Oliver PalOtai
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Yamaha mUSiC PrODUCtiOn GUiDe<br />
05|2011<br />
mals gerade brandneuen ES7 auf der<br />
Bühne auf dem Ständer platziert, als unser<br />
Bassist die Bühne betrat. Der Mann hat die<br />
ungeschickteste Frisur der Welt, die ihm<br />
die Sicht praktisch komplett versperrt, er ist<br />
zwei Meter groß und bewegt sich wie ein<br />
motorisch gestörter Wirbelwind auf der<br />
Bühne. Er drehte sich herum, stieß den<br />
MOTIF vom Ständer, der komplett kippte<br />
und krachend auf den Boden schlug. Die<br />
seitlichen Plastikverkleidungen brachen ab,<br />
das Ding sah ruiniert aus - aber bis heute<br />
arbeitet er einwandfrei! Dann legte während<br />
des Bloodstock Festivals eine Stripperin<br />
ihre enormen und klitschnassen Brüste<br />
auf das Instrument - überlebt! Fehlgeleitete<br />
Pyrotechnik brannte mehrmals Löcher in<br />
die Verkleidung - überlebt! Stundenlanges<br />
Braten in der spanischen Sonne - überlebt!<br />
Diese ausgezeichnete Verarbeitung ist für<br />
mich immens wichtig.<br />
Als Keyboarder hat man es traditionell<br />
eher schwer in einer Metal-Band - wie<br />
sind da in deinen Bands die Aufgaben<br />
abgesteckt?<br />
Ich biete eine physisch auch recht anstrengende<br />
Show. D.h. viel Headbanging, Rotieren<br />
mit dem Keystand, Keyboardsoli usw.<br />
de.Yamaha.com<br />
Kamelot platzieren mich deswegen auch<br />
weit vorne am Bühnenrand. Hinter der<br />
Bühne sind es ja oft die Keyboarder, die<br />
in punkto Songwriting am meisten beitragen.<br />
Ich kann mich wirklich nicht über<br />
mangelnde Aufmerksamkeit beschweren.<br />
Hilft es beim Komponieren und<br />
Arrangieren, wenn man als Keyboarder<br />
auch das schwere Brett auf der Gitarre<br />
spielen kann und umgekehrt?<br />
Sehr, und zwar nicht nur im Metal. Auch<br />
bei Pop- Produktionen greife ich öfters<br />
zur Gitarre oder zum E- Bass. Manchmal<br />
gehe ich Songs auch eher riffbasiert<br />
an als von den Harmonien her, beginne<br />
demnach auf den sechs Saiten. Es ist nie<br />
falsch, zusätzliche Instrumente spielen zu<br />
können. Für meine klassischen Orchestrationen<br />
muss ich ja auch genau wissen,<br />
wie zum Beispiel eine Violine funktioniert.<br />
Wer sind deine musikalischen Inspirations<br />
quellen?<br />
Einmal natürlich die klassischen Komponisten.<br />
Ich liebe barocke Musik, ergo gab<br />
es nie eine Zeit in meinem Leben, in der ich<br />
kein Bach spielte oder hörte. Wichtig sind<br />
und waren Chopin - v.a. die Etüden -, Scott<br />
Joplin und querbeet durch die Jazz- Literatur,<br />
v.a. Bebop. Chick Corea, Keith Jarrett,<br />
Gonzalo Rubalcaba - das ist mein Herzblut.<br />
War da nicht was mit einem Jazz-Trio?<br />
Trios, Quartette, Quintette, Big Band etc. Es<br />
ist eine Schande, dass ich die letzten zehn<br />
Jahre einfach keine Zeit hatte, mehr als ein<br />
paar Jam-Sessions zu spielen. Ich habe ja<br />
damals, Anfang 20, den ersten Platz bei<br />
der Endausscheidung Bundeswettbewerb<br />
JugendJazzt des Deutschen Musikrats ge-<br />
wonnen. Demnach habe ich die Sache<br />
sehr ernst genommen. Zumindest läuft mir<br />
der Jazz nicht davon, und man muss keine<br />
Jungspund wie im Pop sein, um diese Musik<br />
zu spielen. Ich hoffe, dieses oder nächstes<br />
Jahr eine neue Aufnahme umsetzen zu<br />
können.<br />
Zurück zu deinen Eltern: Hätten die<br />
nicht lieber gesehen, dass du einen<br />
ordentlichen Beruf ergreifst, anstatt als<br />
langhaariger Metalhead stark verzerrte<br />
Musik zu machen?<br />
Haha, nein, meine Mutter hasst kurze Haare<br />
bei Männern! Meine Eltern haben mich<br />
immer bei meinen Entscheidungen unterstützt.<br />
Bis heute kommen sie regelmäßig zu<br />
meinen Konzerten, egal, welche Stilistik. Ich<br />
hatte da sehr viel Glück.<br />
Zu Ordentlichkeit reicht es bei dir aber ja<br />
auch, du erteilst ja in deinem Heimatort<br />
Musikunterricht zwischen den Touren.<br />
Zwischen den Touren produziere ich Bands<br />
und Solo-Künstler, orchestriere für Bands<br />
und schreibe Filmmusik. Unterricht gebe<br />
ich auch, beschränke diesen aber auf wenige<br />
Stunden pro Woche. Diese machen mir<br />
aber, wie gesagt, eine Menge Spaß - es ist<br />
eine gewisse Portion Stolz dabei, wenn ich<br />
Schüler an ihrem Instrument wachsen sehe.<br />
Manche von ihnen sind heute Profimusiker<br />
oder studieren Musik.<br />
Was gibst du deinen Schülern mit?<br />
5<br />
Im Grunde bin ich ein Vertreter einer sehr<br />
klassischen Pädagogik - womit wir den Bogen<br />
zum Anfang des Interviews schlagen.<br />
Regelmäßigkeit, Fleiß und Disziplin sind die<br />
Säulen. Es gibt keine Abkürzungen!<br />
Sons Of Seasons