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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Inhalt<br />

Originalbeiträge<br />

JOHANN WOLFGANG KIRSCH - Beobachtungen über totgefahrene Wirbeltiere auf einem<br />

Straßenabschnitt bei Berkenbrück, LOS, 2005 - 9.<br />

Bericht.................................................... 2<br />

JOHANN WOLFGANG KIRSCH - Das Wasser ist<br />

knapp..................................................................... 4<br />

LUTZ ITTERMANN - Übersicht zu Fledermausnetzfängen an der Brauerei in Frankfurt (Oder). 5<br />

INGO RICHTER - Entwicklung des Fledermausbesatzes in Fledermauskastengebieten im<br />

Kreis Teltow-Fläming - 3.<br />

Bericht..................................................................................................... 6<br />

STEFAN BISCHOFF - Zur Situation des Feldhasen Lepus europaeus in<br />

Brandenburg.................... 8<br />

DIETRICH DOLCH - Exkursionsreise in die Mongolei im August / September<br />

2005................... 15<br />

DIETER KÖHLER - Beobachtungen von Feldhasen Lepus europaeus im bebauten Stadtgebiet<br />

von<br />

Berlin.................................................................................................................................. 17<br />

GABRIEL PELZ - Weitere Notizen zu Hausrattenfunden Rattus rattus (L. 1758) aus der<br />

Niederlausitz und aus dem<br />

Fläming....................................................................................... 20<br />

JÖRN HORN - Fledermausarten im und am Nationalpark „Unteres Odertal“............................ 26<br />

RONNY WOLF & LOUISE WAßERMANN - Über einige Kleinsäugerfunde aus dem Landkreis<br />

Rathenow nebst Bemerkungen zur Kraniometrie der Waldspitzmaus Sorex araneus......... 30<br />

Besondere Beobachtungen<br />

Fehlgeburt bei einer<br />

Wasserfledermaus........................................................................................ 33<br />

Erstnachweis der Mückenfledermaus P. pygmaeus im Nationalpark „Unteres<br />

Odertal“.......... 33<br />

Gibt es in Wulkow bei Booßen Weißbrustigel Erinaceus<br />

concolor?............................................ 34<br />

Hausrattenfund...........................................................................................................................<br />

... 34<br />

Schlafender Otter am Scharmützelsee,<br />

LOS................................................................................. 35<br />

Todfund eines Europäischen<br />

Bibers............................................................................................. 35<br />

Neue Literatur................................................................................................................................. 35<br />

Aus zweiter Hand...........................................................................................................................<br />

„Eine halbe Million Hasen in 36<br />

- 1 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Polen“............................................................................................<br />

Nutria-Kolonie in Süd-<br />

Brandenburg........................................................................................... 36<br />

Nochmals ein Goldschakal in<br />

Brandenburg................................................................................. 36<br />

Der interessante Wiederfund....................................................................................................... 37<br />

Leserzuschrift.................................................................................................................................. 37<br />

Aus einer anderen Welt<br />

„Guten Appetit“<br />

............................................................................................................................ 38<br />

„Autofahrer sind die größten Jäger“<br />

............................................................................................ 39<br />

Ankündigung - Fledermaus-/Kleinsäugerarbeitstagung in Menz, OHV.......................... 40<br />

Impressum......................................................................................................................................<br />

. 40<br />

- 2 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Originalbeiträge<br />

Beobachtungen über totgefahrene Wirbeltiere auf einem Straßenabschnitt bei<br />

Berkenbrück, LOS, 2005<br />

9. Bericht<br />

Johann Wolfgang Kirsch<br />

Auffällig war, dass die Funde bei Fröschen drastisch zurückgegangen sind. Im Dezember<br />

2005 waren wieder, wie auch schon 2004, viele Tümpel und Gräben im Hinterland ohne<br />

Wasser. So ist der Steinpfuhl, ein kleiner See bei Alt-Madlitz, wie 1993 ohne Wasser. Die<br />

Heiligen Pfühle bei Wilmersdorf und weitere sind seit vielen Jahren ohne Wasser.<br />

Am 16. und 17.3.2005 kam im Demnitzer Mühlenfließ stinkendes, schwarzes Wasser in<br />

den Dehmsee geflossen. Der Dehmsee hat heute grünes, trübes Wasser.<br />

Die 5 km meiner Beobachtungsstrecke fuhr ich jeden Tag ab, teilweise auch 2mal.<br />

Die Funde:<br />

Januar, 1.H.: 1 Waldmaus<br />

Februar, 1.H.: 1 Spitzmaus<br />

März, 2.H.: 1 Erdkröte<br />

April, 1.H.: 1 Buchfink<br />

2.H.: 2 Zauneidechsen, 2 Ringelnattern, ges. 4<br />

Mai, 1.H.: 2 Erdkröten, 1 Wechselkröte, 2 Ringelnattern,<br />

1 Zauneidechse, 1Feldsperling,<br />

2.H.: 4 Ringelnattern, 6 Blindschleichen, 3 Haussperlinge,<br />

ges. 7<br />

1 Zaunkönig, 1 Buchfink, 1 Spitzmaus, 1 Igel, ges. 17<br />

Juni, 1.H.: 2 Ringelnattern, 2 Blindschleichen, 1 Blaumeise, 1<br />

Schafstelze, 1 Buchfink, 1 Hauskatze,<br />

2.H.: 3 Erdkröten, 3 Ringelnattern, 9 Blindschleichen, 1 Amsel,<br />

ges. 8<br />

1 Zauneidechse, 1 Blaumeise, 1 Schafstelze, 1 Singdrossel, ges. 20<br />

Juli, 1.H.: 1 Erdkröte, 5 Blindschleichen, 1 Ringelnatter, 1 Kohlmeise,<br />

1 Waldmaus, 1 Spitzmaus,<br />

2.H.: 3 Ringelnattern, 9 Blindschleichen, 1 Kohlmeise,<br />

ges. 10<br />

1 Gartengrasmücke, 1 Spitzmaus, ges. 15<br />

August, 1.H.: 1 Erdkröte, 4 Blindschleichen, 1 Amsel, 1 Grauschnäpper,<br />

1 Buchfink, 1 Haussperling, 1 Waldmaus, 5 Spitzmäuse,<br />

2 Igel, 1 Rotfuchs,<br />

2.H.: 4 Erdkröten, 3 Ringelnattern, 4 Blindschleichen,<br />

1 Zauneidechse, 1 Rotkehlchen, 1 Spitzmaus, 1 Rotfuchs,<br />

ges. 18<br />

1 Reh (Kitz),<br />

September, 1.H.: 1 Erdkröte, 3 Blindschleichen, 1 Zaunkönig, 1 Buchfink,<br />

ges. 16<br />

2 Spitzmäuse, ges. 8<br />

2.H: 3 Erdkröten, 3 Ringelnattern, 1 Blindschleiche, 1 Spitzmaus, ges. 8<br />

Oktober, 1.H.: 3 Erdkröten, 3 Ringelnattern, 1 Blindschleiche, 1 Spitzmaus,<br />

1 Waldmaus,<br />

2.H.: 1 Igel,<br />

ges. 9<br />

- 3 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

November, 1.H.: 1 Gelbhalsmaus,<br />

zusammen 146 Wirbeltiere.<br />

Exemplare<br />

Exemplare<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

0<br />

5<br />

0<br />

Ja1<br />

1997<br />

Fe1<br />

Wirbeltiere als Verkehrsopfer 2005<br />

Ap1<br />

Entwicklungen bei 2<br />

Wirbeltierklassen<br />

1999<br />

Säuger<br />

Lurche<br />

2001<br />

Jahre<br />

2003<br />

Ma1<br />

2005<br />

Jn1<br />

- 4 -<br />

Jl1<br />

Monatshälften<br />

Exemplare<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Au1<br />

Se1<br />

Ok1<br />

No1<br />

Jahresvergleiche, gesamt<br />

1997<br />

1999<br />

2001<br />

Jahre<br />

2003<br />

2005


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Johann Wolfgang Kirsch, Roter Krug 7 b, 15518 Berkenbrück<br />

- 5 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Die verheerenden Fehler zum Wasserhaushalt des Landes entwickeln sich zu einem<br />

entscheidenden Faktor der Reduzierung der Artenvielfalt. J.W. Kirsch äußerte sich dazu<br />

im „Oderland-Kurier“ (Dezember 2005, gekürzt):<br />

Das Wasser ist knapp<br />

Meine Beobachtungen belegen, auch 1993 war der Steinpfuhl schon ohne Wasser. Das<br />

Wasser ist aus unserer Landschaft vielfach verschwunden. Jede Generation hat Wasser<br />

aus der Landschaft abgeleitet. Sollte uns dieser Zustand nicht zu denken geben?<br />

Im vorigen Jahr war der Hänschensee bei Steinhöfel vollkommen trocken. Die Liste der<br />

ausgetrockneten Pfuhle und Gräben könnte ich beliebig fortsetzen. Petershagen,<br />

Wilmersdorf, Hasenfelde, Demnitz und Alt Madlitz, überall sind die ausgetrockneten<br />

Tümpel zu sehen. Die Grundwassersituation hat sich in den letzten 30 Jahren grundlegend<br />

verschlechtert. Ich kenne gerade aus der Madlitzer Gegend eine Menge Gewässer, die<br />

früher keinen Wassermangel hatten. Das Übel muss an der Wurzel bekämpft werden.<br />

Unsere Gräben erhielten zum großen Teil ihr Wasser von der Lebuser Platte, also aus der<br />

Gegend um Heinersdorf, Petershagen, Georgenthal, und ich möchte die Reihe erweitern,<br />

aus Beerfelde und Trebus. Auch <strong>hier</strong> sind die Feldsölle vom Wasser befreit worden. Die<br />

Schlucker für die Drainagen sind viel zu tief angesetzt worden. Ein klassisches Beispiel ist<br />

der Tümpel hinter dem Getränkestützpunkt in Richtung Petersdorf. Hier war früher immer<br />

Wasser vorhanden. Seit der letzten Melioration Mitte der 80er Jahre ist er leer. Hier an<br />

den Schluckern muss der Hebel angesetzt werden. Die Schlucker zu den Drainageröhren<br />

müssen um 1,5 m höher angesetzt werden. Dann kann das Winterwasser in den Tümpeln<br />

verweilen und wird langsamer an die Landschaft abfließen.<br />

Anmerkung von A. Schmidt:<br />

Unser Verein, NABU-Kreisverband Beeskow, versuchte schon vor der Wende eine<br />

Milderung der Mängel im Wasserabflussmanagement der Spree durch die Verwaltungen<br />

zu erreichen, absolut ohne Erfolg.<br />

Wir schätzten das DDR-Erbe der Übermelioration um die Wende herum auf einen<br />

dreiviertel bis einen Meter.<br />

Neue Hoffnungen mit der Wende erfüllten sich schon gar nicht.<br />

Der Verwaltungsapparat war unüberblickbar geworden und setzte zum Missmanagement<br />

noch ein paar drauf, ABM für Boden- und Wasserverbände, maximaler Entzug von<br />

Wasser aus Fließgewässern für die hastige Flutung von Landschaftslöchern nach dem<br />

Braunkohleabbau. Einerseits entstehen hohe Wasserverluste durch diese riesigen<br />

Verdunstungsflächen und andererseits wird den unterhalb liegenden Landschaften, Spree-<br />

und Havellandschaften, weiteres Wasser für die Wiederauffüllung der Landschaftsfeuchte<br />

und Grundwasserreservoire vorenthalten. Kleingewässer trocknen massenhaft aus, Land-,<br />

Obst- und Forstwirtschaft werden beeinträchtigt.<br />

Die gefundene Formel für die Öffentlichkeit, die Ursachen des Wasserdefizits in<br />

Brandenburg der Verringerung der Niederschläge durch die allmächtige Klimaerwärmung<br />

zu erklären, sind eine reine Schutzbehauptung, denn es handelt sich im langjährigen Trend<br />

lediglich um ein paar Millimeter weniger (1961-1998, Natur u. Landschaft H3, 2003, 75).<br />

Einen durchaus verzichtbaren Beitrag an unnützer Verdunstung leisten zudem noch die<br />

Golfplätze des Landes, z.B. verbraucht der Golfplatz am Seddiner See bei Potsdam allein<br />

- 6 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

schon 60000 bis 100000 Kubikmeter Wasser pro Jahr (rbb am 19.4.2004), das ist so viel<br />

wie der Jahresverbrauch von 6000 bis 8000 Brandenburgern, bzw. der Einwohner der<br />

Stadt Beeskow ...<br />

- 7 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Übersicht zu Fledermausnetzfängen an der Brauerei in Frankfurt (Oder)<br />

Vortrag auf der Arbeitstagung zum Fledermaus- und Kleinsäugerschutz<br />

am 19.11.2005 in Neuruppin<br />

Die mehrjährigen Aktionen fanden seit Oktober 1999 statt und wurden bis Oktober 2004<br />

zusammengestellt. Die Beringergemeinschaft, J. Haensel, L. Ittermann & R. Wendorf,<br />

wurde vor Ort von Mitgliedern des BUND Frankfurt/O. unterstützt.<br />

Es liegen folgende Ergebnisse vor:<br />

Der Höhepunkt des Schwärmens bei den dominanten Arten lag durchschnittlich zwischen<br />

Ende August bis Ende September. Die auffällige Zunahme bis Ende Oktober bei der<br />

Fransenfledermaus rührte von einem einmaligen Massenaufenthalt am 20.10.2004 her<br />

(n=124 Ex.). Bis dahin klang auch bei dieser Art die Schwärmphase nach Mitte Oktober<br />

aus.<br />

Von beringten Tieren wurden bei der Fransenfledermaus 14 %, bei der Wasserfledermaus<br />

23 % und beim Mausohr 57 % wiedergefunden. Überflüge von Mausohren zu<br />

Winterquartieren in Güldendorf, Markendorf und Brieskow-Finkenheerd und zu<br />

Paarungsgebieten im Raum Beeskow wurden bekannt. Die weitesten Überflüge reichten<br />

über 140 km und 135 km bis nach Polen.<br />

In der Diskussion setzte G. Heise das spätsommerliche und herbstliche Schwärmen vor<br />

den Winterquartieren und die aus Wäldern schon bekannte aktiven Quartiersuche und<br />

- 8 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Quartierbestätigung der Fledermäuse gleich. Dieses Verhalten ist ein allgemeines<br />

Phänomen dieser Tiergruppe.<br />

L. Ittermann, Dorfstr. 28 a, 15518 Neuendorf im Sande<br />

Entwicklung des Fledermausbesatzes in Fledermauskastengebieten<br />

im Kreis Teltow-Fläming<br />

3. Bericht<br />

Ingo Richter<br />

Auf 11 Quadranten von 5 MTB werden seit Anfang der 90er Jahre 26<br />

Fledermauskastengebiete unterhalten. Die ersten beiden Reviere wurden 1990 gegründet.<br />

Der Fledermauskastenbestand hatte 1996 346 Stück erreicht und umfasste im<br />

Durchschnitt der letzten 5 Jahren (2001-05) 374 Stück. Pro Revier konnten 0 bis 201<br />

Fledermäuse (12 bis 159 FKä) am Kontrolltag (z.B. 2005 vom 12. bis 15. Juli)<br />

nachgewiesen werden. Der Fledermauskastenbesatz für alle Höhlen schwankte zwischen<br />

195 und 418 (s. Diagr.).<br />

Am zahlreichsten waren Abendsegler, Braunes Langohr und Fransenfledermaus vertreten<br />

(s. Tab.) von insgesamt 11 nachgewiesenen Arten.<br />

Arthäufigkeiten in allen FKä, 1999-2005<br />

Arten Min. Max. x<br />

Rauhhautfledermaus 6 35 16,7<br />

Zwergfledermaus, ab 2004 1 2<br />

- 9 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Abendsegler 18 196 99,6<br />

Kleiner Abendsegler 0 15 2,4<br />

Braunes Langohr 54 139 93,4<br />

Wasserfledermaus 1 x 26<br />

Fransenfledermaus 30 138 61,4<br />

Große Bartfledermaus 0 9 2,4<br />

Kleine Bartfledermaus 1 x 1<br />

Breitflügelfledermaus 0 1 0,4<br />

Mopsfledermaus 0 32 8,0<br />

Der Kleine Abendsegler erschien erstmalig 2003 in 1 Ex., die Breitflügelfledermaus 3 x in<br />

je 1 Ex.. Mit 11 Tieren (1999), 32 (2004) und 13 (2005) war die Mopsfledermaus<br />

anwesend.<br />

Eine Trennung zwischen Zwerg- und Mückenfledermaus erfolgte ab 2004.<br />

Entwicklungen zum Gesamtbesatz und zu den häufigsten Arten bringen die Diagramme.<br />

- 10 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Ingo Richter, Eichenallee 16, 14947 Holbeck<br />

- 11 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Zur Situation des Feldhasen Lepus europaeus in Brandenburg<br />

Stefan Bischoff<br />

Der Rückgang des Feldhasen Lepus europaeus schreitet unaufhaltsam voran. Jägern und<br />

Naturschützer sind um das Fortbestehen dieser Tierart im Lande besorgt.<br />

Seitenlange Artikel diskutieren das für und wider einer Aufnahme in die Rote Liste.<br />

Während einige die Roten Listen „zum selbstverständlichen Arbeitszeug des<br />

Naturschutzes (ANONYMUS 1995)“ zählen, ziehen andere den Sinn dieser Tabellen in<br />

Zweifel. „Die Bilanzen der Roten Listen ... sind ein Spiegel der Veränderungen in der<br />

Nutzung unseres Landes. Von den Nutzungen hängt das Schicksal der Artenvielfalt ab,<br />

nicht von den Artenschutzgesetzen (REICHHOLF 2005).“<br />

Aus Jagdkreisen wird gegen eine Aufnahme in die Rote Liste plädiert, weil bereits „die<br />

Jäger auf den örtlich vorhandenen Rückgang der Hasenbesätze sofort angemessen reagiert<br />

haben (ANONYMUS 1997)“. Dass diese Reaktion in keinem Fall ausreichend war, ist an<br />

den aktuellen niedrigen Besatzzahlen zu erkennen.<br />

Ein Platz auf der Roten Liste erhöht für die Jägerschaft die „Gefahr“, dass ehemals<br />

jagdbare Tierarten dem Naturschutzrecht unterstellt werden. Dass dieser Schritt<br />

keineswegs unumkehrbar ist, wurde von Jägern und Naturschützern bisher kaum<br />

thematisiert. Warum sollten Arten, welche wegen Bestandsgefährdungen aus der Liste<br />

jagdbarer Arten gestrichen wurden, nach Bestandserholung nicht wieder bejagt werden?<br />

Der Streit um einen Platz auf der Roten Liste hilft der Feldhasenpopulation nicht weiter.<br />

Im Idealfall verbünden sich Jäger und Naturschützer und versuchen gemeinsam gegen die<br />

Rückgangsursachen, welche nach einigen Anmerkungen zur aktuellen Populationsgröße<br />

diskutiert werden, anzukämpfen.<br />

Derzeitige Populationsgröße des Feldhasen in Brandenburg<br />

Hochrechnungen von AHRENS & GORETZKI (2001) sagen aus, dass in Brandenburg etwa<br />

90000 Hasen leben. Zu Grunde lagen Scheinwerferzählungen im Offenland und<br />

Schätzungen für Waldflächen. Die Hasen leben auf einer Fläche von insgesamt 2,37<br />

Millionen Hektar. Diese setzen sich aus 1,37 Millionen Hektar Offenland und 1 Million<br />

Hektar Wald zusammen. Bei einem ermittelten Offenlandbesatz von 5,5 Hasen / 100<br />

Hektar (75350 „Offenlandhasen“) und einem geschätzten Waldbesatz von 1,75 Hasen /<br />

100 Hektar (17500 „Waldhasen“) ergibt sich ein durchschnittlicher Hasenbesatz von 4<br />

Stück / 100 Hektar (nach Angaben von AHRENS & GORETZKI 2001).<br />

Diese Zahlen müssen aufgrund von verschiedenen Beobachtungen aus unterschiedlichen<br />

Regionen Brandenburgs in Frage gestellt werden. Über zwei Jahre war der Verfasser<br />

Inhaber eines Begehungsscheins im Landesforst und hat ein knapp 100 Hektar großes<br />

Revier bejagt. Beobachtungen durch intensive Ansitztätigkeit und Abspüren in Boden und<br />

Schnee ergaben einen durchschnittlichen Hasenbesatz von 1 Hasen / 100 Hektar. Es<br />

handelte sich um ein reines Kieferngebiet auf ärmsten Sandböden. Seit 2005 wird ein etwa<br />

1000 Hektar großes Wald-Feld-Revier betreut. Der Frühjahrsbesatz kann auf der Fläche<br />

mit allerhöchstens 10 Exemplaren angegeben werden, 1 Hase / 100 Hektar. Ein Großteil<br />

der Flächen wird ökologisch („Biolandbau“) bewirtschaftet, im Wald (vorrangig<br />

Privatbesitz) fand überdurchschnittlich viel Waldumbau statt.<br />

- 12 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

SCHMIDT (2005) zählte 1998 in der Oderaue nördlich Ratzdorf auf 12,8 km² vier<br />

Feldhasen. In diesem für Feldhasen günstigen Biotop liegt der Frühjahrsbesatz bei<br />

lediglich 0,31 Hasen / 100 Hektar.<br />

Die drei Beispiele zeigen, dass in keinem der Gebiete die Zahlen von AHRENS &<br />

GORETZKI (2001) bestätigt werden konnten. Maximal 1 Hase / 100 Hektar konnte sowohl<br />

in reinen Wald-, als auch in gemischten Wald-Feldrevieren ermittelt werden. Im<br />

Offenland, in einem für Feldhasen typischerweise idealen Gebiet, lag der Frühjahrsbesatz<br />

bei nur 0,31 Tieren / 100 Hektar.<br />

Geht man von einem durchschnittlichen Hasenbestand von 1 Exemplar / 100 Hektar aus,<br />

ergeben sich für Brandenburg 23700 Tiere. Die Angaben von AHRENS & GORETZKI<br />

(2001) sind deutlich überhöht, mit den eben gemachten Aussagen um das Drei- bis<br />

Vierfache. Schmidt (2001 a) geht sogar davon aus, dass die Zahlen von AHRENS &<br />

GORETZKI (2001) „ um das Fünf- bis Zehnfache im Vergleich zur Wirklichkeit überhöht“<br />

sind.<br />

Ein einfaches Rechenbeispiel [leicht verändert nach Schmidt (2001 a)] zeigt die<br />

Absurdität der Zahlen von AHRENS & GORETZKI (2001). Bei einem Weibchenanteil von<br />

etwa 50 % brächten 45000 Weibchen nach ZÖRNER (1989) je acht Juvenile / Jahr hervor,<br />

also 360000 Jungtiere. Bei einem Verlust von 75 % (ZÖRNER 1989) blieben bei<br />

stagnierenden Beständen 90000 Hasen für weitere Verlustursachen. Selbst wenn 25000<br />

Tiere durch den Straßenverkehr getötet würden, blieben noch 65000 Tiere für die<br />

jagdliche Nutzung, ohne dass die Population kleiner wird. Im Jagdjahr der Zählung kamen<br />

jedoch nur 3666 Tiere zu Tode, 4 % davon durch Abschuss. Hieraus „geht ebenfalls<br />

hervor, wie astronomisch hochgerechnet ein Bestand von 90000 Ex. ist (SCHMIDT<br />

2001a).“<br />

Selbst wenn man von 30000 getöteten Feldhasen (Fallwild, Verkehrstote, Jagdbeute) und<br />

stagnierenden Besätzen ausgeht, dann gelangt man in einer Rückrechnung zu 120000<br />

Jungtieren, also 15000 Häsinnen. Damit ergibt sich rein rechnerisch ein Besatz von 30000<br />

Feldhasen.<br />

Diese Zahl kommt dem Wert bei einer Besatzdichte von 1 Exemplar / 100 Hektar (23700<br />

Tiere) bemerkenswert nahe.<br />

Doch wie kommen die Zahlen von AHRENS & GORETZKI (2001) zustande? Ergebnisse von<br />

Zählungen entlang von hasenfreundlichen Strukturresten in der Landschaft werden auf die<br />

vorwiegend hasenfreie Gesamtfläche hochgerechnet. Leider scheint die Jägerschaft nicht<br />

in der Lage zu sein exakte Bestände zu ermitteln. Bei Zählungen der Wiesenweihe durch<br />

Jäger und Landwirte waren die ermittelten Werte nicht brauchbar, obwohl die Zahl der<br />

Brutpaare nur im Bereich zwischen 8 und 30 lag (Busche 2000). BOYE begrüßt die<br />

Hasenzählungen durch die Jägerschaft, obwohl ihm klar ist, dass „es ihr natürlich darum<br />

geht, uns [dem Bundesamt für Naturschutz] nachzuweisen, dass der Hase zu Unrecht auf<br />

der [Roten] Liste steht.“ Diese Motivation lässt befürchten, dass die Jäger zählen werden,<br />

was sie zählen wollen (OLFEN 2002).“ Auch kommt es zu einer Überschätzung von<br />

Hasenbesätzen, „wenn sich [an der Scheinwerferzählung] tendenziell eher Inhaber von<br />

hasenreichen Revieren beteiligen als solche von extrem hasenarmen Revieren (ebd.).“<br />

Und dieses Phänomen tritt mit Sicherheit auf. Revierinhaber, welche seit Jahren einen<br />

niedrigen Hasenbesatz aufweisen und folglich eine geringe / keine Hasenstrecke gemacht<br />

- 13 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

haben, sind weniger an einer Beteiligung interessiert als jene, welche noch regelmäßig<br />

Jagden durchführen und dadurch vielleicht sogar finanzielle Einkünfte haben. Um einen<br />

Verlust letzterer zu verhindern, wird auch eine Beteiligung an Zählaktionen in Kauf<br />

genommen.<br />

Ursachen für den Rückgang der Feldhasen<br />

In Schweitzer Beobachtungsgebieten ermittelte man als den wesentlichen Faktor die<br />

Größe eines hasengünstigen Gebietes. „Mit zunehmender Fläche eines<br />

zusammenhängenden Hasengebietes wächst der Bestand überproportional (ANONYMUS<br />

2002).“ Die Erklärung geht auf das Fortpflanzungsverhalten der Tiere zurück: Je größer<br />

diese Gebiete sind, um so größer ist die Anzahl der Tiere, welche sich zur Paarungszeit in<br />

sogenannten Rammelgruppen zusammenfinden. „Je zahlreicher die Teilnehmer, desto<br />

mehr Stimmung kommt an der Massenhochzeit der Hasen auf, was sich in einer höheren<br />

Fortpflanzungsrate niederschlägt (ebd.).“<br />

Neben der Größe eines hasengünstigen Biotops werden auch dessen Eigenschaften<br />

umrissen: trockene Böden, Vielfalt an landwirtschaftlichen Kulturen und ein hohes<br />

Heckenvorkommen (ebd.). Dass trockene Böden ein überaus günstiger Faktor für den<br />

Feldhasen darstellen, ist auch aus AHRENS & GORETZKI (2001) zu entnehmen. Es wurden<br />

in Bergbaufolgelandschaften Hasenbesätze mit etwa 20 Tieren / 100 Hektar gezählt. Auch<br />

aus BISCHOFF (2005) geht Sandboden als wichtiges Requisit für das Komfortverhalten der<br />

Feldhasen hervor.<br />

Die Vielfalt an landwirtschaftliche Kulturen und ein hohes Heckenvorkommen können<br />

zusammenfassend als ein hoher Grenzlinienanteil beschrieben werden. Hierzu werden<br />

weiterhin Feldgehölze, Wegraine, Gewässerufer und Böschungen gezählt. All diese<br />

Elemente bilden die Strukturvielfalt unserer Landschaft und dienen dem Hasen als<br />

Unterschlupf und Nahrungsflächen. Besonders seit dem Beginn der Intensivlandwirtschaft<br />

(Monokulturen, große Schläge, hohe Düngergaben, schwere Maschinen) Anfang der<br />

1960er Jahre spielt die Funktion als Nahrungsquelle eine überaus wichtige Rolle. Mehrere<br />

100 Hektar große Schläge bieten dem Feldhasen nicht die genügende Nahrungsvielfalt.<br />

Der Hase ernährt sich natürlicherweise von einer abwechslungsreichen Palette an<br />

Wildkräutern („Hasenapotheke“). ZÖRNER (1989) charakterisiert den Feldhasen als<br />

„Mischäser (Intermediärtyp)“, wobei Grünäsung den Hauptbestandteil einnimmt. Dies<br />

sind in Schleswig – Holstein 77, in der ehemaligen CSSR 111 Pflanzenarten (ebd.). In der<br />

Monokultur aus Mais, Roggen oder Raps stehen dem Hasen meist nur wenige<br />

Futterpflanzenarten zur Verfügung. Hinzu kommt, dass „sich die Häufigkeiten der<br />

Pflanzen und die Zusammensetzung ihrer Artenspektren in wenigen Jahrzehnten stark<br />

verschoben haben. Rund zwei Drittel bis drei Viertel der Landpflanzen nahmen ab und<br />

wurden selten bis sehr selten (REICHHOLF 2005)“. Die Nahrungspflanzen des Hasen<br />

blieben vor diesem Trend nicht verschont. Diese haben zusätzlich einen so hohen<br />

Nitratgehalt, dass dieser bei den Tieren zu Verdauungsproblemen und Nierenversagen<br />

führen kann (MOERL 1998). Das Vernichten von geeigneten Futterpflanzen wird durch<br />

übermäßigen Pestizideinsatz perfektioniert. Fortpflanzungsstörungen, auch bei<br />

Säugetieren, können nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Durch die<br />

Richtungswende in der Agrarpolitik wird der Anbau genmanipulierter Feldfrüchte<br />

verstärkt (Hausding 2005). Die dadurch mögliche Reduzierung des Pestizideinsatzes,<br />

- 14 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

welche zweifelsfrei zu einer Erholung der Hasenbesätze führen würde, führt aber leider zu<br />

einer dramatischeren Situation: Genmanipulierte Pflanzen können Lebewesen direkt<br />

schädigen. Während der negative Einfluss von Bt-Mais auf Insekten, unter anderem auf<br />

viele Schmetterlingsarten (erhöhtes Sterberisiko der Larven, geringeres Gewicht,<br />

reduzierte Fruchtbarkeit), in Kauf genommen wird (BÖRNECKE 2005), werden<br />

Schädigungen von Wirbeltieren kaum erwähnt. Es ist bekannt, dass die Sporen von<br />

Bacillus thuringiensis bei Mäusen zu inneren Blutungen führen (ANONYMUS 1999). Wenn<br />

Mäuse schon jetzt betroffen sind, werden negative Folgen für den Feldhasen nicht<br />

ausbleiben, auch weil „das Bt-Gift in der Nahrungskette weitergereicht (BÖRNECKE<br />

2005)“ wird. Der Anbau von transgenen Pflanzen mit Herbizidresistenz führt zur<br />

Vernichtung aller Begleitpflanzen.<br />

Außer dem einseitigen Nahrungsangebot und den Belastungen der Nahrung muss auch der<br />

Nahrungsmangel als wichtiger Stressor der Tiere erkannt werden. Nahrungsmangelstress<br />

tritt dann auf, wenn die riesigen Felder abgeerntet und sofort umgebrochen werden<br />

(ZÖRNER 1989; 294).<br />

Die Landwirtschaft trägt aufgrund des aufgezeigten Faktorengefüges die Hauptschuld am<br />

Rückgang der Feldhasen. Auch ZÖRNER (1989) schreibt „der Industrialisierung der<br />

Landwirtschaft [schon 1989!] die Schlüsselfunktion für den Rückgang“ zu.<br />

REICHHOLF (2005, 33) stellt fest, dass Gesetze und Verordnungen zum Artenschutz nicht<br />

wirken konnten, weil die Landwirtschaft davon ausgenommen war. Demnach ist<br />

ordnungsgemäße Landwirtschaft keine Eingriff in den Naturhaushalt. Für den<br />

Artenschwund ist sie der Hauptverantwortliche (ebd.).“ REICHHOLF (2005; 147) führt das<br />

Abnehmen der Artenvielfalt in unserer Kulturlandschaft zu über 90 % auf das<br />

„Zusammenwirken von Strukturverlust und Überdüngung“ zurück.<br />

Neben der Intensivierung der Landwirtschaft kam es zu einem verstärkten Ausbau der<br />

Verkehrswege. Der zunehmende Straßenverkehr entwickelte sich zu einem effektiven<br />

Eliminierungsfaktor für die Feldhasen. Unter anderem angelockt vom vielfältigen<br />

Angebot an Futterpflanzen an den Straßenrändern werden jährlich Tausende Tiere<br />

überfahren. Nach Schätzungen von SCHMIDT (2001a) wären Verluste bei einer Population<br />

von 90000 Feldhasen unter dem derzeitigen Verkehrsaufkommen im Bereich zwischen<br />

20000 und 30000 Exemplaren zu erwarten. Wenn man bei einem aktuellen<br />

Feldhasenbestand von 25000 Exemplaren ausgeht, von denen jährlich etwa 3000 Tiere<br />

durch den Straßenverkehr getötet werden (12 %), ergeben sich bei einem Bestand von<br />

90000 Exemplaren mindestens 10000 Tiere. Diese Zahlen beziehen sich ausschließlich<br />

auf die gefundenen Verkehrsopfer. Geht man davon aus, dass lediglich 50 % der Tiere<br />

gefunden werden, ist die Erwartung von Schmidt durchaus realistisch. Die Verluste<br />

erscheinen enorm. Brandenburg besitzt ein Straßennetz mit 12534 km Straßen des<br />

überörtlichen Verkehrs, 790 km davon Bundesautobahnen (Statistik online 2006).<br />

Außer der Lebensraumgröße und dessen Requisiten beeinflussen auch klimatische<br />

Faktoren die Populationsentwicklung des Feldhasen. Aus KALCHREUTER (2003) geht<br />

hervor, „dass in Jahren mit milden Wintern, warmen Frühjahren und trockenen Sommern<br />

gute Hasenstrecken erzielt wurden (S. 64)“. Diese Erscheinung wird durch die<br />

Unterbrechung des Entwicklungszyklus der Krankheit Kokzidiose erklärt. Da mit dem<br />

Fortschreiten der Klimaerwärmung für Brandenburg nachlassende Frühjahrsniederschläge<br />

- 15 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

prognostiziert sind, dürfte es dem Hasen in Zukunft besser gehen. Dass wir uns in einer<br />

Phase der Klimaerwärmung befinden, ist heute nicht mehr umstritten. Der<br />

Temperaturanstieg in Brandenburg ist in Abbildung 1 dargestellt, die Tendenz ist deutlich<br />

zu erkennen.<br />

Aber die Schlussfolgerung, dass bei steigenden Temperaturen in Brandenburg wieder<br />

mehr Hasen leben können, ist zu trivial. REICHHOLF (2005) macht darauf aufmerksam,<br />

dass trotz Klimaerwärmung viele wärmeliebende Arten verschwinden beziehungsweise<br />

schon verschwunden sind. Dieses Phänomen wird darauf zurück geführt, dass durch die<br />

Eutrop<strong>hier</strong>ung unserer Kulturlandschaft die Pflanzendecke im Frühjahr viel schneller<br />

zuwächst als üblich. „Das bodennahe Kleinklima wird dadurch von trocken und warm auf<br />

kühl und feucht verändert (ebd.)“. Steppenarten, zu denen auch der Feldhase gehört,<br />

verschwinden.<br />

Besonders aus Sicht der Jäger spielt der Beutegreiferdruck bei Populationsschwankungen<br />

des Niederwildes, also auch beim Feldhasen, eine wesentliche Rolle. „Vom Haarraubwild<br />

kommt dem Fuchs die entscheidende Bedeutung zu (AHRENS & GORETZKI 2001).“ Die<br />

abnehmenden Hasenbesätze wurden durch steigende Fuchspopulationen, begünstigt durch<br />

Tollwutimmunisierung und nachlassende Bejagung, erklärt. Doch wie gehen die<br />

stagnierenden Besätze, welche sogar eine leicht steigende Tendenz (TIRMIZI 2005)<br />

aufweisen, mit den hohen Fuchsdichten einher? Auch die Strecken von Marderhund und<br />

Waschbär erreichen immer neue Maxima. Sie werden neben dem Fuchs verantwortlich für<br />

den Rückgang des Feldhasen gemacht. Weiterhin führen AHRENS & GORETZki (2001)<br />

Wildschwein und Rabenvögel als weitere „Mosaiksteine im breiten Beutegreiferspektrum<br />

(ebd.)“ auf. Mit den hohen Populationsdichten der genannten Arten „nimmt der<br />

Beutegreiferdruck auf den Feldhasen weiter zu (ebd.)!“ REICHHOLF (2005) berichtet über<br />

ein 700 Hektar großes Revier, in welchem ein Totalabschuss aller Beutegreifer stattfand.<br />

Ergebnis: „Zu einer Steigerung der Bestände kam es dennoch nicht“. Die Erklärung für<br />

den überhaupt noch existierenden Feldhasen bei solch enorm hohem Beutegreiferdruck<br />

geben AHRENS & GORETZKI (2001) selbst: „Die Populationsdichte des Fuchses [dies gilt<br />

auch für die anderen] ist nicht vom Hasen, sondern von der gesamten für ihn verfügbaren<br />

Biomasse abhängig.“ Aus der Ökologie ist bekannt, dass ein Prädator bei abnehmender<br />

Populationsdichte einer Beutetierart auf andere Nahrungsquellen ausweicht (CAMPELL &<br />

REECE 2003). Als Beispiel beschreiben BEGON et. al. (1998) für den bekannten<br />

Schneeschuhhasen Lepus americanus – Luchs Lynx canadensis – Zyklus, dass „die<br />

Räuber bei hohem Räuber – Hasen – Quotienten viele Kragenhühner [Bonasa umbellus],<br />

bei niedrigem dagegen nur wenige“ fressen. Dieser Regel sollte auch die Jägerschaft<br />

folgen und statt Hasen- lieber Wildschweinbraten favorisieren.<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Abbildung 1: Entwicklung der Jahrzehntdurchschnitte (gleitend) der Abweichungssumme<br />

der monatlichen Temperaturdurchschnitte [original Schmidt 2005]<br />

Bei niedrigen Besätzen muss jedes Tier erhalten bleiben, um am Populationsaufbau<br />

beitragen zu können. Eine nicht bestandsgefährdende Jagd auf den Feldhasen war noch<br />

bis Anfang der 1960er Jahre möglich. In einem nicht überdurchschnittlich<br />

hasenfreundlichen Revier (500 ha) Ostbrandenburgs konnten bis dato an einem Jagdtag<br />

bis zu 10 Tiere erlegt werden, der Großteil davon auf einer 40 ha großen Ackerfläche<br />

(ROGGAN 2006; mdl. als Zeitzeuge).<br />

Die zur Besatzerhöhung aus Jägerkreisen immer wieder favorisierten<br />

Aussetzungsaktionen müssen als negativ beurteilt werden. Aussetzungsaktionen hatten in<br />

der Vergangenheit Dimensionen von mehreren Hundert Hasen in der Ziltendorfer<br />

Niederung nach Auslöschung der Population durch das Oderhochwasser 1997 (BUDER<br />

1998) bis 200000 Tieren pro Jahr in Frankreich (MOERL 1998). Entscheidend für einen<br />

Aussetzungserfolg ist nicht die Anzahl der ausgesetzten Tiere, sondern „die ökologischen<br />

Bedingungen, die Möglichkeit der Realisierung der artspezifischen Nische und die<br />

Giftfreiheit der Nahrungskette (SCHMIDT 2001b).“ Es ist zu befürchten, dass im Fall der<br />

Ziltendorfer Niederung eine fehlende Nahrungsgrundlage, „die Akkumulation von<br />

Bioziden oder der hohe Nitratgehalt der Futterpflanzen durch Siechtum,<br />

Fortpflanzungshemmung und Tod der Tiere jeden Aussetzungserfolg verhindern<br />

(SCHMIDT 2001b).“<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Die einzige Aussicht auf Erfolg ist durch Anlage von Hecken und Ackerrandstreifen in<br />

der ganzen Landschaft gegeben.<br />

Die Rückgangsursachen für den Feldhasen sind wenige und ihre Verminderung erfordert<br />

die Anstrengung vieler Parteien und politische Vorgaben. Jäger, Naturschützer und<br />

Landwirte müssen zusammenarbeiten, wenn dem Hasen geholfen werden soll. Jedoch<br />

muss zunächst von allen Seiten akzeptiert werden, dass es heute schlecht um unseren<br />

Feldhasen steht. Und gerade <strong>hier</strong> sollte der Naturschutz eine Vorreiterstellung einnehmen.<br />

Blauäugige Aussagen, wie die vom NABU LV Baden-Württemberg (1999), helfen weder<br />

den Tieren noch denjenigen, welche um ihren Schutz bemüht sind, weiter: „Der Feldhase<br />

wird in unseren Breiten sicher nicht aussterben.“ Auch die Schutzwürdigkeit darf nicht<br />

wie folgt in Frage gestellt werden, auch wenn dies durch die Unsachlichkeit der<br />

Argumente harmlos erscheint: „Sich die Hasenbesätze der historischen Kulturlandschaft<br />

zu Anfang dieses Jahrhunderts als Leitbild zu nehmen, ist für Jäger und Naturschützer<br />

sicherlich der falsche Weg. Diese historischen Zustände sind ein für allemal vorbei. Oder<br />

sind wir bereit, selbst wieder die Hacke zu schultern, um den schmale Krautacker am<br />

Ortsrand zu bestellen?“ (NABU LV Baden-Württemberg 1999)<br />

Vielleicht sind einige Artenschützer sogar bereit diese ins Lächerliche gezogene Tätigkeit<br />

zur Erhaltung der heimischen Flora und Fauna zu realisieren. Jedoch fehlt ihnen die<br />

notwendige Fläche, weil am Ortsrand Gewerbegebiete mit überdimensionierten<br />

Parkplätzen entstanden sind und der Traktorist aufpassen muss, dass er mit dem<br />

Pflugschar nicht den Asphalt der an das Feld grenzenden Straße beschädigt!<br />

Literatur<br />

AHRENS, M. & J. GORETZKI (2001): Langohr leicht im Plus. In: Unsere Jagd 1/2001. Seite<br />

32-35<br />

ANONYMUS (1995): Naturschützer streiten um Rote Liste. In: Wild und Hund 10/1995.<br />

Seite 18<br />

ANONYMUS (1997): Der Hase ist nicht bedroht. In: Wild und Hund 9/1997. Seite 25<br />

ANONYMUS (1999): Gefährliche Bakterie. In: Illustrierte Wissenschaft. Nr. 9. 09/1999<br />

ANONYMUS (2002): Bald wieder mehr Hasen? In: Umwelt 3/2002. Seiten 54 f.<br />

BEGON, M.E., HARPER, J.L & C.R. TOWNSEND (1998): Ökologie. Spektrum Akademischer<br />

Verlag. Heidelberg, Berlin. Seiten 255 f.<br />

BISCHOFF, S. (2005): Sandbad des Feldhasen Lepus europaeus. In: Mitt. LFA Säugetierkd.<br />

Brandenburg-Berlin 13 (2); Seite 15<br />

BÖRNECKE, S. (2005): Genmais gefährdet Schmetterlinge. In: Naturschutz heute. 4/2005<br />

Seiten 12 f.<br />

BUDER, R. (1998): Polnische Mümmelmänner? In: Märkische Oderzeitung vom<br />

30.04.1998<br />

BUSCHE, G. (2000): Kommentar zum Monitoring und Artenhilfsprogramm Wiesenweihe<br />

Circus pygargus in Schleswig-Holstein 1995-99. In: Die Vogelwelt 121. H 1.<br />

Seiten 45-48<br />

- 18 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

CAMPELL, N.A. & J.B. REECE (2003): Biologie. Spektrum Akademischer Verlag.<br />

Heidelberg, Berlin. 6. Auflage. Seiten 1393 f.<br />

EWERT, W. (2005): Chancen für Heimkehrer? In: Naturmagazin. 13 (4). Seiten 4-9<br />

HAUSDING, M. (2005): Bauern loben Seehofer. In: Märkische Oderzeitung vom<br />

30.12.2005<br />

KALCHREUTER, H. (2003): Die Sache mit der Jagd – Perspektiven für die Zukunft des<br />

Waidwerks. 5. Auflage. Franckh – Kosmos – Verlag. Stuttgart. Seiten 63 ff., 131<br />

ff., 475 ff., 509-527<br />

MOERL, K.D. (1998): Der Hase stirbt den Managertod. In: Märkische Oderzeitung vom<br />

11.04.1998<br />

NABU LV Baden-Württemberg [Hrsg. (1999)]. Jagd als naturnahe Landnutzung – Wege<br />

zu einer zeitgemäßen Jagdpraxis. Seiten 35 ff.<br />

OLFEN, I. (2002): Halali zur Hasenzählung. In: Greenpeace Magazin 2/2002. Seiten 36 f.<br />

REICHHOLF, J. H. (2005): Die Zukunft der Arten – Neue ökologische Überraschungen.<br />

Beck Verlag. München. 237 Seiten<br />

SCHMIDT, A. (2001 a): Der Feldhase – Säugetier des Jahres 2001. Stellungnahme und<br />

Handlungsvorschlag an NABU-Bundesvorstand und Landesvorstand Brandenburg<br />

vom 19.04.2001<br />

SCHMIDT, A. (2001 b): Über die praktische Größe von Aussetzungsgruppen zur<br />

Wiederansiedlung. In: Mitt. LFA Säugetierkd. Brandenburg-Berlin 9 (1); Seiten 9-<br />

19<br />

SCHMIDT, A. (2005): Neuankömmlinge in der heimischen Tierwelt. Naturschutz nebenbei<br />

Nummer 2. NABU KV Beeskow. Seiten 43 f.<br />

Statistik online: Online-Angebot des Statistischen Bundesamtes. www.destatis.de;<br />

www.statistik-portal.de vom 12.01.2006<br />

TIRMIZI, M. (2005): Brandenburgs Feldhasen geht es wieder besser. In: Märkische<br />

Oderzeitung vom 22.03.2005<br />

ZÖRNER, H. (1989): Feldhase Lepus europaeus (Pallas). In: Stubbe, H. (1989). Buch der<br />

Hege – Band 1 Haarwild. Deutsch Verlag Thun – Frankfurt/Main. Seiten 286 –<br />

321<br />

Stefan Bischoff, Karras 6, 15848 Friedland<br />

- 19 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Exkursionsreise in die Mongolei im August / September 2005<br />

Dietrich Dolch<br />

Im vergangenen Jahr organisierte der LFA Säugetierschutz bereits zum zweiten Mal in<br />

Zusammenarbeit mit unserem mongolischen Kollegen Batsaikhan von der Mongolischen<br />

Staatsuniversität Ulaan Baatar eine säugetierkundliche Exkursionsreise in die Mongolei.<br />

Teilnehmer waren sieben Deutsche und vier Mongolen (Abb.)<br />

Die Route über etwa 2700 km<br />

führte weit in den Süden des<br />

Landes bis nahe an die<br />

chinesische Grenze. Die Reisedauer<br />

betrug diesmal vier<br />

Wochen. Die unendliche Weite<br />

der Steppen, Halbwüsten und<br />

Wüsten, die bizarren Felsformationen<br />

und unüberschau-baren<br />

Blockhalden des Gobi-Altai, die<br />

riesigen Salzseen im abflusslosen<br />

zentral-asiatischen Becken und<br />

die malerischen Flussauen von<br />

Orchon und Tula werden allen<br />

Teilnehmern in Erinnerung<br />

bleiben. Die Gast-freundschaft der Nomaden und die Einblicke in ihre Lebenskultur, die<br />

über Jahrhunderte optimal an das Nomadendasein angepasst wurde, sind für<br />

zivilisationsgeschädigte Europäer aufschlussreich. Unter welch schwierigen<br />

Rahmenbedingungen diese Menschen mit einfachsten materiellen Gütern das tägliche<br />

Leben ohne Hektik meistern, ist bewundernswert. Solche „Rest“fähigkeiten waren sicher<br />

auch ausschlaggebend dafür, dass die dem Nomadenleben schon weit entfernten<br />

„Stadtmongolen“ unserer Unternehmung den internen Kochwettbewerb der Expetition<br />

souverän für sich entschieden<br />

Auch bei dieser Reise standen wieder Untersuchungen zur Fledermausfauna, zum<br />

Vorkommen der einzelnen Arten und zu deren Einnischung im Vordergrund unseres<br />

Interesses. So wurde bei jeder sich passenden Gelegenheit der Netzfang versucht und alle<br />

quartierverdächtigen Bäume, Brücken, Felsen und Ruinen untersucht, Am Ende wurden<br />

an 12 Fundorten 238 Tiere in 9 Arten bzw. Unterarten gefangen. Es waren Graues und<br />

Braunes Langohr (Plecotus austriacus und auritus), Gobifledermaus (Eptesicus<br />

gobiensis), Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus), Kleine Bartfledermaus (Myotis<br />

mystacinus) in zwei „Formen“ (M. m. mystacinus und M. m. przewalskii),<br />

Wasserfledermaus (Myotis daubentonii), Alpenfledermaus (Hypsugo savii) und eine noch<br />

näher zu bestimmende Eptesicus – Art. (Abb. U7) Als „Nebenprodukt“ wurden fast alle<br />

derzeit aus der Mongolei bekannten Fledermausfliegen und -flöhe erbeutet. Für die<br />

Determination danken wir Herrn Dr. Scheffler von der Uni Potsdam. Die Untersuchung<br />

der Endoparasiten durch die mongolischen Kollegen lässt auch noch Überraschungen<br />

erwarten.<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Besonders gefreut haben wir uns über den Fang eines Riesenohrspringers (Euchoreutes<br />

naso). Aber auch die bisher südlichsten Nachweise der Polarrötelmaus (Clethrionomys<br />

rutilus) und der Nordischen Wühlmaus (Microtus oeconomus) in der Mongolei sind<br />

erwähnenswert, ebenso wie die Erstbegegnung u.a. mit Schmalschädliger Wühlmaus<br />

(Microtus gregalis) und dem schwergewichtigen (1800 Gramm) Daurischen Igel<br />

(Mesechinus dauricus). Einige Vorwitzige unter den mongolischen Säugetieren konnten<br />

es nicht erwarten, mit uns Bekanntschaft zu schließen und kamen bis unter den<br />

Frühstückstisch, wie Ohrenigel (Hemichinus auritus), Daurischer Blindmull (Myospalax<br />

aspalax) und eine Springmaus (Stylodipus andrewsi). Andere hielten weiten Abstand und<br />

ließen sich nur in der Ferne blicken, so unter anderen Argali (Ovis ammon), Sibirischer<br />

Steinbock (Capra sibirica) und die Gazellen (Procapra gutterosa und Gazella<br />

subgutturosa).<br />

Der Wolf (Canis lupus) meldete sich gelegentlich zu Wort.<br />

Einigen schwierig zu bestimmenden Arten sind wir mit Hilfe versierter Kollegen aus<br />

Halle Dr. Neumann - Hamster) und Erlangen (Dr. Mayer - Fledermäuse) und moderner<br />

Untersuchungsmethoden (Genetik) weiter auf der Spur.<br />

Zur besseren Abschätzung der Einnischung der Fledermäuse harren noch viele Kotproben<br />

ihrer Analyse.<br />

Insgesamt wurden 46 verschiedene Säugetierarten festgestellt.<br />

So „nebenbei“ konnten auch 97 verschiedene Vogelarten registriert werden, von A wie<br />

Adlerbussard (Buteo rufinus) über Bartgeier (Gypaetus barbatus), Jungfernkranich<br />

(Anthropoides virgo), Mongolischer Häher (Podoces hendersoni), Spiegelrotschwanz<br />

(Phoenicurus auroreus), Streifengans (Anser indicus), Weißnackenkranich (Grus vipio)<br />

und viele andere bis hin zu Z wie Zwergadler (Hieraaetus pennatus) und Zwergschnäpper<br />

(Ficedulla parva).<br />

Unser mongolischer Kollege schwärmte uns auf dem Weg in den Süden etwas von einer<br />

„Oase der Edelsteine“ vor und wir waren einigermaßen gespannt auf seine Überraschung.<br />

Abends am erwarteten Ort angekommen und nach dem Aufbau des Lagers, es war schon<br />

dunkel geworden, leuchteten und glitzerten im Schein der Taschenlampen wirklich sehr<br />

viele„Edelsteine“ rings um das Lager. Es waren die Augen eines abends aktiv werdenden<br />

Geckos, Przewalski´s Wundergecko (Teratoscincus przewalskii) (Abb. U11), dessen<br />

Tapetum einen Lichtstrahl äußerst kräftig und scharf gebündelt reflektiert. In dieser Oase<br />

fanden wir auch noch ein weiteren Gecko, den Kaspischen Geradfingergecko (Alsophylax<br />

pipiens).<br />

Die Fischfreunde kamen erst gegen Ende der Reise, als wir die Wüstengebiete wieder<br />

verlassen hatten, zu ihren Erfolgserlebnisessen. Lenok (Brachymystax lenok) und<br />

Sibirische Äsche (Thymallus arcticus) im Orchon und bis 80 cm lange Quappen (Lota<br />

lota) wurden in der Tula gefangen, bestimmt, vermessen und verkostet.<br />

Dank der vorzüglichen botanischen Kenntnisse von Batsaikhan konnten wir auch unsere<br />

Pflanzenartenkenntnisse auffrischen und erweitern.<br />

Der Versuch, möglichst viele Dinge zu untersuchen und miteinander zu verbinden führte<br />

dazu, dass diesmal auch ein Bodenkundler mit von der Partie war.<br />

Noch ein interessantes Randergebnis sei erwähnt. In der „Oase des Wundergeckos“<br />

versuchten wir einen Ohrenigel zu flöhen (Abb. U5), was recht schwierig war, aber<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

immerhin einen Floh einbrachte. Dieser erwies sich als einer, der bisher nur auf der<br />

Großen Rennmaus (Rhombomys opimus) festgestellt wurde. Unser Ohrenigel hatte uns so<br />

durch den Floh verraten wo er tagsüber Unterschlupf fand. In der Oase waren die vielen<br />

Bauten der Großen Rennmaus die einzigen brauchbaren Behausungen.<br />

Es ließe sich noch einiges erzählen, aber das würde den Rahmen eines solchen<br />

Kurzberichts sprengen.<br />

Es war eine gelungene Veranstaltung.<br />

Dr. Dietrich Dolch, Dorfstr. 2d, 16818 Radensleben<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Beobachtungen von Feldhasen Lepus europaeus<br />

im bebauten Stadtgebiet von Berlin<br />

Dieter Köhler<br />

In der Berliner Roten Liste wird der Feldhase in der Kategorie 3 (Gefährdet) geführt. Er<br />

ist in den zum Stadtgebiet gehörenden Wald-, Wiesen-, Acker- und Brachflächen<br />

verbreitet (WENDLAND 1971, KLAWITTER et al. 2005). Dass die Art jedoch nicht nur auf<br />

diese Gebiete beschränkt ist, zeigen die folgenden Beobachtungen:<br />

In den vergangenen sechs Jahren (1999 - 2006) konnten mit Ausnahme des Jahres 2002<br />

wiederholt Feldhasen in Berlin-Marzahn beobachtet werden. In 18 Fällen handelte es sich<br />

um Einzeltiere und dreimal um zwei Hasen beieinander (s. Tab.). Auffällig war, dass sie<br />

einen vertrauten Eindruck machten und ihre Fluchtdistanz nicht mehr als 10-20 m betrug.<br />

Oft nutzten sie die Gehwege oder kleineren Straßen als Wechsel. Ein weiterer Hase wurde<br />

als Verkehrsopfer weiter nördlich auf der stark befahrenen Märkischen Allee unweit des<br />

S-Bahnhofs Ahrensfelde registriert (26.05.05). Eine interessante Beobachtung gelang zum<br />

Tag der Artenvielfalt 2005 im Berliner Tiergarten, einer größeren, älteren Parkanlage im<br />

Zentrum der Stadt. Hier wurde am frühen Morgen im Juni 2005 ein Feldhase beobachtet<br />

(Berliner Morgenpost 12.06.05, D. EHLERT pers. Mitt.). Aus dem bebauten Bereich fehlen<br />

bisher Mitteilungen über Beobachtungen (KLAUSNITZER, 1987). MATHEY et al. (2003)<br />

geben den Feldhasen nur für alte Brachen mit ruderaler Hochstaudenflur an. Auch<br />

JENTZSCH (1992) nennt in seiner ausführlichen Untersuchung der Säugetiere von Halle-<br />

Neustadt den Feldhasen nur für die ruderalen Randgebiete, jedoch nicht für den<br />

Innenbereich.<br />

Das Beobachtungsgebiet befindet sich im Neubaugebiet Marzahn im Berliner Nordosten<br />

in der weiteren Umgebung der S-Bahnstationen Springpfuhl und Poelchaustraße und ist<br />

ca. 3 km von der Stadtgrenze entfernt. Grünzüge bzw. Bahntrassen, die als<br />

Einwanderungskorridore fungieren könnten sind ausreichend vorhanden. Das<br />

Neubaugebiet ist ca. 25 Jahre alt. Mit seinen größeren, mit Büschen und Ziergehölzen<br />

bestandenen Freiflächen, Parkplätzen und Straßen unterschiedlich hoher<br />

Verkehrsfrequenz und den eingestreuten Einfamilienhaussiedlungen aus den 1930er<br />

Jahren stellt es offenbar für den Feldhasen einen passablen Lebensraum dar. Die<br />

Einfamilienhaussiedlungen dürften durch ihre Abgrenzungen (Zäune) nicht besonders<br />

attraktiv für die Hasen sein, doch bieten sich die verkehrsarmen Straßen als Wechsel an.<br />

Die Parkflächen in den Neubaugebieten bzw. die Freiflächen zwischen den Hochhäusern<br />

bieten den Tieren, neben ausreichender Deckung, sicher eine abwechslungsreichere und<br />

den physiologischen Anforderungen der Tiere gerechter werdende Nahrung als die<br />

landwirtschaftlichen Nutzflächen des Berliner Umlandes. So sind die für die Ernährung<br />

wichtigen Pflanzen wie Trifolium, Taraxacum, Achillea und Bellis (KRAPP 2003,<br />

HACKLÄNDER et al. 2005) ausreichend vorhanden und durch das regelmäßige Mähen in<br />

einem günstigen Alter.<br />

Der Feldhase ist in seinen Habitatansprüchen sehr variabel und so kommt das eigentliche<br />

Steppentier in geringer Dichte auch im Wald vor. Diese Entwicklung des verstärkten<br />

Vorkommens ist bereits seit einiger Zeit zu beobachten (STUBBE 1989). Dem<br />

„Waldhasen“ ähnlich erscheint das Verhalten der „Stadthasen“: Geringe Fluchtdistanz,<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

ruhiges Ausweichen vor Störungen. In den zahlreichen Hecken finden sie rasch gute<br />

Versteckmöglichkeiten. Ihre Aktivität verschieben die Tiere verstärkt in die Abend- und<br />

Nachtzeit, so dass Kontakte mit Mensch und Hund minimiert werden. Da es sich bei den<br />

Feststellungen um Zufallsbeobachtungen handelt, die letztlich durch die Berufstätigkeit<br />

der Beobachter, die Tagesstunden aussparen, bleibt eine Vermutung. Zwei Beobachtungen<br />

wurden bei Tageslicht vorgenommen: am 20.9.03 und am 14.12.05. Bei der<br />

letztgenannten Feststellung rannte ein Feldhase 10.15 Uhr über den belebten Parkplatz des<br />

Gewerbegebietes „Märkische Spitze“ in Richtung Bahntrasse. Ob die Tiere gestört<br />

wurden oder ob die Feldhasen evtl. eine nicht so eingeengte Aktivitätsverteilung haben,<br />

wie die Feststellungen vermuten lassen, bleibt aber offen.<br />

Tab. 1: Feldhasenbeobachtungen in Berlin-Marzahn von 1999 -2006<br />

Datum Zeit Anzahl Beobachtungsort<br />

21.12.99 06:15 1 Ex Parkplatz vorm Altersheim „Martha Arendsee“<br />

30.01.00 06:15 1 Ex Siedlung - Hänflingsteig nahe Bruno-Baum-Straße<br />

10.03.01 02:00 1 Ex Siedlung - Hornetweg<br />

19.03.03 05:30 1 Ex Gehweg vor Polizeigebäude nahe Marzahner Promenade<br />

16.05.03 06:00 2 Ex nahe S-Bahnhof „Poelchaustraße“<br />

23.06.03 06:00 2 Ex Wendeschleife am Altersheim „Martha Arendsee“<br />

20.09.03 17:00 1 Ex am Platz Kienbergstraße<br />

05.11.03 06:00 1 Ex hinter Turnhalle des Gymnasiums „An der Weide“<br />

07.04.04 18:00 1 Ex Parkplatz vorm Altersheim„Martha Arendsee“<br />

01.07.04 05:30 1 Ex beim Trafohaus nahe dem Altersheim „Martha Arendsee“<br />

22.06.05 21:55 1 Ex im Schulhof des Gymnasium „An der Weide“<br />

28.08.05 00:30 1 Ex auf dem Parkplatz beim Altersheim „Martha Arendsee“<br />

01.10.05 00:50 1 Ex Amanlisweg, läuft ruhig nach N und dann rechts vor Auto in Hecke<br />

04.10.05 06:15 1 Ex Weg vor Turnhalle, läuft Richtung Trafohaus, verschwindet im<br />

Gebüsch<br />

15.10.05 19:00 1 Ex auf dem Hof des Gymnasiums „An der Weide“, Sitzt im Licht<br />

09.12.05 06:10 1 Ex nahe beim Gymnasium „An der Weide“<br />

14.12.05 10:15 1 Ex quert den Parkplatz am Gewerbegebiet an Märkischer Spitze<br />

18.12.05 01:00 1 Ex auf dem Gelände des Gymnasiums „An der Weide“<br />

09.01.06 17:50 2 Ex fressen gemeinsam auf Rasen bei Trafohaus, laufen bei ca. 6 m<br />

Entfernung langsam ausweichend in Hecke am Spielplatz<br />

13.03.06 Spuren im Schnee, dito<br />

14.03.06 Frische Spuren, dito<br />

17.03.06 05:55 1 Ex Äst auf schneefreier Fläche, dito<br />

Der Feldhase kann ein Alter von mehr als vier Jahren erreichen, so dass es durchaus<br />

möglich ist, dass sich einzelne Tiere <strong>hier</strong> länger aufhalten. Auf Grund der<br />

verhältnismäßigen Standorttreue (1-3000 m Umkreis) und der durch das Nahrungsangebot<br />

bedingten Größe des Aktivitätsraums (STUBBE 1989) handelt es sich bei dem/den<br />

Hasen in der Umgebung der Schule sehr wahrscheinlich um das oder die selbe(n)<br />

Exemplar(e). Ende Januar wurde damit begonnen, das Altersheim abzureißen, beginnend<br />

mit der z. T. unnötigen Zerstörung der Busch- und Baumanpflanzung. Diese Aktivitäten<br />

haben aber die Hase(n) nicht aus dem Gebiet vertrieben (s. Tab.). Von dem<br />

- 24 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Hauptbeobachtungsgebiet im Süden der Bruno-Baum-Straße sind die anderen<br />

Feststellungen ca. 1,5 km (20.09.03), 2 km (14.12.05) und 3 km (26.05.05) entfernt, so<br />

dass man von mindestens 4-5 Exemplaren ausgehen kann.<br />

In der Stadt besteht eine Feindarmut. Als potentielle Prädatoren wären in erster Linie<br />

Hunde und auch der Fuchs anzusehen, letzterer wurde ebenfalls im Beobachtungsgebiet<br />

festgestellt und ist im Berliner Stadtgebiet weit verbreitet. Der Autoverkehr ist in diesem<br />

Stadtbereich und zu den Beobachtungszeiten nicht so erheblich, dürfte aber ein<br />

wesentlicher begrenzender Faktor für die Einwanderung und die weitere Ausbreitung in<br />

geeignete Bereiche der Stadt sein.<br />

Die Ursachen des Eindringens in die Stadt sind wohl nicht die Folge eines hohen<br />

Populationsdruckes, denn NÖSSEL et al. (2003) geben in ihrer Studie für Berlin im Mittel<br />

nur 4,3 Stück/100ha und für Brandenburg 6,1 Stück/100 ha an. Für die an Marzahn<br />

angrenzenden Landkreise Barnim und Märkisch Oderland schwankte in den Jahren<br />

1997/98 die Dichte zwischen 3,6 und 10,7 Stück/100ha (AHRENS & GORETZKI 2001).<br />

Aber auch der Jagddruck wird es nicht sein. Die Bahntrassen mit der geringen<br />

Versiegelung und der sie begleitenden Ruderalflora, die reichlich vorhandenen Grünzüge,<br />

die bis in die Außenbereiche reichen oder die Grünstreifen entlang der Straßen bieten den<br />

Tieren günstige Einwanderungsmöglichkeiten. Entweder die Tiere finden den Weg nicht<br />

zurück oder das Nahrungsangebot ist <strong>hier</strong> günstiger. In den Parks, aber auch auf den<br />

Friedhöfen und den Brachen, finden sie ausreichende Lebensbedingungen vor.<br />

Möglicherweise begünstigt auch der Rückgang des Kaninchens im Stadtgebiet den<br />

Urbanisierungsprozess beim Feldhasen. Weitaus schwieriger dürfte eine dauerhafte<br />

Etablierung einer sich fortpflanzenden Population sein. Vielleicht ist es auch nur als eine<br />

„ökologische Falle“ anzusehen.<br />

Die <strong>hier</strong> geschilderten Feststellungen sind das Ergebnis zufälliger Beobachtungen. Es ist<br />

sicher interessant das Geschehen weiter zu verfolgen und die Beobachtungen auf weitere<br />

Flächen in diesem Gebiet auszudehnen. Beobachtungen aus anderen bebauten<br />

Stadtbereich nimmt der Verfasser gern entgegen. Auf diese Weise könnte evtl. geklärt<br />

werden, ob der Feldhase seinen „Feinden“ – Fuchs und Rabenvögeln – in die Stadt folgt<br />

und sich dort erfolgreich ansiedeln kann?<br />

Literatur<br />

AHRENS, M & GORETZKI, J. (2001): Langohr leicht im Plus. Unsere Jagd 1/2001, S. 32-<br />

35.<br />

HACKLÄNDER, K., REICHLIN, T., KLANSEK, E., TATRUCH F.(2005): Der Speiseplan des<br />

Feldhasen. Unsere Jagd 8/2005, S. 26-28.<br />

JENTZSCH, M.(1992): Zum Vorkommen der Säugetiere in Halle-Neustadt. Säugetierkdl.<br />

Info. 3, 431-448.<br />

KLAUSNITZER, B. (1987): Ökologie der Großstadtfauna. 225 S.<br />

KLAWITTER, J., ALTENKAMP, R., KALLASCH, C., KÖHLER, D., KRAUß, M., ROSENAU, S.,<br />

TEIGE, T. (2005): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) von<br />

Berlin. CD-ROM. Ed.: Der Landesbeauftragte für Naturschutz und<br />

Landschaftspflege & Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.<br />

KRAPP, F. (2003): Handbuch der Säugetiere Europas Bd. 3/II Hasentiere<br />

- 25 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

MATHEY, J. KOCHAN, B. STUTZRIEMER S. (2003): Biodiversität auf städtischen<br />

Brachflächen? Planerische Aspekte naturverträglicher Folgenutzungen. BayLfU<br />

Fachtagung 2003, S. 39-45.<br />

NÖSSEL, H., AHRENS, M., BARTEL, M., HOFFMANN, D., MÜLLER, P., STRAUß, E., VOIGT,<br />

U., MENZEL, C. und POHLMEYER, K. (2003): Zur Besatzsituation des Feldhasen<br />

(Lepus europaeus) in Deutschland – Ergebnisse der Scheinwerfertaxation im<br />

Herbst 2001 in Referenzgebieten im Rahmen des WILD. Methoden feldökol.<br />

Säugetierforsch. 2, 301-310.<br />

STUBBE, M. (1989): Buch der Hege Bd. 1 Haarwild 5. Aufl. 705 S.<br />

WENDLAND, V. (1971): Die Wirbeltiere West-Berlins. Sitz. Berichte G. Nat. Freunde Bln.<br />

11, 5-128.<br />

Dr. Dieter Köhler, Hänflingsteig 10, 12685 Berlin<br />

- 26 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Weitere Notizen zu Hausrattenfunden Rattus rattus (L.1758)<br />

aus der Niederlausitz und aus dem Fläming<br />

Gabriel Pelz<br />

Einleitung<br />

Nachdem ich 1997 nach Lübben in den Spreewald gezogen bin, habe ich mich bedingt<br />

durch das Auftreten von Hausratten in meiner unmittelbaren Umgebung, intensiver mit<br />

diesen Nagetieren beschäftigt.<br />

Durch Gespräche mit anderen Kleinsäugerspezialisten wie z.B. Herrn Dr. E. Grimmberger<br />

(Steinfurth) und Herrn Dr. A. Schmidt (Beeskow) habe ich festgestellt, dass schon in den<br />

sechziger und siebziger Jahren in Lübben und Umgebung intensiv nach Hausratten<br />

gesucht wurde.<br />

Die in den letzten Jahren von mir zusammengetragenen Funddaten ergänzen sehr gut das<br />

durch SCHMIDT (2004) dargestellte Verbreitungsbild von Rattus rattus im Beeskower<br />

Raum und dem Niederlausitzer Landrücken.<br />

Hausratten, die auch als Dachratten bezeichnet werden, kommen im Untersuchungsraum<br />

immer wieder in unregelmäßigen Zeitabständen vor (ERFURT, RÖDER und SCHUSTER<br />

1986). Im Beitrag von Bernd von BÜHLOW aus der Zeitschrift für Angewandte Zoologie<br />

Heft1/1981 werden von BÜHLOW Funde von 1975 aus Uckro durch Iglisch, (briefl.<br />

1979) mitgeteilt.<br />

Im Beitrag von BÜHLOW (1981) wird E. Grimmberger, (briefl. 1979) erwähnt, der<br />

zwischen 1969 und 1970 in Lübben/ Spreewald unter 5140 Kleinsäugern aus Gewöllen<br />

nur 3 Hausratten, aber keine Wanderratten fand. Bemerkenswert sind auch die<br />

Fallenfänge von E. Grimmberger und V. Creutzburg aus der Zeit zwischen 1970 -1973.<br />

Hier wurden am Spreeufer, in Hausgärten und auf dem Gelände der Nervenklinik, der<br />

heutigen Landesklinik, 14 Hausratten, jedoch keine Wanderratte gefangen.<br />

Für die Mitteilung weiterer Angaben zu Hausrattenfunden, die in der Tabelle 3 aufgeführt<br />

wurden, möchte ich mich bei Herrn Dr. E. Grimmberger recht herzlich bedanken.<br />

Dass es zwischen 1975 und 1992 keine Hausrattenfunde im Raum um Lübben gegeben<br />

hat, ist sicher auf die fehlende Nachsuche zurückzuführen, denn aus Gesprächen mit<br />

Stadt- und Dorfbewohnern wurde mir immer wieder das Vorkommen der Art in diesem<br />

Zeitraum mitgeteilt. Katzen erbeuteten <strong>hier</strong> gelegentlich die Hausratten.<br />

Die Methodik<br />

Die von mir bisher angewandte Methodik zur Erfassung von Hausratten beschränkte sich<br />

im Wesentlichen auf die Befragung von Stadt- und Landbevölkerung. Regelmäßige<br />

Gespräche über Ratten und das Vermitteln eines ernsten Interesses an der Übergabe toter<br />

Tiere sind unverzichtbar, wenn man zu nachvollziehbaren Ergebnissen kommen möchte.<br />

Auch über Gewöllanalysen konnte der eine oder andere Hausrattennachweis erbracht<br />

werden.<br />

Fallenfänge waren erst erfolgreich, als mit Lebendfallen für Katzen gearbeitet wurde.<br />

Diese Fallen wurden aus Tierschutzgründen alle vier Stunden kontrolliert. Die Hausratten,<br />

welche in Fallen gefangen wurden, begannen sofort mit dem Zernagen der Fanggeräte und<br />

hatten sich nach etwa neun Stunden selbst befreit. Sind durch Unachtsamkeit gefangene<br />

- 27 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Ratten aus solchen Kastenfallen entwichen, waren weitere Fallenfänge am gleichen<br />

Standort mit dieser Methode auch nach zwei Jahren ohne Erfolg.<br />

Sehr selten gelingt der Fang der Tiere mit der Hand. Meist handelt es sich <strong>hier</strong>bei um<br />

durch Rattengift vorgeschädigte Tiere, die wie betrunken wirken. Gefangen wurden diese<br />

Tiere von mir mit Lederhandschuhen. In der Regel sterben solche Tiere durch den<br />

Wirkstoff Warfarin einen langsamen lautlosen Tot infolge innerer Blutungen.<br />

Fangbereite Kastenfalle für Katzen und anderes Raubwild; als Köder zum Fang von<br />

Hausratten wurden Obst, Getreide, Sonnenblumenkerne und Walnüsse verwendet.<br />

Die gefangenen Tiere wurden in geräumigen Käfigen am Fangort bis zur Vermessung<br />

gehältert.<br />

Nach eigenen Beobachtungen wurden schon nach wenigen Tagen diese Ratten von ihren<br />

Artgenossen besucht. Wahrscheinlich handelte es sich um andere Tiere derselben Sippe.<br />

Die Beobachtung von frei lebenden Ratten gelang in einer Baracke wie sie in den 70-er<br />

Jahren oft im Kohletagebau der Niederlausitz zum Einsatz kam. Diese Baracke aus<br />

Holzfertigteilen in Hohlbauweise ist mit Dachpappe eingedeckt und bietet viel<br />

Versteckmöglichkeiten für die Wärme liebende Hausratte.<br />

Die Tiere kletterten auf den Balken im Firstbereich umher. Aus den Hohlräumen des<br />

Daches hörte man manchmal das Getrippel der Ratten. Dem ständig präsenten<br />

Steinmarder sind diese Hohlräume im Schuppen unzugänglich.<br />

Weitere Beobachtungen mit einem digitalen Nachtsichtgerät und durch Radiotelemetrie<br />

sind geplant.<br />

Es wurden folgende Farbtypen gefunden: alexandrinus, (grauer Rücken und etwas<br />

hellerer Bauch); frugivorus (braun, graubraun mit weißer bis gelber Bauchfärbung); rattus<br />

(einfarbig schiefergrau).<br />

Tabelle 1 Einteilung von Altersklassen anhand des Abnutzungsgrades der Molaren:<br />

Altersklasse Beschreibung<br />

Klasse 1 keine Abnutzungsspuren an den oberen Molaren<br />

- 28 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Klasse 2 Abnutzungsspuren am 3. Molar<br />

Klasse 3 Abnutzungsspuren am 3. Molar und am 2. Molar<br />

Klasse 4 Abnutzungsspuren an allen Molaren<br />

Klasse 5 alle oberen Molaren sehr stark abgekaut<br />

Messstrecken und Bezeichnungen am Schädel von Rattus nach Abbildungen aus TURIN<br />

(1999)<br />

Im Folgenden verwendete Abkürzungen:<br />

Cbl = Schädellänge (Condylobasallänge); Fori = Gaumenspaltenlänge<br />

(Foramenincisivum); HfLg = Hinterfußlänge; IDicke = Schneidezahn-Dicke (Incisivus);<br />

- 29 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Iob = kleinster Augenhöhlenabstand (Interorbitalbreite); K+R = Kopf-Rumpf-Länge;<br />

Mand = (Mandibellänge); Mast = (Mastoidbreite) Abstand zwischen den<br />

Mastoidfortsätzen; Nast = Länge der Nasalia (Nasenbein); oDia = Oberkiefer<br />

Zahnreihenlücke (Diastemma); OhrLg = Ohrlänge; OZRL = Oberkiefer Zahnreihenlänge<br />

(gemessen zwischen den Alveolenrändern); SchwLg = Schwanzlänge; uDia = Unterkiefer<br />

Zahnreihenlücke (Diastemma); UZRL = Unterkiefer Zahnreihenlänge (gemessen<br />

zwischen den Alveolenrändern); Zyg = Jochbogenbreite (zygomatische Breite)<br />

- 30 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Tabelle 2 Zusammenstellung der Hausrattenfunde<br />

Fundort MTB/Q 4049/3<br />

Lübben OT<br />

Steinkirchen<br />

MTB/Q 4048/2<br />

Schönwalde<br />

MTB/Q 4048/2<br />

Schönwalde<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben OT<br />

Steinkirchen bei<br />

G. Pelz<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben,<br />

Frankfurter Str.<br />

Datum 22.12.2005 01.10.2005 28.11.2005 11.12.2005 10.12.2003<br />

Habitat Dorf Dorf Dorf Stadtrand Stadtrand<br />

Nachweisart Katzenopfer Katzenopfer Katzenopfer Fang Totfund<br />

Geschlecht männlich weiblich männlich männlich männlich<br />

Alter adult adult adult adult adult<br />

Gewicht 220 g 153,6 g 132,8 g 96,9 g<br />

K+R 200 mm 150 mm 175 mm 160 mm 170 mm<br />

SchwLg 200 mm 210 mm 185 mm 170 mm<br />

HfLg 36 mm 35 mm 33 mm 33 mm<br />

OhrLg 24 mm 24 mm 19 mm 26 mm<br />

Bemerkungen<br />

Hoden<br />

40 x10 mm<br />

mit sechs<br />

Embryonen<br />

ohne Schwanz<br />

Mumienfund<br />

Zwischendecke<br />

Färbungstyp rattus alexandrinus alexandrinus frugivorus<br />

Nast 17,4 mm 14,0 mm 16,0 mm 14,3 mm 17,0 mm<br />

Fori 8,4 mm 6,8 mm 7,0 mm 7,4 mm 7,8 mm<br />

Iob 9,8 mm 5,4 mm 6,5 mm 5,8 mm 6,6 mm<br />

Zyg 21,8 mm 19,6 mm 20,4 mm 20,0 mm 20,2 mm<br />

Mast 13,0 mm 14,9 mm 16,3 mm 16,3 mm 16,1 mm<br />

Cbl 45,0 mm 37,8 mm 38,4 mm 39,5 mm 39,3 mm<br />

oZRL 7,2 mm 6,6 mm 6,4 mm 6,9 mm 6,9 mm<br />

oDia 11,7 mm 10,0 mm 9,4 mm 10,0 mm 10,5 mm<br />

IDicke 2,2 mm 1,9 mm 2,2 mm 1,9 mm 1,9 mm<br />

uDia 6,2 mm 5,3 mm 5,0 mm 5,5 mm 5,8 mm<br />

uZRL 7,7 mm 5,9 mm 6,5 mm 7,0 mm 6,0 mm<br />

Mand 24,0 mm 21,3 mm 21,1 mm 21,4 mm 21,8 mm<br />

Altersklasse 4 1 1 2 5<br />

Fundort<br />

MTB/Q 4148/3<br />

Cansdorf bei<br />

Luckau<br />

MTB/Q 3848/1<br />

Löpten OT<br />

Hammer<br />

MTB/Q 3848/1<br />

Löpten OT<br />

Hammer<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben<br />

Steinkirchen<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben<br />

Frankfurter Str.<br />

Datum 21.7.2001 1984 13.8.1994 15.7.1997 10.12.2003<br />

Habitat Plattenbau Einzelgehöft Einzelgehöft Stadtrand Stadtrand<br />

Nachweisart Mumie Mumie Mumie Mumie Mumie<br />

Geschlecht<br />

Alter adult adult adult juvenil adult<br />

Gewicht<br />

K+R<br />

SchwLg<br />

HfLg<br />

OhrLg<br />

Bemerkungen<br />

Färbungstyp<br />

Stadtrand nahe<br />

Viehanlage<br />

Schlossboden Schlossboden<br />

Schuppen<br />

Dachfirst<br />

Dachhohlraum<br />

Nast 13,4 mm 13,9 mm 11,3 mm 9,9 mm 15,6 mm<br />

Fori 6,7 mm 6,0 mm 6,6 mm 4,5 mm 7,6 mm<br />

Iob 5,2 mm 5,5 mm 5,36 mm 5,2 mm 6,1 mm<br />

Zyg 18,1 mm 18,5 mm 16,3 mm 14,4 mm 20,0 mm<br />

Mast 15,0 mm 14,8 mm 13,7 mm 16,2 mm<br />

Cbl 35,4mm 35,7mm 31,0mm 29,0mm 39,4mm<br />

oZRL 7,0 mm 6,8 mm 6,5 mm 6,0 mm 6,9 mm<br />

oDia 9,4 mm 9,7 mm 8,0 mm 7,6 mm 11,1 mm<br />

Idicke 1,9 mm 1,9 mm 1,7 mm 1,2 mm 2,2 mm<br />

uDia 5,0 mm 5,3 mm 4,6 mm 4,7 mm 6,0 mm<br />

- 31 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

uZRL 6,8 mm 6,3 mm 6,4 mm 6,2 mm 6,4 mm<br />

Mand 20,5 mm 20,0 mm 18,5 mm 15,6 mm 23,4 mm<br />

Altersklasse 1 1 1 1 5<br />

Fundort<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben<br />

Steinkirchen<br />

MTB/Q 3745/4<br />

Christinendorf<br />

MTB/Q<br />

4252/4 Katlow<br />

Kirche<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben<br />

Steinkirchen<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Frankfurterstr.<br />

Lübben<br />

Datum 11.11.1998 27.11.2002 06.07.2002 26.10.2001 09.03.2004<br />

Habitat Stadtrand Dorf Dorf Stadtrand Stadtrand<br />

Nachweisart Fang Gewöllfund Gewöllfund Mumie Skelett<br />

Geschlecht männlich Weibchen<br />

Alter adult adult adult adult adult<br />

Gewicht<br />

K+R 200 mm<br />

SchwLg 210 mm<br />

HfLg 36 mm<br />

OhrLg 19 mm<br />

Bemerkungen Hoden 10x5 mm<br />

Färbungstyp frugivorus<br />

Nast 15,0 mm 12,5 mm 13,8 mm 15,4 mm 13,7 mm<br />

Fori 7,6 mm 7,2 mm 7,3 mm 7,5 mm 7,5 mm<br />

Iob 5,9 mm 5,7 mm 5,6 mm<br />

Zyg 20,7 mm 18,3 mm<br />

Mast 16,5 mm 15,4 mm 15,5 mm<br />

Cbl 40,6 mm 38,1 mm 36,3 mm 37,0 mm<br />

oZRL 7,1 mm 7,3 mm 6,7 mm 6,5 mm 7,1 mm<br />

oDia 11,4 mm 10,0 mm 10,5 mm 10,0 mm 10,2 mm<br />

IDicke 2,0 mm 2,2 mm 1,9 mm 2,5 mm<br />

uDia 5,9 mm<br />

uZRL 6,4 mm 6,7 mm 5,9 mm<br />

Mand 22,0 mm 21,4 mm 21,8 mm<br />

Altersklasse 1 1 2 1 2<br />

Fundort<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben<br />

Steinkirchen<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben<br />

Steinkirchen<br />

Datum 25.07.2005 08.08.1997<br />

Habitat Stadtrand Stadtrand<br />

Nachweisart Fang Fang<br />

Geschlecht männlich männlich<br />

Alter adult adult<br />

Gewicht 115,5 g 113,2 g<br />

K+R 170 mm 169 mm<br />

SchwLg 184 mm 186 mm<br />

HfLg 34 mm 34 mm<br />

OhrLg 24 mm 25 mm<br />

Bemerkungen<br />

Färbungstyp frugivorus frugivorus<br />

Altersklasse 3 2<br />

Tabelle 3<br />

MTB/Q Fundort Datum Habitat Anzahl Nachweisart Gewährsmann<br />

4049/3 Lübben<br />

Luckauer Str.<br />

1972 Stadt 1 Gewöllfund<br />

Dr. Eckhard<br />

Grimmberger<br />

3949/3<br />

Krausnick Kirchhof<br />

4/1972<br />

6/1975<br />

Dorf 1 Gewöllfund<br />

4351/1 Leuthen 10/1972 Dorf<br />

- 32 -<br />

1 Gewöllfund


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

4251/2 Kirche Kolkwitz 10/1972 Dorf 1 Gewöllfund<br />

4049/3<br />

Lübben/Spreedeich 1970 -1973<br />

Wiese 1km von<br />

Ortschaft<br />

1 Fallenfang<br />

4049/3 Lübben<br />

OT Steinkirchen<br />

1970 -1973 Gärten 1 Fallenfang<br />

4049/3 Lübben/Nervenklinik<br />

heutige Landesklinik<br />

1970 -1913 Stadt 12 Fallenfang<br />

Fundort MTB/Q 4049/3 MTB/Q 4049/3 MTB/Q 4049/3 MTB/Q 4049/3 MTB/Q 4049/3<br />

Lübben/OT Lübben/NervenLübben/NervenLübben/NervenLübben/Nerven- Steinkirchen<br />

klinikklinikklinikklinik<br />

Datum 1970-1973 19.04.1970 20.04.1970 1970-1973 1970-1973<br />

Habitat Stadt Cottbuser Str. Stadt Stadt Stadt Stadt<br />

Nachweisart Fallenfang Fallenfang Fallenfang Fallenfang Fallenfang<br />

Geschlecht Weibchen Weibchen Weibchen<br />

Alter juvenil juvenil juvenil juvenil<br />

Gewicht 110,5 g 38,7 g 191,0 g 41,8 g<br />

K+R 147 mm 108,0 mm 95,0 mm 160,0 mm 102 mm<br />

SchwLg 183 mm 150,0 mm 140,0 mm 220,0 mm 150 mm<br />

HfLg 31,4 mm 29,6 mm 29,0 mm 36,0 mm 29,2 mm<br />

OhrLg 20,5 mm 19,5 mm 23,0 mm 19,7 mm<br />

Bemerkungen<br />

Färbungstyp<br />

Färbung:<br />

Os - grau, RüM -<br />

schwärzlich, Ba -<br />

dunkelgrau,<br />

BaM - 3 cm langer<br />

weißer Fleck<br />

Fundort MTB/Q 4049/3<br />

Lübben/Nervenklinik<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben/Nervenklinik<br />

Totfund Os - dunkelgrau<br />

Us - hellgrau<br />

8 Embryonen<br />

- 33 -<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben/Nervenklinik<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben/Nervenklinik<br />

Os - dunkelgrau<br />

Us - hellgrau<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben/Nervenklinik<br />

Datum 21.04.1970 22.04.1970 23.04.1970 24.04.1970 24.04.1970<br />

Habitat Stadt Stadt Stadt Stadt Stadt<br />

Nachweisart Fallenfang Fallenfang Fallenfang Fallenfang Fallenfang<br />

Geschlecht männlich Weibchen Weibchen männlich Weibchen<br />

Alter juvenil juvenil juvenil juvenil<br />

Gewicht 105,5 g 247,0 g 23,4 g 97,5 g 24,5 g<br />

K+R 146,0 mm 202,0 mm 92,0 mm 144,0 mm 81,0 mm<br />

SchwLg 167 mm 234,0 mm 111 mm 181 mm 107 mm<br />

HfLg 32,5 mm 34,4 mm 27,5 mm 32,0 mm 27,0 mm<br />

OhrLg 22,6 mm 25,0 mm 17,1 mm 23,4 mm 16,6 mm<br />

Bemerkungen<br />

Färbungstyp<br />

Os - dunkelgrau<br />

Us - hellgrau<br />

Fundort<br />

9 Embryonen Os - dunkelgrau<br />

Us - hellgrau<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben/Nervenklinik<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben/Nervenklinik<br />

Os - graubraun<br />

Us - rein weiß<br />

MTB/Q 4049/3<br />

Lübben/Nervenklinik<br />

Datum 29.04.1970 30.04.1970 01.05.1970<br />

Habitat Stadt Stadt Stadt<br />

Nachweisart Fallenfang Fallenfang Fallenfang<br />

Geschlecht männlich Weibchen männlich<br />

Alter juvenil juvenil juvenil<br />

Gewicht 32,1 g 41,6 g 19,4 g<br />

Os - dunkelgrau<br />

Us - hellgrau


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

K+R 106,0 mm 117,0 mm 87,0 mm<br />

SchwLg 126,0 mm 152,0 mm 106,0 mm<br />

HfLg 26,9 mm 29,4 mm 24,7 mm<br />

OhrLg 18,3 mm 20,5 mm 17,4 mm<br />

Bemerkungen<br />

Färbungstyp<br />

Os - dunkelgrau<br />

Us - hellgrau<br />

- 34 -<br />

Os - graubraun<br />

Us - rein weiß<br />

Os - graubraun<br />

Us - rein weiß


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Literatur<br />

ANGERMANN, R. (1995): Säugetiere (außer Fledermäuse). In : STRESEMANN, E.<br />

(Herausg.): Exkursionsfauna Deutschlands, Bd. 3 Wirbeltiere. 12. Auflage, Berlin.<br />

BÜHLOW, B.v.: Zur Verbreitung der Hausratte, Rattus rattus L. in Mitteleuropa während<br />

der letzten Jahrzehnte. – Zeitschrift für angewandte Zoologie 67-94<br />

ERFURT, J.; RÖDER, R. und SCHUSTER, W. (1986): Zur Verbreitung der Hausratte<br />

Rattus rattus (L. 1758) auf dem Territorium der DDR. Säugetierkundl. Inform. 2,<br />

H10, 303-310.<br />

ERFURT, J., RÖDER, R. und SCHUSTER, W. (1986): Zur Verbreitung der Hausratte<br />

Rattus rattus (L. 1758) auf dem Territorium der DDR<br />

SCHMIDT, A. (2004): Weitere Nachweise der Hausratte Rattus rattus in Ostbrandenburg<br />

und Bemerkungen zum Status der Art, Seite 2-9<br />

SOMMER, S. (1986): Plagegeister: Bedeutung, Lebensweise und Bekämpfung von<br />

Gesundheitsschädlingen des Menschen S.36 – 44<br />

TURIN, H. (1999): Zoologische Abhandlungen, Staatliches Museum für Tierkunde<br />

Dresden, Band 50 Ausgabe 24.09.1999: Schlüssel für die Bestimmung von in<br />

Deutschland vorkommenden Säugetierschädeln aus Eulengewöllen (Mammalia)<br />

S.354-356;360;391<br />

Gabriel Pelz, Laubenstr. 10, 15907 Lübben<br />

Fledermausarten im und am Nationalpark „Unteres Odertal“<br />

Jörn Horn<br />

Der grenzüberschreitende deutsch-polnische Nationalpark erstreckt sich über eine<br />

Gesamtlänge von ca. 60 km. Der brandenburgische Teil mit ca. 45 km ist wie folgt<br />

gegliedert: 19 % davon Wald (ca. 1950 ha), 63 % Grünland, 13 % Gewässer und 5 %<br />

Trockenrasen.<br />

Bisher sind 284 Vogelarten <strong>hier</strong> nachgewiesen. Er gehört zu den wichtigsten<br />

binnenländischen Rast- und Durchzugsgebieten Deutschlands. Von den Säugetieren,<br />

insbesondere den Fledermäusen die direkt bzw. indirekt am Nationalparkgebiet<br />

vorkommen, ist meines Wissens noch wenig bekannt. Das liegt zum einen daran, dass sich<br />

immer nur ein kleiner Personenkreis (1 bzw. 2 Fledermausschützer) mit der Problematik<br />

im Schwedter Raum beschäftigten. Hinzu kommt, dass Fledermäuse im Gegensatz zu den<br />

Vögeln vor Ort meines Erachtens kaum eine Lobby haben. Die nachtaktiven Tiere eignen<br />

sich nicht so gut zum Beobachten und Anteilnehmen am Familienleben, wie es etwa bei<br />

den Vögeln der Fall ist.<br />

Eine Intensive Untersuchung (Kartierung) des Kerngebietes durch Netzfänge,<br />

Detektornachweise, Suche nach Quartieren ist in den letzten Jahren seitens der ansässigen<br />

Fledermauskundler etwas vernachlässigt worden. Von 1990 - 2000 lag die Priorität in der<br />

Kontrolle der Kastenreviere im Mai und September sowie in der Erfassung der Tiere in<br />

- 35 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

den Winterquartieren. Der Verfasser hat sich ab 2000 intensiv um die<br />

Fledermauserfassung im und am Nationalpark bemüht.<br />

- 36 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Material und Methode<br />

Seit 1990 sind in einigen Teilen der angrenzenden Waldgebiete Fledermauskastenreviere<br />

eingerichtet worden, und es gelang <strong>hier</strong> der Nachweis von 7 Fledermausarten:<br />

Rauhhautfledermaus, Zwergfledermaus, Großer Abendsegler, Großes Mausohr, Braunes<br />

Langohr, Teichfledermaus, Mückenfledermaus. In den bekannten Winterquartieren, die<br />

sich indirekt bzw. direkt am Nationalpark befinden, wurden bisher 5 Arten festgestellt.<br />

Die Wasserfledermaus und Fransenfledermaus stellen dabei den höchsten Besatz. Das<br />

Braune Langohr sowie die Mopsfledermaus und das Großes Mausohr sind mit<br />

Einzeltieren oder kleineren Gruppen vorhanden.<br />

Als erstes wurde vom Verfasser gezielt nach Fledermausquartieren im Nationalpark<br />

gesucht. Da dieser sich über ein Gebiet von ca. 45 km erstreckt, fing ich im nördlichen<br />

Ausläufer an. In den frühen Abend- und Morgenstunden, fand mit dem Detektor eine<br />

gezielte Suche nach Fledermausquartieren statt. Netzfänge sind in den angrenzenden<br />

Waldgebieten durchgeführt worden, und in den umliegenden Orten begann die Suche<br />

nach weiteren potenziellen Winterquartieren. Über die Regionalzeitung „Märkische<br />

Oderzeitung“ ist die Bevölkerung gebeten worden, Fledermausquartiere, Totfunde bzw.<br />

Flugbeobachtungen zu melden. Letzteres ist nicht so gelaufen, wie es sich der Verfasser<br />

vorgestellt hat. Aus den Ortschaften, die unmittelbar am Nationalpark liegen, kamen so<br />

gut wie keine Meldungen. Die vielen Streitereien (Durchsetzung des Nationalparkkonzepts)<br />

zwischen Nationalpark und Landwirten, Anglern, Jägern usw. seit Gründung<br />

des Nationalparks, hat viele Einheimische verunsichert, sie befürchteten, dass ihr Haus<br />

unter Schutz gestellt würde, sowie man dort Fledermäuse feststellt bzw. sie<br />

Fledermausfunde melden. (Bei Anrufen, die in der Regel anonym waren, wurde immer<br />

die gleich Frage gestellt: Was passiert, wenn man Fledermausquartiere<br />

nachweist/meldet?)<br />

Tab.1 Fledermausarten im und am Nationalpark<br />

Stand: 13.10.2005 MTB 2752 MTB 2851 MTB 2951 MTB 3050<br />

Quadrant 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 2 3 4<br />

Artname<br />

Gr. Mausohr (M. myotis) x x x x x x xx x<br />

Mopsfledermaus (B. barbastellus) x x x<br />

Teichfledermaus (M. dasycneme) x x<br />

Fransenfledermaus (M. nattereri) x x xx x x x x x<br />

Gr. Bartfledermaus (M. brandti) x<br />

Wasserfledermaus (M. daubentoni) x x x xx x x x x x x x x<br />

Braunes Langohr (P. auritus) x x x x x x x x x x<br />

Breitflügelfledermaus (E. serotinus) x x x x xx xx xx x x x x x x<br />

Zweifarbfledermaus (V. murinus) xx x x<br />

Rauhhautfledermaus (P. nathusii) x x x x<br />

Zwergfledermaus (P. pipistrellus) x x x x x x x x x x x x x<br />

Mückenfledermaus (P. pygmaeus) x<br />

Kl. Abendsegler (N. leisleri) xx xx xx<br />

Gr. Abendsegler (N. noctula) x x x x xx x x x x x x x xx<br />

- 37 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Anzahl der Arten im Quadrant 4 7 7 5 5 8 11 10 8 9 7 8 5<br />

Anzahl der Arten im MTB 7 13 12 8<br />

Zeichenerklärung: X = Fledermausnachweise, XX = Detektornachweis mit ?<br />

- 38 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Zu einzelnen Arten<br />

Der Großen Abendsegler Nyctalus noctula, eine der häufigsten Arten, ist mit<br />

Wochenstuben (Wo) und Paarungsquartieren (PQ) vertreten. Seine Jagdgebiete liegen im<br />

bzw. am Nationalpark (NP), <strong>hier</strong> konnte besonders intensiver Flugbetrieb entlang der<br />

Hohensaaten-Friedrichstaler-Wasserstraße beobachtet werden. Winterquartiere (WQ) sind<br />

nicht bekannt. Einzelne Individuen sind bis November in den Fledermauskästen<br />

festgestellt worden.<br />

Den Kleinen Abendsegler Nyctalus leisleri konnte W. Hahn (2005) im<br />

Nationalparkgebiet MTB/Q 2851/4 mit dem Detektor nachweisen.<br />

Das Große Mausohr Myotis myotis ist mit einer großen Wo (ca. 150 Tiere) am NP<br />

ansässig. Kleinere Gesellschaften (Wo) von ca. 5 Tiere befinden sich in unmittelbarer<br />

Nähe. Die Jagdgebiete liegen sowohl im als auch weit entfernt vom NP. In den bekannten<br />

WQ gelangen Nachweise von Einzeltieren.<br />

Die Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus gehört zu den am häufigsten festgestellten<br />

Arten in den untersuchten Ortschaften. Eine Wo mit ca. 100 Tieren ist bis jetzt bekannt.<br />

Winterquartiere sind in Schwedt an Plattenbauten festgestellt worden.<br />

Von der Wasserfledermaus Myotis daubentoni sind Wo (Baumquartiere) bekannt,<br />

einzelne Männchen konnten unter Brücken festgestellt werden. Ihre Jagdgebiete liegen<br />

hauptsächlich im NP. Durch Netzfänge sind adulte Weibchen und juvenile Tiere<br />

nachgewiesen. In den bekannten WQ stellt sie nach der Fransenfledermaus den<br />

zweithöchsten Besatz.<br />

Der Fund einer weiblichen Teichfledermaus Myotis dasycnéme gelang erstmalig im<br />

August 1999 (Wenk/Horn) in der Altstadt von Schwedt (MTB/Q 2951/2), dieses Tier flog<br />

am helllichten Tag in ein Geschäft und verbarg sich dort in der Schaufensterauslage. Zur<br />

selben Zeit fand in ca. 60 Metern der Abriss einer Tabakscheune statt. Möglicherweise<br />

befand sich das Tagesquartier der Teichfledermaus dort. Insgesamt gelang im Zeitraum<br />

von 1999 - 2005 noch weitere 7 Nachweise von männlichen Teichfledermäusen<br />

ausschließlich in Fledermauskästen.<br />

Die Fransenfledermaus Myotis nattereri ist in den Sommermonaten im<br />

Nationalparkgebiet noch nicht festgestellt worden. In den bekannten WQ ist sie die<br />

dominierende Art.<br />

Rauhhautfledermäuse Pipistrellus nathusii sind von Mai bis Ende September<br />

regelmäßig und in ansehnlicher Zahl in den angrenzenden Kastenrevieren mit Wo und in<br />

Paarungsgruppen anzutreffen. Eine Wochenstubengesellschaft mit ca. 100 Tieren ist<br />

hinter einer Holzverkleidung (Bungalow) bekannt. Ab Ende September sind alle Tiere aus<br />

den Kästen verschwunden, Winternachweise sind m. W. nicht bekannt.<br />

- 39 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Vom Braunen Langohr Plecotus auritus kommt eine Wo mit ca. 20 Tieren vor.<br />

Für die Große Bartfledermaus Myotis brandti gelangen erst zwei Nachweise, ein Fund<br />

aus der Altstadt in Schwedt MTB/Q 2951/2 (Horn 21.08.1999). Das Tier wurde am<br />

Vormittag an einer Hauswand festgestellt. Der Abriss der bei der Teichfledermaus<br />

erwähnten alten Tabakscheune könnte möglicherweise auch mit diesem Fund<br />

zusammenhängen. Außerdem fand man ein Tier ca. 15 km vom NP entfernt, in der<br />

Ortschaft Pinnow am NSG Felchowsee, MTB/Q 2950/2.<br />

Die Mückenfledermaus Pipistrellus pygmaeus wurde erstmalig im Mai 2005 im<br />

Kastenrevier „Teerofen“ MTB/Q 2851/4 (HORN 2005) nachgewiesen (Siehe S. 32 dieses<br />

Heftes – Besondere Beobachtungen).<br />

Von der Zweifarbfledermaus Vespertilio murinus liegen aus Schwedt 2<br />

Winternachweise (Horn/Gille 1989) vor. Detektornachweise gelangen W. Hahn im<br />

Sommer 2005 im Schwedter Raum.<br />

Die seltene Mopsfledermaus Barbastella barbastellus konnte erstmalig im WQ „Stolper<br />

Turm“ (MTB/Q 3050/2) festgestellt werden. Ein weiterer Nachweis gelang in einem neu<br />

entdeckten WQ in Zützen (MTB 2951/3 Eiskeller/Kellerberg), <strong>hier</strong> überwinterten 5 Tiere.<br />

Am 26.05.2005 gelang W. Hahn durch Netzfang der erste Sommernachweis in Schwedt.<br />

Bei diesem Tier handelte es sich um ein trächtiges Weibchen.<br />

Breitflügelfledermäuse Eptesicus serotinus sind zum Beispiel aus einer Wochenstube<br />

(Horn 2004, MTB/Q 3050/2) mit ca. 50 Tieren auf einem Dachboden bekannt geworden.<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Anzahl der Überwinterer<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />

- 40 -<br />

M. myo.<br />

M. daub.<br />

M. natt.<br />

B. bar.<br />

Pl. aur.


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />

Winterbesatz in den bekannten Winterquartieren am/im<br />

NP von 2000- 2005<br />

An dieser Stelle möchte ich allen danken,<br />

die mich bei meinen Exkursionen<br />

begleiteten.<br />

Besonderer Dank an Herrn Wolfgang Hahn<br />

für die Unterstützung bei den Netzfängen<br />

sowie der Detektorauswertung am PC.<br />

- 41 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Über einige Kleinsäugerfunde aus dem Landkreis Rathenow nebst Bemerkungen zur<br />

Kraniometrie der Waldspitzmaus Sorex araneus (LINNAEUS, 1758)<br />

Ronny Wolf & Louise Waßermann<br />

Während einer ornithologischen Exkursion am 19.04.2003 konnten in der näheren<br />

Umgebung von Parey (MTB/Q: 3339/1) und Buckow (MTB/Q: 3441/1) einige Gewölle<br />

von Schleiereulen (Tyto alba) gesammelt werden. Da nach LANDESFACHAUSSCHUSS<br />

BRANDENBURG (http://www.lfa-saeugetiere.de/fauna.html) für Brandenburg ein<br />

Verbreitungsatlas der Säugetiere vorbereitet werden soll und sich gerade die Kleinsäuger<br />

durch ihre zumeist nächtliche Lebensweise dem Betrachter entziehen, sollen die<br />

Ergebnisse kurz vorgestellt werden.<br />

In Parey konnten 8 Gewölle mit 42 Beutetieren gesammelt werden. Es wurden 32<br />

Exemplare der Waldspitzmaus, 7 Ex. Zwergspitzmaus, 2 Ex. Feldmaus und 1 Ex. der<br />

Nordischen Wühlmaus festgestellt. In den 13 Gewöllen von Buckow wurden 26<br />

Exemplare der Waldspitzmaus, 4 Ex. Zwergspitzmaus, 1 Ex. Wasserspitzmaus, 2 Ex.<br />

Feldspitzmaus, 5 Ex. Feldmaus und 1 Ex. der Nordischen Wühlmaus gefunden.<br />

Im Vergleich zu DOLCH (1995) konnten für die entsprechenden Quadranten zwar keine<br />

neuen Arten nachgewiesen, aber dafür faunistisch interessante, wie etwa die<br />

Feldspitzmaus oder die Nordische Wühlmaus in ihrem Vorkommen wieder bestätigt<br />

werden. Beide Arten haben in Brandenburg ihre Verbreitungsgrenze (KRAPP 1999, JORGA<br />

1991 & DOLCH 1991, 1995). Beispielsweise konnte KAPISCHKE (1982) im etwas weiter<br />

nordwestlich gelegenen NSG „Gülper See“ die Nordische Wühlmaus nachweisen, dafür<br />

die Feldspitzmaus jedoch nicht.<br />

Das Verhältnis von Waldspitz- zu Zwergspitzmaus lag in Parey bei 4,6:1 und in Buckow<br />

bei 6,5:1. Diese Verhältnisse stehen im Einklang zu dem für Brandenburg anhand von<br />

ebenfalls Gewöllanalysen ermittelten von 5,9:1 (DOLCH 1995).<br />

Die Schädel aller Tiere sind in der Zoologischen Studien- und Lehrsammlung der<br />

Universität Leipzig (M 557-637 / 2003) als faunistische Belege hinterlegt.<br />

Bereits während der Bestimmung des Tiermaterials (R. W.) fiel die beachtliche Größe der<br />

Schädel der Waldspitzmäuse auf. So erschien es angebracht, das Material zu vermessen<br />

(L. W.) und mit Literaturangaben zu vergleichen. Dafür wurden zwei leicht zu ermittelnde<br />

Standardmaße die Zygomatische Breite (Zyg.) und die Coronoidhöhe (Corh.) verwendet.<br />

Die ebenfalls als Standardmaß gebräuchliche Gesamtschädellänge (Condylobasallänge)<br />

wurde nicht untersucht, da die Hinterhäupter von der Mehrheit der Schädel beider<br />

Standorte zerstört waren. Das Vermessen erfolgte mit Hilfe einer mechanischen<br />

Schublehre (Skalierung 0,1 mm).<br />

Die ermittelten Kenngrößen sind in Tabelle 1 sowie die Häufigkeitsverteilungen der<br />

Messwerte in den Abbildungen 1 und 2 angegeben. Es lässt sich festhalten, dass sich die<br />

Mittelwerte wie auch die Spannweiten (Tab. 1) beider Populationen in beiden<br />

Messstrecken weitestgehend ähneln. Die Häufigkeitsverteilungen, besonders für Parey<br />

(Abb. 1 und 2) zeigen aber auch deutlich, dass weitere Studien mit einer umfangreicheren<br />

Stichprobe folgen sollten.<br />

In beiden untersuchten Populationen sind die berechneten Mittelwerte (Tab. 1) für die<br />

Unterkieferasthöhe (Corh.) größer als 4,5 mm und damit auch im Vergleich zu<br />

- 42 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

KAPISCHKE (1986), TURNI et al. (2000) und NOWAK (2005) für Waldspitzmäuse aus den<br />

neuen Bundesländern recht hoch. Nach KAPISCHKE (1986) besteht in der Veränderlichkeit<br />

dieses<br />

10<br />

9<br />

Buckow bei Rathenow<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Parey bei Buckow<br />

4 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 4,8 4,9 5 5,1 5,2<br />

Anzahl<br />

Coronoidhöhe in mm<br />

Abb. 1: Die Coronoidhöhe von Waldspitzmäusen beider Lokalitäten (nges.= 56)<br />

- 43 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Anzahl<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

4,9 5 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6 5,7<br />

Zygomatische Breite in mm<br />

- 44 -<br />

Buckow bei Rathenow<br />

Parey bei Rathenow<br />

Abb. 2: Die Zygomatische Breite von Waldspitzmäusen beider Lokalitäten (nges.= 41)


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Maßes keine geographische Abhängigkeit, somit handelt es sich bei den vergleichsweise<br />

„großen“ Tieren von Parey und Buckow um ein lokales Phänomen.<br />

Tab. 1 Schädelmaße der Waldspitzmäuse beider Lokalitäten<br />

Coronoidhöhe<br />

Herkunft min-max x n s<br />

Buckow bei Rathenow 4,20-5,10 4,58 25 0,23<br />

Parey bei Rathenow 4,30-4,80 4,55 31 0,15<br />

Zygomatische Breite<br />

Herkunft min-max x n s<br />

Buckow bei Rathenow 5,10-5,50 5,29 23 0,13<br />

Parey bei Rathenow 5,00-5,60 5,32 18 0,19<br />

Den Mitarbeitern der Staatlichen Vogelschutzwarte Buckow sei an dieser Stelle für die<br />

interessante Exkursion sowie für die Übermittlung der Messtischblattangaben herzlich<br />

gedankt.<br />

Literatur<br />

DOLCH, D (1991): Zur Verbreitung der Nordischen Wühlmaus Microtus oeconomus im<br />

Bezirk Potsdam. - Populationsökologie von Kleinsäugerarten, Wiss. Beitr. Univ.<br />

Halle 1990/34 (P42), S. 145-150.<br />

DOLCH, D. (1995): Beiträge zur Säugetierfauna des Landes Brandenburg – Die Säugetiere<br />

des ehemaligen Bezirkes Potsdam. - Naturschutz und Landschaftspflege in<br />

Brandenburg, Sonderheft 1995, S. 1-96.<br />

JORGA, W. (1991): Zum aktuellen Erkenntnisstand der Verbreitungsgrenze von Microtus<br />

oeconomus (PALLAS, 1776). - Populationsökologie von Kleinsäugerarten, Wiss.<br />

Beitr. Univ. Halle 1990/34 (P42), S. 151-162.<br />

KAPISCHKE, H.-J. (1982): Zur Kleinsäugerfauna des NSG "Gülper See" und angrenzender<br />

Gebiete. - Naturschutzarbeit in Berlin und Brandenburg 18/3, S. 89-94.<br />

KAPISCHKE, H.-J. (1986): Zur Unterkieferhöhe von Waldspitzmäusen (Sorex araneus<br />

LINNAEUS, 1758) aus der DDR (Mammalia, Insectivora, Soricidae). - Zool. Abh.<br />

Mus. Tierkd. Dresden 42 (3), S. 53-56.<br />

KRAPP, J. (1999): Crocidura leucodon (Hermann, 1780). - In: Mitchell-Jones, A. J.;<br />

Amori, G.; Bogdanowicz, W.; Krystufek, B.; Reijnders, P. J. H.; Spitzenberger, F.;<br />

Stubbe, M.; Thissen, J. B. M.;Vohralik, V.; Zima, J. (1999): Atlas of European<br />

Mammals. The Academic Press, London. 496 pp.<br />

NOWAK, A. (2005): Craniometrische und genetische Analysen an Chromosomenrassen der<br />

Waldspitzmaus (Sorex araneus L.) in Sachsen. - Diplomarbeit Universität Leipzig<br />

(unveröff.).<br />

TURNI, H.; KAPISCHKE, H.-J.; BRÜNNER, H.; FEILER, A. (2000): Der Status von Sorex<br />

isodon marchius PASSARGE, 1984 (Mammalia: Insectivora: Soricidae). - Zool.<br />

Abh. Mus. Tierkd. Dresden 51 (14), S. 205-219.<br />

- 45 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Ronny Wolf & Louise Waßermann; Universität Leipzig, Institut für Biologie II (AG<br />

Molekulare Evolution & Systematik der Tiere), Talstraße 33, 04103 Leipzig<br />

- 46 -


Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Besondere Beobachtungen<br />

Fehlgeburt bei einer Wasserfledermaus<br />

Von Anwohnern des „Grünwalder Lauchs“, einer Bungalow-Siedlung an einem etwa<br />

100.ha großen Restsee des ehemaligen Tagebaues Plessa, westlich von Grünwalde, wurde<br />

ich benachrichtigt, dass sie eine Fledermaus an ihrem Schuppen (s. Abb. U9) entdeckt<br />

hatten. Durch Kotfunde waren sie aufmerksam geworden, hatten aber vorher schon öfters<br />

fliegende Fledermäuse beobachtet.<br />

Bei der Kontrolle am 09.06.2005 konnte ich in dem Spalt zwischen Dach und Dachrinne<br />

23 Wasserfledermäuse feststellen, die mit ihren Schnauzen herausguckten. Der Spalt ist<br />

1,0-1,5 cm breit und erweitert sich nach Angabe des Erbauers auf 3 cm.<br />

Eine Wasserfledermaus hing in Gebärstellung mit dem Kopf nach oben. Am Holz klebte<br />

ein kleines „Fleischklümpchen“, das sich bei Betrachtung mit der Lupe als Embryo<br />

entpuppte (Abb. U10). Die ursprüngliche Farbe, hellrosa, fleischfarben, ist durch die<br />

Ethanol-Konservierung verblasst.<br />

Da solche Funde sicher nicht häufig sind, bedanke ich mich bei dem Ehepaar Berg für ihr<br />

Interesse und die Benachrichtigung.<br />

Gisela Uhl, Maasbergstr. 24, 01979 Lauchhammer, OT Grünewalde<br />

Erstnachweis von der Mückenfledermaus P. pygmaeus<br />

im Nationalpark „Unteres Odertal“<br />

Seitdem bekannt wurde, dass sich unter der alten Bezeichnung „Zwergfledermaus“<br />

Zwillingsarten verbergen und erste morphologische Merkmale in der Literatur<br />

beschrieben wurden, untersuche ich die „Zwergfledermäuse“ in meinen Kästen etwas<br />

genauer.<br />

Zuerst konnte ich P. pygmaeus im Jahre 2000 in einem Kastenrevier (FS1-Kasten) im<br />

Biosphärenreservat Schorfheide Chorin MTB/Q 4929/2 nachweisen. Die Kästen hängen<br />

in ca. 4 m Höhe entlang einer Schneise zwischen einem Laubmischwaldbestand und einer<br />

Kiefernschonung. In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Feuchtgebiet mit Auenwald-<br />

Struktur, durchzogen von Entwässerungsgräben.<br />

Mittlerweile sind von dieser Art Wochenstuben und Paarungsgruppen in den Kästen<br />

festgestellt worden.<br />

Trotz intensiver Suche gelang in anderen Kastenrevieren mit ähnlichem Biotop kein<br />

Nachweis. Im Mai 2005 erfolgte der erste Nachweis im „Nationalpark Unteres Odertal“<br />

Kastenrevier „Teerofen“ MTB 2851/4, ein ♂ UA 29,2 mm, 5.F. 35,1 mm, Masse 6,3 g.<br />

Der Fundort ist ca. 50 Meter vom „Kanal“ (Hohensaaten-Friedrichstaler-Wasserstraße)<br />

entfernt. Die Fledermauskästen (vom Typ FS1) sind überwiegend an Kiefern angebracht<br />

worden.<br />

Im Oktober, fand ich dann eine Paarungsgruppe, ein ♂ und 2 ♀♀ im Kastenrevier<br />

Wildbahn 1, ca. 2 km von der Hohensaaten-Friedrichstaler-Wasserstraße entfernt. Diese<br />

Fledermauskästen hängen in einem Kiefernbestand mit Unterpflanzung durch<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

verschiedene Laubbaumarten. Alle Tiere wiesen die für Mückenfledermaus typischen<br />

Merkmale auf.<br />

Männchen - UA 29,1 mm, 5.F. 35,2 mm, Masse 6,5 g;<br />

erstes Weibchen - UA 30,8 mm, 5.F. 38,3 mm, Masse 8 g;<br />

zweites Weibchen - UA 29,7 mm, 5.F. 36,1 mm, Masse 8g.<br />

Das Vorkommen von P. mygmaeus beschränkt sich also nicht nur auf Laubmischwaldgebiete,<br />

sie kommt ebenso in Kiefernforsten vor, soweit ausreichend Kleingewässer oder<br />

Feuchtgebiete vorhanden sind.<br />

Ob es sich bei diesen Tieren um Durchzügler handelt oder um Ortsansässige wird sich in<br />

den nächsten Jahren zeigen.<br />

Jörn Horn, Flemsdorfer Str. 19, 16303 Schwedt<br />

Gibt es in Wulkow bei Booßen Weißbrustigel Erinaceus concolor?<br />

Diese Aufnahme entstand am Feuerlöschteich in<br />

Wulkow bei Booßen (Landkreis MOL) MTB/Q<br />

3552/4 am 25.05.2005 durch einen Spalt an einer<br />

Garage. Meine Idee einen Igel zu fotografieren<br />

hatte ich an diesem Abend eigentlich aufgegeben,<br />

denn der linke dunkelbraune Igel, welcher sich an<br />

diesem Abend zeigte, verschwand unter der<br />

Feuerwehrgarage, als ich den Fotoapparat zur<br />

Hand nahm.<br />

Der Versuch das entwischte Tier dennoch durch einen Spalt zu fotografieren, bescherte<br />

mir die unscharfe Aufnahme eines zweiten Igels. Später fragte ich mich, ob es sich bei<br />

dem rechten Tier eventuell um einen Weißbrustigel handeln könnte. Bei der Nachsuche<br />

im Internet fand ich die untere Abbildung eines Weißbrustigels, die dem Tier auf dem<br />

oberen Bild sehr ähnlich sieht. Ein Vorkommen dieser Art halte ich in der Gegend nicht<br />

für völlig ausgeschlossen, da bei STRESEMANN (1987) die westliche<br />

Verbreitungsgrenze in Odernähe liegt. Eine gezielte Nachsuche ist sicher lohnenswert,<br />

denn M. STUBBE, D. HEIDECKE, A. STUBBE (1994) schreiben über die ostdeutschen<br />

Bundesländer vom Aussterben der Arten Nerz, Große Hufeisennase, Ziesel und Ostigel in<br />

den letzten 100 Jahren.<br />

Leider fand ich keine Fotos von Weißbrustigeln, auf denen die Bauchseite zu sehen ist.<br />

Nicht einmal Bilder von der Brustseite des Braunbrustigels konnte ich ausfindig machen.<br />

Literatur<br />

M.STUBBE, D.HEIDECKE, A.STUBBE (1994): Säugetierarten und deren<br />

feldökologische Erforschung im östlichen Deutschland, Tiere im Konflikt 3/1994,<br />

Seite 44<br />

STRESEMANN (1987): Exkursionsfauna Band 3 Wirbeltiere, 10. Auflage, Seite 283<br />

Gabriel Pelz<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Hausrattenfund<br />

Durch den Fang einer Hausratte Mitte März 2005 in Rauen, LOS, MTB/Q 3650/3 konnte<br />

das Vorkommen aktuell bestätigt werden (s. Abb. U6 u. U8).<br />

P. Rogowitz<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Schlafender Otter am Scharmützelsee, LOS<br />

Bei einem Spaziergang im Januar diesen Jahres mit meinem Hund auf dem Eis in der<br />

Husarenbucht des Scharmützelsees spielte und stromerte er freudig umher. Dann, mit<br />

einem Mal, raste er zum Boot des Nachbarn, welches an Land umgedreht liegt. Hier<br />

stellte er sich davor auf und bellte lautstark. Warum ist auf dem Bild (Abb. U 1) zu sehen.<br />

Unseren Hund haben wir gelobt und den Otter mit einem Hühnerei beglückt. Am nächsten<br />

Tag haben wir den niedlichen Kerl nicht mehr zu Gesicht bekommen.<br />

Angelika Menzel, Wendisch-Rietz<br />

Todfund eines Europäischen Bibers<br />

Anfang des Jahres 2003 trieb ein toter Biber in einem Graben bei Falkenberg/Mark,<br />

MTB/Q 3149/4 (s. Abb.).<br />

Ronny Wendt, Papierfabrik 1, 16259 Falkenberg/Mark<br />

Neue Literatur<br />

BLOHM, T. & HAUF, H. (2005): Wiederholter Nachweis von Zweitwürfen des<br />

Siebenschläfers (Glis glis) in der Uckermark (Nordost-Brandenburg).<br />

Säugetierkdl.Mittl. 5, 595-601.<br />

BLOHM, T., GILLE, H., HAUF, H., HEISE, G. & HORN, J. (2005): Bemerkungen zur<br />

Störungstoleranz des Mausohrs (Myotis myotis) im Wochenstubenquartier.<br />

Nyctalus (N.F.) 10, H2, 99-107.<br />

BLOHM, T., EICHSTÄDT, H., GRIESAU, A., HAUF, H., HEISE, G., HERMANNS, U., HOFMANN,<br />

K. & MATHES, H. (2005): Fund eines missgebildeten Mausohrs (Myotis myotis).<br />

Nyctalus (N.F.) 10, H2, 216-220.<br />

FORKER, D., HEUER, B., ITTERMANN, L., WENDORF, R. & HAENSEL, J. (2005): Tragischer<br />

Unglücksfall: Turmfalk (Falco tinnuculus) erbeutet Mausohr (Myotis myotis).<br />

Nyctalus (N.F.) 10, H2, 219.<br />

HAENSEL, J. (2005): Fernfund eines Mausohrs (Myotis myotis) aus Bayern über 368 km im<br />

Land Brandenburg – ein Nachtrag. Nyctalus (N.F.) 10, H2, 220.<br />

HAENSEL, J. & ITTERMANN, L. (2005): Zur Herkunft in Paarungsquartieren anzutreffender<br />

Mausohren (Myotis myotis) und weitere Informationen zu diesem Quartiertyp.<br />

Nyctalus (N.F.) 10, H2, 2001-215.<br />

HEISE, G., BLOHM, T. & HAUF, H. (2005): Die Wochenstube des Mausohrs (Myotis<br />

myotis) in Burg Stagard, Mecklenburg/Vorpommern - Zwischenbericht nach<br />

25jährigen Untersuchungen. Nyctalus (N.F.) 10, H2, 168-182.<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

HORN, J. (2005): Mausohr-Wochenstube (Myotis myotis) erstmals in einer Holzbetonhöhle<br />

des Typs 2FN in einem ostbrandenburgischen Kiefernforst. 2 Teile. Nyctalus<br />

(N.F.) 10, H2, 108-124.<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Aus zweiter Hand<br />

„Eine halbe Million Hasen in Polen“<br />

Märkische Oderzeitg. v. 1.11.05<br />

Anlässlich des Beginns der Jagdsaison in Polen wird der Feldhasenbestand des<br />

Nachbarlandes mitgeteilt, 446000 Stück. In der vorangegangenen Jagdsaison wurden<br />

30000 erlegt, das sind 6,7 % vom Bestand. Im Vor-EU-Zustand der Natur gibt es<br />

offensichtlich auch keine Probleme mit dem Fuchs. ...<br />

1972-1975 gab das kleine Land Brandenburg noch etwa 1/3 der Hasenstrecke wie Polen<br />

heute her, 8900-12000 Stück. Damals genauso im Nebeneinander mit dem Fuchs.<br />

Heute wird der Feldhasenbestand in Brandenburg z.B. (Jagdbericht Brandenburg 2002/03)<br />

mit 40000 kalkuliert, von denen 3400 (8,5 %) erlegt wurden (angeblich nur 610<br />

abgeschossen). Trotz minimaler Bestände ist das eine höhere Rate als bei den hohen<br />

polnischen Beständen. Der im Jagdbericht miterwähnte Abschuss von Raubtieren ist 15<br />

mal höher (jedes Jahr ähnlich) und weist nach, dass ein direkter Bezug zwischen<br />

Beständen von Feldhase und Rotfuchs nicht besteht, sonst würden die steigenden<br />

Raubtierabschüsse schon längst steigende Feldhasenbestände nach sich ziehen.<br />

Kommentiert: A. Schmidt<br />

Nutria-Kolonie in Süd-Brandenburg<br />

Lausitzer Rundschau v. 31.1.06<br />

In Uferhöhlen des Schweingrabens im Rosengarten Saathain bei Elsterwerda, EE, lebt<br />

eine Gruppe Nutrias (12 – 15 Ex. ad und sad), wahrscheinlich Nachkommen von<br />

freigelassenen Tieren nach der Wende. Sie sind eine Attraktion für Spaziergänger und<br />

Familien. Durch die jahrelang anhaltenden Fütterungen behielten die Tiere ihre<br />

Vertrautheit.<br />

Nochmals ein Goldschakal in Brandenburg?<br />

Lausitzer Rundschau v. 31.1.06<br />

Auf einer Informationsveranstaltung zum Marderhund in Pechhütte, EE, u.a. mit Tipps<br />

einer Biologin zur Fallenaufstellung und Köderbereitung für<br />

die Jagd, wurde bekannt gegeben, dass zwischen Sorno und<br />

Staupitz ein Goldschakal gesichtet worden sei.<br />

Materialeinsendung: U. Albrecht, Elsterwerda<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Der interessante Wiederfund<br />

Jahre = Mindestalter des Tieres, BO = Beringungsort, Wo = Wochenstube, WoGr =<br />

Wochenstubengruppe, 1FW = Fledermaus-Überwinterungshöhle, Fka =<br />

Fledermauskasten, PGr = Paarungsgruppe, Zone = Winterhärtezone, ( ... ) = Kommentar<br />

Mückenfledermaus Pipistrellus pygmaeus FMZ Dresden C07646<br />

o 08.07.2003 W ad, Neuglobsow, Umweltbundesamt, OHV, Wo, Zwischendecke, mit<br />

über 1000 ad W, D. Dolch, J. Teubner, J. Teubner<br />

x 02.08.2003 Feldberg, Mecklenburg-Vorpommern, Netzfang, U. Hermanns; 34 km NO.<br />

Rauhhautfledermaus Pipistrellus nathusii LATVIA Riga F182481L<br />

o 02.09.1988 W dj, Pape, Liepaja, LV, G. Petersons<br />

x März 1992 Rhinow, Brandenburg, Garage, mumifiziert; 680 km SW, 3,5 J.<br />

D. Dolch<br />

Leserzuschrift<br />

Anmerkungen zu dem Beitrag „Der interessante Wiederfund“<br />

in Mitt. des LFA, Säugetierkunde Brandenburg-Berlin, 13. Jahrgang 2 / 2005.<br />

Für das Abendsegler-♀ Bonn E 418512 ist in zugehöriger Karte der Zugweg nach Punkt<br />

4. aus Richtung NW falsch eingezeichnet, richtig ist aus Richtung W.<br />

Der Kommentar „vermutlich regionale Überwinterer, Nichtzieher“ ist u.E. für diesen<br />

Wiederfund zeit- und entfernungsmäßig nicht nachvollziehbar. Dazu haben wir folgende<br />

Anmerkungen:<br />

1. Bei einer Entfernung zwischen Beringungs- und Wiederfundort von 243 km kann es<br />

sich nicht um einen „Nichtzieher“ handeln.<br />

2. Beringungsdatum und -ort, o 25.08.2002: E 418512 kann sich bereits im potenziellen<br />

Überwinterungsgebiet oder auf dem Durchzug dorthin befunden haben.<br />

3. Wiederfunddatum und -ort, x 18.04.2005: E 418512 kann bereits Ankömmling auf dem<br />

Heimzug gewesen sein (vgl. Tab. 11 in SCHMIDT 2000).<br />

4. Der Aufenthalt in einer 1FW-Höhle berechtigt nicht zu der Annahme einer<br />

Überwinterung in diesem Quartier (s. auch SCHMIDT & MIETHE 2004); das gilt ebenso für<br />

die Wiederfunde der Punkte 2. und 3. in o. g. Beitrag.<br />

Wir beziehen uns auf eigene Beobachtungen und Nachweise im Kreis Unna und der Stadt<br />

Dortmund, NRW.<br />

Die Untersuchungsgebiete (DEVRIENT & WOHLGEMUTH 2002) und neu hinzugekommene<br />

liegen im Bereich des Zugsektors Brandenburger Abendsegler von WNW bis SSE (HEISE<br />

& BLOHM 2004, SCHMIDT 2000). Auch die Wiederfundorte (u. a. Grindau bei<br />

Schwarmstedt, NI) von uns beringter Abendsegler (n = 9) sowie die Zugwege <strong>hier</strong><br />

nachgewiesener, andernorts markierter Tiere (n = 12, davon allein 7 aus Prenzlauer<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Gebieten) und der Beringungs- und Wiederfundort von E 418512 fügen sich in das<br />

Migrationsschema ein.<br />

Da es in Westfalen wahrscheinlich keine Wochenstuben von Nyctalus noctula gibt<br />

(VIERHAUS 1997), kann das Zuggeschehen gut interpretiert werden.<br />

Auffallend, und Hauptargument unserer Anmerkungen, ist die teilweise frühe Ankunft der<br />

ersten ♀♀ in unserem Bereich. Ausgewertet wurden die Ankunftsdaten ab Ende Juli<br />

(Auflösung der Wochenstuben) bis zum 25.08. (Beringungsdatum von E 418512) eines<br />

Jahres.<br />

Von 1194 beringten Abendsegler-♀♀ fielen 85 Beringungen und 4 Wiederfunde in diese<br />

Zeit. Die früheste nachgewiesene Ankunft war der 02.08.1998.<br />

Allein im Jahr 2002, dem Beringungsjahr von E 418512 wurden 45 Frühnachweise<br />

(Erstankunft 04.08.) registriert, 2003 16 weibliche Ankömmlinge (Erstankunft 09.08.).<br />

Die übrigen 28 Nachweise verteilen sich auf 9 Jahre (1994 und 1995 keine<br />

Frühnachweise); darunter befand sich ein ♀ aus Prenzlau, kontrolliert am 15.08.2004, 23<br />

Tage nach der Beringung, Zugweg 440 km WSW.<br />

Unabhängig von unseren Anmerkungen soll die Annahme von HEISE & BLOHM (2004)<br />

und SCHMIDT & MIETHE (2004) des allgemeinen Entwicklungstrends der Brandenburger<br />

Abendsegler-Populationen zum Teilzieherverhalten nicht in Frage gestellt werden.<br />

Literatur<br />

DEVRIENT, I. & R. WOHLGEMUTH (2002) : Erste Ergebnisse der Beringung von<br />

Abendseglern (Nyctalus noctula) im Kreis Unna, Nordrhein-Westfalen. Schr.R. für<br />

Landschaftspflege und Naturschutz 71: 225-232, Bonn.<br />

HEISE, G. & T. BLOHM (2004): Zum Migrationsverhalten uckermärkischer Abendsegler<br />

(Nyctalus noctula). Nyctalus (N.F.) 9: 249-258.<br />

SCHMIDT, A. (2000) : 30-jährige Untersuchungen in Fledermauskastengebieten<br />

Ostbrandenburgs unter besonderer Berücksichtigung von Rauhhautfledermaus<br />

(Pipistrellus nathusii) und Abendsegler (Nyctalus noctula). Nyctalus (N.F.) 7: 396-<br />

422.<br />

SCHMIDT, A. & H. MIETHE (2004): Bisherige Ergebnisse zur Nutzung von „Fledermaus-<br />

Großraum- und Überwinterungshöhlen 1FW“ durch Abendsegler (Nyctalus<br />

noctula) in Ost-Brandenburg und zu Überwinterungsversuchen der Art. Nyctalus<br />

(N.F.) 9, 365-371.<br />

VIERHAUS, H. (1997) : Zur Entwicklung der Fledermausbestände Westfalens – eine<br />

Übersicht. Abh. Westf. Mus. Naturkd. 59 (3): 11-24, Münster.<br />

Irmgard Devrient & Reinhard Wohlgemuth, Lerchenstr. 3, 59439 Holzwickede<br />

[Vielen Dank für die Richtigstellung und Erweiterung der Einordnungsmöglichkeiten<br />

(Extremdaten der Zieher). Die Fehler sind der Redaktion (A. Schmidt) unterlaufen.]<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Aus einer anderen Welt<br />

„Guten Appetit“<br />

Märkische Oderzeitg. v. 27.01.2006<br />

„Wegen des vereisten Schnees kommen Dam-, Rot- und Schwarzwild nur noch schwer an<br />

Nahrung. Förster Lutz Hamann verfüttert deshalb Mais und Heu im Revier Hubertusstock<br />

(Barnim). Jari schaut zu. Im Normalfall ist aber die Fütterung von Wildtieren verboten.“<br />

[Revier Hubertusstock ist immer noch kein Normalfall!]<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

„Autofahrer sind die größten Jäger“<br />

dpa: Märkische Oderzeitg. v. 07.03.2006<br />

Aus dem Innenministerium wird bekannt (W. Brandt), dass jährlich in Brandenburg 10000<br />

Stck. Schalenwild durch Kollision mit Autos getötet, 182 Menschen verletzt werden und<br />

eine große Zahl von Blechschäden repariert werden muss.<br />

Laut Jagdverband (Geschäftsführer B. Möller) ist „der Autofahrer der größte Jäger“. Vor<br />

allem „jetzt sei die Gefahr besonders groß, weil die Tiere oft verzweifelt Nahrung<br />

suchen.“ „Auch könne das Wild häufig der Verlockung des Salzes auf ... den Straßen<br />

nicht widerstehen: Sie brauchen das Salz für die Geweihentwicklung.“ „Im<br />

Bundesvergleich nehme das Land [bei Wildunfällen] eine traurige Spitzenposition ein.“<br />

[Nun gibt es im Leben des Wildes neben der Brunftzeit (Mittl. LFA ... 2/2003) eine zweite<br />

Phase des wilden Umherrennens.<br />

Die Erklärungsversuche sind völlig haltlos.<br />

Das Natriumchlorid des Streusalzes ist so gut wie bedeutungslos für die<br />

Geweihentwicklung.<br />

Besonders krass ist das Außerachtlassen jeglichen Bezuges zur Populationsentwicklung<br />

des Schalenwildes in Brandenburg. Seit der Wende wurden die Bestände um 60 % erhöht,<br />

von 179500 Stck. auf 286400 Stck. (2003). Der Abschuss blieb anteilmäßig mit 59 %<br />

bzw. 58 % fast gleich, stieg natürlich zahlenmäßig erheblich an.<br />

Der Abschuss reicht nicht einmal für ein Gleichhalten der Bestände aus (s.a. Mittl. LFA ...<br />

2/2003). Einen besonders starken Wachstumsschub für die Paarhuferpopulationen löste<br />

eine Verringerung des Abschusses aus. Z.B. wurden im Jagdjahr 2004/05 nur 52596<br />

Wildscheine abgeschossen, das sind im Vergleich zum Durchschnitt der beiden Vorjahre<br />

(72543 Ex.) rund 20000 Ex. weniger. Nach Eingliederung dieser Tiere in die Vermehrung<br />

führte das zu einer Bestandsaufstockung von rund 50 %!<br />

Jährlich rund 10000 tote Paarhufer durch den Verkehr machen einen Anteil am Abschuss<br />

im Lande (166993 Stck., 2002/03) von 6 % aus, bei n Millionen Autofahrern. Die<br />

Geschädigten nun noch als die „größten Jäger“ zu verhöhnen ist zumindest ungehörig.<br />

Auf einen Jäger in Brandenburg (16500 Personen) entfallen durchschnittlich 10<br />

abgeschossene Paarhufer pro Jahr. Wenn also der größte Jäger nach der Anzahl seiner<br />

Abschüsse beurteilt wird, so ist der Titel wohl nicht unter 50 Ex./Jahr und Person zu<br />

erhalten.<br />

Waldbesitzer klagen über zu viel Wild (Märkische Oderzeitg. v. 26.11.2005) und werfen<br />

der Landesregierung vor, kein Konzept zu haben, „um die hohen Wildbestände auf ein<br />

verträgliches Maß zu reduzieren. Die Schäden durch Wild machten Maßnahmen zur<br />

Verjüngung des Baumbestandes unmöglich“ (Märkische Oderzeitg. v. 06.03.2006).<br />

Beschädigungen von Autos sind auch Wildschäden und müssen als solche auch<br />

ausgeglichen werden.]<br />

Kommentiert und zitiert: A. Schmidt<br />

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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />

Ankündigung<br />

Fledermaus-/Kleinsäugerarbeitstagung in Menz, OHV<br />

Der Förderverein „Naturlandschaft Stechlin und Menzer Heide“ e.V. stellt uns Saal und<br />

Seminarraum in der Regionalwerkstatt Stechlin zur Verfügung. Naturparkverwaltung und<br />

Naturwacht werden unsere Veranstaltung unterstützen.<br />

Zeit: 14.7.2006 19.00 Uhr bis 16.7.2006 gegen Mittag<br />

Schwerpunkt: Untersuchungen zur Fledermausfauna<br />

im Naturpark „Stechlin – Ruppiner Land“<br />

Übernachtung: Schlafsack und Luftmatratze/Isomatte bzw. Pensionen im Ort<br />

(eigene Anmeldung). Verpflegung aus dem Rucksack.<br />

Ausrüstung: Fangutensilien, Lampen, Detektor, Mückenschutz usw.<br />

Anmeldung: möglichst bis Ende Juni bei<br />

Dr. Dietrich Dolch, Dorfstr. 2 d, 16818 Radensleben<br />

Dr. D. Dolch<br />

Impressum<br />

Herausgeber: NABU, LV Brandenburg<br />

LFA Säugetierkunde<br />

Redaktion:<br />

Beeskow.<br />

Heiko Miethe, Am Graben 20, 15848 Beeskow,<br />

Dr. Axel Schmidt, Storkower Str. 11, 15848<br />

e-Mail: MitteilLFA@aol.com<br />

Druck: Druckerei Fischer, 15848 Ranzig<br />

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