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FITNESS & FORSCHUNG<br />
Krankheitsbild<br />
ie Krankheit heißt nicht umsonst „Head-<br />
D shaking“, auf Deutsch: Kopfschütteln,<br />
denn sie äußert sich vornehmlich in Kopfbewegungen,<br />
die von einem einfachen hektischen<br />
Zucken bis hin zum heftigen Schlagen reichen.<br />
Diese Bewegung fi ndet zumeist in vertikaler<br />
Richtung – rauf und runter – statt, sie kann<br />
aber auch horizontal oder kreisend verlaufen.<br />
Kopfschlagen ist zwar generell ein normales<br />
Verhalten; <strong>Pferd</strong>e zeigen es, wenn sie<br />
von Insekten gestört werden oder aufgeregt<br />
sind. Tritt das Kopfschlagen jedoch ohne<br />
erkennbaren äußeren Reiz auf, handelt es sich<br />
mit großer Wahrscheinlichkeit um das Headshaking-Syndrom.<br />
<strong>Pferd</strong>e können es sowohl<br />
bei der Nutzung – dem Reiten und anderer<br />
Arbeit – <strong>als</strong> auch im Stall oder auf der Weide<br />
zeigen. Häufi g ist das Ausmaß auch saisonal<br />
40 www.mein-pferd.de 9/2011<br />
Das Kopfschlagen kann<br />
so heftig sein, dass<br />
Reiten unmöglich wird<br />
Headshaker zucken oder schlagen ohne erkennbaren Reiz mit dem Kopf. Nur selten handelt<br />
es sich dabei um eine Untugend, häufi ger sind gesundheitliche Mängel die Ursache<br />
DER TRIGEMINUSNERV IM QUERSCHNITT<br />
Oberkiefernerv<br />
Augapfelnerv<br />
Unterkiefernerv<br />
verschieden. Manches <strong>Pferd</strong> shakt sogar so<br />
heftig, dass eine Nutzung – zum Leid des<br />
Reiters – unmöglich wird.<br />
Früher hatte man das Verhalten lediglich <strong>als</strong><br />
Untugend abgetan. Heute differenziert man<br />
zwischen: Kopfschlagen <strong>als</strong> gesundheitlicher<br />
Mangel, <strong>als</strong> Verhaltensstörung und <strong>als</strong> Zeichen<br />
eines Reiterfehlers oder fehlerhafter Ausrüstung.<br />
In vielen Fällen ist eine Reizung des<br />
Trigeminusnervs – des fünften Gehirnnervs –<br />
schuld. Bis heute ist das Headshaking-<br />
Syndrom medizinisch jedoch immer noch<br />
nicht völlig umgrenzt, obwohl die Symptomatik<br />
in der Literatur bereits um 1809 auftaucht.<br />
Betroffen sind <strong>Pferd</strong>e aller Rassen und<br />
jeden Alters. Gehäuft beobachtet man die<br />
Erkrankung aber ab einem Alter von sieben<br />
Jahren beziehungsweise bei Wallachen.<br />
Der Trigeminusnerv (fünfter Gehirnnerv)<br />
ist der größte Gehirnnerv. Er<br />
hat sensible und motorische Funktionen:<br />
Der Nerv versorgt unter<br />
anderem die Haut sowie tiefere<br />
Gewebe des Gesichts und ist für die<br />
Kaumuskeln zuständig. Er teilt sich<br />
in drei Äste: Nervus ophthalmicus<br />
(Augapfelnerv), Nervus maxillaris<br />
(Oberkiefernerv) und Nervus mandibularis<br />
(Unterkiefernerv). Für das<br />
Headshaking-Syndrom ist besonders<br />
der sensible Teil verantwortlich.<br />
Ursache<br />
Oftm<strong>als</strong> führt eine<br />
Trigeminusreizung zum<br />
Headshaking-Syndrom<br />
eadshaking kann ver-<br />
H schiedenste Ursachen<br />
haben. Rund 70 gesundheitliche<br />
Mängel sind<br />
bekannt. Viele betreffen den<br />
<strong>Pferd</strong>ekopf, etwa das Auge,<br />
die Maul- oder Nasenhöhle,<br />
den Gehörgang oder H<strong>als</strong>.<br />
Möglich sind Zahnprobleme,<br />
Flüssigkeitsansammlungen<br />
in den Nasennebenhöhlen,<br />
Verletzungen der H<strong>als</strong>muskulatur<br />
oder Pilzinfektionen<br />
des Luftsacks. Zudem<br />
kommen Allergien – ausgelöst<br />
z. B. durch Pollen,<br />
Schimmelpilze oder Insekten<br />
–, Rückenprobleme und<br />
Lahmheiten <strong>als</strong> Ursache in<br />
Betracht.<br />
Häufi g ist eine Reizung<br />
oder Schädigung des<br />
Nervensystems Schuld.<br />
Betroffen ist vor allem der<br />
Trigeminusnerv, welcher<br />
sich über den gesamten<br />
<strong>Pferd</strong>ekopf erstreckt. Wird<br />
er geschädigt, kommt es<br />
zu einer Überempfi ndlichkeit,<br />
und der Patient<br />
reagiert auf leichteste<br />
Berührungsreize, wie<br />
Wind, Staub, Pollen oder<br />
Schneefl ocken. Es juckt<br />
oder schmerzt.<br />
Eine Verbindung des<br />
Trigeminusnervs mit dem<br />
Sehnerv kann ebenfalls<br />
zum Headshaking führen.<br />
Es führt zu einer Lichtempfi<br />
ndlichkeit (photisches<br />
Headshaking). Nervenschädigungen<br />
können<br />
durch Viren (z. B. Herpesviren),<br />
Bakterien (wie<br />
Borreliose) oder zufällig<br />
degenerative Veränderungen<br />
(abweichend von der<br />
Norm) ausgelöst werden.<br />
Einige <strong>Pferd</strong>e shaken<br />
ohne gesundheitlichen<br />
Schaden. Fehlerhaftes<br />
Zaumzeug, ein unpassender<br />
Sattel, starke Reitereinwirkung,<br />
Stress oder<br />
schlechte Haltungs- und<br />
Futterbedingungen können<br />
hier die Auslöser sein.<br />
Symptome<br />
Auffälligstes Merkmal des Headshakings ist mehr oder weniger heftiges Kopfschlagen<br />
oder -schütteln. Dazu kommt starkes Schnauben oder Ausschlagen der Vorhand<br />
ypischstes Symptom des Headshaking-<br />
T Syndroms ist das plötzliche, stoßweise<br />
und zwanghaft wirkende Schlagen mit dem<br />
Kopf – in den meisten Fällen rauf und runter.<br />
Kreisende oder horizontale Kopfbewegungen<br />
sind aber auch möglich. Oft lässt sich das<br />
Verhalten durch nichts unterbrechen.<br />
Die Intensität, Dauer, das Auftreten und<br />
weitere Begleitsymptome variieren je nach Ursache<br />
und in einigen Fällen je nach Jahreszeit.<br />
So beginnt bei einigen <strong>Pferd</strong>en die Erkrankung<br />
immer im Frühjahr, während sie im Winter<br />
weitgehend symptomfrei sind. Manche <strong>Pferd</strong>e<br />
zeigen nur kurzweilig ein leichtes Zucken,<br />
andere wiederum heftiges, anhaltendes Schlagen<br />
mit dem Kopf. Es ist in der Bewegung –<br />
unter dem Reiter, beim Longieren oder beim<br />
Freilauf, meist in gesteigerter Gangart –, aber<br />
auch in der Box oder auf der Weide möglich.<br />
Die <strong>Pferd</strong>e sind unkonzentriert und gestresst.<br />
Patienten mit einer Trigeminusreizung reiben<br />
zudem gerne ihre Nüstern an den Vorderbeinen,<br />
der Wand oder auf dem Boden. Sie<br />
schnauben stark und häufi g, schlagen refl exartig<br />
mit der Vorhand oder verstecken ihren<br />
Kopf unter dem Schweif anderer <strong>Pferd</strong>e.<br />
Viele betroffene<br />
<strong>Pferd</strong>e reiben ihre<br />
Nüstern an den<br />
Vorderbeinen<br />
DIAGNOSE<br />
Weil das Krankheitsbild<br />
eines Headshakers so<br />
komplex ist, ist eine genaue<br />
Diagnose schwierig und<br />
langwierig. Deshalb sollte<br />
zwingend ein Tierarzt zu<br />
Rate gezogen werden.<br />
Am Anfang steht stets<br />
eine ausführliche Berichterstattung<br />
durch den<br />
<strong>Pferd</strong>e besitzer. Er informiert<br />
den Tierarzt über<br />
seine Beobachtungen im<br />
Hinblick auf Verhalten,<br />
Verlauf, Zeitpunkt und Ort,<br />
schildert die Haltungs-<br />
sowie Fütterungsbedingungen<br />
und trägt damit zu<br />
einer genauen Diagnose<br />
bedeutend bei. Tritt das<br />
Kopfschlagen nur in den<br />
Sommermonaten oder das<br />
ganze Jahr, bei der Arbeit<br />
oder auch in Ruhe auf?<br />
Können Sonne, Staub oder<br />
Pollen eine Rolle spielen?<br />
Oder Sattel, Zaumzeug und<br />
Gebiss ungeeignet sein?<br />
Diese und weitere Fragen<br />
sollten geklärt werden.<br />
Darauf folgt eine klinischeRundum-Untersuchung<br />
durch den Tierarzt.<br />
Er beobachtet das <strong>Pferd</strong><br />
im Stehen sowie in der Bewegung,<br />
begutachtet und<br />
untersucht unter anderem<br />
Augen, Ohren, Maul und<br />
Nasengang; röntgt H<strong>als</strong>,<br />
Wirbelsäule und Beine. Er<br />
kann den Trigeminusnerv<br />
betäuben, einen Allergietest<br />
durchführen und das<br />
Blut auf eventuelle Viren<br />
untersuchen lassen.<br />
Schritt für Schritt werden<br />
so mögliche Ursachen<br />
ausgeschlossen und die<br />
Auslöser für das Kopfschlagen<br />
eingekreist. Je<br />
nach Diagnose folgen<br />
unterschiedliche<br />
Therapiemethoden.<br />
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