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Von der Textilfabrik zur „Denkfabrik“: - NINO SEG

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Industriedenkmalpflege<br />

eigenen Grundstücke nicht zu stark einzuschränken,<br />

waren Niehues & Dütting<br />

bei <strong>der</strong> Errichtung des Spinnerei-Hochbaus<br />

letztendlich doch auf die Bedenken<br />

<strong>der</strong> Genehmigungsbehörden eingegangen,<br />

obwohl die Planung von 1926 genehmigt<br />

worden war.<br />

Nach dem Entwurf von 1928 hatte<br />

<strong>der</strong> Hochbau eine maximale Nord-Süd-<br />

Ausdehnung von lediglich 62,37 m (Abb.<br />

5) und eine Gebäudetiefe von <strong>der</strong> östlich<br />

angrenzenden Turmstraße von bis zu<br />

55,66 m erhalten. Vergleichbar wie bei<br />

den an<strong>der</strong>en in den Jahren 1927/28 entstandenen<br />

Spinnereien nach Entwürfen<br />

aus dem Büro Manz war jedoch vorgesehen,<br />

den Spinnerei-Hochbau von Niehues<br />

& Dütting später vergrößern zu können:<br />

Auf einer Fläche von 48,26 x 41,50 m<br />

wollte man den Spinnerei-Hochbau bis<br />

<strong>zur</strong> Friedrichstraße gegebenenfalls erweitern,<br />

so dass das Fabrikgebäude eine<br />

gleichgroße Grundfläche wie nach <strong>der</strong><br />

Planung von 1926 besessen hätte.<br />

Den 29,20 m hohen Hauptbaukörper<br />

des errichteten Spinnerei-Hochbaus bilden<br />

die Arbeitssäle in fünf Vollgeschossen,<br />

welchen <strong>der</strong> zweigeschossige Anbau<br />

an <strong>der</strong> Turmstraße vorgelegt ist<br />

(Abb. 6). Die ergänzen drei Türme: Der<br />

im Nord-Westen war zunächst <strong>der</strong> Staubturm,<br />

und die beiden an<strong>der</strong>en nehmen<br />

Treppen und Aborte auf. Zusätzlich beherbergte<br />

<strong>der</strong> 40,90 m hohe Turm an <strong>der</strong><br />

nordöstlichen Gebäudeecke das Wasserbassin<br />

für die Sprinkleranlage.<br />

Vergleichbar wie am wohl ebenso<br />

vom Büro Manz geplanten Spinnerei-<br />

Hochbau in Vreden und wie beim Entwurf<br />

von 1926 glie<strong>der</strong>n die Fassaden des<br />

Spinnerei-Hochbaus von Niehues & Dütting<br />

nach <strong>der</strong> Planung von 1928 Fensterpfeiler<br />

mit jeweils dreieckigem Querschnitt,<br />

welche an den Gebäude- bezie-<br />

68 | 2/2010 Berichte <strong>zur</strong> Denkmalpflege in Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

hungsweise an den Turmecken diagonal<br />

angeordnete strebepfeilerartige Ecklisenen<br />

ergänzen. Zwischen diesen expressionistisch-gotisierenden<br />

Vorlagen waren<br />

die Spinnsäle mit fast geschosshohen<br />

Fenstern in liegenden Formaten ausgestattet<br />

worden.<br />

Nach dem Entwurf von 1928 hatte<br />

<strong>der</strong> Spinnerei-Hochbau von Niehues &<br />

Dütting ein Skelett aus Eisenbeton in Verbindung<br />

mit Ziegelmauerwerk erhalten.<br />

Hierbei war das Achsraster des Entwurfs<br />

von 1926 exakt übernommen worden,<br />

da offenkundig die Spinnmaschinen für<br />

diese <strong>Textilfabrik</strong> schon bestellt waren.<br />

Indessen hatte man die südliche Fassade<br />

nach dem Entwurf von 1928 als nicht tragend<br />

ausgeführt, um das Fabrikgebäude<br />

ohne Eingriff in das Tragwerk nach Süden<br />

erweitern zu können.<br />

Ebenfalls <strong>der</strong> Option, den Spinnerei-<br />

Hochbau gegebenenfalls zu vergrößern,<br />

hatte man die Aufteilung im Innern<br />

untergeordnet: So befanden sich an <strong>der</strong><br />

Nordseite des Gebäudes Transformatorenräume,<br />

Meisterzimmer und Gar<strong>der</strong>oben,<br />

um die Arbeits- beziehungsweise<br />

Spinnsäle gegenüber nach Süden ausdehnen<br />

zu können (Abb. 7). Im Untergeschoss<br />

war im Westen neben dem Staubturm<br />

<strong>der</strong> Staubkeller sowie östlich davon<br />

ein großes Garnlager angeordnet. Das<br />

Erdgeschoss beherbergte den Batteur<br />

und Mischfächer; jeweils südlich davon<br />

hatte man einen Raum, um Baumwollballen<br />

zu öffnen, und ein Baumwolllager<br />

durch Mauern abgetrennt. In den Ebenen<br />

darüber waren jeweils die Arbeitso<strong>der</strong><br />

Spinnsäle untergebracht, so dass<br />

<strong>der</strong> Produktionsgang jeweils von unten<br />

nach oben verlief.<br />

Mit dieser Aufteilung im Innern war<br />

<strong>der</strong> letztendlich errichtete Spinnerei-<br />

Hochbau von Niehues & Dütting – ähn-<br />

lich wie die an<strong>der</strong>en am Ende <strong>der</strong> 1920er<br />

Jahre nach Plänen aus dem Büro Manz<br />

entstandenen Spinnereien im Münsterland<br />

– ein Lager- und Produktionsgebäude,<br />

welches verschiedene Nutzungen in<br />

einem kompakten Baukörper vereinigte<br />

und sich nach außen nicht mehr als Spinnerei<br />

zu erkennen gab.<br />

Hatte man bei den ersten dieser Spinnereien<br />

im Münsterland die überkommene<br />

Baukörper- und Binnenglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

‚Lancashire-Mills’ noch übernommen, so<br />

war man davon sowohl beim Werk II für<br />

L. Povel & Co. als auch beim Spinnerei-<br />

Hochbau von Niehues & Dütting abgewichen.<br />

Vergleichbar wie das Produktionsgebäude<br />

im Werk II von L. Povel & Co.<br />

war <strong>der</strong> nach dem Entwurf vom Februar<br />

1928 errichtete Spinnerei-Hochbau von<br />

Niehues & Dütting nach den vielen Planungsschritten<br />

<strong>der</strong> Endpunkt in einer langen<br />

Entwicklungskette solcher <strong>Textilfabrik</strong>en<br />

und begründet architekturgeschichtlich<br />

seine Denkmaleigenschaft. Die wird<br />

aus städtebaulichen Gründen durch den<br />

imposanten Baukörper <strong>der</strong> Fabrik einschließlich<br />

des Turms im Nord-Osten verstärkt.<br />

Um den Erhalt dieses bedeutenden Industriedenkmals<br />

zu gewährleisten, hatte<br />

im Jahr 2000 eine an <strong>der</strong> Nino Sanierungs-<br />

und Entwicklungsgesellschaft<br />

mbH beteiligte Investorengruppe den<br />

Spinnerei-Hochbau erworben. Die wollte<br />

in <strong>der</strong> ehemaligen <strong>Textilfabrik</strong> ein Call-<br />

Center einrichten. Nachdem dieser Versuch<br />

und weitere Anstrengungen <strong>zur</strong><br />

Umnutzung des Spinnerei-Hochbaus gescheitert<br />

waren, hatte man ihn 2004 in<br />

das Treuhandvermögen <strong>der</strong> Nino Sanierungs-<br />

und Entwicklungsgesellschaft<br />

mbH überführt.<br />

Trotz <strong>der</strong> erfolglosen Bemühungen<br />

um den Erhalt des Hochbaus erschien<br />

seine weitere Nutzung möglich. Beispielsweise<br />

war es privaten Investoren gelungen,<br />

die 1928 ebenso nach dem Entwurf<br />

aus dem Büro Manz errichtete viergeschossige<br />

Spinnerei von J. Schrün<strong>der</strong> &<br />

Söhne in Greven umzunutzen. In diese<br />

frühere <strong>Textilfabrik</strong> waren 2003/04 Büros<br />

und Loftwohnungen eingebaut worden.<br />

Temporäre Zwischennutzungen des<br />

ehemaligen Spinnerei-Hochbaus von Niehues<br />

& Dütting belegten dessen Poten zi -<br />

al für eine Umnutzung: So konnte die<br />

Son<strong>der</strong>ausstellung „Nino – <strong>der</strong> Stoff, aus<br />

dem die Mode war. Industrie- und Modefotografien“,<br />

die 2006 unter <strong>der</strong> Schirmherrschaft<br />

des nie<strong>der</strong>sächsischen Ministerpräsidenten<br />

Christian Wulff Arbeiten<br />

von Helmut Newton, Charles Wilp o<strong>der</strong><br />

F. C. Gundlach aus einer Sammlung <strong>der</strong><br />

Nino AG in diesem Industriedenkmal präsentiert<br />

hatte, 4.500 Besucher anziehen.<br />

Um Konzepte für eine Umnutzung<br />

des Spinnerei-Hochbaus zu entwickeln,

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