strong> Ecksätze und das verspielt klingende Rondo<br />

können jedes Musikliebhaberherz erfreuen. Pichl, <strong>der</strong><br />

aus Böhmen stammte und in Wien verstarb, war auch<br />

Schüler von Carl Dittersdorf und bei ihm in Großwardein<br />

Geiger und Vizedirigent.<br />

Johann Nepomuk Hummel (1778-1837) u.a. Schüler<br />

von Mozart und J. Haydn und dessen Nachfolger als<br />

Kapellmeister bei Fürst Esterhazy, hat <strong>der</strong> Musikwelt<br />

eine anspruchsvolle Phantasie <strong>für</strong> Solo-Viola und Orchester<br />

hinterlassen. Dieses dreiteilige Werk zählt zu<br />

23


den klassischen Bravourstücken <strong>für</strong> dieses Instrument,<br />

dessen Sololiteratur ohnehin nicht sehr zahlreich ist.<br />

Herbert Christoph hat dieses selten zu hörende Stück<br />

meisterlich dargeboten und durfte <strong>für</strong> seine gekonnte<br />

Ausführung reichen Beifall ernten.<br />

Doch sollen hier auch die Vokalkompositionen, die<br />

den Hauptteil des Abends füllten, nicht übersehen<br />

werden. In abwechslungsreicher Folge, begonnen mit<br />

dem „Laudate Domnium“ von Anton Leopold Herrmann,<br />

<strong>für</strong> Solistenquintett und Orchester, gefolgt von<br />

ariosen geistlichen Gesängen <strong>für</strong> jede Gesangstimme,<br />

die teilweise mit Soloinstrumenten gepaart waren, bis<br />

zum „Tu totus es miserabilis“, einem Offertorium <strong>für</strong><br />

Solo-Klarinette, Solisten und Orchester, hat <strong>der</strong> Abend<br />

einen breiten Querschnitt dessen gezeigt, welch mu-<br />

Die Präsentation Rumäniens, des Landes, das ab 2007<br />

zur Europäischen Union gehören wird, war in den<br />

letzten Jahren auf europäischem Parkett nicht beson<strong>der</strong>s<br />

glücklich verlaufen. Zu oft konnten wir – wenn<br />

überhaupt – negative Schlagzeilen in den <strong>deutsche</strong>n<br />

Medien verfolgen. Dass dabei die kulturelle Sparte<br />

dieses subjektiven Erscheinungsbildes auf <strong>der</strong> Strecke<br />

blieb, konnte nicht verhin<strong>der</strong>t werden. Um so spannen<strong>der</strong>,<br />

wirkungsvoller und interessanter ist dann <strong>der</strong><br />

Auftritt eines hochbegabten und überdurchschnittlichen<br />

rumänischen Kin<strong>der</strong>chors, <strong>der</strong> die Zuhörer in den<br />

Bann <strong>der</strong> aufgeführten Musikstücke mitreißen kann.<br />

Und was <strong>für</strong> Klang! Ein Münchner Zuhörer sagte mir<br />

nach dem Konzert: Die singen ja wie die Regensburger<br />

Domspatzen.<br />

24<br />

sikhistorisches Erbe im ehemaligen deutschsprachigen<br />

Südosten noch zu heben ist.<br />

Die Solisten des Konzertes, Manuela Dill und Alpinia<br />

Albasteanu, Sopran, Annette Kramny, Alt, Adrian Sandu,<br />

Tenor, Burkhard F. Mayer, Bass und die Soloinstrumentalisten<br />

haben sich in angenehmer Weise einan<strong>der</strong><br />

ergänzt und bildeten ohne zu dominieren mit<br />

dem Orchester eine wohltuende Einheit. Es bleibt zu<br />

wünschen, dass Dr. Franz Metz uns noch öfter mit<br />

solchen Leckerbissen verwöhnt. Vielleicht gelingt es<br />

auch eine größere Konzertbesucherschar zu begeistern.<br />

Es lohnt sich!<br />

CD-Einspielungen mit Zsigmond János Kristófi<br />

Zsigmond János Kristófi, Organist am Großwardeiner Dom, gründete im Jahre 2002 den Michael-Haydn-Chor, <strong>der</strong><br />

größteinteils aus Studenten <strong>der</strong> Christlichen Partium-Universität besteht. Kristófi hat auch einen Lehrauftrag an dieser<br />

Universität übernommen. Der Kammerchor widmet sich vor allem <strong>der</strong> Pflege geistlicher Musik und hat auch schon<br />

Auslandstourneen unternommen. Die CD (Einspielung 2004) enthält Orgelwerke von Bach (Toccata und Fuge, d-<br />

Moll), Pièce d´Orgue) Franz Liszt (Resignation, Ave verum, Nun danket alle Gott), Chorwerke von William Byrd und<br />

Johann Michael Haydn (Universi, qui te expectant, Ex Sion species decoris eius, Prope est Dominus, Eripe me). Im Mai<br />

2006 wird <strong>der</strong> Chor auch in Salzburg und München zu hören sein.<br />

Eine zweite CD hat Kristófi gemeinsam mit <strong>der</strong> Sängerin Otilia Altfater eingespielt: Orgelwerke von Liszt (Introitus),<br />

Pachelbel (Toccata in e), Bach und Gesangsoli von Cesar Franck, Bach und Gounod. Die Aufnahmen wurden an <strong>der</strong><br />

historischen Orgel <strong>der</strong> Ladislaus-Basilika zu Großwardein im Jahre 2004 gemacht, ein Instrument das im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

errichtet wurde und dringend einer Renovierung bedarf. Das Vor<strong>der</strong>positiv wurde bereits von <strong>der</strong> Passauer Orgelbauwerkstätte<br />

Eisenbart vor mehreren Jahren restauriert, <strong>der</strong> restliche Teil <strong>der</strong> Orgel ist nur mit Müh und Not spielbar.<br />

Die Aufnahmen sind – trotz des riesigen Nachhalls – gut gelungen. Die Basilika zu Großwardein ist die einzige römisch-katholische<br />

Kathedralkirche Rumäniens mit einem kontinuierlichen Musikleben selbst in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Ceausescu-<br />

Diktatur. Domkapellmeister Michael Balogh gelang es den Chor aufrecht zu erhalten und fast an allen kirchlichen Festtagen<br />

des Kirchenjahres eine Orchestermesse aufzuführen. Umso wichtiger wäre deshalb eine dringende Renovierung<br />

<strong>der</strong> großen historischen Orgel, ein Meisterwerk des barocken Wiener Orgelbaus. Für weitere Informationen: kristofi@yahoo.com<br />

von DR. FRANZ METZ<br />

Ovationen <strong>für</strong> Lugoscher Kin<strong>der</strong>chor<br />

Der Kin<strong>der</strong>chor „Armonii“ <strong>der</strong> Lugoscher Musikschule konzertierte in Deutschland<br />

Der Chor von dem die Rede ist, heißt „Armonii“,<br />

kommt aus Lugosch und besteht seit wenigen Jahren.<br />

Claudia Gherga, die junge begabte Dirigentin, mit<br />

wertvollen künstlerischen Chorerfahrungen als Sängerin<br />

des berühmten Bukarester Madrigalchors ausgestattet,<br />

kann den Kin<strong>der</strong>n dieses Chors <strong>der</strong> Lugoscher<br />

Musikschule Filaret Barbu nicht nur volle Konzentration<br />

abverlangen, son<strong>der</strong>n mit diesen Diskantklängen<br />

regelrecht jonglieren. Am 10. und 12. Juni 2005 trat<br />

dieser Chor in <strong>der</strong> Münchner St. Piuskirche auf, wurde<br />

nach jedem Stück mit langem Beifall belohnt und gab<br />

auch einige Zugaben. Das Programm umfasste vorwiegend<br />

geistliche Chormusik rumänischer Komponisten<br />

wie Gheorghe Cucu, Doru Popovici, Catalin Creţu,<br />

Corneliu Cezar, Gheorghe Danga und die geistreiche


und launische Bearbeitung Schoggls von Schuberts<br />

„Forelle“.<br />

Dass diese Konzerte in Aichach und München überhaupt<br />

zustande gekommen sind ist auch einem Verein<br />

in Aichach zu verdanken, <strong>der</strong> in Lugosch karitativ tätig<br />

ist. Dadurch konnte auch eine Partnerschaft zwischen<br />

<strong>der</strong> Lugoscher und Aichacher Musikschule in die Wege<br />

geleitet werden. Dass es sich dabei gerade um einen<br />

Kin<strong>der</strong>chor aus Lugosch handelt, kommt nicht von<br />

ungefähr, war doch diese Stadt bereits im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

und früher ein bedeutendes Zentrum <strong>der</strong> südosteuropäischen<br />

Chorbewegung. Unbewusst wird nun<br />

diese Tradition von <strong>der</strong> jüngsten Generation fortgeführt.<br />

Erstaunt ist man aber, wenn man erfahren muss,<br />

dass viele dieser talentierten Kin<strong>der</strong>, die Preisträger von<br />

nationalen Wettbewerben im Klavier- o<strong>der</strong> Violinspiel<br />

sind, zu Hause überhaupt kein Instrument zur Verfügung<br />

haben und nur in <strong>der</strong> Musikschule üben können.<br />

Werke<br />

Wie würden diese Kin<strong>der</strong> erst musizieren, wenn sie<br />

bessere materielle Voraussetzungen hätten.<br />

Wenn es <strong>der</strong> Stadt Lugosch gelingt, diesen einmaligen<br />

Kin<strong>der</strong>chor als eine feste kulturelle Einrichtung zu<br />

etablieren, so ist die Zukunft <strong>der</strong> so genannten „Musikstadt<br />

an <strong>der</strong> Temesch“ gerettet. Es bleibt dann nur<br />

noch zu wünschen übrig, dass man in das Programm<br />

auch Chorwerke Lugoscher Komponisten wie Wusching,<br />

Schwach, Vidu, Kurtág, Klepper o<strong>der</strong> Brediceanu<br />

aufnimmt und den Kin<strong>der</strong>n die Möglichkeit gibt,<br />

dieses einmalige bunte banater Gesangsrepertoire als<br />

wahre Botschafter ihrer Heimat in <strong>der</strong> Welt präsentieren<br />

zu lassen. Die Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lugoscher Musikschule<br />

haben ihre Aufgabe glänzend erfüllt. Jetzt sind die<br />

„Erwachsenen“ vom Rathaus, vom Kreis und vom<br />

Kulturministerium dran: ob sie die Zukunft dieser musikalischen<br />

Kin<strong>der</strong> und <strong>der</strong> Einmaligkeit <strong>der</strong> Lugoscher<br />

Chortradition sichern können, liegt in ihrer Hand.<br />

Rudolf Lassels Matthäuspassion eingespielt<br />

Der Hermannstädter Bachchor legt unter Leitung von Kurt Philippi eine historische Aufnahme vor<br />

von JOHANNES KILLYEN<br />

Rudolf Lassels siebenbürgische Passionsmusik war<br />

viele Jahrzehnte lang nur aus Beschreibungen bekannt,<br />

ein stummer Meilenstein <strong>der</strong> siebenbürgischen Musikgeschichte.<br />

Stumm? Nicht ganz natürlich. Ein Abschnitt<br />

des Werkes reicht in seiner Bekanntheit sogar<br />

an die Siebenbürgische Elegie heran. Doch wer hat<br />

jemals in dem eingängigen 42. Psalm „Wie <strong>der</strong> Hirsch<br />

schreit nach frischem Wasser“ einen Teil von Lassels<br />

Matthäuspassion gesehen? Kurt Philippi und dem<br />

Hermannstädter Bachchor ist es zu danken, dass diese<br />

„Siebenbürgische Passionsmusik“ endlich in einer vollständigen<br />

Aufnahme vorliegt und damit auch <strong>der</strong> 42.<br />

und <strong>der</strong> 43. Psalm („Richte mich Gott“) in ihren ursprünglichen<br />

Zusammenhang gestellt werden.<br />

Die Vollständigkeit ist bei Lassel freilich relativ zu sehen,<br />

denn <strong>der</strong> 1861 in Kronstadt geborene Komponist<br />

hat nur das 26. Kapitel des Matthäus-Evangeliums<br />

vertont, das 27. Kapitel (das mit Jesu Verhör vor Pilatus<br />

beginnt) aber unberührt gelassen. Warum, das kann<br />

man nur vermuten. Hermann Schlandt nimmt an, Lassel<br />

habe sich nicht imstande gefühlt, „in die Düsternis<br />

<strong>der</strong> tiefsten Leiden Jesu“ hinab zu steigen. Wolfgang<br />

Sand, <strong>der</strong> seine Magisterarbeit über Rudolf Lassel 1999<br />

publiziert und nun einen umfassenden Band über die<br />

Kronstädter Musikgeschichte vorgelegt hat, geht –<br />

deutlich pragmatischer - davon aus, dass Lassel <strong>für</strong>chtete,<br />

„das Publikum mit einer vollendeten und langen<br />

Passionsvertonung“ zu überfor<strong>der</strong>n.<br />

Folgt man den ersten Kritiken aus dem Jahr 1901, so<br />

war diese Furcht nicht unbegründet. Denn Bachs monumentale<br />

Passionen waren bis dato noch unbekannt<br />

in Siebenbürgen und die Zuhörer nicht gewöhnt, sich<br />

über Stunden hinweg in eine musikalische Darstellung<br />

des Passionsgeschehens zu vertiefen. Gleichwohl folgten<br />

Passionsaufführungen in Siebenbürgen einer langen<br />

Tradition, die bereits im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t mit <strong>der</strong> „Waltherschen“<br />

Passion begann, dann mit einer Komposition<br />

von Johann Sartorius senior im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t und<br />

einer Schobel-Passion im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t fortgeführt<br />

wurde.<br />

Daran schloss Lassels „Siebenbürgische Passionmusik“<br />

nahtlos an, und zwar keineswegs zufällig: Sie sollte ein<br />

Standardwerk werden, weshalb <strong>der</strong> Komponist Chor<br />

und Solisten nur die Orgel zur Seite stellte – was auch<br />

Ensembles auf den Dörfern zumindest theoretisch in<br />

die Lage versetzte, das Stück aufzuführen.<br />

Doch wie gesagt: Vor <strong>der</strong> Popularität, die die Matthäuspassion<br />

bald erlangte, stand Reserviertheit. Aufschluss<br />

über die Gründe da<strong>für</strong> gibt ein Auszug aus <strong>der</strong><br />

Kritik in <strong>der</strong> Kronstädter Zeitung vom 9. April 1901:<br />

Die Zuhörer, heißt es da, „wurden <strong>der</strong> vielen erbaulichen<br />

Betrachtungen müde, durch die sie wohl o<strong>der</strong><br />

übel den Fortgang <strong>der</strong> Handlung unterbrechen und in<br />

die Länge ziehen mußten“. Lassel hatte nämlich das<br />

Publikum einbezogen und ließ es – nach alter Tradition<br />

– alle Choräle mitsingen. Die wie<strong>der</strong>um waren nicht<br />

wie bei Bach harmonisch angereichert, son<strong>der</strong>n zum<br />

Zwecke <strong>der</strong> leichteren Ausführbarkeit sehr schlicht<br />

gesetzt. Einigen war das zu viel <strong>der</strong> Beschaulichkeit.<br />

Zudem, und das mag ebenso schwer wiegen, gewinnt<br />

Lassels Matthäuspassion erst allmählich an Dramatik.<br />

Die Rezitative spiegeln oft nur dezent die innere Bewegtheit<br />

<strong>der</strong> Protagonisten wi<strong>der</strong>, die Partie des Evangelisten<br />

ist ebenso ruhig angelegt wie naturgemäß die<br />

25


des Jesus. Bewegte Chöre sind in den ersten beiden von<br />

drei Teilen selten. Die omnipräsente Orgel kommentiert<br />

das Geschehen zwar viel und eigenständig, verleiht<br />

dem Werk jedoch einen betont liturgischen Charakter.<br />

Seltsam zum Beispiel, wie Lassel bei <strong>der</strong> Gefangennahme<br />

Jesu zuerst ein optimistisches Maestoso vorschreibt<br />

und nach kurzer dramatischer Zuspitzung<br />

gleich wie<strong>der</strong> die Beschaulichkeit sucht. Eine starke<br />

Affinität zu theatralischen Effekten scheint er nicht<br />

gehabt zu haben – so denkt man.<br />

Doch <strong>der</strong> dritte Teil (Jesus vor dem hohen Rat), <strong>der</strong><br />

nicht mehr im Original, son<strong>der</strong>n nur in Abschriften<br />

erhalten ist, zeigt, dass Lassel auch an<strong>der</strong>s kann. Gleich<br />

im Eingangschor „Richte mich, Gott“, einer Vertonung<br />

des 43. Psalms, beweist er feines dramatisches Gespür<br />

beim Wechsel zwischen verzweifelten Ausrufen <strong>der</strong><br />

Männerstimmen, engelsgleichem Zuspruch von Alt<br />

und Sopran sowie markanten Einwürfen von Solisten<br />

und Orgel. Der triumphale Abschluss „Harre auf Gott“<br />

ist <strong>der</strong> Höhepunkt des Werkes. Hier steht Lassels<br />

Kompositionskunst <strong>der</strong>jenigen Mendelssohns – <strong>der</strong><br />

sein großes Vorbild war – in nichts nach. Auch <strong>der</strong><br />

kurz darauf folgende Chor „Weissage uns Christe“<br />

erinnert an Mendelssohn, ja die ohne Antwort verbleibenden<br />

Ausrufe haben ein direktes Vorbild in den<br />

Baalsrufen aus dem „Elias“.<br />

Mag sein, dass es in Siebenbürgen Dorfchöre, Organisten<br />

und hochromantische Orgeln gab, die diesem Werk<br />

gewachsen waren. Sicher ist jedoch, dass die Vielzahl<br />

<strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten Solisten die Möglichkeiten ländlichen<br />

Musizierens in <strong>der</strong> Regel überfor<strong>der</strong>te. Kurt Philippi<br />

greift (trotz einiger Doppelbesetzungen) auf nicht weniger<br />

als neun Solosänger zurück, allen voran <strong>der</strong> nimmermüde,<br />

ungeheuer erfahrene, fast schon legendäre<br />

Zsolt Szilágyi, <strong>der</strong> seit Jahrzehnten führende Tenorpar-<br />

Gedanken zu einer neuen Passionsmusik<br />

Hans Peter Türk vollendete Lassels Matthäuspassion<br />

von URSULA PHILIPPI<br />

26<br />

tien in Siebenbürgen übernimmt und auch hier in <strong>der</strong><br />

Rolle des Evangelisten glänzt.<br />

Ihm zur Seite steht als Jesus ein weich, bestimmt und<br />

klangvoll agieren<strong>der</strong> Matthias Weichert, <strong>der</strong> in Dresdner<br />

als Hochschulprofessor tätig ist und das Ensemble<br />

bereichert. Die weiteren Solisten können nur erwähnt<br />

werden: Anita Hartig, Teodora Gheorghiu, Bianca<br />

Manoleanu, Dorothea Bin<strong>der</strong> (Sopran), Rotraut Barth<br />

(Alt), Wolfram Theilemann (Tenor) und Wilhelm<br />

Schmidts (Bass). Ursula Philippi an <strong>der</strong> Sauer-Orgel <strong>der</strong><br />

Hermannstädter Stadtpfarrkirche liefert dazu natürlich<br />

auf kongeniale Weise den Instrumentalpart, souverän<br />

zwischen <strong>der</strong> Funktion als Begleiterin und Solistin<br />

wechselnd.<br />

Den größten Respekt <strong>für</strong> diese Aufnahme muss man<br />

aber dem Hermannstädter Bachchor und seinem Leiter<br />

Kurt Philippi zollen, <strong>der</strong> durch unbedingten, jedoch nie<br />

übertriebenen Gestaltungswillen die schlichten Choräle<br />

aufwertet, die Chöre plastisch herausarbeitet und gerade<br />

in dem berühmten „Hirsch“-Psalm durch Leichtigkeit<br />

besticht. Der Bachchor folgt seiner Intention fast<br />

immer, bisweilen klingt das Ensemble wie ein Profichor.<br />

Dann wie<strong>der</strong> sind freilich Einzelstimmen deutlich<br />

hörbar, dem Gesamtklang fehlt – wie könnte es an<strong>der</strong>s<br />

sein bei einem Laienchor – ab und an die Homogenität.<br />

Zu bedenken ist dabei aber auch: Für so einen Chor<br />

hat Lassel seine Matthäuspassion, <strong>der</strong>en Wirkungsgeschichte<br />

intensiver erforscht werden sollte, damals<br />

komponiert. Genauso wie auch Hans Peter Türk, <strong>der</strong><br />

Klausenburger Komponist, es bis 2007 <strong>für</strong> den Bachchor<br />

tun wird. Im Jahr <strong>der</strong> europäischen Kulturhauptstadt<br />

Hermannstadt soll seine „Siebenbürgische Passionsmusik“<br />

uraufgeführt werden. Türk wird da anknüpfen,<br />

wo Lassel aufgehört hat.<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts komponierte <strong>der</strong> Kronstädter Kantor und Organist Rudolf Lassel (1861-<br />

1918) eine Passionsmusik nach dem Matthäusevangelium <strong>für</strong> Chor, Soli und Orgel. Er vollendete aber<br />

nur den <strong>für</strong> den Gründonnerstag vorgesehenen Teil. Neun Choräle und drei Psalmkompositionen begleiten<br />

und kommentieren das Geschehen, wie es im 26. Kapitel des Matthäusevangeliums berichtet wird.<br />

Lassels Tod im Jahr 1918 verhin<strong>der</strong>te die Vollendung <strong>der</strong> Passion. O<strong>der</strong> war es die kühle Aufnahme des<br />

Gründonnerstags-Abschnitts durch das Kronstädter Publikum bei <strong>der</strong> Erstaufführung? Wirkliche Beliebtheit<br />

erlangte nur die Psalmkomposition „Wie <strong>der</strong> Hirsch schreit nach frischem Wasser“, die als selbstständiges<br />

Werk Lassels von vielen Chören auch heute gesungen wird. Der Komponist bezeichnete seine<br />

Passionsgeschichte im Untertitel als „leicht ausführbar“. Das ist zumindest leicht übertrieben.<br />

Sowohl den Solostimmen als auch <strong>der</strong> Orgel als Orchesterersatz wird einiges abverlangt! Allein <strong>der</strong> Chor<br />

wird nicht über die Maßen gefor<strong>der</strong>t, sieht man vom großen Klanggemälde ab, das <strong>der</strong> Psalm „Richte<br />

mich, Gott“ in seiner symphonischen Fülle und Breite darstellt. Der zweite Teil <strong>der</strong> Textvorlage, das 27.<br />

Kapitel des Matthäusevangeliums, mit den dazu gehörigen Choralstrophen und Psalmversen, blieb unvertont.<br />

Rund hun<strong>der</strong>t Jahre später, im März 2005, kam es zur Vollendung <strong>der</strong> siebenbürgischen Passionsmusik.<br />

Was <strong>für</strong> eine Aufgabe! Die Komposition von Hans Peter Türk (geb. 1940) <strong>für</strong> die gleiche Besetzung,<br />

nämlich Chor, Soli und Orgel, liegt im Notensatz vor. Ein Blick auf die Partitur verrät: hier hat es


sich <strong>der</strong> Künstler nicht leicht gemacht. Den Ausführenden wird keine Fortsetzung <strong>der</strong> eingängigen Tonsprache<br />

Lassels geboten.<br />

Die Choräle werden ihres scheinbar zeitlosen Gewandes beraubt. „Mitten wir im Leben sind mit dem Tod<br />

umfangen“ kann, wer es ehrlich meint, heute nicht in <strong>der</strong> alten Tonsprache weitersingen. Auf dem Fundament<br />

eines stets wie<strong>der</strong>kehrenden Orgelbasses, <strong>der</strong> versucht, sich in Halbtonschritten vorwärts zu<br />

wälzen, singt <strong>der</strong> Chorbass zweistimmig die leicht verzerrte Choralmelodie. Die an<strong>der</strong>en Stimmen deklamieren<br />

dazu im Sprechgesang Zeile <strong>für</strong> Zeile, bis sich alle Stimmen am Ende singend finden: „Herr“ -<br />

ein Aufschrei, „erbarm dich unser“ - verlöschendes pianissimo. Was <strong>für</strong> eine Aufgabe, die seit Bachs<br />

Vertonung so überaus bekannten Worte des Matthäusevangeliums neu in Musik zu fassen! Vertraute<br />

und gut bekannte Musik läuft Gefahr, <strong>für</strong> uns zur schönen Klanghülse zu werden, die wir nur noch „genießen“.<br />

Türks Passionsvertonung wird uns mit Sicherheit davor bewahren, die Leidensgeschichte zu<br />

„genießen“. Unter die Haut wird sie gehen! Wenn die Solosopran-Stimme sich durch den Text „O Haupt<br />

voll Blut und Wunden“ windet, kontrapunktiert <strong>der</strong> Bass mit dem Motiv, das wir schon hörten: „Herr,<br />

erbarm dich meiner“. Ein Wort hat hier <strong>der</strong> Komponist verän<strong>der</strong>t: „meiner“ setzt er statt „unser“. Persönlicher<br />

kann eine Aussage gar nicht werden! Mit diesen Worten endet auch das Werk. Wer es singt, meint<br />

sich selbst, singt es stellvertretend <strong>für</strong> die Hörenden, bezieht letztendlich alle Menschen mit ein. Auf seine<br />

Art und mit seinen Gaben hat uns Hans Peter Türk in diesem Jahr ein Geschenk gemacht. Unsern<br />

Dank wird er empfangen, wenn wir seine Passionsmusik im Jahr 2007 erstmals zum Klingen bringen,<br />

und wenn wir uns als Hörende von <strong>der</strong> Musik ergreifen lassen. (ADZ, 18.03.2005)<br />

„Mit dem hohen echt kirchlichen Geist alter Kunst“<br />

Der Hermannstädter Bachchor spielte „Eine siebenbürgische Passion“ von Rudolf Lassel ein<br />

von THEALINDE REICH<br />

Zwei Ereignisse führten im Lauf des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

zu einer Rückbesinnung auf das große und verpflichtende<br />

Erbe <strong>der</strong> evangelischen Kirchenmusik: das Jubiläumsjahr<br />

<strong>der</strong> Reformation 1817 und die Wie<strong>der</strong>aufführung<br />

<strong>der</strong> Matthäuspassion von Johann Sebastian<br />

Bach durch Felix Mendelssohn-Bartholdy 1829. Dies<br />

Interesse an Schütz, Bach und <strong>der</strong>en Zeitgenossen<br />

erwachte im Kontext einer allgemeinen religiösen Reaktion<br />

auf die aufklärerische Zersetzung des christlichen<br />

Glaubens. Sowohl in Deutschland als auch in<br />

Siebenbürgen verfolgte man in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts und um die Jahrhun<strong>der</strong>twende eine<br />

innere Erneuerung <strong>der</strong> Kirche und damit ihrer Musik.<br />

Rudolf Lassel lernte während seines Studiums in Leipzig<br />

(1881-1883) nicht nur die Werke alter Meister kennen,<br />

son<strong>der</strong>n auch zahlreiche Neuschöpfungen im<br />

historisierenden Stil, von denen die Oratorien „Elias“<br />

und „Paulus“ des Konservatoriumsgrün<strong>der</strong>s Mendelssohn<br />

Bartholdy einen einsamen Höhepunkt darstellten.<br />

Alte Formen mit einer zeitgenössischen musikalischen<br />

Sprache zu füllen - das war das Credo jener Komponistengeneration,<br />

im Titelzitat vom Historisten Rochus<br />

von Lilienchron treffend formuliert.<br />

Zurück in Siebenbürgen hat sich Lassel um das Musikleben<br />

Kronstadts sehr verdient gemacht. Nicht nur als<br />

Pädagoge, Dirigent und Kantor verbesserte er das musikalische<br />

Niveau erheblich, son<strong>der</strong>n er führte das Publikum<br />

an die Schütz’sche Matthäuspassion heran und<br />

ebnete <strong>der</strong> hiesigen Bachrenaissance den Weg - die<br />

fraglose Bachverehrung war keineswegs schon immer<br />

eine Selbstverständlichkeit.<br />

Kompositorisch trat Lassel mit Lie<strong>der</strong>n, Chormusik<br />

und Orgelwerken in Erscheinung. Als sein Hauptwerk<br />

gilt allerdings „Die Leidensgeschichte unseres Herrn<br />

Jesu Christi“ Op. 23 nach dem Matthäus-Evangelium<br />

<strong>für</strong> Chor, Solostimmen, Gemeindegesang und Orgelbegleitung.<br />

Interessant ist an dieser Besetzung, dass das<br />

Orchester fehlt - war die alleinige Begleitung durch die<br />

Orgel zusammen mit dem Prädikat „leicht ausführbar“<br />

nur ein Zugeständnis an die eher bescheidenen Aufführungsmöglichkeiten<br />

<strong>der</strong> siebenbürgischen Gemeinden?<br />

Vielleicht besteht zusätzlich ein Zusammenhang mit<br />

den „Kirchenoratorien“, die auf Bestreben <strong>der</strong> Theologen<br />

in Deutschland entstanden: Diese Art Musik sollte<br />

wie<strong>der</strong> stärker liturgisch verankert und nicht nur als<br />

reines Kunstwerk betrachtet werden; <strong>der</strong> Gemeinde<br />

kam dabei gestaltende Mitwirkung zu, was auch völlig<br />

aus <strong>der</strong> Mode geraten war, nachdem die geistliche Musik<br />

aus <strong>der</strong> Kirche in den bürgerlichen Konzertsaal<br />

abwan<strong>der</strong>te. Durch die ausschließliche Orgelbegleitung<br />

und den Gemeindegesang sollte das Kirchenkonzert<br />

nun wie<strong>der</strong> ein gottesdienstliches Gepräge erhalten.<br />

Die Passion Lassels blieb lei<strong>der</strong> ein Fragment. Nur <strong>der</strong><br />

erste Teil mit <strong>der</strong> Handlung des Gründonnerstags wurde<br />

vertont, damit fehlt <strong>der</strong> Tod Jesu. Ab 1901 erklang<br />

das Werk alljährlich in <strong>der</strong> Karwoche in <strong>der</strong> Kronstädter<br />

Schwarzen Kirche.<br />

Die Stilbandbreite <strong>der</strong> Matthäus-Passion ist beeindruckend:<br />

barocke Elemente stehen neben solchen spätromantischer<br />

Natur. Der Orgel kommt eine außergewöhnliche<br />

Bedeutung zu: Sie erfüllt in den Rezitativen<br />

die traditionelle Funktion eines Continuo-Instruments,<br />

aber mit romantischen Crescendi und Diminuendi, sie<br />

ist Orchesterersatz, indem sie Stimmungsgemälde ent-<br />

27


wirft und das Geschehen kommentiert. Ihr gesamtes<br />

Klangspektrum wir voll ausgeschöpft.<br />

Wie in den oratorischen Werken <strong>der</strong> Barockzeit setzt<br />

sich <strong>der</strong> Text aus Evangeliumsabschnitten und freier<br />

Dichtung zusammen. Der Geschehensbericht wird auf<br />

traditionelle Weise durch den Evangelisten rezitativisch<br />

vorgetragen, wobei die handelnden Personen (Jesus,<br />

Petrus, Pilatus usw.) gelegentlich hinzutreten. Die Rolle<br />

des Volks fällt dem Chor zu. Betrachtende Arien fehlen<br />

bei Lassel, die meisten Choräle sind samt Harmonisierung<br />

dem damals gebräuchlichen Choralbuch entnommen,<br />

um <strong>der</strong> Gemeinde das Mitsingen zu erleichtern.<br />

Das Werk wird durch Psalmvertonungen dreigeteilt. Zu<br />

Beginn <strong>der</strong> Abschnitte II und III stehen die Psalmen<br />

Nr. 42 „Wie <strong>der</strong> Hirsch schreit nach frischem Wasser“<br />

bzw. Nr. 43 „Richte mich, Gott“. Diese sind so groß<br />

angelegt, dass sie im Werkverzeichnis des Komponisten<br />

als eigenständige Stücke erscheinen. Zu beiden<br />

Dichtungen existieren auch Kompositionen Felix<br />

Mendelssohn Bartholdys, <strong>der</strong> sicherlich eine Vorbildfunktion<br />

<strong>für</strong> Lassel einnimmt - wobei letzterer sich mit<br />

diesen Psalmen zweifellos mit dem Meister messen<br />

kann! Vornehmlich hier zeigt <strong>der</strong> Komponist, wie vollendet<br />

er die spätromantische musikalische Sprache mit<br />

ihrer chromatischen Vielfalt und ihrem Nuancenreichtum<br />

beherrscht.<br />

Wie schon die beiden vorangegangenen CDs, die <strong>der</strong><br />

Hermannstädter Bachchor unter Kurt Philippi eingespielt<br />

hat („Machet die Tore weit - Weihnachtsmusik in<br />

Siebenbürgen“ und „Weise mir, Herr, Deinen Weg -<br />

Psalmvertonungen aus Siebenbürgen“), enttäuscht auch<br />

diese Aufnahme die Erwartungen nicht. Minutiös wurde<br />

das Werk einstudiert, unter <strong>der</strong> Mitwirkung ausgewiesener<br />

Oratoriensänger des In- und Auslands. Zsolt<br />

Szilágyi, dem Publikum seit vielen Jahren als Evangelist<br />

gut bekannt, übernimmt auch hier diese Partie und<br />

singt mit gebotener Zurückhaltung, aber erstaunlicher<br />

Frische. Matthias Weichert, Professor an <strong>der</strong> Hochschule<br />

<strong>für</strong> Kirchenmusik in Dresden, gibt einen überzeugenden<br />

Jesus, <strong>der</strong> keine übermäßige Regung zeigt<br />

und sich willig in sein Schicksal fügt. Die Schil<strong>der</strong>ung<br />

des Innenlebens dieser Person wird <strong>der</strong> Orgel überlassen,<br />

die in manchmal dramatischen Läufen zeigt, wie es<br />

darum bestellt sein muss.<br />

Ja, die Orgel! Ursula Philippi entlockt <strong>der</strong> großen Sauer-Orgel<br />

in <strong>der</strong> Hermannstädter Stadtpfarrkirche wahrhaft<br />

zauberhafte Klänge. Den sowieso abwechslungsreichen<br />

Part gestaltet sie mit großer Klarheit, jedes<br />

eingeflochtene Choralzitat nimmt man sofort wahr,<br />

aber auch mit beeindrucken<strong>der</strong> Intensität in den solistischen<br />

Zwischenspielen, die <strong>für</strong> einige Momente den<br />

Zusammenhang vergessen lassen und die Aufmerksamkeit<br />

des Hörers ganz <strong>für</strong> sich beanspruchen. Merkwürdig<br />

blass und charakterschwach erscheint Petrus,<br />

von Wolfram Theilemann <strong>der</strong> Rolle entsprechend sehr<br />

einleuchtend vorgetragen. Der Chor schließlich verfügt,<br />

sicherlich auch dank seines umsichtigen Dirigenten,<br />

über ein bemerkenswertes Ausdrucksspektrum. Ganz<br />

in Anlehnung an den Gemeindegesang singt er in den<br />

Chorälen, die dem Choralbuch entnommen sind, vollkommen<br />

ohne Dynamik und Nuancen; dies än<strong>der</strong>t sich<br />

schlagartig in den zwei von Lassel selbst gesetzten<br />

Chorälen, wo annähernd jede Silbe eine eigene Lautstärke<br />

erfor<strong>der</strong>t. Sein ganzes Können zeigt <strong>der</strong> Chor in<br />

den Turbae - vor allem im dritten Teil, <strong>der</strong> dramaturgisch<br />

am interessantesten ist - und natürlich in den<br />

Psalmen, wo die größte musikalische Freiheit herrscht.<br />

Rudolf Lassel hat in seiner Matthäuspassion die von<br />

<strong>der</strong> Musikgeschichte gelernten Mittel in den Dienst<br />

mo<strong>der</strong>nen Empfindens und Ausdrucks gestellt und ein<br />

ebenso traditionsverhaftetes wie persönliches Bekenntnis<br />

zu diesem zeitlosen Thema geliefert. Im Jahr 2007,<br />

wenn Hermannstadt zusammen mit Luxemburg Kulturhauptstadt<br />

Europas sein wird, erlebt dort eine siebenbürgische<br />

Passionsmusik auf den von Lassel nicht<br />

mehr vertonten Karfreitagstext ihre Uraufführung. Der<br />

Klausenburger Komponist Hans-Peter Türk schrieb sie<br />

<strong>für</strong> dieselbe Besetzung. Dieses Werk, welches gleichermaßen<br />

Fortsetzung wie eigenständige Komposition<br />

sein wird, erwarten wir voller Ungeduld.<br />

Die CD ist bei Strube erschienen (VS 6284 CD) und dort erhältlich: Strube Verlag GmbH, Pettenkoferstr. 24,<br />

80336 München, Tel.: 089 / 544 26 611, Fax: 089 / 544 26 63 strube.verlag@strube.de, www.strube.de<br />

Die Wiener Quellen einiger Kindheitswerke George Enescus *<br />

von CLEMANSA LILIANA FIRCA (BUKAREST)<br />

Die Vorbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> zahlreichen Salontänze, die Enescu in seiner Kindheit komponierte, sind wahrscheinlich in Stücken<br />

aus Tanzalben <strong>für</strong> Klavier suchen. Sie erschienen in Wien gegen Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Sehr verbreitet waren die<br />

zwei Albumserien pro Jahr, grundsätzlich als „Wiener Tanz-Album“ bezeichnet, aber mit individuellen Titeln versehen<br />

und von unterschiedlichen Verlegern – über einen längeren Zeitraum hinweg – herausgegeben. Diese sind: 1. „Wiener<br />

Tanz-Album <strong>für</strong> Pianoforte solo“ (Wien, Ed. V. Kratochwill) und 2. „Wiener Tanz-Album unter dem Titel: Der Wiener<br />

* Enescus Werke werden im Folgenden auch durch Katalognummern bezeichnet (siehe Clemansa Liliana Firca, Catalogul tematic al<br />

creaţiei lui George Enescu. I (1886-1900), Bukarest 1985): durch die Anfangsbuchstaben CTE. I und die Katalogzahl.<br />

28


im Salon“ (Wien, Ed. Markus Krämer). Im folgenden werden die Verkürzungen WTA, WTA [1], WTA [2] verwendet 1.<br />

In WTA [2] erschienen oft (zwischen dem II. und XXVI. Veröffentlichungsjahr des Albums 2) Stücke von Josef Hellmesberger<br />

jr., Enescus zweitem Geigenlehrer am Wiener Konservatorium. Musik <strong>der</strong>selben Art komponierte auch sein<br />

erster Wiener Geigenlehrer, Sigmund Bachrich 3.<br />

In den erwähnten Alben tauchen überwiegend Walzer (gewöhnlich als Walzersuiten) auf und Polkas - letztere mit den<br />

Untergattungen „Polka schnell“, „Polka Mazurka“, „Polka française“ o<strong>der</strong> „Marsch-Polka“. Es kommen hier auch<br />

„Kadrillen“, „Märsche“ und „Galopps“ vor. All diese Gattungen (teils auch Untergattungen) <strong>der</strong> zeitgenössischen Salontänze<br />

finden sich in den Klavier- o<strong>der</strong> Violinwerken des sieben- bis achtjährigen Enescu. Aus einigen nicht unterzeichneten<br />

Manuskripten kann man schlussfolgern, dass Stücke aus den Druckausgaben <strong>der</strong> Zeit kopiert wurden:<br />

Wahrscheinlich standen Enescu die WTA-Reihen zur Verfügung, zumal in den Jahren, als er Schüler des Wiener Konservatoriums<br />

und im Hause <strong>der</strong> Familie Hellmesberger 4 unterbracht war. Letztere besaß sicher zumindest die WTA [2]-<br />

Sammlung.<br />

Es ist jedenfalls bemerkenswert, dass die Walzer-Formen, die Enescu als Kind komponierte, verblüffend ähnlich denen<br />

sind, die man in den „Wiener Tanzalben“ <strong>der</strong> Zeit vorfindet: eine Reihe Walzer (nummeriert) mit einer Einführung<br />

(von den verschiedenen Autoren wahlweise als „Introduktion“, „Eingang“ o<strong>der</strong> „Einführung“ betitelt) und am Ende<br />

einer „Coda“ (Schluss).<br />

Die Konzert-Ouvertüre scheint die erste symphonische Form gewesen zu sein, mit <strong>der</strong> Enescu sich in <strong>der</strong> Klasse seines<br />

Wiener Kompositionslehrers Robert Fuchs zwischen 1892 und 1894 befasste. In einem autographen Katalog seiner<br />

Werke, <strong>der</strong> bis zu op. 29 reicht (zusammengestellt wahrscheinlich kurz nach <strong>der</strong> Komposition des Klavierquintetts op.<br />

29), erwähnt Enescu - im Kapitel „Œuvres d’enfance“ - zwei „Ouvertüren <strong>für</strong> Orchester“ in e-Moll und D-Dur und<br />

eine dritte „unvollendete“ in E-Dur. Die ersten zwei wurden „etwa mit 10 bis 11 Jahren“ und die letzte „mit etwa 13<br />

Jahren“ geschrieben. Diese Eintragungen werden nur teilweise durch die Kindheits-Manuskripte bestätigt.<br />

Während über die ersten zwei Ouvertüren (CTE. I, 227 und CTE. I, 229) nichts Außergewöhnliches zu sagen ist –<br />

außer dass allein die Ouvertüre in e-Moll datiert ist (1892), so ist die Lage bei <strong>der</strong> E-Dur-Ouvertüre ein wenig komplizierter.<br />

Das Werk wurde in zwei Etappen komponiert. Einem Klavierentwurf, „geschlossen“, datiert 1892 (Titel: „II.<br />

Concert-Ouvertüre“, CTE. I, 228) folgte eine erweiterte Klavierfassung desselben Werks, „ebenfalls geschlossen“, 1894<br />

datiert, jedoch mit einem an<strong>der</strong>en Titel („Introduzione <strong>für</strong> Klavier“ - CTE. I, 66). Danach wurde – wahrscheinlich im<br />

gleichen Jahr - ein Großteil <strong>der</strong> gleichen Komposition in Orchesterpartitur übertragen („Introduzione <strong>für</strong> Orchester“ -<br />

CTE. I, 229 bis). Daraus folgt, dass im autographischen Katalog des Komponisten, als Ouvertüre in E-Dur, nur die<br />

unvollendete Orchesterfassung des Werkes erscheint. Es ist möglich, dass die „Introduzione“ <strong>für</strong> Klavier (auch) als<br />

selbstständiges Stück gedacht war, wenngleich die Orchestrierung zum gleichnamigen symphonischen Werk führen<br />

sollte.<br />

Übrigens scheint eine Klavierfassung <strong>der</strong> Gattung „Konzertouvertüre“ bei einigen Wiener Kleinmeistern <strong>der</strong> Zeit verbreitet<br />

gewesen zu sein: Eine „Concert-Ouvertüre“ <strong>für</strong> Klavier, von Jean Klimsch geschrieben, erscheint beispielsweise<br />

in einer Nummer des WTA [2] im Jahr 1892 o<strong>der</strong> 1893. Diese Musikgattung fand also Einzug in die kompositorische<br />

Praxis – und zwar sowohl auf akademischer Ebene wie auch als eher anspruchlose Komposition.<br />

Es ist bemerkenswert, dass Enescu auf das Brahms’sche Modell <strong>der</strong> Gattung explizit nur in den Jahren des Pariser Studiums<br />

(1895-1899) Bezug nehmen wird. Seine Schul-Ouvertüren, die „Tragische“ („Ouverture tragique pour grand<br />

orchestre“ – CTE. I, 232) und die „Triumphale“ („Ouverture triomphale“ - CTE. I, 244) aus den Jahren 1895 und<br />

1896, stammen offensichtlich - zumindest als Idee - von dem ähnlich polarisierten Brahms’schen Ouvertürenpaar ab:<br />

<strong>der</strong> „Akademischen Festouvertüre“ op. 80 und <strong>der</strong> „Tragischen Ouvertüre“ op. 81. Beide hat Brahms, <strong>der</strong> 1878 nach<br />

Wien zog, 1880 komponiert. Die gleiche Tonart d-Moll in Brahms’ und Enescus „Tragischer“ Ouvertüre kann den<br />

Einfluss des Vorbildes auf den 14-jährigen rumänischen Komponisten nur bestätigen.<br />

1 Die Alben bei<strong>der</strong> Reihen haben enthalten das Erscheinungsjahr, nicht aber das Veröffentlichungsjahr. Aus <strong>der</strong> Untersuchung<br />

bei<strong>der</strong> Sammlungen (in <strong>der</strong> Österreichischer Nationalbibliothek, Wien) schließen wir aufgrund indirekter Hinweise, dass die jeweils<br />

ersten Erscheinungsjahre <strong>für</strong> WTA [1] 1877 und <strong>für</strong> WTA [2] 1877 o<strong>der</strong> 1878 sind.<br />

2 Vermutlich zwischen 1878 (1879) und 1902 (1903) - siehe Fußnote 1.<br />

3 Am 26. Oktober 1889 schrieb Enescu aus Wien seinem Vater: „Wir haben 5 von Herrn Bachrich komponierte Stücke gekauft, die<br />

sehr schön sind. Eine Serenade, ein Walzer, ein Rococco usw.“ (nach Romeo Drăghici, George Enescu. Biografie documentară.<br />

Copilăria şi anii de studii (1881-1900), Bacău 1973, S. 35).<br />

4 Es ist aber sehr wahrscheinlich dass Enescu solche Alben und Stücke schon gesehen, o<strong>der</strong> (vielleicht im Hause von Bekannten)<br />

schon vor seiner Abreise nach Wien von ihnen gehört hatte: Der Komponist wird sich daran erinnern, dass er den „Nelkenblumen-<br />

Walzer“ (CTE. I, 32) mit etwa sechs Jahre geschrieben hatte, mehr als ein Jahr also vor seiner ersten Reise nach Wien im Oktober<br />

1888). Die Frage liegt aber nahe, ob die Blumen-Namen einiger Walzer – auch das Werk „Die Flie<strong>der</strong>“ (CTE. I, 33) nicht den Titel<br />

von Hellmesbergers Walzer „Duftende Rosen“ imitierten, <strong>der</strong> in WTA [2], Jg. IX (also 1885 o<strong>der</strong> 1886) erschien. In diesem Fall<br />

könnte <strong>der</strong> junge Verfasser die Titel nach einige Zeit nach <strong>der</strong> Komposition gefunden haben.<br />

29


Ausgehend von <strong>der</strong> großen Bedeutung, die die Erinnerung in Enescus Kompositionsprozess spielt 5, möchte ich als<br />

Hypothese die Idee vorstellen, dass diese kompositorischen (und allgemein musikalischen) Erfahrungen aus seiner<br />

Wiener Studienzeit in Enescus späteren Werken einige „Spuren“ hinterließen. Damit ist einerseits <strong>der</strong> Satz „Mouvement<br />

de Valse bien rythmée“ aus dem Oktett <strong>für</strong> Streicher op. 7 gemeint, das Enescu 19-jährig schrieb – also nur etwa<br />

12 Jahre nach den Kindheitskontakten mit <strong>der</strong> Welt des Wiener Walzers. An<strong>der</strong>erseits habe ich eine deutliche Anspielung<br />

auf diese Episode in einem sehr späten Werk, und zwar im Quartett op. 22 Nr. 2, festgestellt. Ebenso auffällig ist<br />

die unerwartete Wie<strong>der</strong>aufnahme <strong>der</strong> Gattung „Konzert-Ouvertüre“ im vorletzten Werk des Komponisten, <strong>der</strong> „Konzert-Ouvertüre<br />

auf Themen in Rumänischem Volkscharakter“ op. 32.<br />

5 Es gibt in <strong>der</strong> Musik Enescus „eine Konstante[...] <strong>der</strong> Rückkehr, <strong>der</strong> Erinnerung“ (Clemansa Liliana Firca, Biografie şi creativitate,<br />

in: C.L.F. Enescu. Relevanţa “secundarului”, Bucureşti, Ed. Institutului Cultural Român, 2005, S. 13).<br />

30


Banater Klavierwerke <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit<br />

Untersuchung zu bekannten und unbekannten Werken – Rezeption in <strong>der</strong> Tagespresse<br />

von DR. MARIA BODO<br />

Maria Bodó: Creatia banateana pentru pian in perioada interbelica, Editura Marineasa, Temeswar 2005, ISBN 973-631-168-6<br />

Obwohl die Chormusik kennzeichnend <strong>für</strong> das Banater Schaffen ist, gab es zahlreiche und hochwertige Instrumentalwerke.<br />

Das rechtfertigt unser Interesse und vor allem die Notwendigkeit, sie in den wissenschaftlichen Rahmen mit<br />

einzuschließen. Neben den bekannten Klavierwerken, die als wertvolle rumänische Schöpfungen anerkannt sind, werden<br />

hier auch Werke angeführt, die bisher noch nie in einem Lexikon o<strong>der</strong> einer wissenschaftlichen Arbeit erwähnten<br />

wurden.<br />

Das erste Kapitel erörtert die Entwicklung des Banater Musiklebens <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit, beziehungsweise: „das<br />

Konzertleben“ (das Auftreten berühmter Musiker wie Franz Liszt, Johann Strauß, Pablo de Sarasate, Henrik Wieniawski,<br />

Johannes Brahms, Joseph Joachim, David Popper, Jan Kubelik sowie auch von in Europa sehr berühmten<br />

Kammermusikensembles wie z.B. des Hellmesberger Quartetts, des Heckmann Saitenquartetts und des Florentinerquartetts<br />

auf <strong>der</strong> Temeswarer Bühne), zudem „den Musikunterricht, das Lyrische Theater und Chormusik“.<br />

Die von Alexandru Mocsonyi, Hermann Klee, Antoniu Sequens, Tiberiu Brediceanu und Sofia Vlad Rădulescu komponierten<br />

Werke weisen eine westliche Orientierung auf. Gleichzeitig erscheinen zahlreiche Werke, die volkstümliche<br />

Elemente enthalten und die Emanzipation des rumänischen Geistes, den Abschied von fremden Vorbil<strong>der</strong>n und die<br />

Gründung einer nationalen Schule anstreben – einer Schule, die auf die einheimische Kultur bezogen ist: Sofia Vlad<br />

Rădulescu, Ion Iancu, Stefan Perian, Antoniu Sequens und Tiberiu Brediceanu haben Miniaturen, Suiten, improvisierte<br />

und rhapsodische o<strong>der</strong> <strong>für</strong> die westeuropäische Musik spezifische Formen komponiert und sie den nationalen Charakteristiken<br />

angepasst. Die Vielfalt <strong>der</strong> musikalischen Formen in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts wie auch die in<br />

einer Reihe von Werken zu findenden kompositorischen Elemente beweisen, dass die Banater Klavierliteratur ihren<br />

Beitrag zum Aufbau <strong>der</strong> rumänischen Kompositionsschule geleistet hat. Zum ersten Mal werden hier die wichtigsten<br />

Werke einer Formanalyse unterzogen, die Werturteile erlaubt.<br />

Das Musikleben und <strong>der</strong> Musikunterricht <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit werden behandelt wie bisher noch nie in <strong>der</strong> rumänischen<br />

Musikwissenschaft: in einer vergleichenden Presseanalyse. Es wurden drei Temeswarer Zeitungen untersucht:<br />

eine rumänische, eine ungarische und eine <strong>deutsche</strong> (Vestul, Temesvari Hirlap und Temeswarer Zeitung). Die Untersuchung<br />

weist unter an<strong>der</strong>em auf die institutionellen Rahmenbedingungen hin, genauer gesagt auf die mit <strong>der</strong> Gründung<br />

eines ständigen Orchesters und einer örtlichen Oper verbundenen Maßnahmen. Die Untersuchung hat ergeben, dass<br />

die drei Zeitungen aus nachvollziehbaren Gründen jeweils bestimmten Aspekten des Musiklebens einen Vorrang einräumten.<br />

Deshalb kann die Untersuchung einer einzigen Zeitung noch lange keine komplette und umfassende Darstellung<br />

<strong>der</strong> Ereignisse bieten. Eine Liste mit allen Daten <strong>der</strong> Interpreten, <strong>der</strong>en Auftritte sich in den Zeitungen auf differenzierte<br />

Art spiegeln, macht die Beziehung einer Provinzstadt zu den groβen Werten <strong>der</strong> Interpretationskunst deutlich.<br />

Die Untersuchung ergab, dass die Stadt, und in einem erweiterten Rahmen das Banat an die bedeutenden Kreise <strong>der</strong><br />

europäischen Interpretationskunst angeschlossen waren.<br />

Das Kapitel „Die Komponisten <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit und ihre Klavierwerke“ fasst die Aktivitäten <strong>der</strong> Banater Komponisten<br />

zusammen, mit beson<strong>der</strong>em Augenmerk auf den Beitrag von Tiberiu Brediceanu, Sabin Drăgoi, Alma Cornea<br />

Ionescu, Eugen Cuteanu, Filaret Barbu, Nicolae Ursu, Vasile Ijac, Zeno Vancea, Hermann Klee, Richard Karl Oschanitzky,<br />

Vadim Sumski und Mircea Popa. Je<strong>der</strong> Komponist hatte ein an<strong>der</strong>es Interesse am Klavier, doch alle Werke haben<br />

zur Entwicklung <strong>der</strong> Gattung beigetragen und sind ein wichtiger Beitrag zum rumänischen Musikschaffen.<br />

Den „Richtungen in dem pianistischen Schaffen <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit“ ist das längste Kapitel dieser Arbeit gewidmet.<br />

Die Zwischenkriegszeit bedeutet <strong>für</strong> die gesamte Musikkultur einen bis dahin nicht gekannten Aufschwung. Sie hat zur<br />

Festigung <strong>der</strong> rumänischen musikalischen Nationalschule beigetragen durch eine Reihe von Komponisten, die sich<br />

auch jenseits <strong>der</strong> Landesgrenzen behaupteten.<br />

In <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Klavierwerke habe ich eine Auswahl getroffen, in <strong>der</strong> das Wertkriterium vorrangig ist, aber auch das<br />

Kriterium <strong>der</strong> Neuheit. Mein Wunsch war es, Anteile <strong>der</strong> abendländischen Musikkultur, die einer allgemeinen musikalischen<br />

Sprache folgen, in den wissenschaftlichen und vielleicht auch künstlerischen Rahmen aufzunehmen.<br />

Der Beitrag <strong>der</strong> Banater Komponisten hinsichtlich einer allgemein verbreiteten Orientierung ist eindeutig, beson<strong>der</strong>s in<br />

den Werken von Vasile Ijac, Zeno Vancea, Mircea Popa, Richard Karl Oschanitzky, Hermann Klee, Eugen Cuteanu,<br />

Filaret Barbu, die sich von dem volkstümlichen Muster entfernen und sich den westeuropäischen Modellen nähern,<br />

auch bei einigen klaren Hinweisen auf die rumänische Sphäre.<br />

Die repräsentativen Werke <strong>der</strong> Banater Komponisten, von denen einige noch nicht herausgegeben sind („Tanz“ von<br />

Zeno Vancea, „Kleine Suite“ von Hermann Klee) belegen die Vielfalt <strong>der</strong> Klavierschöpfungen in <strong>der</strong> Zwischenkriegs-<br />

31


zeit, sowohl vom stilistischen als auch vom formalen Standpunkt. Auch wenn die melodische und harmonische Behandlung<br />

<strong>der</strong> modalen und tonal-chromatischen Struktur und einige Anlehnungen an die volkstümliche Melodik ausreichen<br />

würden, einen Teil dieser Werke in das Kapitel <strong>der</strong> Verwertung <strong>der</strong> Folklore einzuglie<strong>der</strong>n, so ist ihre allgemein<br />

verbreitete Seite betonter, wodurch die Werke in den Rahmen <strong>der</strong> westeuropäischen Musik eingeordnet werden können,<br />

nach dem von George Enescu geschaffenen Modell. Wir beziehen uns auf Werke von Vasile Ijac, Zeno Vancea<br />

und Mircea Popa, die den Raum einer „imaginären Folklore“ erforschen.<br />

Bedeutende didaktische Klavierwerke von Sabin Dragoi, Alma Cornea-Ionescu und Vadim Sumski sind wie<strong>der</strong> stärker<br />

in unser Blickfeld gerückt. Formale Aspekt und die Interpretation sind hier miteinan<strong>der</strong> verknüpft, hervorgehoben<br />

werden bestimmte technische Probleme. Die meisten Übungen sind von Volksmusik beeinflusst, einfach in ihrer Melodik<br />

und zugänglich -und werden deshalb von jungen Schülern gern gespielt. Viele dieser Werke wurden schon in <strong>der</strong><br />

Zwischenkriegszeit in den Unterricht aufgenommen.<br />

von KLAUS DIETER UNTCH<br />

Wenn man sich mit <strong>der</strong> siebenbürgischen Musikgeschichte<br />

auseinan<strong>der</strong>setzt, so stößt man immer wie<strong>der</strong><br />

auch auf die stattliche Gemeinde Heldsdorf im Burzenland.<br />

So stammen wohl die ältesten Orgelmusikhandschriften<br />

Siebenbürgens vom namhaften Organisten<br />

<strong>der</strong> Schwarzen Kirche in Kronstadt, Daniel Kroner<br />

(1655-1740), welcher seinen letzten Lebensabschnitt als<br />

Pfarrer in Heldsdorf verbrachte. Ein weiterer begnadeter<br />

Musiker aus Heldsdorf war Johann Lukas Hedwig<br />

(1802-1849), <strong>der</strong> vielleicht bekannteste Musiker <strong>der</strong><br />

Klassik aus Siebenbürgen, welchem wir auch die Melodie<br />

des Siebenbürgenliedes verdanken. Der bedeutendste<br />

siebenbürgische Musiker <strong>der</strong> Spätromantik war<br />

Paul Richter (1875-1950), dessen Vater und Großvater<br />

aus Heldsdorf stammen. In Heldsdorf entwickelte sich<br />

wie an an<strong>der</strong>en Orten eine von <strong>der</strong> ganzen Gemeinschaft<br />

getragene Musikkultur mit Männergesangverein,<br />

Blasmusik und Orchester, die manchen Zeitgenossen<br />

noch in gegenwärtiger Erinnerung sind. Auch in den<br />

letzten Jahren wurden Orgeldienst und Chorleitung<br />

glücklicherweise von professioneller Hand versehen:<br />

Auf Edith Toth (heute Kantorin in Mediasch) folgte<br />

zeitweilig Paul Cristian (Kantor in Bartholomae-<br />

Kronstadt), bis <strong>der</strong> Verfasser dieser Zeilen an seine<br />

Stelle trat. Um die Erhaltung des Kirchenchors hat sich<br />

Kirchenmusikwart Kurt Philippi beson<strong>der</strong>e Verdienst<br />

erworben, welcher geraume Zeit aus Hermannstadt<br />

pendelte, um den Heldsdörfer Chor zu betreuen. Doch<br />

wie steht es mit <strong>der</strong> Heldsdörfer Orgel?<br />

Seit fast zweihun<strong>der</strong>t Jahren ist sie Zeugin einer bewegten<br />

Ortsgeschichte. Sie gehört zur wertvollen Ausstattung<br />

<strong>der</strong> Kirche, <strong>der</strong>en Herzstück <strong>der</strong> imposante Flügelaltar<br />

ist. Der Glanz des Altars ist geblieben, <strong>der</strong><br />

Klang <strong>der</strong> Orgel aber ermattete. Die zahlreichen verstimmten,<br />

gebrochenen und verwurmten Pfeifen stöhnen<br />

am Joch <strong>der</strong> schwergängigen Mechanik ihr klägliches<br />

Geheule. Der unbefangene Zuhörer erfreut sich<br />

erst, wenn die Orgel verstummt. Ganz zu schweigen<br />

von <strong>der</strong> seelischen Tortur, die ein dort spielen<strong>der</strong> Organist<br />

über sich ergehen lässt. Aber das Heldsdörfer<br />

32<br />

Instrumente<br />

Fast im Originalzustand belassen<br />

Die Heldsdörfer Orgel soll restauriert werden<br />

Presbyterium sowie Fachleute und Orgelfreunde sind<br />

sich einig: Die Orgel soll umfangreich restauriert werden.<br />

Zunächst einmal ein kleiner geschichtlicher Überblick<br />

<strong>der</strong> Heldsdörfer Thois-Orgel. Im Jahre 1709 kaufte<br />

die Kirchengemeinde eine Orgel. Diese wurde bereits<br />

1785 durch eine neue, vom Schlesier Johann Prause<br />

gebaute Orgel ersetzt, die jedoch durch das Erdbeben<br />

aus dem Jahre 1802 zerstört wurde.<br />

Fünf Jahre danach schuf Johann Thois aus Rosenau<br />

eine neue Orgel, bei <strong>der</strong> Teile des Prause-Instruments<br />

verwendet wurden. Erst 1835 wurde sie vergoldet und<br />

farbig gefasst. Jahrzehnte später erfolgten an <strong>der</strong> Orgel<br />

verschiedene Reparaturen und Umbauten: 1878 von<br />

Wilhelm Hörbiger und 1939 von Karl Einschenk. Die<br />

Arbeiten an <strong>der</strong> Orgel waren aber nur Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> technischen Spielanlage. Die Orgel erhielt ein elektrisches<br />

Windgebläse und einen freistehenden Spieltisch.<br />

Dieser wurde mit Blick in das Kirchenschiff umgedreht<br />

und freigestellt, und das gilt inzwischen als größter<br />

Eingriff in die historische Bausubstanz. Die Orgel ist<br />

zur Zeit schwer spielbar. Die Holzregister sind kaum<br />

zu gebrauchen. Es fehlen einzelne Innenpfeifen. Die<br />

Holzpfeifen sind verwurmt, verschmutzt und wegen<br />

Mangel an Haltevorrichtungen umgefallen. Die Metallpfeifen<br />

sind stark verbeult, haben Mündungsdefekte,<br />

Pfeifenfüsse sind angestochen, um undichten Wind<br />

abzuleiten. Was die Fachleute an <strong>der</strong> Orgel positiv<br />

finden: Von früheren Umbauten verschont blieben<br />

Eingriffe ins Pfeifenmaterial.<br />

Die Erhaltung aller Pfeifen, einschließlich <strong>der</strong> Prospektpfeifen,<br />

und somit <strong>der</strong> Disposition, machen dieses<br />

Instrument zu einem wertvollen Zeitdokument. Es ist<br />

herauszuhören, dass die Orgel durch ihre beson<strong>der</strong>e<br />

Grundsubstanz trotz ihres traurigen Zustands einen<br />

außergewöhnlich schönen Klang hat. Die Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

<strong>der</strong> Orgel von Johann Thois wäre eine Bereicherung<br />

<strong>der</strong> Kirchengemeinde und <strong>für</strong> die Orgellandschaft<br />

<strong>der</strong> ganzen Region. Folgende Arbeiten an <strong>der</strong><br />

Orgel stehen bevor: Rekonstruktion, Restaurierung <strong>der</strong><br />

Pfeifen, Anbringen von Halteleisten <strong>für</strong> die Holzpfei-


fen, Nachbau fehlen<strong>der</strong> Pfeifen, Intonation sämtlicher<br />

Pfeifen und Stimmen <strong>der</strong> Orgel.<br />

Folgende Argumente sprechen <strong>für</strong> die Restaurierungsarbeiten:<br />

a. Es handelt sich um ein historisch komplett<br />

erhaltenes und wertvolles Instrument. b. In Heldsdorf<br />

existiert eine intakte Kirchengemeinde mit regelmäßigen<br />

Gottesdiensten, die Kirchenmusik wird gepflegt. c.<br />

Reisende, Besucher, Orgelfreunde (auch aus Heldsdorf)<br />

sind an Konzertabenden bzw. CD-Einspielungen an<br />

<strong>der</strong> Heldsdörfer Orgel interessiert. d. Zahlreiche<br />

Heldsdörfer Orgelfreunde aus dem In- und Ausland<br />

unterstützen finanziell die Orgelrestauration. f. Auch<br />

die Heldsdörfer Orgel nimmt als wichtiges Kulturerbe<br />

einen beson<strong>der</strong>en Stellenwert ein. Die Restauration<br />

wird von <strong>der</strong> neu eingerichteten Lehrwerkstatt <strong>für</strong> Or-<br />

gelbau aus Honigberg übernommen. Die Leitung haben<br />

erfahrene Fachleute: Orgelbaumeister Ferdinand<br />

Stemmer und die diplomierte Orgelbauerin Barbara<br />

Dutli. Beide stammen aus <strong>der</strong> Schweiz. Bisher haben<br />

sie folgende Orgeln in Siebenbürgen restauriert: die<br />

berühmte Buchholzorgel <strong>der</strong> Schwarzen Kirche Kronstadt,<br />

die Hesse-Orgel im Chorraum <strong>der</strong> Schwarzen<br />

Kirche und die Prause-Orgel aus Marienburg. Beson<strong>der</strong>s<br />

unterstützt wird das Projekt von <strong>der</strong> Schweizerischen<br />

Stiftung <strong>für</strong> Orgelbau in Rumänien sowie durch<br />

die Heimatortsgemeinschaft Heldsdorf. Auch werden<br />

zahlreiche Benefizkonzerte <strong>für</strong> diese Orgelrestauration<br />

gestartet. Eines davon wurde schon im vergangenen<br />

Jahr in <strong>der</strong> Schweiz mit sehr gutem Erfolg von Kirchenmusiker<br />

Matthias Wamser veranstaltet.<br />

Für die Restauration <strong>der</strong> historischen Thois-Orgel in Heldsdorf möchten wir zu einer Spendenaktion aufrufen. Folgende Spendenkonten<br />

unter dem Vermerk „Orgelrestauration – Heldsdorf“ stehen da<strong>für</strong> zur Verfügung: Deutsche Bank, 24 Singen, Nr.<br />

095017060, BLZ 692 700 24 (in Deutschland) o<strong>der</strong> Raiffeisen Bank Bra{ov, Konto Nr. 3113173 (ROL). Weitere Spenden<br />

werden persönlich in Heldsdorf von Kurator Karl Nikolaus (Tel: 0268 / 48.11.18) sowie im Sekretariat des Pfarramts in<br />

Zeiden (Tel.: 0268 / 25.18.53) angenommen. Informationen betreffend Orgelrestauration in Heldsdorf können auch per E-<br />

Mail unter klausuntch@yahoo.de abgefragt werden. Jede Spende wird öffentlich bekannt gegeben und mit einer symbolischen<br />

Urkunde bestätigt. Die Neueinweihung <strong>der</strong> Thois-Orgel ist <strong>für</strong> Sommer 2007 ins Auge gefasst.<br />

von Dr. FRANZ METZ<br />

Aus Paris über Rom nach Maria-Radna<br />

Die Wegenstein-Orgel <strong>der</strong> Basilika zu Maria-Radna wurde vor 100 Jahren erbaut.<br />

Nein, ein hohes Alter <strong>für</strong> eine historisch wichtige Orgel ist es nicht, stehen doch in Banater Kirchen auch solche, die<br />

vom Ende des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts stammen. Doch ihre Geschichte ist äußerst spannend und interessant, verbindet sie<br />

doch Elemente des französischen Orgelbaus des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts mit jenem des damaligen Ungarns. Welcher Wallfahrer,<br />

<strong>der</strong> die Basilika zu Maria-Radna betreten hat, wurde von dem in Weiß und Gold gefassten Gehäuse <strong>der</strong> Orgel nicht<br />

ins Staunen versetzt? Dabei handelt es sich um ein wahres Meisterwerk des Temeswarer Orgelbauers Carl Leopold<br />

Wegenstein (1858 Wien – 1937 Temeswar), das er vor genau 100 Jahren, 1905, errichtet hat.<br />

Wegenstein erlernte seinen Beruf als Orgelbauer in Wien. 1880 ließ er sich in Temeswar nie<strong>der</strong>, heiratete die Tochter<br />

des Orgelbauers Josef Hromadka und begann hier Orgeln zu bauen. In <strong>der</strong> Mehrzahl sind es Instrumente von guter<br />

Qualität, die späteren Fabriksorgeln seiner Nachfahren sind aber von geringerer Güte. Von seinen acht Kin<strong>der</strong>n wurden<br />

Richard, Josef und Viktor seine Nachfolger im Orgelbau. Die erste Werkstatt hat er 1888 im Hause Hromadka<br />

eingerichtet, sie wurde aber bald zu klein <strong>für</strong> die Bewältigung <strong>der</strong> Aufträge, so dass er eine größere, mo<strong>der</strong>nere in <strong>der</strong><br />

Elisabethstadt errichtete. Hier arbeitete er mit Dampfmaschinen und später auch mit elektrischen Maschinen. Wegenstein<br />

bezeichnete seine Firma auf dem Briefkopf seiner Korrespondenz als „Erste Orgelbauanstalt Südungarns mit<br />

Dampfmaschinen“. Seit 1921 hieß die Firma L. Wegenstein und Söhne, Leiter blieb er jedoch bis zum 10. März 1937.<br />

Seine erste große Orgel ist die in <strong>der</strong> Temeswarer Innerstädtischen Pfarrkirche, die 1896 bei <strong>der</strong> Weltausstellung in<br />

Budapest einen ersten Preis erhielt. Sie wurde danach von den Stadtvätern Temeswars angekauft und führt deshalb<br />

auch das Stadtwappen in <strong>der</strong> Stirnkartusche. Sie befindet sich heute in einem fast unspielbaren Zustand. Weitere große<br />

Wegenstein-Orgeln stehen in <strong>der</strong> Temeswarer Innerstädtischen Synagoge, Maria-Radna, St. Josephskathedrale (Bukarest),<br />

in <strong>der</strong> Millenniumskirche <strong>der</strong> Fabrikstadt (Temeswar), im Temeswarer Dom als Opus 100, in Ungarn und in Serbien.<br />

Auf dem Kostenvoranschlag <strong>für</strong> die Millenniumsorgel notierte <strong>der</strong> damalige Stadtpfarrer Brandt die Daten über<br />

Wegensteins Ausbildung: „Studienreise bei: Walker in Ludwigsburg, Jämlich Dresden, Dinze in Berlin, Weigle Stuttgart, Hickmann<br />

in Dachwig bei Erfurt, Coll in Luzern, Kaufmann in Dresden, Gissege in Göttingen, Laukuf Weikersdorf bei Koblenz.“<br />

Obzwar die Wallfahrtskirche <strong>der</strong> Franziskaner in Maria-Radna nie ein eigenes Kirchenmusikensemble hatte, wurden<br />

gelegentlich höherer Besuche und zu wichtigeren Festtagen Kirchenmusiker, Instrumentalisten und Chöre aus Arad,<br />

Lippa und Temeswar eingeladen. Bei Wallfahrten wurden die Kirchenlie<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Orgel begleitet und wie die Zahl <strong>der</strong><br />

Pilger nach 1900 immer mehr zunahm brauchte man auch ein größeres Instrument da<strong>für</strong>. Aus <strong>der</strong> Historia Domus des<br />

Radnaer Franziskanerklosters erfahren wir, dass 1797-98 <strong>der</strong> Temeswarer Orgelbauer Franz Anton Wälter eine neue<br />

Orgel mit 20 Registern erbaut hat. In den nachfolgenden Jahren werden sich auch zwei Mitglie<strong>der</strong> des Franziskanerordens<br />

um die gute Funktionsfähigkeit dieser Orgel bemühen: Frater Simon Sangl und Fr. Ignatius Lehner. Sangl erbaute<br />

1818 selbst eine kleine Orgel (Positiv) <strong>für</strong> die Wallfahrtskirche, später war er in den Klöstern von Arad und Wukowa<br />

33


tätig. Im Jahre 1854 wurde Orgelbauer Stephan Hechinger aus Wien beauftragt, die Orgel <strong>für</strong> 240 fl. CM zu reparieren<br />

und zu stimmen. 1893 wurde zum ersten Mal Wegenstein mit dieser Aufgabe betraut, <strong>der</strong> in den nächsten Jahren kleinere<br />

Reparaturen durchführen wird. Vermutlich war dies auch <strong>der</strong> Grund, weshalb man sich 1905 <strong>für</strong> einen Neubau<br />

entschieden hat.<br />

Im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t setzte sich <strong>der</strong> französische Orgelbau fast im ganzen Europa als Richtungsweisen<strong>der</strong> Typus<br />

durch. Der wichtigste Vertreter dieses Baustils war Aristide Cavaillé-Coll dessen Werkstatt sich in Paris befand. Viele<br />

<strong>der</strong> heutigen großen Kathedralorgeln Frankreichs stammen aus dieser Werkstatt. Aristide Cavaillé-Coll hatte im Sinn,<br />

<strong>für</strong> die St. Petersbasilika in Rom die bis dahin größte Orgel <strong>der</strong> Welt zu erbauen. Mit 77 Jahren sagte er: „Mit <strong>der</strong> Orgel<br />

von St. Peter werde ich meine Laufbahn beenden.“ Cavaillé-Coll wollte noch dieses monumentale, einmalige Orgelwerk <strong>für</strong> die<br />

römische St. Peterskirche verwirklichen, ein Werk das alle Rekorde im Orgelbau schlagen sollte: mit 155 Register, fünf<br />

32-füßige, 23 16-füßige Register, 8.316 Pfeifen, Zinntrompeten als Aliquoten, die größte Zinnpfeife sollte eine Länge<br />

von 12 Meter und einen Umfang von 2 Meter haben, all dies verteilt auf 5 Manualen und Pedal. Im Jahre 1875 veröffentlichte<br />

er diesen Entwurf in einem Buch.<br />

Noch im selben Jahr wurde <strong>der</strong> Orgelbauer von Papst Pius IX. Im Vatikan empfangen. Der Plan <strong>für</strong> den Bau dieser<br />

Monumentalorgel wurde gelobt, doch es blieb dabei. Nach einer Zeit ließ er im Zehntelmaßstab ein Modell mit versilberten<br />

Pfeifen und allen Einzelheiten anfertigen, das in <strong>der</strong> Jubiläumsausstellung 1888 zu sehen war. Hier wurde dieses<br />

Werk von vielen Besuchern bestaunt, zu den vielen Bewun<strong>der</strong>ern zählten auch zwei Orgelbauer aus dem damaligen<br />

südungarischen Raum, <strong>der</strong> eine war Josef Angster aus Pécs/Fünfkirchen, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Carl Leopold Wegenstein aus<br />

Wien, <strong>der</strong> in Temeswar eine eigene Orgelbauwerkstätte eröffnet hat.<br />

Einige Jahre später, 1905, gelang es Wegenstein diesen <strong>für</strong> Rom bestimmten Monumentalentwurf im Banat teilweise<br />

zu verwirklichen. Um 1980 konnte ich im Archiv des Temeswarer Bistums eine Zeichnung Wegensteins mit dem Prospekt<br />

einer Orgel entdecken und <strong>der</strong> Aufschrift: ORGEL PROJEKT von C. L. WEGENSTEIN / 1905 / ENTNOM-<br />

MEN / von dem Monumental Orgel-Entwurf von ST. PETER IN ROM von A. CAVAILLÉ-COLL. Dabei handelt es<br />

sich um den Plan <strong>der</strong> zukünftigen Orgel <strong>der</strong> Wallfahrtkirche zu Maria Radna. Diese Skizze wurde auch <strong>für</strong> den Bau <strong>der</strong><br />

Temeswarer Domorgel im Jahre 1908 als Opus 100 verwendet, deshalb die mit Hand korriegierte Jahreszahl „1908“.<br />

Beide Orgeln haben fast das gleiche Gehäuse. Wegenstein entnahm dem Projektentwurf von Cavaille-Coll nur den<br />

Prospekt, <strong>der</strong> in verkleinertem Maßstab in Radna verwirklicht werden konnte. Dieses Instrument hat 26 Register, zwei<br />

Manuale und Pedal und ist mit einer pneumatischen Traktur (pneumatische Kegellade) ausgestattet. Im Werkverzeichnis<br />

Wegensteins anlässlich des 20-jährigen Firmenjubiläums im Jahre 1913 wird diese Orgel als 65. Werk angegeben.<br />

Am 5. März 1905 traf sich, laut <strong>der</strong> Chronik des Franziskanerklosters zu Maria-Radna, die Kommission zum Bau <strong>der</strong><br />

neuen Orgel: Ferch Ödön, Ara<strong>der</strong> Lehrer; Szantó Péter, Lippaer Lehrer; Szikova Béla, Radnaer Lehrer; Sonner Béla,<br />

Lippaer Kantor; Teofil Dosztál, Lippaer Lehrer. Es stellte sich die Frage ob Otto Rieger aus Budapest o<strong>der</strong> Leopold<br />

Wegenstein aus Temeswar dieser so wichtige Auftrag anvertraut werden soll. Beide Kostenvoranschläge waren mit<br />

12.000 Kronen berechnet. Die alte Orgel <strong>der</strong> Wallfahrtskirche, erbaut von Franz Anton Wälter 1798, übernahm letztendlich<br />

Wegenstein <strong>für</strong> 1.000 Kronen <strong>der</strong> auch den Auftrag erhielt.<br />

Noch im selben Jahr, am 25. November 1905, traf sich eine Gruppe von Experten, um die neue Orgel zu übernehmen:<br />

Ferch Ödön, Szantó Péter, Teofil Dostál und Szikova Béla. Bei <strong>der</strong> Orgelweihe hielt Pater Quardian P. Domonkos<br />

die Messe, Ferch Ödön aus Arad spielte die Orgel, Szantó Péter leitete den Lippaer Chor. Die neue Orgel wurde in<br />

nur 14 Tagen in <strong>der</strong> Kirche aufgebaut. Laut dem Protokoll wurde diese Aufgabe ausgeführt durch Leopold Wegenstein<br />

als Beauftragter und dessen Sohn Richard Wegenstein, Franz Molzer als Monteur und Stimmer aus Wien, Josef Christ<br />

als Spezialist <strong>für</strong> den Spieltisch, Heinrich Kamenik, zuständig <strong>für</strong> das Gehäuse und die Windladen, Josef Erdödi als<br />

Monteur, Johann Ludwig als Pfeifenbauer wie auch die Tischler Julius Schlarp, Rudolf Rebl und Georg Kager. Das<br />

Protokoll <strong>der</strong> Abnahme zählt auch die Kosten <strong>für</strong> die verschiedenen Arbeiten auf, wie z.B. die Lieferung <strong>der</strong> Statuen<br />

und Ornamente <strong>für</strong> das Gehäuse <strong>für</strong> 2.200 Kronen, die Zinnpfeifen <strong>für</strong> 4.982 Kronen, 2 Waggon Holz 2.000 Kronen,<br />

Pedaltürme 280 Kronen, u.s.w. Die Gesamtsumme betrug 15.732 Kronen.<br />

Die Zeitschrift <strong>für</strong> Instrumentenbauer (Wien) brachte im selben Jahr einen genauen Bericht über das neue Werk Wegensteins:<br />

Die Wallfahrtskirche zu Maria-Radna hat ein am 26. November 1905 übernommenes neues pneumatisches Orgelwerk aus<br />

<strong>der</strong> Orgelbauanstalt von C. L. Wegenstein in Temesvar (Ungarn) mit 25 klingenden Registern erhalten. (…) Der Expertenbericht lobt die<br />

Orgel als ein Meisterstück ersten Ranges und hebt vor allem die mustergültige, künstlerische Intonation, zweckmäßige Anlage und bestes<br />

Material des Pfeifenwerkes hervor. (...) Die Konstruktionsweise des Herrn Wegenstein ist <strong>der</strong>art, dass jede Taste in ihrer Ruhelage eine <strong>der</strong><br />

vielen, in einer Leiste befindlichen, kleinen Öffnungen als Ventil bedeckt. Beim Nie<strong>der</strong>drücken einer beliebigen Taste wird die betreffende<br />

Öffnung frei und bewirkt durch die Entweichung des Druckwindes die Umschaltung. (...) Die Firma C. L. Wegenstein hat durch das in<br />

ihrer Anlage mustergültige, durch bestes Material und künstlerische Intonation vollendete Werk viel Lob und Anerkennung geerntet und<br />

auch Anregung <strong>für</strong> Verbreitung ähnlich vollendeter, auch mit mo<strong>der</strong>nen Spielhilfen ausgestattete Orgelwerke hier zu Lande gegeben. Arad in<br />

Ungarn, den 8. Dezember 1905, Edmund Ferch.“<br />

Mit dieser Orgel wurde <strong>der</strong> Name Wegensteins noch bekannter und die Aufträge mehrten sich von Jahr zu Jahr. Als<br />

Orgelbauer war er ein Kind seiner Zeit und ein unermüdlicher Be<strong>für</strong>worter <strong>der</strong> Pneumatik. Für viele seiner Werke tüftelte<br />

er neue eigene Patente im Bereich <strong>der</strong> pneumatischen Traktur aus, um das Spiel zu erleichtern. Die große und<br />

vielfältige Palette seiner 8-Fuß-Register ist fast unübertrefflich: von <strong>der</strong> säuselnden Aeoline über die weichen Streicher<br />

und runden Flöten bis hin zu den laut intonierten Prinzipalen finden wir fast alle Klangfarben eines Symphonieorchesters.<br />

Auch das hochwertige Material aus dem die Pfeifen <strong>der</strong> Radnaer Orgel erbaut wurden, zeugt von <strong>der</strong> guten Quali-<br />

34


tät dieses Baus, <strong>der</strong> bis heute fast in seinem originalen Zustand geblieben ist. Die zur Windversorgung nötigen zwei<br />

Calcanten (Orgeltreter) wurden vor einigen Jahrzehnten mit einem elektrischen Gebläse ersetzt.<br />

Der langjährige Priester dieser Wallfahrtskirche, P. Ernst Harnisch, schätzte sehr „seine“ Orgel, die er gelegentlich<br />

auch selbst gespielt hat. Musiklehrer Peter Kleckner, <strong>der</strong> in unmittelbarer Nähe zur Wallfahrtskirche gewohnt hat, vertrat<br />

öfter den Kantor und begleitete bei Wallfahrten den Gesang <strong>der</strong> Pilger. Um 1982 gab <strong>der</strong> Autor dieser Zeilen das<br />

erste öffentliche von <strong>der</strong> Ara<strong>der</strong> Philharmonie organisierte Konzert an dieser berühmten Orgel, das Orchester wurde<br />

von Nicolae Boboc dirigiert. Öffentliche Orgelkonzerte in Kirchen waren beson<strong>der</strong>s im Banat in <strong>der</strong> Zeit des Kommunismus<br />

verboten. Erst nach dem 1981 zum ersten Mal in <strong>der</strong> Temeswarer Millenniumskirche die Philharmonie „Banatul“<br />

ein solches veranstaltet hat, wagte man auch in Arad und Radna Orgelkonzerte zu organisieren.<br />

Der Klang dieser Orgel begleitet auch heute den frommen Gesang <strong>der</strong> zahlreichen Pilger, die zur diesem Wallfahrtsort<br />

kommen. Kaum einer dieser Besucher aber weiß, dass die Pläne dieser Orgel nach den Entwürfen Aristide Cavaille-<br />

Colls aus Paris <strong>für</strong> die Peterskirche in Rom von dem in Wien geborenen Temeswarer Orgelbauer Wegenstein angefertigt<br />

wurden. Also ein wahrlich europäisches Projekt. Möge diese altehrwürdige Königin <strong>der</strong> Instrumente noch viele<br />

Jahre zur Ehre Gottes und zur Freude <strong>der</strong> Pilger erklingen.<br />

Ensembles<br />

2 5 J A H R E „C a n t o r e s V i v a c e s“<br />

Der 1979 in Klausenburg gegründete Chor besteht in Deutschland weiter<br />

von MARIANNE SEIWERTH-GALBÁCS<br />

Als im Herbst des Jahres 1979 eine beherzte Gruppe<br />

Klausenburger Studenten die Initiative ergriff, einen<br />

<strong>deutsche</strong>n Studentenchor zu gründen, ahnte niemand,<br />

dass mit den „Cantores vivaces“ eine Chorgemeinschaft<br />

im Entstehen war, die über viele Jahre ihrem<br />

Namen alle Ehre machen würde. Der Anfang war,<br />

trotz <strong>der</strong> kammerchoralen Besetzung, vielversprechend,<br />

weil unter den Chormitglie<strong>der</strong>n viele in ehrwürdiger<br />

siebenbürgischer Chortradition aufgewachsene, ehemalige<br />

Gymnasiasten waren und somit reichlich Chorerfahrung<br />

mitbrachten.<br />

Chormusikalische Vielfalt prägte das ansprechende<br />

Repertoire, das in den erfolgreichen Auftritten dem<br />

Klausenburger, Kronstädter und Mediascher Konzertpublikum<br />

unter <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> Dirigenten Marianne<br />

Seiwerth-Galbács, Simon Acker und Walter Philippi<br />

vorgeführt wurde. Das etwa 30-köpfige Häuflein <strong>der</strong><br />

„Cantores“ wuchs während seiner ersten siebenjährigen<br />

Phase zu einer stattlichen Gemeinschaft von etwa 100<br />

jungen, singfreudigen Menschen aus den Ortschaften<br />

Siebenbürgens und dem Banat zusammen und wurde<br />

<strong>für</strong> die <strong>deutsche</strong>n Studenten <strong>der</strong> verschiedensten Universitäten,<br />

Fakultäten und Jahrgänge zum vereinigenden<br />

Forum in dieser Zeit. Gleichzeitig war er die Ausgangsplattform<br />

<strong>für</strong> viele gesellschaftliche Ereignisse, an<br />

denen sich auch Nicht-Mitglie<strong>der</strong> beteiligen konnten.<br />

Unter <strong>der</strong> Leitung seiner Dirigenten Marianne Seiwerth-Galbács,<br />

Simon Acker und Walter Philippi traten<br />

die „Cantores Vivaces“ mit einem vielseitigen, ansprechenden<br />

Repertoire vors Konzertpublikum in Klausenburg,<br />

Kronstadt, Hermannstadt und Mediasch. Mit<br />

<strong>der</strong> kontinuierlichen Ausreise <strong>der</strong> Rumänien<strong>deutsche</strong>n<br />

in die Bundesrepublik wurde die Choraktivität sehr<br />

beeinträchtigt, es galt, eine sehr schwierige Phase zu<br />

überbrücken. Dem unermüdlichen Engagement seiner<br />

Gründungsmitglie<strong>der</strong> - vor allem Stefan Kochs - ist die<br />

glückliche Tatsache zu verdanken, dass die mittlerweile<br />

in den verschiedenen Bundeslän<strong>der</strong>n angesiedelten<br />

‚Cantores’ nach einer zeitweiligen Unterbrechung wie<strong>der</strong><br />

zueinan<strong>der</strong> fanden.<br />

Die beliebten Chor-Treffen, die seither regelmäßig<br />

mindestens einmal jährlich in <strong>der</strong> familienfreundlichen<br />

Jugendburg „Rotenberg“ im Kraichgau stattfinden,<br />

sind Familien-Treffen, Klassen-Treffen, Heimat-<br />

Treffen zugleich. Sie sind willkommene Traditionen,<br />

die die Gemeinschaft stärken und viel zu ihrer Aufrechterhaltung<br />

und Festigung beitragen. Durch das<br />

Verbindende des gemeinsamen Gesangs haben sie<br />

einen zusätzlichen Reiz, <strong>der</strong> wahre Wun<strong>der</strong> bewirken<br />

kann. Alte und neue Lie<strong>der</strong> werden wie<strong>der</strong>gesungen,<br />

Neues dazugelernt.<br />

Der „Cantores-Geist“ ist uns geblieben. Diesem heiteren,<br />

einfühlsamen und flexiblen Chor-Ensemble<br />

scheint <strong>der</strong> 25jährige Reifungsprozess gut bekommen<br />

zu haben. Wer von den „Cantores“ denkt, sie hätten<br />

vor lauter Proben das gemütliche Feiern vergessen, <strong>der</strong><br />

kennt sie schlecht, denn auf den obligaten geselligen<br />

Teil wird sehr viel Gewicht gelegt!<br />

Es wird gewan<strong>der</strong>t, bei Lagerfeuer gesungen und bis<br />

spät gefeiert, wobei freilich je<strong>der</strong> gern von den leckeren<br />

mitgebrachten siebenbürgischen Köstlichkeiten probiert,<br />

die dem herzlichen Miteinan<strong>der</strong> das zusätzliche<br />

„Gewisse Etwas“ verleihen. Wenn es einem ehemaligen<br />

Studentenchor gegeben ist, das beson<strong>der</strong>e Wun<strong>der</strong>-<br />

Gefühl zu erfahren, auch nach 25 Jahren <strong>der</strong> schöne<br />

Klangkörper von einst geblieben zu sein, so darf man<br />

dies als ein beson<strong>der</strong>es Geschenk annehmen. So ist es<br />

nur natürlich, dass ein 25jähriges Chor-Jubiläum als ein<br />

beachtliches Ereignis, in einem würdevollen, festlichen<br />

Rahmen, mit einem öffentlichen Auftritt gekrönt werden<br />

muss.<br />

35


Vor illustrem Auditorium fand am 26.S eptember 2004<br />

das Jubiläums-Konzert <strong>der</strong> „Cantores Vivaces“ im<br />

Heidelberger St. Bonifazius-Gemeindehaus statt und<br />

wurde <strong>für</strong> alle Anwesenden zu einem ganz unvergesslichen<br />

Erlebnis! Unser dargebotenes Festprogramm<br />

bestand aus einer bunten Mischung von Madrigalen,<br />

Furtwängler-Buch vorgestellt<br />

Corina Andreescu-Jiva schrieb über <strong>deutsche</strong>n Dirigenten<br />

Das Museum <strong>der</strong> Stadt Landshut brachte eine Faksimile<br />

Ausgabe des Gesangbuches Der heilige Gesang<br />

zum Gottesdienst in <strong>der</strong> römisch-katholischen Kirche<br />

(1777) heraus. Es handelt sich dabei um das Gesangbuch<br />

von Johann Franz Seraph Kohlbrenner<br />

(1728-1783), Herausgeber des Chirbairischen Intelligenzblattes<br />

(1766), namhafter För<strong>der</strong>er des Schulwesens<br />

und Staatsbediensteter, <strong>der</strong> auch ein eifriger<br />

Lie<strong>der</strong>sammler war. Wegen dem Erscheinungsort<br />

nennt man sein Gesangbuch auch heute noch<br />

Landshuter Gesangbuch. Darin befinden sich viele<br />

Lie<strong>der</strong> und Gesänge des Augustinerpaters Norbert<br />

Michael Hauner von Herrenchiemsee und Michael<br />

Cosmas Denis. Dieses Gesangbuch fand nur kurze<br />

Zeit danach eine solche große Verbreitung im<br />

süd<strong>deutsche</strong>n Raum des damaligen Reichs, so dass<br />

es bis 1783 bereits 16 Auflagen gab. Darin befindet<br />

sich auch das Deutsche Hochamt Hier liegt vor<br />

Deiner Majestät, damals noch in <strong>der</strong> alten Fassung.<br />

36<br />

Spirituals und siebenbürgischen Volkslie<strong>der</strong>n, gesungen<br />

in Originalsprache, auch unter Mitwirkung unserer<br />

„Chorkin<strong>der</strong>“ Theresa und Fabiola, die ihre Solo-<br />

Einlagen souverän bewältigten. Das dankbare Publikum<br />

spendete herzlichen Applaus!<br />

Ein Buch über den <strong>deutsche</strong>n Dirigenten Wilhelm Furtwängler (1886-1954), <strong>der</strong> als Leiter <strong>der</strong> Berliner<br />

Philharmoniker Weltruhm erlangte, ist jüngst im Bukarester Niculescu-Verlag erschienen. „Muzică şi iubire“<br />

wurde am Donnerstag im Nationalmuseum <strong>für</strong> Musik „George Enescu“ vorgestellt. Autorin ist Corina<br />

Andreescu-Jiva, bekannt als Übersetzerin, u.a. von Brecht und Peter Handke, sowie als deutschsprachige<br />

Publizistin, langjährige Mitarbeiterin <strong>der</strong> einst von Franz Storch geleiteten Zeitschrift „Volk und Kultur“.<br />

Ihre Bindung zur Musik, die <strong>für</strong> sie als Ehefrau des bekannten Dirigenten Horia Andreescu beson<strong>der</strong>s<br />

eng ist, fand auch schon in einem ersten Buch über einen berühmten <strong>deutsche</strong>n Dirigenten ihren Ausdruck,<br />

und zwar über Herbert von Karajan. Der vorliegende Band stellt nicht nur dem rumänischen Publikum<br />

Furtwängler vor, son<strong>der</strong>n er enthält auch essayistische Texte des Musikers, den <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong> Botschafter<br />

in Bukarest, Wilfried Gruber, „den größten <strong>deutsche</strong>n Dirigenten des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts“ nannte.<br />

Es geht um Notate aus sehr persönlicher Sicht über Bach, Beethoven und an<strong>der</strong>e. Außerdem wird auch<br />

auf das wenig bekannte kompositorische Werk Furtwänglers eingegangen.<br />

Corina Andreescu-Jiva beschäftigt sich ebenso mit dem nicht unbestrittenen Verhalten des Dirigenten<br />

währen <strong>der</strong> NS-Diktatur 1933-1945 und erwähnt dabei den in den vergangenen Jahren von István Szábo<br />

gedrehten Film „Taking Sides“, in dem <strong>der</strong> ungarische Regisseur, selbst ein Jude, entschieden <strong>für</strong> Furtwängler<br />

Partei ergreift. Er habe vielen jüdischen Musikern geholfen und Partei <strong>für</strong> die Menschlichkeit<br />

ergriffen, zitierte ihn Botschafter Gruber, <strong>der</strong> während seiner Amtszeit in Budapest dem Filmkünstler<br />

begegnet ist.<br />

Der Vorsitzende des Komponistenverbands Rumäniens, Octavian Lazăr Cosma, erinnerte daran, dass<br />

Furtwängler auf Einladung des Philharmoniedirektors und Dirigenten George Georgescu wie<strong>der</strong>holt im<br />

Bukarester Athenäum dirigiert hat. Abschließend verlas Corina Andreescu-Jiva einen Brief von Elisabeth<br />

Furtwängler, <strong>der</strong> Witwe des Dirigenten, die 93-jährig in <strong>der</strong> Schweiz lebt. Sie drückte ihre Freude über<br />

das Erscheinen das Buches aus und äußerte den Wunsch, ein Exemplar davon in ihren Händen zu halten.<br />

(ADZ, 21.11.2005)<br />

Auf den Spuren Michael Haydns<br />

Einige Jahre später wird Johann Michael Haydn<br />

beauftragt, diese <strong>für</strong> das Volk zu schwierigen Gesänge<br />

umzuarbeiten. Auch das neue Gesangbuch<br />

fand eine solche Verbreitung, dass es bis nach Siebenbürgen<br />

und in das Banat von Kolonisten mitgenommen<br />

wurde. Damit hat sich ein Kulturgut in<br />

den südosteuropäischen Kulturraum verpflanzt,<br />

das bis heute noch gepflegt wird. Der Messgesang<br />

Hier liegt vor Deiner Majestät wurde ab dann nur<br />

noch Johann Michael Haydn zugeschrieben und in<br />

ungarische, kroatische, slowakische, tschechische,<br />

lateinische und später auch rumänische Sprache<br />

übersetzt. Es ist die am meisten verbreitete Komposition<br />

J. Michael Haydns und wird auch heute<br />

noch gerne in den katholischen Kirchen Siebenbürgens,<br />

des Banats, Ungarns, Serbiens o<strong>der</strong> von<br />

den Aussiedlern in Deutschland und Österreich<br />

gesungen.


ISBN 3-927612-20-0, Landshut 2003, Faksimile<br />

Aufgabe nach dem Exemplar <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>sächsi-<br />

Buch über Filtsch-Wettbewerb<br />

schen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen<br />

Peter Szaunig legt Band über Carl Filtsch und den gleichnamigen Hermannstädter Klavierwettbewerb vor<br />

von DR. FRANZ METZ<br />

Wer hätte das vor zehn Jahren ahnen können: Die<br />

Initiative <strong>der</strong> beiden Musiker Peter Szaunig und Walter<br />

Kraft ist 1995 auf fruchtbaren Boden gefallen und<br />

wurde zu einem Erfolg. Der vorliegende Band soll all<br />

das zusammentragen, was in diesen 10 Jahren im Namen<br />

von Carl Filtsch in Hermannstadt über die Bühne<br />

ging – und das war wirklich nicht wenig. Erstens<br />

braucht man ein Konzept mit Kopf und Fuß, dann<br />

eine sichere Finanzierungsquelle und nicht zu guter<br />

letzt junge Pianisten, die Interesse an einer solchen<br />

internationalen Veranstaltung Interesse zeigen. Und es<br />

ward so.<br />

Wenn aber solche musikalische Körner nicht auf einen<br />

fruchtbaren Boden fallen, kann man auch nicht viel<br />

davon erwarten. Hermannstadt ist aber ein solcher<br />

fruchtbarer Boden – auch im Bereich <strong>der</strong> Musikkultur,<br />

wie bereits 1939 in <strong>der</strong> Gedenkschrift zum 100-jährigen<br />

Jubiläum des Hermannstädter Musikvereins festgestellt<br />

wurde: „Die Tonkunst hat in Hermannstadt stets viele<br />

Verehrer gehabt. Wer erinnert sich nicht auch jetzt mit<br />

Vergnügen <strong>der</strong> Zeiten, wo unter <strong>der</strong> Leitung eines Johann<br />

Strauss die <strong>deutsche</strong> Oper und die von Caudella<br />

und Rengelrod aufgeführten Oratorien und Kirchenmusiken<br />

auf einer so hohen Stufe standen, dass Hermannstadt<br />

in musikalischer Hinsicht allen österreichischen<br />

Provinzhauptstädten sich wohl würdig anschließen<br />

konnte. Der Kunstsinn soll geweckt, das Gefühl<br />

geläutert und die geistige Vervollkommnung geför<strong>der</strong>t<br />

werden – vor allem aber bei <strong>der</strong> Jugend!“ Und <strong>für</strong> die<br />

Jugend ist auch <strong>der</strong> Carl-Filtsch-Wettbewerb gedacht.<br />

Der von Szaunig vorgelegte Band beginnt mit einem<br />

Vorwort des Hermannstädter Oberbürgermeisters<br />

Klaus Johannis, gefolgt von einem kurzen Aufsatz über<br />

die Musikkultur <strong>der</strong> Stadt am Zibin und einer umfangreichen<br />

Biographie des Namensgebers, Carl Filtsch.<br />

Der gesamte Text des Bandes ist zweisprachig, deutsch<br />

und rumänisch. Der größte Bereich wurde den einzelnen<br />

Filtsch-Wettbewerben gewidmet: Namen von<br />

Teilnehmern, Repertoire, Programme, Zeitungsausschnitte<br />

und zahlreiche Bil<strong>der</strong>.<br />

Das Schicksal <strong>der</strong> Musiker ist nun mal so, dass <strong>der</strong>en<br />

interpretierte Musik absolut an Zeit gebunden ist. Je<strong>der</strong><br />

Ton verklingt, sobald er am Klavier intoniert wurde –<br />

ausgenommen, er wird künstlich in eine Musikkonserve<br />

gepresst. Um so wichtiger ist es, etwas mehr über die<br />

Art und Weise des Musizierens in einer bestimmten<br />

Zeit und in einem bestimmten Klangraum zu erfahren.<br />

Viel besser haben es die Maler, die ihr Kunstwerk irgendwann<br />

abschließen und es – falls künstlerisch wertvoll<br />

– <strong>für</strong> ewige Zeiten Generationen von Betrachtern<br />

zeigen können. Der vorliegende Band von Peter Szaunig<br />

sollte wenigstens dieses Kapitel Hermannstädter<br />

Klaviermusikgeschichte <strong>der</strong> Zeitspanne 1995-2005 <strong>für</strong><br />

die Zukunft gerettet haben. Und das ist wahrlich nicht<br />

wenig. Der Heilbronner Johannis Reeg Verlag und die<br />

Druckerei Honterus in Hermannstadt bemühten sich,<br />

einen präsentationswürdigen Band vorzulegen, was<br />

auch lobenswert gelungen ist. Der an Musik und Geschichte<br />

interessierte Leser erfährt dadurch mehr, als er<br />

sich davor vorstellen kann.<br />

Und zum Schluss vielleicht nicht das Unwichtigste: <strong>der</strong><br />

internationale Carl Filtsch-Wettbewerb in Hermannstadt<br />

wurde von zwei siebenbürgisch-sächsischen Aussiedlern<br />

von Deutschland aus in <strong>der</strong>en „alten Heimat“<br />

verwirklicht. Das verlangt nicht nur eine gute Zusammenarbeit<br />

von <strong>deutsche</strong>r und rumänischer Seite, son<strong>der</strong>n<br />

auch die Überwindung so mancher Vorurteile.<br />

Wie man sieht: die Mühe hatte sich vor zehn Jahren<br />

gelohnt.<br />

Peter Szaunig: Zehn Jahre Carl-Filtsch-Festival 1995-2005, Johannes Reeg Verlag, Heilbronn, ISBN 3-937320-32-6,<br />

Preis: 7,- €<br />

George Enescu – aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Gegenwart<br />

Kann man noch etwas Neues über Enescu schreiben? Handelt es sich doch um einen <strong>der</strong> bedeutendsten Komponisten<br />

des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts und um das größte Festival <strong>der</strong> Welt, das diesem rumänischen Musiker gewidmet ist. Recht spät<br />

(2005) konnte <strong>der</strong> Sammelband mit den Referaten <strong>der</strong> beiden Enescu-Symposien 2001 und 2003 im Verlag Editura<br />

Institutului Cultural Român in Bukarest erscheinen, herausgegeben vom Verband <strong>der</strong> Komponisten und Musikwissenschaftler<br />

in Rumänien. Verglichen mit den finanziellen Ausgaben und dem beachtlich hohen Niveau dieser beiden Enescu-Festivals,<br />

kann dieser Band wohl nicht als ein Meilenstein <strong>der</strong> Enescu-Bibliographie und <strong>der</strong> Buchdruckerkunst<br />

bezeichnet werden. Trotzdem wird <strong>der</strong> Band jedem Enescu-Interessenten etwas bieten – ob in rumänischer, <strong>deutsche</strong>r,<br />

englischer o<strong>der</strong> französischer Sprache (samt den zahlreichen Druckfehlern…).<br />

37


Der Band beinhaltet auch Referate, die sich auf Siebenbürgen o<strong>der</strong> das Banat beziehen o<strong>der</strong> auf die Rezeption <strong>der</strong> Musik<br />

Enescus in Deutschland: Helmut Loos: George Enescu und Deutschland, Franz Metz: Die Orgel im Leben und Werk George<br />

Enescus (2001), Die Konzerte George Enescus, wi<strong>der</strong>spiegelt in <strong>der</strong> Banater Presse jener Zeit (2003), Johannes Killyen: Anmerkungen<br />

zur Rezeption von Enescus Oedipe.<br />

ISBN 973-577-467-4, Editura Institutului Cultural Român, e-Mail: editura@icr.ro<br />

Beeindruckende Chronik europäischer Musikgeschichte<br />

Franz Metz legt die vollständige Monographie des Temeswarer Philharmonischen Vereins vor<br />

Von PETER SZAUNIG<br />

Erstmals liegt uns als Ergebnis einer fast 20-jährigen intensiven akribischen Forschungsarbeit des Organisten,<br />

Dirigenten und Musikhistorikers Franz Metz eine über 700 Seiten und 350 Faksimile und Bil<strong>der</strong><br />

umfassende wissenschaftliche Auswertung des bis 1981 als verschollen gegoltenen Archivs des Temeswarer<br />

Philharmonischen Vereins vor, welche die gesamte Musikkultur Südosteuropas anhand internationaler<br />

Kontakte zu ähnlichen Vereinen zwischen New York und St. Petersburg in <strong>der</strong> Zeitspanne<br />

1850 - 1950 wi<strong>der</strong>spiegelt. Längst überholte musikhistorische Aspekte sowie kulturgeschichtliche und<br />

kulturpolitische Anschauungen gegenüber dieser Region werden damit in ein neues Licht gerückt.<br />

Temeswar - damals wie viele an<strong>der</strong>e ähnliche Kulturmetropolen <strong>der</strong> österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie<br />

als Klein-Wien bezeichnet - war nicht nur das politische und wirtschaftliche Zentrum des<br />

Banats, son<strong>der</strong>n auch eine wichtige Musikstadt. Durch den Bau des Franz-Joseph-Theaters, <strong>der</strong> Entstehung<br />

zahlreicher Gesang- und Musikvereine, durch die blühende Kirchenmusik und dank dem steigenden<br />

musikalischen Interesse <strong>der</strong> Bürger dieser Stadt, kamen namhafte Kapellmeister, Virtuosen und<br />

Opernsolisten nach Temeswar, die den guten Ruf <strong>der</strong> Stadt in die Welt trugen.<br />

Zahlreiche Musiker wie Liszt, Strauß, Brahms, Joachim, Wieniawski, Sarasate, Kienzl, Hubay o<strong>der</strong> Auer<br />

konzertierten hier und <strong>für</strong> viele Konzertagenten aus Wien, Berlin, Budapest o<strong>der</strong> Paris war <strong>der</strong> Philharmonische<br />

Verein, bedingt durch die rasante Entwicklung <strong>der</strong> Musikszene dieser königlichen Freistadt<br />

Temeswar um 1870, eine wichtige Adresse.<br />

Nach dem Vorbild des Wiener Männergesangvereins war <strong>der</strong> Temeswarer Philharmonische Verein nach<br />

seiner Gründung 1871 nicht nur einer <strong>der</strong> wichtigsten Kulturträger des Banats, son<strong>der</strong>n des gesamten<br />

südosteuropäischen Raumes. Die Dokumente des Vereins umfassen den Klangraum und musikalischen<br />

Puls Südosteuropas über eine Zeitspanne von 100 Jahren, beginnend mit den Tätigkeiten des Temeswarer<br />

Lie<strong>der</strong>kranzes (um 1850) bis hin zu den kulturpolitischen Umwälzungen <strong>der</strong> Stalin-Ära (um 1950).<br />

Bereits in <strong>der</strong> Einleitung vermittelt <strong>der</strong> Verfasser einen fesselnden Gesamteindruck dieser großangelegten<br />

Monographie, wobei gleich in den ersten acht Kapiteln faszinierende Details bezüglich Gründung des<br />

Temeswarer Philharmonischen Vereins, dessen Archiv, <strong>der</strong> gesamten musikkulturellen Entwicklung <strong>der</strong><br />

Region und <strong>der</strong>en Politik, <strong>der</strong> Satzungen und Vereinsinsignien, vor allem aber <strong>der</strong> Nationalitäten, Sprachen<br />

und Konfessionen innerhalb des Vereins beschrieben werden. Demzufolge war dieser Temeswarer<br />

Verein <strong>der</strong> erste multinationale Verein, in dessen Reihen neben <strong>deutsche</strong>n und ungarischen Mitglie<strong>der</strong>n<br />

Serben, Rumänen, Tschechen und Slowaken auftraten.Während die Umgangssprache des Vereins zunächst<br />

Deutsch war - obwohl allesamt <strong>der</strong> ungarischen Nation angehörten - wurde mit <strong>der</strong> Zeit von Budapest<br />

verlangt, dass sämtliche Jahresberichte und Sitzungsprotokolle in ungarischer Sprache verfasst<br />

werden müssen.<br />

Die Mitglie<strong>der</strong> des Philharmonischen Vereins kamen aus allen Kofessionen. Interessant und beeindruckend<br />

ist, dass von <strong>der</strong> Gründung her eine aus Tradition übernommene Haupteigenschaft - die Toleranz<br />

- bis zum Ende erhalten blieb und sämtliche politischen, meist nationalistischen Tendenzen aus Budapest,<br />

Bukarest o<strong>der</strong> Berlin konfliktlos überlebte. Das gemeinsame Singen und Musizieren brachte die<br />

verschiedenen Nationalitäten, Sprachen und Konfessionen einan<strong>der</strong> näher. Ein einzigartiges Beispiel in<br />

<strong>der</strong> europäischen Musikgeschichte. Auch enthält das 9. Kapitel die Entstehungsgeschichte und Aktivitäten<br />

von weiteren 40 Musik- und Gesangvereinen, mit denen <strong>der</strong> Temeswarer Philharmonische Verein in<br />

Verbindung stand, unter denen sich u.a. neben dem Serbischen Gesangverein, dem Wiener Männergesangverein,<br />

dem Männergesangverein aus Sarajevo, <strong>der</strong> Pressburger Lie<strong>der</strong>tafel auch die beiden Hermannstädter<br />

Vereine - <strong>der</strong> Männergesangverein und <strong>der</strong> Musikverein Hermania - befinden. Das Musikarchiv<br />

bestand übrigens im Jahre 1883 aus 720 <strong>deutsche</strong>n und 128 ungarischen Chören.<br />

Das folgende 10. Kapitel bringt 60 Kurzbiographien berühmter Musiker, Komponisten, Dirigenten und<br />

Interpreten, wie z.B. Henry Wieniawsky, Jan Kubelik, Hermann Bönicke, Martin Novacek, Pablo Sarasa-<br />

38


te, Desi<strong>der</strong>ius Jarosy, Franz Limmer, Conrad Paul Wusching, Heinrich Weidt o<strong>der</strong> Michael Jaborsky.<br />

Nicht zu übersehen in diesem Buch von Franz Metz ist sicher das umfangreiche Kapitel mit den Biographien<br />

und ausführlichen Berichten über die Tournee von Johannes Brahms und dem Stargeiger Josef<br />

Joachim, die am 15. und 16. September 1879 im großen Redoutensaal Temeswars - später dann auch<br />

in Hermannstadt - auftraten. Bereits im Vorfeld berichtete die „Temesvarer Zeitung“ vom 11. September<br />

über das große Konzert bei<strong>der</strong> „Kunstheroen“, und in einer Kritik vom 17. September beschwört diese<br />

die persönliche Bekanntschaft zweier Männer höchsten geistigen Ranges, und dass Brahms u.a. durch<br />

Gedanken wirkt, während Joachim seinerseits durch intensiven Ausdruck die Zuhörer in seinen Bann<br />

zieht.<br />

Das „Fremden-Buch“ (Kapitel 11) wurde anlässlich des Besuches des Königs Franz Josef I. 1872 angelegt,<br />

dessen Unterschrift sich auf <strong>der</strong> ersten Seite befindet. In chronologischer Reihenfolge befinden sich<br />

weitere Eintragungen und Unterschriften prominenter Persönlichkeiten vor allem auf musischem Gebiet,<br />

wie die von Jan Kubelik o<strong>der</strong> Béla Bartók und vielen an<strong>der</strong>en.<br />

Das umfangreichste und nicht nur aus musikhistorischer, son<strong>der</strong>n auch aus allgemein-kultureller Sicht<br />

vielfältigste, in fünf Teile geglie<strong>der</strong>te 12. Kapitel „Chronik“ beinhaltet in zeitlicher Folge eine mit erstaunlicher<br />

Sorgfalt hergestellte Dokumentation, worin Protokolle, Programme, Zeitungsberichte, Briefe, Plakate,<br />

Kritiken sowie Tätigkeiten wichtiger Musikinstitutionen o<strong>der</strong> einzelner Musiker Südosteuropas in enger<br />

Beziehung zu den sozialen und politischen Ereignissen <strong>der</strong> damaligen Zeit - oft auch innerhalb ausschweifen<strong>der</strong><br />

Berichte - wie<strong>der</strong>gegeben werden.<br />

Von interessantem dokumentarischen Wert ist auch das 13. Kapitel „Repertoire“, innerhalb dessen<br />

knapp 500 Titel <strong>der</strong> wichtigsten Kompositionen <strong>der</strong> noch vorhandenen Notensammlung des Temeswarer<br />

Philharmonischen Vereins angeführt sind, welche auch zum damaligen Konzertrepertoire gehörten. Der<br />

abschließende „Anhang“ enthält neben erklärenden Begriffen und umfangreichen bibliographischen Daten<br />

ein ausgiebiges Namens- und Ortregister, welches dieses einmalige Kompendium eines am Anfang<br />

des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts noch wenig erforschten Bereichs europäischer Kultur- und Musikgeschichte ergänzt.<br />

Und mit Recht behauptet <strong>der</strong> Autor: Spannen<strong>der</strong> kann Musikgeschichte kaum sein!<br />

Franz Metz: „Der Temeswarer Philharmonische Verein. Eine Chronik südosteuropäischer Musikgeschichte<br />

1850-1950“. Edition Musik Südost, München 2005, über 700 Seiten, 350 Bil<strong>der</strong>, Preis: 25 Euro.<br />

Bestellung über den Buchhandel, über Tel./Fax: 089 /450 11 762 o<strong>der</strong> über FranzMetz@aol.com<br />

Illustrierte Musikgeschichte Ungarns<br />

Es kostete mehr Zeit als man sich dies zum Beginn vorstellen konnte, doch nun konnte <strong>der</strong> traditionsreiche Budapester<br />

Musikverlag Rózsvölgyi & Társa (gegründet 1850) einen Bildband vorlegen, <strong>der</strong> allen Respekt verdient: KÉPES MA-<br />

GYAR ZENETÖRTÉNET (Bil<strong>der</strong> zur ungarischen Musikgeschichte), ISBN 963-86238-4-5, Budapest 2004. Eine Zeit<br />

vor dessen Erscheinen war auf <strong>der</strong> Burg eine interessante Ausstellung zu diesem Thema zu besichtigen, doch durch das<br />

Buch kann den musikalischen Reichtum und die Vielfalt <strong>der</strong> musikalischen Kulturlandschaften Ungarns noch besser<br />

verstehen.<br />

Es ist unumgänglich, dass auch die Musikhistoriographie dieses Landes es nicht leicht hat mit <strong>der</strong> eigenen objektiven<br />

Darstellung. Bekanntlich ist ja durch den Vertrag von Trianon (1919) von dem ehemaligen Königreich Ungarn nur<br />

mehr ein Bruchteil übrig geblieben, die restlichen Territorien musste das Land an die heutigen Nachbarlän<strong>der</strong> abgeben.<br />

Unverkennbar sind daher bis heute die Probleme in <strong>der</strong> Geschichtsschreibung geblieben, beson<strong>der</strong>s wenn es sich um<br />

wissenschaftliche Arbeiten über Siebenbürgen o<strong>der</strong> das Banat handelt. Wer heute z.B. sich mit <strong>der</strong> Musikgeschichte des<br />

historischen Banats befasst (eine Region, die 1000 Jahre zu Ungarn gehörte) hat es gleich mit drei verschiedenen Län<strong>der</strong>n<br />

zu tun, da auch das Banat 1919 in drei Teile zerrissen wurde: Rumänien, Jugoslawien (heute Serbien und Montenegro),<br />

Ungarn. Die Geschichtsschreibung einer historisch gewachsenen Kulturlandschaft muss nun zu einem wahrlich<br />

europäischen Projekt umfunktioniert werden, in dem die nationalen Anschauungen <strong>der</strong> Nachkriegszeit noch nicht ganz<br />

verschwunden sind.<br />

Der Bildband, herausgegeben von János Kárpáti, entstand durch die Mitarbeit zahlreicher Musikwissenschaftler, wie<br />

Batta András, Dobszay László, Eckhardt Mária, Eösze László, Farkas Zoltán, Felföldi László, Ferenczi Ilona, Kaba<br />

Melinda, Király Péter, Papp Géza, Sárosi Bálint, Sas Ágnes, Sebö Ferenc, Somfai László, Szekeres-Farkas Márta,<br />

Szendrei Janka, Szerzö Katalin, Tallián Tibor. Die Qualität <strong>der</strong> Ausstattung lässt fast keinen Wunsch offen, auf zwei<br />

CD-Einspielungen im Anhang des Buches werden Musikbeispiele gebracht. Je<strong>der</strong> Musikwissenschaftler, <strong>der</strong> sich mit<br />

<strong>der</strong> Musikgeschichte Mittel- o<strong>der</strong> Südosteuropas befasst sollte dieses Buch kennen!<br />

(Weitere Einzelheiten unter: www.athenaeum.hu)<br />

39


Monographie über griechisch-katholischen Kirchenchor<br />

Constantin Tufan Stan konnte 2005 einen weitere Band vorlegen, <strong>der</strong> diesmal einem Lugoscher Chor gewidmet ist: Der<br />

Gesangverein Lyra in Lugosch (in rumänischer Sprache). Es handelt sich um eine beson<strong>der</strong>e Monographie, die im Auftrag<br />

des griechisch-katholischen Bischofs Alexandru Mesian aus Lugosch entstanden ist. Bekanntlich wurde die griechischkatholische<br />

Kirche nach sowjetischem Vorbild 1948 auch in Rumänien verboten, <strong>der</strong>en ganzes Eigentum wurde verstaatlicht<br />

o<strong>der</strong> ging in den Besitz <strong>der</strong> orthodoxen Kirche über, zahlreiche Bischöfe, Priester und Gläubige starben in<br />

Gefängnissen, die restlichen Gemeindemitglie<strong>der</strong> die ihren Glauben behalten wollten, führten bis 1998 ein Katakombendasein.<br />

Um so schwieriger ist es <strong>für</strong> einen Musikwissenschaftler Daten und Dokumente zu sammeln, wurden doch<br />

auch die Archivalien in Mitleidenschaft gezogen.<br />

Stan gelang es in seinem Eifer nicht nur wichtige Unterlagen zu entdecken, son<strong>der</strong>n auch einen großen Teil des Bildmaterials<br />

zum ersten Mal dem Leser zu präsentieren. Pfarrer Valeriu Sasu verfasste bereits 1934-1938 ein Manuskript zur<br />

Geschichte dieses Gesangvereins <strong>für</strong> die Jahre 1871-1938, die dem Autor eine wichtige Stütze waren. Bei Zeitzeugen<br />

konnte er weitere Unterlagen finden, die dann mosaikartig ein Ganzes ergeben konnten. Wir finden in diesem interessanten<br />

Buch gleichzeitig viele <strong>deutsche</strong>, ungarische und tschechische Namen von Musikern o<strong>der</strong> Komponisten und<br />

Musikern, die gemeinsam mit den rumänischen Kollegen die Kultur dieser Stadt an <strong>der</strong> Temesch prägten. Man kann<br />

gleichzeitig auch viele Gemeinsamkeiten zwischen dem römisch-katholischen, orthodoxen, griechisch-katholischen,<br />

jüdischen und evangelischen Chor <strong>der</strong> Stadt Lugosch feststellen, was die Namen <strong>der</strong> Dirigenten o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Komponisten<br />

bestätigen.<br />

Nur mit diesen kleinen aber wichtigen Schritten kann unser Bild über die wahre Musikkultur <strong>der</strong> Musikstadt Lugosch<br />

und <strong>der</strong> gesamten Region erst recht beleuchtet werden. Kulturpolitisch war die Situation bis 1944 ganz an<strong>der</strong>s, als wir<br />

uns dies heute vorstellen können. Schon dadurch kann man ersehen, dass ein großer Teil <strong>der</strong> Musikgeschichtsschreibung<br />

des Banats noch zukünftige Generationen beschäftigen wird. Zu sehr musste sich selbst die Musikkultur <strong>der</strong> Provinzen<br />

des Landes den zentralistischen Strukturen unterordnen und wurde bis 1989 von Bukarest aus dirigiert. Constantin<br />

Tufan Stan gelang es, sich mit akribischen Recherchen einer objektiven und wissenschaftlichen Darstellung <strong>der</strong><br />

Musikgeschichte dieses Landes etwas anzunähern. Und das ist nicht wenig. Dies bestätigen auch die beiden Nachwörter,<br />

verfasst von dem bekannten Musikwissenschafter Dr. Gheorghe Firca und dem bekannten Goethe- und Nietzsche-<br />

Übersetzer Prof. Simion Danila.<br />

Constantin Tufan Stan: Societatea Corala Lira din Lugoj, Editura Marineasa, Timisoara 2005, ISBN 973-631-218-6, 280<br />

Seiten<br />

Rumänische Post ehrt Béla Bartók<br />

Die Rumänische Post hat am 26. September 2005 zum 60. Todestag von Béla Bartók eine Son<strong>der</strong>briefmarke im Wert<br />

von 50 Bani (neue Währung) herausgebracht. Mitherausgeber ist <strong>der</strong> Kreisrat Temesch, <strong>der</strong> Philatelieverband Timisoara<br />

und die Stadt Großsanktnikolaus, wo <strong>der</strong> Komponist, Interpret und Volksliedforscher zur Welt gekommen ist. Bartók<br />

unternahm im Banat zahlreiche Feldforschungen, über die <strong>der</strong> Musikwissenschaftler Dr. Nice Fracile aus Novi Sad<br />

(Wojwodina, Serbien und Montenegro) im Temeswarer Symposium einen Vortrag gehalten hat. Im Schloss des Grafen<br />

Nako befindet sich eine ständige Ausstellung über Bartók und in <strong>der</strong> Mitte seines Geburtsortes wurde vor zehn Jahren<br />

in rumänischer-ungarischer Partnerschaft eine Büste des Komponisten aufgestellt.<br />

Musikwissenschaft<br />

Musikwissenschaftliches Symposium in München<br />

Zahlreiche Musikwissenschaftler sprachen über die Musik <strong>der</strong> Deutschen in/aus Südosteuropa<br />

Samstag, 19. Februar 2005 fand im Adalbert-Stifter-<br />

Saal des Sudeten<strong>deutsche</strong>n Hauses, München, ein musikwissenschaftliches<br />

Symposium statt, dass die <strong>Gesellschaft</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Euro-<br />

Rolle von Musik in solchen europäischen Räumen, in<br />

denen mehrere Nationalitäten seit Jahrhun<strong>der</strong>ten –<br />

meist friedlich – nebeneinan<strong>der</strong> lebten und teilweise<br />

noch leben.<br />

pa e.V. (GDMSE) veranstaltet hat. Dieser Verein be- Wie dies mit <strong>der</strong> Musikkultur in den Herkunftsgebieten<br />

steht nun seit mehr als 20 Jahren und setzt sich <strong>für</strong> die <strong>der</strong> Schwaben und Sachsen war, kann man in einigen<br />

Erforschung, Pflege und Bekanntmachung <strong>der</strong> Musik- wissenschaftlichen Arbeiten nachlesen. Etwas schwierikultur<br />

<strong>der</strong> Deutschen in und aus den südosteuropäiger ist es mit <strong>der</strong> Situation <strong>der</strong> Musikkultur dieser <strong>deutsche</strong>n<br />

Län<strong>der</strong>n ein. Im Klartext handelt es sich dabei schen Vertriebenen, Flüchtlingen und Aussiedlern hier<br />

u.a. um die Musikkulturen <strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen, in Deutschland. Wo beginnt die Integration und wo<br />

Banater und Donauschwaben wie auch Ungarndeut- hört die eigene kulturelle (auch <strong>deutsche</strong>) Identität auf?<br />

schen. Vieles verbindet sie, es gibt aber auch histori- Bekanntlich hat sich die Situation auf diesem Kultursche<br />

Unterschiede. Im Mittelpunkt stand diesmal die und Forschungsgebiet in <strong>der</strong> Bundesrepublik speziell<br />

Rolle <strong>der</strong> „Musik als interkultureller Dialog“, also die<br />

40<br />

nach 1998 durch die „Streichkonzerte“ <strong>der</strong> jetzigen


Bundesregierung sehr verschlechtert: Institute wurden<br />

aufgelöst, über Nacht umgewandelt, För<strong>der</strong>ungen wurden<br />

gestrichen, Projekte werden zurückgewiesen und<br />

eine systematische wissenschaftliche Forschung kann<br />

nicht mehr gewährleistet werden. Selbst in den USA<br />

kann man heute mehr Interesse <strong>für</strong> die Belange <strong>der</strong><br />

Musikkultur <strong>deutsche</strong>r Min<strong>der</strong>heiten im Südosten Europas<br />

finden, als in Deutschland selbst. Dies beweisen<br />

die zahlreichen großen musikwissenschaftlichen Symposien<br />

in New York o<strong>der</strong> die Dissertationen junger<br />

amerikanischer Forscher zu ähnlichen Themen.<br />

Umso erfreulicher ist es, dass die Bayerische Staatsregierung<br />

solche wissenschaftliche Vorhaben im Rahmen<br />

<strong>der</strong> immer enger werdenden finanziellen Möglichkeiten<br />

noch unterstützen kann. Unterstützung kam auch<br />

durch die Landsmannschaft <strong>der</strong> Banater Schwaben,<br />

ging es doch in vielen Referaten um die Musikkultur<br />

<strong>deutsche</strong>r Min<strong>der</strong>heiten im historischen Banat. Die<br />

Eröffnungsansprache hielt Dr. Hartmut Singbartl, Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Sudeten<strong>deutsche</strong>n Stiftung. Er<br />

wies<br />

nicht nur auf die Bedeutung <strong>der</strong> Musikkultur <strong>der</strong> Vertriebenen<br />

und Aussiedlern in unserem Land hin, son<strong>der</strong>n<br />

auch auf die Notwendigkeit, diese besser kennen<br />

zu lernen. Im Freistaat Bayern lebt ein großer Teil dieser<br />

Deutschen aus dem europäischen Südosten und<br />

nach Möglichkeit will man auch weiterhin <strong>der</strong>en Kultur<br />

för<strong>der</strong>n.<br />

Prof. Dr. Friedrich W. Riedel (Mainz, Sonthofen) hielt<br />

das Eröffnungsreferat mit dem Titel „Musikalische<br />

Verbindungen zwischen dem Heiligen Römischen<br />

Reich und dem Königreich Ungarn im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t“.<br />

Prof. Riedel hat zahlreiche Buchpublikationen zu<br />

ähnlichen Themen veröffentlicht und betreut auch<br />

Doktoranden aus diesen Län<strong>der</strong>n. Bereits durch die<br />

Verbindungen des ungarischen Arpadenhauses zu Bayern<br />

bestehen seit 1000 Jahren musikkulturelle Wechselbeziehungen.<br />

Dr. Klaus-Peter Leitner (Strube-Verlag,<br />

München) sprach zum Thema „Östlich von Wien. Die<br />

Wirkung <strong>der</strong> Wiener Schulen im östlichen Europa aufgezeigt<br />

anhand ausgewählter Musikbeispiele des 18. bis<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>ts“. Der Münchner Strube-Verlag hat<br />

nämlich in den letzten Jahren 2 interessante CD´s mit<br />

dem Hermannstädter Bachchor herausgebracht, die<br />

vorgestellt wurden. Gleichzeitig wies Dr. Leitner darauf<br />

hin, dass es in diesem Bereich Parallelen zu <strong>der</strong> Bayerischen<br />

und Baden-Württembergischen Musikforschung<br />

gibt. Die Erforschung <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Musikkultur im<br />

Südosten befindet sich eigentlich auf einem guten Weg,<br />

sieht man von einzelnen „Sackgassen“ ab, die in einer<br />

regionalen Musikschreibung vermieden werden müssten.<br />

Aber ähnliche Schwierigkeiten gibt es auch im<br />

Bezug auf Sparten <strong>der</strong> bayerischen o<strong>der</strong> badenwürttembergischen<br />

Musikforschung.<br />

Frau Hildegard Barth (Sankt Georgen) gehört zu jenen<br />

Teilnehmern <strong>der</strong> Musikwoche <strong>der</strong> GDMSE, die seit<br />

dem Anfang dabei war. Sie sprach über „20 Jahre Musikwoche<br />

<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Deutsche Musikkultur<br />

im südöstlichen Europa“. Tatsächlich hat diese Musikwoche<br />

nicht nur Kontinuität son<strong>der</strong>n auch Erfolge<br />

aufzuweisen: immer mehr Jugendliche nehmen daran<br />

teil, und das künstlerische Niveau lässt sich zeigen und<br />

hören. Aus dem damals von einigen Kritikern als „Kaffekränzchen“<br />

bezeichneten Musikwoche ist eine Veranstaltung<br />

geworden, <strong>der</strong>en Protagonisten schon immer<br />

wussten, welches die Richtung ist: zahlreiche im<br />

Banat o<strong>der</strong> in Siebenbürgen entstandene Werke werden<br />

erstaufgeführt, zeitgenössische Komponisten aus Rumänien<br />

und Deutschland widmen den Ensembles <strong>der</strong><br />

Musikwoche neue Kompositionen und in jedem Jahr<br />

kommen junge Musiker (Studenten und Schüler) aus<br />

Rumänien. Und nicht zuletzt: Musiker aus Deutschland,<br />

die mit Siebenbürgen und dem Banat biographisch<br />

nichts zu tun haben, beginnen sich <strong>für</strong> diese<br />

„an<strong>der</strong>e“ <strong>deutsche</strong> Musikkultur zu interessieren, mit all<br />

ihren Interferenzen und Paralellen zur Musikkultur <strong>der</strong><br />

Rumänen, Ungarn o<strong>der</strong> Serben.<br />

Dr. Franz Metz (München), <strong>der</strong> auch <strong>der</strong> Initiator und<br />

Leiter dieses Symposiums war, sprach über “Südosteuropäische<br />

Musikforschung und die Musik <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n<br />

Min<strong>der</strong>heiten“. In den letzten Jahren – beson<strong>der</strong>s<br />

nach dem Fall des Eisernen Vorhangs – bestehen<br />

neue Möglichkeiten, die Musikgeschichte <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n<br />

Min<strong>der</strong>heiten Südosteuropas zu entdecken. Was von<br />

Deutschland aus als „Südosteuropäisch“ betrachtet<br />

wird, hat seine Ursprünge oft in <strong>der</strong> mitteleuropäischen<br />

– also auch <strong>deutsche</strong>n – Kulturgeschichte. Selbst die<br />

rumänischen Kulturschaffenden um 1848 sehnten sich<br />

nach <strong>der</strong> Walzermusik von Johann Strauss, um die<br />

türkische Musik aus dem Land zu verdrängen. Nach all<br />

den bisher gescheiterten Versuchen des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />

hätte man nun die Möglichkeit, auch die Musik<br />

<strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Min<strong>der</strong>heiten objektiv und wissenschaftliche<br />

zu erforschen. So wurde z.B. bisher keine an<strong>der</strong>e<br />

südosteuropäische Volksmusik so wenig untersucht,<br />

wie die <strong>der</strong> Banater Schwaben o<strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen.<br />

So kann die rumänische, ungarische und serbische<br />

Ethnomusikologie dieses Raums unvergleichlich mehr<br />

vorweisen, als jene <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Min<strong>der</strong>heiten. Selbst<br />

die <strong>deutsche</strong>n Archive und Sammlungen warten noch<br />

auf ihre wissenschaftliche Auswertung.<br />

Horst Gehann (Kludenbach) päsentierte die Arbeit<br />

seines eigenen Verlags in seinem Vortrag „Deutsche<br />

Sprachinseln in Südosteuropa, ihre Musikpflege und<br />

schöpferische Leistungen in <strong>der</strong> Reihe Musikgeschichtliche<br />

Studien und in praktischen Ausgaben“. Prof. Dr.<br />

Helmut Loos (Leipzig) sprach über „George Enescu<br />

und Deutschland“, wird doch in diesem Jahr des 50.<br />

Todestags und 175. Geburtstags Enescus gedacht.<br />

Peter Szaunig (Bad Wörishofen) stellte das aus Siebenbürgen<br />

stammend Wun<strong>der</strong>kind Carl Filtsch den Anwesenden<br />

vor, nach dem vor 10 Jahren <strong>der</strong> Hermannstädter<br />

Klavierwettbewerb benannt wurde. Szaunig gehört<br />

neben Prof. Walter Kraft aus München zu den Initiatoren<br />

dieses Wettbewerbs. Dr. Richard Witsch (Köln)<br />

stellte in seinem Referat einen Komponisten aus <strong>der</strong><br />

Batschka in den Mittelpunkt: „Südosteuropäische mu-<br />

41


sikalische Vielfalt und Elemente mitteleuropäischer<br />

Stilrichtungen verschiedener Epochen als Symbiose in<br />

<strong>der</strong> Musik des Donauschwaben Anton Schoendlinger“.<br />

Johannes Kirner (München) sprach über eine Messe<br />

von Karl Ditters von Dittersdorf, die <strong>der</strong> Komponist<br />

als Großwardeiner Kapellmeister geschrieben hat und<br />

die vor kurzer Zeit beim Stuttgarter Carus-Verlag erschienen<br />

ist. Robert Rohr (München) bezeichnete die<br />

donauschwäbischen Knabenkapellen als einen „Son<strong>der</strong>fall<br />

<strong>der</strong> Musikgeschichte“, was ihre Weltreisen im<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>t durch Europa, Amerika und Afrika<br />

belegen. Widmar Ha<strong>der</strong> (Regensburg) stellte in seinem<br />

Referat das Sudeten<strong>deutsche</strong> Musikinstitut in Regensburg<br />

vor, dessen Leiter er ist.<br />

Sämtliche Referate werden in Kürze in einem Sammelband<br />

erscheinen, <strong>der</strong> über die die Adresse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Kultur im südöstlichen Europa zu<br />

beziehen ist.<br />

Weitere Informationen unter www.suedostmusik.de<br />

Die Kirchenmusik von Sombor dokumentiert<br />

Prof. Dr. Georg Tábori hat in den letzten Jahren das gesamte Musikarchiv des Karmelitenkirche aus Sombor (Batschka,<br />

Serbien und Montenegro) erforscht und seine Arbeit 2004 in einem Band veröffentlicht: Glazbeno stvaralastvo i fundus<br />

Karmela u Somboru, Sombor 2004 (in serbischer Sprache). Die Arbeit ist auch mit einer englischen Zusammenfassung<br />

versehen. Dr. Tábori ist <strong>der</strong> beste Kenner <strong>der</strong> Kirchenmusik dieses Raums, schrieb auch eine Arbeit über die Orgelbauer<br />

Caspar Fischer und Franz Lindauer, die in <strong>der</strong> Batschka ihre Werkstätte hatten.<br />

Das Kirchenmusikarchiv <strong>der</strong> Karmelitenkirche aus Sombor wurde 1904 angelegt und beinhaltet neben den üblichen<br />

Kompositionen <strong>für</strong> den katholischen Gottesdienst auch Gesangbücher mit lateinischen, kroatischen, ungarischen und<br />

<strong>deutsche</strong>n Texten.<br />

Banater Musikforschung grenzenlos<br />

22 Musikwissenschaftler aus vielen Län<strong>der</strong>n trafen sich in Temeswar<br />

von ROBERT ROHR<br />

„Musik als interkultureller Dialog. Das Banat als euroregionaler Klangraum“ – so lautete <strong>der</strong> Titel des<br />

internationalen musikwissenschaftlichen Symposiums, das in <strong>der</strong> Zeit 23.-25. September 2005 in Temeswar<br />

stattgefunden hat. Da<strong>für</strong> haben sich 22 Musikwissenschaftler aus Deutschland, Rumänien, Serbien<br />

und Montenegro, Ungarn, Tschechien, Österreich und Kroatien zusammengefunden.<br />

Bekanntlich wird Rumänien in einigen Jahren in die Europäische Union aufgenommen, umso wichtiger<br />

werden daher die historischen Regionen – die so genannten Euroregionen – in den Mittelpunkt gerückt,<br />

mit ihrer beson<strong>der</strong>s wechselvollen Geschichte und bunten Kultur. Dies kann man auch vom historischen<br />

Banat behaupten, eine Kulturlandschaft, die – aus welchen Gründen auch immer – nach dem ersten<br />

Weltkrieg zerstückelt wurde. Diesseits und jenseits <strong>der</strong> Grenze kennt man viel zu wenig über die Musikkultur<br />

und Musikgeschichte des Nachbarn – höchste Zeit also miteinan<strong>der</strong> auf wissenschaftlicher Basis<br />

zu diskutieren und voneinan<strong>der</strong> zu lernen.<br />

Bei <strong>der</strong> Eröffnung im Festsaal des Guttenbrunn-Hauses in Temeswar am Freitag, 23. September 2005,<br />

10 Uhr, sprachen Prof. Dr. Karl Singer vom Deutschen Forum, Dr. Ing. Gheorghe Ciuhandu, Oberbürgermeister<br />

<strong>der</strong> Stadt, Rolf Maruhn, Konsul <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland in Temeswar, Frau Alexandra<br />

Răzvan-Mihalcea, Vorsitzende des Temeswarer Philharmonischen Vereins und Dr. Franz Metz, Leiter<br />

des Symposiums. Die Veranstaltung selbst wurde durch den Temeswarer Philharmonischen Verein und<br />

die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V., München, organisiert.<br />

Das erste Referat wurde von Dr. Gheorghe Firca, Bukarest, gehalten: „Kontinuität und Aktualität im Banater<br />

Musikleben“ <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit. Firca stammt selbst aus dem Banat und ist einer <strong>der</strong> bedeutendsten<br />

Musikwissenschaftler und Komponisten des Landes. Für viel Interesse sorgte <strong>der</strong> Vortrag von<br />

Dr. Thomas Aigner, <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Musiksammlung <strong>der</strong> Wiener Stadt- und Landesbibliothek: „Das serbische<br />

Banat in <strong>der</strong> Operette „Jabuka“ von Johann Strauß“. Bekanntlich spielt sich die Handlung dieser<br />

Operette von Strauss-Sohn im Banat ab, ähnlich wie jene des viel bekannteren „Zigeunerbaron“. Außerdem:<br />

Banater Musikgeschichte bedeutet gleichzeitig auch österreichische Musikgeschichte – o<strong>der</strong> wenigstens<br />

ein Teil davon irgendwo am Rande <strong>der</strong> ehemaligen k.u.k.-Monarchie. Einen österreichischen<br />

Einfluss hatte auch das gemeinsame Referat von Ludwig Berghold aus Wien und Karla Sinitean-Singer,<br />

Temeswar: „Unsere Wurzeln. Deutsche Tänze im und au dem Banat. Gibt es <strong>für</strong> Musik ethnische Grenzen?“<br />

Bekanntlich erschien vor kurzer Zeit auch ein erwähnenswertes Buch dieser beiden Referenten<br />

42


zum gleichen Thema. Einen Bezug zur Volksmusik hatte auch das Referat von Dr. Nice Fracile, Novi-<br />

Sad/Neusatz: „Die Phonographaufnahmen Béla Bartóks und die Banater Volksmusik“. Lei<strong>der</strong> warten<br />

viele dieser Aufzeichnungen Banater Volksmusik bis heute auf ihre Veröffentlichung.<br />

Die junge Musikwissenschaftlerin Ivana Perkovic-Radak, Belgrad, sprach über die „Serbischen Gesangvereine<br />

vor 1914 und ihr kirchenmusikalisches Repertoire“. In Temeswar gab es selbst mehrere serbische<br />

Gesangvereine, die oft gemeinsam mit <strong>deutsche</strong>n und rumänischen Vereinen Konzerte gaben. Ein<br />

großer Teil des Banater und universellen Musikrepertoires ist beim Temeswarer Musikverlag Morawetz<br />

erschienen, ein Thema, das Dr. Damian Vulpe in seinem Referat behandelt hat. Dr. Felician Rosca, Temeswar,<br />

stellte die interkulturellen und interethnischen Aspekte in <strong>der</strong> Banater Hymnologie vor.<br />

Wie bunt die Banater Musikkultur ist, kann auch durch die Min<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Tschechen im Südbanat erläutert<br />

werden. Josef Sebesta, Prag, hat schon öfter diese Banater Min<strong>der</strong>heit besucht und <strong>der</strong>en Musikkultur<br />

untersucht. Die Museographin und Musikwissenschaftlerin Dr. Rodica Giurgiu, Temeswar, sprach<br />

über die Tätigkeit des Komponisten und Dirigenten Hermann Klee, <strong>der</strong> bekanntlich aus Hamburg stammte<br />

und in Temeswar seit 1943 tätig war. Gemeinsamkeiten in den verschiedenen südosteuropäischen<br />

Musiktraditionen konnte man durch das Referat <strong>der</strong> jungen serbischen Musikwissenschaftlerin Vesna<br />

Ivkov aus Neusatz feststellen, die die Akkordeongruppe „Meskarke“ aus Aradac vorgestellt hat und auf<br />

diesem auch im Banat sehr verbreiteten Instrument einige Beispiele selbst gespielt hat.<br />

Das Referat von Dr. Franz Metz, München, hatte den Titel: „Banater Rhapsodie o<strong>der</strong> Wo das Lied zu<br />

Hause ist. Die historische Musikforschung <strong>der</strong> zukünftigen Euroregion Banat“. Aus Zagreb war die Musikwissenschaftlerin<br />

Nada Bezic angereist, die den Ara<strong>der</strong> Komponisten Georg Karl Wisner von Morgenstern<br />

(1783-1855) vorgestellt hat, ein im Banat lei<strong>der</strong> vergessener Musiker, <strong>der</strong> zu den Grün<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

kroatischen Nationalschule und des Zagreber Konservatoriums zählt. Dr. Walter Kindl stellte in seinem<br />

Referat die Wegenstein-Orgel (Millenniumsorgel) <strong>der</strong> innenstädtischen Pfarrkirche vor, die 1896 auf <strong>der</strong><br />

Budapester Millenniumsausstellung gespielt und präsentiert wurde. Robert Rohr, München, stellte den<br />

zahlreichen Zuhörern eine kurzgefasste Geschichte <strong>der</strong> Banater Knabenkapellen vor, die bereits im 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t die halbe Welt umreisten.<br />

Über den in <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit in Temeswar tätigen Pianisten und Pädagogen Leo Freund sprach<br />

Dr. Maria Bodo, eine <strong>der</strong> bedeutendsten zeitgenössischen Klavierpädagogen Rumäniens. Constantin<br />

Tufan Stan aus Lugosch präsentierte die Biographien zweier Banater Sänger: Virginia Sepetian und Titus<br />

Olariu, die auf bedeutenden europäischen Bühnen riesige Erfolge verzeichnen konnten. Dass <strong>der</strong><br />

Banater Orgelbau nicht nur eine lokale und regionale Angelegenheit war, bewies István Enyedi,<br />

Sathmar, in seinem Referat über historische Orgeln die von den Banater Werkstätten Wegenstein, Dangl<br />

o<strong>der</strong> Hromadka in <strong>der</strong> nördlichen Region Rumäniens errichtet wurden. Ioan Tomi, <strong>der</strong> langjährige Musikreferent<br />

<strong>der</strong> Temeswarer Philharmonie, sprach über die Tätigkeit des Banater rumänischen Pädagogen<br />

und Chorleiters Atanasie Lipovan aus Großsanktnikolaus, <strong>der</strong> u.a. auch in den USA rumänische Chöre<br />

geleitet hat. Dr. Ioan Fancsali, Budapest, stellte den Ara<strong>der</strong> Geigenvirtuosen Emil Telmanyi vor, <strong>der</strong> aus<br />

einer armenischen Familie stammte. Bohumil Pesek, Prag, widmete sich <strong>der</strong> Biographie des Banater<br />

Komponisten und Kapellmeisters Rudolf Novacek, <strong>der</strong> <strong>für</strong> kurze Zeit auch in <strong>der</strong> tschechischen Hauptstadt<br />

tätig war.<br />

Ein Höhepunkt des Symposiums war <strong>der</strong> Besuch <strong>der</strong> Musikstadt Lugosch. Hier wurden die Teilnehmer<br />

im städtischen Theater von dem Kin<strong>der</strong>chor „Armonie“ <strong>der</strong> Musikschule begrüßt und vom Dirigenten des<br />

berühmten Vidu-Chors, Prof. Remus Tascau. Dorin Pacurar stellte den bereits etablierten internationalen<br />

Tenor-Wettbewerb vor, <strong>der</strong> regelmäßig in <strong>der</strong> Stadt an <strong>der</strong> Temesch stattfindet und Dr. Dan Demeter<br />

stellte seinen berühmten Großvater, den Tenor mit Weltruhm Traian Grozavescu den Gästen vor. Eine<br />

zweite Studienfahrt führte die Musikwissenschaftler nach Großsanktnikolaus, wo man die Bartók-<br />

Ausstellung im Nakó-Schloss besichtigt hat.<br />

Das wichtigste Ereignis dieses Symposiums war vielleicht das erste Konzert in <strong>der</strong> wie<strong>der</strong> geöffneten<br />

innenstädtischen Synagoge, Freitag, 23. September, um 19 Uhr. Der Temeswarer Philharmonische Verein<br />

hat <strong>für</strong> 50 Jahre dieses historische Gebäude von <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde <strong>der</strong> Stadt übernommen<br />

und wird darin Konzerte veranstalten. Es musizierten Alexandra Gutu (Violoncello), Marian Tărău (Violine),<br />

Aura Twarowska (Alto) und Franz Metz (Klavier). Die Synagoge war überfüllt von interessierten Zuhörern<br />

und konnte den Ansturm kaum verkraften. Es ist dies die erste Synagoge im Land, die nun als<br />

Konzertsaal benützt wird. Anlässlich dieses Konzertes überreichte Franz Metz die kürzlich in München<br />

erschienene Monographie zur Geschichte des Temeswarer Philharmonischen Vereins dem Oberbürgermeister<br />

Dr. Gheorghe Ciuhandu. Den Schluss bildete ein Orgelkonzert in <strong>der</strong> katholischen Pfarrkirche<br />

zu Lugosch, am Sonntag, dem 25. September 2005, um 18 Uhr.<br />

43


Ohne die För<strong>der</strong>ung seitens rumänischer und <strong>deutsche</strong>r Institutionen wäre dieses musikwissenschaftliche<br />

Symposium nicht möglich gewesen, ein Beweis, dass solche Kooperationen auch <strong>für</strong> die zukünftige<br />

Euroregion Banat von größter Bedeutung sind.<br />

Sämtliche Referate dieses internationalen musikwissenschaftlichen Symposiums werden in einigen Wochen<br />

in einem Sammelband erscheinen. (Weitere Infos unter www.suedost-musik.de)<br />

In Ulm wird an Béla Bartók erinnert<br />

Zu Béla Bartóks 60. Todestag erinnern das Ulmer Theater, das donaubüro.ulm und das Donauschwäbische Zentralmuseum<br />

gemeinsam an den großen Komponisten und Musikwissenschaftler.<br />

"Eine <strong>der</strong> herausragenden Leistungen Bartóks besteht darin, dass er Volksmusik sammelte und aufzeichnete. Ohne<br />

diese Forschungsarbeit wären die mitreißenden ungarischen Lie<strong>der</strong> und Tanzstücke heute vergessen. So aber bildet<br />

Bartóks Sammlung eine <strong>der</strong> Grundlagen <strong>für</strong> die osteuropäische Tanzhausbewegung. Im Tanzhaus (ungarisch ‚táncház')<br />

wird live musiziert - und je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> mag, kann ohne Vorkenntnisse das Tanzbein schwingen."<br />

Mit diesen einleitenden Worten lädt das Donauschwäbische Zentralmuseum in Ulm zu einer Tanzveranstaltung <strong>für</strong><br />

Samstag, den 1. Oktober 2005, ab 18.00 Uhr, ein. Unter Anleitung erfahrener ungarischer Tanzmeister und begleitet<br />

von <strong>der</strong> vierköpfigen Münchener Musikgruppe "Varázskör" (Zauberkreis) kann im Museum einmal an<strong>der</strong>s abgetanzt<br />

werden als gewohnt. Zur Stärkung gibt es Spezialitäten aus <strong>der</strong> ungarischen Küche. Das Programm beginnt 18.00 Uhr<br />

mit Tanzhaus <strong>für</strong> Kin<strong>der</strong>, ab 19.30 Uhr sind die Jugendlichen und Junggebliebenen zum Tanzen aufgefor<strong>der</strong>t. Ort:<br />

Donauschwäbisches Zentralmuseum, Schillerstr. 1, 89077 Ulm, Tel. 0731-962540.<br />

Weitere Veranstaltungen zur Erinnerung an Béla Bartók:<br />

Sonntag, 25. September 2005, 17.00 Uhr: Eröffnung <strong>der</strong> Bartók-Ausstellung des musikwissenschaftlichen Instituts<br />

Budapest im Ulmer Theater<br />

Sonntag, 2. Oktober, 19.30 Uhr: Konzert mit Bartók-Kammermusik im Foyer des Ulmer Theaters.<br />

(Siebenbürgische Zeitung Online, 24. September 2005)<br />

von DR. FRANZ METZ<br />

44<br />

Banater Klänge auf <strong>der</strong> Prager Burg<br />

Internationales musikwissenschaftliches Symposium und Banater Musik in Prag<br />

Wer kennt nicht die Karlsbrücke, den Namen Antonin<br />

Dvorak o<strong>der</strong> die Karmeliterkirche in Prag, von wo aus<br />

sich das „Prager Jesulein“ in die ganze Welt verbreitet<br />

hat. Auch in je<strong>der</strong> Banater katholischen Kirche steht<br />

eine Kopie dieses Prager Jesuleins – heute fast ganz in<br />

Vergessenheit geraten. Aber die Beziehungen zwischen<br />

Böhmen und dem Banat sind auch in <strong>der</strong> Musik bis<br />

heute erhalten geblieben. Im Mittelpunkt eines internationalen<br />

Symposiums vom 28.-30. April 2005 mit Musikwissenschaftlern<br />

aus Deutschland, Österreich, Norwegen,<br />

Schweden, <strong>der</strong> Slowakei, Ukraine und dem<br />

Gastgeberland Tschechien stand diesmal die Militärmusik<br />

in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> böhmischen Län<strong>der</strong>. Also<br />

durfte auch das Banat nicht fehlen, wohin seit dem 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t viele Musiker aus Böhmen gezogen sind,<br />

darunter eine stattliche Zahl von Militärmusikern.<br />

Unsere Banater Musikgeschichte wäre ohne den Beitrag<br />

<strong>der</strong> böhmischen Regenschori, Kapellmeister und Musikpädagogen<br />

um vieles ärmer und fast unvorstellbar.<br />

Nicht nur die ersten Temeswarer Domkapellmeister<br />

kamen aus Böhmen, auch Kapellmeister, Orgel- und<br />

Instrumentenbauer sowie Lehrer, die im Banat des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts einen besseren Verdienst fanden als irgendwo<br />

im damaligen Böhmen. Bekanntlich siedelten<br />

sich auch auf dem Gebiet <strong>der</strong> Banater-Militärgrenze<br />

und im südlichen Banater Bergland zahlreiche Familien<br />

aus Böhmen an, es waren nicht nur Deutschböhmen<br />

son<strong>der</strong>n auch Tschechen darunter. Einige dieser böhmischen<br />

und tschechischen Siedlungen sind bis heute<br />

erhalten geblieben.<br />

Gleich zum Beginn des musikwissenschaftlichen Symposiums<br />

erklang <strong>der</strong> vielleicht bekannteste Marsch <strong>der</strong><br />

ehemaligen Doppelmonarchie, <strong>der</strong> heute gleichfalls als<br />

bekanntester tschechischer Marsch bezeichnet wird:<br />

<strong>der</strong> „Castaldo-Marsch“ des Temeswarer Komponisten<br />

Rudolf Novacek. Es erfüllt einen schon mit Stolz,<br />

wenn man diese Banater Komposition von <strong>der</strong> Musikkapelle<br />

<strong>der</strong> Burgwache und <strong>der</strong> Polizei <strong>der</strong> Tschechischen<br />

Republik in einer tadellosen Interpretation zu<br />

Gehör bekommt. Auch das Festkonzert im Spanischen<br />

Saal <strong>der</strong> Prager Burg wurde mit diesem Werk beendet.<br />

Dazwischen erklangen Werke an<strong>der</strong>er Komponisten,<br />

wie von Julius Fucik, einem ehemaligen böhmischen<br />

Kapellmeister, dessen Kirchenmusikwerke auch im<br />

Banat gerne aufgeführt wurden (z.B. sein „Ave Maria“<br />

erklang oft in <strong>der</strong> Lugoscher Minoritenkirche). Im Mittelpunkt<br />

des Referats „Aus Böhmen in das Banat. Der<br />

Einfluss böhmischer Militärkapellmeister auf die südosteuropäische<br />

Musikkultur“ standen die Namen dreier<br />

böhmischer Kapellmeister, die im Banat tätig waren:<br />

Wenzel Joseph Heller, Vinzenz Maschek und Rudolf<br />

Novacek.


Wenzel Josef Heller (geboren 1849 in Dobromerice,<br />

gestorben 1914 in Temeswar) war 1873-1877 in Hermannstadt<br />

als Regenschori, Organist und Stadtkapellmeister<br />

tätig, ab 1885 als Kapellmeister <strong>der</strong> Musikkapelle<br />

des 29. Infanterieregiments „Loudon“ zu Temeswar.<br />

Er wirkte mit seiner Militärkapelle bei vielen Veranstaltungen<br />

des Temeswarer Philharmonischen Vereins<br />

mit, trat selbst in Lugosch auf und seine Werke<br />

wurden auch nach seinem Tod noch in vielen Orten<br />

aufgeführt.<br />

Das Orchester des 29. Infanterieregiments zu Temeswar<br />

führte unter <strong>der</strong> Leitung seines Kapellmeisters<br />

Josef Wenzel Heller am 7. November 1885 im Saal des<br />

Hotels „Zu den sieben Chur<strong>für</strong>sten“ auch Werke von<br />

Johann Strauss auf, wie die beiden Walzer „Bei uns<br />

z´Haus und Du und Du“. Das nächste Konzert dieses<br />

Orchesters vom 15. November 1885 im Hotel „Kronprinz<br />

Rudolf“ brachte aber eine Sensation: zum ersten<br />

Mal im Banat wurde ein Teil aus <strong>der</strong> Operette Der Zigeunerbaron<br />

aufgeführt. In <strong>der</strong> Zeitungsannonce hieß es:<br />

„Großes Militär-Konzert <strong>der</strong> 29. Inf.-Reg.-Musik-<br />

Kapelle unter persönlicher Leitung des Herrn Kapellmeisters<br />

J. Heller. Hervorragende Piecen; Zum<br />

Erstenmale: «Slavische Tänze» von Dvorak. - Neu, zum<br />

Erstenmale: Zigeunerchor aus ‚Der Zigeunerbaron’<br />

von Johann Strauss. - Zum Erstenmale: Marche de<br />

Cortege aus <strong>der</strong> ‚Königin von Saba’ von Gounod.“<br />

Demnach hatte das Temeswarer Publikum die Gelegenheit,<br />

bereits drei Wochen nach <strong>der</strong> Première in<br />

Wien (!), einen Teil dieser Operette zu hören. Als 1903<br />

in Temeswar das große Landessängerfest stattfand,<br />

kam auch Graf Géza Zichy ins Banat, um den bereits<br />

berühmten und beliebten Kapellmeister und Komponisten<br />

Heller zu besuchen. Im April 1914 ist Heller in<br />

Temeswar gestorben. Zu seinem Andenken wurde<br />

einige Wochen später ein Heller-Gedenkkonzert vom<br />

Temeswarer Philharmonischen Verein veranstaltet.<br />

Zu den aus Böhmen stammenden Musikern gehört<br />

auch Vinzenz Maschek (um 1800-1875). Dieser widmete<br />

noch als Musikdirektor <strong>der</strong> Kapelle in Ruskberg dem<br />

damaligen Kapellmeister Johann Strauss Vater einen<br />

Walzer, dessen Autograph in <strong>der</strong> Wiener Stadtbibliothek<br />

aufbewahrt wird: „Carnevals-Erinnerungen. Walzer<br />

<strong>für</strong> das ganze Orchester, componirt und Seiner<br />

Wohlgeboren, dem Herrn Kapellmeister Herrn Johann<br />

Strauss hochachtungsvoll gewidmet von Vincens Maschek,<br />

Musik-Director <strong>der</strong> Ruskberger Berg-Kapelle“.<br />

Dieses Werk wurde im Jahre 2000 in einer <strong>deutsche</strong>n<br />

Erstaufführung durch die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong><br />

Musikkultur im südöstlichen Europa e.V. durch das<br />

Orchester <strong>der</strong> Musikwoche in Löwenstein interpretiert.<br />

Zu seinen Kompositionen zählt auch ein Marsch, den<br />

er Kaiser Franz Josef I. gewidmet hat: „DEFFILIR-<br />

MARSCH componirt als Klänge aus <strong>der</strong> k. k. Deutsch-<br />

Banater Militär Grenze und Seiner k. k. Apostolischen<br />

Majestät, dem Allergnädigsten Herrn, Herrn FRANZ<br />

JOSEF I. in tiefster Ehrfurcht zugeeignet von Vinzenz<br />

Maschek Lehrer in Starcsova in <strong>der</strong> k. k. Deutsch-<br />

Banater Militär Grenze“. Dieses Werk ist nach seiner<br />

Tätigkeit als Regenschori in Weisskirchen entstanden,<br />

als er in Starcevo/Starcsova als Lehrer einige Zeit gewirkt<br />

hat. Darin hat Maschek, wie er im Titel festlegt,<br />

Klänge – also Volksliedmotive – aus dem Gebiet <strong>der</strong><br />

Militärgrenze eingearbeitet.<br />

Der älteste Sohn des Temeswarer Domkapellmeisters<br />

Martin Novacek war Rudolf Novacek (geboren am 7.<br />

April 1860 in Weißkirchen / Bela Crkva / Fehértemplom),<br />

gestorben am 12. August 1929 in Prag). Er<br />

besuchte die Oberrealschule in Temeswar, danach folgte<br />

ein Studium am Wiener Konservatorium (10.1874-<br />

1876), Violine bei Josef Hellmesberger, Prof. Rauch<br />

(Klavier), Prof Krenn und Prof. Fuchs. Danach ging<br />

<strong>der</strong> an die königliche ungarische Landesmusikakademie<br />

in Budapest (September 1878 – Mai 1879), wo er bei<br />

Robert Volkmann (Harmonie) Unterricht erhilet. Zwischen<br />

1879 und 1890 wirkte er als Musiker und Kapellmeister<br />

in Plzen, Innsbruck, Hradec Kralove und<br />

Prag. Er war damals mit Karl Komzak gut befreundet.<br />

1890 verlässt er Prag und wurde Kapellmeister im bulgarischen<br />

Reiterregiment Nr. 1 in Sofia, ab 1892 wirkte<br />

er als Kapellmeister <strong>der</strong> rumänischen königlichen Garde<br />

in Bukarest.<br />

Hier übernahm er 1898 die Leitung des Bukarester<br />

<strong>deutsche</strong>n Gesangvereins Eintracht und wirkte gleichzeitig<br />

als Kapellmeister am Varieté-Theater. Auch als<br />

Dirigent hat er sich einen Namen gemacht und erntete<br />

große Erfolge in Russland, Belgien, Holland und in<br />

Berlin. Von 1905 bis kurz vor seinem Tode, 1929,<br />

wirkte er als Musiklehrer in Temeswar. Dazwischen<br />

(1921, 1922) weilte er in Prag, wo er in <strong>der</strong> tschechischen<br />

Armee die Leitung <strong>der</strong> Militärmusikschule hätte<br />

übernehmen sollen. Doch da sich die Gründung <strong>der</strong><br />

Schule in die Länge zog, wie auch aus finanziellen<br />

Gründen, verließ er Prag und kehrte nach Temeswar<br />

zurück, wo er bis 1929 als Klavierlehrer tätig sein wird.<br />

Er starb am 11. August 1929 nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt<br />

in Prag. Seine bekannteste Komposition<br />

ist <strong>der</strong> „Castaldo-Marsch“, gewidmet dem<br />

Kommandanten des II. Btl. im k.u.k. Infanterieregiment<br />

Nr. 28 in Prag, Ludwig Castaldo (1839-1910).<br />

Rudolf Novacek wurde selbst von Dvorak sehr geschätzt,<br />

dessen Werke er mit seiner Kapelle mehrmals<br />

aufgeführt hat.<br />

Natürlich gibt es noch direkte Beziehungen zwischen<br />

den böhmischen Kapellmeistern und <strong>der</strong> Tradition <strong>der</strong><br />

Banater Knabenkapellen, die bereits im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

in Europa, Amerika und Afrika Konzerte gaben. Selbst<br />

zahlreiche serbische und rumänische Chöre des Banats<br />

wurden zeitweise von böhmischen Musikern geleitet.<br />

Somit kann man Charles Burney zustimmen, <strong>der</strong> 1772<br />

im Tagebuch seiner musikalischen Reisen festgestellt<br />

hat, „...daß die Böhmen unter allen Nationen in<br />

Deutschland, ja vielleicht in ganz Europa am meisten<br />

musikalisch wären; und ein berühmter <strong>deutsche</strong>r Komponist,<br />

welcher gegenwärtig in London ist, hatte mich<br />

versichert, daß sie, wenn man ihnen nur gleiche Vorteile<br />

mit den Italienern verschaffe, diese gewiß übertreffen<br />

würden.“<br />

45


Musik als interkultureller Dialog.<br />

Die Musik <strong>der</strong> Deutschen<br />

in/aus Südosteuropa<br />

20 Jahre <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V.<br />

Konferenzbericht, Musikwissenschaftliches Symposium, 19.02.2005, München,<br />

Herausgegeben von Dr. Franz Metz, Südosteuropäische Musikhefte, Band 4,<br />

Edition Musik Südost, München 2005, ISBN 3-939041-01-7, Preis: 10,- €<br />

Hartmut Singbartl: Über die gemeinschaftsbildende Kraft <strong>der</strong> Musik<br />

Hildegard Barth, Antje Neumann: 20 Jahre <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa (1985-2005)<br />

Franz Metz: Südosteuropäische Musikforschung und die Musik <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Min<strong>der</strong>heiten. Versuch einer Definition.<br />

Friedrich Wilhelm Riedel: Musikalische Verbindungen zwischen dem Heiligen Römischen Reich und dem Königreich Ungarn im 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

Helmut Loos: George Enescu und Deutschland<br />

Klaus Peter Leitner: Östlich von Wien. Die Wirkung <strong>der</strong> Wiener Schulen im östlichen Europa aufgezeigt anhand ausgewählter Musikbeispiele<br />

des 18. bis 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts mit einem Exkurs zur Methodologie <strong>der</strong> Landesmusikgeschichtsforschung<br />

Peter Szaunig: Carl Filtsch - Klaviervirtuose und Komponist<br />

Robert Rohr: Die donauschwäbischen Knabenkapellen – ein Son<strong>der</strong>fall <strong>der</strong> Musikgeschichte<br />

Richard Witsch: Südosteuropäische musikalische Vielfalt und Elemente mitteleuropäischer Stilrichtungen verschiedener Musikepochen als<br />

Symbiose in <strong>der</strong> Musik des Donauschwaben Anton Schoendlinger<br />

Widmar Ha<strong>der</strong>: Das Sudeten<strong>deutsche</strong> Musikinstitut in Regensburg – vom Sinn seiner Arbeit.<br />

Johannes Kirner: Ein vergessener Komponist: Carl Ditters (von Dittersdorf)<br />

Musik als interkultureller Dialog.<br />

Das Banat als euroregionaler Klangraum<br />

Konferenzbericht, Internationales musikwissenschaftliches Symposium, 23.-25.09.2005, Temeswar/Timisoara, Herausgegeben<br />

von Dr. Franz Metz. Rumänischer Titel: Muzica – dialog intercultural. Confluente muzicale interculturale in<br />

Banat (wissenschaftliche Beiträge in <strong>deutsche</strong>r, rumänischer und englischer Sprache), Südosteuropäische Musikhefte,<br />

Band 5, Edition Musik Südost, München 2005, ISBN 3-939041-02-5, Preis: 10,- €<br />

Gheorghe Firca (Bucuresti): Kontinuität und Aktualität im Banater Musikleben <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit<br />

Thomas Aigner (Wien): Das serbische Banat in <strong>der</strong> Operette „Jabuka“ von Johann Strauss<br />

Ivana Perkovic Radak (Belgrad): Serbische Gesangvereine vor 1914 und ihr kirchenmusikalisches Repertoire<br />

Bohumil Pesek (Prag): Rudolf Nováček und Prag<br />

Nice Fracile (Novisad): Die Phonographaufnahmen Béla Bartóks und die Banater Volksmusik<br />

Maria Bodo (Timisoara): Leo Freund – Pianist, Lehrer und Impresar<br />

Franz Metz (München): Wo <strong>der</strong> Gesang zu Hause ist. Zur Gründung <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n und rumänischen Chorverbände im Banat<br />

Damian Vulpe (Timisoara): Der Temeswarer Musikverlag Morawetz<br />

Clemansa Liliana Firca (Bucuresti): Wiener Quellen und die ersten Kompositionen George Enescus<br />

Josef Šebesta (Prag): Zur Musik <strong>der</strong> tschechischen Min<strong>der</strong>heit im rumänischen Banat.<br />

Ioan Tomi (Timisoara): Atanasie Lipovan – Die Wie<strong>der</strong>entdeckung einer bedeutenden Banater Musikerpersönlichkeit<br />

Constantin Tufan Stan (Lugoj): Virginia Sepetian und Titus Olariu – Zwei Banater Sänger auf den großen lyrischen Bühnen<br />

Europas<br />

Vesna Ivkov (Novi Sad): Die Gruppe MEŠKÁRKE aus Aradac – Verbindungen <strong>der</strong> Tradition und Attraktion.<br />

Nada Bezic (Zagreb): Georg Karl Wisner von Morgenstern (1783-1855), ein Ara<strong>der</strong> Musiker in vier Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Habsburgmonarchie<br />

Ioan Fancsali (Budapest): Der Geiger Emil Telmányi und dessen Konzerte in Siebenbürgen und im Banat<br />

Robert Rohr (München): Die donauschwäbischen Knabenkapellen und ihre Nachklänge in Amerika<br />

Felician Rosca (Timisoara): Interkulturelle und interethnische Aspekte in <strong>der</strong> traditionellen Hymnologie des Banats<br />

Csaba Pasko (Subotica) : Die katholische Kirchenmusik in <strong>der</strong> Wojwodina zum Beginn des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

István Enyedi (Satu Mare): Instrumente Banater Orgelbauer im Nordwesten Rumäniens<br />

Walter Kindl (Temeswar), Franz Metz (München): Ein Auftrag <strong>der</strong> Stadt: Die Temeswarer Millenniumsorgel von Carl Leopold<br />

Wegenstein und ihre Geschichte<br />

Ludwig Berghold (Wien), Karla Sinitean-Singer (Temeswar): Unsere Wurzeln. Deutsche Tänze im und aus dem Banat<br />

Rodica Giurgiu (Timisoara): Aus Hamburg in das Banat: Der Komponist und Dirigent Hermann Klee<br />

46


Sie hat das Musikleben mitgeprägt<br />

Zum 25. Todestag <strong>der</strong> Pianistin Maria Klein-Hintz<br />

von Elena Margareta Gherman<br />

‚Es hat heute Spaß gemacht.' Das war das große Lob<br />

aus dem Munde eines Klavierschülers an <strong>der</strong> Freiburger<br />

Musikschule, erinnert sich die Klavierlehrerin Eva Maria<br />

Schachinger. Nicht immer Spaß gemacht haben ihr<br />

die Klavierstunden mit ihrer Lehrerin Maria "Mitzi"<br />

Klein-Hintz. Aber: "Das war gut so", meint sie. Sie sei<br />

oft mit zitternden Knien in die Stunden gegangen und<br />

hat es nie gewagt, unvorbereitet zu sein. Aber die<br />

Strenge <strong>der</strong> Lehrerin wandelte sich in Freundlichkeit<br />

und Güte, sobald sie beim Schüler neben Musikalität,<br />

guten Willen, Fleiß, ja oft harte Arbeit wahrnehmen<br />

konnte, schreibt die mittlerweile pensionierte Klavierlehrerin<br />

Eva Maria Schachinger. "Mitzi Klein-Hintz hat<br />

das Musikleben in Hermannstadt neben Franz Xaver<br />

Dressler und Kurt Mild maßgeblich geprägt", bestätigt<br />

Olga Maria Stump (verh. Fischer), zunächst in Hermannstadt<br />

und zuletzt an <strong>der</strong> Musikhochschule in Göttingen<br />

Dozentin <strong>für</strong> Klavier und Orgel. "Sie hat auch<br />

mit dazu beigetragen, dass es sich auf hohem Niveau<br />

abspielte." Doch auch die strenge Musiklehrerin war<br />

vor Lampenfieber nicht gefeit: Kurz vor einem Auftritt<br />

sei sie vor ihrem Mann auf die Knie gefallen und habe<br />

ihn gebeten: "Lass mich bitte nicht aufs Podium, bitte<br />

nicht!" Sie musste aber auf die Bühne hinaus und spielte<br />

wie immer großartig, erzählt Olga Maria Stump Fischer.<br />

Voller Dankbarkeit erinnert sich auch Dr. Grazielle<br />

Georgia, bis 1997 Dozentin an <strong>der</strong> Gheorghe-<br />

Dima-Musikhochschule in Klausenburg/Cluj an ihre<br />

ehemalige Lehrerin Mitzi Klein-Hintz. Als Neunjährige<br />

hatte sie den Unterricht bei ihr begonnen und stellte<br />

sich 1951 zur Aufnahmeprüfung am Klausenburger<br />

Konservatorium, obwohl sie kein Musiklyzeum absol-<br />

viert hatte. Die Prüfung bestand Grazielle Georgia,<br />

damals noch Stănilă, denn in Mitzi Klein-Hintz hatte<br />

sie eine strenge Lehrerin gehabt, die es verstanden hatte,<br />

die technischen Übungen mit Erläuterungen über<br />

Ausdrucksmittel und Stil des jeweiligen Komponisten<br />

zu verbinden. Maria Hintz wurde 1891 in Kronstadt/Braşov<br />

geboren. Musiziert worden ist viel in <strong>der</strong><br />

Familie und auch Mitzi begann den Klavierunterricht<br />

im Alter von sechs Jahren. Ab 1904 nahm sie dann in<br />

Hermannstadt/Sibiu bei Dieter von Heldenberg und<br />

Leopold Bella Klavierstunden und studierte zwischen<br />

1910-1914 in Wien u.a. mit Ernst Ludwig, dem Liszt-<br />

Schüler Emil Sauer sowie dem Chopin-Eleven Siegfried<br />

Grundeis. Zurück in Hermannstadt, begann sie ihre<br />

pädagogische sowie Konzert-Tätigkeit. Es gab wohl<br />

kaum eine sächsische, rumänische o<strong>der</strong> jüdische Familie,<br />

die ihre Kin<strong>der</strong> nicht zu Mitzi Hintz, verheiratete<br />

Klein, in die Klavierstunden schickte. Daneben bot sie<br />

sowohl in Hermannstadt als auch in an<strong>der</strong>en Ortschaften<br />

Klaviervorspiele und trat als Solistin in Konzerten<br />

mit sinfonischen Orchestern auf. Insbeson<strong>der</strong>e die<br />

jungen Musiker hielt sie dazu an, in Kammermusikkonzerten<br />

vor das Publikum zu treten. Beliebt war sie wegen<br />

ihrer Einfühlsamkeit als Begleiterin am Klavier,<br />

desgleichen aber auch als Beraterin unter Fachkollegen.<br />

Sie gehörte zu den Gründungsmitglie<strong>der</strong>n des 1946 von<br />

Timotei Popovici gegründeten Konservatoriums in<br />

Hermannstadt (das dann in die Volkshochschule <strong>für</strong><br />

Kunst umgewandelt worden ist), wo sie bis zu ihrer<br />

Pensionierung unterrichtete. Bis ins hohe Alter trat sie<br />

in Konzerten auf und gab Klavierstunden. Maria Klein-<br />

Hintz starb am 12. Mai 1980 in Hermannstadt. (ADZ,<br />

14.5.2005)<br />

Musikbücher und Musiknoten<br />

südosteuropäischer Komponisten:<br />

Gehann-Musik-Verlag (Kludenbach)<br />

www.G-M-V.de<br />

MusikNoten-Verlag Latzina (Karlsruhe)<br />

www.musiknotenverlag.de<br />

E D I T I O N M U S I K S Ü D O S T (München)<br />

www.edition-musik-suedost.de<br />

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48<br />

Die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V.<br />

Die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V. (GDMSE) wurde 1997 gegründet und setzt die Tätigkeit<br />

des ehemaligen Arbeitskreises Südost, gegründet 1984, fort. Laut § 2 <strong>der</strong> Satzung verfolgt <strong>der</strong> Verein folgende Ziele: Sammlung von<br />

Musikdokumenten, Pflege, musikpraktische und wissenschaftliche Aufarbeitung historischer sowie zeitgenössischer Musikkultur<br />

<strong>der</strong> Deutschen aus Südosteuropa in ihrem integralen regionalen Zusammenhang mit <strong>der</strong> Musikkultur benachbarter Völker.<br />

Diese Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> werden erfüllt durch: Sammlung, Sicherung und Aufarbeitung von Musikdokumenten; För<strong>der</strong>ung<br />

wissenschaftlicher Arbeiten und Durchführung von Forschungsvorhaben; Herausgabe von Noten, Schriften, Tonträgern und<br />

sonstigem Arbeitsmaterial; Planung und Durchführung von Studien- und Arbeitstagungen; Musikbezogene Projekte und Veranstaltungen<br />

im In- und Ausland, auch unter dem Aspekt <strong>der</strong> Identitätsfindung und Integration von Spätaussiedlern mittels musikkultureller<br />

Aktivitäten sowie <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des internationalen künstlerischen und wissenschaftlichen Austausches im Musikbereich;<br />

Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Vereinen und Institutionen mit ähnlichen Aufgaben im In- und Ausland.<br />

Unsere <strong>Gesellschaft</strong> befasst sich mit <strong>der</strong> Musikkultur folgen<strong>der</strong> Regionen: Banat, Batschka, Bessarabien, Buchenland, Branau,<br />

Dobrudscha, Galizien, Gottschee, Hauerland, Heideboden, Ofener Bergland, Sathmar, Schomodei, Siebenbürgen, Slawonien,<br />

Syrmien, Tolnau, Zips. Heute gehören diese mit <strong>deutsche</strong>n Kolonisten besiedelten historischen Siedlungsgebiete zu folgenden<br />

Staaten: Rumänien, Ungarn, Serbien und Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Slowakei, Ukraine.<br />

Für die Erfüllung unserer Aufgaben und Ziele wurde dem Verein vom Finanzamt Balingen die Gemeinnützigkeit <strong>für</strong> wissenschaftliche<br />

Zwecke zuerkannt. Der Verein wurde vom Amtsgericht Hechingen in das Vereinsregister eingetragen. Für die Durchführung<br />

seiner Aufgaben kann unsere <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> einzelne Projekte öffentliche Mitteln beantragen.<br />

Oberstes Organ <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> ist die Mitglie<strong>der</strong>versammlung. Sie legt die Richtlinien <strong>für</strong> die Arbeit fest und wählt den Vorstand,<br />

<strong>der</strong> die Verwaltungsgeschäfte leitet. Alljährlich findet in <strong>der</strong> Woche nach Ostern die bereits zur Tradition gewordene Musikwoche<br />

statt.<br />

An die<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V.<br />

Hugo-Weiss-Str. 5, D-81827 München<br />

Beitrittserklärung<br />

Hiermit möchte ich ordentliches Mitglied <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V.<br />

werden.<br />

Vor- und Nachname:…………………………………………………………..<br />

Geburtsdatum und Ort:………………………………………………………...<br />

Anschrift:………………………………………………………………………<br />

Der Jahresbeitrag von 30,- € (ermäßigt 20,-, Familien 40,-) soll von meinem/unserem Konto abgebucht werden.<br />

Meine Bankverbindung:<br />

Datum:…………………………….. Unterschrift……………………………..<br />

Impressum:<br />

<strong>MUSIKZEITUNG</strong>: <strong>Mitteilungsblatt</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V.<br />

Herausgeber: GDMSE e.V., München<br />

Redaktion, Anschrift <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong> Musikkultur im südöstlichen Europa e.V.:<br />

Dr. Franz Metz<br />

Hugo-Weiss-Str. 5<br />

D-81827 München<br />

Tel/Fax: 089-45011762


Johannes Killyen<br />

Mendelssohnstraße 4<br />

06844 Dessau<br />

Tel./Fax: 0340-230 49 83<br />

Weitere Informationen unter: www.suedost-musik.de<br />

Preis dieses Heftes: 4,- € incl. Versand<br />

Bankverbindung: Sparkasse Zollernalb, BLZ 653 512 60, Konto 25078127<br />

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