Droht wieder einmal Chaos? - asta - Leibniz Universität Hannover
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Kino am Mittwoch<br />
USA aufzeigt, sondern neben<br />
dem Arbeitskampf auch gleich<br />
ein zweites Moment der Emanzipation<br />
stark macht: Gegen anfängliche<br />
Widerstände der streikenden<br />
Arbeiter greifen auch<br />
deren Frauen in das Geschehen<br />
ein und ermöglichen so den Erfolg<br />
des Kampfes.<br />
In den Sechziger Jahren explodierte<br />
im Zuge der antikolonialen,<br />
der Studierenden- und der amerikanischenBürgerrechtsbewegungen<br />
die Zahl der politischen<br />
Agitationsfilme. Die Schlacht um<br />
Algier (I/Algerien 965) zeigt den<br />
Befreiungskampf der algerischen<br />
„Front de Liberation Nationale“<br />
gegen die französische Besatzung<br />
von Algerien. Auch wenn<br />
der Kampf schließlich erfolgreich<br />
endet, zeigt Regisseur Gillo Pontecorvo<br />
keine Heldengeschichte,<br />
vielmehr werden die zivilen Opfer<br />
des Kampfes auf allen Seiten<br />
realistisch dargestellt und dargelegt,<br />
dass politische Militanz erst<br />
dann Erfolg zeitigen kann, wenn<br />
sie auch die Bevölkerung hinter<br />
sich weiß.<br />
Viele dokumentarische und essayistische<br />
Filme aus den Sechziger<br />
Jahren drehen sich um revolutionäre<br />
und revoltierende<br />
Bewegungen. Fernando Solanas<br />
über vierstündiger Film Die<br />
Stunde der Hochöfen (Argentinien<br />
968), der die Verhältnisse<br />
im „geistig und wirtschaftlich<br />
kolonialisierten Lateinamerika“<br />
anklagt, musste zur Zeit der argentinischen<br />
Militärdiktatur im<br />
Untergrund gedreht und konnte<br />
erst im italienischen Exil fertiggestellt<br />
werden. Vor allem die<br />
vormals als Teil der Nouvelle Vague<br />
mit ihren filmästhetischen<br />
Innovationen bekannt gewordenen<br />
FilmemacherInnen politisierten<br />
sich immer mehr. Jean-<br />
Luc Godard dokumentierte und<br />
kommentierte mit seiner Dziga<br />
Vertov Group in wirren Collagen<br />
verschiedene politische Kämpfe<br />
in der ganzen Welt, die Französin<br />
Agnes Varda setzte sich mit<br />
den Black Panthers auseinander<br />
(Black Panthers; USA 968) und<br />
Chris Marker, der auch Ende der<br />
Sechziger angefangen hatte, mit<br />
ArbeiterInnen zusammen Filme<br />
zu drehen, machte zwei Jahr-<br />
zehnte später, als die geschnupperte<br />
revolutionäre Luft sich<br />
schon längst verflüchtigt hatte,<br />
in seinem dokumentarischem<br />
Filmessay Rot liegt in der Luft (F<br />
988/ 008) eine geschichtliche<br />
sowie filmische Bestandsaufnahme<br />
der politischen Linken.<br />
Neben diesen differenzierten filmischen<br />
Analysen entwickelten<br />
sich aber auch sehr humorvolle<br />
Arten, den Film als Agitationsmedium<br />
zu benutzen. René Vienet,<br />
der sich im Umfeld der Situationistischen<br />
Internationale<br />
tummelte, die in den Sechzigern<br />
neue Wege der politischen Praxis<br />
suchte und dabei den Weg<br />
für die Kommunikationsguerilla<br />
ebnete, zweckentfremdete in<br />
Can Dialectics Break Bricks? (F<br />
97 ) und The Girls Of Kamare<br />
(F 974) asiatische Kampfsport-<br />
und Softsexfilme, indem er ihnen<br />
neue Untertitel hinzufügte, die<br />
den Handlungen eine neue, revolutionäre<br />
Bedeutung gaben.<br />
Der jugoslawische Regisseur Dusan<br />
Makavejev verschrieb sich<br />
der sexualrevolutionären Agitati-<br />
„W.R. - Die Mysterien<br />
des Organismus“ von<br />
1971<br />
0 04/2009