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Opernmagazin September / Oktober 2010 - Oper Frankfurt

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Premieren<br />

dale dueSing zu Hoffmanns ErzäHlungEn<br />

14<br />

In unserem Gehirn steckt keine Uhr. Kein verläss­<br />

licher Chronometer stellt die zeitliche Ordnung der<br />

Dinge her. Die Zeit, sie ist wirklich »ein wundersam<br />

Ding«. Da sitzt ein Mann an der immer größer<br />

werdenden Theke der Erinnerung. Proportional zu<br />

seinem Rausch entsteigen vergangene Gestalten seinen Gehirnzellen.<br />

Jetzt treten von außen andere hinzu. Frauen und Männer. Sie lauschen<br />

seinen wirren Geschichten, seiner Verabschiedung von der Liebe und<br />

seiner Besessenheit vom ewigen und kosmischen Punsch. Wie sagt<br />

Hoffmann: »Der Teufel hole den Drang nach Zweisamkeit. Das einzig<br />

lockende Ziel ist Trunkenheit, der Rest ist nur vertane Zeit!«<br />

Vertane Zeit? Wenn dem so ist, dann gebührt allein dem Rausch<br />

der größte Respekt.<br />

Dann sind die Illusionen und Vexierbilder, die dem Kopf des<br />

gestrandeten Poeten entsteigen, so wahr wie die wirklichen Dinge.<br />

Dann ist die Welt tatsächlich nichts anderes als eine Vorstellung und<br />

die vermeintliche Wirklichkeit wird von diesem Imaginationskosmos<br />

geradezu übertrumpft. Die Phantasmagorien lassen die Dinge überhaupt<br />

erst entstehen. In einem solchen Halluzinationsraum verflüchtigen<br />

sich alle Grenzen zwischen Sein und Schein.<br />

Wir gehen den Ideen des Künstlers nach, verfolgen seine Kopfgeburten,<br />

nehmen sie als geniale Offenbarungen oder abwegigen<br />

Spleen. Wir sehen, wie die Muse dem Mann an der Theke assistiert<br />

bei seinem Drang, das Innerste zum Ausdruck zu bringen. Wie lange<br />

gelingt ihr diese Geburtshilfe? Irgendwann wird der Mann auch von ihr<br />

verlassen werden. Und auch der Rausch wird sich verflüchtigen.<br />

Welche Instanz wird ihm folgen? Vertane Zeit oder das Lebensende als<br />

endgültiger Stillstand der Zeit? Ein Abgrund tut sich auf. Vielleicht aber<br />

blickt dem Poeten sogar noch aus diesem Schlund das Antlitz Stellas,<br />

der unvergessenen einstigen Geliebten, entgegen.<br />

DiE ZEit,<br />

SiE iSt<br />

WiRKLicH<br />

EiN<br />

WuNDERSAM<br />

DiNg.<br />

Dale Duesing stellt das so seltene<br />

wie geglückte beispiel eines großen<br />

Sänger­Darstellers dar, der auch<br />

erfolgreich Regie führt. Sein Regiedebüt,<br />

das publikum und Kritiker<br />

(Mehrfachnominierungen im Fachmagazin<br />

»<strong>Oper</strong>nwelt«) gleichermaßen<br />

überzeugte, gab er 2004/05<br />

an der <strong>Oper</strong> <strong>Frankfurt</strong> mit Rossinis<br />

Il viaggio a Reims. begeisterte<br />

Aufnahme fand darauf auch seine<br />

inszenierung von cherubinis<br />

Medea an der Nationalen Reisopera<br />

in Enschede. Dort wird er im<br />

Frühjahr 2011 bachs Johannespassion<br />

szenisch erarbeiten. im<br />

bockenheimer Depot inszenierte er<br />

brittens The Rape of Lucretia als<br />

Kritik an pseudoreligiösen<br />

Medienshows. Nach Humperdincks<br />

Hänsel und Gretel am<br />

Stadttheater bern, in der Spielzeit<br />

2009 / 10, hatte er mit großem<br />

Erfolg im Mai <strong>2010</strong> chabriers<br />

L’étoile dem publikum der Staatsoper<br />

unter den Linden berlin<br />

vorgestellt. Seine gesangskarriere<br />

DA LE DUESING<br />

führte den amerikanischen bariton<br />

an alle großen <strong>Oper</strong>nhäuser der<br />

Welt, darunter die Metropolitan<br />

<strong>Oper</strong>a New York, die bühnen in<br />

San Francisco und chicago, die<br />

Mailänder Scala, das théâtre<br />

Royal de la Monnaie in brüssel und<br />

das Royal <strong>Oper</strong>a House covent<br />

garden London. An der <strong>Oper</strong><br />

<strong>Frankfurt</strong> gab Dale Duesing bergs<br />

Wozzeck, Wagners beckmesser,<br />

gorjantschikow (Janáčeks Aus<br />

einem Totenhaus), graf Almaviva<br />

(Le nozze di Figaro) und prospero<br />

(berios Un re in ascolto). Für seine<br />

interpretation von Wozzeck und<br />

beckmesser wurde er 1994 von<br />

Kritikern des Fachmagazins<br />

»<strong>Oper</strong>nwelt« zum »Sänger des<br />

Jahres« gewählt, für barbers The<br />

Lovers mit dem chicago Symphony<br />

Orchestra erhielt er den grammy<br />

Award. bei der Ruhrtriennale 2009<br />

verkörperte er in Willy Deckers<br />

emphatisch aufgenommener inszenierung<br />

von Schönbergs Moses und<br />

Aron den Sprechpart des Moses.

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