Juni 2011 - Evangelische Kirchengemeinde Ostdorf-Geislingen
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einander mitteilen<br />
Kinder der Kinderstunde posieren<br />
wollen und mir frech oder schüchtern<br />
zugrinsen. Für mich ist es eine<br />
Kleinigkeit, für sie ein Riesenspaß<br />
und etwas Besonderes.<br />
Nach einer halben Stunde Heimweg,<br />
begleitet von Kinderlachen<br />
und vielen Fragen über Deutschland,<br />
kommen wir wieder auf der<br />
Missionsstation an. Dort müssen<br />
wir leider feststellen, dass schon<br />
wieder Mangos von unserem Mango-Baum<br />
im Garten fehlen. Die Missionarin erzählt<br />
mir darauf hin, dass sie immer wieder<br />
Indianer-Kinder dabei erwischt, wie sie ihr<br />
die teilweise noch unreifen Früchte vom<br />
Baum klauen. Selbst wenn sie ihnen verspricht,<br />
dass sie welche bekommen, wenn<br />
sie reif sind.<br />
Baumfrüchte gehören allen!<br />
Wieder ein kultureller Unterschied. Im<br />
Weltbild der Indianer kann ein Mango-<br />
Baum niemandem gehören. Er gehört allen,<br />
denn Obst und Gemüse macht man nicht,<br />
sie wachsen einfach. Und außerdem muss<br />
der, der hat, dem geben, der nicht hat.<br />
Sprich der Missionar, der sich die Arbeit<br />
macht und einen Garten anpflanzt und<br />
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hegt und pflegt, muss die Früchte den<br />
Indianern abgeben, der ja nichts hat und<br />
arm ist.<br />
Das wäre ja auch gar nicht schlimm und<br />
die Missionare geben auch viel und gerne,<br />
nur wird diese Großzügigkeit eben auch oft<br />
und gerne ausgenutzt und führt dazu, dass<br />
die Indianer immer mehr wollen und immer<br />
weniger selbst dafür tun wollen. Ein echtes<br />
Dilemma.<br />
Trotz der gestohlenen Mangos haben wir<br />
noch genug für ein Abendessen. Das<br />
gemütliche Abendbrot bleibt nicht lange<br />
gemütlich. Es klatscht vor dem Haus - eine<br />
Indianer-Frau „klingelt“. Sie bittet um etwas<br />
Brot, was die Missionarin ihr daraufhin<br />
auch mitgibt. Denn sie weiß, dass diese<br />
Frau wirklich nichts zu essen hat und nicht<br />
nur aus Faulheit, sondern aus echter Armut<br />
heraus bittet.<br />
Und so geht mit einem tereké porã – schlaf<br />
gut ein ganz normaler Tag im Leben einer<br />
Missionarin bei den Guaraní-Indianern zu<br />
Ende.<br />
Carina Waidelich