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Neue Ausstellung im Museum Moderner Kunst - UP-Campus Magazin

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10 | Politik & Gesellschaft<br />

ereplan zu machen, bevor sie recht eine Orientierung<br />

<strong>im</strong> Leben gefunden haben, dehnt<br />

sich auf die Universitäten aus, wo <strong>im</strong>mer<br />

striktere Lehrvorgaben und kürzere Studienzeiten<br />

die Freiheit der Lehre und der Studierenden<br />

zunehmend einschränken und so<br />

wichtige studentische Innovationspotentiale<br />

ersticken.<br />

Im Berufsleben manifestiert sich der Stress<br />

mehr und mehr in pathologischen Depressionen,<br />

unter welchen in Deutschland mehr<br />

als 4 Millionen Menschen leiden, womit<br />

man von einer Volkskrankheit sprechen<br />

kann. Daneben werden „Burnout“ und andere<br />

stressbasierte Krankheitserscheinungen<br />

<strong>im</strong>mer weniger ungewöhnlich.<br />

Der demographische Wandel mit seinen<br />

rückläufigen Geburtenraten, der bei dem<br />

Drang nach Wachstum eine zusätzliche Belastung<br />

für die Wirtschaft darstellt, befindet<br />

sich mit dem Leistungsdenken in starker<br />

Interaktion und bewegt sich zusammen mit<br />

diesem auf einer Abwärtsspirale: Familienplanung<br />

wird <strong>im</strong>mer häufiger zu einem der<br />

Karriere nachrangigem Ziel - die Angst vor<br />

einer ungewissen Zukunft spielt dabei eine<br />

entscheidende Rolle.<br />

All dies stellt eine große Belastung für den<br />

Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft und<br />

das kapitalistische Prinzip dar - klar ist, dass<br />

tiefgreifende Reformen und Umbrüche notwendig<br />

sind, um zu einer stabilen Zukunft<br />

zu kommen, denn diese Wirtschaftsform hat<br />

sich selbst aus ihrer Verankerung herausgehebelt.<br />

Es wird <strong>im</strong>mer deutlicher, dass der entstandene<br />

Wohlstand den Materialismus der<br />

Menschen gesättigt zu haben scheint. Im<br />

Großen und Ganzen streben zwar alle nach<br />

großem Wohlstand, jedoch hat das Angebot<br />

die Nachfragen auf dem Markt längst eingeholt<br />

und das Wachstum wird durch fehlende<br />

Kaufkraft gebremst.<br />

Da Wohlstand und Zufriedenheit das Ziel<br />

jedes Wirtschaftens sein soll, muss die Frage<br />

gestellt werden, wie die Marktwirtschaft<br />

transformiert werden muss, um an die Zeit<br />

angepasst zu sein.<br />

Ein notwendiger Schritt ist, dass die Marktwirtschaft<br />

einsehen muss, dass Stabilität für<br />

Menschen viel wichtiger ist als ein Wachstum,<br />

welches eindeutig nicht selbsttragend<br />

ist und somit ein Gefühl der Unsicherheit<br />

birgt. Es muss eine nachhaltige Ökonomie<br />

entstehen, „Wohlstand ohne Wachstum“, wie<br />

der Titel der Publikation des Wirtschaftswissenschaftlers<br />

T<strong>im</strong> Jackson uns zuruft. Stabilität<br />

bringt Sicherheit und Sicherheit ist eines<br />

der Grundbedürfnisse des Menschen.<br />

Und „Grundbedürfnis“ ist ein wichtiges<br />

Stichwort:<br />

Es ist <strong>im</strong>mer wieder er-<br />

schreckend, zu sehen, wie<br />

viel Unsinn produziert<br />

wird, wie viele „Unsinnsindustrien“<br />

gar existieren.<br />

Sollten Sie noch nicht <strong>im</strong><br />

Besitz eines „Solarfeet‘s“<br />

sein, dann wird es bis zur Sommersaison<br />

aber höchste Zeit: Für nur $229 können Sie<br />

sich ein Gerät kaufen, dass <strong>im</strong> Prinzip ein<br />

Mini-Solarium für die Füße darstellt. Dieses<br />

hilft aus, wenn sie in die existenzbedrohende<br />

Lage gekommen sind, dass Ihre Beine sonnengebräunt<br />

sind, die Füße jedoch durch<br />

das Tragen von Schuhen in ihrem bräunegrad<br />

hinterher hinken. Be<strong>im</strong> Spaziergang<br />

durch den Park sollten Sie dann aber nicht<br />

vergessen, ihrem Hund die neue „K9 optix“<br />

zu kaufen, diese Designersonnenbrille für<br />

Hunde, die dem Hersteller schon einige Millionen<br />

US-Dollar eingebracht hat, glänzt mit<br />

einzigartigem Tragekomfort und macht das<br />

Leben Ihres Hundes mit Sicherheit zu einem<br />

schöneren Ort.<br />

Das Schl<strong>im</strong>mste dabei ist, dass die Existenz<br />

solcher Industrien eine logische Konsequenz<br />

des Kapitalismus ist und nicht etwa ein<br />

Flüchtigkeitsfehler. In einer auf Egoismus<br />

und Konkurrenz basierenden Wirtschaftsform<br />

fragt sich der Großteil der Unternehmer<br />

selbstverständlich nicht einem Heiligen<br />

gleich: „Was kann ich dieser Welt und seinen<br />

Menschen Gutes tun und Sinnvolles erschaffen?“<br />

sondern überlegt stets: „Was nehmen<br />

die Menschen auf dem Markt ab und wie<br />

kann man ihnen das Gefühl geben, dass es<br />

sich um etwas<br />

N o t w e n d i g e s<br />

handelt“. Natürlich<br />

basiert alles<br />

dies wiederum<br />

auf der Frage, wie man Gewinne max<strong>im</strong>ieren<br />

kann.<br />

„Stabilität bringt Sicherheit und Sicherheit ist<br />

eines der Grundbedürfnisse des Menschen. “<br />

Doch darf sich so eine Wirtschaftsform<br />

wirklich „Soziale“ Marktwirtschaft nennen?<br />

Wie „sozial“ ist es denn wirklich, wenn man<br />

die Konsummechanismen der Kaufsucht<br />

und des sozialen Zwangs nutzt, um sinnfreie<br />

Produkte an die Menschen zu bringen?<br />

Diese unterbewusst ablaufenden Prozesse<br />

lassen sich leicht legalisieren, da man <strong>im</strong>mer<br />

mit der Entscheidungsfreiheit des Einzelnen<br />

argumentieren kann, der sich gegen<br />

den Kauf von Produkten entscheiden könne.<br />

Doch wie viele können das wirklich?<br />

Angefangen bei Kindern sollte jedem einleuchten,<br />

dass diese noch lange nicht darüber<br />

reflektieren können, was gut für sie ist,<br />

„Es ist <strong>im</strong>mer wieder erschreckend, zu sehen,<br />

wie viel Unsinn produziert wird, wie viele<br />

„Unsinnsindustrien“ gar existieren. „<br />

was sie brauchen oder nicht brauchen. Süßigkeiten<br />

sind lecker und ein Kind möchte<br />

sich am liebsten den ganzen Tag damit vollstopfen;<br />

aber deswegen sind sie noch lange<br />

nicht gut für das Kind. Und in Anbetracht<br />

der Tatsache, dass zahllose Industrien existieren,<br />

um das Konsumverlangen von Kindern<br />

für die eigene Gewinnmax<strong>im</strong>ierung zu<br />

nutzen, muss man definitiv die Frage stellen,<br />

wie „sozial“ das ist.<br />

Der Begriff „sozial“ sollte <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit dem Verständnis von „Sozialer Marktwirtschaft“<br />

schnellstens umdefiniert werden.<br />

Denn „sozial“ darf sich die Marktwirtschaft<br />

nicht bereits nennen, wenn gewisse wohlfahrtsstaatliche<br />

Standards existieren, die<br />

Wirtschaft gewissen Richtlinien unterworfen<br />

ist. Eine Soziale Marktwirtschaft haben<br />

wir erst, wenn auch dieses kaum sichtbare<br />

Locken des übermäßigen Konsums <strong>im</strong> Menschen,<br />

nicht mehr auf der Tagesordnung<br />

steht und nicht mehr die Grundlage für die<br />

Wirtschaft bildet.<br />

Schlussendlich wird deutlich, dass man zum<br />

einen das „soziale“ dieser Marktwirtschaft<br />

in der Benennung einschränkend in Klammern<br />

setzen muss. Zum anderen muss man<br />

einsehen, dass eine Wirtschaftsform, die ihr<br />

eigenes Prinzip nicht mehr einhalten kann,<br />

nicht nachhaltig ist und in ihrem Bestand<br />

nicht von Dauer sein kann.<br />

von Martin Görgens (mg)

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