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Bericht von der Radtour 2011

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<strong>Bericht</strong> zur <strong>Radtour</strong> <strong>von</strong> Volker Meckle - Seite 1 <strong>von</strong> 2 -<br />

Friedenswege <strong>2011</strong><br />

Mit dem Fahrrad auf<br />

Spurensuche im Grenzgebiet<br />

D<br />

ie Fahrradtour über Kehl ins<br />

Elsass war umsichtig vorbereitet<br />

und organisiert <strong>von</strong> Paul<br />

Arthen, Egon Jöckel, Winfried Liebetanz<br />

und Inga Müller. Insgesamt<br />

geleitet und unterwegs immer wie<strong>der</strong><br />

auch geistlich angestoßen <strong>von</strong> Andrea<br />

Maschke.<br />

Für diese Initiative und Durchführung<br />

herzlichen Dank.<br />

Die gesamte an Eindrücken reiche<br />

und wenig strapaziöse Fahrt über<br />

insgesamt 191 km in 5 Tagen war<br />

verträglich und hatte neben <strong>der</strong> Führung<br />

im Europarat in Strasbourg<br />

ihren krönenden Abschluss auf <strong>der</strong><br />

letzten Etappe <strong>von</strong> Strasbourg nach<br />

Kehl (20 km).<br />

Frau Helga Schmidt aus Kehl, ebenfalls<br />

Mitglied <strong>von</strong> Pax Christi, führte<br />

uns in Kehl sehr sachkundig zunächst<br />

durch den<br />

BIBLISCHEN GARTEN<br />

und anschließend über den<br />

Versöhnungsweg.<br />

Der Biblische Garten liegt in dem<br />

ehemaligen Landesgartenschaugelände<br />

(2004) in Kehl als ein Beitrag<br />

<strong>der</strong> katholischen und evangelischen<br />

Gemeinden bei<strong>der</strong>seits des Rheins.<br />

Zu einzelnen Bibelstellen haben<br />

Steinmetze aus <strong>der</strong> Region insgesamt<br />

17 Stelen gefertigt mit entsprechen<strong>der</strong><br />

Symbolik. Vorgegeben waren<br />

lediglich die Maße <strong>der</strong> Blöcke aus<br />

Buntsandstein aus den Vogesen, dem<br />

gleichen Material wie das Straßburger<br />

Münster.<br />

Die Themen auf beiden Seiten des<br />

etwa 150 m langen Weges korrespondieren<br />

miteinan<strong>der</strong>. Den Motiven<br />

auf <strong>der</strong> linken Seite aus dem<br />

Alten Testament wie beispielsweise<br />

“Gelobtes Land“, „Wurzel Jesse“,<br />

„Elia unter dem Ginsterstrauch“ und<br />

„Opferung Isaaks“ o<strong>der</strong> „Turmbau<br />

zu Babel“ stehen auf <strong>der</strong> rechten<br />

Seite jeweils ihnen thematisch verwandte<br />

Motive aus dem Neuen Testament<br />

gegenüber, so z.B. „Glaube“,<br />

„Taufe“, „Geburt Jesu“, „Das<br />

letzte Abendmahl“ o<strong>der</strong> “Pfingsten“.<br />

Sehr beeindruckend ist, wie mit<br />

Phantasie und Kreativität hier die<br />

einzelnen Themen gestaltet wurden.<br />

Hier führt <strong>der</strong> Weg durch die Geschichte<br />

vom Paradies zum Reich<br />

Gottes. Hier kann man inmitten <strong>der</strong><br />

biblischen Pflanzenwelt <strong>der</strong> Geschichte<br />

Gottes mit uns Menschen<br />

und seiner Schöpfung begegnen.<br />

Von den insgesamt 17 Stellen seien<br />

einige ausgewählt. Zum Beispiel das<br />

„Paradies“:<br />

Im Blick auf die Seitendraufsicht des<br />

Spiegelzylin<strong>der</strong>s erkennt man ein<br />

verzerrt gezeichnetes Bild <strong>der</strong> Paradiesbäume.<br />

Unsere Augen können<br />

das Paradies eben nicht so sehen,<br />

wie es in Wirklichkeit ist. – Die<br />

Pflanzen drumherum sind Dattelpalme,<br />

Feigenbaum und Granatapfel<br />

werden zu den Gewächsen des Paradieses<br />

gezählt.<br />

Beim „Glaube“ steht die quadratische<br />

Stele für den Menschen. Wo<br />

sich die Lichtschächte treffen und<br />

ein Kreuz bilden, befand sich ein<br />

dreieckiger Spiegel (lei<strong>der</strong> zerstört)<br />

als Symbol <strong>der</strong> Dreifaltigkeit. – Umgeben<br />

ist die Stele <strong>von</strong> Disteln und<br />

Dornen (für Un-Heil, Un-Glaube,<br />

Un-Friede), Olean<strong>der</strong> (für Weisheit)<br />

und Schwarzer Senf (das kleinste<br />

Samenkorn).<br />

Der „Durchzug durch das ‚Rote<br />

Meer’“wird dargestellt, wie das<br />

Volk Schulter an Schulter durch das<br />

Schilfmeer zieht, während die Fluten<br />

wie Mauern neben ihm aufragen. –<br />

Daneben stehen Schilf, Papyrusstaude<br />

und Zwiebeln (bekamen die Israeliten<br />

in Ägypten „umsonst“ zu essen.<br />

Als wan<strong>der</strong>ndes Volk konnten sie<br />

keinen Anbau betreiben (Numeri<br />

11,5-6)).<br />

Das „Reich Gottes“ wie<strong>der</strong>um ist<br />

auf einer Stele dargestellt als schöner<br />

Baum, dessen Krone sich nach oben<br />

öffnet. Die Bibel vergleicht ja das<br />

Reich Gottes z.B. mit einem Baum,<br />

<strong>der</strong> aus kleinsten Anfängen heraus<br />

gewachsen ist und später fest und<br />

hochgewachsen dasteht. – Daneben<br />

blüht ein Beet mit weißen Lilien.<br />

„Lernt <strong>von</strong> den Lilien auf dem Feld“,<br />

sagt Jesus in <strong>der</strong> Bergpredigt und<br />

verweis damit auf ein unbekümmertes<br />

Vertrauen auf das Reich Gottes.<br />

Dieses ist unsichtbar, aber wir können<br />

überall Zeichen und Hinweise<br />

erkennen.<br />

Bei <strong>der</strong> „Auferstehung“ ist <strong>der</strong> Vogel<br />

Phönix abgebildet. Nach <strong>der</strong><br />

Legende zu Asche verbrannt und zu<br />

neuem Leben emporgestiegen hat er<br />

die Christen des 3. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

stark beeindruckt. Sie gaben dieser<br />

Legende eine christliche Interpretation<br />

und deuteten sie als Symbol <strong>der</strong><br />

Auferstehung Christi. Daher ist dieses<br />

Auferstehungssymbol häufig in<br />

romanischen Kirchen u n auch in<br />

<strong>der</strong> Kehler Marienkirche zu finden.<br />

– Hier stehen Pflanzen, die die Freude<br />

<strong>der</strong> Auferstehung ausdrücken:<br />

Königskerze und Gold-Garbe. Der<br />

immergrüne Buchsbaum, Symbol<br />

des Ewigen Lebens, umrandet das<br />

Beet.<br />

Den Abschluss bildet <strong>der</strong> Ökumenische<br />

Meilenstein, seinerzeit aufgestellt<br />

<strong>von</strong> den vier evangelischen und<br />

den beiden katholischen Gemeinden<br />

in Kehl. Er hat ebenso viele Seiten<br />

und Kanten wie es Kirchen in Kehl<br />

gibt. Damit bleibt jede Gemeinde<br />

erkennbar und fügt sich doch ins<br />

Ganze ein. Der Stein steht bewusst<br />

am Wegausgang des Biblischen Gartens<br />

und ist zugleich eine wichtige<br />

Station des folgenden Versöhnungsweges.


<strong>Bericht</strong> zur <strong>Radtour</strong> <strong>von</strong> Volker Meckle - Seite 2 <strong>von</strong> 2 -<br />

DER VERSÖHNUNGSWEG<br />

Was vor einigen Jahrzehnten noch<br />

undenkbar war ist jetzt Wirklichkeit:<br />

Menschen aus Strasbourg und Kehl,<br />

Menschen unterschiedlicher Nationalitäten<br />

betrachten den Fluss nicht<br />

mehr als trennende Grenze.<br />

Acht Stätten <strong>der</strong> Erinnerung und<br />

des Gedenkens entlang des Versöhnungsweges<br />

weisen auf das dunkle<br />

Kapitel <strong>der</strong> deutsch-französischen<br />

Geschichte hin. Sie dokumentieren<br />

aber auch das seit längerem begonnene<br />

lichte Kapitel <strong>der</strong> Geschichte<br />

<strong>der</strong> Versöhnung und des Friedens<br />

zwischen unseren beiden Völkern,<br />

ganz im Sinne <strong>von</strong> Martin Buber:<br />

"Erinnerung ist die Quelle <strong>der</strong><br />

Versöhnung". Ohne Erinnerung an<br />

diese Geschichte sind Versöhnung<br />

und Frieden nicht möglich.<br />

Die christlichen Kirchen diesseits<br />

und jenseits des Rheins fühlten sich<br />

dieser Aufgabe <strong>der</strong> Versöhnung beson<strong>der</strong>s<br />

verpflichtet und haben diesen<br />

Versöhnungsweg im Garten<br />

geschaffen. Sie möchten mithelfen<br />

gemäß <strong>der</strong> Vaterunser-Bitte: „Vergib<br />

uns unsere Schuld, wie auch wir<br />

vergeben unseren Schuldigern.“<br />

Beeindruckendes Mittelstück und<br />

zugleich eine grandiose Verbindung<br />

zwischen beiden Ufern ist die Passerelle<br />

des deux Rives, eine elegante<br />

Doppelbrücke für Spaziergänger<br />

und Radfahrern und ist gewissermaßen<br />

das Mittelstück dieses „Garten<br />

<strong>der</strong> zwei Ufer“ bzw. „jardin des deux<br />

rives“. Seine Anlagen haben uns<br />

bereits am Abend nach <strong>der</strong> Ankunft<br />

und dann am Schlusstag während <strong>der</strong><br />

Führung fasziniert.<br />

Etwas für Detailverliebte:<br />

Diese Passerelle besteht aus zwei<br />

Stegen, die sich über <strong>der</strong> Flussmitte<br />

zu einer 100 Quadratmeter großen<br />

Plattform vereinigen und <strong>von</strong> 76<br />

Seilen an zwei schrägen Pylonen<br />

gehalten werden.<br />

Ein Steg, 387 Meter lang und zwischen<br />

den Gelän<strong>der</strong>n drei Meter<br />

breit, reicht <strong>von</strong> Kehl bis weit hinein<br />

in den Parc du Rhin am französischen<br />

Rheinufer.<br />

Der an<strong>der</strong>e Steg, 275 Meter lang und<br />

2,50 Meter breit, verbindet direkt die<br />

beiden Rheinufer.<br />

Diese Brücke hat rund 22 Millionen<br />

Euro gekostet.<br />

Eine Gedenktafel am Fuß <strong>der</strong> Europabrücke,<br />

angebracht <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

„Kehler Ärzteinitiative“, erinnert an<br />

die 29 Wi<strong>der</strong>standskämpfer <strong>der</strong><br />

Gruppe „Alliance“, hingerichtet in<br />

Kehl, Bühl und Rastatt im November<br />

1944, als Strasbourg bereits befreit<br />

war.<br />

Einer <strong>der</strong> Anführer <strong>der</strong> „Alliance“,<br />

Oberst Leon Faye, gefoltert und<br />

später am 30. Januar 1945 im Lager<br />

Sonnenburg ermordet, konnte trotz<br />

Ankettung im Gefängnis in Bruchsal<br />

ein briefliches Testament schreiben,<br />

das, hinter einem Heizkörper versteckt,<br />

dort später gefunden wurde.<br />

Er schrieb darin: „… Ihr, meine<br />

Freunde, vergesst, dass ich sterbe<br />

und macht euch auf … in diese neue<br />

Zeit. Von <strong>der</strong> ich hoffe, dass sie<br />

glücklicher wird … Aber denkt<br />

daran, dass Repressalien immer<br />

nutzlos sind und oft ungerecht o<strong>der</strong><br />

gefährlich. Schlagt ihr den Weg <strong>der</strong><br />

Vergeltung ein, dann könnt ihr<br />

sicher sein, dort im besten Fall<br />

etwas bereuen zu müssen. Wenn<br />

ihr aus <strong>der</strong> Geschichte lernen wollt,<br />

dann spart eure Kräfte für etwas<br />

Besseres auf, auf keinen Fall aber<br />

Vergeltung für mich, niemand<br />

gegenüber, ich will nicht …“.<br />

Ein Gedenkstein für sechs hingerichtete<br />

elsässische Wi<strong>der</strong>standskämpfer<br />

und ein weiterer mit den Daten <strong>der</strong><br />

Befreiung durch die französische<br />

Armee am 27. März 1945 stehen auf<br />

dem französischen Ufer.<br />

Die Bronzeplastik „Begegnung“<br />

drückt die Sehnsucht <strong>der</strong> Menschen<br />

nach Freundschaft, Harmonie, Frieden<br />

und vertrauensvollen Dialog aus.<br />

Die Dreiteilung des Granitsockels<br />

weist auf die drei Län<strong>der</strong> am Oberrhein<br />

hin – Schweiz, Frankreich,<br />

Deutschland.<br />

Am Ende des Versöhnungsweges<br />

mit seinen acht Stationen stand <strong>der</strong><br />

Anstoß, Versöhnung weiterzugeben<br />

und zugleich die unruhig machende<br />

Frage: „Was tue ich persönlich und<br />

konkret für Versöhnung und Frieden?“<br />

Volker Meckle

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