Hier kocht Mister Freeze - Hofmann Menü
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Special<br />
Dank Induktion konnte man im<br />
Krankenhaus Lutherstadt Eisleben<br />
rasch ein neues Verpflegungssystem<br />
etablieren.<br />
Wirtschafts- und Einkaufsleiterin<br />
Marion Hunsinger: Rasches Handeln<br />
das Gebot der Stunde.<br />
sem Fall ein besonderes Plus, schließlich<br />
tat Eile Not. So war es auch möglich,<br />
dass dank des Engagements aller<br />
Beteiligten die neue Speisenversorgung<br />
in der Klinik Lutherstadt Eisleben<br />
in nur zwei Wochen auf soliden<br />
Beinen stand.<br />
Anfang Dezember des vergangenen<br />
Jahres ging das neue System in Betrieb.<br />
Ein System, das im deutschsprachigen<br />
Raum ein absolutes Novum<br />
darstellt. Schließlich kommt hier erstmals<br />
‘Cook & <strong>Freeze</strong>’ zum Einsatz, eine<br />
Lösung also, bei der die Speisen<br />
vom Hersteller frisch ge<strong>kocht</strong>, portioniert,<br />
verpackt und sofort schockgefroren<br />
werden.<br />
Am Bestimmungsort werden die<br />
einzelnen <strong>Menü</strong>s tablettiert und in<br />
Induktionswagen zur Erhitzung verfrachtet.<br />
Ein System, das es erlaubt,<br />
auch ohne gewerbliche Küche zu arbeiten.<br />
Man benötigt dazu lediglich<br />
drei Systemkomponenten: Eine Tiefkühlzelle<br />
zur Lagerung der <strong>Menü</strong>s,<br />
einen voll hygienisch ausgeführten<br />
und von der Behörde abgenommenen<br />
Raum sowie die entsprechende Anzahl<br />
von Induktionswagen – insgesamt 22<br />
in verschiedenen Größen. Ein Tiefkühlcontainer<br />
dient als Lager. In Lutherstadt<br />
Eisleben löste man die Systemanforderungen<br />
wie folgt: Marion<br />
Hunsinger ließ drei Krankenzimmer<br />
ausräumen und funktionierte zwei<br />
Zimmer zu einem Tablettierraum um.<br />
<strong>Hier</strong> kommen die TK-<strong>Menü</strong>s, im<br />
Prinzip eisige Scheiben, auf das Induktionsgeschirr,<br />
werden mit der Cloche<br />
versehen und in die Induktionswagen<br />
bzw. ‘Warm Cars’, wie sie neuerdings<br />
bezeichnet werden, geräumt. Neben<br />
der Hauptspeise kommen auch die<br />
Suppen im tiefgekühlten Zustand in<br />
die Suppentassen. Verwendet werden<br />
so genannte Formschlusstabletts. Ringwülste<br />
sorgen bei diesen Tabletts dafür,<br />
dass das Induktionsgeschirr im<br />
Wagen exakt über den Spulen zu liegen<br />
kommt. Dieses Detail gewährt die<br />
optimale Erhitzung der Speisen.<br />
Im Nebenraum etablierte man den<br />
Wagenpark. Durch die Tatsache, dass<br />
die Speisen tiefgefroren in die Wagen<br />
kommen, erhöht sich logischerweise<br />
auch die Regenerierzeit. Etwa 50 Minuten<br />
gegenüber den üblichen 30 Minuten<br />
bei Cook & Chill werden als<br />
Richtwert angegeben. Der Rest ist<br />
Routine. Mit dem Ende der Regenerationszeit<br />
werden die einzelnen Induktionswagen<br />
auf die Stationen gebracht,<br />
das Pflegepersonal kann mit der Verteilung<br />
beginnen. Die Patienten erhalten<br />
mit den dampfenden Tellern und<br />
Suppentassen eine vorher nie gekannte<br />
Speisenqualität.<br />
Das bestätigt auch der erste Betriebsleiter<br />
des Klinikums, Hartmut Freier.<br />
„Wir haben heute eine Speisenvielfalt,<br />
die wir mit der alten Küche nicht hätten<br />
anbieten können. Immerhin stehen<br />
derzeit schon 70 Komponenten<br />
zur Auswahl.“ Dass sich dieses System<br />
durchsetzen wird, davon zeigt sich Freier<br />
überzeugt. „Kleinere Häuser werden<br />
sich künftig keine eigene Küche mehr<br />
leisten können. Der Kostendruck<br />
führt zur verstärkten Anwendung solcher<br />
Systeme.“<br />
Tatsächlich zeigen sich die Cooke- &<br />
<strong>Freeze</strong>-<strong>Menü</strong>s von einer erstaunlichen<br />
Qualität, sowohl was den Geschmack<br />
und die Konsistenz der einzelnen<br />
Komponenten als auch die optische<br />
Anmutung betrifft. Die Speisen auf<br />
den servierten Tellern sehen aus wie<br />
frisch portioniert. Ansonsten heikles<br />
Grüngemüse wie Broccoli, der in der<br />
klassischen Warmhaltung die Neigung<br />
aufweist, zu einem graugrünen Matsch<br />
zu degenerieren, präsentiert sich hier<br />
leuchtend grün und ausnehmend<br />
knackig. Von der gleichen Qualität<br />
auch zum Beispiel die Prinzess-Karotten,<br />
die Kartoffeln oder die Pastagerichte,<br />
die tatsächlich al dente serviert<br />
werden können.<br />
Vier Kostformen bietet Küchenleiter<br />
Frank Scharpff täglich den Patienten<br />
– Vollkost, leichte Vollkost, fleischlose<br />
Kost und Basis-Diät. Dazu kommt<br />
ein eigenes Angebot für Kinder und<br />
selbstverständlich werden auch alle<br />
anderen Kostformen inklusive Breikost<br />
geliefert. In der Gegend um die<br />
Geburtsstadt Martin Luthers arbeiteten<br />
die Menschen jahrhundertelang in<br />
Bergwerken und bevorzugen eine einfache,<br />
deftige Kost. Fleisch gab es nur<br />
an hohen Festtagen. „Die ersten Speisenpläne“,<br />
so Küchenleiter Scharpff,<br />
„sahen ganz anders aus als heute. Aber<br />
jetzt treffen wir den Geschmack der<br />
Einheimischen mit ihren regionalen<br />
Vorlieben recht gut und die Patientenzufriedenheit<br />
steigt täglich.“<br />
Harald Lanzerstorfer<br />
70 gv-praxis 4/2004