Verkehrsverteilungsmodelle Milenko Vrtic - ETH Zürich
Verkehrsverteilungsmodelle Milenko Vrtic - ETH Zürich
Verkehrsverteilungsmodelle Milenko Vrtic - ETH Zürich
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q‘ ijz<br />
Quelle i<br />
1<br />
2<br />
…<br />
n<br />
a‘ jz<br />
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
<strong>Milenko</strong> <strong>Vrtic</strong><br />
Ziel j<br />
1<br />
q‘ 11z<br />
q‘ 21z<br />
…<br />
q‘ n1z<br />
a‘ 1z<br />
= ∑ i q‘ i1z<br />
2<br />
q‘ 12z<br />
q‘ 22z<br />
…<br />
q‘ n2z<br />
a‘ 2z<br />
= ∑ i q‘ i2z<br />
W‘ z =<br />
∑ i a‘ iz = ∑ i e‘ jz<br />
Materialien zur Vorlesung<br />
Verkehrsplanung Mai 2005<br />
…<br />
…<br />
…<br />
…<br />
…<br />
n<br />
q‘ 1nz<br />
q‘ 2nz<br />
…<br />
q‘ nnz<br />
a‘ nz<br />
= ∑ i q‘ inz<br />
e‘ iz<br />
e‘ 1z = ∑ j q‘ 1jz<br />
e‘ 2z = ∑ j q‘ 2jz<br />
…<br />
e‘ nz = ∑ j q‘ njz
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Aufgabe ......................................................................................................................... 4<br />
2 Modelle der Verkehrsverteilung ..................................................................................... 5<br />
2.1 Gravitationsmodell .....................................................................................................5<br />
2.2 Nutzenmaximierungsmodell.....................................................................................11<br />
2.3 Trendfaktorenmodelle .............................................................................................12<br />
3 Schätzung von Verkehrsbeziehungen mit Hilfe von Querschnittzählungen................... 15<br />
3.1 Aufgabe....................................................................................................................15<br />
3.2 Gravitationsansatz ....................................................................................................17<br />
3.3 Maximierung der Entropie........................................................................................18<br />
4 Kalibrierung von <strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong>n............................................................ 20<br />
5 Direct Demand Models ................................................................................................ 21<br />
6 Literatur ....................................................................................................................... 23<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Bewertungswahrscheinlichkeit des klassischen Gravitationsmodells............... 9<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1: Anwendungsbereiche der Ansätze ....................................................................... 17<br />
2
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Materialien zur Vorlesung Verkehrsplanung 15<br />
VERKEHRVERTEILUNGSMODELLE<br />
<strong>Milenko</strong> <strong>Vrtic</strong><br />
IVT<br />
<strong>ETH</strong><br />
CH-8093 <strong>Zürich</strong><br />
Telefon: +41-1-633 31 07<br />
Telefax: +41-1-633 10 57<br />
eMail: vrtic@ivt.baug.ethz.ch<br />
Mai 2005<br />
Kurzfassung<br />
Diese Materialien ergänzen Kapitel 8 der Vorlesung Verkehrsplanung (Vier-Stufen-Modell)<br />
von Prof. Axhausen, IVT, <strong>ETH</strong> <strong>Zürich</strong>. Hier werden die Grundlagen der Verkehrsverteilung<br />
und die <strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong> für die Erzeugung bzw. Kalibrierung von Quell-Ziel-<br />
Matrizen beschrieben.<br />
Schlagworte<br />
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong> – Quell-/Ziel-Matrix – Gravitationsmodell - Vorlesung<br />
Verkehrsplanung – <strong>ETH</strong> <strong>Zürich</strong> – Institut für Verkehrsplanung und Transporttechnik, Strassen-<br />
und Eisenbahnbau (IVT)<br />
3
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
1 Aufgabe<br />
Die Aufgabe von <strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong>n besteht darin, dem Quellverkehr q’i einer<br />
Verkehrszelle i die entsprechenden Verkehrszellen j als Ziel zuzuordnen, somit also die<br />
Quell-Ziel Ströme q’ij zu ermitteln.<br />
Die Matrix (q’ij) der Quell-Ziel-Ströme heisst Quell-Ziel-Matrix oder Verkehrsmatrix. Damit<br />
werden mit diesen Modellen die Verkehrsströme einer Quell-/Ziel-Matrix eines<br />
Untersuchungsgebietes berechnet.<br />
Für die Berechnungen der Quell-Ziel-Matrix sind folgende Input-Informationen nötig:<br />
- ein Verkehrsverteilungsmodell<br />
- Produktion (e’i) und Attraktion (a’j)<br />
- Verkehrswiderstandmatrix (generalisierte Kosten, k’)<br />
Wenn Produktion (Anzahl der Wege, die in Zone i erzeugt werden – e’i) und Attraktion<br />
(Anzahl der Wege, die von Zone j angezogen werden – a’j) aus dem Erzeugungsmodell<br />
bekannt sind, lässt sich die Verkehrsverteilung mit m Quellzielbezirken und n Zielbezirken<br />
mathematisch vergleichen:<br />
n<br />
∑<br />
j=<br />
q'<br />
i = q'ij<br />
und q'<br />
j = ∑ q'ij<br />
[1]<br />
i=<br />
1<br />
1<br />
m<br />
Die unbekannten Elemente des Gleichungssystems sind alle Verkehrsströme q’ij, deren<br />
Anzahl im allgemeinen Fall ( m ⋅ n ) beträgt. Für die Lösung dieses Gleichungssystems werden<br />
weitere Zusatzbedingungen formuliert, die sich durch die Bewertung des Reisewiderstands<br />
beschreiben lassen. Damit ist der Verkehrsstrom q’ij neben der Randsummenbedingung<br />
(q’i=q’j) zusätzlich von der Bewertung des Reisewiderstands Bk’ abhängig. Durch diese<br />
Abhängigkeit ergibt sich für das Grundmodell der Verkehrsverteilungen eine einfache<br />
Schreibweise q'ij = f ( q'i<br />
, q'<br />
j , Bk'<br />
) .<br />
Für eine erste Lösung (Grundmodell), unter der Annahme dass alle Verkehrs-beziehungen<br />
gleichwahrscheinlich sind (d.h. Bk’ij = constant für alle ij-Kombinationen), entsteht ein<br />
sogenanntes Zufallsmodell:<br />
q'<br />
ij<br />
q'<br />
q'<br />
j q'i<br />
⋅q'<br />
i<br />
j<br />
= ⋅ ⋅ q'=<br />
[ q ' ∑ q'i<br />
= ∑ q'<br />
j ]<br />
[2]<br />
q'<br />
q'<br />
q'<br />
= i j<br />
4
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Für die Lösung des Grundmodells der Verkehrsverteilung (unter der Berücksichtigung der<br />
Randsummenbedingungen und der Bewertung des Reisewiderstands) d.h. des bilinearen<br />
Gleichungssystems werden verschiedene Verteilungsmodelle angewendet wie:<br />
• Zufallsmodell<br />
• Gravitationsmodell<br />
• Gelegenheitsmodell<br />
• Trendfaktormodell usw.<br />
Das Zufallsmodell entsteht aus dem Grundmodell [2] wenn die Bewertungsgrösse Bk’ij<br />
konstant ist. Alle Quell-Ziel Beziehungen sind völlig gleichwahrscheinlich. Damit gilt er nur<br />
in den Fällen, wo die Verkehrsteilnehmer den Reisewiderstand ausser acht lassen.<br />
2 Modelle der Verkehrsverteilung<br />
2.1 Gravitationsmodell<br />
Die ersten <strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong> waren in Analogie zum Massenanziehungsgesetz der<br />
Mechanik auf der Grundlage des folgenden Ansatzes entwickelt worden:<br />
m1<br />
⋅ m2<br />
P = ⋅Y<br />
2<br />
r<br />
P: Kraft zwischen den Massen 1 und 2<br />
m1,m2: Masse 1 und Masse 2<br />
r : Abstand zwischen m1 und m2<br />
Y : Gravitationskonstante<br />
5<br />
[3]
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Der Verkehrsverteilungsansatz (Schlums, 1929) lautet:<br />
q'<br />
ij<br />
c ⋅ Bi<br />
⋅ B j<br />
= [4]<br />
d<br />
2<br />
ij<br />
q’ij : Fahrten zwischen den Zonen i und j<br />
c : Konstante<br />
B : Anzahl der Einwohner<br />
dij : Entfernung zwischen den Zonen i und j<br />
Der heute verwendete und verallgemeinerte Grundansatz des Gravitationsmodells, der auch<br />
dem sogenannten Lill’schen Reisegesetz entspricht, kann in folgender Form geschrieben<br />
werden:<br />
q'ij = c ⋅ q'i<br />
⋅q'<br />
j ⋅ f ( k'ij<br />
)<br />
[5]<br />
q’ij : Fahrten zwischen den Zonen i und j<br />
c : Gravitationskonstante<br />
q’i : Quellverkehr der Zone i (aus Verkehrserzeugungsmodell)<br />
q’j : Zielverkehr der Zone j (aus Verkehrserzeugungsmodell)<br />
f ( k'<br />
ij ) : Widerstandsfunktion zwischen den Zonen i und j<br />
In Bezug auf das Grundmodell der Verkehrsverteilung entsteht das Gravitationsmodell durch<br />
die konkrete Bewertung des Reisewiderstands f ( k'<br />
ij ) . Hier müssen die Randbedingungen<br />
∑<br />
q' i = q'ij<br />
und q' j = ∑ q'ij<br />
[5.1]<br />
j<br />
i<br />
erfüllt werden .<br />
Diese Nebenbedingung ist dann erfüllbar, wenn jeder Zone i eine Konstante ci<br />
c<br />
i<br />
=<br />
∑<br />
j<br />
q'<br />
1<br />
f ( k'<br />
)<br />
zugeordnet ist.<br />
j<br />
ij<br />
6<br />
[5.2]
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Daraus wird das „quellseitig gekoppelte“ Gravitationsmodell erhalten:<br />
q'<br />
j f ( k'<br />
ij )<br />
q'<br />
ij = q'i<br />
⋅p<br />
j¦<br />
i = q'i<br />
⋅<br />
[5.3]<br />
q'<br />
f ( k'<br />
)<br />
∑<br />
j<br />
j<br />
Mit der Anwendung der Widerstandsfunktion in der Form<br />
f ( k'<br />
)<br />
ij<br />
( −k<br />
')<br />
= e<br />
[5.4]<br />
ist dieses Modell identisch mit dem für die Verkehrsverteilung angewendeten Logit Ansatz:<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
q'<br />
j ⋅e<br />
q ij = q'i<br />
⋅<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
∑ q'<br />
j ⋅e<br />
j<br />
' [5.5]<br />
Damit ist das Gravitationsmodell eine verallgemeinerte Version des aus dem<br />
Nutzenmaximierungsprinzip abgeleiteten Verteilungsmodells und ist deshalb für die Eichung<br />
der Widerstandsfunktion anhand empirischer Daten flexibler einsetzbar (Steierwald und<br />
Künne, 1993).<br />
Die Nebenbedingung [5.1] kann auch durch folgenden Ansatz erfüllt werden.<br />
c j ⋅ q'<br />
j ⋅ f ( k'ij<br />
)<br />
q'<br />
ij = q'i<br />
⋅<br />
[5.6]<br />
c ⋅ q'<br />
⋅ f ( k'<br />
)<br />
∑<br />
j<br />
j<br />
j<br />
ij<br />
wobei die Konstante c j nach folgendem Iterationsgleichungssystem gelöst wird.<br />
( V + 1)<br />
c j =<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
q'<br />
j ⋅e<br />
/ ∑ ( v)<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
i ∑ c j ⋅ q'<br />
j ⋅e<br />
j<br />
1 [5.7]<br />
0<br />
Hier wird mit Startwerten c = 1 für alle j=1....n begonnen.<br />
j<br />
Im Fall des Newtonschen Gravitationsgesetzes stellt k die Gravitationskonstante dar und der<br />
Reisewiderstand wird in Form einer Hyperbel geschrieben,<br />
1 1<br />
f ( k'<br />
ij ) = =<br />
(6)<br />
α<br />
f ( k'<br />
) ( k'<br />
)<br />
ij<br />
ij<br />
daraus folgt die klassische Form des Gravitationsansatzes:<br />
q'i<br />
⋅q'<br />
j<br />
q'ij<br />
= c<br />
(7)<br />
α<br />
( k'<br />
)<br />
ij<br />
7
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Die Werte q’i und q’j werden aus dem Verkehrserzeugungsansatz aufgrund der Strukturdaten<br />
und der spezifischen Mobilitätsparameter ermittelt, so dass die Bewertung des<br />
Reisewiderstands bei den Gravitationsmodellen die wesentliche Komponente stellt.<br />
Neben der Funktionsform, ist auch die Bestimmung der α-Koeffizienten sehr wichtig.<br />
Nachteil der klassische Widerstandsfunktion<br />
1<br />
ist, dass dieselbe zu einer Überbewertung<br />
k'ij<br />
der Verkehrsströme im Nahbereich führt (z.B. Überbewertung des motorisierten<br />
Individualverkehrs und Unterbewertung des Fussgängerverkehrs) und dass der<br />
Reisewiderstand unabhängig von absoluten Beträgen bewertet wird d.h. die<br />
Verkehrsbeziehungen mit der Zeitrelation 10 min / 5 min werden bei diesem Ansatz gleich<br />
bewertet wie die Relation 100 min / 50 min. Dies ist aus der Funktions-Eigenschaft deutlich<br />
zu sehen<br />
−α<br />
q'(<br />
k'1<br />
) ( k'1<br />
) k'1<br />
= = ( )<br />
−α<br />
q'(<br />
k'<br />
) ( k'<br />
) k'<br />
2<br />
2<br />
2<br />
−α<br />
.<br />
Die Grösse der α-Koeffizienten kann auch aus den Erhebungsdaten kalibriert werden. Als<br />
Orientierungsangabe wird für den Kraftfahrzeugverkehr im innerstädtischen Verkehr<br />
(kleinere und mittlere Städte) ein Wert zwischen α=0.5 und α=1.0 , und für ausserstädtische<br />
Gebiete α=1.5 und α=2.5 empfohlen. Für den öffentlichen Personennahverkehr gilt als grobe<br />
Orientierung α=1.5 bis 2.0 (Schnabel und Lohse, 1997). In der Abbildung 1 ist zu sehen, wie<br />
in Abhängigkeit von der Grösse der Koeffizienten der Reisewiderstand bewertet wird.<br />
8
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Abbildung 1: Bewertungswahrscheinlichkeit des klassischen Gravitationsmodells<br />
f(k' ij )<br />
Neben der klassische Widerstandsfunktion etablierten sich inzwischen sehr viele andere<br />
Widerstandfunktionen. Von besonderer Bedeutung ist der von Wilson entwickelte Ansatz:<br />
q'(<br />
k'<br />
ij<br />
) = e<br />
( − β ⋅k<br />
'ij<br />
)<br />
Diese Funktion wurde durch die Maximierung der Informationsentropie, der Verkehrsstrom-<br />
Matrix unter Beachtung der Randsummenbedingungen und der Bedingung der Abbildung der<br />
generalisierten Kosten C ∑∑ q'<br />
⋅ ' gefunden, was der Ermittlung eines<br />
= i j<br />
ij k ij<br />
Systemoptimums entspricht. Die Funktion hat folgende Eigenschaften:<br />
q'(<br />
k'1<br />
) exp( −β<br />
⋅ k'1<br />
)<br />
= = exp( −β<br />
⋅ ( k'1<br />
−k'<br />
2 ))<br />
q'(<br />
k'<br />
) exp( −β<br />
⋅ k'<br />
)<br />
2<br />
1<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
0.6<br />
0.5<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
0<br />
2<br />
A PLHA=0 APLHA=0.05 APLHA=0.1<br />
A PLHA=0.25 APLHA=0.5 APLHA=1<br />
1 20 40 60 80 100<br />
Widerstandsw ert<br />
Diese Eigenschaft ist besser auf das Bewertungsverhalten von Personen bezogen als der<br />
klassische Ansatz, aber sie entspricht dem tatsächlichen Verhalten von Personen ebenfalls nur<br />
begrenzt (Schnabel und Lohse, 1997). Bei diesem Ansatz wird die Zeitdifferenz 10 min – 5<br />
min = 5 min gleich bewertet wie die Differenz 100 min – 95 min = 5 min.<br />
9<br />
(8)<br />
(9)
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Die Widerstandsfunktion muss eine komplexere Form annehmen, wenn sie beispielsweise für<br />
Verkehrsmittel angewendet werden soll, die z.B. nur sehr selten für kurze Wege benutzt<br />
werden, wie etwa das Auto (Köhler und Wermuth,1999). Eine Widerstandfunktion dieser Art<br />
ist beispielsweise der Ansatz<br />
f ( k'<br />
) = k'<br />
βk<br />
'<br />
αe −<br />
−<br />
der als Produkt einer ansteigenden und einer abnehmenden Funktion eine eingipfelige Gestalt<br />
bekommt und somit die geringe Akzeptanz im Nahbereich berücksichtigt. Eine<br />
Weiterentwicklung davon ist die sogenannte EVA-Funktion von Lohse (1997).<br />
Diese Funktion ist bei der simultanen Behandlung der Verkehrsverteilung und<br />
Verkehrsaufteilung entstanden. „Sie wurde unmittelbar als bedingte Wahrscheinlichkeit<br />
P(W/(a’i ∧ e’j)) der Bayes’schen Formel definiert und stellt eine bedingte a-priori-<br />
Bewertungswahrscheinlichkeit aus der Sicht der Verkehrs-teilnehmer dar, die den<br />
Widerstand der Verkehrsbeziehung i-j berücksichtigt“ ; P(a’i), P(e’j) ist die unbedingte<br />
Wahrscheinlichkeit, dass ein Weg in der Zone i anfängt bzw. in der Zone j endet. (Schnabel,<br />
Lohse (1997), Grundlagen der Strassenverkehrstechnik und der Verkehrsplanung, 207):<br />
1<br />
E<br />
( k'<br />
) = ; ϕ(<br />
k'<br />
) =<br />
(10)<br />
ϕ ( '<br />
( 1+<br />
k'<br />
)<br />
1+<br />
exp( F − G ⋅W<br />
)<br />
q' k )<br />
E, F, G sind die verkehrsmittelspezifischen Parameter.<br />
Durch die Variation der verkehrsmittelspezifischen Parameter E,F,G ist eine Erzeugung von<br />
individuell geformten Widerstandskurven möglich. Damit kann mit der EVA-Funktion die<br />
Bewertungswahrscheinlichkeit einer Reiseweite in Abhängigkeit vom Widerstand und im<br />
Gegensatz zu der monoton fallenden Funktion, auch vom Verkehrsmittel individuell ermittelt<br />
werden. Dies bedeutet, dass bei der Wahl der Reiseweite z.B. im Radverkehr nur der<br />
Nahbereich, im motorisierten Verkehr jedoch auch grössere Entfernungen berücksichtigt<br />
werden. Wird bei der EVA-Funktion darüber hinaus die Konkurrenzsituation zwischen den<br />
Verkehrsmitteln mittels eines Verkehrsaufteilungsmodells einbezogen, ergibt sich die<br />
Bewertungswahrscheinlichkeit der Reiseweite in Abhängigkeit des Widerstandes für die<br />
einzelnen Verkehrsmittel (Köhler und Wermuth,1999).<br />
Bei der Anwendung des Gravitationsansatzes ist für jeden Planungsfall in Abhängigkeit der<br />
Charakteristika des Untersuchungsgebiets und der Untersuchungsaufgabe die günstigste<br />
10
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Variante des Gravitationsansatzes bezüglich der Bewertungsfunktion auszuwählen. Bei der<br />
Anwendung in kleinen Städten und Siedlungen unter Berücksichtigung des<br />
Fussgängerverkehrs ist eine Modifikation des Ansatzes vorteilhaft.<br />
Der Gravitationsansatz wird vor allem für den Personenverkehr angewendet. Eine<br />
Übertragung auf den Güterverkehr ist möglich, wenn dabei eine regional- und<br />
verkehrsplanerische Betrachtungsweise angestrebt wird. Auch beim Gravitationsansatz ist die<br />
gesonderte Verkehrsverteilung für jede Quell-Ziel-Gruppe unerlässlich. Die Parameter der<br />
Bewertungsfunktion F(k’) sind neben den Verkehrsarten auch von der Quell-Ziel-Gruppe<br />
abhängig.<br />
In der Praxis werden auch folgende Widerstandsfunktionen verwendet<br />
f ( k'<br />
) = k'<br />
f ( k'<br />
) = k'<br />
f ( k'<br />
) = e<br />
−α<br />
−α ( −βk<br />
')<br />
⋅e<br />
2<br />
( −αk<br />
' )<br />
wobei bei allen Funktionen α>0, β>0 ist.<br />
2.2 Nutzenmaximierungsmodell<br />
Für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Ortsveränderung von einer Quell i<br />
die Zone j gewählt wird, wird auch das Multinominale Logit (MNL) Modell verwendet:<br />
P<br />
j<br />
e<br />
= n<br />
e<br />
∑<br />
j=<br />
1<br />
( u j )<br />
( u j )<br />
j=1........n [11]<br />
mit uj als deterministischer Nutzen der Alternative j (in diesem Fall der Zielzone j)<br />
geht man davon aus, dass sich in Verkehrszonen j – q’j Nutzengelegenheiten als mögliche<br />
Ziele befinden und die Wahl jeder dieser Gelegenheiten für den Verkehrsteilnehmer den<br />
absoluten Bruttonutzen b aufweist, der durch den erforderlichen Widerstand k’ij gemindert<br />
wird, so stellt sich der (Netto-) Nutzen der Auswahl einer Gelegenheit in der Verkehrszelle j<br />
so dar:<br />
u = b − k'<br />
[12]<br />
j<br />
ij<br />
Das Modell liefert dann die Wahrscheinlichkeit für die Verkehrszone j als Ziel eines Weges<br />
von Zone i aus:<br />
11
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
( b−k<br />
'ij<br />
)<br />
( b)<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
q'<br />
j ⋅e<br />
q'<br />
j ⋅e<br />
⋅ e<br />
P j¦<br />
i =<br />
=<br />
( b−k<br />
'ij<br />
)<br />
( b)<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
∑ q'<br />
j ⋅e<br />
∑ q'<br />
j ⋅e<br />
⋅ e<br />
j<br />
j<br />
und daraus<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
q'<br />
j ⋅e<br />
P j¦<br />
i =<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
∑ q'<br />
j ⋅e<br />
j<br />
Damit lautet das Verkehrsverteilungsmodell in allgemeiner Form:<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
q'<br />
j ⋅e<br />
q ij = q'i<br />
⋅<br />
( −k<br />
'ij<br />
)<br />
∑ q'<br />
j ⋅e<br />
j<br />
mit<br />
' [15]<br />
q’ij:<br />
Quell-Ziel-Verkehrsstrom von Zone i nach Zone j<br />
q’i: Quellverkehr der Zone i (Produktion)<br />
q’j: Zielverkehr in Zone j (Attraktion)<br />
k’ij: Widerstand eines Weges von i nach j<br />
Dieses Modell erfüllt definitionsgemäss die notwendigen Rahmenbedingungen<br />
∑ ij =<br />
j<br />
q' q'<br />
(i=1, ..........m) [16]<br />
i<br />
die besagen, dass jedem in Zone i erzeugten Weg genau eine Zone j als Ziel zugeordnet wird.<br />
2.3 Trendfaktorenmodelle<br />
Die Trendfaktorenmodelle gehen davon aus, dass eine vorhandene Ausgangsmatrix (aus<br />
einem früheren Zeitpunkt) oder eine repräsentative Stichprobenerhebung vorhanden ist. Auf<br />
der Grundlage der vorhandenen Matrix wird eine Hochrechnung auf die Grundgesamtheit<br />
oder einen Prognosenzustand durchgeführt. Für die Vorgehensweise existiert eine Reihe von<br />
Methoden:<br />
12<br />
[13]<br />
[14]
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
• Einheitsfaktorenmethode<br />
P A<br />
q'<br />
= q'<br />
⋅ f - hier werden alle Verkehrsströme q’ij(A) der Verkehrsmatrix zum<br />
ij<br />
ij<br />
Analysezeitpunkt mit einem einheitlichen Zuwachsfaktor f multipliziert. Der Zuwachsfaktor f<br />
wird aus den Veränderungen der Strukturdaten abgeleitet. Voraussetzung für die Anwendung<br />
dieser Methode ist die gleichmässige Entwicklung des betrachteten Untersuchungsgebietes<br />
und unwesentliche Veränderungen des Verkehrsangebotes. Dieses Verfahren ist nur für<br />
kurzfristige Prognoseabschätzungen anwendbar.<br />
• Durchschnittsfaktorenmethode<br />
Im Gegensatz zu den Einheitsfaktoren werden bei der Durchschnittsfaktorenmethode die<br />
unterschiedlichen Entwicklungen der siedlungsstrukturellen Einflussgrössen in den<br />
verschiedenen Zonen berücksichtigt. Damit werden jeder einzelnen Zone Faktoren zur<br />
Hochrechnung der Verkehrsströme zum Prognosezeitpunkt aus dem Analysezustand<br />
zugeordnet. Da die Wachstumsfaktoren jeder Zone unterschiedlich sind, ist die Ermittlung der<br />
Prognose-Verkehrsbeziehungen eine iterative Berechnung unter den Randbedingungen:<br />
∑ ij =<br />
j<br />
q' q'<br />
und ∑ q' = q'<br />
i<br />
i<br />
ij<br />
j<br />
( P)<br />
( A)<br />
( P)<br />
( A)<br />
wobei q' i = q'i<br />
⋅ f i und q' j = q'<br />
j ⋅g<br />
i<br />
[17]<br />
Durch Iterationsverfahren wird<br />
q'<br />
( v+<br />
1)<br />
ij<br />
= q'<br />
( v)<br />
ij<br />
f<br />
⋅[<br />
( v)<br />
i<br />
mit i ( v)<br />
q'ij<br />
( v)<br />
i<br />
+ g<br />
2<br />
( v)<br />
j<br />
]<br />
q'<br />
q'<br />
( v)<br />
j<br />
f = und g j = [19]<br />
( v)<br />
q'<br />
berechnet (Köhler und Wermuth, 1999).<br />
Bei der FRATAR-Methode lautet die Iterationsvorschrift<br />
v<br />
q' = q'<br />
⋅ f<br />
( v+<br />
1)<br />
ij<br />
( v+<br />
2)<br />
ij<br />
ij<br />
( v+<br />
1)<br />
ij<br />
( v)<br />
i<br />
( v+<br />
1)<br />
j<br />
ij<br />
q ' = q'<br />
⋅g<br />
[21]<br />
13<br />
[18]<br />
[20]
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Für die Anwendung von Trendfaktorenmodellen müssen folgende Bedingungen erfüllt<br />
werden (Köhler und Wermuth, 1999):<br />
- Die Verkehrsströme q’ij für den Analysezustand müssen bekannt sein.<br />
- Strukturdaten sowohl für Analyse- als auch für den Prognosezeitpunkt müssen<br />
bekannt sein.<br />
- Das Verkehrsverhalten bleibt unverändert.<br />
- Keine wesentliche Veränderung des Verkehrsangebotes.<br />
Die Trendfaktorenmodelle eignen sich vor allem für kurzfristige Verkehrsprognosen (bis 5<br />
Jahren).<br />
14
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
3 Schätzung von Verkehrsbeziehungen mit Hilfe von Querschnittzählungen<br />
3.1 Aufgabe<br />
Die klassischen Methoden für die Ermittlung einer Quell-Ziel Matrix mit Befragungen<br />
erfordern einen grossen Aufwand. Im Gegensatz können Verkehrszählungen durch die<br />
automatischen Zähler rasch und kostengünstig durchgeführt werden. Die<br />
Querschnittbelastungen setzen sich aus den Teilströmen verschiedener Verkehrsbeziehungen<br />
zusammen und enthalten damit Informationen über die Verkehrsbeziehungen.<br />
Es stehen mehrere Verfahren zu Verfügung mit denen versucht wird, eine aktuelle Quell-Ziel<br />
Matrix aufgrund des Informationsgehaltes eines Satzes von Verkehrszählwerten und<br />
zusätzlicher Informationen zu schätzen. Die Schätzung einer Quell-Ziel Matrix aufgrund von<br />
Verkehrszählungen ist im Prinzip der umgekehrte Vorgang einer Verkehrsumlegung. Hier<br />
wird statt aus einer gegebenen Quell-Ziel Matrix die Streckenbelastungen zu berechnen,<br />
aufgrund gegebener Streckenbelastungen die dazugehörende Quell-Ziel Matrix geschätzt. Bei<br />
der hier angewendeten Verfahren werden Kenntnisse über Verkehrsbelastungen auf einigen<br />
Netzabschnitten und möglichst zutreffende Angaben über die Routenwahl der<br />
Verkehrsteilnehmer benötigt.<br />
Die beobachteten Verkehrsbelastungen (va) auf den Strecken (a) eines Verkehrsnetzes<br />
werden durch die Verkehrsströme ( q' ij ) verursacht. Wenn mit<br />
15<br />
a<br />
p ij der Anteil des<br />
Verkehrsstromes q' ij zwischen i und j bezeichnet wird, der die Strecke a benutzt, kann für<br />
jede Strecke, für welche eine Verkehrsbelastung (va) gemessen wurde, die folgende<br />
fundamentale Gleichung aufgestellt werden:<br />
a<br />
a<br />
∑∑ pij<br />
⋅<br />
v q'<br />
[22]<br />
wobei<br />
= i j<br />
0 ≤ ≤ 1<br />
a<br />
p<br />
1 ≤<br />
ij<br />
a ≤ n<br />
n = Anzahl der Zählquerschnitte<br />
ij
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Der Wert von<br />
a<br />
p ij ist von der Routenwahl abhängig und kann mit Hilfe der<br />
Umlegungsmodelle oder durch die Befragungen (z.B. bei Quell-Ziel Befragung mit der Frage<br />
„via“) abgebildet werden .<br />
Die fundamentale Gleichung [22] kann für jeden Zählwert va aufgestellt werden. Es ergibt<br />
sich ein System linearer Gleichungen, welches in Vektor- und Matrixschreibweise wie folgt<br />
dargestellt werden kann:<br />
v = A⋅<br />
q'<br />
[23]<br />
Die Elemente des Vektors v bilden die Ergebnisse der Verkehrszählungen.<br />
Damit das Gleichungssystem [23] lösbar ist, muss die Anzahl n der Verkehrszählwerte der<br />
gewonnenen Gleichungen gleich gross sein wie die Anzahl der unbekannten Verkehrsströme<br />
q' ij . Dies wird in realen Fällen kaum je der Fall sein. Um eine mathematische Lösung zu<br />
erreichen, müssen Zusatzbedingungen eingeführt werden. Die meisten entwickelten<br />
Lösungsansätze unterscheiden sich in diesen Zusatzbedingungen.<br />
Nach Axhausen, (2000, S. 3): „Es gibt zwei Grundansätze für die Schätzung. Der statische<br />
Ansatz geht davon aus, dass im Netz ein Gleichgewicht herrscht, dass aber tageszeit- oder<br />
wochentagsabhängig sein kann. Dieser Ansatz ist vor allem für grössere Netze und längere<br />
Zeithorizonte geeignet. Der dynamische Ansatz verwendet die Schwankungen in den<br />
Streckenbelastungen um QZ-Beziehungen zu schätzen, die zu einem rekursiven Modell<br />
führen, das vor allem für kleinere Netze und kürzere Zeithorizonte geeignet ist. Gemischte<br />
Ansätze, die versuchen die Stärken zu kombinieren, sind in der Literatur ebenfalls vorhanden.<br />
Der path-flow-estimator (PFE) Ansatz gehört zu den statischen Ansätzen. Die<br />
Anwendungsbereiche der verschiedenen Ansätze werden in Tabelle 1 dargestellt.<br />
16
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Tabelle 1: Anwendungsbereiche der Ansätze<br />
Art des Netzes Zeithorizont<br />
Klein ohne Alternativen in<br />
der Routenwahl<br />
Langfristig Mittelfristig Kurzfristig<br />
Statisch Dynamisch Dynamisch<br />
Gross ohne Überlastungen Statisch Gemischt Gemischt<br />
Gross mit Überlastungen PFE PFE PFE<br />
Wenn das Netz keine Alternativen in der Routenwahl bietet oder wenn es nicht überlastet ist,<br />
kann die Umlegung und die Schätzung der QZ-Matriz getrennt behandelt werden. Man kann<br />
dann die Beziehungen zwischen Matrix und Umlegung als lineares Gleichungssystem<br />
behandeln.“<br />
3.2 Gravitationsansatz<br />
Wenn bei der Schätzung einer Quell-Ziel Matrix aufgrund von Verkehrszählungen die<br />
Zusatzbedingung angenommen wird, die Verkehrsverteilung könne mit einem<br />
Gravitationsmodell nachgebildet werden, reduziert sich die Zahl der Unbekannten drastisch.<br />
Im wesentlichen werden die Parameter eines Gravitationsansatzes aufgrund der Messwerte<br />
(Vektor v bzw. va) kalibriert. Hier wird davon ausgegangen, dass es mit einem<br />
proportionalen Umlegungsmodell nachgebildet werden kann. Es gilt dann:<br />
v~ ' p<br />
[24]<br />
a<br />
mit<br />
∑∑ q ij ⋅<br />
= i j<br />
a<br />
ij<br />
v a<br />
~ Verkehrsbelastung auf Link a<br />
a<br />
p ij konstanter, von a v~ unabhängiger Anteil des Verkehrsstromes zwischen i und j, welcher<br />
Link a benutzt<br />
q ' geschätzter Verkehrsstrom zwischen i und j<br />
ij<br />
17
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Gesucht wird jene Quell-Ziel Matrix, welche insgesamt die kleinste Abweichung zwischen<br />
den beobachteten und den umgelegten Verkehrsbelastungen ergibt. Als Mass für die<br />
Abweichung wird die Summe der Quadrate der Differenzen zwischen den Einzelwerten der<br />
beobachteten ( vˆ a ) und der umgelegten Verkehrsbelastungen ( v a<br />
~ ) genommen:<br />
n<br />
a 2<br />
C(<br />
vˆ<br />
, v~<br />
) =<br />
p )<br />
[25]<br />
a<br />
a<br />
∑ ( vˆ<br />
a − ∑∑ q'ij<br />
⋅<br />
a i j<br />
ij<br />
Mit dem Ansatz [25] können die Lösungen für die Verkehrserzeugung (Produktion und<br />
Attraktion) jeder Zone, nicht jedoch für die einzelnen Teilströme q ' gefunden werden. Um<br />
ij<br />
die Teilströme q ' zu bestimmen, muss ein Verteilungsmodell eingeführt werden. Hier kann<br />
ij<br />
ein einfaches Gravitationsmodell angewendet werden, dessen Parameter aufgrund der<br />
Verkehrszählwerte geschätzt werden können.<br />
3.3 Maximierung der Entropie<br />
Für die Schätzung von Quell-Ziel Matrizen wurde von Willumsen (1978) ein Verfahren<br />
entwickelt, dass unter den vielen verschiedenen Quell-Ziel Matrizen, welche bei der<br />
Umlegung alle zum gleiche Satz von Streckenbelastungen führen, jene ausgewählt wird,<br />
welche die grösste Wahrscheinlichkeit hat, aufzutreten. Dies bedeutet, dass jene Matrix<br />
gesucht werden soll, welche die grösste Entropie aufweist und welche möglichst genau mit<br />
den Verkehrszählwerten übereinstimmt. Mathematisch kann der Ansatz in folgender Form<br />
beschrieben werden:<br />
q'ij<br />
Maximiere S = −∑<br />
( q'ij<br />
⋅ln<br />
− q'ij<br />
)<br />
q'<br />
Unter Randbedingungen<br />
∑<br />
ij<br />
1 [26]<br />
ij<br />
ij<br />
a<br />
q' ⋅p<br />
− v = 0 ; q ' ≥ 0<br />
[27]<br />
ij<br />
wobei<br />
ij<br />
a<br />
ij<br />
18
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
q' = a priori Information über den Verkehrsstrom von i nach j, z.B. aus eine alte- oder<br />
ij<br />
Erhebungsmatrix<br />
a<br />
p ij - der Anteil des Verkehrsstromes q’ij welcher den Link a benutzt<br />
va - gemessene Verkehrsbelastung auf dem Link a<br />
Die Lösung dieses mathematischen Programms ergibt sich aus:<br />
∏<br />
ij<br />
q ' ij = q'<br />
( xa<br />
) ( q' ij = ∏ −<br />
q'<br />
( e<br />
ij<br />
a<br />
a<br />
p<br />
ij<br />
a<br />
p<br />
a<br />
ij<br />
i )<br />
λ<br />
a<br />
−∑<br />
pij<br />
⋅ i<br />
a = ⋅ q<br />
λ<br />
' ) [28]<br />
Die Werte xa müssen aus den Randbedingungen [27] iterativ bestimmt werden.<br />
ij e<br />
Die so geschätzte Matrix ist jene, welche am nächsten (im Sinne des entropischen Abstandes)<br />
bei der a priori Matrix q ' liegt und die Bedingungen [27] erfüllt. Damit eine Lösung gefunden<br />
werden kann, müssen die Verkehrszählwerte in sich konsistent sein.<br />
Es wurden noch weitere Verfahren zur Schätzung von Verkehrsbeziehungen mit Hilfe von<br />
Querschnittszählungen entwickelt, wie der Algorithmus der Variablen Inkrement<br />
(Cremer/Keller, 1981), die Methode der kleinste Fehlerquadrate (Cremer, 1983;<br />
Cremer/Keller, 1986), ODYN (Ploss, 1992), die Minimierung des Informationszugewinns<br />
(Van Zylen, 1980/81), RIMAK (Ziegler, 1989) usw. Eine Analyse der Möglichkeiten und<br />
Grenzen der vorhandenen Verfahren wird in einer Untersuchung der Forschungsgesellschaft<br />
für Strassen- und Verkehrswesen vorgestellt (FGSV, 1995).<br />
19
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
4 Kalibrierung von <strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong>n<br />
Die Nutzung von Modellen der Verkehrsverteilung erfordert deren Kalibrierung, d.h. die<br />
Eichung der Modellparameter anhand empirischer Verhaltensdaten. Für die Eichung werden<br />
häufig folgende Ansätze verwendet (Schnabel und Lohse, 1997):<br />
• Ansatz 1<br />
Dieser Ansatz benutzt – ähnlich wie bei der Regressionsanalyse - die Minimierung der<br />
Summe der quadratischen Abweichungen der Matrixelemente als Abstandsmass:<br />
D<br />
∑∑<br />
= i j<br />
2<br />
( q'e<br />
− q'<br />
) ⇒ Minimum<br />
[29]<br />
ij<br />
q' eij<br />
- empirische Verkehrsströme<br />
• Ansatz 2<br />
ij<br />
Bei diesem Ansatz wird der Nachteil der möglichen Überbewertung grösserer<br />
Verkehrsströme des Ansatz 1 vermieden:<br />
∑∑<br />
D ¦ q'e<br />
− q'<br />
¦ ⇒ Minimum<br />
[30]<br />
= i j<br />
• Ansatz 3<br />
ij<br />
ij<br />
Bei diesem Ansatz werden durch die Kalibrierung die Modelparameter so gefunden, dass ein<br />
minimaler Informationsgewinn gegenüber der Informationsentropie der empirischen Matrix<br />
ve ij besteht:<br />
q'eij<br />
D ∑∑ q'<br />
eij<br />
⋅ ¦ ln( ) ¦ ⇒ Minimum<br />
[31]<br />
q'<br />
= i j ij<br />
• Ansatz 4<br />
Als geeignet für die Kalibrierungsaufgabe hat sich auch folgender Ansatz gezeigt. Prinzipiell<br />
stimmt er mit den Ansätzen der Minimierung des Informationsgewinns überein und entspricht<br />
auch dem<br />
2<br />
χ -Test der mathematischen Statistik.<br />
( q'eij<br />
− q'<br />
D = ∑∑ q'<br />
i j ij<br />
ij<br />
)<br />
2<br />
⇒ Minimum<br />
20<br />
[32]
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
5 Direct Demand Models<br />
Häufig erscheint es realitätsnäher, nicht alle Entscheidungen isoliert und sequentiell, sondern<br />
simultan darzustellen. Ein alternativer Ansatz zum Vierstufen-Algorithmus ist ein „direct-<br />
demand“ Modell der Verkehrserzeugung, Verkehrsverteilung und Verkehrsmittelwahl:<br />
q 'ijk q'i<br />
⋅p<br />
j¦<br />
i ⋅ pm¦<br />
i,<br />
j<br />
= [33]<br />
• Die ersten Regressionsansätze verwenden sozio-ökonomische Variablen nach Zonen<br />
und Verkehrsangebotsvariablen:<br />
∏<br />
θk1<br />
θk<br />
2 m α km m αkm<br />
q ' = φ ( P P ) ( I I ) [( t ) ( c ) ]<br />
[34]<br />
ijk<br />
wobei<br />
P – Einwohner<br />
k<br />
I – Einkommen<br />
i<br />
j<br />
i<br />
j<br />
m<br />
ij<br />
t- Reisezeit und c- Reisekosten zwischen i und j mit Verkehrsmittel k<br />
φ , θ , α - Modelparameter<br />
Dieser Ansatz kann auch in einfacherer Form geschrieben werden<br />
L<br />
Y<br />
Z<br />
ijm<br />
ik<br />
jk<br />
1<br />
km<br />
2<br />
km<br />
1<br />
ij<br />
2<br />
m α m α<br />
= ( t ) ( c )<br />
[35]<br />
ij<br />
k1<br />
k 2<br />
i i<br />
ij<br />
θ θ<br />
= P I<br />
[36]<br />
θ θ<br />
= P I<br />
[37]<br />
k1<br />
k 2<br />
j j<br />
Damit wird Ansatz [34] zu<br />
∏<br />
q' = φ Y Z L<br />
[38]<br />
ijk<br />
k<br />
ik<br />
jk<br />
m<br />
ijm<br />
21
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
Die Modellparameter θ 1,θ 2 sind die Elastizitäten der Nachfrage in Abhängigkeit von der<br />
Einwohnerzahl und des Einkommens und<br />
1 2<br />
α km , α km sind Elastizitäten in Abhängigkeit von<br />
der Reisezeit und den Reisekosten, φ k ist ein Reisezweck spezifischer Parameter.<br />
Die hier ermittelten direkten Elastizitäten sollten positive und die Kreuz-Elastizitäten negative<br />
Vorzeichen haben. Diese Modelle sind sehr attraktiv für die Berechnung der<br />
Verkehrserzeugung, der Verkehrsverteilung und der Verkehrsmittelwahl unter<br />
Berücksichtigung der Attribute der betrachteten Verkehrsmittel, des vorhandenen<br />
Verkehrsangebots und der Mobilitätsvariablen. Entscheidendes Problem bei dieser Methode<br />
ist die grosse Anzahl von unbekannten Parametern, die komplexe nicht lineare Schätzung und<br />
die Berücksichtigung der räumlichen Fehlerstrukturen.<br />
• In der North Eash Corridor Study in den USA wurde folgender Ansatz verwendet<br />
(Ortuzar und Willumsen, 1995):<br />
q'<br />
ijk<br />
k α k k α k ( tij<br />
) ( Cij<br />
)<br />
m<br />
m α<br />
2<br />
θ θ 2<br />
ij m α m<br />
= φ k ( Pi<br />
Pj<br />
) ( I i I j )<br />
{<br />
m m ∑[(<br />
tij<br />
) ( C<br />
α<br />
ij ) ]}<br />
1<br />
2<br />
m α m<br />
[( t ) ( C ) ] m<br />
1 ψ<br />
[39]<br />
∑<br />
m<br />
ij<br />
1<br />
ij<br />
2<br />
Direct-demand Modelle sind für die Anwendung attraktive Ansätze, besonders für<br />
Untersuchungen mit grosse Zonen wie z.B. Inter-Regionale Studien. Timberlake (1988) hat<br />
die Anwendung von diesen Modellen in Entwicklungsländern diskutiert und findet sie besser<br />
geeignet als konventionelle Modelle (Ortuzar und Willumsen, 1995). Wesentliche Nachteile /<br />
Probleme bei der Anwendung dieser Modellen ist die plausible Kalibration der<br />
Modelparameter und damit auch die Anwendung für die Verkehrsprognose.<br />
22
<strong>Verkehrsverteilungsmodelle</strong><br />
_______________________________________________________________________________________Mai 2005<br />
6 Literatur<br />
Axhausen, K.W. (2000) Methoden zum Erstellen und Aktualisieren von<br />
Wunschlinienmatrizen im Motorisiertem Individualverkehr, SVI-Angebot 00/9, <strong>Zürich</strong><br />
Bobinger, R. (1999), Modellierung der Verkehrsnachfrage bei preispolitischen Massnahmen,<br />
Dissertation, TU München, München<br />
Bosserhoff, D. (1985), Statische Verfahren zur Ermittlung von Quelle-Ziel-Matrizen im<br />
Öffentlichen Personennahverkehr – Ein Vergleich, Dissertation, Universität Karlsruhe,<br />
Karlsruhe<br />
Cremer, M., V. Klaas, H. Keller und G. Ploss (1985), Identifizierung der Herkunft-Ziel-<br />
Matrix von Komplexen Verkehrsanlagen aus den Zeitverläufen von<br />
Querschnittszählungen, Forschungsvorhaben Cr 69/1-1 gefördert durch die Deutsche<br />
Forschungsgemeinschaft, München und Hamburg-Harburg<br />
FGSV (1995) Hinweise zur Schätzung von Verkehrsbeziehungen mit Hilfe von Querschnittszählungen,<br />
FGSV, Köln<br />
Klaas, V. (1986) Ein dynamisches Verfahren zur Bestimmung der Quelle-Ziel-Teilflüsse in<br />
Verkehrsanlagen mit Laufzeiten und Dispersion, Dissertation, TU Hamburg-Harburg,<br />
Hamburg-Harburg<br />
Köhler, U. und M. Wermuth (1999), Analyse der Anwendung von<br />
Verkehrsnachfragemodellen, Forschungsbericht FE-Nr.01.144 G96 H, Kassel und<br />
Braunschweig<br />
Ortuzar, J. de D. und L.G. Willumsen (1995) Modelling Transport, Zweite Ausgabe, Wiley<br />
and Sons, New York<br />
Ploss, G. (1992) Ein Dynamisches Verfahren zur Schätzung von Verkehrsbeziehungen aus<br />
Querschnittszählungen, Dissertation, TU München, München<br />
Steierwald, G. und Künne H.D. (Hrsg.) (1993), Stadtverkehrsplanung, Springer-Verlag,<br />
Berlin<br />
Schnabel, W. und D. Lohse (1997) Grundlage der Strassenverkehrstechnik und der<br />
Verkehrsplanung, II, Verlag für Bauwesen, Berlin.<br />
Widmer, P. (1989) Vereinfachte Methode zur raschen Schäzuung von Verkehrs-beziehungen,<br />
Schlussbericht, SVI 10/84, Ingenieur- und Planungsbrüo Widmer, Frauenfeld.<br />
23