01.02.2013 Aufrufe

Die Technik bis zur Zeitenwende Geschichte des ... - Get in Form

Die Technik bis zur Zeitenwende Geschichte des ... - Get in Form

Die Technik bis zur Zeitenwende Geschichte des ... - Get in Form

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 10/2008 FORUM-<br />

Autor: Christ<strong>in</strong>a Cassim, Fotos: Bildarchiv Kunstgiesserei, Felix Lehner<br />

<strong>Die</strong> <strong>Technik</strong> <strong>bis</strong> <strong>zur</strong> <strong>Zeitenwende</strong><br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> Kunstgusses, Teil 1<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> Metallgusses reicht<br />

6000 Jahre <strong>zur</strong>ück. Mit dörflichen Sied­<br />

lungen, Haustierhaltung und Pflanzen­<br />

bau wuchs der Bedarf an Werkzeugen,<br />

Schmuck, häuslichem Gerät und religi­<br />

ösen Artefakten. Teil 1 <strong>des</strong> Beitrags be­<br />

schreibt die <strong>Technik</strong> <strong>des</strong> Metallgusses<br />

<strong>bis</strong> <strong>zur</strong> <strong>Zeitenwende</strong>, zu der diese weit­<br />

gehend ihren heutigen Stand erreichte.<br />

<strong>Die</strong> Erweiterung der technischen Mög­<br />

lichkeiten und der Wandel <strong>des</strong> künstle­<br />

rischen Ausdrucks g<strong>in</strong>gen seitdem mit­<br />

e<strong>in</strong>ander e<strong>in</strong>her, wie Teil 2 im nächsten<br />

Heft zeigen wird.<br />

Der Übergang von der metalllosen<br />

Jungste<strong>in</strong>zeit <strong>zur</strong> Bronzezeit vollzog<br />

sich fließend, sodass der Begriff "Kupferste<strong>in</strong>zeit"<br />

(Chalkolitikum) gebraucht<br />

wird. <strong>Die</strong> älteste europäische Kupferm<strong>in</strong>e<br />

aus der 2. Hälfte <strong>des</strong> 5. Jahrtausends<br />

v. Chr. wurde <strong>in</strong> der Nähe von<br />

Belgrad gefunden.<br />

Bereits vor 4000 v. Chr. bewiesen Ohrr<strong>in</strong>ge,<br />

Haarspangen und Nadeln vielerorts<br />

e<strong>in</strong>e fortgeschrittene Kenntnis der<br />

Kupferverarbeitung. Für Flachbeile aus<br />

der Schweiz wird e<strong>in</strong> Alter von etwa<br />

6000 Jahren geschätzt. Äxte mit gegossenem<br />

Schaftloch aus dem 5. Jahrtausend<br />

v. Chr. stammen aus dem Balkan.<br />

Ähnlich entwickelte Werkzeuge<br />

wurden <strong>in</strong> Mesopotamien erst auf<br />

3500 v. Chr. datiert.<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung der Bronzetechnik<br />

verbreitete sich rasch und eröffnete<br />

aufgrund der größeren Härte und leichteren<br />

Verarbeitung neue Verwendungsund<br />

GestaJtungsmöglichkeiten. Schon<br />

früh waren Legierungen von Kupfer<br />

mit Arsen, das häufig <strong>in</strong> Kupferlagern<br />

vorkommt, oder Blei <strong>in</strong> Gebrauch. Z<strong>in</strong>n<br />

war selten und schwerer zu beschaffen;<br />

trotzdem verdrängte Z<strong>in</strong>nbronze<br />

b<strong>in</strong>nen weniger Jahrhunderte die Arsenbronze,<br />

vermutlich, weil sich schon<br />

früh die Giftigkeit <strong>des</strong> Arsens erwies.<br />

<strong>Die</strong> ältesten Z<strong>in</strong>nbronzen wurden <strong>bis</strong>-<br />

Bild 1: Grab von Rechmire, Handwerker-Szenen, Gießer mit Tiegeln und Zangen, Theben,<br />

1445 v. Chr.<br />

her <strong>in</strong> Mitteldeutschland nachgewiesen<br />

und s<strong>in</strong>d älter als 3000 v. Chr.<br />

Seit etwa 2500 v. Chr. breitete sich der<br />

Metallguss von Mesopotamien nach<br />

Kaukasien, Ägypten und Kreta aus. Der<br />

steigende Metallbedarf führte <strong>in</strong> diesen<br />

Ländern bald schon zu e<strong>in</strong>er Suche<br />

nach auswärtigen Erzvorkommen<br />

und <strong>in</strong> der Folge zu e<strong>in</strong>er ausgedehnten<br />

Handelstätigkeit. E<strong>in</strong>flüsse von der<br />

Pyrenäenhalb<strong>in</strong>sel und aus Südosteuropa<br />

brachten die Kenntnis der Bronzetechnik<br />

zu Beg<strong>in</strong>n <strong>des</strong> 2. Jahrtausends<br />

v. Chr. nach Mittel- und Nordeuropa.<br />

Das Wort "Erz" stammt aus dem sumerischen<br />

"urud" für Kupfer und wurde<br />

sowohl für Eisen als auch Nichteisenmetalle<br />

wie Kupfer, Z<strong>in</strong>n, Z<strong>in</strong>k und Blei<br />

sowie deren Legierungen gebraucht. Der<br />

Begriff "Metall" ist dem griechischen<br />

metalJon (metalIon = Bergwerk) abgeleitet<br />

und bezeichnete zunächst alles<br />

"im Bergwerk gefundene", <strong>bis</strong> er erst <strong>in</strong><br />

neuerer Zeit aufdie heutige Bedeutung<br />

e<strong>in</strong>geschränkt wurde.<br />

Erz wurde gewöhnlich im Tagebau<br />

gewonnen. Bereits aus dem späten<br />

3. Jahrtausend v. Chr. ist jedoch <strong>in</strong><br />

Kreta schon e<strong>in</strong> Abbauschacht bekannt.<br />

Nach dem Abbau wurde es<br />

aussortiert, geröstet, zerstoßen, gesiebt<br />

und dann zusammen mit Holzkohle <strong>in</strong><br />

den Schmelzofen geschoben.<br />

Von der Insel Zypern stammt der Name<br />

cuprum, aus dem sich das Wort "Kupfer"<br />

ableitet. Von Zypern aus wurden das m<strong>in</strong>oische<br />

Kreta, Syrien und Griechenland<br />

beliefert. Kupfer sowie gießfertige Bronze<br />

wurden <strong>in</strong> kissenförmigen "Ochsenhaut-Barren"<br />

exportiert. <strong>Die</strong> <strong>Form</strong> der<br />

Barren ergab sich mit der Grube, <strong>in</strong> der<br />

das ausgeschmolzene Metall gesammelt<br />

wurde. Unter römischer Herrschaft wurde<br />

Kupfer von Zypern nach Skand<strong>in</strong>avien,<br />

Spanien und Gallien verschifft.<br />

Blei fIel als Nebenprodukt <strong>in</strong> den Silberbergwerken<br />

an und kam als alternativer<br />

und billigerer Zuschlagstoff zum E<strong>in</strong>satz.<br />

<strong>Die</strong> Beimischung von Blei begünstigt<br />

zwar die Schmelzeigenschaften der<br />

Legierung, bee<strong>in</strong>trächtigtjedochje nach<br />

Anteil die Qualität der Bronze und wurde<br />

nach Möglichkeit nur als Streckmittel<br />

verwendet. Z<strong>in</strong>n wurde schon früh aus<br />

KJe<strong>in</strong>asien, dem mittleren Osten, Spanien,<br />

Portugal und den Britischen Inseln<br />

e<strong>in</strong>geführt. <strong>Die</strong> harte Arbeit <strong>in</strong> den Bergwerken<br />

verrichteten vor allem Sklaven.<br />

Eisen muss bereits bei der Metallgew<strong>in</strong>nung<br />

<strong>des</strong> 3. vorchristlichen Jahrtausends


•<br />

FORUM G1ESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 10/2008<br />

gelegentlich als Nebenprodukt angefallen<br />

se<strong>in</strong>. In natürlichen Vorkommen ist<br />

es äußerst selten, beispielsweise <strong>in</strong> Meteoriten-Funden<br />

anzutreffen. Da die Gew<strong>in</strong>nung<br />

von Roheisen Schmelztemperaturen<br />

um 1534oe, e<strong>in</strong>e hoch entwickelte<br />

Metallurgie sowie schwefel- und phosphorfreie<br />

Eisenerze erfordert, dauerte es<br />

e<strong>in</strong>ige Jahrhunderte, <strong>bis</strong> schmiedbares<br />

Eisen und Stahl verlässlich erzeugt werden<br />

konnten. <strong>Die</strong> ältesten bekannt gewordenen<br />

Reste von durch Menschen<br />

hergestelltes Eisen stammen aus dem<br />

Zweistromland. E<strong>in</strong>e systematische Eisengew<strong>in</strong>nung<br />

wird den Hethitern zugeschrieben,<br />

die 1400 <strong>bis</strong> 1200 v. Chr.<br />

e<strong>in</strong>e Art Eisenmonopol im Vorderen Orient<br />

hatten. Der Beg<strong>in</strong>n der Eisenzeit ist<br />

regional verschieden auf die Zeit um<br />

1000 v. Chr. datiert, als das Eisen Ste<strong>in</strong><br />

und Bronze bei der Herstellung großer<br />

und schwerer Werkzeuge zu verdrängen<br />

begann. Während der Eisenzeit verlagerte<br />

sich die Produktion <strong>des</strong> Bronzehandwerks<br />

allmählich auf die Fertigung von<br />

BescWägen, fIguralen Kle<strong>in</strong>bronzen und<br />

das Gießen und Prägen von Münzen.<br />

Archäologische Funde zu frühen<br />

Gießern<br />

Von den Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen der frühen<br />

Gießer und Metallarbeiter geben<br />

archäologische Funde und keramische<br />

Malereien Auskunft. Aus ägyptischen<br />

Grabstätten s<strong>in</strong>d detaillierte Darstellungen<br />

vieler handwerklicher Prozesse<br />

bekannt. Aus dem Grabmal <strong>des</strong><br />

ägyptischen Statthalters Rechmire<br />

(1470 v. Chr.) s<strong>in</strong>d Ste<strong>in</strong>zeichnungen<br />

bekannt, die Handwerker beim Hantieren<br />

mit Blasebälgen, Tiegeln und Tragvorrichtungen<br />

zeigen (Bild 1).<br />

Das Metall wurde <strong>in</strong> Lehm- oder<br />

Bronzeformen oder auch <strong>in</strong> Sandste<strong>in</strong>formen<br />

mit e<strong>in</strong>graviertem Negativ gegossen.<br />

Schon damals wurden, den<br />

heutigen Verfahren nicht unähnlich,<br />

<strong>in</strong> so genannten Modelltrauben Gussformen<br />

für mehrere gleichartige Objekte<br />

hergestellt. Funde belegen bereits<br />

die Verwendung <strong>des</strong> Hohlgusses mit<br />

e<strong>in</strong>em fIXierten Kern.<br />

Der Gießerei haftete jahrhundertelang<br />

e<strong>in</strong>e magische Aura an, da der Transformation<br />

<strong>des</strong> Metalls <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en geformten<br />

Zustand e<strong>in</strong>e spirituelle Bedeutung<br />

zukam. <strong>Die</strong> Gussformen wurden<br />

als "Embryos" bezeichnet. E<strong>in</strong>e assyrische<br />

Handschrift beschreibt das magisch-feierliche<br />

Ritual, das damit verbunden<br />

war:<br />

"Wenn du e<strong>in</strong>en Erzofen anlegst, so wähle<br />

e<strong>in</strong>en günstigen Tag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em günstigen<br />

Monat, und erst dann lege den Ofen<br />

an. Während sie den Ofen bauen, sollst<br />

du ihnen zusehen, und selbst arbeiten<br />

im Haus <strong>des</strong> Ofens: Lege die Embryos <strong>in</strong><br />

die Kappe <strong>des</strong> Ofens; ke<strong>in</strong> Fremder darf<br />

ihn betreten, und ke<strong>in</strong> Unre<strong>in</strong>er darf ihnen<br />

vorangehen. Du sollst die gebotenen<br />

Tr<strong>in</strong>kopfer vor ihnen spenden. An dem<br />

Tage, an dem du das Erz <strong>in</strong> den Ofen<br />

legst, sollst du vor den Embryos Opfer<br />

br<strong>in</strong>gen; du sollst e<strong>in</strong> Weihrauchgefäß<br />

mit Tannenweihrauch vor sie stellen und<br />

Bier vor ihnen ausgießen..."<br />

Darstellungen der griechischen Sagenwelt<br />

und Schilderungen aus Werkstätten<br />

vermitteln e<strong>in</strong>e Vorstellung vom<br />

Gießereihandwerk der Antike. Der griechische<br />

Schmiedegott Hephaistos wird<br />

mit den Attributen der Schmiede, aber<br />

auch mit Schmelzofen, Tiegeln oder<br />

Erzklumpen dargestellt. <strong>Die</strong> Tradition<br />

<strong>des</strong> Gießereihandwerks zu Homers Zeit<br />

reichte <strong>bis</strong> <strong>in</strong>s 3. vorchristliche Jahrtausend<br />

<strong>zur</strong> kretischen und trojanischen<br />

Gießereikunst <strong>zur</strong>ück. Ausgrabungsfunde<br />

von Schmelzöfen und Werkzeugen<br />

<strong>zur</strong> Nachbearbeitung zeigen das<br />

Vorhandense<strong>in</strong> temporärer und ständiger<br />

Gießereien am Rande der Agora<br />

<strong>in</strong> Athen, <strong>in</strong> den Heiligtümern OIympia<br />

und Nemea. In OIympia wurden unzählige<br />

Bronzestatuetten aus dem 8. Jahrhundert<br />

v. Chr. gefunden. Das Gießereihandwerk<br />

bediente sich damals immer<br />

noch recht e<strong>in</strong>facher Werkzeuge, sodass<br />

Werkstätten problemlos temporär<br />

neben dem Heiligtum e<strong>in</strong>gerichtet werden<br />

konnten. Fehlgüsse und ungebrochene<br />

Metallstücke dienten ebenso als<br />

Weihegaben wie gelungene Güsse.<br />

E<strong>in</strong>e Vorstellung über die antike Gusstechnik<br />

vermitteln Rekonstruktionen aus<br />

Funden u. a. an der Athener Agora. <strong>Die</strong><br />

Gießgrube war gewöhnlich birnenförmig<br />

und an der schmalen Seite über e<strong>in</strong>ige<br />

Stufen zu betreten. <strong>Die</strong> <strong>Form</strong> wurde<br />

<strong>in</strong> der Mitte aufgesetzt und erhitzt, sodass<br />

das Wachs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Vertiefung abfließen<br />

konnte. AnscWießend wurde die<br />

Grube mit Erde aufgefüllt und festgestampft,<br />

um die <strong>Form</strong> während <strong>des</strong> Gießvorgangs<br />

zu stabilisieren. Für den Guss<br />

wurde Bronze <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Legierung von etwa<br />

90 0/oKupfer zu 10% Z<strong>in</strong>n <strong>in</strong> Tontiegeln<br />

bei Temperaturen von über 1084°C<br />

zum Schmelzen gebracht. Dazu standen<br />

zum Teil bereits große, mit Blasebälgen<br />

belüftete Schmelzöfen <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

Nach dem AbküWen <strong>des</strong> Gusses wurde<br />

die <strong>Form</strong> zerschlagen und die Fe<strong>in</strong>arbeit<br />

<strong>in</strong> der Werkstatt vorgenommen.<br />

Wachsausschmelzverfahren<br />

schon 2500 v. ehr.<br />

Das älteste Beispiel e<strong>in</strong>es Gusses im<br />

Wachsausschmelzverfahren ist die Figur<br />

e<strong>in</strong>es Tanzmädchens aus der Indus-Kulturvon<br />

etwa 2500 v. Chr. In der frühgriechischen<br />

Bronzetechnik wurde sowohl<br />

<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>formen als auch im Wachsausschmelzverfahren<br />

gegossen. <strong>Die</strong> genaue<br />

Herstellungsweise lässt sich oft nicht<br />

e<strong>in</strong>deutig bestimmen. Tier- oder Pferdefiguren<br />

aus der geometrischen Periode<br />

wurden ansche<strong>in</strong>end ohne Hilfsnegative<br />

im direkten Wachsausschmelzverfahren<br />

gegossen. Dabei wurde e<strong>in</strong>e Figur<br />

zunächst <strong>in</strong> Wachs modelliert und das<br />

fertige Modell mit e<strong>in</strong>em Lehmmantel<br />

umgeben. Zur besseren Festigkeit wurde<br />

der Lehm mit Sand, Schamotte, Fasern<br />

oder Haaren vermengt. <strong>Die</strong> <strong>Form</strong> wurde<br />

sodann erhitzt und das Wachs dabei<br />

ausgeschmolzen. In den HoWraum wurde<br />

nun das Metall e<strong>in</strong>gegossen und die<br />

<strong>Form</strong> nach dem Erkalten <strong>des</strong> Metalls abgeschlagen.<br />

<strong>Die</strong>se frühen Figuren wurden<br />

nicht überarbeitet, sondern im Rohguss,<br />

zum Teil mit E<strong>in</strong>gusskanälen und<br />

Nähten, belassen.<br />

Aus derselben Zeit s<strong>in</strong>d zweiteilige <strong>Form</strong>en<br />

aus Etrurien bekannt. Der Guss <strong>in</strong><br />

wieder verwendbaren Teilformen war bereits<br />

im 7. Jahrhundert v. Chr. auf Samos<br />

entwickelt worden, wurde ansche<strong>in</strong>end<br />

jedoch nicht von anderen Werkstätten<br />

übernommen. Neben der Verwendung frischen<br />

Metalls war überall das E<strong>in</strong>schmelzen<br />

und Verarbeiten alter Güsse an der<br />

Tagesordnung, sodass davon auszugehen<br />

ist, dass die meisten der damals gefertigten<br />

Bronzen zerstört bzw. <strong>in</strong> andere Gestaltungsformen<br />

überfuhrt worden s<strong>in</strong>d.<br />

Beim direkten Wachsguss wurde über<br />

e<strong>in</strong>em Gerüst aus Metallarmierungen<br />

oder aus Holz e<strong>in</strong> Kern aus Lehm aufgebaut,<br />

der der gewünschten <strong>Form</strong> <strong>des</strong><br />

Modells weitgehend entspricht. Darüber<br />

wurde aus Wachs die eigentliche Modellierung<br />

aufgebracht und nach der<br />

Vollendung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Lehmform verpackt.<br />

Kern und <strong>Form</strong> wurden mit Stiften ane<strong>in</strong>ander<br />

fIXiert. Im Ofen erhitzt wurde<br />

das Wachs ausgeschmolzen und so das<br />

Negativ für den Bronzeguss hergestellt.<br />

Verbleibt der Kern beim Guss <strong>in</strong> der <strong>Form</strong>,<br />

so erhielt man e<strong>in</strong>en HoWguss, der aufgrund<br />

se<strong>in</strong>er Material sparenden Dünnwandigkeit<br />

das Gießen größerer <strong>Form</strong>en<br />

erlaubte. <strong>Die</strong> älteste bekannte Plastik im


-<br />

G1ESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 10/2008 FORUM<br />

<strong>Die</strong> ältesten bekannten Metalle<br />

<strong>Die</strong> ältesten bekannten Metalle s<strong>in</strong>d Kupfer und Gold. Schon aus dem 8. Jahrtausend v. Chr. ist der Abbau von Kupfer<br />

mit ste<strong>in</strong>zeitlichem Gerät bekannt. Schmuckperlen, Anhänger und Kl<strong>in</strong>gen aus annähernd re<strong>in</strong>em Kupfer stammen<br />

aus der mittleren und späteren Jungste<strong>in</strong>zeit. Über die Verfahren, die <strong>zur</strong> Metallgew<strong>in</strong>nung geführt haben, lassen sich<br />

nur Vermutungen anstellen. Experimente zeigen, dass Malachit <strong>in</strong> der reduzierenden Atmosphäre e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>fachen<br />

Töpferofens mit getrennter Feuerung schon bei Temperaturen von 700 <strong>bis</strong> 800°C (Rotglut) zu Kupfer reduziert. Das<br />

so aus ungeschmolzenen Erzbrocken gewonnene, rostig ziegelfarbene Material ist schmiedbar und zeigt beim Hämmern<br />

zunehmenden metallischen Glanz und Härte. <strong>Die</strong>s könnte der Ausgangspunkt für e<strong>in</strong>e frühe Kupfergew<strong>in</strong>nung<br />

gewesen se<strong>in</strong>, bevor das Erz <strong>in</strong> Tonöfen ausgeschmolzen wurde.<br />

Hohlguss stammt aus Kreta: der so genannte<br />

"Karlsruher Frauenkopf' aus der<br />

2. Hälfte <strong>des</strong> 7. Jahrhundert v. Chr. <strong>Die</strong><br />

Hochblüte <strong>des</strong> Hohlgusses im Wachsausschmelzverfahren<br />

wurde im 5. und<br />

6. Jahrhundert v. Chr. erreicht. <strong>Die</strong> <strong>Technik</strong><br />

war bereits so weit vervollkommnet,<br />

dass sie im Wesentlichen dem heutigen<br />

Wachsausschmelzverfahren entspricht.<br />

Außerdem waren der offene Herdguss<br />

sowie das Gießen <strong>in</strong> geschlossene Sandformen<br />

gebräuchlich.<br />

Vervollkommnung <strong>des</strong> Hohlgusses<br />

Bis 450 v. Chr. bestand die künstlerische<br />

Produktion hauptsächlich <strong>in</strong> der<br />

Gestaltung von kle<strong>in</strong>eren Bronzeplastiken.<br />

Danach ermöglichte die Vervollkommnung<br />

<strong>des</strong> Hohlgusses und die<br />

<strong>Technik</strong> der Stückform das Gießen größerer<br />

Plastiken. Funde von Gips- und<br />

Tonnegativen zeugen seit dem 5. Jahrhundert<br />

v. Chr. von der Verbreitung<br />

von Stückformen und Modellen.<br />

Große Skulpturen wurden <strong>bis</strong> zum<br />

7. Jahrhundert v. Chr. <strong>in</strong> Holz geschnitzt<br />

und zum Teil mit Bronze- oder<br />

Silberblech besetzt. Versatzstücke dieser<br />

Verkleidungen s<strong>in</strong>d erhalten geblieben,<br />

zum Beispiel die silbernen Fragmente<br />

e<strong>in</strong>es monumentalen Stieres aus Delphi.<br />

Offenbar schon früh wurde auf die<br />

hölzernen Kerne verzichtet und die ge-<br />

Literatur<br />

triebenen Versatzstücke aus Blech über<br />

e<strong>in</strong>em Gerüst zusammengenietet. Solche<br />

Sphyrelata (von Sphyra = Hammer)<br />

s<strong>in</strong>d seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. als<br />

altertümliche Monumentalbildwerke<br />

bekannt. Nur wenige davon s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

zum Teil stark verbeultem und korrodiertem<br />

Zustand erhalten geblieben. Sie<br />

s<strong>in</strong>d ansche<strong>in</strong>end - noch vor den frühesten<br />

figürlichen Marmorskulpturen<br />

- die ältesten griechischen Großplastiken<br />

und wurden erst im ausgehenden<br />

6. Jahrhundert v. Chr. allmählich von<br />

gegossenen Plastiken verdrängt. Bis<br />

<strong>zur</strong> zweiten Hälfte <strong>des</strong> 6. Jahrhundert<br />

v. Chr. war man auf diese Treibtechnik<br />

<strong>zur</strong> Herstellung von größeren Plastiken<br />

angewiesen. Bis <strong>in</strong>s 19. Jahrhundert<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> wurden solche getriebenen<br />

Skulpturen hergestellt, wenn z.B. an<br />

unzugänglichen Stellen wie Giebeln<br />

oder Dachfirsten die Festigkeit der Figuren<br />

nicht maßgeblich war.<br />

<strong>Die</strong> Anfertigung von Hilfsnegativen<br />

beim <strong>in</strong>direkten Wachsausschmelzverfahren<br />

hatte den Vorteil, dass das<br />

Orig<strong>in</strong>al beim Guss nicht zerstört wird<br />

und sich beim Missl<strong>in</strong>gen <strong>des</strong> Gusses<br />

die Prozedur rascher wiederholen lässt.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Technik</strong> erlaubte das Gießen e<strong>in</strong>zelner<br />

dünnwandiger Teile e<strong>in</strong>er größeren<br />

Plastik, die anschließend zusammengesetzt<br />

werden mussten.<br />

Zimmer, G.: Antike Werkstattbilder. Bilderheft der Staatlichen<br />

Museen Preussischer Kulturbesitz, Heft 42, Gebr. Mann<br />

Verlag, Berl<strong>in</strong> 1982<br />

Spycher, A.: Der Bronzeguss - e<strong>in</strong> antikes Kunsthandwerk,<br />

Heft 58, Verlag der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde,<br />

Basel<br />

Beim Guss mit Hilfsnegativ wurde von<br />

e<strong>in</strong>em Ton- oder Wachsmodell erst<br />

e<strong>in</strong> wieder verwendbares Negativ, zumeist<br />

<strong>in</strong> Lehm oder Gips, abgenommen.<br />

<strong>Die</strong>ses wurde mit Wachs ausgelegt oder<br />

ausgep<strong>in</strong>selt und wieder zusammengefügt.<br />

Für unterschnittene Details wie<br />

Gewandfalten oder Be<strong>in</strong>zwischenräume<br />

wurden Stückformen angefertigt.<br />

Locken, Wimpern, Lippen oder Augen<br />

wurden zum Teil aus anderen Materialien<br />

- andersfarbigem Metall, Elfenbe<strong>in</strong><br />

oder Halbedelste<strong>in</strong> - getrennt gefertigt<br />

und später e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

In das mit Wachs ausgekleidete Negativ<br />

wurde der Kern e<strong>in</strong>gefüllt. Während dazu<br />

heute e<strong>in</strong>e gießfähige Masse aus Schamotte<br />

und Gips zum E<strong>in</strong>satz kommt und zum<br />

Vermeiden von Luftkammern Rührgeräte<br />

<strong>zur</strong> Verfügung stehen, s<strong>in</strong>d aus der Antike<br />

nur Gusskeme aus Ton und Sand bekannt.<br />

Um e<strong>in</strong>e gründliche Trocknung unter der<br />

Wachsschicht zu ermöglichen und Lufte<strong>in</strong>schlüsse<br />

zu vermeiden, die den Kern<br />

beim Erhitzen sprengen würden, wurde<br />

er schichtweise aufgebaut, wobei Armierungen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden konnten.<br />

Christ<strong>in</strong>a Cassim, Dipl.-Designer<strong>in</strong>, Berl<strong>in</strong><br />

Weitere Informationen:<br />

www.kunstguss.ch<br />

Hauser, c.: <strong>Die</strong> Kunstgiesserei. Les Editions de Bonvent,<br />

Genf 1972<br />

Bol, P. c.: Antike Bronzetechnik. Kunst und Handwerk antiker<br />

Erzbildner, Verlag Ch. H. Beck München, 1985<br />

Moesta, H.: Erze und Metalle - ihre Kulturgeschichte im<br />

Experiment, Spr<strong>in</strong>ger Verlag Berl<strong>in</strong>, Heidelberg, New York,<br />

Tokyo, 1986

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!