Von der Textilfabrik zur „Denkfabrik“: - NINO SEG
Von der Textilfabrik zur „Denkfabrik“: - NINO SEG
Von der Textilfabrik zur „Denkfabrik“: - NINO SEG
- TAGS
- textilfabrik
- nino
- nino-seg.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Industriedenkmalpflege<br />
Gebäudetiefe einheitliche Lichtverhältnisse<br />
und ein gleichmäßiges Raumklima<br />
im Innern zulassen. Neu war, dass <strong>der</strong><br />
Entwurf aus dem Architekturbüro Manz<br />
einen multifunktionellen Bautyp mit Produktions-,<br />
Verwaltungs- und Lagerfunktionen<br />
beinhaltete.<br />
In dieser Zeit war mit dem Generationswechsel<br />
von Philipp Jakob Manz zu<br />
seinem Sohn Max Manz (1896–1968) eine<br />
Hinwendung zum „Neuen Bauen“ in<br />
<strong>der</strong> Entwurfspraxis des Architekturbüros<br />
einhergegangen. Nach dem Vorbild <strong>der</strong><br />
Spinnerei in Sulz hatte das Architekturbüro<br />
Manz weiter entwickelte Entwürfe<br />
für solche Spinnereien gleichzeitig mehreren<br />
Interessenten im Münsterland angeboten.<br />
Infolgedessen waren 1928 in<br />
Rheine für Dyckhoff & Stoeveken die<br />
dreigeschossige Ringspinnerei sowie in<br />
Greven für J. Schrün<strong>der</strong> & Söhne ein viergeschossiger<br />
Spinnerei-Hochbau entstanden.<br />
Außerdem hatten H. & J. Huesker<br />
Co. aus dem westfälischen Gescher im<br />
benachbarten Vreden in diesem Jahr eine<br />
mehrgeschossige Spinnerei offenbar<br />
nach einem Entwurf aus dem Büro Manz<br />
errichten lassen. In Nordhorn hatte man<br />
schließlich eine noch größere Spinnerei<br />
nach Plänen aus dem Büro von Philipp<br />
Jakob Manz errichtet: Ebenfalls 1928<br />
war im Werk II von L. Povel Co. ein fünfgeschossiger<br />
Spinnerei-Hochbau ent -<br />
standen.<br />
Alle diese Spinnereien zeichneten Produktionssäle<br />
jeweils über nahezu quadratischen<br />
Grundrissen in mehreren Etagen<br />
übereinan<strong>der</strong> aus, welche an den Ecken<br />
o<strong>der</strong> an den Seiten Treppen-, Staub- o<strong>der</strong><br />
Sprinklertürme flankierten o<strong>der</strong> überragten.<br />
Im Innern hatte man die Spinnereien<br />
mit Produktions- und Nebenräumen <strong>der</strong>art<br />
geglie<strong>der</strong>t, dass die Produktionssäle<br />
erweitert werden konnten. Das war allerdings<br />
nur an <strong>der</strong> Ringspinnerei von Dyckhoff<br />
& Stoeveken in Rheine durchgeführt<br />
worden, die 1936 um die Hälfte vergrößert<br />
worden war.<br />
Vergleichbar mit diesen Planungen<br />
war <strong>der</strong> zweite Entwurf aus dem Architekturbüro<br />
Manz für eine mehrgeschossige<br />
Spinnerei von Niehues & Dütting vom<br />
Dezember 1926, für dessen Umsetzung<br />
am 13.07.1927 eine Baugenehmigung erteilt<br />
worden war. Als Bauplatz für ihren<br />
Spinnerei-Hochbau hatten Niehues &<br />
Dütting nach dieser Planung den heutigen<br />
Standort ausgewählt. Der lag damals<br />
im äußersten Süd-Osten des Firmenareals<br />
zwischen <strong>der</strong> ab 1907 errichteten<br />
eingeschossigen Spinnerei und <strong>der</strong> Friedrichstraße<br />
westlich <strong>der</strong> Turmstraße.<br />
Nach dem Entwurf vom Dezember<br />
1926 sollte <strong>der</strong> Spinnerei-Hochbau mit<br />
kubischen Baukörpern an <strong>der</strong> Turmstraße<br />
eine maximale Nord-Süd-Ausdehnung<br />
von 108,72 m (Abb. 3) und eine Tiefe<br />
66 | 2/2010 Berichte <strong>zur</strong> Denkmalpflege in Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
von dieser Straße von bis zu 55,66 m erhalten.<br />
Den fünfgeschossigen Baukörper<br />
für die Arbeitssäle wollte man mit einem<br />
zweigeschossigen Anbau gegenüber <strong>der</strong><br />
Turmstraße beziehungsweise an einer<br />
internen Werkstraße ergänzen (Abb. 4).<br />
Ferner hätte an <strong>der</strong> nord-östlichen Gebäudeecke<br />
ein 39,40 m hoher Turm mit<br />
Treppen, Aborten und mit einem Wasserbassin<br />
den 29,70 m hohen Hauptbaukörper<br />
überragt. Diagonal gegenüber dem<br />
Wasserturm sollte ein Staubturm außerdem<br />
Toiletten sowie Aufzüge enthalten.<br />
Ein zweites Treppenhaus hatten die Planungen<br />
an <strong>der</strong> südlichen Schmalseite<br />
gegenüber dem Staubturm vorgesehen.<br />
Um die Wege kurz zu halten, sollte an<br />
<strong>der</strong> Westseite des Hauptbaukörpers in<br />
<strong>der</strong> Mitte ein drittes Treppenhaus angefügt<br />
werden. Entsprechend <strong>der</strong> abgestuften<br />
Baukörper wollte man dieses Treppenhaus<br />
ebenso versetzt anordnen.<br />
Dieser Entwurf für den Spinnerei-<br />
Hochbau von Niehues & Dütting war bei<br />
den Genehmigungsbehörden zunächst<br />
starken Bedenken begegnet, weil die zulässige<br />
Höhe von 10,00 m an <strong>der</strong> Turmund<br />
an <strong>der</strong> Friedrichstraße erheblich<br />
überschritten worden wäre. Man befürchtete,<br />
dass die benachbarte Bebauung<br />
in <strong>der</strong> Belichtung und Belüftung beeinträchtigt<br />
werden könnte. Letztendlich<br />
war jedoch mit Bescheid vom 13.07.1927<br />
die Errichtung des Spinnerei-Hochbaus<br />
von Niehues & Dütting nach <strong>der</strong> Planung<br />
vom Dezember 1926 mit mehreren Befreiungen<br />
und Auflagen genehmigt worden:<br />
Danach musste südlich <strong>der</strong> Friedrichstraße<br />
und östlich <strong>der</strong> Turmstraße<br />
jeweils ein Streifen unbebaut bleiben,<br />
welcher genauso breit wie <strong>der</strong> Spinnerei-<br />
Hochbau hoch – abzüglich <strong>der</strong> Straßenbreite<br />
– sein sollte. Diese Auflage erschien<br />
umsetzbar, da die meisten <strong>der</strong><br />
betroffenen Grundstücke im Besitz von<br />
Niehues & Dütting waren.<br />
Indessen hatten Niehues & Dütting<br />
einen an<strong>der</strong>en Entwurf für den Spinnerei-Hochbau<br />
vom Februar 1928 aus dem<br />
Architekturbüro Manz umsetzen lassen,<br />
welcher mit einem Nachtrag am<br />
12.12.1928 genehmigt worden war.<br />
Doch schon früher hatte man mit dem<br />
Bau begonnen: Denn bereits im April<br />
1928 war <strong>der</strong> Grundstein für das Gebäude<br />
gelegt und am 18.01.1929 dessen<br />
Rohbau abgenommen, so dass Anfang<br />
1929 die Produktion an 50.000 Spindeln<br />
aufgenommen werden konnte.<br />
Nach dem Entwurf von 1928 war <strong>der</strong><br />
Spinnerei-Hochbau von Niehues & Dütting<br />
mit einem größeren Abstand <strong>zur</strong><br />
Friedrichstraße als nach <strong>der</strong> Planung von<br />
1926 errichtet worden, und außerdem<br />
hatte man den zweigeschossigen Anbau<br />
an <strong>der</strong> Turmstraße platziert. Möglicherweise<br />
um die zukünftige Nutzung <strong>der</strong><br />
2 Fassade an <strong>der</strong> Weberei, Entwurf von 1924.<br />
3 Fassade an <strong>der</strong> Turmstraße, Entwurf von 1926.<br />
6 Querschnitte, Entwurf von 1928.<br />
7 Grundriss des Erdgeschosses, Entwurf von 1928<br />
Alle Abbildungen im Maßstab1:750.